Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960123011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896012301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896012301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-23
- Monat1896-01
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-Preis I» Her Hanplexpeditiou oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichtete» Aus- (laiksiellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« » 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschlaad und Oesterreich: vierleliährlich ^l S.—. Dtrrcte tägliche Kreuzbandiendung tu« Ausland: monatlich 7.50. Di» Morgen-Aasgab« erscheint um '/,7 Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5- Uhr. Vr-action »«- Erveditto«: Johanne»,afie 8. Die Expedition ist Wochentag« nnonterbrochra geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: Ltt« Klem«'« Sortim. lAlsred Hahn», NniversitätSstraße 1, Laut« Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und KönigSplay 7. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Natljes nnd Nolizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. An-eigenPrel- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dein Redactionsslcich (4ge- spalten! vor den Familieunachrichten (6gespalten) 40^. Großer, Schriften laut unserem Preis Verzeichnis). Tabellarischer und Zifferniup nach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60—, mit Postbesörderung A 70 -. Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr Morge n-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr Für die Montag-Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde srüher. Anzeigen sind stets an d>e Expedition zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Donnerstag den 23. Januar 1896. W. Jahrgang. Unsere Schutzgebiete. i. Das dem Reichstag zugegangene Weißbuch über unsere Schutzgebiete enthält weitläufige und interessante Angaben über die Zustände daselbst. Wenn wir natürlich nicht auf jeden Umstand eingehen können, so können wir doch aus der allgemeinen Uebersicht ersehen, daß unsere Schutzgebiete sich in steigender Prosperität befinden und trotz de« Fehlschlagens mancher Hoffnung sich immer mehr zu einem werthvollen Besitz Deutschlands gestalten. Die „Colonial schwärmer" haben Recht behalten und die Colonialfeinde müssen heute ihr Unrecht cingestehen. Je mehr die Colonial- producle in« Volk dringen, je mehr dies in der Consumtion mit Kaffee, Tabak, Kautschuk, Copra u. s. w. auS den Colonien rechnet, um so volkstbümlicher werden auch die Ursprungs - Gebiete. Sehr viel trägt hierzu auch die Hinaussendung der Beamten und Schutztruppen bei, denen Handwerker und Kaufleute sich anschließen. Frei lich ist den letzteren noch nicht eine Auswanderung aufs Geradewohl anzurathen, denn trotz so mancher Erfolge be finden sich Handel und Verkehr noch lange nickt auf der Stufe, wo sie vieler Leute bedürfen, allein die Anfänge sind ja vorhanden und die früher Hinausgegangenen verlangen Ersatz. In der Denkschrift fehlt das Neuzuineaschutzgebiet —, dagegen sind die Marschallinseln behandelt. Die erste Colonie, die besprochen wird, ist Togo. In diesem Schutzgebiete be finden sich 88 Europäer, davon sind 79 deutsche, worunter 9 Frauen. Die schwarzen Einwohner sind nur geschätzt worden und es kommen dabei aus Klein-Popo und Umgegend 8000, auf Lome 2084 und auf 72 Orte des westlichen Gebietes 40 000 Einwohner. Die Gesammtlage des Schutzgebietes bars als eine überaus zufriedenstellenbe bezeichnet werden. Handel nnd Wandel befinden sich in