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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930424016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893042401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-24
- Monat1893-04
- Jahr1893
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Ertra-Veilagen (gesalzt), aor mit d« Morgen-Au-gabe, ohne Poslbesörderung » SO.—, mit Postbesürderaag ^4 70.--. Ännahmeschluß für Äazeigea: Ldeud-Au-gabe: Vormittag- 10 Uhr, Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,8 Uhr. Bei den Filialen und Aanahmrstelten je ein» halb» Stunde früher. Anzeige« sind stet» an dt» EgPr-ition zu richten. . Truck und Verlag von L. Pol» tu Leipzig. Montag den 24. April 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Vermiethrmgeu. Ja de» nachgraanate», der Gtadtgemriade gehörigen Grund- stücken stad solgend« Miethrüume gegen viertel- bez. halbjährige Kündiguug anderweit zu vermiethrn: 1) Windmühle»ftrafze Nr. 7, da» an Nr. 8 angrenzend» VrrtausS-Gewölbe. 2) Untvrrfitüt»ftraste Nr. 28, eine Krllerabtheilung. 3) Klipsergüüchen Nr. ll — ehemalige» Kramerhau« —, eine Kellerabtheiluug. 4) Grt«»«1fche Strafz» Nr. I, «ine Nein» Wohnung in der IV. Etage. b) NetchMftr»d» Nr. 1» eine geräumige Wohnung ta der Netchsstraste Nr. 7. Geschästrkocalttätea in der I. Etage. 7) Brühl Nr. 88. Niederlagsräome. Ä Ehemaltge» Wachtza«» a» »er Frankfurter Brücke. 8) Ge«eindea«l»stras,e Nr. 8 in Lripzig-Vindenau «. Nirderlagsraume im Parterre Unk«, d. eine Nein« Wohnung «u der H. Etage. 10) Ghr««lt»e» Armenhaus t» Leitzrig-Ltßnig, »ine kleine ») Wohnung. «arschnüftraßr Nr. Leipzig, NrudntN. IV. Etage. 8 — Aeuermehrdepot — in eine Nein» Hofwohnung in der E« sind die Räume unter 1, b, 6, 8 vom 1. October d. I. ab und olle übrigen sofort zu vermiethen. Mirthgesuch« werdeu auf dem Rathhause, I. Etage, Zimmer Nr. 8 entgkgenaeaommrn. Leipzig, den IS. April 1893. Ter Rath »er Ltadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiegel. PoMsche Ta-esschtw. * Letp,i^ 23. April. Dem Reich»1ag gehen noch fortwährend neue Vor lagen zu, so jetzt wieder ein ziemlich umfangreicher Gesrtz- kntwurf zur Abänderung de» Gesetze» über der Abwehr und Unterdrückung vorrViehseuchrn Der Gesetzentwurf enthält neun Artikel? Im ersten Artikel wird Fürsorge sür eine einheitliche Durchführung der von verschiedenen Landes regierungen zu ergreifenden Maßnahmen in dem Falle getroffen, daß eine Seuche im beuachbarteu Auslande in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht und rS sich um die Abwehr der Einschleppung der Seuche handelt. Ferner wird die für Vieh- und Pferdemärkte vorgeschriebene thirrärztliche Untersuchung auf die Gastställe, die Schlachthäuser und die Slkille von Viehhändlern ausgedehnt. Am Artikel 2 wird eine Bestimmung getroffen, welche es ermöglicht, daß Schutzmaßrrgeln in einem inländischen Bezirk schon kann getroffen werden, wenn das Auftreten der Seuche im benachbarten Auslände oder in einem entfernten in ländischen Bezirk bekannt wird. Im Artikel 3 will man zulasst», daß da» Mittel der Absonderung, der Be wachung oder polizeilichen Beobachtung unter Umständen auch auf alle der Sruchengefahr ausgesetzten Tbiere an- gewendet wird. Durch den Artikel 4 soll die Abbaltung ren Virhmärkten während einer Seuckearpidenne