01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930509016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893050901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893050901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-09
- Monat1893-05
- Jahr1893
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DI« Anrsiihrung der Erd- und Maurerarbeiten am Er weiterungsbau brr SL. vezirltschule tu Letpztg-Nletnrfchochrr soll vergeben werden. Die Bedingungen und Arbeitsverzeichnisse können bei unserer Hochbau-Verwaltung, Rathhau», ll. Obergeschoß, Zimmer Nr. 7 gegen Erlegung vva 2 ^ll entaommea, bez. daselbst nebst den Plänen einaesehra werden. !bi» Gebote find versiegelt und mit der Aufschrift „SS. veztrkSschule — Ma»rerarbkiten" bi» zum 19. Mat d. I., Bormittag» 10 Uhr, an oben bezeichnet» Stell« portofrei «tnzureichrn. Der Rath behält sich di« Auswahl »ater den Bewerbern und die etwaig« Theilung der Arbeit» oder di« Ablehuung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 6. Mat 1893. Der >«th brr Stadt Leipzig. Id. 2118. I)r. Tröndiia. I)r. Drf. Diebßahls-Lekanutmachung. Gestohlen wurde» laut hier erstatteter Anzeige: 1) rt» galhener La«enrtng, 14kar., mit rvlasarb. Stein, am 8. d. M.; 2) eine ,olden« D«»e«'Rem»nt»trvhr, blumenartig gravlrt, mit drei Eindrücken aus dem vorderen Deckel, am 22. v. M.; 8) ein goldener Siegelring mit gelbem Stein, am 16. v. M.; 4) eine «lte silberne Cyitnberuhr «N Lprungdeckel, her», förmigem Schildchen auf der Rückseite «ad d«r Reparaluruummrr 10 765 S. vom S. bi« 4. d. b) ein« silberne Tnfchennhr mit Goldrand, geriefter Rücksrtt» und dem Name» ,Ll. B. Pöhnert" im Decket, am 7. d. M.; 5) ein Spazierst»A von gelbbraunem Bambusrohr mit ge» schweistem stlberaea massiven Grrsf, vom 26. Avril bi» 5. d. M. 7) et« rattzbranne» AaAet mit brauaen Steinnubkuüpsen und Hellem Futter, eine rothleperne Brieftasche mit Atlassutter, «nt. baitrud 2 »ngttttge «rUenttntsche Banknoten, einen Tonst» matt»««- «nV SSabn«ng»«elPeschetn, dtv. «riese und »arten aus „Paul Hermann Georgt" tautead und ein wciszlein. Taschen- tuch mit blauer Kante uuv dem Zeichen „>V. VV.", am 28. v. M.; 8) rin nelp»a>ene» Araurnllrtb, Anfang März d. I.; 9) et» Tammer-derztetzer von dunkelgranem englischen Stoff mit 2 Reihen Hornknüpsea, dunklem Futter, 2 inneren Brusttaschen und Kettcheahenkel, am 80. vor. W.; Etwaige Wahrnehmungen über de» verblieb der gestohlenen Gegenständ» oder über den Lhäter siud ungesäumt bet unserer Crtmiaalabthetlung »nr Anzeige z» bringen. Leipzig. den 8. Mat 1893. Da« Paltzri-Amt »er Stabt Lrtpztg. Bretschurtdrr. Aff. Becker, E.-E. Grlskrankencasse betr. Di« bisher in der 18. Polizet-BezirkSwach« in GohlI» — frühere» Gemetndeamt — bestanden« Zweigmeldestelle wird von Montag, den 15 Mat 18V5 ab Herrn «anf»ann Theod. vrotzmann, Inhaber eine» Lolonialwaaren^peschäst», Droguen» und Wetnhand- lung, Sohlt», Leipziger Straffe Nr. 9, übertragen. Leipzig, am 8. Mat 1893. vrt-krankeneaffe für Leipzig «nd Umgegend. Carl Buhl, stellvertr. Vorsitzender. G. Neubau der Heiligen Kreuzkirche, Leipzig. Die Steinmetzarpeite« sollen tm Wege der öffentlichen Aus- schreib»»« vergeben werden. Angebote sind versiegelt und portofrei mit entsprechender Auf. schrist di« 18. Mai d. I., Nachm. 