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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189511102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18951110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18951110
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-11
- Tag1895-11-10
- Monat1895-11
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1895
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Bezugs-Preis In der Hauptexpedition oder den im Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^ 6.—. Direct» tägliche Kreuzbandsendung in- Au-land: monatlich >1 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/«? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-artion und Expedition: ÄohannrSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis AbendS 7 Uhr. Filialen: kttd Klemm'S Sortim. (Alfred Hahn)» Universitätsstraße 1, Lont» Lösche. Hatharinenstr. 14, pari, und Königsplatz 7. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Mnzeigen.PreiS die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamrn unter dem Redaciionsstrich l-tge spalten) 50vor den Familiennachrichlen (6 gespalten) 40<>L- Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Zifferniatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Posibrförderung ^ 70.- . Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Für dir Montag.Morgen-AuSgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet» an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 548. Sonntag den 10. November 1895 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Oeffenlliche Ätzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 13. November 1895, Abends 6/2 Uhr im Sitznngssaale am Naschmarktc. Tagesordnung: I. Wahl der Wablgehilfen gemäß der Bestimmung in Z. 6 Abs. 3 des Nachtrages zum OrtSstatut vom 25. September 1889 bez. 26. Oktober 1894. II. Bericht des Stiftungs-, Bau-, Ökonomie- und Finanz ausschusses über die Vorlage, betr. Ueberweisung des Grund stücks Georgenstraße Nr. 10 in Leipzig-Lindenau an die Stiftung für Arbeiterwohnungen und Instandsetzung des Gebäudes. HI. Bericht des Stiftungs-, Bau- und Oekonomieausschusses über: a. Verkauf des Villenbaupiatzes Nr. 15 an der Schmägrichen- straße; b. Verkauf des an der Aueustraße gelegenen Bau platzes Nr. IX und die hierauf bezüglichen Eingaben der Herren Meyer und Gen. IV- Bericht des Oekonomieausschusses über: ». Einstellung der Pos. 25 d und 25 o in Conto 38 des diesjährigen Haushalt- planes; li. ein Abkommen wegen Arealabtretung zur Straßenverbreiterung von dem Grundstücke Torgauer Straße Nr. 18 in Leipzig - Neusellerhausen; 0) Verbreiterung der Hauptstraße am Grundstücke der Polizeiwache in Leipzig- Anger-Crottendorf; ck. Aufstellung einer neuen Kochmaschine und Versetzung einer bereits vorhandenen Maschine auf dem Gute Thonberg; s. Verbreiterung einer Strecke des Scheiben holzweges; k. Herstellung der geplanten Straße aus dem früheren Faulen Graben zwischen der Humboldt- und Eber- hardstraße. V. Bericht des Bau-, Oekonomie- und Finanzausschusses über die Vorlage, betr. den Vertrag über Verkauf eines Theiles der Parcelle Nr. 242 des Flurbuchs für Möckern an den Reichs- fiscus und einen Nachtrag zu dem Vertrage über die Er- Werbung der Pieißenburg; b) Ankauf der Parcellen Nr. 6 und 7 des Flurbuchs für Leipzig-Sellerhausen. VI. Bericht des Bauausschusses über: a. Einführung der Wasser leitung in das der Stadtgemeinde Leipzig gehörige Haus- grundstück Reitzenhainer Straße Nr. 124 in Leipzig-Thonberg; b. Einführung der Wasserleitung in die Straße über den ehemaligen Faulen Graben zwischen der Humboldt- und Eber- hardstraße; 0. 