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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960116016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896011601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896011601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
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Der WladiwostockerCorrespondent der „Nowoje Wremja" veröffentlicht in seinem Preßorgan Berichte über die Palastrevolution in Söul und die dortigen politischen Strömungen, wobei der Wettkampf zwischen Ruß land und Japan klar zu Tage tritt. Sieht man von der russenfreundlichen Tendenz des russischen Berichterstatters ab, so gewähren seine Mittheilungen einen Einblick in die ebenso interefsanten wie merkwürdigen Ereignisse, deren Schauplatz in der letzten Zeit Söul war. Nach dem chinesisch-japanischen Krieg entwickelten sich in Korea, namentlich aber am Hofe von Söul, zwei feindliche Parteien, eine conservative und eine Reformpartei, wobei erstere russenfrenndlich war und sich auf den König, noch mehr aber auf die Königin stützte, während letztere unter dem Druck Japans und seiner Forderungen sich bildete. An der Spitze der Reformpartei stand der japansrenndliche Minister des Innern Pak. Bor zwölf Jahren wurde der König Tai-Wan-Kun, der Vater des jetzt regierenden Königs, durch die Ebincsen vom Throne gestürzt, als Verbannter nach China gebracht und der koreanische Thron dem Sohne Tai-wan-Kun's übergeben. Als Tai-Wan-Kun nach seiner Heimath zurückkehrte, ver söhnte er sich scheinbar mit seiner wenig beneidenswerthen pjiage, trachtete aber fortwährend danach, den Thron wiederum zu besteigen. Der König-Sobn war denn auch geneigt, dem Vater die Leitung der RegicrungSgeschäfte zu übergeben und bestätigte dies durch zwei Manifeste, welche im Juli ^l894 erlassen wurden. Gegen diese Uebergabe der RcgierungS- geschäfte in die Hände des damals ganz besonders russen- ^freundlichcn Tai-wan-Kun erhob der japanische Ministerresident zu Söul, Graf Jnnic, Einspruch, und veranlaßte den willen losen König, den König-Vater von den Geschäften wiederum zu entfernen. Tai-wan-Knn wurde nunmehr zuin aus gesprochenen Feinde der Japaner und stellte sich an die Spitze "der Conservative». Die Japaner und die ihnen ergebene Reformpartei be hielten in Korea die Oberhand und übten auf den König einen Druck ans, wäbrend die Königin, welche sich durch mehr Energie auszeichnete, sich von diesem Druck der Japaner zu befreien suchte. Die Königin suchte im Geheimen mit Ruß land Verbindungen anzuknüpfen und wollte sogar unter das Protcctorat des Zarenreichs kommen, um sich vom Druck der Japaner zu befreien. Es mußte darum Uber kurz oder lang zu einem offenen Streit zwischen der Königin und der Nesormpartei kommen und dieser ließ in der Thal nicht lange aus sich warten. Den Anlaß hierzu gab folgender Umstand. Bis zum December 1894 batten die Koreaner eine gänzlich primitive Armee, welche weder Waffen im europäischen Sinne, noch irgend eine Disciplin kannte. Die provinziale Armee war in den Hauptstädten des Landes einquartirt, während die 15 000 Mann zählende Garde in Söul ihren Platz hatte. 