6 Uhr, in der Kirchenezprditioa, Neuschönefeid, Clarastrab« 16, abzugebeu. SubmtsstonSbeblngungcn und BnschlagSauSzug sind gegen Hinterlegung von 1 tm Atelier de» Architekten Paul Lange, Leipzig-Reuvnitz, Tonstantinstraffe 13, III., in Empfang zu nehmen, woselbst auch dt« Zeichnungen «iagesehea werden können. Leipzig, de» 6. Mat 1893. De« Mrchrnvarstan-. Die Ziele des Wahlkampfes. SS. Der eigensüchtige Parteigeist hat den Sieg über den vaterlandSgedanwn davongrtragrit, und die deutsche Nation wird am 15. Juni zu entscheiden haben, wer ihren Geist richtig ersaßt: ob Diejenigen, die sic von kleinlichen Regungen beherrscht glauben, ob Jene, welche ihr da» volle Verstandniß Zutrauen für die von allen großen Böllern erkannte und be herzigte Wahrheit, daß die Wahrung de» Gemeinwohl« zugleich die Pflege der Einzelintereffcn in sich begreift. Zudem dir MehrheitSparteien de» Reichstag« dir notbwrndig gewordene bessere Sickerung deS Lanke» gegen Gefabren, die furchtbar sind, aber nicht gerade unmittelbar drohen, rechne ten sie auf eioe kurzsichtige Sorglosigkeit beim Bolle, leugneten, hofften sie, der deutsche Wähler werde sich durch da» Trugwort bestimmen lasten: da» Hemd liegt dir näher al» der Rock. Aus zabllosen Blättern aber lehrt uo» die deutsche Geschichte, daß unsere Borfahren da»Hemd hergebeu mußten, weil sie nicht für deu deckenden Rock, drn schützenden Panzer gesorgt batten. Schon einmal seit der Aufrichtung de» Reiche», im Jahre 1887, halte eine Mehrheit de» Reichstag» e» dahin gebracht, daß dir Frage: Sollen wir im Stande bleiben, uo« der aus wärtigen Feinde zu erwehren oder nicht?" an die Wähler ge stellt werden mußte. Die Antwort war ein so mächtig dröhnende» Ja, daß da» französische Volk, welche« sich während der deutschen ReichStagSvrrhaadlungrn der Führung einer Krieg«partri anvertraut hatte, seinen Sinn zum Frieden wandte. Wir wollen die Hoffnung nicht sinken lassen, daß die Entscheidung diesmal keine andere sein werde. Haben wir e» doch abermals mit einer lleberlrgenbeit der französischen Heere«macht über dir deutsche zu lbun, sind e» doch dieselben Parteien, welche mit drnselben Entstellungen de» wahren Sachverhalt» Deutschland Verbindern wollen, mindesten« einem drr zwei feindlich gesinnten Nachbarvölker ge wachsen zn sri». Dir damalia« Mrhrbrit Wiadlhorst- Nichter-Grillniberger heißt h«utr Lieber-Ni-ter-Vebel. Bom Ultramvntani«mn» Andere» zu erwarten, al» wa» der Zerstörung des ihm verhaßten deutschen Staat» dient, wäre Thorbeit. Drr neuerdings zur Führung de- Centrums be rufen« Herr Lieber hat nicht zu leugnen vermocht, daß er die Partei höher stelle als die Sicherung der Grenzen, wie er e- auck nicht einmal in drr Vertretung der Gesaniinlnalion ver schmähte. die Süddeutschen gegen das Reich auszuwiegeln. Und stände ein Borsichligerer an der Spitze, wir wüßten dennoch, wessen wir u»S von den Vertretern einer Macht zu versehen haben, die sich vom Anbeginn der deutschen Geschichte bi- auf den heutigen Tag der dcntschen Ein heit und Stärke widcrsetzt hat unb als Gegnerin dcS Dreibundes eine andere Stellungnabnie zur Mililairfragr, als die deS Or. Lieber, selbstverständlich nicht begünstigen kann. Daß dieSocialdem otraten dieHecreSverstärkung nicht au< dein Grunde bekämpfen, weil sie dem deutschen «taatc und der Gesellschaftsordnung zum Schaden gereichen würde, bedarf nicht der Hervorhebung, denn diese Partei bekennt sich offen zu dem Programm, Alles zu tbuu, waS taS Bestehende schädigt, und Alles zu unirrlasscii. was ikui frommt. Herrn Richter aber ist der politische Streit Selbstzweck, weil seine Fähigkeiten von der Art sind, daß sie ibm nur in Angriffen die Bedeutung verleiden, die sein Ehrgeiz anstrebt. Herr Richter sagt zu Allem und Jedem