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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960120029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896012002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896012002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-20
- Monat1896-01
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,lt die str. 9. IS. nd- Sr- ^aalc klag in ett. le» igcn. t solide rung. er- n. 532. athe 4 Uhr täg- d. Tagesz. Dame»: 2—5 Ubr. ,9-ltir-li» z-5Nal»il Abt. t.25 raöreicbrn. iinab. 0,9' i ' .2-5 N. >d 2-'/,5U. »-N Uhr. f. Selle. l. Lau«. ^ he Bohne» BezugS'Preis Al tz« Hemptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Au«, aabrstellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- 5.50. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrl>ährlich 8.—. Direkte tägliche ttreuzbaudsendung tu» Lnslaud: monatlich 7.50. Dt» Morgen-AnSgabe erscheint um V,7 Uhr. bt» Adeud-Aurgab« Wochentag« um 5 Uhr. Reduits» «ud Lrpeditiou: A»tz«nle»r«sie 8. Dt»Expedition ist Wochentag« ununterbrochen grdstuet vou früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Filiale«: ^tta «le»»'» L-rtt«. («lfreb Hahn). Universitättstrahe 1, Sani» Lösche. » «atbariueustr. 14, part. und »önkgsplatz 7. Abend-Ausgabe. > Anzeiger. Ämtsblatl des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Matljes nnd Votizei-Ämtes der Stadt Leipzig. AnzeigenPrei- dle c> gespaltene Petitzeile 20 Psg. Rcclamen untrr dem Redactionsstrich i4ge- spallen) 5>0^, vor den Familicnnachrichten lSgespalten) 40-^. Größerc Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis Tabellarischer und Ziffernmy nach höherem Tarif. ---s—c»»- Eptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderung 60-—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morge n.Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Für die Montag.Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 20. Januar 1896. SV. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Es ist in jungst« Zeit wiederholt vorgrkommen, daß Hunde in de» städtischen Revieren Rehe von den Futterplätzen vertrieben und gehetzt haben. Wir haben daher in Gemäßheit der Bestimmungen tu A. 85 und 87 des Gesetze« vom 1. December 1864, die Auö- Übung der Jagd betreffend, die Forstbeomten angewiesen, diejenigen, welch« ihr« Hunde in den städtischen Waldungen, einschließlich des RoseathalrS, reviereu lassen, zur Anzeige zu bringen, unbeaufsichtigte »nd tru Aufsuchen oder Verfolgen des WildeS begriffene Hunde aber unnachsichtlich zu tödten. Wir sprechen hierbei die Erwartung au», daß die Eigenthiimer von Hunden in ihrem eigenen und im allgemeinen Interesse diese Anordnung nicht unbeachtet lassen und dadurch zur Schonung des dir Besuch« der Waldungen erfreuenden Rehstanves mit beitragen werde». Leipzig, den 16. Januar 1896. Der Rath Per Stadt Leipzig. I d. 2L7. Vr. Tröndlin. vr. Pallmann. Verpachtung. Di« der Stadtgemeind« gehörige, zeithrr von dem Handrlsgürtner Herrn F. W. Lehmann in Leipzig.Äohlis bewirthschastete nnd da selbst an der lkarlstraße gelegene Feltzabthetlung von 3100 gm Flächengehall soll vom 1. April dsS. IS. ab gegen halbjährige rründigung zur Benutzung als Garten oder Lagerplatz anderweit verpachtet werden. Pachtgrsuche werden aus dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Rr. 8, entgrgengenommen. Leipzig, den 16. Januar 1896. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 111. vr. Tröndlin. Morche Die Laiserfeier M Aufrichtung des deutschen Reiches. 2. Das Banlet im Schlosse. 2. L. Berlin, Sonntag Bormittag. Infolge der Ver spätung der vormittägigen Festlichkeiten in der Schloßcapelle und im Weißen Saale um je eine halbe Stunde und des völligen Mangels an Fuhrwerk mußte ick meinen ersten Bericht über jene Feiern aufs Aeußerfte abkürzen, wenn er gestern Abend noch in Leipzig auSgetragen und gesetzt werden sollte. Ich trage beute nur noch nach, daß sowohl die gottesdienstliche Weihehandlung, als die Festfeier im Weißen Saale einen höchst bedeutenden Eindruck machten und hinterließen. Während der letzteren Feier batten die Kaiserin mit den füiff älteste Prinzen, sowie dieKaiserin Friedrich auf den der Schloßcapelle zunächst liegenden Galerie über dem Weißen Saale (auf dessen westlicher Schmalseite) Platz genommen. Die Galerien der gegenüberliegenden östlichen Schmalseite waren von den Trompetern zweier Garderegimenter besetzt, die auf 36 langen Trompeten, unterstützt von vier Pauken, Fanfaren bliesen, als der kaiserliche Zug den Saal betrat und verließ. Unter den preußischen Ercellenzen, welche zur linken Seite des Thrones auf breitem Podium im Anschluß an die Mitglieder des BundeSratbeS Aufstellung nahmen, befand sich auch der jüngst vom Kaiser zum Wirkl. Geh. Rath ernannte Maler Menzel, jedenfalls diejenige Persönlich keit im Saale, die im kleinsten Körper die größte künstlerische Leistungsfähigkeit birgt. Auch Fürst Hohenlobe erscheint, verglichen mit den hoben Reckengestalten der Paladine des Thrones und namentlich im Vergleich zu der Hünengestalt des ersten deutschen Reichskanzlers, klein und, in der stark vorgebeugten Haltung, hinfällig. Aber seine jüngsten Leistungen in der auswärtigen Politik und die gestrige Thronrede, deren Haupturbeber er gewesen sein dürfte, lasten diese Hinfälligkeit glücklicherweise als optische Täuschung er kennen. Gestern Abend fand sodann um 6^« Ubr die Gala- Tafel im Schlosse statt. Etwa 600 Personen waren geladen, und da diese Gäste sämmtlich nur durch zwei Portale des Schlosses ihre Anfahrt halten mußten und man sich zur Tafel doch nicht gut lange vorher ciiifinden konnte, also die 600 ziemlich gleichzeitig anfubren, so kann sich der Leser denken, daß die Geduld der Anfahrenven auf eine harte Probe gestellt wurde und die zahlreichen berittenen Schutzleute auf dem Lustgarten, welche die Zeile der an fahrenden Wagen in Ordnung hielten, ein schwieriges Amt hatten. Endlich war das Eintritlstbor zur ebenen Erde er reicht, der Taxameter-Kutscher «('gelohnt, die Garderobe ab gegeben, und nun ging es aufwärts in die von Licht und Gold blendend schimmernden Säle des Schlosses, auf den breiten Treppen auswärts, die wie am Morgen von prächtigem Pslanzenschmuck gesäumt waren und auf denen in der kleid samen militairischen Tracht der Frietericianischen Zeit die Schloßwache die Ehren erwies. Uns alten Abgeordneten von 1867 bis 1870 und denen des ersten deutschen Reichstages von 1871 an war die Aus zeichnung erwiesen, im Weißen Saale selbst Platz nehmen zu dürfen, in welchen! an der Stelle, wo am Morgen der Thron gestanden batte, in der Mitte der nordwestlichen Längcnwand, die Majestäten und der Hof Platz nahmen. Die Tische im