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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960125015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-25
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kl. «2. 187^ c,00M>8. Lp 1/7 85 ^l.U.: - 0sH,L08 »tttzl». , b<v«»oik 6 8 8 t>» e»r.87: — « it 8 U ». 8 ». 8 8. 8 8 8. S > » 8. ' 8 ' S I » - 8 i L » » a 8 - s. s 8. 63«r- Stu-K K»,-:» ». »It»:- ». r » » » o », - 8 » 8 - » - » a s. !?»0vk !«»» ic — 6 ». l 8 8 8 8. 7v8 A »« 8 ». c Bezugs-PreiS ßl d« HtNrptexpedition oder den im Stadt« Wtzirk «ud de» Vororte« errichteten Au«. acwestelleA ab geholt: vierteljährlich ^l4.»0. »et zwesinoliarr täglicher Zustellung in« Haus ^llSchO. Durch die Post bezogen für Leutschlaud «»h vestrrreich: vierieljährlich 4/—. Direct» tägliche Kreuzbandlenvung tick Ausland: monatlich X 7.VO. Dir Mvrgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. di, «bead-AuSgab» Wochentag« um b Uhr. Nedarlion «nd Erpedition: Ä-Hanue»,affe 8. Dt» Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Filialen: ktt» Klemm'S Lortim. (Alftrtz Hnhn), Uuiversitätsstraße 1, Louis Lösche. Katharinenstr. 1«, pari, und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe eiMger und TagMM Anzeiger. ÄmlsVtalt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig- des Rathes «nd Notizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigen'PretS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter demRrdactionSskrich (4g«- spulten Ly^, vor den Fcmitlieniiachnchten <6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Pret«. Verzeichnis!. Tabellarischer und Zfffrrnlatz nach höherem Tarif. ssrtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderunq 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahirieschluß für Anzeigen: Abrnd-AuSaabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Montag-Morgen.Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck »nd Verlag von E. Polz in Leipzig. .Vo 43. Sonnabend den 25. Januar 1896. Italiens Zukunft in Ojtafrika. L Die Niederlage von Amba Aladschi und diese bangen Tage, in denen man befürchten muß, daß der tapferen Besatzung von Makalle dasselbe Schicksal zu Tbeil werden könnte, wie der Leldenschaar des Majors Toselli, werden jedenfalls den Vortheil für Italien gehabt haben, daß man gelernt hat, wie man eS nicht anfangen darf. Gerade weil wir die größten Sympathien für unseren wackeren Bundesgenossen haben, glauben wir auf zwei Fehler Hinweisen zu müssen, die die gegenwärtigen Schwierigkeiten hervorgerufen haben, Fehler, die das zornige Biücher'sche Wort von den „Federfuchsern, die verderben, was der Soldat gut gemacht hat" in gewisser Weise rechtfertigen. Zuin Ersten also: Italien hat wohl erkannt, daß es Einfluß auf ganz Abessinien haben müsse und eS bat deswegen einen Pro- tectorat-vertrag abgeschlossen. Das war so übel nicht, nur hätte man daran denken müssen, daß die schönsten völker rechtlichen Doctrinen von der bindenden Gewalt von Ver- trägenj noch immer an dem historischen Factum gescheitert sind, daß Verträge, die von dem einen PaciScenlen als lästig empfunden werden, von ihm nicht mehr anerkannt werden, sobald er glaubt, das Vertrags- Protokoll ungestraft mit dem Schwerte zerschneiden zu können. In richtiger Erkennlniß dieser Thatsache übt z. B. Frank reich in Tunis ein Prolectorat auS, daö nicht nur auf dem Papiere steht, sondern durch so und so viel Tausend Mann französischer Truppen wirksam unterstützt wird. Italien hätte also in dem Augenblick, wo es durch seine militairischen Erfolge die Abessinier gefügig gemacht hatte, sich mit dem Protectorat zusammen Vas Recht ausbedingen müssen, in strategisch wichtigen Orten des ganzen Landes Garnisonen zu unterhalten; dann wäre eine Concentrirung