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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.02.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960217019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896021701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896021701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Ausgabe ohne Seitenzählung
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
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BezugS-PreiS Al der H«pt«kv»ditio» oder de» im Stadt. t«lrk and de» Vororte» errichtete» Aul- gadestellrn abaeholt: vierteljährlich ^4 4L0, vei zweimaliaer täglicher Zustellung in» Haus ^l SSO- Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vimteliädrlich ^l S>—. Direct» täglich« Kreuzbandiendung i»A Ausland: monatlich 7.S0. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, dt» Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Nedactio« und Erveditton: Iohannesgnfsr 8. Di» Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bis Abruds 7 Uhr. Filialen: vtt» Klemm« Lortim. lAlfred Hahn). Uiiiversitätsstrabe 1, LoniS Lösche, »atharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. ewlg er und TaMaü Anzeiger. Amtsblatt des Aönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Volizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SV Pfg. Reclame» unter demRedactionsstrich (4a». spalten) SV/4, vor den Familiennachrichtrn (S gespalten) 40/4- Glührre Schriften laut unserem Preis, verzeichniß. Labellarischer und Ziffernsaf »ach höherem Larts. Extra-Veilageu (gesalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbesördrrunq SV.—, mit Postbesörderung ^ 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morg « n - A usgab«: Nachmittag« 4 Uhr Für die Montag.Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig ^ 85. Montag den 17. Februar 1896. 90. Jahrgang. ' Die Matrikel der Leipziger Universität. Kein Band de» im Aufträge der König!. Sachs. StaatS- regierung herausgegebenrn Urkundenwerks de» Königreichs Sachsen (des Ooclex ckiplonmticus Lurouius regia«;) ist Wohl von so vielen Seiten mit Begierde erwartet worden, wie der vor wenigen Tagen auSgegebene sechzehnte Band de» zweiten Haupttheils, der den Anfang macht mit der Veröffentlichung der Leipziger Universität-Matrikel"). Während alle andern Bände ausschließlich oder doch in erster Linie für die Orts und die Landesaeschichte Bedeutung haben, wird dieser Band, abgesehen von seiner selbstverständlichen hoben Bedeutung für die Geschichte der Leipziger Universität, der ganzen deutschen Cullurgeschichte zu gute kommen. Die Leipziger Matrikel in da- sächsische Urkundenbuch mit aufzunebmen war früher eigentlich nicht beabsichtigt; die Universität sollte auf den Urkunvenband beschränkt bleiben, den Slübel 1879 berauSgegeben hat. Eine Zeit lang hat sich wohl der verstorbene Zarncke mj, der Absicht getragen, die Matrikel zu veröffentlichen; sein Buch: „Die urkundlichen Quellen zur Geschichte der Universilät Leipzig in den ersten 150 Jahren ihre» Bestehens" (Leipzig, 1857) ist eigentlich eine Einleitung zu einer Ausgabe der Matrikel. Aber er scheint für seine Absicht keine reckte Gegenliebe gefunden zu haben, und ^so konnte er noch 33 Jahre später, ein Jahr vor seinem Tode, klagend fragen: „Wann wirb einmal die für Jahrhunderte bedeutendste Universität Mitteldeutschland-, Leipzig, eS fall bekommen, ihr Licht so geflissentlich unter den Scheffel zu stellen? Sie, die durch den einfachen