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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951204023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895120402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895120402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-04
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8628 liberale» Anläufe» nicht zu schließen, daß eS mit der Herrschaft im Geiste PobedoaoSzrw'S für immer vorbei sei. Deutsches Reich. * Dresden, 4. December. Dieser Tage verbreitete da« „Drpeschen-Bureau Herold" die Meldung der .Deutschen WaLt", im Schooßc der »weiten sächsischen Kammer würden gegenwärtig Beratyungrn wegen Abänderung de« säch sischen Wahlgesetze« gepflogen, deren Ziel angeblich die Beseitigung der socialdemvtratischea Abgeordneten au« dem sächsischen Landtage sei. An de» vertraulichen Berathungen nähmen die Eoniervativen, Nativnalliberalen und Kammcr- fortschrittler Theil. Der Crnsus solle erhöht und die geheime Wahl durch die offene Stimmabgabe ersetzt werden. E« sei beabsichtigt, am nächsten Donnerstag diese Pläne zu veröffentlichen. Den Anlaß für diese Berathung babe eine an den Petitionsausschuß ge langte Petition in diesem Sinne aus Leipzig geboten. Hierzu schreiben heute die .Dresdner Nachrichten": „Auch uns ist Verschiedenes Über derartige Verhandlungen bekannt Unter einsichtigen Männern ist man längst zu der Anschauung gekommen, daß es so, wie es jetzt ist, nicht weiter gehen kann. Wir hoffen daber, baß die Be- rathungrn der Ordnungsparteien im Landtage zu einem gedeihlichen und für unser Volk ersprießliche» Resultat führen werden. DaS Dresdener Blatt, da« sich mit seiner Kenntniß der Dinge brüstete, bat mit seinen „Ent hüllungen" doch recht weit daneben geschossen. Nach unserer Kenntniß der Dinge denkt kein Mensch im sächsischen Landtage daran, den Census zu er höhen oder irgend einem der jetzt Wahlberechtigten künftig daS Wahlrecht zu nebmen. Ebensowenig ist davon die Rede, daß die Fortschrittspartei den Antrag einbringen soll — da« wäre wohl da« Ungeschickteste, wenn diese verbällniß- mäßig ja nur wenige Mitglieder zählende Fraktion in einer so wichtigen Angelegenheit den Antrag einbringen sollte. Durchaus falsch ist auch, daß eine eingegangene Petition deS SladtratbeS Ludwig-Wolf in Leipzig den Anlaß zur Besprechung gegeben hätte. Wir nebmen vielmehr an, daß alle guten sächsischen Patrioten, und da« sind die Mitglieder der OrdnungSparleien in unserer sächsischen Kammer allesamnn, einmüthig zusammensteben werden, wenn es sich darum handelt, in Gemäßheit der beschworenen Verfassung einzulreten für daS unzertrennliche Wohl von König und Vaterland. Daß der Reforwpartei derartige Bestrebungen iu die Ouere kommen, versieht sich von selbst. Ist dieselbe doch bei den letzten Lanv- tagSwadlen eingrtreten für Ausdehnung des allgemeinen Wahlrechtes auch aus die sächsischen LandtagSwahlrn. Ihren Lohn dafür hat sie freilich auch schon bei den Wahlen ein geheimst. Die Angabe deS hiesigen socialdemokratischen Blattes, daß von conservaliver Seite bereits ein Antrag aus Aende- rung de« Wahlrecht- beim Landtage eingegangen sei, beruht auf Erfindung." So lange die Berathungen nicht zu einem Resultate geführt haben, ist eS zwecklos, sich in Betrachtungen über sie zu ergeben. Eden deshalb hätten die Verhandlungen vertraulicher geführt werden sollen, um dem müßigen Gerede vorzubeugen. * Verlia, 3. December. In ihrer Besprechung der Thronrede sagt die „Nat. Lid. Corr." u. A.: „Es klingt sich au- den Eingangssätzen eine Mahnung heraus, die uicht bloS mit Bezug aus das Bürgerliche Gesetzbuch ver standen sein will und von der gewünscht werden muß, aber