nicht nur an den bekannten Seuchenorten, sondern gleich zeitig auch in deren weiterem Umkreise verboten werden. Der Artikel L fügt zu den bisherigen Schutzmaßregeln eine neue, dir Bekanntmachung de- Au»bruck>» und deS Er löschen« der Seuche betreffend, hinzu. Im Artikel 6 werden besondere Schutzmaßregeln für die Maul- und Klauen seuche vorgesehen. Artikel 7 bezweckt, der Landrsgesetzgebunz die Möglichkeit zu gewähren, die Impfung als rin weiteres Mittel gegen di« Bekämpfung der Lungrnsenche einzuführen. Artikel ^ ' " den zu publiciren. — Wenn man da» ruhige Weiterarbeiten der Gesetzgebung-Maschine wahroimmt, sollte man nicht glauben, daß wir dicht vor höchst kritischen Entscheidungen stehen. Für die Erledigung anderer Angelegenheiten wird, wenn einmal die zweite Berathung der Militairvorlage begonnen hat, schwerlich mehr Raum sein, dir Sache mag eine Wendung nebmen wie sie will. Es steht also eigentlich nur noch die nächste Woche für den ArbeitSstoff außer der Militairvorlage zur Verfügung. Es wäre wünschenswerth, wenn davon wenigsten« noch Einige» erledigt würde, was seit langer Zeit d:e Gesetzgebung beschäftigt und zum Abschluß reif ist. so die Gesetze über Wucher. Abzahlungsgeschäfte, Berrath militairi- scher Gehrimniffe, Reform de« Unlersttitzungswohnsin-Gesetze« Zweifelhafter erscheint die Erledigung de» SeuchengrsetzeS und de» Gesetze» zur Bekämpfung der Unfittlichkeit; da« ÄuswanderungsgrseH, welche» noch nicht einmal zur ersten Leftmg gekommen ist, wird jedenfalls liegen bleiben. Neue Gesetzentwürfe von größerer Bedeutung, die jetzt noch ein geben. werden auf Erledigung unter keine» Umständen zu rechnen haben. In diesen Tagen waren e» fünfundzwanzig Jahre, daß Kronprinz Humbrrt von Italien seine Base Mar garethe, die Tochter de« früh verstorbenen, viel betrauerten Herzog» von Genua, in Turin zum Altar führte. Die zarte, schlanke Braut im Schmuck de» Iupeudreizr» und des schimmernden Blondhaar»«, da» sie von ihrer sächsischen Mutter geerbt, ward aufrichtig bewundert und ibr holde« Lächeln gewann die Herzen Aller, welche sie sahen In Italien war die Theilnahme groß und di« wärmsten Dünsche bk« Volke- begleiteten den Sohn Victor Enianuel's und seine Vraut auf idrrm Hvchzeitsgangr, die übrig« Welt schenkte kein Familienfeste im Hanse Savoyen nur mäßigen Antheil. Die jüngste Großmacht war al» seiche kaum noch-anerkannt, ibre Finanzlage traurig, ihr Berhältuiß zu Oesterreich rin schlechte», dir Abhängigkeit Italien» »oa Frankreich «ine bemüthigeadr. In Florenz, da« Kraft der September-Eon reniioa von >884 di« Hauptstadt de» Königreiche» geworden, mußte man sich nach den Wünschen und Launen Napoleon« III riLirn, und der französisch« Imperator, damals auf dem Gipfel sriuer Macht, war wegeu der heimlichen llnterstützung, welche da« Eabinet Rattazzi ein Jahr zuvor dem Zuge Garibaldi « gegen Rom gewährt batte, in ungnädiger Stim mung. Seine Truppen standen in Rom, die französische Fabne schützte die weltliche Herrschaft der Päpste, so viel davon nach 1861 noch übrig geblieben. Italien lebte nur halb, denn ihm fehlte sein Herz: die Ewige Stadt auf den sieben Hügeln, die zweimal der Mittelpuncl der Welt ge wesen. Wie viel ander« ist e« gegen damals geworden? Gestern feierten die Italiener die silberne Hochzeit ihre« König« Umberto und