Abdruck ihrer Matrikeln den Beweis ihrer mächtigen Wirksamkeit einem Jeden, der Urkunden zu lesen versteht, vor Augen führen könnte!" Während «ine ganze Reihe vou Universitäten, die sich weder an Alter noch an Bedeutung mit Leipzig messen können, in den letzten Jahrzehnten ihre Matrikel veröffentlicht haben, blieb die der Leipziger Universität der allgemeinen Be nutzung entzogen. Und doch hätte schon ein ganz äußerlicher Grund längst den Antrieb zu ihrer Veröffentlichung geben sollen: die Brsorgniß um da« Original. Wie oft mag dieses Original in den letzten dreißig Jahren für geschichtliche Zwecke aufgeschlagen worden sein! Wie viel tausend Namen mögen herauSgesuckt worden sein! Die kostbaren alten Bände sind dabei ganz gewiß nicht besser geworden. Schon um sie endlich einmal zur kkuhe kommen zu lasten, war ihre Ver öffentlichung eine dringende Noihwenbigkeit. Nun ist die Frage Zarncke'S schneller beantwortet worden, als er und wohl Viele mit ihm zu hoffen gewagt hatten. Wenigstens ein Anfang, ein großer, schöner, viel versprechen der Anfang dazu ist gemacht worben, und eine rasche Fort setzung wird uns in AuSsickl gestellt. Die ersten l50 Jahre der Matrikel — von der Gründung der Universität, 1409, bi- zum Jahre 1559 — sollen im Ooäex äiplowsticus er scheinen. Diese Veröffentlichung ist auf drei Bände berechnet. Der vorliegende erste Band enthält die eigentliche Studenten- matrikel au- der angegebenen Zeit; der zweite wird die so genannte Matrikel der Artistenfakultät, d. h. daS Verzeichniß Derer, die von der philosophischen Fakultät zu Baccalarien und Magistern promovirt worden sind, und die Promotionen der theologischen, der juristischen und der medicinischen Fakultät au» derselben Zeit enthalten: der dritte Band soll dann die Register zu diesen beiden Banden bringen — eine geistige Handlangerarbeit, und doch eine Arbeit, die kein Handlanger machen kann, und die unbedingt gemacht werden *) Dt« Matrikel der Universität Leipzig. Herau-gegeben von Georg Trier. 1. Band. Die Immatrikulationen von 1409 bi- 15S9. Leipzig, Girsecke L Devrienl, 1895. muß, wenn die beiden andern Bände für einen ihrer Haupt zwecke, für die Biographie und für die Gelebrtengeschichte einzelner Orte und Landestheile, nutzbar gemacht werden sollen. Aber bei diesen drei Bänden soll und darf es ja nickt bleiben. Man hat sich zunächst auf die ersten 150 Jabre beschränkt, »im einigermaßen in dem Rahmen des Oockex äiploniaticus zu bleiben, in den man diese Veröffentlichung nachträglich eingefügt bat. Aber Zarncke bat bei seiner Frage gewiß auch daS 17. und vor Allen, daS 18. Jahrhundert im Auge gehabt, die Zeit, wo Leipzig unbestritten der Mittelpunkt des deutschen Geisteslebens war, wo die deutsche Literatur geschichte aufs engste mit der Geschichte der Universität Leipzig verflochten ist, wo Gottsched und später Geliert in Leipzig lehrten, Rabener, Geliert, Johann EliaS und Jobann Adolf Schlegel, Kästner, Klopstvck, Christian Felix Weiße, Lessing und Goethe in Leipzig studieren, ganz zu schweigen von hundert andern Dichtern und Schriftstellern, die damals, wie auch heute noch aus den Kreisen der Leipziger Acabemici. nenn man will, schiffbrüchigen Academici hervorgingen. Wie cs im Vorwort beißi, ist „eine Wetterführung der Veröffent lichung an anderer Stelle bereits in Erwägung gezogen worven." Jeder wird in den Wunsch des Herausgebers ein- slimm-n: „Möge sie nickt zu lange auf sich warten lasten." Das Wünschen ist freilich auch hier viel leichter als daS