des abessinischen HecreS undenkbar gewesen, ohne daß Italien Kennlniß erkalten hätte und Vorkehrungen hätte treffen können. Der zweite Fehler Italiens steht mit dem ersten in engem Zusammenhänge. Italien bat seinerzeit Massana, den wichtigsten Hasen für die Abessinier, und einen keinen Theil von Aoessynicn in Besitz genommen. Nun kann man gewiß in Gegenden, wo eigentliche Staaten nicht bestehen, ein beliebiges GebietSstnck sich aneignen: man wird es dann höchstens mit Empörungen innerhalb des Gebietes zu thun haben. Wenn man aber von einem Staate einen Theil sich aneignet, so wird in denen, die Leiter des unabhängig gebliebenen Reststaates sind, immer der Wunsch vorhanden sein, die frühere Macht durch Zurückgewinnung des verloren ge gangenen ThcileS wieder Herrustellen. Es war also ebenso ein Fehler Italiens, einen Theil von Tigre in Besitz zu nehmen, wie es ein Fehler war, ein Protectorat zu über nehmen, ohne Garantien dafür zu schaffen, dieses Protectorat auch wirksam auszuüben. Die Fehler der Vergangenheit weisen am besten den Weg dafür, was in der Zukunft ge schehen muß. Italien muß entweder ein Protectorat über Abessinien unter den Garantien, die der eherne Schlund der Kanonen giebt, erlangen, oder eS muß daS ganze Land in Besitz nehmen. Der zweite Weg ist der rabicalere, aber der bessere. Denn im Falle der bloßen Uebernahme des ProtectoratS würden einerseits die Kosten um nichts geringer sein, als bei der Besitzergreifung, vielleicht sogar noch höher, andererseits würden die Einnahmen, die Italien aus dem Lande ziehen könnte, so lange unbedeutend sein, als eö Menelik und seinen Brigantenchefs sreistünde, daS Land auszusaugcn. Wenn wir sagen, daß die Kosten im Falle deS „bewaffneten ProtectoratS" vielleicht höhere sein würben, als im Falle der Annexion, so bat daS seinen Grund in der Erwägung, daß das Bestebeil bleiben einer abessinischen Soldateska Italien zwingen würde, größere Truppenmassen im Lande zu erhalten, als wenn man es nur mit der Bevölkerung und den äußeren Feinden ;u thun hätte. Die abessiniscke Bevölkerung aber, insonderheit der Bauernstand, würde aller Voraussicht nach herzlich froh sein, statt der lieben StammeSgenossen, die ibnen ungerübrt die letzte Kuh wegtreiben, italienische Truppen als Schützer des Landes vor äußeren Feinden zu erhalten. Unruhen würden also nur selten und in nicht großem Umfange Vor kommen; gegen die äußeren Feinde aber, vor Allem gegen vie Madhisten im Norden und Westen würden die Italiener im Besitze der abessinischen Hochebene viel besser geschützt sein, als gegenwärtig. Zu alledem kommt die Zunahme der Bevölkerung Italiens durch den großen Ueberschuß der Geburten über die Todesfälle; diese Zunahme erheischt eine starke Aus Wanderung aus dem engeren Heimathlande. Wie wenig es sich für Italien empfiehlt, diese Auswanderung nur nach fremden Ländern zu lenken, haben die blutigen Vorfälle von New-OrleanS und AigueS Mortes ihrer Zeit dargethan. Nun ist Abessinien infolge seines günstigen Klimas zur Besiedelung durch ein südeuropäisches Volk wohl geeignet: der natürliche Reichthum des Landes würde den sparsamen und fleißigen italienischen Arbeitern und Bauern einen sichereren und lohnenderen Unterhalt gewähren. als die Wegearbeit und da« Ziegelstreichen in fremden Ländern, in denen man, und nicht mit Unrecht, den lohnenden Erwerb lieber den eignen LandeSgenofsen zuweist. So wäre also die Besitzergreifung Abessiniens ein wirth- schaftlicher und nationaler Vortheil für Italien. Der Gang der Ereignisse wird schließlich doch zu diesem Resultate führen müssen, aber die maßgebenden Faktoren, Regierung und Parlament, sollten daran denken, daß vorlbeilbafler und ehrenvoller Derjenige davonkommt, der die Ereignisse ge staltet, als Der, der sich von