Weißen Saale waren parallel mit der kaiser lichen Tafel ausgestellt, fast durch die ganze Länge des Saales. Nur ein einziger war auf der westlichen und der öst lichen Schmalseite im rechten Winkel zu jenen längeren Tafeln aufgestellt, und an der westlichen kürzeren Tafel war mir vom Hofmarschallamt der Platz angewiesen, offenbar nach dem Alphabet, denn hier saßen Ackermann, Bamberger, der Ver fasser dieser Zeilen, Brockkaus.Deriiburg (früher Chefredacleur der „Nationalzeitung" und Abgeordneter für Darinstadt) rc. Mit meinem Nachbarn zur Rechten, Ludwig Bamberger, hatte ich, trotz seiner Abschwenkung zu den Secesstonistcn und dann zum Deutschfreisinn, immer ein persönlich freundschaftliches Verhältniß uiiterbalten, und so war mir der Abend an seiner Seile und derjenigen des Nestors des deutschen Buchhandels besonders genußreich. Der Weiße Saal reichte jedoch bei Weitem nicht aus, um des Kaisers 600 Gäste zu fassen, und so mußten diese auch über die anstoßenden Räume vertheilt werden, wo sie der Majestäten freilich nickt ansichtig waren. Puiict 7 Uhr trat der Hof unter rauschenden Musikklängen in den Saal. Der Kaiser führte die Kaiserin Friedrich, Prinz Albrecbt die Kaiserin. Speisenfolge und Musik Programm füge ich bei. Die mit breitem Goldrand um rahmte Tafetkartr, deren obere Hälfte das Bild A. v. Werner s „Die Kaiserproclamation in Versailles" ziert, zählt folgende Gänge auf: Poinmersche Suppe, gedämpfte Seezungen mit Austern, Rehrücken garnirt, getrüffelte Hühnerbrüste, Hummern in Gallert, Wachteln, rüchte, Salat, Artischocken mit Mark, Macronen-Sahnenspeijr, äsestangen und Nachtisch. Das Musik-Programm war folgendes: Hohenzollern-Triumphmarsch von Kosleck, Ouvertüre „Atbalia" von Mendelssohn, Krönungsmarsch von Lux, u. Präludium von Bach, b. Largo von Händel, Salus Caesari, nostro Ouilc-Imo von Voigt, Pariser Einzugsmarsch, Sieges-Hymnus, componirt von Seiner königlichen Hoheit dem Prinzen Atbrecht von Preußen, Des Königs Grenadiere von Meyer, Deutsche Fantasie von Krug, unter dem Siegesbanner, Marsch von Blon. Tie Kaiserwacht, Lied von Göllerich, I-'antsrs ckes cuirassiers von Morley und Armeemarsch Nr. 113. Erst als die Majestäten Platz genommen, ließen sich die Gäste nieder, und da fand denn jeder unter seiner Serviette eine zarte, theure Ueberraschung: das anliegende, in treuester Nachbildung wiedergegebene Telegramm des Königs Wilhelm I. an die Königin Augusta aus Douchöre über die gewaltigen Erfolge der Schlacht von Sedan. ES lautete bekanntlich folgendermaßen: „Der Königin Augusta in Berlin. Auf dem Schlachtselde vor Sedan 1. 9. 70. 7'/^ Uhr. Die französische Armee ist in Sedan eingeschlossen und der Kaiser Napoleon hat mir seinen Degen an- geboten. Ich babe ihn angenommen »nd verlange die Capilulativn der Armee als Kriegsgefangene. Gott hat uns sichtlich ge« segnet! Wilhelm." Es braucht nicht gesagt zu werken, daß alle Tafeln im reichsten Schmucke des kaiserlichen Gold- und Silberschatzes prangten und mit lebendigen Frühlingsblumen nnd Arabesken aufs Herrlichste geziert waren. Die Speisen wurden mit fast unheimlicher Schnelligkeit aufaetragen und dazu in den Pausen trefflicher Wein ein- aeschänkt: Sherry, ein leichter Rheinwein, ein deutscher Champagner, wundervoller 1868er Sleinwein, französischer Champagner. Als die Wachteln servirt waren, erhob sich der Kaiser, die