Machen. Der vorliegende erste Band enthält die Namen von mehr als 44 000 Jmmalrikulirten, dazu noch eine Anzahl von Urkunden zur Geschickte der Uni versität, und mehrere statistische Tabellen. Der Laie, der den schön gedrnckken Band von X6VII und 752 Großguarr- seiten vor sich liegen siebt, bat schwerlich eine Vorstellung von der Arbeit, die darin steckt, schon allein von der äußer lichen Arbeit deS Lesens, richtiger Entziffern- und des Ab- schreibenS, nun vollends von der weiteren Arbeit deS Be obachtend, Vergleichen-, BerechnenS, die in den Tabellen und vor Allem in der lehrreichen, übersichtlich angeorbneten und klar geschriebenen Einleitung deS Herausgebers nieder- geleat ist. In dieser Einleitung (S. XM—I,XXIII) bespricht Erler zunächst die Handschriften der Matrikel, ihre Geschickte, ihr AeußereS und ihre Ausstattung mit Malereien und poetischen Beigaben, schildert dann nach den verschiedensten Seilen da- Immatrikulation-verfahren und führt endlich einige der wichtigsten Ergebnisse seiner Bearbeuung vor: die Frequenz der Universität in dem angegebenen Zeitraum und ihr Ver» bältniß zu den andern norvdcukschen Universitäten. Ich kann aus diesem reichen Material hier nur einige Punkte herausgreifen. Die Leipziger Matrikel ist in zwei Exemplaren geführt worden, wenigstens vom Jahre 1440 an, wo man das Be- dürfniß fühlte, für dcn Fall der Noth ein zweites Exemplar anzulegen, daS man natürlich bis zum Jahre 1409 zurück ergänzte. Der erste Band, der übrigen- nicht von Anfang an als Band angelegt war, sondern ganz allmählich durch Anbesten neuer Pergamrntlagen zu seinem späteren Umfange anwuchö und erst 1506 eingebunden wurde, reicht in beiden Exemplaren bis zum Jahre 1536, der zweite, der gleich als eingebundener Band angelegt wurde, dis zum Jahre 1600. Seitdem beide Exemplare neben einander bestanden, kann man, streng genommen, kein- von beiden mehr ausschließlich als daS Original bezeichnen; lange Zeit ist das zweite Exemplar bevorzugt, das erste vernachlässigt worden. Das eine Exemplar ist aber unzweifelhaft immer vom Rector selbst, daS andere öfter von einem Schreiber geschrieben worden. DaS Rektorat wechselte damals halbjährlich, und zwar ganz regelmäßig am GeorgStage (23. April) und am Tage D. Salli <>°- O-,°b"). 2° veröffentlicht hat' ^ Zoo ' Mal 'st diesem Zeit Mäßigkeit vorgekommen. - . zoo Rectoren raum. daS Reclorat gewechselt worden AO ^ eines RectoratS kamen oft noch neue Anmeldungen. ^c,vr v-',e?ckn-t- also die Namen der Studenten zunächst ans lose ^vgcn in der Reihenfolge, wie sie sich meldete . Erst am Schlüsse seiner AmtSsährunz .ber rug ei dann b.e Namen aus den losen Bogen ,n die ^ das eine der letzten Amtshandlungen de« ablretenden Rector-. Bei diesem Umschreiben in die nun die Studenten geordnet, unk zwar, nach ihrer Herkunst in die sogenannten vier Nationen. Diese Eintbeilunc, batte man, wi/so viele« andere, der Prager Universität nackgebildc . In Prag wurden alle Angehörigen der Universilät m Bobinen, Polen, Bayern und Sachsen ringetbeill. In Leipzig h man an di- Stelle der Böhmen die Meißner gesetzt, um auch hier die Landeski,ider zu einer be,ondern Gruppe zusammen- zusaffcn. Dafür wurden die Böhmen ,n Leipzig der pol- nischen Nation zugetbeilt, die Lau>,tzer, d,e in ^*"2 Zur böhmischen Nation zählten, zu den Meißner» gezogen Doch setzte sich daS erst nach mehrjährige» Streitigkeiten fest. -Zur meißnischen Nation zählten also alle Unter- tbanen der Wettiner Fürsten: die Meißner, Thüringer, Osterländer