ihnen inS Schlepptau nebmen läßt. Nach dem Mißfallen Frankreich« aber sollte Italien ebenso wenig fragen, al« sich die französische Republik um den Verdruß Italiens bei dem Handstreich aus Tunis ge kümmert hat. Englische Entstellungen. Der Londoner „Standard" vom 20. d. M. schildert die Lage Deutschlands wie folgt: „Ein deutscher Schriftsteller sagte, daß Deutschland die Geographie gegen sich habe. In Ost und West grenzt es an mächtige Militair- staaten und seine Küsten liegen ungünstig. Teusschlands Motto sollte also sein: Friede und Nachgiebigkeit (ssoocknäll) gegen alle Nachbarn, uns selbst nicht ausgenommen. Ganz anders ist die Stellung Englands. Uns trennt ein tiefer Graben vom Neste Europas und Europa kann ihn nicht überschreiten, ohne unseren Flotten zu begegnen und sie vorher zu vernichten. Das ist die wahre Bedeutung unserer Jsoiirung, und sie ist für unS von größtem Werth. Wir haben keine Nachbarn. Aber dieser Lage be« dienen wir uns nur zu unserer Bertheidigung und nicht um Jemanden zu überfallen. „Gebt uns etwas von euren Lolonien, so sagt Deutschland (I), „und wir wollen eure Freunde sein." „Geht fort aus Egypten, und wir sind eure Freunde", so sagt Frankreich. Leider können wir keinen dieser Vorschläge annehmen. Nur die können unsere Freunde sein, die unsere Rechte achten, wie wir die ihrigen achten. Wir haben uns nicht dem Dreibund ange schlossen und wir machen auch nicht den Vorschlag, uns dem Zwei bunde anzuschließen. Wir stehen aus der Seite Derer, die den Frieden wollen, so lang» der Friede mit Ehren aufrecht erhalten werden kann. Sollte unglücklicherweise der Krieg ansbrechen, so werden wir zweifelsohne Freunde finden. Wenn aber nicht, so werden wir auch ohne solche auskommen. Aber wir feiern keine herausfordernden ErinnerungSseste, und wir rathen Deutschland, in Zukunft unser Beispiel nachzuahmen." Auf diese Ueberhebung rrtheilen die „Hamb. Nachrichten" die rechte Antwort in dem folgenden, schon telegraphisch an- gekiindigten und augenscheinlich von dem Fürsten Bismarck inspirirten Artikel: „Dieser „Standard"-Artikel bildet eine Fortsetzung der insolenten Sckulmeistereien, welche die englische Presse sich in jüngster Zeit gegen Deutschland mehrfach erlaubt hat, und das Londoner Blatt wird es erleben, daß seine unerbetenen Narkschläge auf deutscher Seite mit wohlverdientem Hohne zurückgewiesen werden. Wenn der „Standard" versickert, Eng land werde Niemanden überfallen, so wird sich in Europa sicherlich Niemand finden, der daran zweifelt. Die Zeilen, in denen England in Europa als triegfübrende Macht in Nespcct stand, sind vorüber, und selbst in Konstantinopel würde heutzutage die Ankündigung einer Landung von englischen Truppen kaum noch nachhaltigen Eindruck machen. Was aber die britische Flottenniacht betrifft, so wird sich England sehr besinnen, dieselbe bei der Be- drobtheit, der fast sämmtliche seiner überseeischen Besitzungen unterliegen, ohne äußerste Nothwendigkeit einer Kraftprobe gegen die Marinen anderer Großmächte auszusetzen. England dürfte also wirklich Niemand überfallen, sondern zufrieden sein, wenn ihm sein Besitzstand nicht geschmälert und es selbst nicht angegriffen wird. Die selbstbewußten Sätze des „Standard" sind also Phrasen, und wenn das Blatt schließ lich England berühmt, daß eS keine herausfordernden Er innerung-feste feiere, so liegt dieser Enthaltsamkeit dock wohl in der Hauptsache die Thatsache zu Grunde, daß die neuere englische Geschickte keinen Anlaß zur Verherrlichung von nationalen Thaten im großen Stile bietet. Die Trauben sind sauer. Nur in einem Puncte müssen wir dem „Standard" Recht geben: Deutschland hat in der Tbat die Geographie gegen sich und kein Geringerer als Fürst Bismarck selbst bat diesen Gedanken oft genug