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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951022021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895102202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895102202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-22
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W. in der „Kreuzzeitung" von den Verhältnissen der Grundbesitzer entwirft, der Wahrheit entspricht, so ist durch allgemeine staatliche Maßregeln über haupt nicht mehr zu helfen, und wenn es sich als falsch erweist, so kann eine solche unrichtige Information der Oeffent- lichkeit nur einen mit Unwillen gepaarteu Unglauben an agrarische Darstellungen erzeugen, der den auf Milderung des landwirthschastlichen Nolhstandes gerichteten staatlichen Bestrebungen nicht günstig ist. Die gesammte deutsche Landwirtbschaft hat ein Interesse daran, Uebertreibungen entgegenzutreten, die sie mit dem geraden Gegentheil von dem gewollten Erfolg bedrohen. Die „Kreuzzeitung" sagt Wohl, an den Berliner RedactionSpulten wisse man nicht, wie es auf dem Lande wirklich stehe, nach ihrer Kenntniß blieben die Schilderungen des Herrn v. D. W. eher hinter der Wahrheit zurück. Aber die „Kreuz zeitung" wird ebenfalls an Berliner Redactionspulten gemacht, den Aenßerlichkeiten, welche ihren Artikel als von außen herkommend bezeichnen, ist keine Bedeutung zuzu messen, und was sachliche Beurtbeilung landwirthschaftlicher Angelegenheiten anlangt, so hat sich dieses Blatt — es sei nur an seine gehässige Polemik gegen den „Nurtechniker" Schultz-Lupitz erinnert — keineswegs den Anspruch auf be sondere Autorität erworben. Wenn seine Schilderungen auf Wahrheit beruhten, müßte die Landwirthschaft nicht vor dem Bankerott stehen, sondern ihm bereits verfallen sein, und dem widerspricht denn doch der Augenschein, sowie alle wirklich autoritativen Berichte, insbesondere auch der des Generalsecre- tariats des landwirthschastlichen Centralvereins in Bayern, auf den die „Kreuzzeitung" neuerdings mit Vorliebe sich beruft. Mit der soeben in bayerischen Gemeinden veranstalteten Enquete läßt sich die Darstellung der „Kreuzzeitung" ebenfalls nicht in Einklang bringe». Man mußte dem Blatte aller dings beipflichten, als es gelegentlich bestritt, daß die Ver hältnisse von 24 Gemeinden, mögen sie noch so unbefangen geprüft worden sein, eine genügende Unterlage zur Beurtbei- lung der landwirthschastlichen Zustände eines Landes von d-nr Umfange Bayerns bilden könnten. Aber wenn eine äußerst umfassende, von Landwirthen, also von Personen, die durch Schönfärberei ibreZnteressen geschädigt hätten, mit unbestrittener Gewissenhaftigkeit angcstellte Untersuchung keine ausreichende Grundlage für die Beurtbeilung der landwirthschastlichen Zustände giebt, welche Anmaßung liegt darin, einer anonymen, ihre Quellen verschweigenden, sich zum Theil auf politischem Boden bewegenden Schilderung den Charakter eines Spiegel bildes der landwirthschastlichen Zustände des ganzen Reiches oder Preußens oder auch nur des großen Gebiets rechts der Elbe mit dem Anspruch beizulcgen, daß Gesetzgebung und Ver waltung ibre Maßnahmen ans Grund jener leicht hin- gcworfenen Skizze „unverzüglich" treffen „müssen". Aber gerade die Darstellung der „Kreuzzeitung" ist werthtos für die Gesetz gebung. Demi in den Fällen, wo sie zutresfen mag, können unmögtich die niedrigen Gelreidepreise der letzten Jahre, geschweige denn die Handelsverträge die Ursache des Nieder