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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951210015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895121001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895121001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-10
- Monat1895-12
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Tabellarischer und Zifiernfatz »ach höherem Tarif. Gytra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderuug 60.—, mit Postbesörderung 70.--. Annahmeschlub für Anzeige«: Abrnd'AuSgabe: Bormittag« 10 Uhr. Mora« n«Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Für dir M ontag-Morgru-Ausgabr: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen t« eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an dt, Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig M. Dienstag dm 10. December 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Erweiterung des Fernsprechverkehrs. Zwischen Leipzig und Rudolstadt, Saalseld (Saale), Pößneck, Neustadt (Orla) ist der Fernsprechverkehr eröffnet. Die Gebühr für da- gewöhnliche Gespräch bi« zur Dauer von drei Minuten zwischen Leipzig und jedem der vier anderen Orte beträgt eine Mark. Leipzig, 6. December 1895. Der kaiserliche Vber-Poftdirector, Geheime Ober-Postrath. Walter. Lekanutmachuug. Di« Einlösung der am St. diese« Monats fälligen ZiuSscheiae »nd Schuldscheine der Leipziger Stadtanleihrn erfolgt schon vom IS. dieses Monats ab bei unserer Stadtcafse in den Stunden von 9 Uhr Vormittags bi- 1 Uhr Mittag». Leipzig, de» d. December 1895. Der Rath der Ttadt Leipzig. vr. Lröndltn. L. Schulze Bekanntmachung. Wege» Ausführung von Reparaturen an der Wasserleitung wird die Magaztngaffe V0« IS. df«. MtS. an aus die Dauer der Arbeiten für den dnrchgehenden Kahrverkehr gesperrt. Leipzig, am 9. December 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 6585. vr. Tröndliu. Stahl. Bekanntmachung. In brr Zeit vom 8. November bi« 9. December 1895 gingen an freiwilligen Gaben bei un« rin: 1 1b für ein Dienstmädchen irrthümlich abgeführte und anher überwiesene Steuer durch da- Ttadt- steueramt, 5 « 50 » Theilbetrag eine- überwiesenen Fundobjectes durch da» Polizeiamt. 5 « —- - in Sachen Ma. /.Hö., ISO — » Legat der am 5. September o. verstorbenen Frau Frirdertke veno. Schröder für die Armencasse -„Lripzig-Kleinzschocher", v - — - in Sachen I. B./.A. k durch das Gewerbe gerietst hier, 20 » — « in einer Privatklagsache durch Herrn Rechts anwalt vr. Rosenthal, 50 - — » als WrthnachtSspende zur Vertheilung in Heizmaterial von einer Dam», deren Name nicht genannt werden soll 186 ^l 6b Sa., worüber hierdurch dankend quittirt wird. Leipzig, drn 9. December 1895. Das Armenamt. Hrntsch «l. Schicker. Zufolge erstatteter Anzeige ist der für den Handlungs-Reisenden Herr» Kranz Hermann Wetzig aus Lttcrwisch am 9 Juli dieses Jahres unter Nr. 376 des Registers L hier ausgestellte Reisepatz für Rußland verloren gegangen. Dieser Paß wird zur Verhütung von Mißbrauch hiermit für ungültig erklär«. Leipzig, den 6. December 1895. Da« Polizeiamt der Ttadt Leipzig. IV. 7148. Bretschneider. Zr. Im Erdgeschoß des Unterzeichneten Polizeiamtes sollen Mittwoch, den I I. December, Nachmittags 3 Uhr verschiedene Gegenstände, u. A. diverse Schmuckjachen, Wäsche- und Kleidungsstücke, Schirme, Spazierstöcke,c„ öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig, den 7. December 1895. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. V. R. 5863. Bretschneider. Ml. Die städtische Sparkasse beleiht Werthpapierc unter günstigen Bedingungen. Leipzig, drn 1. Februar 1895. Die Svarcassen-Devntation. geborene Bäcker Johann für sein« Familie anzu- Gesucht wird der am 2b. August 1860 in Königsberg geborene Kürschner Karl Heinrich Gustav Keft, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhaiten ist. Leipzig, den 3. December 1895. Der Rath der Stadt Leipzig Armcnamt. X.-L II„ 8 Nr. S2S. Hentschel. Matthes Gesucht wird der am 20. Juni 1863 io Erfurt Georg Kauft» welcher zur Fürsorge halten ist. Leipzig, drn 3. December 1895. Der Rath der Ttadt Leipzig. Armenamt. 4.-R. II., 9 Nr. 691 b. Hentschel. Matthes. Diebstahls-Sekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: . 1) ein Musikinstrument (Ariosa) mit der Nummer 13 346, am 80. November; 2) ein Wtnterüberzirher, rehbraun, mit braunem Sammet« kragen, einer verdeckten Reihe brauner Steiunußknöpfe, carrirtem Futter und Stoffhrnkel, am 2. December; 3) ein Wtnterüberzteher, dunkelbraun, mit braunem Sammet« kragen, grauwollenem carrirteu Futter und kettchenhenkel; am 5. December; 4) 17 Stück Taschenmesser, thril« Nickfänger, mit Hirschhorn, und bez. schwarzen Horngrifsen, mit der Bezeichnung „Erker" auf de« klingen, Ende November; 5) ein Deckbett mit roth- und wrißgrstrriftrm ausgebefferten Inlett, ein Unterbett mit etwas breiterem ebensolchen Inlett, am 4. December: 8) ea. 88 w Kupferdraht (8V, mm im Darchmesser), vom 30. November bis 8. December; 7) eine sogen. Kühlschlange von Kupfer uud ein« kupferne Haube, zu einem Drstillir-Apparat gehörig, vom 3. bis 4. December; 8) eine dentsche Dogge» graublau, mit weiß«« Vorderpfoten, mit Maulkorb uud Lederhatsbaad, mit Steuermark, der Stadt Hartha versehen, am 8. November. Etwaiar Wahrnehmungen über drn Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrtmtnalablheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den ». December 1898. Dns Polizei-Amt her Etabt Leipzig «ketfchnkider. Ml. Auhhoh-Auclion. Montag, den IS. December h. I« sollen »on Vormittags s Uhr an im vurgauer Forstreviere auf dem Schlag» in der sogenannten Linhenauer Gottge, dicht am Fahrwege in Abth. 28a 161 Eichen-Klötze von 17—89 o« Mittrnstärk» u. 2—13 m Länge, 64 Buchen- - - 18—SS - » . 4— S« . A» Eichen- - . 16-88 - - . 4— 7 « L Matzholder- - 22—88 » - . s— 7« - 89 Rüstern-» - 17—84 - - 8—18 - « 2 Grien- - « 17—18 - - - 4— 6 « « 1 Linden - « ^ 2S « ^ - - 6 . - ,nd 68 Drück Dfchen-Dchlrrhölzer . unter >«« im Dermin« ausböngenden Bedingung«» und »er üblich,» Anzahlung an Ott und Stell« meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem obengenannt,» Schlag«. Leipzig, n« 8. Deeemdu IRL. ^ Des Rat»» »orstdepntation. Die Arbeitslosenversicherung oderSparzwang. mm. Die Vorläufer unserer Arbeiter-Versickerungen, die englischen wie die deutschen Gewerkvcreine, die Gewerkschaften und die mannigfachen Fachvereine und Arbeitervereine jeglicher Art, baben ebenso, wie sie für Unterstützung von Kranken und Verletzten, für Alte und Invalide zu sorgen bemüht waren, auch ikderzeit die Fürsorge für Arbeitslose vor Augen gehabt, und tbatsächiick ist die Arbeitslosigkeit ein gleichgroßes Uebel, wie alle die Uebel es sind, die man mit unseren Äersicherungs- aesetzen zu bekämpfen bemüht ist. Ja in mancher Hinsicht er scheint die Arbeilslosigkeit der Gesellschaft gegenüber als ein größeres Uebel als das Kranksein, weil der Betroffene