ausgeführt, zuletzt in seiner großen Reichstagsrete vom 6. Februar 1858. Aber wir Deusiche ziehen aus dieser geographischen Lage unseres Vaterlandes einen anderen Schluß als den uns vom „Standard" empfohlenen: nachgiebig zu sein selbst gegen englische Zumuthungen dreistester Art. Wir folgern mit dem Fürsten Bismarck aus unserer Lage nur, baß es unsere Pflicht ist, so stark als möglich zu seiu. Ohne Zweifel hat Deutschland die Aufgabe, eine friedliche Politik in Europa zu betreiben, aber nickt wegen eigener Gefährdung; und weun die deutsche Politik ein viertel Jahrhundert lang den Frieden in Europa unter sehr schwierigen Verhältnissen aufrecht erbalten hat, so beruhte das nicht allein auf dem Interesse Deutschlands an der Bewahrung deS Frieden-, sondern eben so sehr auf seinerMacht. ihn zu erzwingen. Diese Macht besitzt England nicht, und wir sind sicher, daß, wenn es sie besäße, es den nämlichen maßvollen und friedlichen Gebrauch davon machte wie Deutschland. Auch wird die deutsche Friedensliebe den englischen Interessen nicht stets willkommen gewesen sein. England rechnet bei Conflicten zwischen den europäischen Mächten immer darauf, Geschäfte für eigene Rechnung zu machen. Zur Zeit freilich ist an der englischen Friedensliebe nicht zu zweifeln. Sie ist sicher echt. England befindet sich in einer politischen Jsolirtheit, gegen deren nachtheilige Folgen die geographische Lage deS Inselreiches und selbst seine Flotte nur ungenügenden Schutz bieten würden; denn der erste Stoß zur Erschütterung der Weltstellung Englands dürft« schwerlich gegen die ver einigten Königreiche geführt werden, sondern, wenn er erfolgt, würde er England wahrscheinlich in Asien treffen, nachdem Rußland vorher seine HauSthür am Schwarzen Meere in der jenigen Weise geschlossen hat, wie wir es früher angedeulet haben. Diese Möglichkeit ist durch die ostasiatiscken Vorgänge »ud ihre Folgen eher verstärkt al« adgeschwächt worden. Die afri kanische Politik Englands aber, wie sie durch den Iameson'schen Raubzug in Transvaal neu beleuchtet worden ist, bat die Wahrscheinlichkeit eine- Uebergreifen« etwaiger englischer Verlegenheiten in Asien auf die britischen Besitzungen in den übrigen Erdtheilen erheblich gesteigert. Dieser unsicheren Lage England« entspricht eS, daß wir in der englischen Presse täglich neuen Versionen über Bünd niste begegnen, die bald mit Rußland, bald mit Frankreich, bald mit Italien abgeschlossen werben sollen, während die Bünd n iß- Unfähigkeit Englands doch aller Welt bekannt und absolut kein Grund auszufinden ist, aus dem sich einer der genannten Staaten entschließen sollte, die Interessen England-, die mit den seinen zum Theil in unauSaleichbarem Gegensase stehen, zu vrrtbeidigen. Auf welche Freunde England für den Fall, daß es in Krieg verwickelt wird, rechnen können sollte, ist nicht klar, denn selbst ob Italien, al- die nächste Macht hierzu, England beistehen würde, ist doch immerhin zweifel haft- e« würde darauf ankommen, gegen wen England Krieg 7 !ib«n hätte und wie d.e übrige euroP^ « alwn HL»-.. >-i» w°r».. wie die englische es immer ist. Bei'" eine be- wenn hätte und w.e die übrige europäisch, würde. Die nalienilche Politik Wägungen deS eigenen VortbeilS in einem mindesten- ebenso zugänglich, wie !, dieser Sachlage ,st es vom „Standard sonders dreiste Verdrehung der Derbaltn.ssk, er Deutschland anstatt England die Rolle deS TlaateS zu weist der in Europa zur Nachgiebigkeit gezwungen se,. Der artige Entstellungen der englischen Prche miissen naturgemaß zufolge haben, daß sich in Deutsch-nd der polE- Unw.lle aeaen England immer mehr vertieft und der V. uns >, ß England demnächst einmal eine gründliche Belehrung die wahre Beschaffenheit seiner Macht empfange, sich "nm-r Ziel hintre,ben zu Helsen, aber wenn d,e Berbaltnsss- si» «nmal zu Ungunsten Englands starker "wessen sollten als die Fädigkeit, eine Katastrophe fern zu halten, so wird sich die englische Presse nicht wundern dürfen, wenn sie aus Seiten der deutschen das Gegentheil von Wohlwollen und freundschaftlicher Theilnahme finden sollte." Deutsches Reich. * Berlin, 24. Januar. Graf Paul vonHoensLro e ch, ter frühere Jesuit, richtet an die „Nat.