ganges sein, sic weisen in ihrer jvölligen Hoffnungslosigkeit auf wirthschaftliche Fehler oder auf UnglückssäUe in den Zeiten vor Ausbruch der gegenwärtigen Landwirthschaftskrisis zurück. Bei einer staatlichen Hilfsaktion aber, sie mag be schaffen sein, wie sic wolle, kann eS sich niemals darum handeln, den „schlechten", d. b. verlorenen privaten Geldern noch gutes öffentliches Geld nachzuwerfen, sondern nur darum, die existenzfähig gebliebenen Wirtbschaflen in ihrem Ankämpfen gegen die herrschende Weltkrisis nach Kräften zu unterstützen. Daß dieser Zweck das von der „Kreuz zeitung" vorgeschlagene Mittel der Erleichterung weiterer Schuldenüberbürdung nicht nurnicktfordert,sondern nicht einmal gestattet, braucht nicht mehr bewiesen zu werden. Für die Verbilligung des GrundcrediteS aber hat die Entwickelung des Geldmarktes gesorgt, und zwar, wie die bayerischen Er hebungen ergeben haben, zum Theil in einer Weise, daß bereits eine Vermehrung des Schuldcapitals als Folge des wohlfeileren Geldpreises sich herausgestelll hat. Nicht Erhöhung der Real schulden kann Helsen, sondern die Beschaffung eines soliden, mög lichst wenig kostspieligen Personalcredits ist eines der Mittel, deren noch ungezählte Landwirtbe, namentlich deS Ostens, zur Sicherung ihrer Existenz bedürfen. Nach dieser Richtung ist Vieles bereits geschehen und soeben wird durch die Er richtung der preußischen Centralgenosienschaftscasse der Anstoß zu einem voraussichtlich gewaltigen Aufschwung des genossen schaftlichen Creditwesens in der Landwirthjchaft gegeben. Es ist das allerdings eines der Mittel, die „klein" genannt werden, aber vor den „großen" den Vorzug der Durck- sührkeit voraus haben. Die auf dem Boden des Ge gebenen bleibende Hilfsaction hat auf die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zu rechnen und eS ist bei spielsweise eine wider besseres Wissen vorgcbrachte Behaup tung, wenn die „Kreuzzeitung" sagt, in nationalliberalen Kreisen wolle man von einem brauchbaren Gesetz gegen die Verfälschung der Naturbutter durch Kunstbutter nichts wissen. Ein derartiges Gesetz ist, wie allbekannt, der Zustimmung der nationatliberalen Partei sicher. Der Betrug im Butter- Handel soll und muß bintangehalten werden, da er in der Thal — von der Schädigung der Verbraucher ganz ab gesehen — den Naturbuttererzcugern einen sehr beträcht lichen Schaden verursacht. Vom Slandpunct des land- wirthschaftlichcn Producenten ist aber ein Margarinegesetz nur brauchbar, wenn cs nicht, wie der letzte Entwurf der wirthschafllichen Vereinigung, die Butterprobuction des Kleinbauern thatsächlich ruinirt, und wenn es nicht der für die Viehzüchter nicht minder wie für Millionen von Verbrauchern wichtigen Margarineerzeugung den Garaus macht. Wenn dieses und andere „kleine" Mittel bei der „Kreuzzeitung" dieselbe sachliche Beurthellnng finden wie bei dem gemäßigten Liberalismus, dann wird die Landwirthschaft Vortheile und Beruhigung finden können. Unter der Ueberschrift „SocialScmokratic und Armee" bemerken heute die „Hamb. Nachr." zu der vom „Vor wärts" an die „Genossen" gerichteten Mahnung, sich das Schicksal des Husaren Brecht — der während des Manövers in Griesheim an eine Thür „Hoch lebe die Socialdemokratie!" geschrieben hatte und deshalb zu einem Jahre Festung ver- urtheilt wurde — zur Warnung dienen zu lassen: „Wir glauben, daß diese Warnung den Zweck hat, die Auk- mcrkjainkeit von der geheimen Agitation in der Armee abzu lenken, die für die focialdemokratiiche