1200 Mann von diesen Soldaten der Hauptstadt bildeten die Leibgarde der königlichen Familie und trugen den Namen „Tigerjäger"; sic stammten alle aus der Provinz Ping-jan und zeichneten sich vurch ihre Tapferkeit aus. Indessen war die Bewaffnung der Leibgarde eine sehr mangel hafte und ihre Aktionsfähigkeit gleich Null. Die Japaner hatten ein Interesse daran, eine disciptinirte korea nische Armee unter der Führung japanischer Officiere zu bilden, in der Hoffnung, daß eine solche Armee sich bei Gelegenheit ihnen werde nützlich erweisen können. Sie übten zunächst zwei Bataillone, zu je 420 Mann militairisch ein, welche den Namen das „Kurentaische Heer" erhielten. Auch bewirkten es die Japaner, daß die provinziale Armee entlassen wurde, was im Lande und »nter dem Heere eine große Unzufriedenheit hervorgerufen bat. Im Juli 1895 ent schloß sich die Reformpartei, unter dem Einfluß der Japaner, die alle Palaslgarde zu entlassen und dieselbe durch die Kurentaier zu ersetzen. Der Entschluß begegnete aber dem energischen Widerspruch der Königin, welche die alte Leibgarde nicht vermissen wollte »nd in dem ganzen Plan eine Falle der Japaner erblickte. Das japansrenndliche Ministerium wurde gestürzt, während der Führer desselben, der Minister Pak, nach Tokio entfloh. Auf Drängen der Königin wurden die „Kurentaier" entlassen, wodurch wiederum zahlreiche Unzufriedene geschaffen wurden. Dies Alles spielte sich im Juli 1895 ab und bedeutete einen grcßen Sieg der russischen Bestrebungen in Korea, welche von den nunmehr ans Ruder gelangten Conservativen unterstützt wurden. Die Japaner haben sich aber bei dem Sturz ihrer Politik in Korea nichts weniger als beruhigt. Der neue japanische Gesandte, Vicomte Miura, begann eine offene, sowie geheime Agitation gegen die Königin, welche mit der am 20. Sep tember erfolgten Palastrevolution endete. In Gemeinschaft mit dem Er König Tai-wan-Kun und den Ojficieren der Kurentaischen Bataillone faßten die Japaner den Entschluß, die Königin umzubringen »nd somit ein Haupt - Hinberniß aus ihrem Wege zu beseitigen. Tai-wan-Kun schloß sich der Verschwörung an einer seits, weil er von den Japanern bestochen worden war, andererseits aber aus Sympatbie für seinen geliebten Enkel, den Prinzen L), der im Lande eine nicht unbedeutende Partei hat, welche ihn auf dem koreanischen Thron sehen möchte. Noch im vorigen Jabre batte diese Partei eine Ver schwörung auf das Leben des Königs angezettelt, indessen wurde dieselbe rechtzeitig entdeckt, wobei die Verschwörer theils hingerichtet, tbeits verbannt wurden. Prinz L) wurde eben falls zum Tode verurtheilt und nur Dank der Fürsprache seines Großvaters Tai-wan-Kun gelang eS, die Todesstrafe durch die Verbannung »ach einer unbewohnten Insel in der Nähe von Tschemulpo zu ersetzen. Nach der Flucht des Ministers Pak, welcher eine harte Bestrafung der Verschwörer forderte, wurde der Prinz A begnadigt »nd kehrte nach Söul zurück, wo er sich aber sofort der Verschwörung gegen das Leben der Königin anschloß. Am 26. September vorigen Jahres geschah denn auch die Palastrevolution. Dreißig Verschworene drangen bei Nacht in das Schlafzimmer der Königin und streckten sie mit einem japanischen Säbel nieder, ebenso wie auch die ihr zu Hilfe herbri- geeilten Kammerfräuleins. Um die Spuren des Verbrechens zu verbergen, warfen die Verschwörer die Leichen in einen Brunnen, der sich in der Nähe des Palastes befindet. Tai- wan-Kun stellte sich