Nein, weil man aufhören würde, von ihm zu sprechen, sobald er Ja sagte. Wenn die Nation sich klar darüber wäre, von wem und warum die Heeresverstärkung bekämpft wird, dann könnte der AuSgang de» Wahlkampfe» nicht zweifelhaft sein. Denn noch viel mehr Gründe al- vor sechs Jahren sprechen für die Nothwendiakeit, weitere Opfer zu bringen. Zwischen l887 und heule liegt die Kronstadtrr Zusammenkunft, welche vielleicht nicht zum Abschluß eines förmlichen russisch französischen Bündnisse» geführt» aber jede Hoffnung zer stört bat, daß Rußland in einem Kriege Deutschland» mit Frankreich ein« un» günstige Stellung nehmen könne. Auch war zur Zeit dr» SeptennatSstreitS noch nicht von den päpstlichen Bemllhungen die Rede, Rußland für «in AngrisfSbündniß mit Frankreich zu gewinnen. Die Möglich keit eine» Kriege» mit zwei Fronten ist näher gerückt, und ihr namentlich soll dir Heeresresorm gelten. Seine inneren Zustände dringen dem östlichen Nackdarreich noch für einige Jahr« den Frieden auf, nnd dies« Frist durch die rechtzeitige Inangriffnahme einer HecreSrefvrm zu nützen, ist für Deutsck- land ein Gebot drr Selbsterhaltung. Und ein Dritte» ist hinzugekvmuien, wa» starker al« ,emal» dazu drängt, eine patriotische Mehrheit in den Reich-tag zu entsenden. DaS Land befindet sich in Gährung, und werden im neu- gewäblten Reich-tag abermal» diejenige» Parteien die Mehrheit bilden, die ein Interesse an der Beunruhigung de» Volkes haben, so wird da« Parlament, also die Stelle, wo di« politischen Leidenschaften in ein ruhige» Bette geleitet werden sollten, der Mittelpunkt für die demagogische Auf reizung werden. Wir würden dann, zumal abermalige Wahlen unvermeidlich wären» in einen Zustand der Ber us irrung hineingetrieben, der den bürgerlichen Erwerb stören müßte, die Franzosen anrcizen könnte, unsere inneren Zwistig keiten zu einem Angriff auSnützen, jrdenfall» aber di« Macht der Svcialdemokratir auf einen gefährlichen Grad steigern würde. Alle patriotischen und besonnenen Bürger — und diese bilden die ungebeure Mehrheit — mögen sich da» vergegen wärtigen und den Kampf rum guten Ende führen. Ein wich tiges Ereigniß bestärkt diese Hoffnung. Wenige Stunden nach der Auflösung de- Reichstage« hat die deutschfreisionige Partei zu existiren anfgehört, sie ist in die zwei, im Jahre l88l vereinigten Bestandrbeile zerfallen: in die Fort schrittS- partr, und in die Liberale Bereinigung. Nicht nur die echS Abgeordneten, welche für den Antrag Huene ge stimmt, scheiden aus, eS ist dies auch von lü anderen bereits sicher; 18 FraclionSmitzlieder fehlten. Zur neuen liberalen Partei werden alle noch dem Parlament angehörigcn Deutsch- freisinnigen treten, die früher Mitglieder der national- liberalen Partei gewesen sind. Damit ist das Wesen der neuen Parteischöpsung bestimmt. Sie sagt der Richter'schcn Politik Valet, nationale Lebensfragen vom Parteistanb- punct zu behandeln und dir Forderungen de« eigenen Programme« in dem Augenblicke, wo sie erfüllt werden sollen, zu verleugnen. Dem deutschen Volke wird mithin aus dem Lager des DrutschfreisinneS heraus die Bestätigung, daß die zweijährige Dienstzeit denn doch kein wertbloseS Ding und durch die gerechtere Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht nicht zu theuer bezahlt ist. DicS ist ein weiterer und wahrlich nicht der unwesentlichste Puncl, in der sich die heutige Lage von der von 1887 unterscheidet: drn Opfern steht diesmal eine Entschädigung gegenüber, eine Erleichterung, nach der sich da« Volk