Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951213011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895121301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895121301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-13
- Monat1895-12
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS'PreiS dl da Hauptexpedition oder de» 1« Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Du», oabrskeven abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, vet zwrimoliaer täglicher Zustellung in« Haut » 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l L.—. Direct» tägliche Kreuzbandlendung t»s Nutland: monatlich 7ck0. Morgen - Ausgabe. * ) Di« Morgen-Au-gab« erscheint um '/,7 Uhr. di« Abeud-Au-gabe Wochentag» um b Uhr. ReLartlo« und LrpeLitio«: Aohanne-gafie 8. Die Expedition tstWochrutag« anositerbroche» geöffnet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /llialen: Ott» Lortiio. (Alfred Hahn), Universität«strahe 1, Laut» Lösche, Datharinenstr. 14. part. und KönigSvIatz 7. (MM Anzeiger. Lr«M flr MM. Ämd-»- ,Ä 806. Freitag dm 13. December 1895. Arrzeigen.Preis die 6 gespaltene PetitzeNe 80 Psg. Reclamrn unter demRrdacttoasstrich (4ga» spalten) 50^, vor den Familiennachrichten (S gespalten) 40^. Größer« Schrifteu laul unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postdeförderung >li 60.—, mit Postbeförderuug ^ 70.-». Annahmeschluß für Anzeigen: Lbrnd-AuSgabe: vormittag« 10 Uhr. Margen«Au»gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Für die Montag-Morgen-AuSgahe: Sonnabend Mittag. Bei de» Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeige« sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Die städtische Sparkasse deleiht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. - Die Svarcaffen-Tevutation. Sonnabend, den 14.Decbr.d vorm. 11 Uhr soll aus dem Thüringer Güterbahnhof hier 1 Ladung — 11 000 dg döhm. Braunkohle (Offegg) meistbietend gegen Baarzadlnng versteigert werden. Die Bedingungen Verden tm Termin bekannt gemacht. Leipzig, den 12. December l89 >. Güterabfertigung Thür. Bahn. Der Gesetzentwurf gegen den unlauteren Wettbewerb. Der erste Gesetzentwurf, mit dem sich der Reichstag nach der Beendigung der Etatsberathung befassen wird, ist der gegen den unlauteren Wettbewerb gerichtete. Es ist dies eine reiflich erwogene Materie. Der vorliegende Ent wurf ist das Ergebniß einer zweimaligen Umarbeitung des ursprünglichen Elaborats, und die Gesichtspunkte, unter denen er verfaßt ist, sind von einer Sachverständigen-Commission, in der die am meisten in Betracht kommenden ErwerbS- zweige vertreten waren, geprüft und im Allgemeinen gebilligt worden. Auf grundsätzlichen Widerstand wird die Borlage nicht oder doch nur bei vereinzelten Vertretern einer überwundenen Wirthschaftsanschauung stoßen. Es besieht nahezu Uebereinstimmung darüber, daß groben Verstößen gegen Treu und Glauben im Handel und Wandel auf civil- rechtlichem und strafrechtlichem Wege entgegengetrelen werten soll. Ueber Einzelheiten werden.Bedenken laul, die sich zum Theil auf die Dehnbarkeit gewisser Begriffe gründen. Allein eine Aufzählung der GeschäftSpraktikeu, welche nicht statthaft sein sollen, ist unmöglich. Wie auf jede Erfindung zur Ver besserung der Geldschränke eine Verbesserung der Einbrecher- Werkzeuge folgt, die jene illusorisch macht, so würde jeder im Gesetz genau beschriebene Kniff einem neuersonnenen Platz machen. ES ist darum unumgänglich, dem Richter im All gemeinen anzugebrn, waS als unerlaubt gelten soll. In anderen Ländern ist man darin weit weniger zurück haltend als in Deutschland, man ist aber dort