und Vogtländer, außerdem die Lausitzer. Der ganze Norden DeuischlandS, also der sächsische Kurkre,- nördlich von der Unstrut und der Saale, die anhaltisckrn und die braunschweigisch-lüneburgischen Länder, Oldenburg, Schleswig-Holstein. Mecklenburg, Brandenburg. Pommern, die baltischen Provinzen und die nordischen Staaten wurden zur sächsischen Nation gerechnet. Zur polniscoen gehörten Schlesien, Bödmen, Mähren'. Ungarn. Groß- und Kleinpolen, Ltttauen, Preußen und Rußland. Die weitesten Grenzen waren der bayerischen Nation gezogen; zu ibr rechnete man nach einer Aufzeichnung von l4I2: Bayern, Franken,Lothringen, Frankreich, England, Schottland, Irland, die Niederlande, Spanien, Italien, Oesterreich, die Schweiz, daS Elsaß, Kärnten, Krain, die Steiermark, daS Elsch- und das Inn thal, Schwaben, daS Rheinland, die Wetterau, Hessen und Westfalen. Bei dieser Vertheilung hatte man sich von dem Gedanken leiten lassen, möglichst gleich große Körperschaften zu bilden. Später machten sich aber doch Aenderunßtn nölhig infolge der Verschiebungen, die durch die Grün dung neuer Universitäten eingetreten waren. Die Universitäten freilich, die auf dem Gebiete der bayerischen Nation entstanden waren: Freiburg im Br. und Basel >460, Ingolstadt 1472, Trier 1473, Mainz und Tübingen 1476, thalen Leipzig keinen Abbruch; im Geqen- tbeil, die bayerische Nation wuchs in Leipzig fortwährend. Dagegen Wen die Universitäten, die auf dem Gebiete der sächsischen Nation gegründet worden waren: 1419 Rostock, 1456 Greisswald, 1477 Upsala, 1479 Kopenhagen, vor Allem aber dir neue kursächsische Universität in Wittenberg 1502 und die kurbrandenburgische in Frankfurt an der Oder 1506, einen großen Tbeil der sächsischen Nation an sich, so daß diese in Leipzig immer mehr zurückging. Diese- Miß vrrbältniß auszugleichen, wurden 1520 durch eine Verordnung Herzog Georg- die sog. SechSstäbte und die Lausitz von der meißnischen Nation an die polnische abgetreten, West salen, die B'Stbümer Köln und Drier und die Niederlande von der bayerischen an die sächsische Nation. Aber diese un bedeutende Aenberung hatte nicht den gewünschten Erfolg. Erst als sich seit 1539 unter Herzog Heinrich die Leipziger Universität der protestantischen Lehre angeschlossen hatte, hörte ter Zuzug au- den katholisch gebliebenen LandeStheilen der bayerischen Nation auf, und während Leipzig anfangs eine entschieden allgemeinventsche Universität gewesen war, erhielt <S nun immer mehr den Charakter einer Landr-universität: es überwogen nun bei weitem und dauernd die Meißner. Eine bestimmte Ordnung der Nationen wurde in der Matrikel ursprünglich nicht eingehalten. Im Großen und Ganzen war es Brauch, daß die Meißner als die Landes kinder zuerst ausgeführt wurden, dann die Nation folgte, aus der der Rector gewählt war, darauf die beiden andern Nationen abwechselnd. Aber bald setzte sich dafür der andere Brauch fest, daß die Nation de- Rector- voranging, dann zunächst die de- Exrector- folgte, darauf die d«S vor letzten und endlich die de- drittletzten RectorS. Dabei lösten sie einander in folgender Reihe ab: Sachsen, Polen, Bayern, Meißner. In der Rectorwahl dagegen, bei der man eben falls mit der Nation regelmäßig wechselte, batte sich seit dem 68. Rector die Reihenfolge festgesetzt, die der bekannte Hexameter enthält: 8oxo, Llisnsums, Luvaru» tLuäswque ?o!onus. Von jedem Einzelnen, der in die Matrikel eingetragen wurde, wurde der Vorname und der GrschlechtSname aus gezeichnet, die etwaige akademische oder geistliche Würbe, die einer batte, die Heimalh und die JmmatrikulationSgebüln. Die Fakultät wurde nicht angegeben. Im 15. Jahrhundert fehlen die Geschlechtsnamen oft noch, doch beweist daS durch aus nicht immer, daß die Betreffenden keinen geführt hätten; nicht selten ist, wie sich Nachweisen läßt, der Geschlechts name nur infolge ungenauer Angabe der Studenten selbst oder durch Nachlässigkeit der Rectoren weggelaffea worden Ost wcroen"OrlS.'mmkN^ zu Gcschlechksnamrn. So erlitt:'.'