alsdann an die Spitze der Kurentaier Bataillone, jagte die Leibgarde durch Flintenschüsse aus einander und drang in den Palast ein, wobei der Hosminister und einige Staatsbeamte gelobtet wurden. Alsdann eilte auch der japanische Gesandte herbei, der in Gemeinschaft mit Tai-wan-Kun den erschrockenen König zwang, einige Manifeste in japanfreundlichem Sinne zu unterzeichnen. Die Garde wurde entlassen und die unter Führung japanischer Officiere stehenden Bataillone der Kurentaier gelangten zur Macht, woraus auch der König die neue Ordnung der Dinge als eine gesetzliche und nothwendige sanctionirte. Der Erfolg der Japaner war aber nicht von langer Dauer, indem Rußland alle Hebel in Bewegung setzte, um eine Untersuchung über das geschehene Verbrechen einzuleiten und die Mörder zu bestrafen, wobei die russische Gesandtschaft von der amerikanischen unterstützt wurde. Die japanische Regierung sah sich gezwungen, ihre Gesandtschaft von Söul abzubernjen «nd Verhaftungen von Japanern vorz..nebn,cn Somit war der Einfluß Japans in Korea wiederum in Rück^ gang gerathen. Während der Rußlands tonangebend s "ca Neuerdings indessen scheint sich wieder ein Seenenwechsel vo^ znbere.tcn. W.e an, 11 Januar über Wladiwostock aus Söul gerne det wurde, wachst d.e Unzufriedenheit i.n Lande die Entthronung des Königs wird vorbereitet, um den Liebl'inas- enkel des ^.ai-wan-Kun auf den Tbron zu erheben ia emer anderen Meldung hätten die Japaner den König bereits gezwungen, den Palast zu verlassen. " So ringen Japan und Rußland um den manaebenden Einfluß ,n Korea und scheuen keine Mittel, um für sich im Lande Parte, zu machen. Es unterliegt aber keinen. Zweifel, daß e.n derartiger Zustand der Dinge nicht von lange?D°, er se.n kann und daß die Selbstständigkeit dieses ostasiatisch.n Landes bald der Ge -stichle angedören wird ' ' Deutsches Reich« ^ derli», 1:». Januar. Die GewerbeordnungSnovellc, welche in der laufenden Tagung im Reichstage zur Berathuna gelangen wird, weist bekanntlich bei der Bestimmung über die Möglichkeit der Untersagung des Handels mit Droguen und chemischen Präparaten insofern eine kleine Äende- rung gegenüber der Fassung der Novelle der vorigen Tagung auf, als erläuternd hinzugefügt ist, daß in den §. 35 der Gewerbeordnung nur der Handel mit solchen Droguen und chemischen Präparaten einbezogen werden soll, welche zn Heilzwecken dienen. Von einigen Blättern wird diese Acndcrung als einschneidend bezeichnet. Sie ist es aber nicht. Auch bei dem vorigen Entwürfe der Gewerbe- ordnungsnvvelle handelte es sich nur darum, der Neigung mancher Inhaber von Droauenhandlungen, entgegen den Ver ordnungen über den Verkehr mit Arzneimitteln, letztere selbst auf Necept zu verabfolgen, cntgegenzutreten. Der übrige Betrieb der DroguenkandlunLen bat zu Beanstandungen keinen Anlaß gegeben. Indessen die Thätigkeit in manchen Handlungen, welche ihnen den Namen der „wilden Apotheken" eingebracht bat, verdient die schärfste Aufmerksamkeit. Die ernsteste Gefahr bei der Anfertigung von Arzneimitteln in Droguen bantlungen besteht in dem Umstande, daß das Personal der letzteren größtentheilS gar nicht sachverständig ist und vielfach die lateinische Sprache, in der die Recepte abgefaßt sind, nicht versteht. Auch bieten die Einrichtungen in den Droguen- bandlungen