fortgesetzter ansstcigender Be wegung und das Einvernehmen zwilchen Negierung und Ein geborenen ist daS denkbar beste. Als Beweis für diese« gute Verhältniß mag angesübrt werden, daß der Häuptling Adjalle von Amutive, nabe Lome, gelegentlich der Anwesenheit des stellvertretenden Landeshauptmanns in Lome im Juni v. I. der kaiserlichen Regierung ein in unmittelbarer Nähe deS genannten Ortes gelegenes Grundstück von etwa 180 Morgen Größe zum Geschenk gemacht bat. Ein Theil dieses Grund stückes soll zu einem großen Markt hergerichtet werben, wozu eS sich vermöge seiner Lage zwischen den beiden Wegen nach Misahöh und Amutive hervorragend eignet. Unter den Handelsplätzen nehmen die beiden bedeutenden Küstenplätze Klein-Popo und Lome in Folge ihrer raschen Entwickelung naturgemäß das Hauptinteresse in Anspruch. In Klein-Popo bestehen gegenwärtig lO Firmen (darunter .8 einheimische) mit 14 offenen Verkaufsstellen und 10 selbst ständige Händler, von welchen 12 Läden unterbauen werden. Wesentlich größer ist der Aufschwung, welchen Lome in letzter Zeit genommen hat. Dort befinden sich nicht weniger als .78 offene Berkaufsläcen, von welchen allein 36 den daselbst bestehenden 10 Factoreien angehören. Im Innern des Sckutz gebietes sind die Verhältnisse gleichfalls in rascher und fried licher Entwickelung begriffen, ein Erfolg, welcher in erster Linie der Gründung der Station Kete-Kralschi zu verdanken ist. Wenn etwas an der Denkschrift auszusetzen ist, so ist es, daß sie nicht die Angaben nach einem gewissen Schema giebt. Sic folgt hierin den Berichten der deutichen Fabrikinspectoren, die auch ihre Berichte individuell abfassen. Das ist gewiß sehr gut, um einer Ermüdung des Lesers vorzubeugen, indessen, wenn man gewisse Rubriken, wie Handel, Postwesen, Schul wesen, Prvdnction, Missionen rc. vergleichen will, so macht sich der Mangel der Uebereinstimmung in der Anordnung des Stoffes recht bemerkbar. Für das Togogebiet liegt nur -kus ungarischen Landen. (Nachdruck verboten.) II. Wer sich auf einem der großen Donaudampfer, wie sie regelmäßig zwischen Pest und Galatz verkebren, stromaufwärts der ungarischen Hauptstadt nähert, empfängt ein wunderbar schönes Bild. Zur Linken, also auf dem rechten Donauufer, erhebt sich, den Festungsberg und Schwabenberg hinanklimmend und von dem noch höheren Blocksberge überragt, die Veste Ofen. Aus einem Gewirr von Straßen und Gaffen, Häusern, Kirchen und Billen tritt der imposante Bau der KönigSburg hervor. Hier verweilt in seiner Eigen schaft als König von Ungarn Kaiser Franz Joseph von Oesterreich alljährlich einige Wochen; hier eröffnet er in Person den ungarischen Reichstag, empfängt die Magnaten, Deputirten und Würdenträger, und die Auffahrt dieser Repräsentanten des ungarischen Volkes in ihren glän zenden Nationalcostümen bietet dann ein unzemein anziehen des Schauspiel. An die KönigSburg schließt sich eine Reibe von ziemlich nüchtern aussehenden öffentlichen Gebäuden, Ministerien, Casernen und Verwaltungsämtern; ein architek tonisches Interesse gewährt freilich der am Fuße deS Schwabenberaes liegende prächtige Bazar j aber der eigent tiche Reiz OfcnS beruht nicht auf seinen Baulichkeiten, sondern auf seiner unvergleichlich schönen Lage. Ein Spaziergang auf der Bastei mit der Aussicht auf die in schönen Linien sich hinziehenden Ofener Berge und ein Blick von der Höbe des Schwabenberges auf den mächtig rahinllutbenden Donaustrom mit seinem immer regen Ver kehr, sowie auf das in der Ebene gelagerte Pest gehört zu den nachhaltigsten Eindrücken, die man von der Metropole