längst gesehnt, die der Reichstag vor drei Jahren gefordert, und zwar unter Zustimmung derselben Herren Lieber und Richter, die sie jetzt unmöglich machen möchten. Bittet nun die Sickerung de« Landes und die zweijährige Dienstzeit den Anlaß zu drn Neuwahlen, so steht bei diesen noch viele« Andere, kaum minder Werthvolle auf dem Spiele. ES gilt Männer zu wählen, welche der Politik de« neuen Eurse« da, wo sie von den alterprobten Grundsätzen ab- gewichrn ist, ein Halt zuzurufen entschlossen sind. Manches in den letzten Jahren bat darauf hingedeutet, daß die Macht haber nicht zu erkennen wissen, wo die Freunde, wo die Gegner de- jungen Reiche- stehen. Auch freiheitliche Errungen schaften, ebne welche eine hochentwickelte Nation, wie die deutsche, nicht bestehen kann, siud gefährdet gewesen und können wieder gefährdet werden. Endlich ist vir wirth- sckastliche Lage de- Mittelstände- eine solche ge worden, daß sie eine umsichtige, wohlwollende, um Lehr- meinungen nnbekilmnierte Berücksichtigung erheischt. Nicht Diejenigen sind dir Freunde de- Volk-, die ihm eine für die Erkaltung de« Frieden- nolhwendigr Ausgabe er sparen wollen, sondern Diejenigen, welche die politischen und wirtbschastlichen Bedingungen eine» gedeihlichen Erwerbsleben« zu birteo entschlossen sind. Und der Schutz der bürgerlichen Freiheit rubt nicht bei Jenen, welche die Bolklreckte und BolkSintereffen unausgesetzt im Munde führen, aber jedem Fortschritt widersprechen, weil er „nicht weit genug" gebt, und die um erbärmlicher Parteirwecke willen den Ultra- moataniSmli», de» Erzfeind aller Freiheit, verstärkt» helfen Furchtlos« Eutschittrahrit in Srr Erhaltung der nationalen und freiheitlichen El lniigcnschasten, rubigeö, aber stetcS Fort- schrcitcil ans dem Wege der Verbesserung der politischen unk wirtbschaslliche» Zustände sind Anforderungen, welche die deutschen Wähler an ihre Abgeordneten zu stellen, bei diese» folgenschweren Wahlen ganz besonder- tristigc Grünte haben. Deutsches Reich. r. Lschatz. v. Mai. Am 8. dss. MlS. wurde hier eine sehr zahlreich besuchte Bezirk-Versammlung de- den Ischen Bauern blinde- unter Borsitz dcS Herrn G»l-bcsitzcr- Hansse Tadle» abgebaltcn. Nachdem der Borsitzciide über die Tiooiiversammluiig in Berlin berichtet balle, wurde der Anschluß a» den Bund der Landwirtbe ausgesprochen. O.Il. Berlin, 8. Mai. Mit ibrcn Vorbereitungen für die Neuwahlen wollen dir Socialdcinokrate» im Große» und Ganzen fertig sei»; in über 20« Wahlkreise» ist die Ausstellung der Eandidaten bereit- erfolgt oder siebt sest: keiner von den 397 Wahlkreisen soll diesmal unbesetzt bleiben. Tie Wortführer und Leiter der sociat- drmok»alischcn Bewegung geben sich der Hoffnung bin, daß der neue Reich-tag mindestens 60 ibrer Leute seben und daß 3 Millionen Wähler sich am 15. Juni mit socialdemo- kratischen Wablzettcln an der Wablurne ciiisiiitcn werden. In den nächste» Tagen werden die socialtcmokratischen Partei tage einander sörmtich jagen, um die Agitation für die Provinze» und kleineren Bezirke zu organisiren. Der Schwcr- vunct soll in den ü>/, Wochen aus die Bearbeitung de« LandvolkeS gelegt werten, da nian die städtische Arbeiler- bcvölkcrung ganz sicher hinter sich zu haben glaubt. Am HiiiiniclsabrtStag dürsten von allen großen Jndustrie- crntren aus die socialdemokratischen Agitatoren sich über da» Land ergießen nnd ihre bekannten Flugblätter „Mutter, wa- läuft der Gendarm so" und andere, darunter auch rin neues über die Militairvorlage, in ganzen Ballen