nicht die Gewähr, daß bei der Zubereitung von Arzneimitteln Verwechselungen möglichst ausgeschlossen sind. Es wäre ja geradezu nnnöthig, den Apotheken die pein lichsten Vorschriften über Aufbewahrung von Giften u. s. w. zu geben, wenn in den Drognenhanvlungen, die sich an solche Vorschriften nicht zu kehren brauchen, die Anfer tigung von Arzneien nicht thunlichst verhindert würde. Es kommt nur darauf an, ob die bisher zulässigen Ein- scstreitungSmitlel nicht schon genügend sind, um zu dem er strebten Ziele zu gelangen. Wird der Nachweis erbracht, daß dem nicht so ist, so würde es eine Vernachlässigung der Pflicht gegen das kranke Publicum bedeuten, wenn nicht der ^ 35 der Gewerbeordnung herangezogen würde, um den Schädigungen der Kranken in den Drogucnhandlungcn vor zubeugen. Soviel aber war auch nur in der vorigen Ge werbeordnungsnovelle beabsichtigt. Die neue Fassung stellt sich demnach als eine lediglich redactionelle Aenderung heraus. * Berlin, 15. Januar. Herr Bigelow hat nicht erst neuerdings die ihm zu Theil gewordene Gunst, der Gast des Kaisers zu sein, durch Taktlosigkeiten und Unanständig keiten mißbraucht. Schon während der Kieler Festlichkeiten l>at er sich unwerth des ibm gespendeten Vertrauens gezeigt. Ein hiesiges Lokalblatt schreibt mit Bezug hierauf: „Die Erkaltung der freundschastlichen Beziehungen zwischen dem »raiier und Herrn Bigelow datirt bereit- von den Kieler Festtagen ver, zu denen Herr Bigelow als geladener Gast dek Kaisers bskmiimen war. Bemerkungen, welche im vertraulichen Gespräche über Personen des Hofes gefallen waren, hat Herr Bigelow später Ivurnalistisch verwendet, was ihm vom Kaiser mit Recht sehr stark verübelt wurde. Als Herr Bigelow nach seiner Antnnst in Berlin um eine Audienz in Potsdam nachsuchte, wurde ihm diese i» bestimmler Weise verweigert, und es ist anzunehmen, daß der preugische Hof dem Amerikaner sür alle ferneren Zeiten verschlösse» bleiben wird." . Wenn diese Mittbeilnng richtig ist, so muß eS, meinen die „B. N. N", auffallen, daß Herrn Bigelow die Ehre erwiesen wurde, den Srettiner Manövern als der einzige Civilist beizuwohnen. V. Berlin, 15. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser bvrte heute früh den Vortrag des Chefs des CivilcabinetS und fuhr um lO'/z Uhr zur Jagd nach Britz-Buckow. Die Kaiserin empfing gestern Mittag um 1 Ubr den österreichischen Wirkt. Geh. Nach Grafen Cbotek, bisherigen österreichischen Gesandten in Dresden, in Audienz. ^ derlin, 15. Januar. (Telegramm.) In dem bereits veröffentlichten Programm für die Feier am 18. Januar stt insofern eine Aenderung eingetreten, als an Stelle des General-Feldmarschalls Grafen v. Blumenthal der General-Oberst der Cavallerie Frbr. v. Lo8 das Reichs- Panier und an dessen Stelle der General der Infanterie v. Werder das Zevter tragen wird. — Berlin, 15. Januar. (Telegramm.) Das Ltaats- ministerium hielt beute im Reicksiagsgebäudc unter Vorst» des Fürsten Hohenlohe eine Sitzung ab. t? II. Berlin, 15. Januar. (Privattelcgranim., Mit Genehmigung res Kaisers wird mit dem 10. Januar innerhalb des KriegsministcrtnmS eine Jnspertioii der tech nischen Institute — zunächst provisorisch — errichtet. 