5 Abrechnungen über Wasserleitungs-Einsüb- rungen; ä. die Schlußabrechnung über den Erweiterungsbau des Wasserwerkes bei Nannhos. VII. Bericht des Gasausschusses über die Rechnung über die Unterstützungscasse für Arbeiter bei der Gasanstalt I auf das Jahr 1893; VIII. Bericht des Gas- und Oekonomieausschusses über: Ankauf des alten Gasrohrnetzes in Leipzig-Reudnitz rc.; IX. Bericht über die Rechnungen der Gasanstalten sammt den Spccialrechnnngen zur Tabelle X des Betriebsberichles aus die Jahre 1892 und 1893; X. Bericht des Schul- und Finanzausschusses über Unterbringung der Fachvorciassen der Drechsler und des Vereins Leipziger Biidhaucrmeisier im Gebäude der städtischen Gewerbeschule und Erhöhung der Pos. 32 und Conto 7 des Haushaltplanes auf das Jadr 1895. XI. Bericht des Schulausschusses über: a) Gewährung der Schul- gcldbesreiung für die eine städtische höhere Schule besuchenden Söhne von Lehrern an der katholischen Schule; b) die Rech- nung des Thomasgymnasiums auf Las Jahr 1893; c) ver schiedene Stistungsrechnungen. XII. Bericht des Schul- und Bauausschusses über die Abrechnung über den Schulanbau und Turnhallenneubau der 15. Bezirks schule in Leipzig-Sellerhausen nebst Nachtrag über die Fuß- Anbaue. Wiesenverpachtung. Die der Stadtgemeinde Leipzig gehörige, 3 Acker L39 H)R. haltende Wiese, Parcelle Nr. 268 des Flurbuchs für Möckern, zwischen der Thüringischen Eisenbahn und der Elster gelegen, soll von jetzt an ans 6 Jahre anderweit verpachtet werden. Pachtgesuche werden auf dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommc», woselbst auch die Verpachtungs- bedingungen und der betr. Lageplan eingesehen werden können. Leipzig, den 7. November 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 4494. I)r. Georgi. Krumbiegel. vermiellimigen. In den nachbezeichneten, der Sladtgemeinde Leipzig gehörigen Grundstücken sind folgende Miethräume gegen viertel, oder halb- jährige Kündigung zu vermiethen: 1) Alte Börse — Naschmarkt — VcrkanfSgewölbe Nr. 3 und 4, 2) Rcnmarkt Nr. 11 eine Wohnung im 3. Obergeschoß, 3) (vkwatidgätzchen Nr. 6 — Altes (VrwaiidlianS — Local Nr. l9, autzcrhalb der Messen, 4) Brühl Nr. 39 ein Meijstand in der Hausflur rechts, 5) Reitzenhainer Strasse Nr. 132 in Leipzig-Thonberg ». 1 Wohnung im Erdgeschosse, k. 1 Sinke im 2. Obergeschosse, 6) Reitzenhainer Strasse Nr. 134 in Leipzig-Thonberg eine Stube im 1. Obergeschosse, 7; Elaraftrassc Nr. 16 in Leipzig-Nenschöncfeld 5 Kellernbtheilnngen, 8) Kirchstratze Nr. 42 in Leipzig-VolkmarSdorf eine Wohnung iin 2. Obergeschosse. Die Miethräume unter 1, 2, 5K, 6, 7, 8 sind sofort, die unter ko vom 1. Jannar 189« ab, der Hausstand unter 4 von der Nenfahrsmesse 189(1 ab und das Local unter 3 vom 1. April 189V ab zu vermiethen. Miethgesuche werben auf dem Rathhause Zimmer Nr. 9 ent- gegengenomnien. Leipzig, den 7. November 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Morche. Bekanntmachung. 3» vermiethen find für den 1. April 189« a. eine große Wohnung im Erdgeschoß links deS städtischen HanSgrundstücks Simsanstrahe Nr. Iv, bestehend aus 4 Stuben, 2 Kammern, Küche und Zubehör, für 850 jährlich, sowie h. eine dergl. im 2. Obergeschoß des städtischen HanSgrundstücks Alte Straffe Nr. 22 — ehemaliges RathdauS — in Leipzig.Piagwitz, bestehend au- 4 Stuben, 3 Kammern, Küche u. s. w. nebst Zubehör, für 700 jährlich. Miethgesuche werden aus dem Nachhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8 rntgrgengenommen. Leipzig, den 23. October 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi Morche. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 24. October dieses Jahre-, den Virhtreiber Engen Gustav Baner betreffend. Leipzig, den 6. November 1895. Der Rath -er Stadt Leipzig. Armenamt. X-R.IVa. Nr. 1817a. Hentschel. Poppitz. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 1b. Juli dieses Jahres» die Fabrikarbeiterin Anna Mandaten«; Agnes Pohle betreffend. Leipzig, den 6. Noventber 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armen amt. ^.-R. IVa. Nr. 1744k. Hentschel. Poppitz. Die städtische Sparkasse beleiht Wcrthpaptere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Die Svarcassen-Teputation. Bekanntmachung. Die Wählerliste zur Ergänzungswahi des Kirchenvorstandes d«r Lutherkirche ist zur Einsichtnahme der Betheiiigten am 11. nnd 12. November dicscs Jahres in der Küsterei der Lutherkirche, Hauptmannstr. Nr. 3 Pt., von Vormittags 9—1 Uhr und Nachmittags 3—6 Uhr ausgeiegt. Leipzig, den 7. November 1895. Ter Kirchenvorstand der Lntherkirche. Rex. I. 376. Hans von Sehdewitz, Pfr. Aus der Woche. <6 Die Presse hat aus triftigen politischen Gründen die spätere Einberufung deS Reichstags nahezu einmüthig bedauert, aber das deutsche Publicum scheint sich keineswegs verkürzt zu halten, weit ihm die Motion des Lesens von Parlamcntsbericdten drei Wochen länger, als es gewohnt ist, vorentbalten wird. Allerdings findet es mehr als aus reichenden Ersatz an fremden Parlamenten, dem französischen mit seinem besonderen Reiz der permanenten Ministerkrisis und dem österreichischen, wo am Schluß der Woche die Erörterung der Angelegenheit Lueger mit der Piquantrrie eines Zuschauertribünenraumes ihren vielverheißenden Anfang genommen hat. Die Nichtbestäligung des TodtengräberS der aus Bosheit „Liberalismus" genannten, bisher herr schenden Richtung in Wien beschäftigt auch in Deutsch land die Gemüiher lebhaft, und man kann nicht sagen, daß hier Diejenigen, die dem Grafen Badens Beifall zollen, die Mehrheit bilden. Die überaus un geschickten Manöver der Gegner Lueger'S sind einer objectiven Würdigung der Gründe seiner Nichtbestäligung wenig günstig. Uebrigens ist es doch recht fraglich, ob die Leidenschaftlichkeit und der Streitmuth des nicht unbedeutenden Mannes an- gebalten hätten, wenn man ihn an die Spitze der Stadt gestellt hätte. Schon so mancher vor ihm hat — die Krücken weggeworfen, nachdem er auf den höchsten Sitz berufen worden war. Wie dem sei, jedenfalls bat die Wiener und Pester Presse sich und der Regierung einen bösen Streich gespielt. Furcht vor den Juden und den Ungarn gilt jetzt nun einmal der Mehrheit der Oesterreicher als die Mutter der Regierungsentschließungen, und was bei einem anderen Verhalten als ein Erfolg der „Liberalen" hätte an gesehen werden können, wird nun voraussichtlich die Ursache weiterer Niederlagen sein. Dank der Nervosität und einigen anderen Eigenschaften der Bevölkerung, von der man mit Schiller sagen darf: Jeder, sieht man ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig, Sind sie in corpore, gleich wird auch ein Duminkops daraus. Die conservative Partei zieht in ihrem Streit mit den Christlich-Socialen neuerdings einige Beweise von Energie. Sie hat Herrn Pfarrer Rauh gegenüber die Drohungen wahr gemacht, die Freunde der Pastoren Nau mann und Göbre als ihre Feinde zu betrachten und den unseres Wissens orthodoxen Geistlichen höflich, aber bestimmt die Tbüre gewiesen. Sie hat zweitens dem Verstcckenspiel mit jenen Drohungen ein Ende ge macht, indem sie den von Stöcker direct geleugnete», von Herrn HUpeden und Anderen in Zweifel gezogenen osficiellen Charakier der Erklärung der „Eons. Corr." gegen die Pastoren nochmals ausdrücklich