Ungarn« gewinnen kann. Gesellschaftlich trägt Ofen den Charakter der Beamtenstadt und de« KleinbürgerthumS; man lebt dort sehr ruhig. Desto lebhafter geht es auf der gegenüberliegenden Seite, ia Pest, zu. Bride Ttädte, durch «ine schöne Kettenbrücke mit in Bezug auf den Handel die Ziffer über den Gesammtwerth der ausgefübrten Producte mit 2 l16 31o vor. In Uamerun, wo im Ganzen 230 Europäer, darunter 15? Deutsche, ansässig waren, betrug die Ausfuhr vom l. Juli 1894 bis 30. Juni 1895 4 081 122 das sind 093 032 -6. weniger als im Jahre vorher, allein der Rück gang der Ausfuhr ist nur temporär und hat nichts zu sagen. Eingeführt wurden inSgesamntt für 0 325 208 ^» das ist ein Mehr gegen daS Vorjahr von 108 258 Die Entwickelung des Schutzgebietes im verflossenen Berichtsjahre kann nach den vorgetragenen Daten als durchaus erfreulich bezeichnet werden. Ter Schwerpunkt liegt in der Unterwerfung der Buöas und Bakokos, durch welche einerseits dem Plantagenbau im Kamerungebirge jede mögliche Ausdehnung gesichert, andererseits die Grundlage geschaffen ist, um durch Erforschung deS oberen Sannaga einen neuen Handelsweg ins Innere zu eröffnen. Die Ausfuhr in Cacao, dem wichtigsten Product des PlantagenbaueS, zeigt eine Ver mehrung um rund 10 000 Icx. Wenn jedoch erst die im Werk begriffene Ausdehnung des Plantagenbaues ihre Wirkungen zeigt nnd durch Erschließung neuer Wasserwege bezw. den Bau von Eisenbahnen neue Gebiete für den Handel nach dem Binnenlande eröffnet sind, dann wird mit Grund eine ganz erhebliche Zunahme der Ausfuhrgüter und ein ungewöhnlicher Aufschwung des Handels erwartet werden können. Den Löwenantheil der Denkschrift nimmt natürlich Teutsch- Lftasrika in Anspruch. Die allgemeine Handelslage im Berichtsjahre ist gegenüber dem Vorjahre keine ungünstige zu nennen, sofern man nur bei ihrer Beurtheilung im Auge behält, daß für die Gestaltung des Waarenumsatzes im Jahre 1894 zwei Faktoren von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sind, die Heuschreckenplage und der niedrige Cours der Rupie. Ein Vergleich des Wertbes der Ein- und Ausfuhr in den drei letzten Jabren ergiebt folgendes Bild des Handels umsatzes: 1892 1893 1894 (1000 Doll.) (1000 Doll.) (1000 Doll.) die Gesammteinfubr betrug 2118 2788 2913 die Gesammtaussuhr betrug 1849 2017 1942 der Gesammtumsatz danach 3967 4805 4895 Während somit die Ausfuhr 1891 eine Einbuße von 35 000 Dollars erlitten hat, ist die Einfubr um 125 000 Dollars und der Gcsammlumsatz um 90 000 Dollars gestiegen. Nock, günstiger stellt sich d as Resultat, wenn man von der Gesammlsumme der Cm- und Ausfuhr des Schutzgebietes die darin mileittbaltene Ein- und Ausfuhr von baarem Gelde in Abzug bringt. Danach betrug: 1Sys) 11 (lOOODoll.) (lOOODoll.) (lOOODoll.) die Gesammteinfuhr. . . . 1839 2078 2775 die Gesammtaussuhr . . . 1674 >720 1733 der Gesammtumsatz.... 3513 4398 4508 Es hat also sowohl die Waareneinfuhr wie die Waaren- ausfuhr im Berichtsjahre eine Zunahme erfahren, und zwar erftere um 97 000 Dollar, letztere um 13 000 Dollar, der Gesammtumsatz somit um 110 000 Dollar. Dieses günstige Bild ändert sich leider bei Umrechnung der colonialen in die deutsche Währung. Denn der Stand der Rupie, der im Jahre 1893 sich durchschnittlich noch aus der Höhe von 1,30 ^ erhielt, betrug 1894 im Durchschnitt nur noch l,l5 so daß sich folgende Ziffern für die beiten Jahre ergeben: Es betrug 1893 1894 (1000 >«) (1000 die Gesammteinfuhr . . 7 712 7 l67 die Gesammtaussuhr . . . 5 580 4 877 der Gesammtumsatz . . . 