8 Berlin, 15. Januar. (Privattelegran, m.) Ter Ent wurf des bürgerlichen tveset;b»chrs soll, wie die „Voss. Ztg." meldet, vor seiner Einbringung in den Reichstag, welche mit Ausnahme des dazu gehörigen Einsübrungsgesetzes bestimmt am 18. Januar erfolgt, dem Kaiser überreicht werden. Wie verlautet, wird die Ueberreichiing heute oder morgen durch den Staatssecretair Nieder ding erfolgen. 8. Berlin, 15. Januar. (Privattelegramni.) Die Deutsche Colonialgesellschaft, Abtheilung München, sandte an den Präsidenten der Colonialgesellsckaft Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg folgendes Telegramm: „Die Abtheilung München in zahlreichster Monatsversammlung spricht Eurer Hoheit für alle ln der Transvaal-Angelegenheit erfolgten Kundgebungen Tnnk und rückhaltlose Zustimmung aus und ersucht darum, Eure Hoheit wolle an maßgebender Stelle die Errichtung einer befestigten Marinestation in Lstafrika be fürworten." — Für die Familien der im Essener Meineids- proceß Berurtbeilten sind nach dem „Vorw." bisher 54830,76 eingegangen. Zur socialdemokratischen Parteicasse flössen in ven Monaten November und De cember 15 000 ^ — Der preußische Etat enthält auch, wie die „F. Ztg." hört, einen ansehnlichen Betrag zur Förderung körper licher Uebungcn, wie Rudern, Fechten rc., an den Uni versitäten. — Capitai'nlikiitenant In gen oh l, der Commandant des Kanonenbootes „Iltis" in Ostasien, ist, dem „Hamb. Eorr." zufolge, nach der Heimath zurückbernjen; Eapitainlieutenant Emsmann ist zum Eorvettencapitnin befördert worden. Winlersreilden in der guten alten Zeit. Bon Heinrich Steinmüller. Nachdruck verboten. Der Schnee lastet auf Land und Straßen, die Tage sind kur; und dunklel, — dunkler noch in den alten Tagen, wo selbst in den großen Städten nur spärliche Oellampen die winterliche Finsterniß unsicher erstellten. Und doch waren die Wintermonate sür unsere Großväter und Urgroßväter vielleicht die fröhlichste Zeil im Jahre, voll von frischer Lust und eigenartigen Vergnügungen — in Wahrheit eine „gute, alte Zeit". Kaum bat sich die Sonne durch die trüben Nestel durch gerungen, so belebt sich die Eisbahn. Der Eislauf, an sich ein uralter Sport, ist erst im vorigen Jahrhundert in Deutsch land zur allgemeinen Beliebtheit gelangt. Klop stock war sein begeisterter Apostel, er hat istn immer und immer wieder besungen und auch seine Freunde für diese edle Kunst ge wonnen. „Nur ein Gesetz!" so rief er einmal schwärmend aus, „wir verlassen nicht eh' den Strom, bis der Mond am Himmel sinkt." Und dann glitten durch die Helle klare Winter nacht die Jünglinge über die spiegelglatte Fläche, Hymnen über die Schönheit der winterlichen Natur, oft auch die Oden ihres Meisters Klopstock recitirend — ein Genrebild aus der schwärmerischen Jugendzeit unserer klassischen Cultur. Einer der Proselyten, die Klopstock für das Schlittschuhlaufen (oder wie, er selbst es nannte: das Schrittschublaufen) anwarb, war der junge Goethe. Er hat selbst erzählt, wie er eines Tages „an einem heiteren Frostmorge» auS dem Bette springend" sich einige bekannte Stellen aus Klopstock'S Oden zuries und sogleich den Entschluß faßte, «inen Ort aufzusuchen, „wo ein so alter Anfänger mit einiger Schicklichkeit seine ersten llebungen anstellen konnte". Auch er theilte den Geschmack seiner Zeit für die Bollmondnächte auf dem Eise, die ihm dann Ossianische Scenen vors Auge riefen. So gewann in jener Epoche der Eislauf durch