weit leichter dabei moralisch Schaden leidet. Gar mancher Vaga bund, Trinker und Verbrecher wäre nicht auf Abwege geratben, Kälte er, als er di« Arbeitsgelegenheit verlor und keine andere fand, eine sichere Unterstützung oder eine zuverlässige ArbeitS- nackweisestrlle gefunden. Deshalb steht auch di« Arbeitslosen versicherung und als deren Bahnbrecher und Helfer die crn- tralisirte unentgeltliche ArbeitSnachwcisestelle beute überall auf der Tagesordnung, wo man ernstlich an der Fürsorge für die arbeitenden Claffen Hand anzulegen gedenkt. Bisher sind außer einigen Gemeinden in der Schweiz und dem Halbcanton Baselstadt noch keine Gemeinwesen der Sache näher getreten und die Arbeitslosenversicherung ist wesentlich Vereinssacke geblieben. Wie aber die Frage der ArdeitS- nachweisestellen bei den Gemeinden mebr und mehr in Fluß kommt, so tritt man auch der Arbeitslosenversicherung praktisch näher. Am eingehendsten dürfte neuerdings Prof. Schanz in Würzburg über diese Frage berichtet haben. In seinem bei C- C. Büchner in Bamberg erschienenen Werke: „Zur Frage der Arbeitslosenversicherung" giebt er ein ziemlich erschöpfende- Bild von Allem, waS bisher auf dem Gebiete in England, Deutschland, Oesterreich, Schweiz und Frankreich geschehen ist, und ein Anhang zu seinem Werke enthält Geietzentwürse, Statuten, Reglement- und Statistiken in so großer Zahl, daß Jedermann, der sich für die Frage interessirt oder interessiren ollte, sich ausgiebig zu belehren vermag. Professor Schanz zieht dann weiter die spcciellen statistischen Grundlagen, die ür eine gesetzliche Einführung der Arbeitslosenversicherung nolbwendig wären, erläutert aufs Eingehendste alle die möglichen Mißbräuche, dir mit der Arbeitslosenversicherung verbunden sein könnten, und stellt dann einen Plan auf, wie sich etwa eine solche Versicherung im deutschen Reiche gestalten ließe. Er bespricht daS Gebiet der Versicherung, die Glieder derselben, die Frage, ob obligatorische oder nur fakultative Versicherung vorzuziehen sei, die Risiken der Versicherung und die Frage, wer die Kosten derselben zu tragen haben soll. Er kommt dabei zu dem Resultat, daß die Arbeitslosenversicherung sehr viele Schwierigkeiten darbiet« und auch deshalb in Arbeiter- kreisen selbst vielfach ver Sympathie entbehre, weil nickt jeder so gefährdet ist, arbeitslos zu werden, wie er etwa gefährdet ist, krank zu werden, einen Unfall zu erleiden oder einer In validität zu verfallen. Er schließt aus diesen Umständen, daß der in sicherer Arbeit stehende Arbeiter oder der jederzeit leicht wieder Arbeit findende nur höchst ungern Beiträge leisten würde für die Zahl derer, die häufig die Stellen wechseln oder alljährlich als Saisonarbeiter einige Zeit arbeitslos sind. Nickt minder bedenklich erscheint aber auch dir Zumuthuna an die Arbeitgeber, die niemals in Verlegenheit um Arbeitskräfte sind, wenn sie für Arbeitslosenversicherung Beiträge zahlen sollen. Hauptsächlich aber findet Schanz auch Bedenken in allen den Möglichkeiten dr< Erschleiche»- von Arbeitslosenunterstützung durch Faullenzer, wenn die Unterstützung auch so niedrig gehalten würde, daß sie nicht zur absichtlich herbeizuführendrn Arbeitslosigkeit reizen kann, wa« ja aber auch andererseits wieder hart für die schuldlos Arbeitslosen ausfallen dürste. Jedoch weder die mangelnde Sympathie der gesicherten Arbeiter, noch die Theilnabmlosigkeit der Arbeitgeber könnte ein Grund sein, vor der Arbeitslosenversicherung