ganze Versammlung erhob sich gleichfalls, und nun sprach der Monarch mit lauter Stimme: „Der heutige Tag. ein Tag dankbaren Rückblickes, wie das ganze Jahr in allen seinen Feiern, ist eine einzige große Dankesseier und Gedenkfeier für den hochseligen großen Kaiser. Ueber dem heutigen Tage ruht der Segen, schwebt der Geist Dessen, der in Charlottenburg, und Dessen, der in der Friedens kirche gebettet ist. WaS unsere Väter erhofften, was die c.utsche Jugend träumend gesungen und gewünscht hat, ihnen, den beiden Kaisern, ist es vergönnt gewesen: das deutsche Reich mit den Fürsten sich zu erkämpfen und wiederher zustellen. Wir dürfen dankbar die Bortheile genießen; wir dürfen uns des heutigen Tages freuen. Damit gebt auf uns jedoch die ernste Pflicht über, auch daS zu erhalten, was die hohen Herren uns erkämpft haben. Aus dem deutschen Reiche ist ein Weltreich geworden. Ueberall in fernen Theilen der Erde wohnen Tausende unserer Landsleute. Deutsche Güter, deutsches Wissen, deutsche Betriebsamkeit gehen über den Ocean. Nach Tausenden von Millionen beziffern sich die Werthe, die Deutschland auf der See fahren hat. An Sie, Meine Herren, tritt die ernste Pflicht heran, Mir zu helfen, dieses größere deutsche Reich auch fest an unser heimisches zu gliedern. DaS Gelöbniß, das Ich heute vor Ihnen ablegte, es kann nur Wahrheit werden, wenn Ihre, von einheitlichem patrio tischen Geiste beseelte, vollste Unterstützung Mir zu Theil wird. Mit diesem Wunsche, daß Sie in vollster Einigkeit Mir Helsen werden, Meine Pflicht nicht nur Meinen engeren Landsleuten, sondern auch den vielen Tausenden von Lands leuten im AuSlande gegenüber zu erfüllen, daS heißt, daß Ich sie schützen kann, wenn Ich eS muß, und mit der Mahnung, die an nnS Alle gebt: „Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb eS, um eS zu besitzen", erhebe Ich Mein Glas auf unser geliebtes deutsche- Vaterland unk rufe: Das deutsche Reich hoch! und nochmal« hoch! und zum dritten Male hock!" Begeistert stimmte die Versammlung diesem Hock und diesen herrlichen, bedeutsamen Worten zu. Um acht Ubr war die Tafel zu Ende. Die Majestäten begaben sich nach derBildcrgalerie und hielten hier Cercle. Vor» nehmlich die Minister Delbrück und Hofmann, die der Kais«« gestern durch Verleihung des Schwarzen Adlerorden- aus gezeichnet und denen er ickon bei Tafel freundlich zugetrunken, wurden von ihm durch längere Ansprachen ausgezeichnet. Ich meinerseits feierte das Wiedersehen mit alten Parlaments- collegen und Abgeordneten: mit Bennigsen, v. Treitschke, Hin ricksen, v. Benva u. A.; es war ein herrlicher Abend, ein Fest, dessen Eindruck bei keinem der Theilnehmer erlöschen wird! * Berlin, 19. Januar. Auf dem in der Philharmonie abgebaltenen allgemeinen Festcommerse hielt Prof. vr. Kabl die mit Enthusiasmus ausgenommene Festrede. Im Laufe des Abends wurden folgende Telegramme abgesandt: An des Kaiser und Königs Majestät Berlin Schloß. Eurer Majestät bringt die zur nationalen Gedenkfeier heute in der Philharmonie zu Berlin vereinte Festversammlung Las Gelöbniß unverbrüchlicher Treue zu Kaiser und Reich und den Gruß ehrfurchts voller Huldigung dar. An des Prinz-Regenten von Bayern Königliche Hoheit München. Eurer Königlichen Hoheit, welche berufen waren, vor 25 Jahren unserem hochscligen Kaiser Wilhelm dem Ersten als Freund und