kaum gehofft werden darf, daß sie vom Reichstag beherzigt werde. Den angekündigten Vorlagen, die durchweg den beiden Gebieten der Justiz- und der WirthschaftSgesetzgebung angehören, ist mit Ausnahme etwa der Novelle zur Gewerbeordnung, entgegeogesrhen worden. Von der Militairstrafproceß- ordauug, die man erwartet batte, ist nicht die Rede, wäh rend der Finanzreform, obwohl sie weder erwartet war aoch auch anaekündigt wird, Erwähnung geschieht, allerdings iu einer Weise, mit der wenig oder gar nichts „anzufanaen" ist. Ein Zuckersteuergesetz wird noch nicht in Aus sicht gestellt und nicht ohne Betonung der Schwie rigkeit der zu lösenden Aufgabe von Erwägungen der Regierungen berichtet. Ein Grund mehr, die Ermög lichung der vorzeitigen Bekanntgabe des Elaborats deS Reichsschatzamts zu bedauern. Die Stelle der Thronrede überdenHaadwrrkSkammernenlwurs behebt jeden etwa noch vorhandenen Zweifel daran, daß die Errichtung de« „Unterbaue-" der Handwerksorganisation in dieser Tagung nicht Gegenstand der Berathung sein wird. Beider Erwähnung der Börseareformvorlage wird— nicht in glücklich gewählter Form, aber verständlich und dabei zu treffend — Hervorgehoden, daß durch einen Mißbrauch der Börseueinrichtnngen auch VolkStreise, die sich Börsengeschäften fernhalten, insbesondere die Laudwirthe, geschädigt werden können. Längere Zeit verweilt die Thronrede bei der Sonn tagsruhe, nicht ohne in einer keiner Mißdeutung ausgesetzten Wendung den Entschluß des Festhaltens an dieser Errungen schaft der socialpolitischen Gesetzgebung kuudzugeben. Hin sichtlich der Einschränkung der Arbeitszeit in ge- fuudtzeit-gefährdendea Betrieben wird nicht klar, ob ein Vorgehen in naher Zukunft beabsichtigt ist. ES ommt bier nicht ein Act der Gesetzgebung, sondern eine Entschließung de« BundeSrathr« in Betracht, dem die -esugniß beigelegt ist, für solche Gewerbe, in welchen durch lbermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen vor- julchreiben und die zur Durchkuhrung erforderlichen Anord nungen zu treffen." * Berlin. 3. December. Der Dülkener .Allgemeine An zeiger" tbeilt den Erlaß mit, den der Bischof Hermann von Mönster am l5. August 1893 in Bezug aus die Tbeil- nahme der Kriegervereine an kirchlichen Beerdigungen an alle Geistliche seines BiSlbumS gerichtet bat. Dort heißt rS: .Da in den Bestimmungen deS Rituale Romanum nur den kirchlichen Laienbrudcrschaften ausdrücklich zugestanben wird, daß sie bei Leickenzügen dem CleruS vorangeden sollen, o ergab sich seit der Einführung der dem Rituale ent- precheadeu Begräbnißordnung mehrfach eine Unsicherheit darüber, ob auch weltlichen Vereinen, wenn sie als Corpo- rationen an Leichenzügen tbeilnedmen, der Platz vor dem Klerus zustebe. Nach der Festsetzung deS Ruuale liegt eine deSsallsige Berechtigung nicht vor. Da aber auch keine Be- timmung eS ausschließt, solchen Vereinen diesen Platz ein- uräumen, so wollen wir die Herren Pfarrer und Pfarr- verwalter als die berufenen Ordner der kirchlichen Processions- züge bis auf Weiteres autorisircn, dort, wo daS Herkommen eS mit sich bringt und solches gewünschi wird, auch weltliche Vereine, die als Corporation«« austrelen, im vorderen Tbeile des LeichenzugeS voraufgehen zu lassen, wofern dabei jede Störung der gottesdienstlichen Functionen und namentlich auch der kirchlichen Gesänge ausgeschlossen bleibt." Wir wünschen, daß baldigst auch die übrigen Bischöfe in diesem Sinne sich aussprechcn und darüber wachen, daß ihre Geist lichen sich darnach richten. — Dem Oberst a. D. v. Lucadou hierselbst, der als Compagniechef im Infanterie-Regiment Nr. 94 (Großberzog vo» Sachsen) bei Poupry schwer verwundet wurde, hat der Kaiser folgendes Telegramm übersandt: Neues PalaiS, 2. December 1895. Sie leiden noch heute unter der vor 25 Jahren bei Poupry im Kamps für König und Vaterland erhaltenen schweren Wunde. Im eriiinere Mich dessen an dem heutigen 25. Gedenkiage und verleide Ihnen hierdurch den Rothen Adler-Orden 3. Ciaffe mit der Schiene. Wilhelm k. Auch der Großberzog von Weimar sandte dem Obersten von Rom aus ein Telegramm. 