-Ztg." folgende >ju° sckrifl: „Nach übereinstimmenden Berichten hat der rM-»z- minister Miquel in der Sitzung eeS preußischen Abgeordneten hauses vom 22. Januar erklärt, „daß die preußische Negierung im Bundesrath für dir Zulassung der Redemptoristen gestimmt bat, weil eine nochmaliae ein gehende Erwägung bas Staatsministerium zu Ver Ueber- zeuqung geführt bat, daß die Redemptoristen ".ck, als Asfiliirte der Jesuiten zu betrachten sind. Gestatten Sie mir zu dieser Erklärung einige Bemerkungen. Ent weder faßt man daS Wort „Afsiliirte" im formellen Sinn, so daß es besagt, die Redemptoristen stänken nnt den Jesuiten in einem äußern, statutenmäßig documentirten Zu- sammenhcmg, oder man nimmt e- in der materiellen ^e» Deutung von Gesinnungsgenosse, Geistesverwandter. In ersterem Sinn sind die Redemptoristen zweifelsohne keine Afsiliirte der Jesuiten. „Die Congrrgation vom Aller- heiligsten Erlöser" — das ist der officielle Titel der Redemptoristen — ist durchaus selbstständig und durch kein äußere« Band mit dem Jesuitenorden verknüpft (affiliirt). Allein da« in Erfahrung zu bringen, bedurfte es keiner „noch maligen eingehenden Erwägung deS StaatSministeriums"; eine solche Erwägung würde höchstens eine kaum glaubliche Unkenntniß deS Staatsministeriums in katholischen Angelegen heiten beweisen. Wird aber da« Wort „Affiliirter" al« Ge sinnungsgenosse, Geistesverwandter genommen, so siebt ebenso zweifellos fest, daß die Redemptoristen „Asfiliirte" der Jesuiten sind, und eö ist selbstverständlich, daß die Ausdehnung deS Jesuitengesetzes aus die Redemptoristen nur deshalb stattgefunden bat, weil man die Redemptoristen als den Jesuiten geistig liirt erkannte. Sie sind da- in der That in dem Maße, daß ich nicht anstehe, sie als identisch mit den Jesuiten zu erklären. Worauf kommt eS denn bei dem Urtheil über die geistige Verwandtschaft zweier religiöser Orden an? Dock wohl auf die Gleichheit ihrer Grundsätze. Nun wohl, die „Iesuitenmoral" und die „Redemptoristenmoral", d. h. die Systeme, wonach beide Orden ihre Thäiizkeit nach innen und nach außen einrichten, sind ganz die gleichen. Eine sehr beberzigenswerthe Schrift (DaS 6. Gebot und die christ liche Ehe in jesuitisch, rekeuchtoristischer Behandlung) wesst kiese Verwandtschaft kurz und schlagend in folgenden Sätzen nach: „Alphorn von Liguori, der Stifter der Redemptoristen und ihr hervorragendster Schriftsteller, ist nur jesuitischer Lehre und jesuit - schen Borbildern gefolgt; wir wiederum dir heutigen Jesuiten mit Vorliebe sich AlphonS von Liguori zum Führer nrdmeu. Jesuiten moral und Redrmptoristenmoral ist dir gleiche, und »S verräth eia Uebermaß theologischer Unkenntniß die „Verwandtschaft Beider zu leugnen. Gerade daS von uns benutzte Buch der Jesuiten Lehmkuhl beweist diese „Verwandtschaft" schlagend. In der Vorrede erklärt Lehmkuhl: „In der Lehre bin ich besonders dem h. AlphonS von Liguori gefolgt", und am Ende seine« Lehrbuchs nennt er daS Hauptwerk des RedemptoristenslifterS einen „Com. mentar" zu den Schriften des Jesuiten Busenbaum." Ich kann nicht umhin, eS auszusprechen, daß dies „Ueber maß theologischer Unkenntniß" bei den von Herrn Miquel erwähnten „eingehenden Erwägungen deS Staatsministeriums" eine große und, wie die« bei Unkenntniß in öffentlich wichtigen Sachen immer der Fall ist, eine verderbliche Rolle gespielt