verbreiten. Die Parole der Socialdcniokratie soll in erster Linie das an geblich bedrohte allgemeine gleiche Wahlrecht sein; überall werden die Agitatoren verkünden, daß. wenn nicht die Socialveuiokratie au« drr Wahlurne al» Sieger hervor- gehcn sollte, die große Gcsabr vorhanden sei, daß da- all gemeine gleiche Wahlrecht genommen werde. Bon den 36 Mandaten, welche die Soeialdcmokratie im aufgelösten Reichs tage besaß, sind, wie die Berbällnisse leider liegen, Uber die Halste kaum erfolgreich anzugrciscn (Berlin IV, VI, Ham burg I, II. Chemnitz, Altona, Nürnberg, Elberfeld-Barmen, Leipzig-Land, auch Hannover, München ll, Magdeburg, Glauchau). Für bedroht erachten die Svcialdcmokraten nur fünf der von ihnen vertretenen Wahlkreise (Lübeck, Königsberg, Bremen, München I, vielleicht Halle). Da gegen glauben sie, eine ganze Anzahl neuer Wahlkreise leicht zn gewinnen. In den nächsten Tagen werden von Berlin ganze Hausen von Agitatoren in die Provinzen rieben; den» hier in Berlin hält man dir Sache für vollkommen geklärt; Berlin IV und Vl sind eben nicht zu entreißen; Berlin II und III hoffen die Social demokraten leicht, Berlin V nach Kamps zu gewinnen; da- Calcül der Coeialdemokraten, das hossentlich zu Schanden wird, ist, daß „Genosse" Fischer im II. Wahlkreise mit einem bedeutenden Borsprung mit Virckow in die Stichwahl kommt, bei der dir Antisemiten die Entscheidung geben. Aehnlich liegen di« Berdältnisse im Hl. und V. Wahlkreise. Es bedarf einer unausgesetzten, ganz energischen Agitation, wen» nicht am lü. Juni die Nackricht kommen soll: „Berlin ist rum größten Tbeil zu den Socialdemokraten übergeaangen". Man scbc sich nur die MietkScaserncn in den neu erstandenen Straßen de- II., III. und auch V. Wahlkreises an »nd man wird zugeben müssen, daß e« nicht numöglich ist, daß ani 15. Juni in Berlin 200 000 socialdemokratischc iLlinimzettel abgegeben werden. In allen 6 Wahlkreisen werden auch die Radau-Antisemiten mit eigenen Can- dikaten auswarten, die gemäßigtconservativcn Elemente werden ebenfalls in die Wahlagitation eintrclcn, die sogenannte Mittel st aiidspar tri will sich auch rübrcn: cS wird ein toller Hexensabbat!, werden, und leider ist zu befürchten, daß dir einzigen Gewinner die Socialdemokraten sein werden. Denn bei den Gegensätzen, wir sie da« politische Leben ge zeitigt hat, erscheint eine Bereinigung gegen die rotbe Inter nationale vollständig aiiSgeschloffen. — Die socialdemokratische Cand idatcn l isie für Berlin Kat sich verändert. Es werten »ach der Rcibcnsolgc der Wahlkreise ausgestellt: Gcrisch, Fischer, Bogihcrr, Singer, Schmidt und Liebknecht. 6. T. Berlin, 8 Mai. Seiten- der diesigen Weber wird eine Lobnbewegung geplant, welcher sich voraus sichtlich auch, die Weber in Nvwaweß, Straußbcrg. Zinna, Luckenwalde und die in Schlesien für Berliner Fabrikanten arbeitenden Weber anschließen werten. Welche Forderungen ausgestellt werden sollen, wird erst in einer in den nächsten Tage» stattfiiideiiden Versammlung beschlossen werden. Zu bemerken ist, daß die Arbeiiskräfte in der Textilindustrie zur Zeit außerordentlich knapp sind, welche Thatsache die Weber wohl zu ihrem Borgebe» crinulhigt hat. * vrrltn, 8. Mai. Bei den bisher im CuliuSministerinm veranstalteten Vorbereitungen zum Erlaß einer neuen ärztlichen Tare, die als Maßstab für streitige Fälle beim Mangel einer Vereinbarung geilen soll, ist auch, wie die „Boss Zig." Kört, die Frage zur Erörterung gekommen, ob nicht, wie in Baben und Elsaß-Lolbringe», von jeder Taxe