die Verbindung mit der Poesie und der poetischen Empfindung einen besonderen Reiz, »nd Lieder von Goethe, Eramer, Krummacker, Ramler nnd Anderen prägen literarisch die gesteigerte Beliebtheit der schönen Kunst wieder. Die Aelteren und besonders auch die Reicheren zogen die Schlittenfahrten vor. Man veranstaltete ab und zu einen Schlittencorso, und Jeder bemübte fick, das schönste und origi nellste Gefährt zu zeigen. Ich kenne eine anschauliche alte Be schreibung von einem Prachtschlitlcn, die in die spätere Zeit Fried- rich'S des Großen gehört. „Der Bauch desselben", heißt es, „ist einer Muschel gleich gcformet, die sich hinterwärts mit einem Sirenenschwanz schließet, von welchem der Galan den muthigen, mit Schellen und Reiberbüschen behangenen Roß regieret. Hoch am Schnabel, vorn aus einer goldenen Kugel, steht der Amor, in der einen Hand einen Pfeil, und in der anderen ein Glöckgen, womit er die Fahrt der Verliebten in denen Gassen verbreitet." Sehen wir nicht gcröthete Wangen und leuchtende Blicke? Lösen sich nicht im Fluge der Fahrt an- muthige Löckchen von der hohen Toupetfrisur? Hören wir nicht leises, zärtliche« Flüstern in der geziert-anmuthigen Sprache der Chodowiecki-Zeit? Doch der Tag neigt sich schon dem Ende zu, und da- Dunkel steigt herab. DaS ist die Stunde, in der sich auf dem Lande die Mädcken mit ihren Spinnrädern versammeln. Freilich ist „wider solche Zusammenkünfte, die gewöhnlich zu allerhand Unordnungen Anlaß geben, in denen Königlich Preußischen Staaten seit geraumer Zeit ein starkes Verbot ergangen", aber der Bauer hält, aller Verordnungen uncr- achtes zäh an seinen Gewohnheiten fest. In der Stadt aber naht sich jetzt das Entzücken de» weiblichen Geschlechts: die Kaffeestunbe. Denn auch daS 18. Jahrhundert batte seine h'ive o'clock-tekui. Die Matronen besuchen einander, wechseln Complimente und — klatschen. Da» zärtliche Fräulein aber kaum zu halten vermag." Ja, eS ist eine gesäbrliche Zeit für empfängliche junge Herzen, solch' eine Winterszeit, und am gefährlichsten ist wohl der Abend. Die Winterabende gehören der Gesellschaft. In Berlin veranstalteten die Familien dcS höchsten Adels jeden Freitag abwechselnd eine große Assemblbe. DaS pflegt« eine reckt kostspielige Veranstaltung zu sein. Zuweilen waren an die 200 Personen beiderlei Geschlecht« anwesend, und wenn man so nobel war, wie der Staatsminister von Gerlach, der seine Gäste im Januar mit Blumen beschenkte, so lief da« ins Geld. Man tanzte, spielte und unterhielt sich; um 5 Uhr kam man zusammen, um 9 Uhr ging man auseinander. Eine sehr solide Zeit also, und doch batten die Gesellschaften, deren der Winter viele mit sich zu bringen pflegte, so manches Bedenkliche an sich. Ein Arzt bat — gerade jetzt vor 100 Jahren — be weglich darüber geklagt, daß bei diesen Assemblsen die Luft so schnell schlecht werde, und vor Allem, daß da« Spiel, daS nach dem „Genüsse des nervenschwächenden TheeS" die bevorzugte Unterhaltung bilde, sehr wenig geeignet sei, die Gesundheit zu befördern. „Schon ein junges Mädchen von vierzehn Jahren muß gravitätisch ihre Wbistpartie macken." Der festschließende Anzug, die erhitzenden Speisen und Getränke, der Geruch der oft verwandten Räuckerpulver, der Blumen nnd der beliebten Parfüms — all' daS greife die Nerven an und begünstige