hat. Oder sollte der staatsministerielle Beschluß über Zw laffuna der Redemptoristen auf einer cko ut ävs-Politik dem Centrum gegenüber beruhen? Dieser Untergrund der gewonnenen ,ssleberzeugung" wäre fast noch betrübender als die theologische Unkenntniß. In jedem Fall ist die Auf. sasiuna des StaatSministeriums eine durchaus irrige und in ihren Folgen verhäugnißvolle." * derltn, 24. Januar. Zu den durch die Verleihung de» neuen WtlbelmorvenS ausgezeichneten Männern gehört auch der Fabrikbesitzer Franz Brandt« zu München Gladbach. Dazu wird der „Boss. Ztg" vom Rhein ge schrieben: „Diese Auszeichnung eines der ersten, aber stillen Führer der CentrumSpartri. der kein kirchliches, noch staatliches, noch parlamentarisches Amt bekleidet, hat am Rhen, und nicht am wenigsten in der CentrumSpartei selbst Aufsehen erregt. Franz Brandt« war einer der engsten Freunde und Vertrauensmänner des verstorbenen Windthorst und d,eser vertraute dem Gladbacher Fabrikbesitzer die Leitung , 5 v?" Wnlvthorst s^bst gegründeten Voltsvereins für das ^tbolssche Deutschland an, dessen erster Vorsitzender Brandt- heute noch ist. Dock nicht in dieser Eigenschaft hat Brandt- zugleich mit dem Fürsten Bismarck und der Freifrau von Stumm den Wilhelmorden erhalten, sondern aus Grund seiner socialpolitischen Verdienste, mit denen er als Unternehmer und Fabrikhcrr bahnbrechend gewirkt. Lange bevor das Reich Gesetze zur Fürsorge für d,e Arbeiter schuf, gründete er für seine Arbeitnehmer und die Familien der Berheiratbeten in seinem großen Weberei- betnebr eine Reihe von WohlfahrtSeinrichtunzen, die für alle großen Betriebe vorbildlich waren und blechen. So wirkt SV. Jahrgang. Brandt« „im Sinne Kaiser Wilhelm's I", wie die Be dingung für Verleihung des neuen Wilhelmorden- lautet. ES war eine fein erwogene Entschließung te- Kaiser- und seiner Beratber, in diesem Manne auch der CentrumSpartei für ihre socialpolitischen Arbeiten eine Ehrung am Tage der Gedenkfeier zu Theil werden zu lassen. Brandts ist auch Vorsitzender de- Vereins für Arbeiterwobl und Mitbegründer und Förderer vieler Schöpfungen zur Hebung der arbeiten den Classe." Berlin, 24. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser begab sich beute Vormittag zur Necrutenbesichtigung beim ersten Garderegiment z. F. nach Potsdam und gedachte kurz nach 2 Ubr hier wieder einzutreffen. Abends wird er einen Bortrag über die Schlackt bei Roßbach in der Kriegs akademie beiwohnen. Kaiserin Friedrich empfing gestern den Leiter der zoologischen Station zu Neapel, Professor vr. A. Dobrn. Im Laufe des Nachmittags trafen der Prinz und die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen zu längerem Besuche ein. Heute Nachmittag 6 Uhr werden der Prinz und die Prinzessin von Schanmburg-Lippe zu längerem Besuche erwartet. L. Berlin, 24. Januar. (Privat tele gramm.) Der Kaiser hat den drei ersten Bataillonen deS Jnfanterte- NegimciitS Nr. 61, das einzige, dem im Kriege 1870/71 unter bekannten Umständen eine Fahne verloren ging, Fahnenbänder verliehen. L. Berlin, 24. Januar. (Privattrlegramm.) Die „Nat.-Z." berichtet: Die Formstecher und Tapetendrucker waren gestern versammelt, um über die Verkürzung der Arbeitszeit auf 10 Stunden zu beralhen. Zu stürmischen Auseinandersetzungen kam eS bei der Debatte über den im vorigen Jahre gesammelten Maifonds, über dessen Hobe und Verbleib Niemand Auskunft geben konnte; «ine Commission wurde mit der Untersuchung dieser Angelegen heit betraut. — Dein „Hambg. Corr." wird von hier gemeldet: Tem Vernehmen nach war die letzte Antwort Venezuelas aus die deutschen Reklamationen wegen Zahlung der Eisen bahnschuld eine unbefriedigende. Daraufhin ist der deutsche Vertreter in Caracas mit der Ueberreichung einer die Erfüllung der diesseitigen