gerade in Bezug auf die Einschränkung des unlauteren Wettbewerbs weiter, als bei uns. Besondere Bedenken hat die Bestimmung des Entwurfs hervorgerufen, welche eine Klage gestattet, wenn ein Geschäftsmann „den Anschein eines bejonders günstigen Angebots" hervorruft. Nun steht dies aber nickt nackt im Gesetze, sondern eS sind die Mittel aufgesührt, durch die eine als unlauter anzusehenve Hervorrusung des „Anscheins" herbeigeführt wird. Als solche Mittel sind im Gesetz gewisse unrichtige Angaben bezeichnet. Gewiß können unrichtige Angaben im guten Glauben gemacht werden. Für diesen Fall bestimmt aber daS Gesetz nicht- weiter, als daß der gutgläubige Urheber der Täuschung ver halten werden kann, die unrichtigen Angaben zu unterlassen; das Gericht belehrt ihn, Laß er sich bei seinen Geschäfts» empfeblungen geirrt hat, und bedeutet ibn, der ihm gewordenen Aufklärung gemäß zu handeln. ES fragt sich, ob die pro- ceffuale Bestimmung des Entwurfs, welche zuläßt, daß zur Sicherung der Unterlassung der zunächst vom Gerichte als unrichtig angenommenen Angaben einstweilige Ver- sügun g en getroffen weiden, nicht die Gefahr einer Schädigung deS soliden GeschästSbetriebrS in sich birgt, in materieller Hinsicht erweckt aber die Zulassung deS Anspruch- auf Unter lassung unrichtiger Angaben keine Besorgniß vor einer un gebührlich au-gevehnten Beschränkung des Angebot-. Weiter geht der Entwurf gegenüber dem Geschäftsmann, der gewußt hat oder wissen mußte, daß er unrichtige An gaben macht. Der in diesem Kalle Befindliche war sich in- deffeu auch der Möglichkeit bewußt, seine Mitbewerber nicht zu überflügeln, sondern zu schädigen, und deshalb muß er Schabenerjatz leisten, wenn ein Schaden verursacht worden ist. Hat er aber die falschen Angaben zu dem Zwecke gemacht, im Publicum den Zrrtbum zu erregen, e< iverde bei ihm einen besonders günstigen Kauf macken, hat er also beispielsweise inserirt, er habe beim Löschen einer FeuerSbrunst leicht beschädigte Waare außerordentlich billig erworben und könne deshalb außerordentlich billig verkaufen, während er die Waare direct von der Fabrik bezogen hat, so hat er al« unredlicher Ge schäftsmann gehandelt und muß straffällig werden, wenn der unlautere Wettbewerb überhaupt strafbar ein soll. Die Bestimmung über de» „Anschein eines be- onderS günstigen Angebot-" hat also nicht den bedenklichen Charakter, den man ihr vielfach zuschreibt, wenn auch nicht ausgeschlossen ist, daß sie, wie jedes Gesetz, einmal zu Unrecht angewendrt werden kann. Das Gleiche scheint dem ebenfalls mehrfach angefochtenen tz. S de- Entwurf- zu gelten, welcher lautet: „Wer zu Zwecken de- Wettbewerbe- über da» Er- werbSaeschäft eine- Ander«, über die Person des Inhaber oder Leiter« de» Geschäft», über die Waarrn oder gewerb lichen Leistungen eine» Andern Behauptungen tatsächlicher Art aufflellt oder verbreitet, welche geeignet sind, den Betrieb de- Geschäft- oder den Credit des Inhaber- zu schädigen, ist, sofern die Bebauptungen nicht erweislich wahr sind, dem Ver letzten zum Ersätze de- entstandenen Schaden» verpflichtet. Auch kann der Verletzte den Anspruch geltend machen, daß die Wieverdolung oder Verbreitung der Behauptungen unter bleibe. Die Bestimmungen veS ersten Absätze- finden kein« Anwendung, weon der Mittheilende oder der Empfänger der Mittheiluag an ihr ein berechtigte» Interesse hat." Dieser Paragraph war im zweiten Entwurf insofern milder gefaßt, als die Schadenersatzpflicht auSgeschlofseu wurde, wenn die Mittheilung nicht in der Absicht gemacht war, da- Geschäst oder de» Inhaber zu schädigen. Di« Verscdärsung m der rndgiltiaeu Vorlage, die ja, wie