0 Vorstandsmitgliedern von Vereinen die umfangreiche An» lageschrift zugestellt worden. — Der „ReichSanzeigrr" meldet die Ernennung d«S bisherigen Gesandte» tu Kopenhagen Freiherr» v. d. Brtncke» zum Gesandten am niederländischen Hose. — Der französische Botschafter Herbelte kehrte heute Abend vom Urlaub« zu dauerndem Aufenthalte nach Berlin zurück. * Schwerin, 3. December. AuS Cannes wird unter dem gestrigen Datum gemeldet: Der Großherzog erhielt heute olgendeS Telegramm vom Kaiser: „Neue- Palais, 2. December. Eure Königlich« Hoheit wollen versichert sein, daß Ich Mich bei der 25. Wiederkehr der Gedenktag, d«S Loireseldznge» ,n tiefempfundener Dankbarkeit der unvergäug- lichen Verdienste Ihres in Gott ruhenden, al» Heerführer hoch- bewährten Herrn Vaters Königlichen Hoheit um dir deutsche Sache, wie der ruhmvollen TheUnahme der Truppen Ihre- Eontingenl» an den Erfolgen jener großen Zeit erinnere. Wilhelm I. U." * Stettin, 3. December. Der Kaiser hat auS Anlaß deS gestrigen Gedenktage- von VillierS-Cbampigny an den commanbirenden General de« 2. ArmeecorpS General der Infanterie von Blomberg folgende Depesche gerichtet: „Neues PalaiS, 2. December 1895. Gern und dankbar erinnere Ich Mich deute der von den braven Pionieren io der Schlacht von Vllliers-Champigny erkämpften Lorbeeren und beauftrage Sie, die« den delheiligten Truppen deS ArmeecorpS, welchem auch Sie in jener großen Zeit angehörtrn, bekannt zu machen. gez. Wilhelm I. L." * BrcSlau, 3. December. Heule Abend fand, wie die „Schlesische Zeitung" meldet, bei dem Erbprinzen von Meiningen ein Diner zu 20 Gedecken statt, dem der Kaiser beiwohnte. Er faß zwischen der Erbprinzessiu von Meiningen und dem Herzog von Ratibor, ihm gegenüber faß der Erbprinz von Meiningen, der die Prinzessin Feodora zu feiner Rechten und den Chef des MilitaircabinetS General von Hahnke zur Linken batte. Außer dem Ge- olge nabmen an dem Mahle Tbeil: Prinz Heinrick Reuß (SkonSdorf), der Herzog und die Herzogin von Ratibor, Gras Pückler-BurgbauS, die GenerallieutenantS v. Ligniy, Heinricks und v. Vahlkampf, sowie Generalmajor v. Goßler vom großen Generalstabe. AbendS 10>/r Uhr trat der Kaiser die Rück,eise nach dem Neuen PalaiS an, wo die Ankunft Mittwoch früh gegen 8 Uhr erfolgt. * Vrombcrg, 3. December. Die russische Regierung zahlt laut der,Iöln. Z." 150 000 Rubel Entschädigung ür die in Powidz (Kreis Gnesen) von russischen Grenz- oldaten ermordete GastwirtbSfrau. — Artikel des Herrn Röder in der „Cons. Corr. wenden sick mit besonderer Schärfe gegen daS Stöcker'sche „Volk". Im Anschluß daran erklärt nun die Partei- correspondenz, daß „Das Volk" als ein conservaliveS Partei organ nicht zu erachten sei. Stöcker will man damit aber doch noch nicht preisgeben, vielmehr beißt eS weiter: Das „Volk" gebe seine eigenen, rein christlick-socialen Wege, ohne sich von Herrn Stöcker, der die Scheidelinien zwischen den conservaliven „Allen" und den libcral-socialdeuiokratiscke» „Jungen" klar genug (?) gezeichnet hak, beeinflussen zu lassen — Der Fall Hammerstein soll, wie die „Berl. Z." erfährt, nächstens trotz der Abwesenheit des Hauptbelden in öffentlicher Gerichtsverhandlung erörtert werden. Gegen einen hiesigen Papierbändler soll die Anklage wegen Betbeiligung an der von Hammerstein