13 292 12 044 einander verbunden, sind seit Jahrzehnten zu einem einzigen Gemeinwesen unter dem Doppelnamen Budapest verschmolzen. Ehedem winkelig,enge und unschön,ist Pest heute mit seinen groß artigen monumentalen Bauten, seinen herrlichen Straßcnzügen, schönen Plätzen und hübschen Parkanlagen eine der reizendlten Städte des Continenls. Hier an den prächtigen Donau- quais, in prunkvollen Läden und Bazaren lagert die Levante ihre Maaren ab. Hier finden wir neben den kostbarsten türkischen Shalws die theuersten persischen Teppiche, hier die schönsten Südfrüchte: Orangen, Feigen und Melonen, zum Theil ungarischer Herkunft, denn in der Gegend von Fiume, dem einzigen Hasen von Ungarn, gedeiht die Feige im Freien. Auch was das Abendland an werlbvollen Pro dukten, waS der Weltmarkt an Tuch- und Stablwaaren, Pari« an reizenden Bijouterien, Brüssel an kostbaren Spitzen er zeugt, wir finden es in Pest gerade so gut wie in den großen Städten deS Westens. Und hier auf den schönen Promenade» längs der Donau, im nahen Stadtwäldchen oder auf der reizend gelegenen Margarethen-Insel finden wir auch DaS. wonach wir in der Pußta vergeblich gesucht haben: schöne Frauen. Die Magyarin interessirt durch ihr üppiges dunkle- Haupthaar und ihre prächtigen dunklen Augen; ihr Teint, von fast olivenartiger Färbung, ist von großer Zartheit, die Büste von seltener Vollendung und der Wuchs zeigt ein schöne« Ebenmaß. In ihren Bewegungen lebbaft und graziös, kommt ihre schalkhafte Anmutb, in die sich ein gut Tbeil von Leiden schaft mischt, niemals deutlicher zum Ausdruck, als wenn die Magyarin CzardaS tanzt, jenen eigenthümlichen nationalen Tanz, der nicht, wie bei uns, auf einem gegenseitigen Sich- Umsassen der Tänzer beruht, sondern auf einer leichten und flotten Beweglichkeit der Hüften und Fußspitzen. Temperament voll, sprühend von Lebenslust, empfänglich für Alles, was reizt und lockt, ist sie leichten Sinnes, ohne deshalb, wie so oft gesagt und schnell geglaubt wird, leichtsinnig zu sein. Als Hausfrau darf sie sich getrost neben die deutsche stellen; sie weiß, bei aller Freiheit in ihrem Benehmen, ihre weibliche Würbe trefflich zu wahren. Dabei ist sie von einer be zaubernden Liebenswürdigkeit, die um so wobllhuender be rührt, als sie die Aeußerung eines wirklich feinen und guten Herzen», ist. Auch ihre KUcb« ist vortrefflich. Freilich wird Der Werth der Einfuhr ist also um 545 000 der Werth der Ausfuhr um 703 000 ^, der Werth des Handels umsatzes um l 248 000 ^ gegen das Vorjahr zurückgeblieben. Daß diese Abnahme in der That der Entwendung der Rupien-Währung zuzuschreiben ist, beweist der Umstand, daß der Waarenumiatz 1894 dem Gewichte nach auf der gleichen Höhe wie im Jahre >593, nämlich auf etwa 60 Millionen englische Pfund, sich gehalten hat. Der Einfluß des zweiten mächtigen Factors, der Heu schreckenplage und der in ihrem Gefolge aufgetretenen Hungers- nolb, auf die Handelslage, ist bereits enväknl worden. Die ver derbliche Einwirkung aber, welche die Plage mit ihrer großen örtlichen und zeitlichen Ausdehnung auf die ProducliouS- fäbigkeit und die Kaufkraft der Bevölkerung ausgeübl hat, wird bei dem Vergleiche der einzelnen Ein- und Ausfuhr positionen mit den entsprechenden der Vorjahre noch deut licher zum Ausdruck kommen. Da die Plage inzwischen im ganzen Schutzgebiete im Verschwinden begriffen ist, so erscheint die Annahme berechtigt, daß bereits bei Ablauf des näcbslen BerickiSjabres ein allseitiger Aufschwung un Handelsverkehre zu verzeichnen sein wird. Deutsches Reich. G Berlin, 22. Januar. Die antisemitisch-agra rische Presse ist sichtlich bestrebt, durch