Sache von größter Wichtigkeit ist und durch nutzlose Demaskirung Einzelner nur ge- fährdet werden kann. Wir sind der Ansicht, daß die jocialdemokra- tische Agitation in der Armee hauptsächlich darauf gerichtet ist, das Untrrofficiercorps zu gewinnen, damit möglichst viele An gehörige desselben, wenn es einmal zur militairischen Niederwerfung einer jocialrevolutionairen Revolte kommen sollte, ihre Leute veran- lassen, „zu hoch" zu schießen. Wir wissen nicht, ob und inwieweit diese socialdemokratijche Minirarbeit ihren Zweck erreichen wird, aber wir haben es oft genug von unterrichteter Seite als eine Thatsache bezeichnen hören, daß die Socialdemokratie Ver- trauensleute ihrer Partei im Unterosficiercorp» erhält und ans Avancement dienen läßt. Wir halten es für eine Aufgabe der Heeresverwaltung, in Bezug hierauf besondere Wachsamkeit übe» zu lassen und auf die geringsten Anzeichen bin die umfassendsten Untersuchungen anzustellen." Wir bezweifeln nicht, daß die Heeresverwaltung auf diesen Punct ihre besondere Aufmerksamkeit richten wird. Ein anderer, der nicht mindere Aufmerksamkeit verdient, sind die unerhörten Vorschläge holländischer und amerikanischer Revo- lutionaire zur Verhütung von Kriegen. Bekanntlich hat der holländische Revolutionen!: Domela Nieuwenhuis kürzlich den „Internationalen" den Rath ertheilt, beim Ausbruch eines Krieges den Dienst zu verweigern, resp. die Eia- berufungsordre nicht zu respecliren. Die jetzt aus New-Aork eingetroffene Most'sche „Freiheit" hält diesen Vorschlag für noch nicht weitgehend genug, da die „Tyrannen" nicht davor zurückschrecken würden, Tausende von Widerspenstigen niederkartätscken zu lassen. Viel wirk samer würde es sein, wenn durch die internationalen Ver bindungen der Revvlutionaire eine Verständigung der Soldaten berbeigesührt würde, beim ersten Commando „Feuer" nicht auf einander, sondern auf die Officiere zu schießen. D:e bestialischen Ausdrücke, in denen dieser Rath ertheilt wird, lassen sich gar nicht wiedergeben. Nun wird jedenfalls dafür gesorgt, daß die „Freiheit" nicht in die Casernen kommt, aber von allen Elementen, auf die ein unheilvoller Einfluß ausgeübt werden kann, läßt sich daS Blatt bei den jetzigen Vorkehrungs- Maßregeln nicht fern halten. Es muß auf wirksamere Maßregeln solcher Art Bedacht genommen werden, wenn nicht verderbliche Frucht aus solcher Saat hervvrgehen soll. Unter dem neuen österreichischen Ministerium Badeni scheint für die Tschechen eine neue Aera zu beginnen. Graf Badeni hat soeben den am 12. September 1893 wegen schwerer antidynastischer Ausschreitungen über Prag und Umgebung verhängten Ausnahmezustand aufgehoben. Diese Maßregel, die in Tschechien mit überschwänglichem Jubel begrüßt wird, fällt, wie die „Voss. Ztg." bervorhebt, zeitlich mit der Anwesenheit des Erzherzogs Karl Ludwig, des nächsten Anwärters auf den österreichischen Kaiserthron, im „goldenen slawischen Prag" und seinem Besuch in der tschechisch-ethno graphischen Ausstellung zusammen. Der Kaiser selbst hat es vermieden, diese Veranstaltung zu besichtigen, deren dem T'Ulsckthum feindliche Spitze keinem Kenner der böhmischen D'uge entgehen kann. Sein Bruder, der freilich keine ver antwortliche Stellung im Staate cinnimmt, sondern ein Privatmann wie andere Erzherzoge auch ist, hat seine Reise nach Prag zur Jnstallirung seiner Tochter, der Erzherzogin Marie Annunziata, als Aebtissin des Hradschiner adeligen Damenstifts dazu benutzt, auch im Bubentscher