voljständig abzusebc» sei. Diese Frage ist im ver neinenden Sinne enlschieden worden, weil es Fälle gicbt, in denen, wie im 8 '>1 der deutschen ConcurSordnung vom >0. Februar 1877, das Vorhandensein einer Taxe die Voraus setzung bildet, um den Acrzten ein nicht u.iwichliaeS gcsey jicheS Vorrecht zu sickern, und weil in anderen Fällen, wie da, wo öffentliche Fonds die Kosten zu tragen baben, e» ebenso sebr dem Interesse der Aerztc, wie der Be- börden und belbeiliglen Körperschaften entspricht, daß etwaige Streitigkeiten über die Höbe der Gebühren ebne erhebliche Weiterungen entschieden werden können. WaS die den Aerztc- kammern vorgelegte Frage anbelangt, ob die geplante neue Medicinaltaxe nur eine Mindestgebudr und daneben auch eine Meistgcbübr verzeichnen solle, so fab der unter den, Ministerium Falk ausgestellte Entwurf von der Festsetzung eine- Höckst- betragr» ad. ES wurde dir» wie folgt motivirk: „Die Ver hältnisse ln Stadt und Land, die Erwerb«- und vermögen«. Verhältnisse der einzelnen Zahlungspflichtigen im vergleich mit einander, die Mühewaltungen selbst, nach der Person de- beanspruchten ArzicS wie nach der Belegenheit des KransbcilSsalleS betrachtet, sind zu verschieden, al- daß c- möglich wäre, auch nur für kleinere Bezirke zu einer allen Interessen gleichmäßig gerecht werdenden Fixirung zu gelangen." ^ Brrlin, 8. Mai. (Telegramm.) Eugen Richter sciidel der „Vossischcn Zeitung" eine detaillirte Erklärung über die Grünte seines Vorgehen- in drr Sonnabendsitzung der freisinnige» Partei, in welcher rS bekanntlich zur Spaltung derselbe» kam. — Richter erklärt ferner, daß e- ibi» ebne starken Rückbalt an einer, an den Grundsätzen der allen Fortschritt-Partei fcstbaitenden Mrhrbrit in seiner Partei, nicht möglich wäre, den bevorstehenden schweren Wahlkampf gegen die rcchl-stchcudcn Parleie» und die Sccialdeinokratie durchzufUhrcn, baß er auf die Unter stützung der süddeutschen Volk-partei rechne, und daß vor den Neuwahlen ein Parteitag stattfinden wird, um über Organisation, Programm undPartei- bc Zeichnung cnbgiltig Beschluß zu fassen. Ueber da« weiter« Vorgehen der Minderheit der freisinnigen Partei wird später Bericht erstattet werten, da die Entscheidung wegen der Abwesendest der beiden Abgeordneten Rickert und l>r. Barth erst morgen stattsindcn könne. -- Berlin, 8. Mai. (Telegramm.) Freiherr v. Huene ist auS dem Vorstand der Crntrum-partri auS- geschieden, nachdem in der letzten FractionSsitzung die gegnerische Stcllungnahnie der Partei zur Militairfrage im Wahlaufruf bergestellt worden ist. « Brrlin, 8. Mai. zTrlegramm.) Dir „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt: Die „Kreuzzeitung" hat in ihrer Nummcr vom Sonntag gemcidet, der Reichskanzler Hab« sofort nach erfolgter Auflösung deS Reichstages den Gebrimrn Rath Dietrich zuin Kaiser gesandt, um ihm die officielle Mitlhciiling von der vollzogenen Thalsach« zu machen. Wir können dies als nicht zutreffend bezeichnen und können mit- theilen, daß sich der Reichskanzler selbst nach der Auslösung de« Reichstages mik dem nächsten fahrplanmäßigen Zuge i»ach dem Neuen Palais begeben hat, nickt um dem Kaiser, wie einige Blätter wissen wollen, seine Demission anzubieten, sondern »m Seiner Majestät über die Vorgänge vor und d«> rer Auslösuug Vortrag zu halten. -e Berlin, 8. Mai. (Telegramm.) Dir preußischen Minister und die sliiiimsührcnden Vertreter der anderen Staaten im BnndcSrath waren gestern zur kaiserlichen FrühslUckölafel geladen. Während und nach derselben