Forderung^, vrgirendm Note beauftragt worden. — Prinz Friedrich zu Schönburg-Waldenburg der im vorigen Jahre zum KatholiciSmuS iibertrat und dann, weil er dabei die gesetzlich voraeschriebenen Formen außer Acht gelassen balle, aus der sächsischen Armee, der er als ^econtelienlenant im Garde-Rciter-Reaiment angehörte, aus- cheiden mußte, ist, wie die „M. Z." hört, soeben in die bayerische Armee, und zwar als Seconvelieutenant der Reserve des I. schweren Retter-RegimentS, ausgenommen worden. — Die konservative Fraktion des Hauses der Ab geordneten wählte nach der „KreuzztaL in den Vorstand die Abgeordneten: Bartels, Bohtz, Frhrn. v. Erffa, vi. v. Henvebraud und der Lasa, Graf Kanitz, Kasch, v. Kröche», Graf Limbnrg-Dlirum, v. Neumann und Meyer zu Selhausen. — Nach den Anklagen gegen das Kreuzeitungscomit^ in der Rede des Herrn von Kroch er erwartet man im Reichstage allgemein eine Erklärung des Abgeordneten v. Colmar, der noch Mitglied deS Comitss ist. — Wie daS „Marine-Verordnungsblatt" mitthrilt, werden auf Befehl deS Kaisers die Bezeichnungen „Manövergeschwadrr" und „Herdstübungsflotte" in „1. Geschwader" und „Uebungsflotle" umgewandelt. — Im städtischen Arbeit-Hause haben sich, wie wil der „Post" entnehmen, während der Monate Oktober Decrmder 1506 täglich durchschnittlich 1646 Corrigenden und 372 HoSpilaliten befunden; unter Hinzurechnung der durch schnittlichen Kopsstärke von 163 Zöglingen deS Erziehung« Hauses waren täglich 2181 Personen von der Arbeitshaus Verwaltung zu verpflegen. — Der in Jena gestern verstorbene Geh Juslizrath Ober-Landrs-- grricdtsrath Krieger hat während der Legislaturperiode 1377 bis 1876 dem Reichstage al- nationalliberaler Verlreter für Weimar-Apolda angehört. * Braunschwei-, 24. Januar. (Telegramm.) Staats minister vr. Otto erössnete de» braunschweigischen Landtag mit einer Rede,welche zunächst in warmen Worten der erhebenden Erinnerung-feier der Neubegründung de« deutsche» Reiches gedachte. Sodann hob der Minister die ungünstige Gestaltung der Finanzlage des Herzogthums hervor. Seil einer Reibe von Jahren fehlten zum ersten Male die nam haften Ueberschüsse früherer Finanzperivden. Es seiiiolhwendig. die lausenden Staatseinnahmen zu vermehren. Zu diesem Zwecke kündigte der Minister einen Gesetzentwurf a», welcher den Ersatz der Personalsteuer durch eine ausgiebiger« Ei n kommensteuer in Verbindung mit einer Acnderung des LandtagSwahlgesetzeö vorschlägt. Ferner wird der Entwurf einer SchiedSmannSordnung vorgelegt werken. Bevorstehende außerordentliche Ausgaben sollen durch eine Anleihe gedeckt werden. Der Präsident des Hause- Freiherr von Beltheim und der Vicepräsident Oberbürgermeister Pockels wurden wiedergewählt. * Solingen, 23. Januar. Gegen den rheinischen social- demokratischen Parteitag und seinen Beschluß, den Reichs tagsabgcordneten „Genossen" Schumacher jedes Ehrenamtes in der Partei für unwürdig zu erklären, haben die Freunde dcS Gemaßregelten in einem geharnischten Schreiben an den Parteitag Protest erhoben. Schumacher hat seinerseits an die oberste Parteileitung appellirt. * Karlsruhe, 23. Januar. Eine socialdemokratische Versammlung, in der Hoch-Hanau über „die Bedeutung der Gründung des deutschen Reiches für das Proletariat" sprach, wurde vom überwachenden Amtmann aufgelöst. Redner gab einen historischen Rückblick über die Entwicklung Deutschlands seit den Karlsbader Beschlüssen bi- zum Krieg von 1870 und führte dabei nach der „F. Z." wörtlich aus: "n ° die Fürsten die Macht hatten, schlugen sie mit allen Mitteln gegen die Freiheit und Einheit und veranimelten alle Thüren derselben." Nach diesen Worten löste der Beamte die Versammlung auf Grund der Hß. 4 und 11 des Berrin-gesetzi« auf
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