das Ausstreuen falscher Nachrichten im Sinne der Agrardemagogie Stimmung zu macken. So wollte die „StaalSbürger-Zlg" erfahren haben, daß der Kaiser über die scharfen Wendungen in der Rede des preußischen Landwirtbschaflsministers zunächst sein Mißfallen ausgesprochen und sich erst zufrieden gegeben habe, nachdem ihm versichert worden war, daß die scharfen Worte durch Zwischenrufe aus den Reihen der Rechten provocirt worden seien. In Wirklichkeit aber hat der Kaiser den Minister von Hammerstein-Loxlen am Sonnabend wegen der Tags zuvor im RcichSlage gehaltenen Rede be glückwünscht. Ferner behauptete die „SlaatSbürger-Zeitung", am letzt:» Sonnabend habe in der Capelle deS königlichen Schlosses nach dem FestzotteSdienste ein Herr beim Weg gänge im Hinblick auf die von Kirchendienern gehaltenen Sammelbüchsen zu den Herren seiner Umgebung geäußert: „Hier wird wohl für die nothleidenve Landwirlh- schaft gesammelt?" — Dieser Herr sollte, wie die „Slaats- bürger-Zeilung" weiter behauptete, der Slacttssecretair a. D. v. Jacobi gewesen sein. Auf Grund eingezogener Er kundigung erklärt die „Kreuz-Zeitung", daß Herr I)>. v. Iacobi weder die obigen Worte, noch etwas Aehnliches gesagt habe. Endlich hat die „Tägl. Rnnbsch." über daS Festmahl der nationalliberalen Kr actio nen folgenden „Bericht" verbreitet: „Die zu der Feier des 18. Januar herbeigeeilten früheren nationalliberalen Abgeordneten vereinigten sich am Sonntag mit den Mitgliedern der nationaliiberalen Fraction zu einer Zusammen- tunst im üaijechof, bei der Herr von Bennigsen die Festrede hielt. Seme Ausführungen bewegten sich in derselben Richtung, wie am Tonnerstag im Reichstag bei der Berathung des Antrags Kaniy, fanden aber in der Versammlung nur getheille Zu stimmung. Insbesondere trat der frühere Reichstagsabgeordnete Lberbürgermeiuer von Fiscder-Augsburg, einer der national- liberaien Führer in der bayerischen Abgeordnetenkammer, den Beningsen'icheii Anschauungen scharf entgegen. Nach inner An- schaumig ge.öre die Zukunft entweder der agrarischen Be wegung ober der Socialveinokracke und die naiioiialliberale Partei müsse in einer Stärkung der agrarischen Bestrebungen ihre vor nehmste Ausgabe sehen. Herr von Bennigsen hat, wie der stenographische Bericht des „Leipziger Tageblattes" ergiebt, den Antrag Kanitz gar nicht erwähnt, und Herr von Fischer überhaupt nicht bas Wort genommen. man sich an die magyarische Kost, bei deren Zubereitung der Paprika eine bevorzugte Rolle spielt, erst gewöhnen müssen. Aber ein echtes ungarisches GulyaS, das aus bestem aus erlesenen Kalb- oder Rindfleisch besteht, schmeckt denn doch anders als die in Deutschland unter diesem Name» verab reichte Fleischspeise, es liegt Charakter darin. Hier in Pest, mehr als in irgend einer anderen Stadt Ungarns, begegnen wir neben sehr schwunghaftem Handel auch den Merkmalen einer kräftig emporstrebenven Industrie. Von gewerblichen Anlagen finden wir hier vor Allem größere Eisenwerke, Dampf mühlen, Zuckersiedereien. Bierbrauereien, Ziegelbrennereien und Werkstätten sürMaschinenbau. Handwerk undKleinhandel indeß bat der Magyar den Slawen, Deutschen und Rumänen überlassen, während der Großhandel fast ausschließlich von Juden betrieben wird. Diese, die mit der ganzen, ihnen eigenthümlichen Lebhaftigkeit und Energie jeden sich dar» bietenden Vortheil wahrzunebmen wissen, bilden daS rührigste Element in diesem Nalionalitäcengemisch. Ihnen am nächsten in der Findigkeit des Erwerbe« steht der Rumäne, während der Slawe an Geschmeidigkeit und in der Kunst zu über listen beiden nichts