Kriegsgefährte das Schreiben zu überreichen, mit dem weiland König Ludwigs Majestät Namens der deutschen Fürsten und Freien Städte die Kaiserkrone darbot, bringt in dankbarer Erinnerung an Bayerns Treue und heldenmüthige Waffenbrüderschaft, die eine fünfund- zwanzigjührige Reichsgemeinschaft dauernd befestigt hat, die heule zur nationalen Gedenkfeier in der Philharmonie zu Berlin vereinte Feft- verjammlung Len ehrfurchtsvollen Gruß patriotischer Huldigung dar. Fürst BiSmarck Durchlaucht, Friedrichsruh. Die zur nationalen Gedenkfeier heute in der Philharmonie zu Berlin vereinte Fesiversammlung bringt Eurer Durchlaucht als dem Schöpfer des deutschen Reiches den begeisterten Huldigungsgruß unauslöschlicher Dankbarkeit dar. Möchte es dem deutschen Volke vergönnt sein, Eure Durchlaucht noch lange Jahre in seiner Mitte zu sehen, gestärkt nnd gehoben durch den Ausblick auf ein an Kraft und Weisheit, an Ehren uud Wohlstand wachsendes Vaterland. — Gestern Mittag 1 Uhr wurde, wie schon telegraphisch ge meldet, vom Kaiser die Deputation der Berliner Studentenschaft empfangen. Die Deputation bestand aus dem Vertreter der Burschenschaft Germania (ö. V. O.) stuck, zur. Pierau, dem Vertreter des Akademischen Gesangvereins stuck, zur. Student, dem Vertreter des Akademischen Turn vereins Berlin cauck. meck. Pfeiffer, dem Vertreter der Lands mannschaft Palaiomarchia (ö. v. 0.) stuck, weck. Knackstrdt und dem Vertreter des Akademisch-Theologischen Vereins Ferrrlletoir. Annalise's Pflegemutter. 15j Roman von L. Haidheim. Nachdruck verboten. „Hilfe! Feuer! Christian! Fritz! Verwalter! Heraus, heraus, eS brennt!" dröhnten in demselben Augenblick von dem brennenden Schlöffe her zwei andere Männerstimmen, Vater und Sohn Linowitz. „Feuer! Feuer! Die Spritze heraus! Verwalter, die Spritze heraus!" Joachim war aus unruhigem Schlafe aufgewacht, er wußte nichtt ob ihn nicht Jemand gerufen. Sein Schrecken machte ihn nicht kopfloS; im nächsten Augenblick hatte er den Vater geweckt und stürmte nun von Thür zu Thür. „Feuer! Schnell, schnell heraus!" Annalise lief ihm schon entgegen, sie hatte wach gelegen. Schweigend riß er sie mit sich fort, die Schwester, die Mutter, GlogowSky bei Namen rufend. Und in daS Aufschreien, daS Hin- und Herrennen, kreischten jetzt schon Weiberstimmeu vom Bodenräume herab ia Heller Todesangst: „Hilfe! Hilfe!" „Leitern her! Leitern! Die Treppe brennt! Die Mädchen! Die Mädchen!" Ein vielstimmiges Anastgeschrei erhob sich. Alle-, WaS in den Ställen uud Nrbengeväudea geschlafen hatte, war zur Stelle. An den Fenstern des Oberstocks sah man zwei Mägde, sie schrien wie außer sich; ihre Kammer lag so weit ab nach dem Parke zu, daß sie erst ganz zuletzt wach wurden, während die Damen schon in ihren Kleidern draußen standen. Die Gefahr für jene Mädchen war zweifellos ein große. Joachim von Linowitz schleppte selbst die Leitern herbei; er war oben, ehe einer der Anderen zur Besinnung kam. Die beiden derben Bauernmädchen standen gerettet aus sicherem Boden, als schon der Dachstuhl niederbrach. Bon der Residenz kam jetzt die Dampfspritze, die Feuerwehr. Uaterdeß hatten sich Knitter und Herr von Linowitz um Adele Iwauowna bemüht, die, in Heller Angst um ihr Leben, plötzlich kräftig und gesund erschien und nur einen Gedanken hatte, chr« Eassett» und sonstigen Hahseligkeitr« zu retten. Sie befahl