der Königin Margberita als ein wahre«, glänzende« Nationalsrst. und das deutsche Kaiserpaar war Zeuge de« Jubel«, womit ei» treue- Volk den Dank egen sein mit ibm in Freud und Leid verbundene« Königshaus zu erkennen gab. Mit unacschwäcdtiiu Ver trauen sicht diese« Volk trotz herber Erfahrungen und Prüfungen, auf sein Herrscherhaus, dem e« Alles verdankt, wa« e« in den dreißig Jahren seiner jungen Herrlichkeit errungen bat, die außerordentliche Entfaltung feine« Handel« verkehr«, die politische Selbstständigkeit und, al« höchste« Gut, die geistige Befreiung. Diese« Herrscherhaus ist sür Italien da« im höheren ethischen und socialen Sinne nationale Gesetz, da« nach Erfüllung strebt, e« ist für diese« Land ein Zeichen de« Leben« und endlichen Siege«. Nachdem da« englische Unterhaus in der denkwürdigen Sitzung vom Freitag zum Sonnabend die zweite Lesung der Home-Rule-Vorlage mit 847 gegen 304 Stimmen ge nehmigt hat, wird die Einzclberalbung am übernächsten Donnerstag, den 4. Mai, beginnen. Mil ihr wird die Bill erst in da« eigentlich kritische Stadium eintretrn, denn in ihren Einzelheiten wird sie auch au« den Reihen der Regierungs mehrheit angefochten werden. Der irische Abgeordnete Serlon hat angekündigt, daß er für den finanziellen Theil derselben wichtige Abänderungsanträge beabsichtige. Weit mehr in« Gewicht fallen wird jedoch die Abänderung, welche Sir Charle» Dille, einst Mitglied de« zweiten Eabinet« Gladstone und vor seiner bekannten Scandalange- legrnheit zum Nachfolger Gladstone'« au«ersehen, einzubringeo gedenkt. Er will nämlich den gänzlichen Ausschluß der irischen Abgeordneten au« dem Reichsparlament beantragen. Da der Antrag ohne Zweifel die Unterstützung einer Anzahl von Radicalen finden wird, so ist seine Annahme mit Hilfe der Eonservaliven und unionistischen Liberalen nicht unwahrscheinlich. Gladstone hat sich den Iren gegenüber verpflichtet, in diesem Puncte nicht nach- zugrben, und so wäre mit einem sollten Adstimmuugs- ergebniß die Bill gescheitert. Jedenfalls wird sie vom Ober hause abgelehnt werden und nach den jüngsten Versickerungen Lord Salisbury «, daß das Hau« der Lord« diese« Verbiet wiederholen werde, auck wenn Gladstone die Bill, ehe er zur Auflösung de« Unterhauses schreite, nochmals einbringen und bi« vor da« Oberbau« fördern sollte, ist es nicht unwahr scheinlich, daß schon nack der temnäckstigen Verwerfung durch letztere« von Gladstone Neuwahlen ausgeschrieben werden, um da« Volk nochmal» zur Entscheidung aufzurufe». Die in den letzten Tagen au« der rumänischen Haupt stadt eingrgangenen Berichte lassen erkennen, daß die Un ruhen, welche vor Kurzem dort startfanden, nicht so harm loser Natur waren, al« sie durch den ofsiciösen Telegraph geschildert wurden. Tie Vorgänge spielten sich namentlich auf dem sogenannten Mrtropoliehügel ab, aus welchem sich die provisorische Baracke der Deputirlenkannner befindet und waren von der liberalen Opposition angestistet, die, nackdem sie die Erfolglosigkeit eine« parlamentarischen Kampfe« gegen da« Ministerium Cantargiu-Earp ringeseben, wieder ein mal zu dem bekannten Mittel aller rumäniscken Partei- de«perado» griff, die gesetzlicke Bertreturm de« Lande« durch Straßenauslanfe zu vergewaltigen. Tie Elemente, au« denen sich die lärmende Menge zusammensctzte, bestanden zumeist