bestätigt. Damit fällt Alles in sich zusammen, was Herr Stöcker dem „Provinzialen" der „Krenzztg." geantwortet bat, und unter normalen Ver hältnisse» könnte man in der Berichtigung der „irrigen Auffassung" deS conservativen Ausschußmilgliekes nichts Anderes erblicken, als eine andere Form derselben Auf forderung, die an Pfarrer Rauh ergangen ist. Aber die Ver hältnisse in der conservativen Partei sind nicht normal und Herr Stökker wird auch diesmal bleiben. Herr Raub kann übrigens zufrieden sein. Gleichzeitig mit der Erklärung, die ihn von rer Partei ausschließt, läßt derconservative Provinzialverein von Pommern eine Schrift erscheinen, in der verständig und ein dringlich zur Fürsorge der Lebensverhältnissc der Arbeiter der Großgrundbesitzer gemahnt wird. Der Verein empfiehlt einen freundlichen, persönlichen Verkehr mit den Arbeitern. Das frühere patriarchalische Verbältniß schwinde ebenso wie die Seßhaftigkeit der Arbeiter. Man solle die Arbeiter wieder seßhafter machen durch Ansiedelung auf eigener Scholle unter Beihilfe des Staates. Dann würden die Sparsamen und Tüchtigen mehr Aussicht und Hoffnung haben, sich empor zu arbeiten, und die HeimathSliebe würde gestärkt. Man müsse sich der Arbeiter in Krankheit und Noth annebmen, ihnen völlige Sonntagsruhe verschaffen, ihre Woh nungen bessern, patriotische Feste gemeinsam mit ihnen feiern. Ferner empfiehlt der Provinrialverein die Errichtung von Volksbibliotheken, Verbreitung guter Schriften und Blätter und dir Abhaltung von Arbeiter-Versammlungen, Bolksabenden u. s. w. Ist diese Intervention der pommerschen Conservativen erfreulich, weil sie die Beseitigung unleugbarer Uebelstände anbahnt, so ist sie es nicht minvew weil sie die Aussicht auf Beendigung deS von vielen Conservativen getriebenen Sports der Aufreizung gegen die verdienstvollen Arbeitgeber eröffnet. Wenn die Großgrundbesitzer des Osten» erst einmal an- gefangen haben, Opfer für ihre Arbeiter zu bringen, so werden sie die Aufwendungen zu schaffen wissen, die die Industrie im Interesse der Arbeiter und ihrer Familien ge macht hat und mackt. Dann wird auch die Stunde des Herr Stöcker geschlagen haben. Die „Nordd. Allg. Ztg." fährt fort, auf mildernde Um stände für daS Centrum, das den Wahlkreis Dortmund an die Socialdemokratie auSgeliefert hatte, zu plaidiren. Den neuesten Entschuldigungsgrund findet das Regierungsblatt darin, daß „angeblich" — dies „angeblich" steht in der „N. A. Z." — ein nationalliberaler Führer in Dortmund den Ausspruch gethan: „Ich wähle nie und unter keinen Umständen einen Ultramontanen". Vielleicht kann die „N A. Z." auch auß Dortmunder Kaffeekränzchen EutlastungS- material für das Centrum herbeibringen. Deutsches Reich. ^ Berlin, 9. November. Der häusliche Krieg in der Socialdeniokratie anläßlich der Agrarfrage geht weiter. Der gestrige „Vorwärts" liefert ein paar interessante Beiträge dazu. Herr Auer reibt sich am „Genossen" Schönlank, die bayerischen Genossen reiben sich am „Vor wärts" und seiner jüngsten Erklärung, und Herr Liebknecht rupft seinerseits ein Hühnchen mit den Breslauer College». Nach berühmten Mustern hat Herr Auer eine Rede Schön- lank'S ausgegraben, die dieser vor vier Jahren auf dem Er furter Parteitag gegen Herrn von Vollmar gehalten bat und in welcher er dem Letzteren vorwarf, er habe sich „vom großen Revolutionair zu einem Socialdemokraten in Schnallenschuhen und EscarpinS" entwickelt. Diesem Ausspruch stellt Auer eine Auslassung Säwnlank'S aus den siüngsten Tagen betreffs der Kautsky'scken Resolution und des Verhaltens der socialdemokratischen bayerischen Kammerfraction gegenüber, die in dem Urtheil gipfelt: „Die Bayern baden eine praktisch-revolutionaire Politik getrieben, die einzig richtige und die einzig mögliche." Herr Auer wendet auf diesen Entwickelungsgang der Anschauungen Sckönlank'S die Bezeich nung „Irrwischpolitik" an. Mittlerweile haben die Bayern in der „Fränkischen Tagespost" Stellung genommen zu der ihnen jüngst vom „Vorwärts" zu Tbeil ge wordenen Mißbilligung. 