die zunehmende Kränklichkeit und Schwächlichkeit. Auch die Bürgerlichen hatten ibre Gesellschaften. Für sie vornehmlich waren die Veranstaltungen der Tanzmeisler be stimmt. In Leipzig arrangirten die Tanzmaitres gesonderte Vergnügungen für die Studenten, die Kausmannsdiener, die Handwerksgesellen u. s. w. Ein ganz besonderes Fest der Berliner war in den Wintermonaten daS „Erbsen- und Kartoffelpiknik." Im Jnvalidenhause fanden sich jeden Donnerstag Officiere, Rätbe, Subalternbeamte u. s. w. ein, und „mit einer wahren Wutb werden Berge von Erbsen, Kartoffeln und Pökelfleisch gestürmt. Für fünf Groschen ißt sich hier Mancher aus acht Tage satt." Der niedere Bürger stand gönnte sich daS gleiche Vergnügen in dem „Dusteren Keller" vor dem Halleschrn Thor«. Wer an den Tagen dieses primitiven Volksfestes die zum Tenchelbofer Berg führenden Straßen passtrte, der konnte „unzähligen Leuten begegnen, die eilig und ernsthaft den Weg nach dem Dusteren Keller verfolgten". - . „ ... ^ Kamen aber die ehrsamen Bürgersleute in ihren Hau,ern zusammen, so vergnügten sie sich gewöhnlich „ bescheidene Weise- dann trat vor Allem das G.e,s«llsch ast«- spiel in seine Rechte. Wir betreten daS mäßig erleuchtete Zimmer und finden Männlein und We.ble.n Kre.se sitzend gerade beim „Submissions-Spiel". eme Herr suckt sich Demois.lle „LuiSgen" oder „Julgen" auS, fallt ,br zu Fußen und singt: Hier fall ich zu Deinen Füßen, Schönste! Hab mit mir Geduld. Ich verlang nicht mehr zu wissen, Als: ich bin in Deiner Huld; Ob Tu es kannst sagen frei, Daß ich Tein angenehmer Diener sei. Hier steht Demoiselle Luisgen auf und singt: Ach. was liegt vor meinen Füßen, Ach, was quälet dieses mich, Meine Auq'n voll Thränen fließen, Weil ich dieses sehen muß; Ach! so sieb nur auf dem Platz. Dieser Aufforderung entspricht der Herr, während sie fortfährt: Du bist doch mein schöner Schatz! Jetzt aber giebt sie ihm „einen sanften Stoß": Geh nur, geh nur fort von mir. Ich begehre Dich nicht mehr, — was einen bequemen Anlaß dazu bietet, ibn wieder zu sich beranznziehen und zu singen: Der Zorn, der übereilet mich. Komm, mein Schatz, und küsse mich, Womit mau zum erwünschten Ende gelangt ist. Den Höhepunkt der Winterfreuden bildete der die Monate Januar und Februar ziemlich anSfüllende Carneval. Be sonders in den fürstlichen Residenzstädten gab eS dann Opern, Redouten und Eoncerte. Schon am frühen Vormittage fahren dann die Kutsche» an »nd drängt sich die Menge, nm Abends über die glänzende Beleuchtung, die eleganten Eostünie, die hoben Fürstlichkeiten und die Menge der Anwesenden in höchstes Erstaunen zu gerathen. In der preußischen Haupt stavt fanden in der Carnevalszeit jeden DienStaa Bälle statt. Ohne Domino, Maske und seidene Strümpfe wurde da Niemand hinringelasirn. DaS Parterre wurde auf gleiche Höhe mit der Bübne geschraubt; streng gesondert tanzten aus dem Theater die Adligen, auf dem Parterre die Bürgerlichen. Doch dauerten auch diese Vergnügungen entfernt nicht so lange, als eS beute Brauch ist. Wenn die Glocke zehn Ubr schlug, lag Opernhaus und Bürgerhaus, AvelSpalast unv Dusterer Keller in tiefster Ruhe, und nur draußen auf dem Eise schwärmten die Jünglinge von Klopstock und von Off'ian und übten „die Kunst Tials's" . . .
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