begangenen Untreue erboben sein. Wie s. Z. berichtet wurde, hatte Herr ron Hammerstein einem Papierlieferanten den ungeheuren Preis von 40 für daS Kilo Papier aus der Tasche der „Kreuzzeitungsbesitzer" be willigt und sich alt Entgelt dafür größere Summen als Dar lehen vorstrecken lasten. — Zu der Meldung der „Post" über den Fall Kotze- Schrader bemerkt die .Kreuzztg.": „Wir können nach Lage der Dinge nicht prüfen, ob diese Meldung der Wahrheit entspricht; da aber nach den eigenen Worten der „Post" das b,regte Urthril „gegenwärtig im Militoircabiuet zur Bestätigung durch Se. Majestät vorliegt", aljo die Bestätigung noch nicht erfolgt ist, könnte der „Spruch" des Ehrengerichts nur durch einen groben BertranenSbruch in die Ocffentlichkeit gelangt sein." — Die socialdemokratischen Arbeitgeber bilden gegenwärtig die Quelle ständigen Verdrusses für die Gewerk' fchafte». Dabei ist zu bedeuten, daß nur der geringste Theil der Differenzen in socialdcmokratischen Betrieben vor der Oeffentlichkeit Verbandelt wird. In der Druckerei von Maurer und Dimmick mußte eS erst zum Aeußcrsten kommen, ebe die Gewerkschaftsführer bas „Volk" mit der Angelegenheit behelligten. Es war recht bezeichnend, daß der Buchdrucker Stößel, wie die „Post" berichtet, in der gestrigen Sitzung der GewerksckaftScommisfion die Furcht vor de bürgerlichen Presse als einzigen Grund für die Nicht Veröffentlichung „der seit Jahren bestellenden grenzen losen Miß stände" bei Maurer und Dimmick inS Feld fübrte. Der Fall ist typisch. Man vertuscht die Geschichte, so lange eS geht, und zieht erst dann den Schleier hinweg wenn offene Rebellion in den Gewerkschaften droht. — In Sachen wider Auer und Genossen wegen Ueber tretung des VerrinSgesetzeS ist nach den „B. N.-N> * Hannover, 3. December. Am 8. d. MtS. tritt die Polizeiverordnung vom 30. August d. 9. in Kraft, welche die Jndaber offener Geschäfts locale verpflichtet, ihre aus geschriebenen Vor- und Zunamen auf den Firmenschildern in einer für Jedermann von der Straße auS deutlich lesbaren christ anzndringen. Auch innerhalb des GesckaftSlocalS ist der ausgeschriebene Bor- und Zuname des Geschäft- inbabers in unverwischbarer Schrift an einer in die Augen fallenden Stelle anzubringen. * Magdeburg, 3. December. Gestern löste die Polizei eine VorstandSsitzung der Filiale des Metallarbeiter- Verbandes aus. * Köln, 3. December. Nach einer Mittbeilung, die auch in das „L. T." übergegangen ist, sollte der kürzlich verstorbene deutsche Gesandte vr. Busch ein geborener Elberfelver und Sobn eines dortigen Musikers gewesen sein u. s. w. Diese Dar stellung entspricht durchaus nicht den Tbatiachen. vr. Busch wurde, wie die „K. Z." feststcllt, in Köln geboren. Laut dem Kirchen buch erfolgte die Taufe am 2l. Mai 1834 im Dom, wobei der Onkel, Clemens August Pbilippart, ein Sobn des 1820 in Bonn verstorbenen Hofmalers gleichen Namens, als Pathc verzeichnet steht. Da der Vater, ein Musikalienhändler, srüh verstarb, erhielten die vier Kinder von der Mutter eine vor- züglicke Erziehung. Der Sobn, welcher nicht musikalisch auS gebildet war und kein Instrument spielte, absolvirte 1853 daS Kölner Gymnasium, studirte erst in Bonn die Rechte, dann in Bonn und Berlin orientalische Sprachen. Nachdem er am 10. Juli 1859 den vootor pdil. gemacht, habilitirte er sich als Privatdocent an der Universität Bonn, wo er bis zu seiner Berufung als Dragomau nach Konstantinopel verblieb * Itzehoe, 3. December. DaS SchleSwigsche Feld- Artillerie-RCtjiment Nr. 9 feierte heute seinen 25jäbrigen Erinnerungskag an die Schlachten von 1870/71. Bei der Parade, an der viele Veteranen theilnahmen, wurde vom Eominandeur folgendes kaiserliche Telegramm verlesen: „Breslau, den 3. December. An dem heutigen 25. Gedenktage der Schlacht von Orleans erinnere Ich Mich dankbar der ruhm reichen Thätigkeit der Artillerie des lX. Armee-EorpS an diesem Tage wie bei sonstigen schweren Kämpfen iu jener großen Zeit. Wilhelm k." * Eoburg, 3. December. Eine Versammlung der frei sinnigen Volkspartei ersucht den LaodtagSauSschuß, den angebabuten Ausgleich in Sachen des VersafsungSconflictS abzulebnen. * Karlsruhe, 3. December. Die Großherzogin von Baden feierte heute ihren 58. GeburtStag. * Zaber«, 2. December. Vor der Strafkammer wmdt der im Arbeit-Hause in Pfalzbura iahaftirte 28 jährige Jacob Voltz auS Monwriler wegen MajestätSbeleidignng zu neun Monaten Gefängniß verurtheilt. Oesterreich»Ungar«. * Wie«, 3. December. Auf Vorschlag Badeni'S verfügte der Kaiser, daß zu Hofdiners auch Parlamentarier zugezozrn werden. Zum DonuerSlag-Diner ist neben den Vorstandsmitgliedern der Linken der Obmann de« Iuag- tschechenclub« Engel geladen. * Wien. 3. December. (Abgeordnetenhaus.) Anläßllch «r Debatte über da« Gesetz, betr. die Bergbau-Inspektoren, ührte der Ackerbanmiuister Graf Ledebur unter Anderem aus, der Srrginspector müsse ein Freund und Rathgrber der Arbeiter, owie der Anwalt ihrer gerechte» Forderungen sein, iu ihnen dir Menschenwürde ehren, sie aber auch lehren, die Unter- arhmer nicht grundlos alS Feind und Gegner anzusehea. Er müsse verstehen, ihr Brrtrauen zu gewinne», andererseits aber auch die oft von Außen kommende Aufreizung uud Entzündung gewisser Leiden- chafteu einzudämmea. (Beifall.) Die Debatte wurde hierauf ge- chlosse» uud die Verhandlung abgebrochen. Nächste Sitzung Donnerstag. * Letzenburg, 3. December. In FestS-Szeat Mikla sind arge Excesse gegen die jüdische Volksküche vor gekommen, bei denen Fenster, Thüren und Bänke zertrümmert wurden. Die aufgeregte Menge schlug die Fenster mehrerer Häuser ein. In eine Wohnung wurde hineingeschofsen. Die Schule ist geschloffen. Frankreich. * Paris, 3. December. In den Wandrlgängen der Kammer behauptete sich da« Gerücht, der Untersuchungs- Ausschuß habe sich (wie vorauszusehen. D. Red.) vollständig Gunsten deS Admirals Gervais ausgesprochen. Die Schuld an dem Auffahren der vier Panzerschiffe sei den chlechten Seekarten zuzuschreiben. — Der Vicepräsident de« Senat-, Cballemel, hat einen Schlagansall erlitten; die Aerzte erwarten seinen Tod. (B. L.-A.) * Parts, 3. December. DieBureauxderDeputirt« nkainmmer wählten eine Lommifsion zur Prüfung der Vorlage, betreffend die im Jahre 1900 zu veranstaltende Ausstellung. Drei Mitglieder der Lommifsion lprachen sich für die Vorlage ans, drei andere sind gegen jede Ausstellung, fünf andere wünschen die Borlage abgeändert zu sehen; namentlich dürfe man nicht die Champs ElystzeS inS Auge .offen. — Der Senat nahm den für die Errichtung von Eon» ulaten in Ehiaa geforderten Eredit an. Italien. * Rom, 3. December. Deputirteakammer. Die Berathung über die innere und äußere Politik der Regierung wurde fortgesetzt. Ministerpräsident Crispi wohnte der Sitzung bei. Solaris uud Forti» sprachen zu Gunsten der Regierung, Franchetti gegen dieselbe. Die Generaldebatte wurde geschlossen. Nunmehr ergriffen die Redner da» Wort, welche eine Tagesordnung ein- gebracht hatten. Muratori begründete seine Tagesordnung, welche sich für die Politik der Regierung ausspricht. Fortis verthcidlgt in wirkungsvoller Weise die Regiernngspolitik. Brin greift das Zwangsbomicilgejetz an, billigt aber Crispi'S Erklärung betreffs der auswärtigen Politik, insbesondere betreffs der Orient srage; er verthcidigt den srirdlichrli Zweck des Dreibundes, be- hauptet, die Regierung treibe in Afrika