8ud rosa wird der Leitung deS socialdemokratischen CentralorganS bedeutet, sie habe die Stellungnahme der bayerischen „Genossen" nicht begriffen, und ihr sodann daS Recht abgestritten, „sozusagen eine amt liche Erklärung gegen irgend eine Parteigruppe abzugeben." Dazu habe nur der Parteitag das Reckt. Der „Vorwärts" rechtfertigt sich mit einem Hinweise auf das „Interesse der Partei- disciplm." Um dem Vorwurf zu begegnen, daß er dieses Interesse im vorigen Iabre Bebel und seiner Fahnenerbebunst gegenüber weniger hochgebaltrn habe, nimmt der „Vorwärts" gleich zeitig eine Auslassung des Breslauer socialdemokratischen Blaties vor und constatirt, daß Bebel seinen Respect vor dem Beschluß deS Frankfurter Parteitages ausdrücklich be zeugt habe. Formell hat Bebel sich gewiß salvirt, als er die „Rebellion" gegen den Frankfurter Parteitag in Aussicht stellte; in der Tbat aber bat er noch schärfer opponirt, als jetzt die Bayern. Die Plänkeleien im socialdemokratischen Lager werden zweifellos noch eine Zeit lang fortgesetzt werden. Der Ton, in dem es geschieht, beweist, daß man an leitender Stelle in der Socialdeniokratie von diesem Treiben nicht das Geringste mehr befürchtet. LH Berlin, 9.November. Bei der DortmunderReichS- tagswahl haben die Socialdemokraten in fast unglaub licher Weise Bauern- resp. Stimmenfang getrieben. So wurden von ihnen in einem in plattdeutscher Mundart ab gefaßten, in Dialogform gehaltenen Flugblatt« die National- liberalen „RüenleiterS", daS beißt Hunveführer, geschimpft. Im Uebrigen behandelt das Flugblatt vornehmlich den Satz „Religion ist Privatsache". Die Nationalliberalen werden als Feinde, die Socialdemokraten als Beschützer der Religion (I) hingestellt; von Enteren seien die Geistlichen vor 20 Jahren aus dem Lande getrieben worden, während die Socialdemokraten sie wieder znrückgebracht hätten. Auch die Jesuiten, vor denen die Socialoemokratie die größte Hochachtung hege, werde diese wieder ins Land bringen. Der Satz „Religion ist Privatsache" — heißt eS weiter — bedeute nickt, es sei gleichgiltig, ob Jemand Religion habe ober nicht, etwa wie es gleichgiltig sei, ob Jemand am Sonntag schwarze oder braune Beinkleider trage, sondern der Satz bedeute Schutz der Religion I Und dieses Flugblatt hat Herr vr. Lütgenau verfaßt, der vor Jahren als socialvemokratischer Versammlungsreferent nicht genug auf die „Pfaffen" schimpfen konnte. Er hat sich aller dings in dem Moment gemausert, als auch die Parteileitung sich wieder einige kirchlich gesärbte Federn künstlich rinsetzie, und auf dem Kölner ParteilaHe zog er sogar gegen die Frei denker, die „freireligiösen Thummel" loS; auch versetzte er dem evangelischen Bund einen Hieb und machte dem Centrum eine Verbeugung. Die Heuchelei und Bauernfängerei, die in dem Flugblatt bei der Besprechung der Religion entwickelt wird, schließt sich würdig der Bauernfängerei im Agrar- programm an. * Berlin, d. November. Der preußische CultuSminister vr Bosse hat sich zu einem Freunde de« „Brrl. T." über seine Schulpolitik geäußert. Der Minister erklärte, dem genannten Blatte zufolge, die auf dem Gebiete der Schule zu losenden Ausgaben im Wege der Einzelgesetzgebung zum AuSirag bringen zu wollen. In diesem Winter werde er