die ganze Vorschrift, sich nur aus «rußerungen begeht, die zu Zwecke» de- Wettbewerbe« gemacht sind, wird dazu dienen, den Geschäftsleuten in Bezug auf Mittheilungen über Concurrenten eine Zurückhaltung aufzuerlegen, die keinem berechtigten Interesse widerstrebt und rem Ansehen de» Ge- werbestaudeS nur förderlich sein kann. Die AuSkunftS- ertbeilung bleibt nach dem zweiten Satz de« Paragraphen nach wie vor ungefährdet, wenn sie in gutem Glauben er folgt. Eine Strafe greift auch hier nicht Platz, sondern nur dann, wenn die unwahren Behauptungen wiver bessere» Wissen, also in der Absicht der Schädigung, verbreitet worden sind. Gegründeter als die Bedenken gegen die Bestimmungen über das „besonder- günstige Angebot" und tie Anschwärzung der Concurrenz scheinen Diejenigen, die durch die Vorschriften zur Sickerung derGeschäftS- und Betriebsgeheimnisse erweckt worden sind. Es ist billig, daß Angestellte eine» Ge schäfts zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, so lange sie dem Geschäfte angebörrn (§. 9, l). Aber cs kann zu Härten fübren, wenn Angestellte auch nach Ablauf ihre- Dienslvertrages bei Vermeidung von Strafe und An spruch auf Schadenersatz keinen Nutzen aus den Kennt nissen ziehen dürfen, zu deren Gebeimbaltung auf eine bestimmte Zeit sie sich schriftlich verpflichtet haben. Auf den ersten Blick sieht die Bestimmung sehr harmlos aus. Wer sich anheischig macht, von der Kenntnis eines Geheim nisses, daS ein BermögenSobjcct bildet, oder bilden kann, keinen Gebrauch zu machen, hat sich die Folgen zuzuschreiben, wenn er die eingegangene Verpflichtung verletzt. Aber in sehr vielen Fällen wird eS mit der Freiwilligkeit der Zusicherung der Ver schwiegenheit zweifelhaft bestellt sein. Der Geschäftsinhaber wird oft von der Erlheilung der Unterschrift die Ausnahme ober den Verbleib des Angestellten im Geschäfte abhängig machen, und dieser kann durch eine augenblickliche Zwangslage dahin gebracht werden, seine späteren Erwerbsbevingunaea zu er schweren. Für die zahlreichen Betriebe, in denen Neuerungen fast zu den Alltäglichkeiten gehören, werben sich zudem große praktische Hindernisse für daS vom Entwurf in Aussicht ge nommene Reverswesen ergeben. An dieser Stelle wird die CommissionSberalhulig, die der Reichstag jedenfalls beschließt, versuchen muffen, die bessernde Hand anzulegen. Die Vertreter der Handlungsgehilfen, welch' letztere durch die Bestimmungen deS tz. 9, 2 ganz besonders hart getroffen werden, haben schon Stellung gegen diese Bestimmungen ge nommen. Der hiesige Verband Deutscher Handlungs gehilfen sendet eine Petition an den Reichstag, in welcher die Gefahren, die der tz. 9, 2 mit sich bringt, klar gelegt werden. Während Z. 9, 1 gutgeheißen wird, heißt e- bezüglich de- zweiten Absatzes: „Im Gesetzentwurf ist nicht bestimmt, daß der Gehilfe, der sich etablirt, die „Geheimnisse" nicht für sich benutzen darf, sonder« es ist nur bestimmt, daß er sie nicht an Andere ver- werthet oder, wenn er sie für sich verwertbet, daß er sie nicht durch eine unmoralische Handlung erlangt bat. Es ist somit der unlauteren Concurrenz, die doch der Geietzentwurf treffen will, eine Hiaterthür offen gelaffen worden. Nur der Gehilfe, dessen ganze kaufmännische Fertigkeit in der Kenntniß der Ein richtung deS Geschäft-, der Waaren rc., seiner sogenannten „Geheimnisse" besteht, der vielleicht Jahre lang seine besteu Kräfte dem Principal widmete, ist für seine Zukunft ge- Hunden, wenn ihm einst vor seiner Anstellung der Principal ein Schriftstück zur Unterschrist vorlegte, das willkürlich so genannte Geheimnisse verzeichnet« und da- der Gehilfe in der