wurde eine lebhafte Unterhaltung über di« politischen TageS- sragen gepflogen. X. Brrlin» 8. Mai. (Telegramm.) Die »Nordd. Allg. Ztg." beschäftigt sich mit der Thatsache, daß am Morgen de« 6. Mai dem Reichskanzler von einem frei sinnigen Abgeordneten die Annahme der zweijährigen Dienstzeit lu Lvtviuuin, die Festsetzung der Präsenzstärkr bi« zum 3l. März l899 vorgeschlagen wurde, und sagt, einen fvlchcn Vorschlag habe der Reichskanzler bei dem Kaiser nicht befürworten können, ^unial da in den letzten Tagen Zweifel an der Beständigkeit der freisinnigen Enischlievungen nur allzusehr gerechtfertigt gewesen seien und die Unterstützung der Conservativen nicht sicher war. Ter Antrag de» Prinzen CaroIath wäre wotzl diSciitabcl gewesen, aber der gestellte Schlußantrag und die erhebliche Mehrheit bei der erstmaligen Abstimmung zeigte klar die Nutzlosigkeit jede« weiteren Versuches, mit diesem Reichstage zur Verständigung zu gelangen. Berlin, 8. Mai. (Telegramm.) Die Reichs- Partei veröffentlicht in der „Post" ihren Wahlaufruf, in welchem sic, fußend ans der HecrcSvcrstärkung, ans der Wirlhschasispolilik dcS Fürsten BiSmarck und auf einer, in cvnservalivem und gemäßigt liberalem Sinne gehaltenen Socialpolitik, für die innere und äußere Größe de» Reiche« zu wirken verspricht. V. Vrrltn, 8. Mai. (Telegramm.) Der ehemalige Abgeordnete für Naugard-Regenwaldc, v. BiSmarck» rin Bruder de» Fürsten v. BiSmarck, ist gestorben. V. Vcrlln, 8. Mai. (Telegramm.) Nach einer Blätter- nieldung ist der Gcnerailicutenant v. Winterfeld mit der Führung des Gardecorp« beauftragt worden. Berlin, 8 Mai. (Telegramm.) Tic Antisemiten halten deute eine Volksversammlung auS Anlaß der Neu wahlen ab. Sprechen wird Prvseffor Förster. — Tein BundcSrath ist ein Gesetzentwurf über die Gewährung von Beistand bei der Einziehung vo» Abgaben und Geldstrafen zugegangen. Der Eniwurf, welcher 10 Paragraphen umfaßt, bestimmt nach der „Köln. Zeitung" ii» Wesentliche», daß die Behörden verschiedener Biiiidcsstaatcn einander aus Ersuchen Beistand zu leisten haben: l) Z»m Zweck der Erhebung und Beitreibung von Reickszöllen »nd Ucbergangsabgabcn; von öffentliche» Ab gaben einzelner Bundesstaaten einschließlich der Gericht« gebühren u. s. w; von Coinmunalabgabcn und von Kosten vo» Einziehung dieser Forderungen. 2) Zum Zweck der Durch führung de« Verwaltung--Strafverfahren», wegen Zuwider handlungen bezüglich der ReichSzölle. 3) Zum Zweck der Beitreibung von Geldstrasen, welche durch polizeiliche Verfügung auf Grund reich-geseylichcr Slrasbestinimuiigen festgesetzt worden sind, verpflichtet zur BeistandSgcwäbrung sind die dazu beruseucn Behörden des betreffenden Staate«. Feblt r» an solchen Behörden, so haben die Landesregierungen diese zu bestimme», im Uebrigcn werten die Voraussetzungen und die Zulässigkeit der BeistandSleistung. sowie di« Zu ständigkeit der Verwaltung«- bezw. Gerichtsbehörden durch da« Gesetz geregelt. — Drr Präsident de- HerrcnbauseS, Fürst Stolberg- Wernigcrode, gedenkt die nächste Sitzung des Herren bause« aus den 2.5. Mai anzuberaumen: in dieser würde die zweite Abstimmung über da« Wahlgesetz stattfinden »»d bald darauf würden dann auch die Steuerresormgesetze in Angriff genommen werden; zunächst müßte freilich im Abgeordnetenhause die erneute erste Abstimmung über da von, Herrenbause veränderte Wahlgesetz statlfinden, da von dieser Abstimmung die ganze Erledigung drr Struergrsrtz« abhängig gemacht ist.
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