., sich Rectornamen, wie PetruS Seehusen vo» Leipzig, Johannes Eutritzsch von Leipzig: Johanne- Eutritzsch hatte einen Familiennamen, er hieß Meise. Der Ort-name hinter den, GeschlechtSuamen bezeichnet im Allgemeinen den Geburt-ort; doch kommen auch Fälle vor, wo er den letzten Aufenthalts ort angiebt, und nicht selten fehlt auch er ganz. Ein Rector de- Jahres 1423 hat sich mehreremal mit Auf Zeichnungen begnügt, wie: FranciscuS, Nicolau-, ConraduS, die natürlich ein Erkennen der Persönlichkeit so gut wie un möglich machen. Am wenigsten haben die Rectoren aus die Srandesbezeichnungen Werth gelegt. Viele Studenten gekörten dem geistlichen Stande an, namentlich viel Orden-geistliche stuvirten in Leipzig. Es waren alle Orden dabei vertreten, vor allen der Cisterzienserorden, der ja seine eigene Stiftung, da- Collegium de- heiligen Bernhard in Leipzig hatte (an der Stadtmauer auf dem Brühl, wo jetzt die Ereditanstalt steht, war da- Collegienbau-); dir alten Cisterziensrrstiftungen Pforte, Alt- und Neuzelle, Dobriluak und Walkenried stellten den stärksten Zuzug. Aber auch sonst ist kein- unter den bedeutendsten Klöstern in der weitern Umgebung Leipzigs, daS nicht einmal einen Angehörigen aus die Universität ge schickt hätte. Jedenfalls läßt die Zahl der Klosterbüder, die vor der Reformation in Leipzig studirt haben, keinen un günstigen Schluß zu auf die wissenschaftlichen Studien der Feuilleton. Meister Pulch's Lrautfahrt. Skizze aus »er Zunftzett. Von Tarlot Sottsrtd RruN». Nachdruck dertoke. „No, jetzt nor net gleich den Kopp ganz henke löste. Ersckt wolle mer noch en Schoppe trinke — Alle- annerr wrrd sich schonn sinnel" Er schlug mit dem leeren Glas einen dreimaligen, kurzen Wirbel, wobei er Pulck rrmutb'gend zunickte, dessen sonst immer vergnügte-, gutmütbigeS Gesicht sich merklich verfinstert batte. Zwar allzu schmerzhaft fraß ihm der Kummer nicht am Herzen und der neue «Schoppen war ganz dazu angethan, ihn wieder auf menschenfreundlicher« Gedanken zu bringen. Ein auter Tropfen verfehlte auf Pulch überhaupt niemal seine Wirkung. Die kleinen Fenster der beliebten Apfelweinwirtbschaft ia der Breilegaffe zu Frankfurt a. M. standen weit offen. Eine milde Herdstluft, ganz geschwängert von dem starken Aroma frisch gekelterter Aepfel, drang in die niedrige, verräucherte Stube. Ein paar Bürger saßen in eifrigem Gespräch über städtische Angelegenheiten und die hob» Politik mit dem vber- au» wichtigen Wirthe beisammen. Neben ihnen spielten vier Handwerksmeister unerschütterlich ihre Kreuzinariag«, nur zuweilen, wenn der eine Politiker, ein kleiner, lebbaster Herr mit durchdringend scharfer Tenorstimme, gar »u laut orakelt», arunzten sie mißbilligend. Sonst spielten sie eifrig und tranken still und viel. E- war heute sckon da- zweite Mal, daß Pulch und der dicke Rumpler hier in einer dunklen Ecke eine ernste Sitzung abhielten. Die erst» freilich in einer viel kühneren, gehobeneren Stimmung. Da halte Pulch voll Unternebmung»lust eine Nelke