Allen, die in ihre Nähe kamen, forderte für sich von Jedem Dienste, dachte nur an sich und ihre Sachen. Linowitz wich niLt von ihrer Seite, er schien kaum ein anderes Interesse zu haben. GlogowSky, der sehr unerschrocken sich an dem Lösch- und Rettungsversuchen betheiligte, kam angelaufen: „DaS Schloß ist verloren, Herr von Linowitz, sagen Sie nur, waS zunächst gerettet werben muß." Ein furchtbares Krachen unterbrach ihn. Im Oberstock stürzte ein krhstallener Kronleuchter nieder. Vor dem Brausen und Zischen von Feuer und Wasser, die Spritze begann erst jetzt ihre Thätigkeit, konnte man nichts hören und verstehen. Zwei Mal mußte GlogowSky Nachfragen, dann antwortete Linowitz überreizt, wie er war, in zornigem Tone: „WaS retten ? Lassen Sie den Plunder brennen! Es soll Niemand mehr da« Schloß betreten!" Adele Iwauowna ging festen Schritte- über den Hof, durch die sich sammelnden Menschenhaufen, nach dem Ver walterhause; Linowitz führte sie, die Cassette unter dem andern Arm, ein ganzer Zug von Männern, die sie mit ihre» Effecten beladen hatte, folgte ihr. Marfa trug ihre Rechnungsbücher, ihre Juwelen! Es herrschte ein großes Getümmel um das brennende Schloß; als sie erschien, legte sich eine tiefe neugierige Stille über die Menge. Da ist sie, die reiche Russin! Und hundert staunende Blicke folgten ihr. Linowitz kam nicht wieder. Seine ganze Sorge galt aus schließlich der Schwägerin. Während das Haus seiner Väter lichterloh brannte, räumte er eigenhändig im Eavalierhause die Verwalterstuben für Adele Iwanowna'S Bequemlichkeit zurecht, und sie nahm seine Bemühungen hin, als könnte eS nicht anders sein. Seine Frau kam dazu und half ihm, später auch die jungen Damen, die Joachim in den Pavillon geschickt batte nnd die dort, ohne von der schon getroffenen Fürsorge für die Kranke zu wissen, ihrerseits Alles für sie eingerichtet hatten. Es mußte den aus der Stadt herbeiströmenden Menschen aufsallen, daß nur der Sohn dcS Hanse« sich um die Rettung deS Schlosses und der Mobilien bemühte. Großen Erfolg hatten diese Versuche freilich nicht; gegen sechs Uhr Morgens war das Schloß, in welchem Abend« vorher alle Bewohner noch rubig sich zum Schlafen niever- gelegt hatten, ei» rauchender Trümmerhaufen. „Laßt eS brennen! Niemand soll noch hinein!" batte auch Joachim gerufen, als ein paar Tollkühne eS wagen wollten, veranlaßt durch das Jammergeschrei der weiblichen Dienerschaft, die alle ihre Kleider und, WaS sie sonst besaß, verloren. „Das wird reichlich ersetzt! Schreien Sie nur nicht so!" wies er sie mit ihren Klagen ab. Seine Sorge richtete sich vornehmlich und erfolgreicher auf die Nebengebäude, die Pferde- und Viehställe. Knitter, der kein Freund von körperlichen Anstrengungen war, hatte sicki zu der um die Erbtante bemühten Schloßherrschaft hin- gefnnden. Er klagte, er babe seinen Paletot im Schlösse liegen lassen und nun nicht Warmes anzuzieben, wurde von Herrn von Linowitz aber unfreundlich bei Seite geschoben, als er seine Bemühungen um Adele Iwanowna unterstützen wollte. ES gährte in dem Schloßherrn längst; er fand den Mann, dessen Hilfe er nur zu oft begehrt Halle, unverschämt unk zudring lich im höchsten Grade. Seine Beflissenheit um die Baronin Platow entsprang selbstverständlich eigennützigen Motiven, und Georg Linowitz war zu Muthe, als ob er jeden Nieder schlagen könnte, der ihm