Ausdehnungspolitik, was den Staatsfinanzen schade» werde, und billigt Lnspi'S Er klärung betreffs des Garantiegejetzes. Der Ministerpräsident spricht unter der größten Auimerksamkeit, indem er erklärt, das Garanliegesetz abzuichassea, wäre ei» großer Jrrthum: es ist der Papst, der sich! mit Italien versöhnen muß, nicht Italien mit dem Papst. Der Dreibund ist stark und fest, die italienische Fahne im Orient ist geachtet wie jene anderer Mächte. Ja, wir wollen im Orient den stutun quol (Bravorufe, Beifall). Die Vorfälle in Nizza und Triest könne er nicht besprechen, weil es die innere Politik der betreffenden Länder angehe. Die Kündigung des Vertrags mit Tunis lasse frühere niemals aufgehobene Verträge unberührt; die Regierung beschranke sich in Afrika aus die Vertheidigung ihrer Besitzungen, Abenteuer vermeidend und Mehrausgaben ausschließend. Crispi erklärt, daß die Eompagnien der Infanterie innerhalb der besteyenden Grenzen verstärkt worden seien. Jo der Kataster frage halte die Regierung die übernommenen Verpflichtungen aufrecht. Es folgte daraus die Abstimmung. Durch Namenöaujrus wird Muratori'S Bertrauensantrag votirt, wodurch die innere und die auswärtige Regierungspolitik gebilligt wird. Dafür stimmen 267, dagegen 131 Deputirte, 3 enthalten sich der Abstimmung. Großbritannien. * Lands«, 3. December. Die Vorbereitung zu einer gemeinsamen Besprechung der Arbeitgeber und der Arbeit nehmer in dem Schifsbauauöstande sind abgeschlossen. Der Londoner ausführende Ausschuß der Organisation der Arbeiter hat alle Lehrlinge in den Werkstätten am Clyde, 2000 an Zahl, angewiesen, sich dem Streik anzuschUeßen. (S. dageg. die folg. Meld.) * London, 3. December. In einer in Crohden gehaltenen Rede sagte der Präsident deS HandelSamreS, Ritchic, der SchifsSdauerstreik in Glasgow werde den neuesten Nachrichten zufolge in kurzer Zeit beendet sein. — Cdarü ber la in hat, hinweisend aus die Wichtigkeit, daß ein mög lichst großer Theil deS Handel« zwischen Großbritannien und den Colouien der britischen und der colonialen Urerzeuguog, sowie der Industrie gesichert bleibe, voa den möchte", fügte sie rasch entschuldigeud bei, und tiefe Röthe färbte ihr klaffe« feine« Gesicht. Bergmann sab sie mit einem so nachdenklichen, ihm selbst wahrscheinlich unbewußt zärtlichen Blick an, daß der Oberst in großer Ueberraschuug seine Tochter ebenfalls forschend anblickte. Sie aber fühlte Beide- und sah mit so hilflos mädchen haften Augen nach Jakoba, als wolle sie um Beistand bitten. Und Jakoba kam ihr zu Hilfe, freilich in einer Art, die chre Verwirrung noch erhöhte, wenn auch ihr Herz vor Freude klopfte. „Würde eS nicht angehen, daß ich und meine Schwägerin Ihr kleines Töcdterchea einmal besuchten, Herr Doktor?" fragte Jakoba barmlo«. „Maria-Margarethe ist sehr kinder lieb, und ich glaube, sie würde eS sehr gut verstehen, daS Zu trauen des armen GeschöpfchenS zu gewinnen. Ich bewundere manchmal ihre Geduld, mit allerband gar nicht lieblichen PortierSkindern und dergleichen kleinen Menschen, die krank oder unartig sind, herrlich auszukommen." „Ja, da« ist wabr", lachte Helmuth, „wenn man mit meiner freundlichen Schwester auSgebt, muß man sich mit einem halben Dutzend kleiner Straßenjungen begrüßen." „Ich würde glücklich sein, die Damen bei mir empfangen zu dürfen!" sagte Bergmann sich verneigend. „Wie steht es denn jetzt mit Ihrem Sohne?" fragte der Oberst theilnehmead. Bergmann zuckte die Achseln. „Auf die alte Weise, Herr Oberst. In der Claffe träge, zu Hause mürrisch und müßig. Abend« enuieht er fick unter allerhand Gründen meisten« ganz dem Zusammensein mit uuS. Als meine Frau lebte, war da« nicht so. Er ist seit dem Tode seiner Mutter