Ausstellungs park vorzusprechen. Natürlich hätten es die Tschechen lieber gesehen, wenn er eigens zum Besuch ihrer Ausstellung an den Moldaustrand gekommen wäre, aber schließlich war ihnen auch nur ein gelegentlicher Ausstellnngsbesuch des Erzherzogs an genehmer, als eine völlige Nichtbeachtung ibrer Veranstaltung durch den Hof. Sie knüpfen an diesen Besuch weitgehende Hoff nungen und träumen bereits davon, daß Erzherzog Karl Ludwig einmal nachholen wird, waS Kaiser Franz Josef beharrlich unter läßt: sich zum König von Böhmen kröne» zu lassen. Auf diese Ceremonie ist das Tschechenthum sehr erpicht, weil darin eine Anerkennung des sogenannten böhmischen StaatS- rechts läge, aus dem Redensartlichen ins praktisch Politische übersetzt, die Anerkennung des Rechtes der Tschechen, in den Grenzen des zu schaffenden Wenzelsstaates die Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien zu unterdrücken und zu entnationalisiren. Doch das sind Zukunftsträume, die voraus sichtlich unerfüllt bleiben werden; denn an dem Tage, da die Glocken des Prager VeitsdomcS den Krönungsmorgen ein läuten würden, würden sie dem Einheitsstaat Oesterreich als Sterbeglocken ertönen. Mittlerweile kommen einzelne An zeichen, wie die geplante Herausgabe eines amtlichen Blattes in tschechischer Sprache neben dem deutschen Amtsblatt in Prag, aus welchen hervorgebt, daß die Tschechen wieder Wind in ihren Segeln spüren. Hoffentlich erntet Gras Badeni keinen Sturm. In Frankreich tritt heute das Parlament wieder zusammen und zwar zu der sogenannten außerordentlichen, regelmäßig wiederkehrenden Herbst-Session. Da die Budgetcommission mit ihren Berathungen noch nicht zu Ende tst, wird die Kammer das Budget noch zur Seite liegen lassen und sich mit anderen Dingen beschäftigen. An solchen ist kein Mangel; zunächst liegen ein paar Dutzend Interpellationen vor, darunter allein sechs über Madagaskar, das überhaupt eine hervorragende Rolle spielen wird, sei es wegen der ge machten Fehler, sei es wegen der zukünftigen Verwaltung der Insel. Die Regierung selbst wird der Kammer eine Reihe von Vorlagen unterbreiten; die wichtigsten davon fk v: Der französisch-chinesische Vertrag bezüglich des Handels und des Nachbarverkehres mit dem südlichen China; ein Credit- entwurf für die Schaffung von Consnlaten und Vice-Consu- laten im südlichen China; Project bezüglich der Reform des Ordensralhcs der Ehrenlegion; Vorlage über die Schaffung einer Colonial-Armee; Entwurf, betreffend die Meltaus stellung von 1900, der die Ziffer der Ausgaben und des Staatsbeitrages feststellt; Prvfect, betreffend die Errichtung eines Kabels zwischen Frankreich, den Antillen und New-Iork; Antrag auf Ermächtigung einer Anleihe von 100 Millionen sür Indo-China; Reform der Mobiliarsteuer; Revision der Schätzung des nicht verbauten Grundbesitzes. Ferner ist eine ganze Reihe von Nacktragscrediten für das Rechnungs jahr 1895 zu erwarten, so für Mad-gaskar, die in einem be sonderen Gesetze verlangt werden, und für die Ministerien im Allgemeinen, die zusammen zwanzig Millionen erfordern, davon sieben Millionen für die vom Staate zu leistencen Entschädigungen an die Opfer des Dammbruches von Bouzey, zwei Millionen für das Geschwader, das während des chinesisch-japanischen Krieges nach Ost-Asien entsendet wurde, drei Millionen für die Lebensmittel der Armee u. s. w., Stoff genug, wie man sieht, mehr, als in der kurzen Session zu bewältigen ist. Jedenfalls wäre es eine „außerordentliche" Session, wenn