au» jenen zweifelhaften Exillenzen, welche sich durch die Um wandlung der städtischen Einfuhrtaxen in eine vom Wieder verkäufe! einzubedrnde üonsumsteuer in ihrem bisherigen Schmugglergeschäste beeinträchtigt sehen. Hierzu gehört aber ein guter Tvril der unter dem Namen „Mitokan" bekannten, nur tbrilweise der rumänischen Nationalität angebörigen, halb bäuerischen Vorstadt-Bevölkerung Bukarest«. Hierzu gehört auch ein guter Theil der hausirenben LebrnSmitlelverkäufer oder „Precupeci", hierzu gehören auch sehr viele der vor städtischen „Aciumari" oder Sckankwirtht. Da« ist offenbar ein Material, mit welchem sich ein artiger Straßenscantal insceniren läßt. Zum Ueberflusse batte man noch die Karrcn- sührrr durch die Vorspiegelung einer imaginären Taxe auf ihre Schindgäule aufgehrtzt und au« Plojeschti, Braila und anderen der Opposition zugänglichen Orten eine Menge städtischen Proletariat« berbeigezogeli, da« durchaus nickl« zu verlieren hat. — Ueber die Vorgänge selbst wirk gemeldet, daß der Kammerpräsident General Manu vergeblich dem Abgeordneten Fleva, dem bekannten Ver anstalter der gegen dir Regierung Ivan Bratianu « gerichteten Straßenscandale vom März 1888, erklärte, daß er die gegen da« Maximumgrsetz prlitionirenken Deputationen empfangen werde, wenn dabei Ordnung und Ruhe beobachtet werde. Die Pöbelmenge, welcke den zum Schutze de« Ausgange« zum Metropoliehügel gezogenen Polizricordon durckbrochen hatte, nahm eine drohende Haltung an und empfing die zur Säuberung de» Platze« aufgebotene berittene Gendarmerie mit einem Hagel von Steinen. Nach dreimaligem Ver suche der mit möglichster Schcnuna vergehenden Eavallerie, die Lärmmacker zu zerstreuen, kam man endlich aus den besseren Einfall, die Steinwurshrlden durch ein Doro- banzen-Regiment zurückdrängen zu lassen. Der bestimmten Weisung der Regierung gemäß, alle« Blutvergießen zu ver meiden, wurden von der Fußrmliz nur einige blinde Salven abgegeben. Dock baden Knall und Pulverrauck vollständig hmaereicht. um dir, wir gesagt, der Hefe der Bevölkerung an- aehorigrn Ruhestörer zum scklcunigsten Rückzug zu bewegen Leider ist zu beklagen, daß bei der Steinattaque gegen die berittene Gendarmerie ein Mann von der letzteren (nack einer letzten Version sogar zwei oder drei) gelödtrt und mehrere Soldaten und Sladtpolizisten schwer verwundet worden sind. Doinainenministrr Carp, welcher an dem al- Anlaß zur Straßenrrvolte benutzten Gemeindesteuer Gesetz ganz unbe- theiligt, aber gleichwohl al« Seele der jetzigen Regierung den pseudo-liberalen VolkSverbetzern ganz besonder« verbaßt ist, war bei der Fakrt von der Teputirtcn-Kammer von der Pöbelmengc mit böhniscken Zurufen und Steinwürsen em pfangen worden, sür welche er sich läckelnd durch Lüften de« Hute« betankte. Dem Einschreiten der Doiobanzen gelang es endlich, ohne weitere« Blutvergießen die Ruhe wieder herzu stellen. Deutsches Reich. ^ Berlin, 22. April, lieber eine Durckpeitschunz und Ueberbastung bei der Beratkung der Steuervorlagen in« Abgeordnetenbause wird von dculschsreisinniger Seite geklagt. Wir können diesen Vorwurf durchaus nickt als gerechtfertigt anerkennen. Seil Jahresfrist sind diese Vorlagen jetzt in der Presse und der öffentlichen Er örterung auf« Erschöpfendste behandelt worden, eö hat eine überaus gründliche und eingehende