in das Knopfloch seines blauen Frack« mit selben Messingknöpfen gesteckt und sich beraussordernd auf die frisch- aewaschenen, Weißen Hosen geklatscht. Er war von dem Aauder seiner Persönlichkeit vollständig übrrwälkigt gewesen. Al« er »un gar dem geborgten Cylinder eine kühne, seitliche Neigung aus dem stark geölten Kops gegeben hatte, schrill er in einer Haltung durch die engen Gaffen, die mehr als deutlich aussprach: was kostet Franks»«? Etwas von diesem erhebenden Selbstbewußtsein ging schon verloren, als er mit dem keuchenden Heirathsvermittler beim Vater des niedlichen Settckens saß und der Schmiekemeister sehr vernünftige, aber elwaS nüchterne Ansichten über da- Thema entwickelte: wenn Einer heiralhen wolle, und nock dazu «in „Fremder" er sprach da- Wort langsam, mit sehr scharfer Betonung und spuckte dabei mächtig au- — ein ur-uralte« Bürgermävchen obendrein ... ja . . da muffe man doch in erster Linie wissen, ob e- auch „damit" ordentlich bestellt sei. Er rieb den hoch erbobrnen Daumen und Zeigefinger mit einer absolut nicht mißzuverstrhenden Energie. Da- war Pulch peinlich; sehr peinlich sogar. In seiner gewohnten Sorglosigkeit hatte er gar nicht daran gedacht, daß man ihm mit dieser natürlichen Frage kommen werde. Sie brachte ihn ganz in dir Quere! Mi» seinen VcrmögenSverbältniffen sab es wirklich etwa- windig aus. Ein tüchliger Schuhmacher war er: ohne allen Zweifel. Aber sonst ... na . . wenn er nur erst mal Meister wäre, da wollte er schon zeigen . . . Meisterl Ja, ja: das war der Haken! Damals Anfang der Vierziger Jabre, wo noch der Zunftzwang herrschte, konnte man ia Frankfurt nur Meister werden, wenn man da- Glück hatte, als eingeborenes Stadtkind auf die Welt gekommen zu sein, oder eine Bürgerin heiratbete. «Selbst da« älteste und wenigst hübsche Frankfurter Biiraermädcben brauchte in ver Zeit, auch ohne einen Heller Mttgift, sich nicht mit Klostergevanken zu tragen. Sie gingen ab wie der Weck ans dem Laven. Der gute Pulch hatte sich eine Heirath nicht so sehr schwierig gedacht. Er war doch, weiß Gott, rin büdscher, großer Kerl, auf den Kopf gerade auch nicht gefallen . . . die Mädchen hatten immer gerne mit ihm getanzt und gelacht . . . Daß so ein Vater anderer Ansicht sei . . . ei, ei; es war eine fatale Einrichtung, daß der zuerst ja sagen mußte ... Während der Schmiedemeister di» Tbllr mit ziemlicher Kraft hinter idnen schloß, stieg Bulch wie eia brgoflrner Pudel dir Treppe hinunter. Er fand die Weltan«chauung de« Herrn Papa etwas seltsam; aber nach dessen letzier Auf forderung war ihm voraussichtlich nicht so bald Gelegenheit gegeben, ibn zu einer richtigeren zu bekebren. In reckt grmäßigkrm Marschtempo kamen sie wieder an iyrem «usgangopuncle, ver -winyiwasr gaffe, an. Bei dem neuen Schoppen Word« Rumpler redseli Er machte zuerst seiner inneren Entrüstung über den Hoi muih gewisser Leute Luft und sprach davon, er habe g Manchen gekannt, der zuerst vor Stolz beinahe gepla sei, und dann froh gewesen, daß Frankfurt so viele mil Sliflungen habe. Pulch nickte beifällig. Dann meinte der Heiratbsmach« zu grämen brauche sich Pulch erst reckt nicht. Hübsch sei das Seticken — aber etwa- mager, sehr mager sogar. Ui magere Leute hätten meistens keinen guten Charakter. 