zurückzu schrecken, aber di« Frage ist um so weniger reif, als wir erst noch reichlich Arbeit finden durch Beschaffung eine« dichten Netzes von ArbeitSnachweisestrllen, dir unbedingt neben der Versicherung bestehen müssen. Ist erst für solch« Stellen genügend gesorgt, daun werden die Träger der Armenlasten rinsehen, daß ihnen dir Arbeits losenversicherung mehr ganz direkten und klar nachweisbaren Nutzen bringt, als alle anderen Arbriterversichernngen. E« werden aber auch die Regierungen erkennen, daß die Für sorge für die Arbeitslosen manches Vergeben und Verbrechen, manches moralische Verkommen verhindert und daß sie reichlichen Ersatz für die Arbeit und die Grldaufwendung finden dürsten, dir eine AobeitSlosenverflcherung von ihnen bcisckt. Schanz hat jedoch für die noch iu der Fern« stehende Versicherung einen Ersatz ausgedacht, den er aber nur als Nothbebelf an- sieht, da die wesentlichen Grundsätze der Versicherung, die Vertheilung d«S RisicoS auf Viele, „»angeln. Er bietet als Ersatz die Einführung eine« Sparzwaugeö. Auch da« Princip des SparzwangeS besteht bereit- bei einzelnen Unter nehmungen und bewährt sich da ganz gut; aber eS ist eine andere Frage, ob da-, was zwischen einem Unternehmer und seinen Arbeitern, im Arbeitsvertrag festg:stellt,sich bewährte, auch zwangsweise für alle Lohnarbeiter sich einführen läßt und wie die Einrichtung als allgemeine etwa functioniren wird. Schanz denkt sich den Zwang erstreckt über alle krankencaffenpflicktizen Arbeiter läßt aber offen, ob nicht noch weitere Arbeiterkreise mit heranzuziehen sind. Er will die Krankenkassen als Träger der Arbeit aufstrllrn und Arbeiter und Arbeitgeber zur Zahlung von Zwangsspareinlagen auf den Namen der Arbeiter heran- ziehen. Die große Zahl der Gemeinve-Kreissparcafsen scheint ihm bis auf einzelne Landstriche, wo eS wenig öffentliche Spar kassen giebt, für seinen Plan zu genügen, doch wünscht er da, wo Sparkassen der SelbstverwallunzSkörper mangeln, die Einrichtung solcher. Als Spareinlage denkt er sich daS Minimum von 30 pro Woche, wovon 10 «s der Arbeitgeber tragen soll, für gewöhnliche Arbeiter und 10 Procent deS wirklichen Lohnes für Bau- und Saison arbeiter, und für diese soll der Arbeitgeber den zehnten Tbeil der Last tragen. Er macht diese Unterscheidung deshalb, weil Bauarbeiter und gewisse Saisonarbeiter-Kategorien alle Jahre eine Periode der Arbeitslosigkeit baben, während bei anderen Arbeitern die Arbeitslosigkeit sehr verschiedenartig und von verschiedenen Gründen abhängig ist. Die zu sparenden Gelber liefern die Arbeitgeber an die Krankencassen und diese an die für jeden Ort oder Bezirk durch die LandeSbebörden bezeicknete Sparcasse, wo dann jeder Arbeiter ein Sparbuch erhält, in das er noch andere Ersparnisse eintragen lassen kann. Die gesparten Gelder sind als gesparte Guthaben zu behandeln, bis INO erreicht sind und nur im Falle der Arbeitslosigkeit können Abhebungen gemacht werden. Er setzt bei Guthaben bis 70 ^ 5 Wochenabhebung, bei 70—80 ^ 7 ^ und bei größerem Guthaben 8 -E fest und eS kann daS Guthaben bis zur Erschöpfung desselben erhoben werden. Bei Aufnahme der Arbeit muß wieder gespart werden, bis 100 Noth- pfennig erreicht ist. Es ist unverkennbar viel Schönes und Gute- in der Idee, weil der Sparsinn dadurch angeregt würde und Tausende, die sonst nicht- sparen würden, zur Sparsamkeit erzogen werden könnten. Es hat auch sehr viel Anziehendes, daß daS Ersparte unbedingt dem Sparer