Eommission«- berathuiig stattgesunden, und wenn jetzt i» der zweiten Lesung im Plenum ein etwa« raschere« Tempo cingebaltcn wird, so kann die« odne Schaden geschehen. E« entspricht dem be rechtigten Wunsch, da« Werk wegen de« derannabenden Ab laufs der Legislaturperiode und wegen der Möglichkeit lettischer Wendungen im Reick möglichst bald zum Abschluß zu bringen. Ein rasche« Vorgehen ist ganz natürlich, nachdem >n allen Grundfragen die Uebereinstimmung zwischen der Re gierung und einer bedeutenden Mehrbeit de» Abgeordneten hauses gesichert ist. Es wäre gänzlich nutzlos, wenn man jetzt noch in eine breite Erörterung jeder einzelnen Streit frage wieder eintreten wollte. Diejenigen, die über eine Ueberbastung klagen, wünschen eben thatsäcklich eine Ver schleppung, um die Resorm zu Hintertreiben. Eine rücksichts lose Durchpeitschung wurde z. B. seiner Zeit bei den Handels verträgen aiigcwendct, wo nicht nur keine EommissionS- beratdung, sondern nickt einmal ein kurzer Aufschub über di« WeihnacktSserien zugestanden wurde. Die Art der Behand lung der Steuervorlagen aber ist nickt« al« ein nolhwcndige« und berechtigte«, energische« VorwärtSschreitcn zum Ziel. * Berlin, 22. April. Mit der Bildung einer Mittelstands» Partei beschäftigte sich eine von etwa tOOO Personen besuchte Handwerterversammlung, die von der ständigen Deputation der vereinigten Innungen Berlin« Freitag Abend st> den Gennania- sestiälen veranstaltet war. Tie „Nat.-Ztg." berichtet darüber: Eine ganze Anzahl Abgeordneter de« Reich«, und Landtage« wohnte der Verianinilung bei. Wir saben von Tooservaiiven Hvfrath Acker- mann, Len Graf Schlicsfen-Lchlirffenberg, v. Wri«berg. v. Massolv, v. Wlntcneldl, Dr. Mrhnert, I»r. Hösfrl au« dem Reich-tag, sowie v. Itzeiiplitz, v. Brockbousen und v. Bismarck au« dem Laiidlag, von Len Freicoiiservativen I>r. GerlichundHoltz, vondeiiAniisenilirn Lieder- mann von Sonnenberg, und vom Lentrum 1>r. Bachem, Metzner, Haberlond, Gerber, Wentzel, Krebs und Morde au« dem Reich«- iagr, sowie Pikst, Taobach und Hasse au« dem Landtag. Herr Bvmhardt. Obermeister der Bäckerinnung, erössnet die Verhand lungen nnd befürwortete dir Nolkwendigkeit einer Organisation der Handwerker zu einer großen MittelslandSvartei. Die Gewerbe- treibenden litten sehr unter dem Schwindel aller Art, besonder« schwer laste auf sie der Boiischwindel. Ta« Waarenha»« für deutsche Beamte und der Lsficierverein wären zwar hin- sichtlich ihre« Cassenwcscns, indem sic die Beamten dem Wucher entrissen hätten, sehr zu begrüßen, andererseits wären solche Ge- nossenschafien da, wo sie die Gewerbetreibenden in ihrem Betrieb hemmten, ein Krebsschaden ohne Gleichen. Al« weitere Wünsche der Handwerk«,n»ister äußert Redner sodann, einen Kamvs gegen die Consumvereine und Einführung de« Befähigung«. Nachweise«, Ta die Regierung den Bitten nicht Gedvr schenke, müsse man den Forderungen den gehörigen Nachdruck geben, indem man sich zuiammensckaare. Ein Beispiel gewähre der Bund der Landwinde. — Obermeister der Schudmacherinnung Beut ler: Ta die Abgeordneten nicht wissen können, wo den Handwerkerstand der Schuh drückt, ist e« nöihig, daß dieser seine eigenen Ver treter in den Reich«tag sende. Dir konservative Partei bade Jahre lang schon versprochen, dem Handwerke Plätze im Reichstage einzuräumen. Jetzt