nachgiebt. An Intelligenz und Fleiß nimmt eS der Deutsche mit ihnen auf, den man, namentlich als Handwerker, zu schätzen weiß. Sie alle aber über trifft der Magyar durch seine Ebrlichkeit, er lügt nicht und betrügt nickt. Geschäftlich wird man mit Niemandem leichter fertig als mit ihm, politisch dagegen auch mit Niemandem schwerer. Im Widerstreit der Meinungen wird er schroff und unduldsam und Vas in besonderem Maße gegen die Deutschen. Die Gründe dafür liegen offen zu Tage. Die Magyaren magyarisiren, eine Thatsache, die vor zehn Jahren noch von ihnen lebbaft bestritten, beute von Niemandem mehr geleugnet wird. Selbst in der Minderheit und von nur spärlichem Nachwuchs — der Kindersegen in einer magyarischen Familie ist nicht besonders groß — suchen sie sich an den anderen Stämmen numerisch dadurch zu stärken, daß sie diese an sich heranziehen und in sich aufsaugen. Diesen Bestrebungen hat da- deutsche Element in Ungarn bisher den hartnäckigsten und, mit den Rumänen und Slawen verglichen, erfolgreichsten Widerstand entgegengesetzt. DaS hat denn zu offenen Feind- setigkeiten geführt. Äu« diesem Verhalten der Magyaren aber ^ Berlin, 22 Januar. Die Leitung der Verband lungcn des Reichstags am zweiten Tage bei Beralbung des Antrags Kanitz muß nicht geringes Befremden Hervor rufen. Wir sehen, obwohl auch darüber Manches zu sagen wäre, von der bis dahin unerhörten Duldsamkeit des Prä sidiums gegen lärmende Unterbrechungen von Rednern wäbrend der eigentlichen Debatte ab Aber das Verhalten des Präs! deuten nach dem Schluß der Debatte muß zur Sprache ge bracht werden, weil es geeignet scheint, einer bisber nickt zugelassenen und unseres Erachtens unzulässigen Auslegung der Geschäftsordnung zu präjudiziren. Es ist unvermeidlich, daß Mitglieder dcS Hauses den Versuch machen, der Be stimmung der Geschäftsordnung, welche nach Schluß der Debatte nur persönliche Bemerkungen gestattet, ein Schnippchen zu scklageu. Das Gelingen bängt davon ab, ob die „Fixigkeit" des Redners ihn mit seinem nicht persönlichen Spruch eher fertig werten läßt, als der Präsident die Natur der vorgebrachlen Beuierkung zu erkennen und demgemäß zu interveniren im Stande ist. In der Sitzung vom l7. Januar sind aber vorder als tbcttsäcblich gekennzeichnete, wenn auch formell als Person lich angckündigte Bemerkungen vom Präsidenten hingenommen worden und zwar unter Umständen, die geeignet sind, die Autorität der Gesckäftsleitung zu compromilliren. Herr Licberman» v. Sonnenberg bringt in seinem Schlußworts eine tatsächliche, aber unrichtige Angabe vor, wird von der persönlich betroffenen Seite reclificirt und erklärt hierauf mit Gelassenheit: „Ich nenne Herrn I>r. Halm als meinen Gewährs mann. um ihm Gelegenheit zu einer persönlichen (!) Beuiertung zu geben." Der Präsident war also darauf vorbereitet, daß Herr Hahn eine tatsächliche statt einer persönliche» Bemerkung machen werde, und das geschah denn auch. Ter Mißbrauch der Geschäftsordnung entging dem Präsidenten nicht, er unterbrach den Redner mit einer „Rechtsbelehrung", deren Richtigkeit wir bezweifeln, aus G>und deren aber Herrn vr. Hahn keinesfalls gestattet sein dürfte, über die Beziehungen des Abg. v. Bennigsen zum LandtagSabgeordncten Schoos, über die Werlbschätzunz, die Herr von Ploetz bei dem Landwirthschaftsminister genieß:, über den Patriotismus hannoverscher Versammlungen des Bundes der Lantwirlbe und über noch einige andere Dinge zu reden, mit denen die Person de« Herrn Or. Hahn in der Debatte nicht in Zusammenhang gebracht worden »ar. AIS sich späterhin Herr v. Ploetz