bleibt, während die Prämien zaklungen bei Versicherungen für Unzählige keine Gegen leistung bringen, weil sie nicht erforderlich wird; aber nicht nur der Umstand, daß die Wochenerbebungen von 5 und selbst von 7 und 8 sehr niedrig erscheinen, daß die Leistungen der Saisonarbeiter hingegen Vielen als unmöglich Vorkommen dürften, sondern auch principielle Erwägungen werden dem Vorschlag hindernd in den Weg treten. Aber dem Erwägen und Verbessern dürfte der Vorschlag dringend zu empfehlen sein. der Eides Stelle aus wird, daß gegen daS Deutsche- Reich. ^ Berlin, 9. December. Der Gedanke einer conser vativ-nationalliberal-klerikalen Entente läßt den Ultramontanen keine Ruhe, obwohl dieser Gedanke längst von nationalliberaler Seite mit hinreichender Entschiedenheit ab- gelebnt worden ist. Es kommt der Centrumspresie aber darauf an, einerseits die Conservativen gegen die National liberalen einzunehmen, andererseits ihnen eine engere Verbindung mit der ultramontanen Partei nahezulegen. Zu diesem Zwecke bedient man sich auch Helfer. So citirt die „Germania" eine dem „Deutschen Adelsblatt", in der gesagt „die Nationalliberalen an Feindseligkeit Christenthum sich nicht von den Socialvemokräten unter schieden." Einen solchen handgreiflichen Unsinn glaubt ein vernünftiger Conservaliver schon dem „Deutschen Adetsblatte" nicht, er wird aber völlig mißtrauisch gemacht, wenn die „Germania" beipflichtet. DaS ultramvntaiie Liebeswerben um die Conservativen kommt aber in dem Augenblicke besonders ungelegen, wo ver mit klerikalen Sympathien tiebäugelnde ultra- conservative Flügel Schlappe aus Schlappe erleidet. Der Fall Hammerstein, die Blamage des Herrn Stöcker, die Nieder lage in Herford-Halle — daS alles sind Momente, die dem der Helldors'schen Richtung nahestehenden Tbeil der conserva- liven Partei Wind in die Segel führen müssen, und dieser Tbeil der Conservativen, der mit den dem Centrum so ver haßten Freiconservativen Füblung hat, will von dem Centrum nicht viel wissen. Dazu kommt, daß auch die sogenannten „Hochconservativen" der Gegenwart bei Denen, die ihre Freundschaft erwerben wollen, weniger auf reactionair- kirchliche Gesinnung, als auf stramm agrarische Principien sehen. De» agrariichen Katechismus aber kann daS Centrum noch nicht ohne Vorbehalt hersagen, und wenn cs sich auch in dieser Hinsicht im letzten Jahre schon wesentlich „gebessert" hat, so besitzt eS doch immer noch «ine ganze Anzahl von Mitgliedern, die von dem Anträge Kanitz und ähnlichen agrarischen StaatSdeglückungSplänen nichts wissen wollen. Wenn die Conservativen für ihre agrarischen Pläne aber nur auf einen Thcil des Centrum« rechnen dürfen, so kann ihnen diese Hilfe nicht soviel Werth sein, daß sie darum dem Centrum ihre Seel« verkaufen; sie werden deshalb nur van» für eine „Verbesserung" der Gesetzentwürfe im Siune des Centrums rintreten, wenn eS ihnen selbst so in de» Kram paßt. DaS sollte sich da« Centrum eigentlich selbst sagen, aber eS scheint sich nun ein mal in den Gedanken zu verbeißen, mit den Conservativen in diesem Jahre „Gesetzgebung im großen Stile" zu machen Man wird es als zart« Rücksicht des Centrum« auf die Conservativen ansebtii müssen, daß es in diesem Jahre vru Antrag auf Aushebung de- Iesuitengesetze« nicht «in bringt, nährend eS in den letzten Jahren stet» diese« Parabt- stück hervorbolte. Die Motivirung, daß der im vorigen Iabr« angenommene Antrag noch nicht vom Bundesratbr erledigt sei und daß eS darnm nicht eine- erneuten Anträge« bedürfe, ist recht lahm, denn cS kam ja dem Centrum immer nur auf die agitatorische Wirkung des Antrages an. Der wahre Grund ist eben, daß man eS vermeiden will, die Conservativen in die Lage zu bringen, geizen einen CentrumSantrag stimmen zu müssen, wa« doch immerhin einige Verstimmung auf beiden Seiten erzeugt. Wurden doch besonder« diejenigen konser vativen Abgeordneten regelmäßig durch de« Iesuitenantrag in große Verlegenheit gebracht, die ihre Mandate ultramon taner Unterstützung verdanken, aber doch auch auf die Stim mung ihrer evangelischen Wähler Rücksicht zu nehmen ge zwungen sind. Diese Rücksicht auf die evangelischen conser valiven Wabler muß die Conservativen überhaupt vor einer zu engen Verbindung mit den Ultramontanen bewahren, denn in einigen Landcstheilen verstehen di« Wähler in dieser Hinsicht keinen Spaß. Deshalb werden die Conservativen. wicwobl ibnen in ihrer gegenwärtigen Lage freundschaftliche Theilnabme gewiß etwas WoblthueuveS sein muß, doch wohl darauf verzichtcn, der Freundschaft gerade deS Centrums in allzu umfassender Weise theilhaftig werden zu wollen. 6. 8. Berlin, 9. December. Nach der Städteordnung in Preußen muß betanntlich die Hälfte aller Stadtverord neten Hausbesitzer oder Mitbesitzer an einem Hause sein. Nun sind bei den diesmaligen Stadtverorkmetenwahlen drei Socialbemokraten, der Cigarrenhändler Schulz, der Gastwirtb Zubeil und der Expedient au dem demnächst von der Bilbfläche verschwindenden „Socialdemokrat" Iacoby, in Bezirken gewählt worden, in denen Hausbesitzer zu wählen waren. Bei genauerer Untersuchung der Hauseiaentbümer- Oualität hat sich herauSgcstellt, baß Zubeil und Schulz als Mitbesitzer ein und desselben Hauses zu je »/.oo Anlheil am 18. Octvbrr d. I. und Iacoby als Mitbesitzer eines noch unbebauten Grundstücks zu ^o Antheil am 17. October in das Grundbuch eingetragen worden sind. Als der Gesetzgeber dem Mitbesitzer eines Hauses die Wählbarkeit zusprach, da war er doch zweifellos nicht der Ansicht, daß die Beringung des Gesetzes durch so minimale Antbeile erfüllt sei. In rem Ausschuß zur Vorprüfung ver Giltigkeit der Stadtverordneten Wahlen kam dieseAngelcgcnheit denn auch zur Sprache. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Vermutbung einer Simulation nahe liege, da augenscheinlich der Erwerb eines so winzigen GruudstückSantheils nur den Zweck haben könne, den eigent lichen Sinn deS Gesetzes zu umgehen. Von anderer Seile wurde gellend gemacht, daß daS Gesetz keine Grenzen festsetze. innerhalb deren der Grundstücksantheil sich zu halten habe, eaß auch im Kalle des Erbganges die Antheile der Miterben sehr klein sein können und daß den Erben wie den Nieß brauchern regelmäßig die Eigenschaft als Grundbesitzer zu erkannt werde. Die Unzweckmäßigkeit der ganzen gesetzliche» Beschränkung möge immerhin durch die bezeichnet!» Fälle Deutlich gemacht werden, jedoch nicht mit der Wirkung, das beobachtete Verfahren als ungiltig zu kennzeichnen. Jedenfalls kann die Sache nicht so weiter gehen; wenn man mit dem fünfzigsten Antheil eines unbebauten, vielleicht wertblosen GrunvstückS sich die im Gesetz verlangte Hauseigenthümer qualität erwerben kann, dann hat entweder die ganze Bc stimmnng keinen Zweck oder sie muß abgeändert werden. Der Gesetzgeber halte, als er bestimmte, daß die Hälfte der Stadtverordneten Hausbesitzer oder Mitbesitzer an einem Hause sein müßte, die Absicht, dem ansässigen