möge sie einmal La» Wort einlösc» und einige Kre>se zur Verfügung stellen (Beifall». Weit mehr Au-sicht hülle man ober bei den D »ut scksocia l en ; etwa« anti semitisch angehaucht seien sie, die Handwerker, ja alle. Die Regie- riing müßte im Reichstag »ine Ständevertretung einrichten, etwa nach süns Ständen: Ardcitersland, Hande>»stand, Beamtem stand, Stand der Landwirlde und Handwerkerstand. Schmiede, meisler Heidenreich: Tie Abgeordneten triffl weniger Schuld, al ben Bunde«rath, der »n« nicht helfen will. Dir Herren vom hohen BundeSrath baden gut pfeifen, wir Steuern zahlenden Gewerbetreibenden sind e«, die Ihre Gehalte aufbrtnaen. Ter Redner muß unter fortdauernden Schlußrusen enden. Abg Hoi'rath Ackermann (cons., mit Beifall begrüß» freut sich. Gelegen beit zu haben, einmal direct die Wünsche der Handwerker an die Gesetzgebung zu büren. Bezüglich de« Bauschwindels wäre bereit« ein Antraa an den Reichstag gevlant. Der Borwurf, daß die con- servativr Partei bi«her keine Haudwerkervertreter auizuweijen Hab«, sei unberechtigt, da sich trotz aller Aufforderungen noch niemal« Handwerks meister zu Eandidaturen bereit gesunden hätten. Wenn da« Handwerk Eandidaten präsentir», werde» die Eonservaliven diese unterstützen, er selbst würde gern seinen Wahlfrei« einem Handwerker überlasten. (Beifall.) Ter Vorsitzende Meyer berichtiat die Ausführungen de« Vorredner« dahin, daß man sehr wohl wist,, daß di» conservativ« Partei virlsach Handwerker ouigestrlti habe, aber immer nur auf ganz au-sichiSlosen Posten. Abgeordneter Bachem lllentrum) tritt Namen« seiner hier erschienenen FractioaSgenossen im Ganzen den Ausführungen Ackermann « bei und will sich im Uedrigen den Verbandlungen sernhalten, diese den Handwerksmeistern selbst über- lassend. Er versichert, daß leine Partei nicht auihören wird, zu sorgen, daß die Loge de« Mittelstand»« gesichert und gegen Schwindel geschützt werde, Tie Klagen der Handwerker in Berlin und aui Rbein seien dieselben, da- sei ein Beweis dakur. Laß die Loge der Hand- werter in ganz Deutschland die gleiche tei. (Stürmischer Beifall.) Reichstag-abg. Metzner (Eentr., mit Beifall begrüßt- stellt sich in doppelter Eigenichast vor al- ReichStagSabgeordneler und als Handwerker, letztere aber gelte ihm mehr al« dir erster». Briiall.) Er empfiehlt eine lest» Organisation de« Handwerke«, wendet fick aber gegen »ine Millelparlei. Hinter Letzterer stecke der Herr in FrirdrichSrnh, der dort weder Frieden noch Ruhe finden tüiine. (Odo! Oho! Unruhe.» Wenn Sie so viel von dem Fürsten BiSmarck halten, so srage ich Sie, wa« derselbe in den ganzen Jahren sür da« Handwerk getdan hat. «Ruf: Rrich«tag!l Es batte ihm nur eine« Wortes gekostet, um eine Verbesserung durchzosühren (Zustimmung.) Liedermann von Sonnenbrrg lAntis.s: Der Feind de« Handwerker« ist der Jude und Ler indisch« Geist in unserer Gesetzgebung, In längerer Rede spricht er sodann sür sein« antisemitiicke Pattei, E« sprechen dann noch Abg. v. Jtzenplitz cons), Abg. Ackermann, Schlossermeister Haas». Landwind Klavper wendet sich gegen tie anlisemittichen Autsnbrungen de« Herrn Liebermann v. Lvinienderg. mit dem er sonst im^Princiv einverstanden sei. Folgend» Resolution gelangt darauf zur Annahme: „Anschließend an die Resolution der vorigen Bersamminng beschließen die