nicht mehr wirderzuerkennru. Ich fürchte, daß er trotz ernster Ver warnungen wieder gegen da« Schulgedot irgend einer ver- hoteuru Verbindung der Schüler aogehört." „Er ist sonst begabt?" „Er hat vielfache Anlagen. Eine der gefährlichsten Klippen für einen haltlosen Charakter." „Sollte fick» der schon gebildet haben?" „Mein Sohn ist 15 Jahre alt und in vielen Dingen über seine Jahre reis. Ich fürchte sehr, sehr für ihn." Bergmann sah trübe zu Boden. „Ist er noch so schön wie auf dem Bilde — iu Ihrem Zimmer?" fragte Maria-Maraarrtbe voll hohem Interesse. „Ja. Er fallt auf durch sei» AeußereS", gab Bergmann s«»f>i»d zu, „ich brasche »icht zu sagen, welch' «ine gefähr liche GotteSgabe körperliche Schönheit unter Umständen sein kann." Er erhob sich, um sichzu verabschieden, und man setzte schon für den anderen Morgen, einen Sonntag, den be absichtigten Besuch bei der kleinen Doris Bergmann fest. Als au diesem Abend Jakoba in ibr Zimmer Hing, fühlte sie sich auf dem dunklen Flur von ihrer Schwägerin zum ersten Mal ohne besondere Veranlassung innig umarmt. Allseitig freudig angeregt von boffnunaSvollen Aussichten uud Bildern, suchte beute die kleine Familie ihre Nachtruhe. Helmuth und Jakoba aber sprachen noch lange von der so wunderbar passenden Anzeige und der möglichen großen Veränderung in ihrem Leben. DaS Leben in einem öster reichischen Bade dachten sie sich reizend, besonder« in irgend einer bevorzugten Stellung. Nur über das Gehalt konnten sie uicht einmal eine Vermuthung haben. Wenige Tage später, als Helmuth gerade den fertigen Roman seiner Frau einpackte, um ihn nach Stuttgart gehen zu lassen, brachte Guste einen elegant auSsehenven Brief, der eine ausländische Postmarke trug. Jakoba, die gerade auS- gehen wollte, um BierkeS einen Besuch zu machen, die vor einigen Tagen von ihrer großen Reise heimgekehrt waren, band rasch ihren Hut wieder auf und trat mit ihrem Mann an« Fenster, um den wichtigen Brief zu betrachten. Sie sah, wie aufgeregt Helmuth war. Seine Lippen waren ganz blaß, und er schien gar nicht zu wagen, den Brief zu öffnen. „Da kann eigentlich nur Gute« darin stehen!" sagte Jakoba zuversichtlich. „Die Leute da werden wohl nicht Jedem, der sich auf die Anzeige bin meldet, einen Brief schreiben, wenn sie den betreffenden Herrn nicht brauchen können." Und rasch reichte sie Helmuth den Brieföffner. Da- kurze Schreiben zeigte eine kräftige, kühne Hand und knappe AuSvruckSweise. „Sehr geehrter Herr Baron k Sie scheinen für unseren Zweck die geeignete Persönlichkeit zu sein. Wir ersuchen Sie, sich gefälligst persönlich vorzu- stellen und die Summe, welche Sie als Reisegeld bean spruchen, zu neunen, fall- Sie nicht in der Lage sind, die Auslagen zu machen. Wir empfehlen un« hochachtungsvoll Beermanu uud Giuseppa. Franzenburg, den 1. October." „Also wirklich", sagte Helmuth beinahe träumerisch. „Welch «in GlückI" flüstert« Jakoba. „Wie so Ein- de» Anderen di« Hand gereicht hat, wie seltsam verschlungen sich Ring an Ring in dieser Kette gefügt hat!" „Vom Gebalt spricht er gar nicht — oder sie. ES sind ja zwei. Eine Firma, scheint eS." „Komm hinüber zum Vater. Wenn ich doch mit reisen könnte, Helmutb! Wie interessant das doch ist! WaS für neue Verhältnisse, neue Gegenden, neue Menschen Du kennen lernen wirst! Wie gut, wie gesund für Dich, mein Liebling, einmal so ganz auS den alten Verdältuiffen herauSzulommen, ganz andere Luft zu atbmenl Ach, ich bin zu glücklich!" Der Vater öffnete gerade die Thür de« Wohnzimmer-, als daS Ehepaar idm entgegenkam. Er hatte auch einen Brief erhalten und noch etwas, und wollte eben seine Kinder rufen, um ihnen Mittheilung zu machen. Nun traten sie zusammen