alle Vorlagen erledigt würden, ja, wenn auch nur das Budget zu rechter Zeit zu Stande käme. Dazu ist jedoch diesmal so wenig Aussicht vorhanden, wie in früheren Jahren. Der gegenwärtige Stand der armenischen Ne form frage läßt sich dem Anscheine nach nicht ungünstig an, doch wird man gut thun, seine Erwartungen einst weilen nicht zu hoch zu spannen; denn es darf nicht übersehen werden, daß das bis jetzt Errungene doch nur formalen Wertb besitzt und die Hauptsache, nämlich die praktische Durchführung der nach dem Jradö des Sultans gemachten Zugeständnisse, erst »och kommen soll. Wie wenig Vertrauen in den gouvernementalen Kreisen Konstantinopels zu der eigenen Thatkrast herrscht, scheint das sichtbarliche Schwanlen in Len jetzt zu treffenden Entschließungen darzuthun. Während am Sonnabend noch der Erlaß einer feierlichen Bekannt machung der bewilligten Reformen als unmittelbar bevor stehend galt, meldet ein Konstantinopeler Telegramm vom > Sonntag, daß diese Maßregel aufgegeben zu sein scheine >2,— .4,30 >4, — >2.— .7,75 :4,25 >0.^0 Z7,75 /6,40 11.25 17.25 14, - )5,75 13.60 LO, - 17 25 20.25 80.75 S5,70 56 00 58 60 14.10 80 10 05.40 22, - 34.75 02,75 05,75 6600 örss: >1« <;u «mber etodsr k). ist sin ist sin ucker- tingent rg von digung Feuilletsn- Schwere Kampfe. No in an ans dem grotzen Kriege. 44j Von Carl Toners. Nachdruck »ertöte«. (Fortsetzung.) Er befand sich also etwa in der Mitte beider sich be kämpfenden Gegner. Bei der Brigade hatte man nämlich aus dem auf den Ordonnanzofficier gerichteten Feuer ebenfalls deutlich erkannt, daß man Franzosen und keine Preußen vor sich babe, und das Sckützenfeuer eröffnet. Letzteres zwang den Oberlieutenanl, sich stach niederzulcgen, denn er hegte nicht die geringste Lust, sich jetzt von einer bayerischen Kugel erschieße» zu lassen. Die Franzosen ließen ihn von nun an in Ruhe. Sie batten Wichtigeres zu thun, als sich einen einzelnen gut gedeckten Gegner aufs Ziel zu nehmen. Beim Brigadestab halte man den ganzen Ritt desOrdonnanz- officierS wobl beachtet und wußte genau, wo er niedergeduckt hinter einem Baum lag. Es entstand die Frage, ob man ein Anlaufen der Franzosen abwarten, sie von der Höhe aus ab weisen und ihnen hierauf nachstürmen, oder ob man ihnen angriffsweise entgegengeben sollte. Der General entschied: „Wir greisen an. Das sind wir Horn schuldig, der freiwillig sein Leben eingesetzt und uns dadurch die gewünschte Auf klärung gebracht bat. — Vorwärts, bis zur Straße vorwärts! Das Jägerbataillon hat die Richtung!" Gleich darauf brach daS bekannte, den Franzosen so un heimliche Hurrabgeschrei los, und in breiten Schwärmen stürzten die braven Jäger, Zwölfer und Dreier, vor. Dem Oberlieutenant Horn klang eS wie die schönste Musik, die er je vernommen. Da« war seine Rettung. Er hatte schon mit großer Besvrgniß daran gedacht, wie er sich seiner gefährliches Lage entziehen könnte. Es erschien ja jedes Zurückgehen gerade so gesäbrlich wie daS Vorgeben oder Liegen bleiben. Bei der kalten Luft verdichtete sich der Dampf der Schüsse so stark, daß man nach den ersten Salven nichts mehr sehen konnte. Die Schützen waren also mit bestem Willen nicht im Stande, ihn zu schonen, wenn er ihnen entgegenlief. Nun kamen sie aber vor und konnten ihn daher ausnehme». So schnell ging es jedoch noch nicht. Mit einem Anlauf war di« Strecke, die er im Galopp durchritten, nicht zurückzuleaen. Er vernahm auch deutlich die Commandos „Halt! — Nieder! — Schnellfeuer!" Dann prasselte cS