heut» tu den Germaniasälen ver sammelten Handwerker Berlin«, »ur Erreichung ihrer Forderungen und besseren Vertretung ihrer Interessen «in« eigene Partei zu gründen, welche aus den gelammten städtischen Mittelstand auSzu- dchnen ist. — Die Eenlralslelte der vereinialen Aachverbänd« wird beauftragt, die geeigneten Schritte schleunigst zu lhun". — Von den Nachrichten, die zur Militairvorlage neuerdings vorliegen, registrireu wir zunächst eine Auslassung der „Nordd, AUg. Zlg,": „Wenn neuerdings auch wieder einmal di« Möglichkeit di-cutirt wird, e« könne bezüglich der Entscheidung über die Militairvorlage zu einer Vertagung bi« zum Herbst kommen, so handelt »S stch hierbei im besten Falle uni srommc Wünsche. Daß dieselben an einer maßgebenden Stelle aus Gegenliebe zu rechnen harten, darf al« ausgeschlossen gelten." Ferner schreibt die .Post": „Tie Ausstchlc», daß e« in der Milltairfrage zu einer Ver- stänviguiig mit einem Theile de« Lentrum« kommen werde, haben sich im Lause Ler letzten Lage nicht vermehrt, sondera find «her geringer geworden. Nicht« destoweniger gilt e« noch immer sür nicht ganz aurgeschlossen, daß der Gesetzentwurf der verbündeten Regierungen in seinen wesentlichsten Beslandtheilen.bei der zweiten Lesung iin Plenum de« Reichstage« ttne Mehrheit von Stimmen aus sich vereinigen werde. Im gegentheiligen Falle gilt dir Aus lösung de« Reichstage« al« selbstverständlich. Ander» Möglichkeiten bezeichnet man in maßgebenden Kreisen al« gar nicht diScutadel." — Die Verhandlungen Uber die Begründung «ioer neuen Eolonialgefellschast zum Betrieb von Bergbau nnd Handel im Rchobolb und Khauas-Gediet haben nach den „Hamb. Nachr." ihren Abschluß gesunden durch Vollziehung eine« Vertrages zwischen dem Assessor Luca« al« dem Ver treter de« von Lilienlhal'fchen Goldfyndicat» einerseits und der deutschen EolonialgeseUschaft für Südwestafrika, sowie der Louth-West-Asrica-Eompany-Limited andererseits. Die drei genannten Gesellschaften dringen >hre Rechte in Bezug auf Rehoboth und Khaua« in die neue Gesellschaft rin. — Mehrere Blätter melken, daß der Au«tritt de» Grafen HoenSbroech au« dem Jesuiten-Orden auf eine krank hafte Ueberrcizung der Nerven de« AuSgeschicdenen zurückgesührt werde, an der er schon seit einiger Zeit leiden soll. Die „Niederrh. BolkSztg." fügt hinzu, daß die .traurige Krankheit" schon vor zwei Monaten zum Ausbruch gekommen sei. — Dermuthlich werden diese Ausstreuungen stch al« ultrumontanr Lügen entpuppen. Jedenfalls wird die Ver öffentlichung de« Grasen HoenSbroech in den „Preußischen Jahrbüchern" einigermaßen ein Unheil sowohl über seine geistige Gesundheit, als auch über die moralische Beschaffen heit Derjenigen gestatten, die so emsig bemüht sind, den Ex- Iesuiten als „nervenkrank" hinzuftellen, — Ter Antrag Ahlwardt wird nun endlich, nachdem die „Acten" überreicht worden sind, am Dien «tag im Reichs tage verbandcit werden. Ueber dir weitere Erledigung hat der Präsident mit dem Abg. Ahlwardt im Foyer eine ein gehende Besprechung gepflogen und denselben verpflichtet, am Dienstag bei Besprechung de« Antrag« nur kurze An deutungen über den Inhalt der Schriftstücke zu geben. Nament lich solle er sich jeglicher Provocationen enthalten und rein sachlich sprechen. Ahlwardt bat die verlangt« Zusage geleistet. Bezüglich der