da» LehrerbesoldunaSgesrtz vorlegen. vr. Bosse fubr dann fort: „Der schwerste Vorwurf, den man gegen mich erhebt, ist, daß ich die Schult an dir Kirche auSanlworten wolle. Da« ist rin großer Jrrthum. Und meine Vergangenheit sollte mich eigentlich gegen den Verdacht solcher reactinairen Ge danken schützen. Ich bin ein entschiedener Vertreter der StaatSschule und der Unantastbarkeit der staatlichen Gewalt. Meine Tendenz ist, rein staatliche Schulinspec- loren zu schaffen. Aber da» läßt sich bei den geringen Mitteln und bei dem Mangel an geeigneten Persönlichkeiten in manchen Gegenden nicht auf einmal erreichen. Aber schon jetzt ernenne ich überall da, wo eine mehrclassiae Schule ist, den Rector derselben zum OrtSscbulinspector. Wo noch Geist liche zu OrtSschulinspectoren bestellt werden, da üben sie diese Function nicht al« Kirchen-, sondern lediglich al« Staatsbeamte. CS ist ein Irrthum, wenn man meint, ich wolle die Reckte der Gemeinden in Schuldingen anlasten. Ich würde es sür direct unbillig halten, wenn die Gemeinden zu den Lasten der Schule immer herangezogen werden sollten, in der Ver waltung aber nichts mitzureden hätten. Die bisherigen Rechte der Gemeinden werden daher von mir niemals ein geschränkt werden. Daß ich keine reactionairen Pläne habe, beweist die Thatsacke, daß ich kein neues (allgemeines) Schul gesetz mache. Wenn ich es machen wollte, so wäre mir eine Majorität dafür in den Kammern sicher, vorausgesetzt, daß eS klerikal wäre. Aber ich will kein klerikales Schulaese tz." V. Berlin, 9. November. (Telegramm.) Der Kaiser, der gestern Abend kurz nach lN/2 Uhr wohlbehalten im Neuen Palais wieder eintraf, hörte heute von 10 Uhr ab die Vor träge der Chefs deS Generalstabs und des Mililair-Cabinets und nahm dann um 1 Uhr die Meldungen res nach Rom als Militair - Attache gebenden Flügel-Adjutanten Majors v. Iacobi, sowie des Commandeurs des l. Leib-Husaren- Regiments Nr. 1, Oberstlieutenants Mackensen, entgegen. Abends um 6 Uhr gedachte der Kaiser daS Mittagessen im Kreise der Officiere des Leib-Garde-Husaren-Regiments in Potsdam einzunehmen. D Berlin, 9. November. (Telegramm.) In der heutigen Sitzung de« BundeSrath» wurden die Beschlüsse bezw. die Berichte der Ausschüsse über die Entwürfe des ReichshaushaltSetats für 1896 97 (5) der Marinever waltung, (6a) der Einnahmen an Zöllen, Verbrauchs steuern rc., (6b) der Einnahmen an Stempelabgaben, (7b) der Post- und Telegrapbenverwaltung, (8) der Justizverwaltung, (9u) sür den Reichskanzler und die Reichskanzlei und (9b) der Reichsdruckerei genehmigt. Berlin, 9. November. (Telegramm.) Der „Neichs- anzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung, betreffend die Invalidität» und Altersversicherung von Hausgctverbc- tretbenöen der Textilindustrie. — Berlin, 9. November. (Telegramm.) Heute finden hier commissarische Verhandlungen wegen der Uebertragnng der Unterhaltungspflicht der fiskalischen Landcsheer- stratzcn auf die Provinz oder den Kreis statt. ö. Berlin, S. November. (Privattelegramm.) In Bezug auf die in den letzten Tagen durch die Presse be gangenen Mittbeilungrn über Verhandlungen, welche nn preußischen Staatsministerium in Sacken der Mtlttair- strafprocetzordnung stattgefunden haben sollen, wird der „Nat.-Ztg." geschrieben: „Die Nachrichten hierüber können nur durch IndiScretion ihren Weg in die Oeffentlichkeit gefunden baden. Demgemäß haben sie keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit. Nur das Eine darf als sicher angenommen werden, daß das Staatsministerium sich thattächlich mit dieser Ange legenheit beschäftigt hat, was übrigens nicht überraschen kann nach den Erklärungen, die der Kriegsminisler im vorigen Winter im Reichstag abgegeben hat. Man durste danach überzeugt sein, daß er AÜeS ausbieten werde, um eine neue Militair-Strafproceßordnung zu Stande zu bringen. In dieser Frage liegen aber nicht nur schwerwiegende mititairische,sondern auch sebr bedeutsame, die anderen Ministerressorts betreffende Gesichtspunkte, deren sorgfältige Erwägung durch das Staats ministerium unumgänglich war. Unter cen rein sachlich zu ent scheidenden Fragen befinden sich die der Mündlichkeit des Ver fahrens, der Einlegung von Rechtsmitteln, der Schaffung ständiger Gerichtshöfe und Anderes, und auch über solche Fragen batte das Staatsministerium sich schlüssig zu machen; die Entscheidung über diese Entschlüsse steht aber dem Kaiser zu, auch dieser bat, wie der „ReichSanzciger" nnttbeilt, noch nicht entschieden. Nehmen wir einmal an, daS Staatsministerium habe sich mit mehr oder weniger großer Stimmenmehrheit zu Gunsten eines oder des anderen PrincipS ausgesprochen, was können da, so lange die Entscheidung deS Kaisers ausstebt, die Indis kretionen bezwecken, die den Anstoß zu der gegenwärtigen Be handlung dieser Fragen in der Tagespreffe gegeben haben? Sollten sie von Stellen aus gehen, welche die neue Militair-Strafproceßordnung nicht zu Stande kommen lassen möchten? Soll das nicht angenommen werden, so wäre cs wünschenswerth, daß man nicht vorzeitig Dinge in die Oeffentlichkeit brächte, zu denen erst dann Stellung genommen werden kann, wenn sie völlig auSgereist sind. Andernfalls liegt die Gefahr vor, daß die Sache, die sich in gutem Fluß befindet, unnöthig aufgehallen und ver wirrt wird." v. Berlin, 9. November. (Privattelegramm.) In Betreff de« gegen Professor vr. Delbrück schwebenden Strafverfahrens wegen Beleidigung war in der Presse mitgelheilt worden, daß es sich um Beleidigung der politischen Polizei bandele. Wie von gut unter richteter Seite mitgetheilt wird, bat das Verfahren, welches auf Grund eine« im October-Hest der „Preußischen Jahr bücher" enthaltenen Artikels tingeleitet ist, lediglich die Ver folgung einer in der Form jenes Artikel- gefundenen Beleidigung der Polizei und ihrer Organe zum Gegenstand. Dieselbe entbehrt jede« politischen Hintergrundes. — Zu der Erklärung der „Cons. Corr", daß der Aufruf „An unsere Parteigenossen", betreffend die Aus einandersetzung mit Pfarrer Naumann und Anbang, zwischen den vom gesckäflSsührenden Ausschuß deS Partei- vorstandeS an die Spitze der Parteileitung gewählten drei Mitgliedern vereinbart worden sei, bemerkt Pfarrer Naumann in seiner „Hilse": „Was die Kriegserklärung der „Conservativen Correspondenz" anlangt, so scheint eS manchen Leuten, daß sie nicht s» sehr gegen die kleinen socialistijchen Pfarrer im Lande gerichtet war, sondern als rin beabsichtigter Zug de» Herrn v. Monte uffrl, des derzeitigen Führer» der Lonjervakiven, gegen Stöcker anzuseden ist Immer dringlicher tritt an diesen die Frage heran: willst Du zur Rechten oder zur Linken? Direct gegen Stöcker Vorzugehe», war den Conservativen nicht möglich, weil sie dann vor aller Welt in ihrer ganzen Undankbarkeit (?) offen dastehen würden. Sie hofften ohne Zweifel, er werde seine Hand so weit über uns jüngere Christlich- Sociale decken, daß man dann sogen könnte: „verehrter Herr Hof- Prediger, wir bedauern unendlich, aber Sie selbst haben das trennende Wort gesprochen." Ob Stöcker da» trennende Wort gegenüber den Conservativen finden wird? Bor einem Jahre noch haben wir es gehofft, jetzt haben wir das Gefühl, day es ihm innerlich nicht möglich ist."
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