wieder los, nunmehr noch gefährlicher, denn je näher die Schützen kamen, desto flacher sausten die bayerischen Geschosse über ihn hinweg. Er drückte sich in den Schnee so platt, als eS nur möglich war. „Sie werden mich nicht treffen. Wenn sie sehen, zielen sie ja gut, und wenn der Qualm vorliegt, schießt man über haupt höher. — Donnerwetter, das war nahe. Eine Hand breit mehr links und es hätte mich erscklagen. Ob sie noch weiter vorstürmen! Herrgott, jetzt wird es ungemüthlict,. Das hat meinen Mantel durchbohrt. Da liegt eS. Ein Podewilsgeschoß. Kommt wahrscheinlich von einem Dreier.— Gott sei Dank. Jetzt machen sie wieder einen Sprung." Abermals trat eine Pause im Feuer der Bayern ein. Man vernahm CommandoS, und dann erscholl von Neuem das laute stürmische Hurrah. Wieder hieß es „Halt!" — Nieder! — Schnellfeuer! Jetzt krachte es noch ver dächtiger, noch drohender über den flach im Schnee liegenden Officier hinweg. Ruhig ausharren müssen und jede Secnnde erwarten können, von einem befreundeten, einem bayerischen Geschoß von rückwärts her getöttet zu werden, das war keine Kleinig keit. Einen Augenblick dachte der Oberlieutenant wieder an seinen Talisman. „Er wird mich retten." Nun streifte aber ein Geschoß so seinen Arm, daß er zwar nicht verwundet wurde, aber doch sein Mantel einen langen Riß erhielt. Er wußte, nur einen halben Zoll mehr rechts und der ganze Arm wäre ihm vom Ellenbogen bis zur Hand zerrissen worden. In diesem Augenblick brachte ihm auch der Gedanke an den Talisman nicht mehr Ruhe und Sicherheit. „Gerechter Gott, steh Du mir bei. Ich habe ja nur meine Pflicht getban." Kaum war dies Gebet seinen Lippen entronnen, da hörte daS Feuer seiner Landsleute abermals auf. Deutlich vernahm er die Commandos: „Bis an die Allee, auf! — Vorwärts, Laufschritt marsch! Hurrah! Hurrah!" Jetzt erhob er den Kopf und sah rückwärts. Wahrhaftig, da kamen die braven Kerl« angerannt. Mancher stürzte unterwegs, weil ibm eine Franzoscnkilgcl in die Brust ein unabweisbares „Siopp" zngeschmettert hatte. Die an deren aber rannten weiter, bis sie an der Allee, bei ibm an- gekommen waren, sich neben ihm niederwarfen und von hier aus sofort ihr Feuer wieder begannen. Jetzt sprang Horn auf. Jetzt fühlte er sich gerettet. Die Franzosen schossen ja wie wüthend herüber. Aber: „Die treffen mich doch nicht. Ein Feuer will ich schon aushalten. Aber zwei! Das wäre beinahe doch ans Leben gegangen." Zunächst sah er sich nach seinem Schimmel um. Der war todt. Schnell nahm er ibm Sattel und Zaumzeug ab und begab sich mit diesen Ausrüstungsstücken zurück, um seinen General aufzusuchen. Er kam unverletzt bis ans die Höhe. Plötzlich erhielt er einen solchen Stoß, daß er vorwärts zur Erde siel. Sofort erkannte er aber, daß er trotzdem nicht verwundet war. Ein französischer Granatsplitter hatte den Eisenbalke» des Sattels getroffen, durch seinen Druck den Officier um geworfen und ein Loch in das Sattelleder gerissen. Sonst war nichts passirt. Ohne weiteres Erlebniß erreichte Horn nunmehr seinen General. Dieser gab ihm die Hand mit den Worten: „Ich danke Ihnen Herr Oberlieutenant. Ihr kühner Ritt brachte uns die so sehnlich erwünschte Aufklärung, Heute haben Sie sich das eiserne Kreuz verdient." Der Ossicier wußte vor Glück gar nicht, WaS er sagen sollte. Man hatte auch keine Zeit zu langen Gesprächen. Schnell ließ sich Horn ein neues Pferd, einen bei Orleans erbeuteten arabischen Schimmel satteln, und mußte sofort wieder weiter reiten, um