in« Wohnzimmer, wo eS noch hell genug war, um zu lesen. Zuerst de« VaterS Brief. Mit heiterem Lächeln» aber zeigte er auf eine rothe Karte, die auf dem Tische lag neben einigen Goldstücken — eine Postan weisung auf l50 von einer Zeitung, die von den Auf sätzen deS Obersten drei erworben hatte. Die Sache war umgehend auf daS Prompteste erledigt worden. Der Brief enthielt noch dazu einige verbindlich anerkennende Worte der Redaction und die Bitte, gelegentlich Neue« zu sendeu. ,Qbne meine- TöchterlrinS Correctur hätte ich am Ende nickt so gut bestanden!" lächelte der Oberst und strich zärtlich Jakoba« weiche Wange. Nun aber hob Helmuth strahlend seinen Glücksbrief empor. „AuS Oesterreich? Wahrhaftig? Also scheint wirtlich etwa- an« der Sache zu werden I Zeig' doch ber — hm, hm! Klingt ja ganz gut. Auf näbrre Angaben laßt man sich nicht ein — sollst hinkouimeNf selbst sehen und Dich sehen lassen — na, da- kannst Du ja! Gut nur, daß sie Dir Reisegeld schicken wollen — scheiut also reeller goldener Hintergrund zu sein." „Aber doch sonderbar", meinte Maria-Margarethe, „daß sie gar keine Andeutung machen, welcher Art da« Etablissement ist, da« kann ebrnfo gut eine Irrenanstalt wie eine Badedirection sein — Du fährst da vielleicht bin und kannst die Sache gar uicht gebrauchen. Jedenfalls mach' keine Auslagen für die Herren Berrmann uud Giuseppa." Der Oberst nickte. „Sie bat nicht unrecht. Wir wollen die Sache doch mal erst mit Bergmann besprechen." „Schaden kann da- nicht", gab Helmuth zu, der brennende Lust batte, die Reise gleich auzutreten. ,LLo mag überhaupt Fra» zenSburg liegen?" fragte der Oberst, den Poststempel betrachtend. „Habe in meinem Leben nie davon gekört." Maria-Margarethe holte rasch den Handatlas, der unter vielen anderen Büchern aus dem Bücherbrett lag. Eifrig studirte man ihn und fand den Ort — gar nicht weit von der Grenze. „DaS ist jedenfalls höchst angenehm", meinte Helmuth, der sich in seinen neuen Hoffnungen auf daS Schönste an geregt fühlte und eine seltsame Ahnung hatte, daß die Sacke ibm Glück bringen würde, — „höchst angenehm, daß die Reise gar nickt weit ist. Ich kann in ein paar Tagen hin und zurück sein. Am liebsten reiste ich sofort ab, dann wüßte man doch bald, woran man ist." Maria-Margarethe aber warnte und bat ihn, doch erst Bergmann'« Rath zu hören. „Er kann doch ebenso wenig davon wissen, wie wir", meinte Helmutb, ordnete sich aber gern der Vernunft unter, die in seiner Schwester Wunsche lag. Helmutb machte sich sogleich auf zu Bergmann, den er auch glücklicher Weise zu Hause traf. Der Doctor laS den Brief und äußerte sich fast in der selben Weise wie Maria-Margaretbe; auch er meinte aber, daß der Angelegenheit jedenfalls näher zu treten sei und der vernünftigen Vorsicht genug geschähe, wenn Helmuth sich erst da« Reisegeld von den Herren schicken lass«. Auf alle Fälle sei die Reise gesund für Helmuth. Die Frau aber solle er nur zu Hause lassen. Und so geschah eS denn auch. Die verhältnißmäßig be scheidene Summe, welche Helmuth genannt hatte, wurde geschickt, woran er übrigen- keinen Augenblick gezweiselt hatte. Sein ganze- Wesen in diesen Tagen war gehoben. Natürlich waren eS die seltsamsten, wunderlichsten Ler- muthungen und Bilder über die Art der ihm bevorstehenden Arbeit, welch« unter ganz ungewohnter Heiterkeit und fröh lichen Scherzen zwischen den Geschwistern und dem Vater erörtert wurden, immer neuen Stoff zu lebhafter Unter haltung bietend und schon jetzt da« Gute mit sich führend, daß alle kleinlichen Verstimmungen und Mißhelligkeiten ia der allgemeinen Hoffnungsfreude untergiagen. (Fortsetzung folgt.)
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