auf nickt viel weniger gewaltsame Weise die Gelegenheit zu einer persönlichen Beine» kung construirte, machte der Vorsitzende gar nicht den Versuch einer Unterbrechung, was vielleicht das im Interesse des Ansehens deS Präsidiums Richtigere gewesen ist. Die erwähnte Auslegung der Geschäfts ordnung durch Frhrn. v. Buol lautet wörtlich dabin: „Eine persönliche Bemerkung kann ich nur gestalten, um ein Miß verständniß aufzuklären oder einen Angriff gegen d,e eigens Persönlichkeit abzuwenden." Es ist zum Mindesten fraglich, ob die Aufklärung eines Mißverständnisses, wenn dieses, wie es bezüglich des Herrn I)r. Hahn der Fall war — eS handelte sich um die Frage, ob der Minister Frhr. v. Hammersteiii Mitbegründer des Bundes der Landwirthe sei — nicht die Person des zum Worte gemeldete» Abgeordneten betrifft, Gegenstand einer persönlichen Bemerkung sein darf. Nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung, welche besagt: „Facttsche Bemerkungen sind unzulässig", gewiß nicht. * Berlin, 22. Januar. Von parlamentarischer Seile wird verschiedenen Blättern geschrieben: „Halte schon die Art und Weise, wie der Präsident de« Reichstage-, Herr von Buol, die Ankündigung des Bürgerlichen Gesetz buches durch den Reichskanzler in der Freilagssitzung beantwortete, indem er vnt stockender Stimme und gesenkten Augen eine Erklärung von einem vor «hm liegenden Blatt Papier ablas, bei manchen ReicvS- tags - Abgeordneten einen peinlichen Eindruck hervor- gerusen, so war daS noch mehr der Fall bei der Unterlassungssünde, deren sich Herr von Buol am Schluffs einen Deutschenhaß im Allgemeinen herzuleiten, wie daS vielfach geschehen ist und »och geichicht, ist durchaus verfehlt. Die Magyaren hassen gelegentlich, und zwar auS politischer Ueber liefet ung, die Ocsterreicher, aber ihr Haß erstreckt sich nicht aus die Reichsdeutschen. Wo immer man in ungarischen Landen Ge legenheit bat, sich als Reichsdeutscher auSzuweise», darf man des herzlichsten Entgegenkommens sicher sein. Kein Volk hat ans deutscher Bildung größeren Nutzen gezogen als die Magyaren; schicken sie doch ihre Söhne gern auf deutsche Universitäten und halten ihren Kindern zu Hause deutsche Erzieher und deutsche Erzieherinnen. Die Wohltdat und tas Gute, bas ihnen daraus zu Theil wird, auch anzuerkennen — das freilich wird ihnen etwas schwer. Daß die Hauptstadt eine- Landes zugleich der Mittel punkt der wissenschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen eines Volkes ist, trifft bei den Magyaren in noch höherem Maße zu als anderwärts. Pest vereinigt in >ich nahezu Alles, waS in Ungarn auf geistigem Gebiet Anspruch auf Beachtung erbeben darf. Es ist nicht nur die erste Universität deS Lande-, cS besitzt auch die reichsten Sammlungen an Lehrmitteln und Kualtwrrkea, Bibliotheken, Museen, Galerien, Theater und Musikinstituteu, dann ist es aber auch diejenige Stadt des Ungarlandes, in der das Fühlen und Denken der Nation am unmittelbarsten und deutlichsten znnl Ausdruck kommt. WaS Paris für Frank reich, das ist Pest für Ungarn. In welcher Weise diese Slavt vaS gesaiiiintc politische und gesellschaftliche, da« gewerbliche und coninicrzielle Leben in Ungarn beherrscht, wie von hier au« der nationale Geist entfacht wird, und wie wiederum hier die Regungen der Volksseele als in einem gemeinsamen Brennpunct der nationalen Interessen zusammrnfließen, das varzuleaen, mag mir gestattet sein, wenn die für den Sommer dieses Jahres geplante Millenniums-Ausstellung rur Ihat geworden sem wirv. ü. 0.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite