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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960118028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896011802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896011802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-18
- Monat1896-01
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7, -» 'i -s 4SS Rricbsinsiegel auf da- zweite, link- stehende Tabvuret gelegt „nd sich aus die unterste Tbronstufe den betreffenden ReichSmsignien zur Seite gestellt batten. Die General lieutenants, weiche das Reichspanier begleiteten, waren rechts auf die unterste Tbronstufe in der Nähe de- Reich-panier- getreten, die E-corte-Officiere zu beiden Zeiten de« Throne- bi- an die Wand zurückgegangen; der große Bortritt hatte bei dem Eintritte m den Geißen Saal Spalier gebildet und eS waren nur die Oberste» Hoschargen, welche den ReichS-Insignien unmittel bar voranschritten, bis an den Thron vorgegangen, zur Rechten und Linken derselben ibre Plätze einnekmend. DaS Gefolge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften blieb an der Fenstersrite de- Weißen Saale-, nach dem Lustgarten bin, zurück, nur der dienstthuende General-Adjutant Seiner Majestät, Generallieutenant v. Plessen, war zur Rechten, der Flügel-Adjutant zur Linken de- Throne- getreten. Lautlose Stille herrschte im Weißen Saale, als der Kaiser folgende Botschaft verlaS: „Wir Wilhelm von Gotte- Gnaden deutscher Kaiser, König von Preußen u. s. w. thun kund und fügen hiermit zu wissen: Nachdem 2.', Jahre verflossen sind seit dem Tage, au welchem Unseres in Gott ruhenden Herrn Großvater- Majestät der einmüthigen Aufforderung der deutschen Fürsten und freien Städte und dem Wunsche der Ration entsprechend, die deutsche Kaiferwürde angenommen bat, haben Wir beschlossen, das Gedächtnis dieses denkwürdigen Ereignisse- feierlich zu begehen, welche- dem langen Sehnen de- deutschen Volkes endliche und glänzende Erfüllung brachte und dem wieder errichteten Reiche die Stellung schuf, die ihm nach seiner Geschichte und culturellen Ent wickelung innfftten der Völker de- Erdreiche- gebührt. Wir haben dazu die Bevollmächtigten Unserer hohen Ver bündeten und die Vertreter de- Volke-, sowie diejenigen Männer entboten, welche in jener großen Zeit an dem Werke der Einigung der deutschen Stämme hervorragend mitgewirkt haben. Umgeben von den Fahnen und Standarten ruhmreicher Regimenter, den Zeugen de- TodesmuthS Unserer Heere, die an jenen» Tage den ersten deutschen Kaiser grüßten, erinnern Wir UnS tiefbewegten Herzens des erhebenden Bilde-, welche- das in seinen Fürsten und seinen Völkern geeinte Vaterland den Zeitgenossen bot. Im Rückblicke auf die verflossenen 25 Jahre fühlen Wir unS zunächst gedrungen, Unserem demüthigen Danke gegenüber der göttlichen Vorsehung Au-druck zu geben, deren Segen sichtlich auf dem Reiche und seinen Gliedern ge ruht hat. Da- bei der Annahme der Kaiferwürde von Unsere- unvergeßlichen Herrn Großvater- Majestät abge gebene und von seinen Nachfolgern au der Krone übernommene Gelöbniß, in deutscher Treue die Rechte des Reiches nnd seiner Glieder zu schützen, Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands zu stützen und die Kraft de- Volke- zu stärken, ist mit Gottes Hilfe bis dahin erfüllt. Bon dem Bewußtsein getragen, daß eS berufen sei, Niemandem zu Liebe und Niemandem zu Leide im Rathe der Völker seine Stimme zu Gnusten des Frieden- zu erheben, hat da« junge Reich sich ungestört dem Ausbau« seiner inneren Ein »ichtungrn überlassen können. In freudiger Begeisterung über die heiß ersehnte und schwer errungene Einheit und Machtstellung, in festem Vertrauen auf di« Führung des großen Kaiser- und auf den Rath bewährter Staats männer, insonderheit seine- Kanzler-, de-Fürste» vouBi- marck, stellten sich die werkthätigen Kräfte der Nation rück haltlos in den Dienst der gemeinsamen Arbeit. Lerstänvnißvoll und opferbereit bethätigte da- Reich seinen Willen, da-Erworbene festzuhalten uud zu sichern, die Schäden de- wirthschaftlichen Leben- zu heben «nd bahu- brecheud den Weg zur Förderung der Zufriedenheit der ver schiedenen Elafsen der Bevölkerung vorzuzeichuen. Was in dieser Beziehung geschehen nnd geschaffen ist, dessen wollen Wir UnS freuen. Neben der Au-Hilduugllnserer Wehrkraft, welch« zum Schutze der Unabhängigkeit de- Vaterlandes auf der Höhe der Leistungsfähigkeit zu erhalten, Unsere Kaiserliche Pflicht ist,haben Gesetzgebung und Verwaltung in den deutschen Landen die Wohlfahrt auf allen Gebieten de- öffentlichen Leben- und der wirthschafticheu Thätigkeit zu pflegen sich angelegen sein kaffen. Eine freie Bahn für die Ent faltung der geistigen und materiellen Kräfte der Nation, die Hebung de- durch diese Entfaltung bedingten Wohlstandes, die Herstellung eines einheit lichen RechdS, die Sicherung unparteiischer, achtung gebietender Rechtspflege und Erziehung der Jugend zur Gottesfurcht und Treue gegen das Vaterland, das sind die Ziele, welche da« Reich unablässig erstrebt hat. So werthvoll aber die bisher erreichten Erfolge auch seiu mögen, nicht müde werden wollen wir beiderFort- setznng de- uns vorgezeichneten Wege-. Der weitere Ausbau der Reichseinrichtungen, die Festigung de« Bandes, welches die deutschen Stämme umschlingt, die nothwendige Abwehr der mancherlei Gefahren, denen Wir auSgesetzt sind, erfordern neben den Ansprüchen einer schnell voranschreitenden Entwickelung aller Zweige menschlicher Thätigkeit dauernd Unsere rastlose und hingehende Arbeit. Wie Wir selbst von Neuem geloben, dem Borbilde Unsere- in Gott ruhenden Herrn Großvaters in treuer Pflichterfüllung nachzueisern, so richten Wir an all« Glieder de-Volke-Unsere Kaiserliche Aufforderung, unter Hintansetzung trenn enderPartei-Jnt er essen mit UnS und Unfern hohen Verbündeten die Wohlfahrt de» Reiche- im Auge zu behalten, mit deutscher Treue sich in den Dienst deS Ganzen zu stellen, um so in gemeinsamer Arbeit die Größe und das Glück des geliebten Vaterlandes zu fördern. Geschieht dies, so wird, da- hoffen Wir zuversichtlich, auch ferner der Segen deS Himmels Uns nicht fehlen; dann werden Wir, wie in jener großen Zeit, geeint und fest allen Angriffen auf unsere Unabhängigkeit begegnen und ungestört der Pflege unserer eigenen Interessen UnS hiugeben können. Das deutsche Reick aber wird, weit entfernt davon, eine Gefahr für andere Staaten zu sein, begleitet von der Achtung und dem Vertrauen der Völker, nach wie vor eine starke Stütze deö Friedens bleiben. Daß dem so sei, daS walte Gott! Gegeben Berlin im Schloß, den 18. Januar 1896. (I-. 8.) Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe. Nachdem diese Ansprache, die bei allen Anwesenden einen tiefen Eindruck hervorrief, beendet war, verließ der Kaiser, nach alle« Seiten sich huldvoll verneigend, mit seinem Ge folge in der vorbesckriebrnen Ordnung den Weißen Saal. Die glänzende Erinnerungsfeier, die in dem Gedächtnisse aller Theilnehmer dauernd fortlebrn wird, batte ihr Ende erreicht, aber unmittelbar aa dieselbe schloß sich das nicht minder glänzende militairischeSchauspiel, dieParade, welche derKaiser aber die Gardetruppen auf dem Platze vom königt-Schloss« bis zum Denkmal Friedrich'S de« Großen abhielt, uud die ebenfalls ein das Auge fesselndes Bild darbot. Urqählbar war die Volksmenge, welche sich in den an grenzenden Straßen, in der Nähe d«S Schlosses und auf den nickt abgesperrte» Plätzen und Bürgersteigen Kopf au Kopf drängte nnd, sobald sie des Kaisers ansichtig wurde, in begeisterte Hochrufe ausbrach. Nach den Vorbereitungen zu schließen, wird die Illumination heute Abe»d eine feen hafte werden. DaS Bankett im Weißen Saale des könig lichen Schlosses beginnt Abends 7 Uhr. Zu demselben sind äußerst zahlreiche Einladungen ergangen. * Berlt«, 18. Januar. (Telegramm.*) Eine Extra ausgabe des „Reichsanzeigers" veröffentlicht Amnestie Erlasse an Civil- und Militairpersonen, außerdem hat der Kaiser eine große Anzahl wegen Majestät« beleidigt» ng oder Beleidigung von Mitgliedern des königlichen Hauses rechtskräftig verurtheilte Personen begnadigt. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht ferner eine Urkunde, betr. die Stiftung eine- preußischen WilhelmSordenS für Männer, Frauen und Jungfrauen, welche hervorragend um die Wohl fahrt und Veredelung deS Volkes insonderheit auf social politischem Gebiete im Sinne der Botschaft Wilhelm's I. sich verdient gemacht haben. Der Orden wurde verliehen an die Kaiserin, die Kaiserin Friedrich, dieGroßherzogin von Baden, die Großherzogin von Sachsen-Weimar Bon anderen Personen erhielten Fürst Bismarck, vr. Miquel and Frhr. von Berlepsch den Orden. Ferner sprach der Kaiser dem Fürsten Bismarck in einem sehr gnädigen Handschreiben seinen Dank für daö unver geßliche Wirken für Kaiser und Reich aus. * Berlin, 18. Januar. (Telrar.) Die Urkunde, betr. die Stiftung de- WilhelmS-Ordens, hat folgenden Wortlaut: „Wir, Wilhelm von Gottes Gnade», König von Preußen u. s. w. haben beschlossen, aus Anlaß der 2b. Wiederkehr des Tages der Kaiserproclamatioi» zu Versailles einen Orden zu stiften zum blei bendra Gedächtniß an die friedlichen Großthatrn Unseres *) Durch Extrablatt schon Mittags von «»- verbreitete Meldung. in Gvtt ruhenden Herrn Großvater-, de» Kaiser- »nd König- Wilhelm de- Großen, Majestät, sowie zum Ansporn für die jetzigen und kommenden Geschlechter, in seinem Sinne mitzuarbeiten an dr- Volkes Wohl, wie er es i» der Allerhöchsten Botschaft vom l7. No vember 1881 vorgezrichuet und UnS die Vollendung dieser Ausgabe als heilige- Bermächtnitz hinterlasse» hat. Der Orden soll den Namen Wilhelms-Orden führen und aus einer Tlasje bestehen, welcher gleichmäßig an solche Männer. Frauen u»d Jungfrauen zn verleihe» für U»»S und Unsere Nachfolger in der Krone Vorbehalten »st, die sich hervorragende Verdienste um dir Wohlfahrt uud Ver edelung des Volkes iin Allgemeinen, sowie insonderheit a»f socialpolitischem Gebiete im Sinne der Botschaft des hochjelige» großen Kaisers erworben haben. Zum Abzeichen dieses Ordens haben wir ein an einer goldenen Kette zu tragendes goldene« Kleinod erwählt, welches auf der vorderen Seite daS Bildniß d«S hochseligrn Kaisers und Königs mit der Umschrfft: „Wilhelm, König von Preußen" nnd aus der Rückseite die Initialen Unseres Namen« »nit einer darüber schwebenden königlichen Krone, daneben den Tag der Stistiing dieses Ordens und als Umschrift die Devise trägt: „Wirke im Andenken an Kaiser Wilhelm den Großen!" Urkundlich Unserer vöchüeigei,händigen Unterschrift und bei» gedrocktem königlichen Joflegrl. Gegeben Berlin, Schloß, 18. Januar 1898. Wilhelm I. K." * Berlt», 18. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser sprach dem Fürsten Bismarck am heutigen Tage in einem sehr gnädigen Handschreiben Allerhöchst seinen Dank für dessen Verdienste um die Wiederaufrichtung deS Reiche- au- und theilte zugleich seine» Entschluß mit, daß zur bleibenden Erinnerung an das unvergeßliche Wirken für Kaiser und Reich da- Bildniß des Fürsten in ganzer Figur und in Lebens größe malen zu lassen und demselben einen Ehrenplatz im Reichskanzler Palais anzuwrisen. — De« Minister präsidenten v. Mitt nacht wurde die Marmorbüste Kaiser Wilhelms I., dem StaatSsecretair v. Stephan die Büste deS regierenden Kaisers verstehen. * Berlin, 17. Januar. Die Königliche Akademie der Künste richtete heute Abend folgende« Telegramm an den Kaiser: „Euerer Kaiserlichen Majestät wagt die vollzählig versammelte Königliche Akademie der Künste nach dem von th«m Enrator, Minister vr. Bosse, ans Euere Majestät aoSgebrachten, begeisterten Triukspruch bei der Vorfeier des 18. Januar, ihre ehrfurchtsvolle Huldigung in unverbrüchlicher treuer Dankbarkeit sür die Erhaltung des itrtedens und alle hochherzige Förderung der Kunst darzubringen. Präsident Ende." Wie ein Berichterstatter meldet, gedenkt der Kaiser sich Morgen 8 Ubr nach Charlottenburg zu begeben, um im Mausoleum einen Lorbeerkranz auf den Sarg seines Groß vaters niederzulegen. Die parlamentarischen Fractionen der national liberalen Partei veranstalten, wie gemeldet, am Sonn tag Nachmittag 4 Ubr ein Festessen zu Ehren der FractionS- untglieder aus dem Reichstag von 1870/71. vr. vonSimson, der erste Präsident des Reichstages, der durch eine Deputation der beiden Fractionen (Abgg. von Cuny und von Marquardsen) als Ehrengast zu diesem Feste besonders eingeladen wurde, bat sich zu seinem und aller seiner Freunde lebhaftesten Be dauern versagen müssen, an dem Feste theilzunehmcn, wie er auch mit Rücksicht auf seine Gesundheit den officiellen Fest lichkeiten im Schlosse fernbleiben niuß. Der Nestor der Partei, Consul Meier-Bremen, und viele andere ehemalige Parlamentarier haben ihre Theilnahme zugesagt. * München, 17. Ianuar. (Telegramm.) Die „All gemeine Zeitung" meldet: Der Prinzregent telegraphirte an den Kaiser: „Am Vorabend des Jubelfestes de- deutschen Reiches drängt «S inich, Ew. Kaiserlichen Majestät die aufrichtigsten Glückwünsche ans znsprecheu. Vor 25 Jahren wurde das neue deutsche Reich gegründet, jetzt steht es im Innern geeinigt «nd geachtet nach Außen da. Möge die Vorsehung auch fernerhin segnend darüber walten." Der Kaiser antwortete: „Tw. königlichen Hoheit danke Ich von ganzem Herzen für die aus Anlaß des Jubelfestes des deutschen Reiche- zum Ausdruck gebrachten treuen Glückwünsche. DaS Band, welches die deutschen Stämme und Fürsten in den verflossenen 25 Jahren eng »nnschlungeu hat, wird sich, das vertraue Ich zu Gott, auch in Zukunft al« fest und unzerreißbar erweisen." An Fürst Bismarck richtete der Prinzregent, derselben Quelle zufolge, folgendes Telegramm: „Zur Jubelfeier des deutschen Reiches erlaube Ich Mir, Ew Durchlaucht den aufrichtigsten Glückwunsch zu senden. Sir können mit stolzer Genugthunng nach Verlauf eines Vicrtrljahrhnndrrts aus das Werk zurücksrhev, das unter Ihrer hervorragenden Mit wirkung geschaffen wurde." Die „Allgemeine Zeitung" veröffentlicht ferner ein Hand schreiben des Prinzregenten an den bayerischen KriegS- ininister, in welchem an viele Ossiciere und Soldaten Auszeichnungen verliehen werden. Das Handschreiben fordert sodann den Kriegsminister zu Vorschlägen auf bezüglich der Auszeichnung von Unterofsicieren und Mannschaften, welche in gleicher Veranlassung vor dem Friude verwundet und an Leven und Gesundheit schwer geschädigt wurden. * Karlsruhe, l8. Ianuar. (Telegramm.) Gestern Abend fand ein Festbanket statt, woran der Großherzog, Prinz Karl, zahlreiche Officiere und Abgeordnete theilnahmen. Nach einem Hoch auf den Kaiser und den Großherzog hielt Professor Goldschmidt die Festrede. Der cvmmandireode General von Bülow hielt eine Ansprache und schloß mit einem Hoch auf da« badenser Land, da« in Opferwilligkeit mit an der Spitze gestanden habe. * Karlsruhe, 17. Ianuar Die Zweite Kammer be schloß einstimmig, durch ihren Gesamnitvorstand morgen dem Großherzog eine Adresse mit Bezug auf die Jubelfeier zu überreichen. Zu gleichem Zwecke wird der Großherzog morgen eine Abordnung der Ersten Kammer empfangen. * larmftadt, 17. Ianuar. Alle im Großherzogthum essen wegen Uebertretung und wegen Vergeben zu >eld- und Gesängnißstrafen bi- zu einer gewissen Höhe ver- urtbeilten Personen werden morgen au- Aolaß de- 25 jährigen BestedeuS de- deutschen Reiches amnestir» werden. * Weimar, 18. Iauuar. Anläßlich de- Nationalfest tags hat der Großherzog von Weimar die mit höchsten« sechs Wochen Haft, respective mit 15V Bestraften auinestirt; di« Ueberweisung an die LandeSpolizri schließt die Amnestie auS. * Coburg, 17. Januar. Der Herzog hat alle Personen amnestirt, welche wegen Uebertretungen oder Vergehen zu einer Freiheitsstrafe bi« zu 6 Wochen oder zu einer Geld strafe bi« zu 150 verurtbeilt find, soweit daS Urthril noch nicht vollstreckt ist. Gleichzeitig ist eine Aussetzung ver Strafvollstreckung augeordnel für diejenigen Verurtheilten, siir welche bei längerer guter Führung eine Begnadigung in Aussicht genommen werden kann. * Gotha, 17. Iauuar. Der Herzog hat seine Theil nähme au dem morgen startfindenden FestcommerS zur Nationalfeier angesagt. Aldenburg, 18. Iauuar. (Privattelegramm.) Herzog Ernst erließ eine umfassende Amnestie. * Hamburg, 17. Ianuar. Zur Vorfeier des 18. Januars fand heute Abeud ein vom Reichswahlverein einberufener CommerS im Sagebiel'schen Etablissement statt, der von etwa 1500 Personen besucht war und einen glänzenden Ver lauf nahm. LandgerichtSdirector Danzel brachte das Kaiser- hoch, Staatsanwalt vr. Buehl ein Hoch auf den Fürsten Bismarck aus. Mit einem Hoch auf die Stadt Hamburg schloß die Feier. * Kiel, 17. Iauuar. Anläßlich der Jubiläumsfeier er halte» sämmtliche Arbeiter der kaiserlichen Werft morgen eioeu freien Nachmittag ohne Lohnabzug. * Breslau, 17. Ianuar. Am Sonntag findet auf An ordnung de« CardmalS Kopp in allen Kirchea eia feier liches Tedeum statt. <5 Halle, 17. Januar. Die Studentenschaft veranstaltete heute Abend zur Feier deS 18. Januars einen glänzenden Fackel zug, zu welchem sich die gesammte stuvirende Jugend in schöner Einmüthigkeit vereinigt hatte. Die Bürger schaft wird den Tag durch Bereitstellung der Mittel zu einem Kaiser-Wilhetm-Denkmal festlich begehe»», die in einer morgen Abend im Saale deS Rathskellers stattsindenden öffent lichen Bürgerversammluog gezeichnet werden dürften. Vorher, am Nachmittag, findet ein Festmahl im StadtschützenhauS statt. Die Universität hält einen Feftact in der Aula. kV Würzburg, 18. Ianuar. (Privattelegramm.) Zur Feier der Errichtung deS Reiches fand gestern ein von der aesanimter» Studentenschaft veranstalteter großer CommerS statt, der in Anwesenheit der Generalität, der Spiyeu der Behörden uud der Professoren einen glänzenden Verlauf nahm. Huldigungstelegramme wurden an den Kaiser und au Bismarck abgesandt. * Ttgmartngen, 17. Ianuar. Die Burg Hohenzollern wird am 19. Ianuar in ihren Mauer» ebenfalls eine-Fest feier sehen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Ianuar. Im Reichstage hat gestern der Reichskanzler de», Ent wurf eine- Bürgerlichen Gesetzbuches eingebracht. Es war die Rede davon gewesen, daß für heute, als den Grün- dungStag deS Reiches, eine Sitzung eigen« zu dein Zwecke der Entgegennahme dieser hochbedeutsamen Vorlage anberaumt werden solle. Aber die Mittheilung deS Kanzlers hätte heute nicht eindrucksvoller sein können, als gestern, wo sie unerwartet und in unmittelbarem Anschluß an den Appell erfolgte, mit dem Herr v. Bennigsen die Parteien aufforderte, sich aus dem Gewühle de- JntereffenstreiteS zur Höhe patriotischer Auffassung der Tagesfragen emporzu- hedeu. So hat der letzte Tag deS ersten Vierteljahrhunderts de- Reiches seinen de- Ereignisse-, da» wir heute feiern, würdigen Augenblick im Hause der Vertretung der deutschen Erfüllt von dem Wunsche, den sorgenbeladenen Mann zu erheitern, führte er ihn runachst zu den Gobelin-. Knitter fand sich dazu. Iu lebhafter Weise setzte er dem Gut-Herrn auseinander, daß damit ei» werthvoller Besitz aufgefundeu sei. Mit Lichtern und Lampen wurden die Gewebe beleuchtet. Dar Knitter'- Anwesenheit Herrn von Linowitz un angenehm? Oder waS war e«? Er wollte sich durchaus nicht freuen über den Fund; alte Lappe» seien e«, kein Mensch werde sein gute- Geld dafür »veggebr», er sehe nicht ein, WaS für rin Aufheben- man davon mache? Knitter'- Versuch, auf den Verkauf de- Gute- zurück zukommen, lehnte er mit offener Schärfe ab. Er sei nicht ver Mann, sich gutwillig da- Fell über dir Ohren ziehen zu lasten. Der Agent verstand sofort. Linowitz hatte sich irgendwo besseren Rath geholt. Sich seinen Verdruß merken zu lassen, war er zu klug. Aber er ging zu Adele Iwanowna und sagte ihr, man müsse dir Saiten scharfer anziehen. Inzwischen war Joachim seiner Schwester begegnet. Sie zog ihn in ihr Zimmer, schlang dort die Arme um seinen Hal- und flüsterte: „Mich betrügst Du nicht, Du liebst Anua- lise und Iyr seid einig!" „Und Du freust Dich mit mir, meine gute liebe Schwester?" gab er zurück. „Ich fühle Deine Seligkeit und zittere für Euch Beide. Adele Iwanowna hat der Mutter beute zu verstehen gegeben, Di», nicht Annalise, würdest ihr Erbe, sie soll GlogowSky heiratben. Und Du kennst den Eigenwillen d:r Taute." „Gut, so schonen wir diesen Eigenwillen!" sagte er lachend, in seiner glücklichen Stimmung zu jeder Concession bereit. An die Erbschaft glaubte er nicht, rin tiefe- Mißtrauen gegen di« Schwester der Mutter hatte mehr und mehr in ihm Platz gegriffen. Und nun erzählte ihm Carola flüchtig von dem Briefe, de» die Mutter empfangen habe. Er horchte hoch auf. „Wenn der Brief anonym Ware, würde ich natürlich garnickt- darauf geben; aber der Mensch unterschreibt sich, fordert unS auf." „Aber riueu Betrug wird doch die Tante nie gut ge deihe» haben? Sie ist jedenfalls ohne Krnntniß davon und Boris in seiner Rachsucht beschuldigt sie fälschlich", wandte Carola ei». „Möglich! Wahrscheinlich? Vorläufig, Schwesterchen, ist sie auch llnser Gast, und wenn sie mick wirklich zu ihrem Erben machen wollte — ich glaube nie daran, bis ichs schwarz auf weiß endgiltig vor mir habe — so bliebe sich ja die Geschichte auch ziemlich gleich. Ich sehe nur nicht ein, warum sie sich dann aber nicht freuen sollte, daß Annalise und ich un« lieben; eS läge ein Widersinn darin!" Carola bat dringend um Vorsicht. „Ihr könnt Alle- ver derben, wenn Ihr sie durch Widerspruch reizet." Darüber kam er auf seine Idee vom Nachmittag, irgend eiu geheime- Plätzchen zu einem täglichen Stelldichein mit Aunalise zu finden. Sir wußte sofort Rath. Ihr eigene- Zimmer, neben dem der Mutter gelegen und durch eine Thür damit verbunden, eignete sich nicht. Aber ein Erker, nicht Joachim- einstige „Werkstatt«", nein, die Nähstube! Sie stand ganz unbenutzt, unter dem Vor wand von WeihnachtSarbeiten. Er lachte mit dem ganzen Gesicht, ließ sich von Carola ein Lickt geben nnd schlich im Dunkeln hinauf, da- Stübchen zu besehen; denn Annalise sollte gleich morgen hinauf- kommen. Ihre Begleitung lehnte er ab, sie wurde auck eben vom Vater gerufen, der ihre kleinen Dienste den ganzen Tag in Anspruch nahm. Seine Stimme klang aufgeregt und ärgerlich. * * Der Abend verging wie die meisten in Ellern. Die jungen Leute musicirten, Herr von Linowitz spielte mit seiner Frau Piquet, wobei Knitter zusah, und dieser wurde zwei Mal zu Adele Iwanowna gerufen, brachte dann aber Herrn von Linowitz trotz de- dringenden Wunsche- seiner Schwägerin nicht dabiu, ibn noch einmal zu brgleilen. Gleichwohl bemächtigte sich de- Gut-Herrn doch jetzt mehr und mehr wieder die Aufregung, di« er tagsüber glücklich vergessen batte. Er begann unruhig in den Zimmern herum zu gehen; Knitter bekam unliebsame Antworten, einmal rief Herr von Linowitz laut und zornig: „Ick schjage Euch doch noch rin Schnippchen." Er meinte seine Gläubiger. Seine Frau suchte ihn zu überreden; er behauptete, er glaube Adele Iwanowna keine Silbe mehr. Wer ehrliche- Spiel treibe, könne frei heraus und ohne Winkelzüge reden; sie aber spreche stet- in unklaren Andeutungen, und auf ibre Versprechungen kouae kein Mensch bauen. Noch sei er Herr von Ellern, und oft schicke der liebe Herrgott noch in letzter Stunde ungeahnte Hilfe. Offenbar meinte er damit etwa- Bestimmte-, aber WaS? Knitter batte den Eindruck, es sei ihm irgend woher Hilfe zugesagt. Sollte der Landesherr selber — ? L» GlogowSky'S Stimmung kam der des Hausherrn gleich. Argwohn, Wuth und Ungewißheit folterten ihn. Er fand keinen entscheidenden Beweis für ein Einverständniß Anna lise- mit Joachim; aber sagte nicht schon der Ton, in dem sie zu einander sprachen, sie liebten sich? „Morgen muß eS sich entscheiden. Ich warte keine Minute länger! Daß ich ein Narr wäre!" Er war ent schlossen! Man trennte sich früher als gewöhnlich, sehr zum Kummer der Liebenden. GlogowSky kündigte dem HauSberrn seine Abreise mit verstimmten Mienen an; Herr von Linowitz, sonst die Gast lichkeit selbst, hatte in seiner Aufregung nur oberflächliche Worte de- Bedauerns. Und nun erhaschte der Graf einen schnellen Blick deS Liebespaares. Wie eine Kugel traf er ihn. Sie waren einig! Sie betröge» ihn! Wüthende Eifersucht kochte in ibm auf, eine Empörung und Erbitterung, wie er sie nocb nie gefühlt hatte. Hatte Annalise ihn zum Narren gehalten? Wie lange schon lief er hier, als Ueberlästiger, herum, für einen Blick au« ihren Augen? Im nächsten Moment hätte er sich fragen mögen, ob er selbst nicht ein Narr fei; denn Annalise lachte unbefangen und scherzte mit dem HauSberrn, dessen Stirn ganz beiß und rolh war, und dessen Mienen feine Unruhe spiegelten. „Morgen entscheidet eS sich!" sagte auch er z» seiner Frau, al« sie allein waren. Sie war klug genug, heute zu schweigen. Eine Stunde später lag über Schloß Ellern di« tiefste Stille uud Dunkelheit, nur da« Nachtlicht im Zimmer der Kranken brannte noch. Der Wind brauste durch dir kablrn Kronen der Bäume, warf zuweilen eine offenstehende Luke bin und brr und schlug gegen die Fensterscheiben, daß sie klirrten. Der Hofwäckter ging gegen Mitternacht einmal schweren Schrittes über den Biebbof, und GlogowSky. der vor Aerger nicht schlafen konnte, hörte ihn auch um ein Ubr noch einmal; »ann hatte der brave Alte aber den letzten Schluck au« seinem Fläschchen genommen uud sich im Kuhstalle in einem großen Haufen Heu verkrochen. Eine halbe Stunde später erhellte sich ein- der Boden fenster; bald darauf ein zweite«. Ein sonderbares Knistern und Rauschen begann dort oben; Niemand hörte darauf, Niemand sah, wie hier und dort Flammen aufflackerten, welche der Zugwind, der durch das schlecht gehaltene Dach drang, noch mehr entfachte. Alles schlief in Ellern; die Einen selbst im Schlaf und Traum an dem Gewicht der Schulden tragend, die Anderen in glückseliger Ruhe von Liebe und Glück träumend, — und die reicke Russin keuchend unter dem angstvollen Bemühen, eine große Menge Goldes in einem kleinen Tuche zusammen zu raffen, um eS vor Dieben ru verstecken. Marfa gab ihr um rin Ubr die beruhigende Arzenei, hörte den Wächter gehen uno sank auf ihr Bett zurück, ohne recht aufgewacht zu sein, todtmüde und sich sagend: In drei Stunden wird sie mich schon wieder zwingen, aufzustehen und ihr Thee zu koche». Der Wind nahm zu, heulend und brausend fuhr er um daS Schloß, das noch immer in tiefer Ruh« dalag, obgleich alle Bodenfenster zu glühen schienen. Und nun brach die Flamme au- dem Dach« hervor, sie züngelte, vom Sturm gepackt, mit rasruder Eile weiter. Die Uhr hatte schon vier geschlagen, al< der alte Hof meister, dem eS oblag, die Knechte za wecken, langsam und gähnend au- seinem Bette kroch. „Es ist noch nicht vier Uhr!" murmelte seine fast ebenso alte Frau, ohne die Augen zu öffnen. Ein Schrecken-ruf ihre- Manne- ließ sie auffahren. Er batte dir kleine Lampe angezündet und di« Stube damit be treten, wo seine Kleider Nacht- um den Ofen gehängt wurden. Die Frau sah den Mann wie erstarrt dastehen in einem Hellen Feuerschein, der durch dir Fenster hereinfiel. Lus schreiend lief sie aa ibm vorbei und riß da- Fenster auf. Ein intensiver Brandgeruch schlug ihr «ntgrgeu, da» ganz« Schloß stand in lodernden Flamm». .Heuer! Feuer!" schrie sie gellend über den Hof hi». „Feuer! Mordio! Feurio!" brüllte der Alte, halb an gekleidet, wie er war, herauSstürzeud nach den Ställen. (Fortsetzung folgt.)
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