2 habe er noch eine andere Partie für ihn in Aussicht. G>ri nachher wollten sie bingehen. Die Betreffende sei zwar ei Wittfrau . . . . nein, nein .... noch gar nicht alt. I Gegentbeil. So Milte Zwanziger. Und rin Grübchen den Backen ... und hübsch rund . . . »inen Hal« ha sie... zum Anbeißen ... und sonst ... na, weiter sage nickt« . . . aber Geld! Sr drückt, da» eine seiner Echwein-äugelchrn zu u, zwinkerte mit dem andern Pulch höchst lustig und Verheißung voll an. Pulck schmunzelte behaglich. Die letz'en Ande tungrn riefen ,n seiner Einbildungskraft sehr srrudiae Vo stellungen wach Verständnißvoll stieß ,r mil Rumpler a AI« ibre Gesichter wieder an- den Gläsern auftaucht« sahen sie zuerst docklick befremdet ihr neue« Gegenüber do noch besreuivet-r sich selbst an. An ihrem Tische hatte s'orb Pl?» ü-nommen, der genau wie dir zweite Au«ga pulch - aussad. Sr trug denselben blauen Frack mit gelb Knopsen, die frischgewaschenrn. weihen Hosen, die Nelke ui den bei Hirsch geborgten Cylinder I Aber zu seinem Brista ! lp'ndeldürren. baumlangen Herrn erkor, ^ Gegner Rumpler'«, den Heirath-vermit»! und Makler Derschew. Der rannte auf seinen langen Sto!c ^' 7!' Schnelligkeit durch di. Gaffen und schnapp dem phlegmatischen Rumpler die besten Geschäfte vor d Nas, weg. Er haßte ihn d,«balb unsäglich, äußere Berk.br an Freun! c A^vler bot seinem Todfeind zunächst lächrlr ^ beiden Paare kamen gleich in rin lebhaft L'?',sud di« Häuptlmg« gegenseitig au-zuhorcd, suckem Der Erfolg war gleich Null! ' ^ „No. meine Herrn, wolle Se net e Löst nemme?" gurgel eine rauhe Stimme hinter ihnen. — glucke Se, so en scheener Küchel Ganz frisch. Uan voller Rosine!" Er hielt einen großen, dick mit Zucker bestreuten Kucken in die Höbe, daß man ihn von allen Seite» bewundern konnte. Acht neugierige Augen richteten sich sehnlich ver langend nach dem Prachtstück. „'s Loos kost ja nor en Grosche", ermunterte der Der looser. „Unn wenn Se gewinne ... der Küche heißt: bvrn sel Ja . . . versuche S« Ihr Glick, meine Herrn Bräutigams . . Die beiden Herau-geputzten suchte» in einiger Verlegen- beit eilig nach dem Groschen. Die Anrede war ibnrn äugen scheinlich etwa- fatal! Pulch legte da« Geldstück mit einem Nachdruck aus die Platte, daß der Tisch wackelte. Der Mann ging, seinen Kuchen anpreisenv, weiter. Sckon nach kurzer Zeit verkündete er, die Berloosung könne jetzt stattfinden. Für nnen Augenblick wurde eS ganz still in der Stabe. Selbst die Kartenspieler setzten auS. Alhemlose Spannung! „Meine Herrn . . . jetzt gebt'- los . . . Achtung . . . Nummer 9 hat gewönne! Wer hat Nummer 9?" „A -- ich!" ries Pulch mit Stentorstimme. Die Blick« aller Anwesenden folgten neugierig dem Ver lose«, der dem glücklich.» Gewinner seinen Kuchen brachte. Pulch und Rumpler schauten ihn schmunzelnd an. Sie dachten an La- HochzritSeffenI „Glick im Spiel, Unglick in der Lieb" — meinte Dersckow, mit etwa- spöttischem Lächeln die Leiden be trachtend. „DeS werd sich ja sinne ... und zwar bald" — ent gegnet« der Dicke, in seiner Geschäft»«hr, gekränkt. — „Wer zuletzt lacht, lacht am Beste!" Pulch ließ zur würdigen Feier de« Ereignisse- noch zwei Schoppen kommen. Ihr Gsgrnübrr zahlte dagegen und ver ließ die Kneipe. „So en eckeliger Kerl", rief Rumpler höhnisch, als sie btt Dbüre waren — „die wer'n lang such« könne, bis * übche sinne, de- so en Kamuff nimmtI" Und in aller Srelrnrnbe tranken sie an- und machten !>ch dann aus den Wea. Pulch hatte sich ein Papier geben '"strn und trug seinen Kuchen liebevoll im Arme. D>, hübsch, Wirtbin wohnte so ziemlich an dem entgegen gesetzten Ende der Stadt uud weder Pulch noch Rumpler gehörten der Zunft der Schnellläufer an. Endlich batten st»
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