Zusammensetzung der Eommission hegt Ahlwardt noch den Wunsch, daß auch seine Gesinnungs genossen durch Pickenbach in derselben vertreten sein sollen. Ta die Antisemiten aber selbst zu schwach siud, aus eine Vertretung Anspruch erbeben zu können, so hat sich Adlwardt an die socialdemokratische ReichStagSfraction, bez. den Abg. Stadthagen gewendet, um diese zur Ab- trelung eine« Sitze« zu bewegen. — Ueber den Inhalt der übergebenen „Acten" weiß die „Freisinnige Zeitung" zu be richten: „Bon eigentlichen Acten kann bei dem Uedergebenen gar nickt die Rede sein. E« sind zunächst zwei geheftete Eonvolute mit Nummern der „Eisenbahn-Zeitung" von Gehlsen und der .NeichSglocke" an« den siebziger Jahren. Sodann sind e« zwei Bündel loser, ganz ungeordneter Blätter und Scripturen mit Rechnungen, Bricfcopien und dergleichen Alle« betrifft die Verhältnisse der rumänischen Eisenbahngescllschaft und der DiScontogesellschaft in Len siebziger Iabren, bezieht sich also voraussichtlich nur auf die jenigen Dinge, die mit dem Antrag-entwurf Ahlwardt « in der „Staatsbürger-Zeitung" abaedruckl und von un< schon unter der Ueberschrift „Wirre« Zeug" erörtert worden sind," * HadrrSlrbrn, 21. April. Auch für wettere Kreise dürfte di« Nachricht von Interesse sein, daß der Regierung»«ssefsor I-r, zur. Mauve nunmehr definitiv zum Landrath de« hiesigen Kreise« ernannt worden ist. Der neue Landrath ist durch seine Mitwirkung an dem Zedlitz'jchen Bolk«schulg»setz»ntwurs in polilischcn Kreise» bekannt geworden; er stand dem Grafen Zedlitz während der heißen Debatten im Abgeordnetenhaus» zur Sette. * Frirdrichsruh, 22, April. Freiherr Lucius von Ball- Hausen, ehemaliger preußischer Minister sür Landwirthschast, ist zum Besuch« beim Fürsten Bi«marck hier eiagrtrossea. * Von der Eibe, 2l. April. In den untrrelbeschen ReichStagSwahlkreisen unserer Provinz, so schreibt der „Hannov Eour", dem i8. und lS. hannoverschen Wahl kreise. die jetzt durch Rudolf v. Bennigsen und den Fürsten BiSmarck vertreten werden, beginnt man lebhaft mit der Möglichkeit einer ReickStag-auflösung zu rechnen und demgemäß zu etwaigen Neuwahlen Stellung zu nehmen. Im >8. Wahlkreise scheint man, nach un« zugegangeoe» Zu schriften zu schließen, der Ansicht zu sein, daß Fürst BiSmarck eine Eandidatur nicht wieder anoehmen würde, und daß deshalb rin anderweitiger Vertreter im Reichstage in« Auge gefaßt werden muß, der, wie da« in dem von jeder ganz überwiegend national-liberalen unk, von der Au«nahm«wahl de- Fürsten Bismarck abge sehen, auch stet« nationalliberal vertretenen Wahlkreise selbst verständlich ist, au« den Kreisen der nationalliberalen Partei zu entnehmen sein würde. Soviel wir hören, richtet sich dir Stimmung im Wahlkreise im Allgemeinen aus die brwäyrtrn Parlamentarier Sckoof oder Ennecceru«; es wird auch behauptet, daß der DoctorDiedrich Hahn in Berlin (unseres Wissen- ein Angestellter der Deutschen Bank) sich um eine Eandidatur im 18, hannoverschen Wahlkreise bewerben würde, dock dürfte sür eine solche schwerlich viel Stimmung vorhanden sein. — Beim >8 Wahlkreise würde die Eandi- datenfrage sür unsere Parteigenossen keine Schwierigkeiten baden, da unsere« Wissen« Herr I)r. v Bennigsen die Absicht hat, eine Eandidatur in diesem Wahlkreis« wiederum
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