Unkenntniß deS geschäftlichen Betriebes unterschrieb. Wenn er auch längst erkannt hat, daß die „Geheimnisse" gar kein« sind, daß Kundenlisten, Bezugsquellen, Calculationen u. s. w. sich in jedem Geschäft von selbst ergeben, er muß, wenn er die Stellung verläßt, für einen bestimmten Zeitraum, für den der Entwurf nicht einmal eine Grenze setzt, seinen Kopf zuschließen, damit er nicht in Eonflict mit dem Gesetz geräth, damit er nickt, vielleicht unbewußt, etwas von den ibm s. Z. als „Geschäftsgeheimnisse" in seiner Stellung zu Tbeil ge wordenen Kenntnissen verwendet. Dadurch, daß der Principal jetzt dem Gehilfen vorschreibea kann, was sein Gebeimniß ist, wird der Entwurf uur verschlechtert, wird der Gehilfe voll ständig in die Macht deS PrincipalS gegeben; der Abs. 2 de- §. 9 bindert Niemand, da- unbilligste Verlangen zu stellen und aus einem offenen Laden ein Gefängniß zu machen. Die Bestimmung bekämpft nicht den unlauteren Wettbewerb, sondern sie begünstigt ibn, indem sie den Gehilfen geradezu nötbigt, sich gegen da« Gesetz zu vergeben." Es heißt dann in der Petition weiter: „Seit Jahren sind wir bemüht, gesetzgeberische Maßnahmen zu Gunsten der Angestellten im Handelsstande zu veranlassen, seit Jahren bemühen wir uns, ihre sociale Lage zu heben. Wenn wir aber diesen Entwurf betrachten, der die Verwerthung der im Geschäfte erworbenen Kenntnisse, de- ganzen Facbwiffen» de« Kaufmann», unmöglich macht, wenn wir die Spruch, praxi», wie sie sich bei der Concurrenz-Klausel herausgestellt bat, noch heranziebeu, die beinahe jedem Gehilfen da« Fort kommen abschneidet, weon wir auf der andern Seite die Bestimmung d,S Handelsgesetzbuches gegenüberbaltea, die di« volle Arbeitskraft de» Gebilfrn für da» Geschäft fordert und jede sonstige ErwerbStbätigkeit untersagt, so können wir die Be merkung nicht unterdrücken, daß durch den neuen Entwurf die bürgerliche und winhschafttiebe Freiheit der Handlung», gebilfrn beschnitten und ihr« Lebenshaltung herabgedrückt wird. Wir bitten deSbalb, dem tz. v Abs. 2 die Zustimmung zu versagen oder mindestrn- für den vaaen Begriff des Geheimnisse» eine concrete Bestimmung zu setzen und den Zeitraum der Beschränkung gesetzlich niedrig zu normirea." Deutsche- Reich. * Leipzig, 12. December. Die „Ehroaik der Christlichen Welt" hört, daß der Oberkirchenrath tbalsächlich über Stöcker und di« christlich-sociate Bewegung dem Kaiser Bericht erstattet hat. DaS Resultat sei. daß man von einem DiSciplinarverfahren gegen Stöcker Abstand genommen, da gegen beschlossen habe, gegen die jüngere, Naumann'sche Richtung der Christlich-Socialen durch die Kirchenbehörden vorzugrhen. Ein entsprechendes Circularschreiben des Ober» kircbenrath- an die Consistorien sei bereit- ergangen. Auch stehe die Eonfrrrnz der Genrralsuperinteadentrn und Con sistorialpräsidenten am 4. December mi K-rckenbebörde im Zusammenhänge. ^d * Leipzig. 12 December. 3" den tzt^^ den wiederholt Mittbeilungen durch . . ObcrreichsanwaltS präsumtiven Nachfolger de- Kaiser Tessendvrf. Bekann l.ch hat der -VE-ra Vorschläge für die W.ederbesetziMg^des Amles^ z ^ ^ was in den letzten Tagen für das Amt haben infolgedessen Sondirungen b Z . - ^ den qnal.ficirt-n Juristen stattg-fund-n, ob sie ber-,^ ^ land" des Herrn vr. Sigl Orterer Kindes deS bayerAen EentrumsfuhrerS ^ zum Anlaß, diesen Mann m eurer — vofftnMA ' findunq ver Buchdruckerkunst nicht erhörten W 1 ' NrlweineiiS eine populäre Figur in demselben. W Herren Abgeordneten sich dieses Menschen n^ s°'N-r neuesten Leistung elwa zu schämen beginnen soll en, so wollen sie gutign mckl vergessen. daß sie an der Beschämung nicht ganz ohne Schuld sind, da sie den Mann, und gewiß nickt aus Achtung vo? dem MandatSinbaber als solchem, außerbalb der von der Geschäftsordnung auferlegten Nothwendigkeit .als egen betrachtet haben. (Die srasiliche Leistung des im Reichstag sitzenden Subjects lautet wörtlich: „Vor einigen Tagen konnten wir die Freudenbotschaft melden, daß dem Beherrscher der Gläubigen, der an ihn glaubenden .Patrioten" nämlich, dem vr. Orterer, ein Büblein. Stamm halter und künftiger Staatsalmosenempsänger und Nachfolger, ge- boren worden. ES wär' recht schön gewesen, aber — es hat nicht sollen sein, und er selbst ist Schuld daran. In überschwänglichem Stolze präsentirte sich vr. Orterer seinem Nachfolger in der Herr- lchast mit den Worten: „Mein Sohn! sieh da Deinen BakerI DaS Kindlein erschrak, neigte sich auf die Seite und starb. Der Anblick war zu viel für das Kindleia! — Großartig war das Begräbniß, wie sich'» geziemt für die Größe und Bedeutung des BaterS: sämmtliche Professoren und eia Zug Schüler, das Klerikal seminar und die hohe Geistlichkeit betheiligten sich daran, hinter dem Sarge, den die Todtensrau unterm, rrsp. auf dem Arm trug, schritt Präsident v. Sicherer, vr. Orterer und der Bürgermeister allda, verschiedene andere — Verehrer und Verehrerinnen de- großen Mannes, die da» „trauernde Vaterland" repräsentirteu." So da» im Reichstage sitzende Subject. Die Rev. d. ,A T/") L! Berlin, 12. December. Der ReichStagSabgcordnete vr. Böckel hat bereit- viele Wandlungen durchgemacht und sich im Lause der Jahre vom couservativen Agitator zum Demokraten und Revolutionair „entwickelt". Wenn neuerding« aber behauptet worden ist, Herr Böckcl mache nicht mehr in Antisemitismus, weil er sich geweigert habe, eine schriftliche Erklärung dahin abzugeben, daß er noch auf dem Boden deS Antisemit,SmuS siebe, so ist diese Behauptung nicht begründet. In der neuesten Ausgabe seine- „Deutschen VolkSrechtS" werden die Juden im Allgemeinen und die jüdischen Führer in der Socialdemokratie im Besonderen sehr heftig angegriffen. Wie „radical" Herr Böckel bereit» geworden, erhellt auS einem „Die Irreführung deS SocialismuS durch die Social demokratie und freiheitliche Entwickelungspolitik" über- schriebenen Aufsatze in seinem Blatte, in dem er sich über den Parlamentarismus folgendermaßen ausläßt: ,„ . . Ats Agitalionsmittel gab er (Lassalle) die Parole vom allgemeinen Wahlrecht auS, was noch mit das Beste war. Dies Wahlrecht aber ist eia zweischneidiges Schwert, und Most hat die Phrase von der allgemeinen Stimmkastenpolitik trefflich gegeißelt und auch gezeigt, wie es den reactionairen Mächten Vorschub leistet. Durch die politische Wahlagitation wurde aber die Arbeiterbewegung io ihrer Entwickelung des Gewerkschaftskampses gelähmt und ist jetzt dadurch fast in bloße Parlamenlstaklik üdergegangen. ... Die Socialdemokraten legen ein zu großes Gewicht darauf, nur auf diesem Wege die polnisch« Macht zu erlangen." Vielleicht läßt sich Herr Böckel bei de» nächsten Reichs tagswahlen nicht wieder als Candidat ausstellen. — Beachtung verdient unsere» Erachtens auch, wie io dem bezeichneten Artikel die christliche Religion behandelt wird; es heißt dort wörtlich: „Auch im Programm (der Socialdemokrateu) findet sich manches Reactionaire, z. B. Religion ist Privatjache, man will die kirchlichen Gemeinden nicht staatlich privilrgirt wissen, um dadurch die Kirche zu kräftigen. Ich denke, man sollte die Religion als ein Er- zengnth der hebräischen Gehirne, wie ein consequentrr Antisemit eS muß, bekämpfen, da sie daS germanische Gemüth irreführt, den Verstand umnebelt hält. Auch die Heilsarmee ist