grundbesitzendcu Bürgertbum einen gewissen Einfluß in der Slavlverordnelen- Versammlung gegenüber der stucluirenden besitzlosen Arbeiter bevölkerung zu sichern; diese Absicht ist aber durchkreuzt, wenn jeder socialdemokratische Agitator durch einen Fünfzig markschein die Hauseigenthüiner-Oualität erwerben kann. V. Berlin, 9. December. (Telegramm.) Der Kaiser wird heute Abend 6 Uhr das Präsidium des Reichstags empfangen. Heute Vormittag nabm er von 9 Uhr ab den Vortrag des Wirkt. Geheimen Raths Vr. v. LucanuS ent gegen und hörte dann die Marine-Vorträge. V. Berlin, 9. December. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" meldet, daß der Kaiser dem Professor Adolf Menzel den Cbarakter eines Wirklichen Geheimen Raths mit dem Prävciat Excel lenz verlieben hat. 6. II. Berlin, 9. December. (Privattelegramm.) Der neue Minister des Innern v. d. Recke ». d. Horst, 1847 als Sohn deS Ministerialdirektor« v. d. R. geboren, wurde 1880 von Puttkamer als Vortragender Rath iuS Ministerium deS Innern berufen, wo er die socialpolitischen Angelegenheiten bearbeitete. Später wurde er Regierungs präsident in Königsberg, 1888 kam er als Nachfolger des HandelLminrsterS von Berlepsch nach Düffeldorf. — Der „Nat.-Ztg." zufolge hat der Reichskanzler in keiner Weise die Ansicht anSgefprochen, daß die Socialdemokratie milder angefaßt werden müßte. (Wiederholt.) L. Berlin, 9. December. (Privatt elegramm) Zu der Ernennung deS Regierungspräsidenten Freiherrn dan der Recke zum Minister deö Innern bemerkt die „Nat.-Ztg.": „Als Politiker ist Herr von der Recke ein „weiße- Blatt"; wir warten ab, was seine Thaten als Minister darauf schreibe», ob sie bekunden werden, daß die jetziae Wahl für das wichtige Amt eine glücklichere war, als die vom October 1894. Jedenfalls wird in Herrn v. d. Necke wieder ein mit ver preußischen Verwal tung vertrauter Minister de-Innern die Geschäfte übernehmen, Herr von Koller halte auch darum in dem Amte nicht festen Fuß zu fasstu vermocht, weil er der preußischen Gesetzgebung lind Verwaltung seil Jahren fremd geworden war. Der Umstand, daß der neue Minister s. Z. von Herrn von Puttkamer als Vortragender Rath berufen worden, läßt keiuen Zweifel darüber, daß Herr v. d. Recke conserdativ ist. D,eü ist indeß gegenwärtig rin sehr unbestimmter Begriff; e» muß sich zeigen, ob der neue Minister entschlossen ist, sich unab hängig gegenüber einer conservativen Partei zu halten, die als politische Vertretung de« Bundes der Landwirthe fungirt, und ob er da« politische Beamtenthum an jeder Unterstützung dieser Bestrebungen zu hindern weiß " T Berlin, 9. December. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung verschiedener Blätter, der Rücktritt de« Herrn ». KSller sei auf Meinungsverschiedenheiten zwischen diesem unv dem Kriegsminisler zurückzusübren, ist ver „Reichs- anzeiger" zu der Erklärung ermächtigt, daß die an sich belanglose Thatsache dieser Meinungsverschiedenheit die Ursache de-RücklnttS nicht sei; letztere liege auf einem an deren Gebiete. Deshalb sei auch die Behauptung, der Krieasmiliister habe sich mit einer Beschwerveschrift an de» Kaiser gewendet, ein« leere Erfindung. — Auch die „Nordd. Allgem. Ztg." beschäftigt sich mit den Gerüchten über die Ursache jene« Rücktritts und bezeichnet die vom „Telegraphen-Bureau Herolv" verbreitete, angeblich an- bester Quelle stammende Meldung, Herr v. Koller habe da« vom Reich«kanzlsr
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