die „Erbtante" streitig machte, in dem er bei ihr Einfluß zu gewinnen suchte. So hatte er Knitter den ganzen Hochmutb de» vornehmen Mannes zu kosten gegeben, und dieser stand jetzt, voll von Gift und Galle, in der unthätig zuschanenden Menge. „Ob da- Schloß gut versichert ist?" fragte man. „Wird eS doch wohl, sonst wäre man nicht so gleichgiltig beim Retten!" sagte er bissig. „Es war alt und reparaturbedürftig genug!" meinte eine andere Stimme. „Um so besser für den Eigenthümer." „Hahahal Gerade zu gelegener Zeit! Er kann Geld brauchen! Der Strick liegt ihm schon fest um den Hals, es braucht nur Einer zuzuzirhen. Na, wenn er jetzt Gelb flüssig kriegt!" Eine Viertelstunde später sprach man nicht me5r laut, sondern nur flüsternd in den Gruppen. E« war jedenfalls eine sonderbare Geschichte. Und bei derartigen Fällen fragt daS Gericht zuerst: „Wer bat Nutzen von dem Ereigniß?" Nun, da« würde ja wobl der Herr von Linowitz selbst sein. Und die Haushälterin ließ im Privatgespräch gegen den Gendarmen Trimmig eine Be merkung fallen, wonach sie batte den Junker Joachim Mittags vom Boden kommen sehen. DaS war ja wegen der Sobelin«; aber warum war er sichtlich erschrocken gewesen und so verlegen? Gar nicht seine Art, verlegen zu sein! Er hatte kaum gewußt, waS er zu ihr sprach. Am Nachmittag batte man die Gobelin« herab geschleppt, die sollten ja wohl Tausende Werth sein. Herr Knitter war dabei sehr behilflich. Minuten darauf nahm der Gendarm Herrn Knitter bei Seite. „Was halten Sie von dem Gerede der Haushälterin, Herr Knitter?" „Geht mich nichts an, Herr Trimmig! Mich geht'« nickt an", wiederholte dieser abweisend. „Das kann einer nie mit Gewißheit sagen in einem solchen Falle, Herr Knitter. Sie stehen mit dem Herrn von Lino Witz in Geldverbindnng!" „Ja wohl, meine Bücher Wissen davon zu sagen!" „Man will wissen, er pfiffe auf dem letzten Loch ?" Knitter machte eine Geberde mit der Hand nach seinem Halse. Wozu die« leugnen? Ueberdie« war er so erbittert durch daS Benehmen deS älteren Linowitz, daß er auch Schlimmere- mit Vergnügen gehört hätte. Ihm kan, offne hin dieser Brand, der dem Gutsherrn in der äußersten Noth eine größere Summe Gelte« in die Hände brachte, sehr ungelegen. Unterdetz sprachen die Leute weiter und schienen einen ähnlichen Gedankengang zu verfolgen. Welch glücklicher Zufall, daß vie Gobelin« gerade vor dem Brande in die Scheune gebracht waren, hieß e«. Wer hatte sie denn auf einmal entdeckt ? Niemand in der Schaar wußte, was Gobelins sein möchten, sie hörten nur, sie seien sehr wertbvoll, und der Junker hätte sie gefunden. Den ganzen Morgen batte der auf dem Boden, in Kammern und Verschläge» fferumgckramt. So ging e« von Mund zu Munde; die Schnapsflasche wanderte auS einer Hand in die andere, und als eS vollend« Tag geworden, liefen die Leute auseinander. Das Schloß lag als ein rauchender Trümmerhaufen da; fröstelnd, hohläugig und übernächtig stand Joachim von Lino witz davor und konnte nicht hinweg überfeine unbeschreibliche Niedergedrücktheit. Er begriff seinen Bater nicht, der, wie ihm Carola hatte sagen lassen, im Pavillon lag und schlief. Jetzt schickte diese nach dem Bruder, der die ganze Nacht obne jede Erfrischung gearbeitet haue. Cr nahm dankbar den heißen Kaffe«, den die Frau de« Hofmeister« gekocht.
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