Munitionswagen cherbeizusuhrcn. Die Schlacht brachte noch viele sehr ernste Momente, Trotz kolossaler Verluste hielten aber die beiden bayerischen Divisionen, sowie die 17. und 22. preußische Division den Anprall von 11 französischen Divisionen, von denen 5 ganz frisch auf dem Schlachtfeld erschienen, aus und wiesen alle die kühn und tapfer unternommenen Angriffe dieser enormen Uebermacht mit bewundernSwerther Zähigkeit ab. Freilich, »ach der Schlacht besaßen sic fast keine Patronen mehr, und aus dem einst so stolzen und starken Armeecorpö von der Tann'S war eine schwache, kaum mehr die Stärke einer einzigen Brigade erreichende Schlacke geworden. Gesiegl hatten sie wieder; aber fast ihr ganzes Herzblut war ge- opfert worden. Sie batten ihren schwersten Tag hinter sich, die Schlacht von Beaugency. 22. Ter 8. Deccmber batte dir Hauptkraft der Arm« deS französischen General« Cbanzy gebrochen. Die Vorstöße seiner Truppen am 9., 10. »nd ll. Tecember waren eigentlich nur schwache Unternehmungen gewesen, um seinen Abmarsch gegen lr Man« zu verschleiern. Sie wurden von den Deutschen mit leichter Mühe überall abgewiesen. Noch einige Tage wie den von Beaugency hätten aber auch die so entsetzlich mitgenommenen Abtheilungen des Groß- herzogS von Mecklenburg nicht mehr durchmachen können, ohne daß sie völlig vernichtet worden wären. Am 11. Deccmber früh mußte Horn nach dem Anfstellcu des täglichen Stärke-Rapportes seinem General melden, daß vier von den sieben Bataillonen der Brigade von Lieutenant geführt würden, weil es bei ihnen überhaupt keine Haupt- lcute mehr gab, daß das 12. Regiment der einzige Haupt mann desselben führe, daß 9 Compagnien dieses Regiments aus Mangel an Officieren von Feldwebels commandirt würden und daß die ganze Brigade nur noch 40 Officiere und 2124 Mann zähle. Davon waren 22 Oificiere und 500 Mann erst am 8. Tecember Abends als Ersatz aus der Heimath eingetroffen und hatten also die Schlackt von Bean- gency nicht einmal mitgemacht. Die ursprüngliche Stärke der Brigade betrug 192 Officiere und 7000 Mann, und wiederholt war schon Nachschub eingetroffen. So fürchterlich batte diese Brigade im bisherigen Kriege gelitten und so wie sie auch die anderen. Trotzdem wies diese Ruine deS einstigen Corps von der Tann immer noch dem Feind die Zähne und wäre vielleicht ganz zu Grunde gegangen, keinesfalls aber entmuthigt oder pflichtvergessen geworden, hätte das Geschick ihr noch weitere Prüfungen auferlegt. Es sollte nicht auf den Schlachtfeldern der Beancc und Pcrche gänzlich verbluten. Am 11, Tecember Vormittags, mitten im Geschützfeuer der bayerischen Artillerie und im Geknatter der Jägerbüchsen, welche das Vorbringen der Franzosen aus la Billette gegen Beauvert und Layes abwiesen, traf die Nachricht ein: „Ihr werdet beute noch vom X. preußischen Armeecorps abgelöst und dürft dann nach Orleans zurückmarschiren, um Euch dort zu erholen." DaS war jetzt wirklich eine Freudennachricht. „Niederer, etzt sckieaß i' no' naus aus mei'm G'wehr, wa- nauSgebt. Etzt braucht' ma' koaui Patrone meh' z' spar'». Hin müss'n no' a paar Wer n vun dene Sakra, Vene verflucht'»." „I' mach's aa so. Woll'n wir amol mitenand af den Kerl balt'n, der dort übi d' Mauer für! guckt. I' nimm Visir 350 Schritt, und Du nimm 100 Schritt." So machten eS beide. Sie legten auf, und fast gleich zeitig sielen ihre Schüsse. Der Franzose verschwand; kein anderer erschien an dieser Stelle.
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