nicht staatlich uaterstü»t, und welch' heillose Verwirrung richtet sie in den Kövsen anl" Vr. Böckel sucht zweifellos Abonnenten und Anhänger in socialdeqtokratischen und anarchistischen Kreisen zu gewinnen denn er bezeichnet den heutigen Staat al« einen Gewaltstaa't und spricht vom Gewalteigenthum mit seinen Begleit, erscheinungrn, von Frauenknechtuug. Zwang-rhe und Müita- rl-muS und wirft noch folgende Köder au«: ,,. . . Deshalb erstreben wir rin Hinrinwachsen socialitair«- d i freiheitlich-gerechter Verbände tu dieses StantSgebild« Socmlität iü eine frei. Vergesellschaftung, focialitatt sit da« Li°a7^.-n n^ diesem Zustand. Wir treten daher besonder« fLr dl. «-,.^.-? beweaung ein, welche sich namentlich aui dl. kr.tik.en varteigewalt unabl^gia. gemrmschadlich als d,e der soc,alve«okrat>schen Agitatoren. ^ »""ber. (Telegramm.) Heute vor- ttag horte der Kaiser von 9 Uhr ab die Vorträge des Kr'.gsmm,ster- «nd de- Chef- de« Militair.C-b.net, und empfing um 12 Uhr im Desein deS StaatSsecretairS des Auswärtigen den neuernannten großbritannischen Botschafter LaScelleS behufs Entgegennahme seines Beglaubigungs schreibens. Unmittelbar darauf wurde der Botschafter auch von der Kaiserin empfangen. Später nahm der Kaiser die Vorträge des Ministers deS königlichen Hauses v. Wedel- PieSdcrf, des Oberstallmeisters Grafen v. Wedel und des HofbauratbS Ihne entgegen. Berlin, 12. December. (Telegramm.) Prinz Georg vo» Sachsen trifft heute Abend 10 Uhr 31 Min. hier ein, um an den Hofjagden theilzunehmen. (Wiederholt.) T Berlin, 12. December. (Telegramm.) Die N. A. Z " constatirt gegenüber der Ablrugnung Bebel'S in der gestrigen RcichStagsrede, daß Liebknecht'« Schrift „SLutz und Trutz" die Worte enthält: „DaS Vaterland in eurem Sinne ist uns ein reactionairer, cul turfeind- licher Begriff!" Berlin, 12. December. (Telegramm.) Das Staats- Ministerium trat heute Nachmittag zu einer Sitzung unter dem Vorsitze des Fürsten Hohenlohe zusammen. L. Berlin, 12. December. (Privattelegramm.) Wie die „Nat.-Z." hört, hat Herr von Koller selbst erklärt, er habe Aeußerungen, wie die ihm in der „Saale-Ztg." zu- gcschriebenen und im „Reichsanzeiger" dementirten, gegen Niemand gethan. 6. H. Berlin, 12. December. (Privattelegramm.) In Bezug auf die Unterzeichnung deS Antrags Kanitz durch Heyl und Genossen stellt die „National-Zeitung" fest, daß die genannten Herren in voriger Woche bei einem Zusammensein, welches formell eine Fractionssitzung war, thatsächlich aber wegen schwachen Besuchs auf die Bedeutung einer solchen keinen Anspruch batte, die Absicht, den Antrag Kanitz zu unterschreiben, erwäbnt hatten; dies wäre aber unbeachtet geblieben. (Wiederholt.) — Der preußische Cultusmin ister hat den Universi täten je 10 Exemplare des Entwurfs eines deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches überwiesen. Gleichzeitig er läßt der Minister folgende Bekanntmachung: „Nachdem der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches in zweiter Lesung zum Abschluß gekommen ist, finde ich mich im Einvernehmen mit dem Herrn Justizminister veranlaßt, den Studirenden der Rechte den Besuch der UniversitätSvorlesungen, die über daS Recht des Entwürfe» handeln, noch besonder- zu empfehlen." — Zur Ueberreicbung der vom Norddeutschen Reichstag am 10. December 1870 beschlossenen sogenannten Kaiser- ad resse wurden außer dem Präsidenten Simson 30 Mit glieder ausgeloost, die sofort die Reise nach Versailles an traten. Von diesen 30 Mitgliedern sind, der „Germ." zufolge, nur folgende noch am Leben: Herzog v. Ujest, Fürst Pleß, v. Arnim -Kröchlendorf (Bismarck'S Schwager), Freiherr v. Romberg, v. Diest (früber Regierungspräsident von Merse burg), v. Hagemcister (früher Oberpräsident von Westfalen), v. Salze und Lichtenau, Graf Hompesch. Der Letzte allein gehört dem Reichstage noch jetzt an. * AnS Mecklenburg, 11. December. Nachdem sich zu Anfang dieses IahreS die Deutsch-Mecklenburgische Rechtspartei von dem Redacteur Paul Prillwitz in Rostock loSgesagt und ihre Beziehungen zu dem von ihm geleiteten „Mecklenburger" abgebrochen hat, sieht sich Herr Prillwitz jetzt genölhigt, die beiden von ihm heraus gegebenen rechtsparteilichen Organe — außer dem „Meck lenburger" noch daS „Mecklenburgische BolkSblatt für Stadt und Land" — mit Ablauf diese» IahreS ein- gehen zu lasten, wie er selbst verkündigt. * GreifSwsN», 11. December. Die hiesige socialwissen- schaftliche Studentenvereinigung batte beabsichtigt, die Pastoren Göbre und Naumann zu Borträgen ein- zuladen; Rector und Senat der Universität hatten aber diese Vorträge verboten, da sie eS für gefährlich hielten, wenn Leute, die politisch austreteu, vor der akademischen Jugend sprechen. Auf eine Eingabe, die nun von der Studenten- Vereinigung an den CultuSmini ster gerichtet wurde, traf jetzt die Antwort ein, daß der Minister nicht in der Lage sei, die Verfügungen von Rector und Senat aufzuheben. * Hannover, 11. December. Der „Hannoversche Courier" meint, daß im Interesse de- festeren Zusammenhalten« der nationalliberalen Parte, eine sehr bestimmte Stellungnahme zum Anträge Kanitz unerläßlich sei, selbst wenn eS nicht ohne Verlust de- einen oder de» anderen Wahlkreises sollte geschehen können. * München, 12. December. (Telegramm.) Die „All gemeine Zeitung" meldet: Der Prinz-Regent hielt bei der militairischeu Festtafel am 8. d. M., an welcher die Prinzen, die höheren Generale und sämmtliche Ritter des Max-Iosepb-Orden- theilnahmen, folgende Ansprache: «Ich freue mich, an dem heutigen sür uns Bayern so erinnerungs-- reichen Tage die Spitzen der Armee und die tapferen Max- Josephs-Rttter um mich versammelt zu sehen. Heute vor 25 Jahren wütbeten dt« hartnäckigen Kämpfe an der Loire, für bas bayerische Heer der würdige Abschluß einer langen Reihe siegreicher Gesechte und Schlachten. In Demutli gedenke ich der vielen Ovstr, die ihren Math mit dem Leben be- zahlten. Doch auch seit dem Feldzüge hat der Tod empfindliche Lücke» unter deu damaligen Kämpfern gerissen. Ich erinnere vor Allem an di« ehrwürdige Gestalt de« alten Kaiser'« Wilhelm I., der bi« zu seinem Tod« mir sein Wohlwollen bewahrte. Die ritterliche Erscheinung de- damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, de« siegreichen Führer« der 3. Armee, ist uns allen noch gegenwärtig; auch dt« tapferen erprobten Eomman- danten unserer beiden Armeekorps Freiherr von Hartmann und von der Tan», sind von nn« geschieden, doch in unserer Armee werden sie sortlebe». Sollt« jemai« mein Ruf zum Kampf an das Heer erschallen, so werden mein« Bayern, dessen bin ich gewiß, an der Seite der verbündeten Truppen unter dem Oberbefehl des ventschen Kaiser« ihren alterprobten Rohm zu bewahren wissen Mit Freud«, ergreife ich dies« Gelegenheit, der ganzen Armee und ihren Führern meine daukersllllt« Aarrkenunng auszujprrche». Fest vertraue ich auf die Treue der Armee im Frieden und im Kriege. Ich fordere Sir auf. meine Herren, ans da» Wohl der bayerischen Arme« zu trinken. St« leb« hoch, hoch l und zum dritte» Mal hoch!" Der LegalionSsecretair bei der bayerischen Gesandtschaft beim Quirinal, LegationSrath Freiherr von und zu Gut- trnberg, ist zur bayerischen Gesandtschaft in Berlin versetzt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite