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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930510018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893051001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893051001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-10
- Monat1893-05
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Tabellarischer und Ziffrrnsatz »ach höherem Tarif., Skptra-Beilagen (gesalzt), nur mit det Morgen-jlusgabe, ohne Postbesörderung t>0. —, mit Postbeforderung ^ 70.—. Ännatsmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Be! den Filialen und Annahmestefiea z« ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di« ExPrditi«» zu richten. . Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. ^« 238. Mittwoch den 1». Mai 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Donnerstag, den 11. Mai, Bormittags rmr bis Uhr geöffnet. LxpvülUon Ü68 I^tzlpLlxer l'LsediLttes. Amtliche Bekalmtmachungen. Lekannlmachung. Nachdem »vir beschioffen haben, die an der Nordseite de» Thomasgäßchens gelegenen städtischen Grundstücke, sowie das Grundstück Markt Nr. 14 im Laus» de» kommenden Winter» ab- zubrecheu und da» nach Verbreiterung des ThomaSgäßchen» ver bleibende Bauarral im Frühjahr 1894 zu verkaufen, jo bringe» wir hiermit zur öffentlichen Kenntnis, daß Pläne über diese» ver bleibend« Bauland in dem Zimmer Nr. 3, 111. Stage, Le» Grund- stück» Markt Rr. 14 während der ExpeLttion-zeit zu Jedermann» Einsicht «»»liegen. Gleichzeitig ersuchen wir Reslectanten aus das gesammte Areal oder einzelne Baustellen, ihre Gebote bi- zum 31. Juli diese» Jahres Nachmittag» ö Uhr schriftlich und ver- siegelt in unserer Nuntiatur, Sialhhau», 1. Stage, einzureichen. Da» fragliche Areal umfaßt nach Plaavermessung circa 1388 qm mit 76,1 m Front au dem ThomaSgäßchen, 16 m Front am Markt und 19,ü m Front au der klostergaffe. Bezüglich der eingehenden Gebote behalten vir «»» Ablehnung oder »ach Befinden weitere Verhandlungen vor. Leipzig, den 23. März 1893. . 1274 Der Uath «er Stadt Leipzig. ^ 393' vr. Georgi. Aff. vr. Redlich. Bekanntmachung. Di» Leuchtkraft «e« ftävtischen Leucht«ase« betrug t» der Zeit vom 24. ApAl bl» 7. Mai d. I. im Arganddrrnaer bei ISO Litern stündlichem Coasum da» 19H fach« der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze vou ÜO Millimeter Flammeuhöh«. Ta» spectfisch« Gewicht stellt sich im Mittel aaf 0,442. Leipzig, «m 8. Mat 1893. De« Rath» Deputation zu den varanftalten. Aus dem neuen Friedhof zu Leipzig-«onnewitz soll «in zweiter vruuneu angelegt werden. Anschläge über Arbeiten und Zubehör werden bi» zum 17. Mat d. I. erbeten. Wegen der LrtSbesichltgung wolle man sich an den Todtenbettmeistcr Schmidt (am Friedhof) wenden. Die Auswahl unter den sich Meldenden wird Vorbehalten. Leipzig-Lonuewi-, am 9. Mai 1893. Der «ircheuvorftand. «. M. Hasse, k. Achützenhausverpachtnng. Da» der Stadtgemeind« Taucha gehörige schön gelegene Schützen- Haus mit schönem Saal, Solonnaden, Veranda, grobem Sommer- jchankplatz und großer Wies«, aus einer Seite von einem Wäldchen begrenzt, rin sedr beliebter Ausflugsort von Leipzig au» und namentlich von Vereinen gern besucht, soll a« 22. Mat diese« Fahre« Nachmittag« 8 Uhr a» vrt und Stelle vom 1. Oktober diese« Jahre» ab auf 12 Jahre, «ater den vor dem Termin bekannt zu gebende» Bedingungen, anderweit verpachtet werden. Aus der großen Wiese wird da» alljährlich« acht Tag» dauernd« Schützenfest adgehalten. Interessenten werden z» diesem Lerpachtungttrrmine andurch cingeladrn und erhalten aus Wunsch nähere Au»kunft durch Unterzeichneten. Taucha, am 2. Mat 1893. Der Stadtrat-. Schön selb, Bürgermeister. Um Ermittelung und Bekanntgabe de» Aufenthaltsort» de» am .80. August 1848 geborenen, zuletzt in Leipzig ausenthältlich ge- weseneu Pferdehändlers Oswald Paul Srrasch wird gcbelen. Apolda, ü. «at 1898. «ra»h«r,a,l. SSchs. «»»«gertcht 111. Lla«. Eine Wehrsteuer. * Nicht lange vor Auslösung de» Reich-tageS bat der württembergischc Oderstlicutenant a. D. von Schmid einen „BermitlelungSvorschlag zur Militairvorlage" veröffentlicht, der sich nicht nur mit der Frage, auf weiche Weise cmc Ver ständigung über di« Militairvorlage hcrbeigefitdrt werden könnte, sondern auch mit der weiteren Frage beschäftigt, wie die Mittel zur Durchführung seine» Vorschlages zu beschaffen seien. Die erste dieser Fragen ist bereit» insofern gelöst, als die verbündeten Regierungen und die Minderheit des aufgelösten Reichstage« für den Antrag v. Huene sich rr- ilärt haben; über die zweite Frage aber w»rd sich noch mancher Streit erheben, bei dem auch die Vorschläge Schmid'« ernstlich in Betracht gezogen zu werden verdienen. Schmid schlägt nämlich außer einer Besteuerung der „seinen Zigarre des wohlhabenden Manne«' unter Schonung der „Pfeife des Armen' ganz besonder» „die endliche Einführung einer Wehrst euer" vor, deren muthmaßlicheu Ertrag er au 2u Millionen Mark veranschlagt. Der versaffer, al» württembergischer Officier, ist auf den Vorschlag wegen der Webrsteuer Wohl zunächst durch die Be obachtung geführt worden, daß in dem Nachbarland« Würt tembergs, der Schweiz, eine derartige Steuer schon lange besteht und sich bewahrt hat. Io Württemberg selbst bestand eine solch« bi« zum Eintritt diese« Lande« in den Reich«verband, und io Oesterreich besteht sie, so viel be kannt, «och jetzt. Im deutschen Reiche ist der Gedanke einer Webrsteuer al» und zu in der Prrff« aufgrtaucht, aber immer kurzer Hand mit der Erklärung zurückgewiesea worden: „Die Wehrpflicht sei eine patriotische Ehrenpflicht, di« nicht mit Geld abgelöst werden könne.' Ebro dieser Grund ward auch der schon >880, dann wieder 1881 von der Rrichsregierung vor» geschlagene» Webrsteuer rntaegengesetzt, »nd darauf bin ward der betreffende Gesetzentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt. Eine solche Auffassung würde am Platze sein, wenn eS ich um etwa» AebnlichcS wie da» alle sächsische Svstcm der sog. „Stellvertretung" bandelte. Nach diesem System konnte jeder Wehrpflichtige für eine bestimmte Summe (800 Tbaler oder 900 wenn wir un» recht erinnern) sich einen sog. „Stellvertreter" kaufen. Zu dieser Stellvertretung boten sich ältere Soldaten, die eigentlich ausgedient hatte», rern an, weil sie dadurch etwas verdienten; der eigentlich wehrpflichtige, auch wenn er ganz gesund und diciistlüchlig war, ging frei aus und konnte seinem Erwerbe nachgehe» oder in Muße sein Leben genießen. So ist eS bei der Wehrsteucr nicht gemeint. Jeder Webr- fflichtigc, der vollkommen tauglich zum Waffenbandwerk ist, oll und muß seiner Ehrenpflicht gegen das Vaterland in eigner Person genügen. Allein es giebt immer eine Anzahl Wehrpflichtiger, die dies nicht können, weil sic nach ihrer körperbcschaffcnbeik oder ihren Gesundhe itSver- hältnisscu bei der Aushebung nicht für vollkommen dienst und kriegStauglich erachtet und deshalb von dem Eintritt i» das stehende Herr frcigcsprochen werden. Zwar sollen, w.e verlautet, die Bedingungen dicsei Tauglichkeit, einschließlich des sogenannte» MilitairmaßeS, bei Annahme der Militairvorlage etwas herabgesetzt werden, damit die Militairverwaltung bei der Aushebung von Nccrutcn eine größere Auswahl habe. Allein auf der andern Seite soll alsdann die „Ersatzrcservc" in Wegfall kommen, in welche bisher Diejenigen eingestellt wurden, die man auS irgend einem Grunde nicht zum stehenden Heere einzichen z» können meinte, dir aber doch nicht ganz un tauglich waren. Immerhin wird also eine Anzahl Solcher Zurückbleiben, die wegen gewisser körperlicher Fehler oder Gebreste nicht zum Waffendienst auSgehoben werden, während diese Fehler oder Gebreste nicht von der Art sind, daß sic die Erwerbsfähigkeit der betrefsenden Personen gänzlich oder nur wesentlich beeinträchtigten. Nun erscheint eS aber als eine Ungleichheit, um nicht zu sagen Uirgerechtigkeit, daß der Eine, unter völligem Verzicht aus jeden Erwerb iu dieser Zeit, ja wohl noch mit eigenem Zuschuß, seine zwei Jahre dienen muß, während ein Anderer in dieser ganzen Zeit ruhig seinem Erwerbe nachgeben kann. Sollte eS da unbillig sein, wenn man diesen Letzteren von seinem Erwerbt etwa» abgeben ließe, um diese Üngleichdcit einigermaßen anszugleiche»? Ja sollte ein Solcher nicht selbst c« für eine Ehrenpflicht gegen sein Vaterland und für einen Act der Gerechtigkeit gegen seine Mitbürger erkennen, an de» Leistungen sür die Sicherheit deS Reichs, da er eS mit seiner Person nicht kann, wenigstens mit seinem Geldbeutel sich zu beiheiligen? Natürlich würde eine solche Webrsteuer nur von Denen zu erbeben sein, welche trotz ihrer DicnstuntauzlicherklLrung doch für ein friedlichen Erwerb entweder die volle oder doch eine nicht wesentlich verminderte Fähigkeit besäßen. Die ärmeren Elasten — bis zu einem gewissen Maß deS Einkommens hinauf — wären freizulassen, di, höheren Einkommcnclasscn aber je nach der Hobe dieses Ein kommen» heranzuziehen, und zwar für die Ze», wo sie sonst den vollen Dienst zu leisten hätten, nack dem vollen Betrag, nach Ablauf der zweijährige» Dienstzeit im stehenden Heere aber (wo der als Soldat Eingezogene alljährlich nur eine gewisse Anzahl von Wochen durch Hebungen, Manöver und dergleichen seinem bürgerlichen Erwerb« entzogen wird) zu einem geringeren. Der württembrrgische Officier berechnet, wie gesagt, den mutbmaßlichen Ertrag einer solchen Wehrsteuer zu etwa 20 Millionen Mark. In der kleinen Schweiz mit ihrer kaum ein Zehntel der Bevölkerung Deutschland» betragenden Einwohnerzahl ergiebt sie gegen 2'/, Millionen Mark im Jahre. Der Gesetzentwurf von 1881 veranschlagte sie aus >9 Millionen Mark. Jetzt, bei der seitdem wesentlich ge stiegenen Bevölkerung und der in der Militairvorlage in Aussicht genommenen viel ausgedehnteren RecriNirung. dürste sie bedeutend mehr, wobl einige 80 Millionen Mark abwerfe». Die Veranlagung Vieser Steuer müßte sich an die Sätze derjenigen Steuer anschließcn, welche den richtigsten Maßstab für da- Einkommen der betreffenden Person abgäbc, also r. B. in Sachsen und nunmehr auch in Preußen an die Ein kommensteuer nach ihren verschiedenen Stufen. Wer ein höheres Einkommen von seinem Erwerbe (im weiteste» Sinne) bcziebt, kann davon billigerweise auch mehr abgeben, weil er diesen höheren Erwerb nicht bätte, wenn er dienen müßte. Bezieht er ein hohes Einkommen aus vermögen, nun so zahlt er dafür, daß er den ungestörten Genuß dieses vermögen» hat, während andere Wohlhabende durch den Dienst, den sie leisten müssen, in diesem Genuß verkürzt werde». Noch ein Einwand gegen die Webrsteuer gebt dabin, daß ja di« Wehrpflichtigen in diesem Alter osl noch gar keinen eignen Erwerb hätten. Für solche Fälle (wo also die Webrsteuer von den Vätern oder sonst wem getragen werden müßte) würde sich ja auch wohl ein entsprechender Anlage- suß finden, kenn selbst die nicht unterbrochene Vorbereitung auf einen späteren Erwerb (wie z. B. da» Studium) bat einen bestimmten Werth, der dem verloren gebt, welcher diese DorbereitungSzeit dem Waffendienst opsern muß, — abgesehen von dem Zuschuß, welchen die Eltern der wirklich Ein gezogenen meist leisten müssen und welchen die Eltern der nicht Eingezogenen ersparen. Sollte man e» etwa nicht paffend finden, daß der Staat al- solcher sich durch riue derartige Webrsteuer bereichere (ob gleich nicht recht einzüsehen, warum), so ließe sich der Wehr steuer vielleicht eine solche Verwendung cmweisen, die irgend wie Denen zu Gute käme, welch« die Nickteingezogenen gewisser maßen mit übertragen müssen, d. h. Len im Heer« Dienenden Beispielsweise könnten damit notblridcnde Familien solcher unterstützt werden. Oder man könnte auch wobl daraus Prämien entnehmen sür die Unterossieirre deren Besserstellung drhus« ihrer Fcsthaltung bei der Fabne ja von allen Sachkundigen al» so dringend wünschenswert!» bezeichnet wird. Iedeasall« sollte man sich nicht durch einen hier Übel an gebrachen Idealismus abbalten lassen, diese Frage, wie alle dergleichen Fragen, unter einem rein sachlichen Gesichtspunkte zu betrachten. Deutsche- Reich. es. Berlin, 9 Mai. Ter Eanlo» Schafs bansen bat mit großer Mebrheil die Wiederciiifübrung der Todes strafe beschlossen. Daran ist nicht» Besondere», seil >879 babcn bereits acht schweizer Eanlone von der Befugniß Gebrauch gemacht, die in der Biindesversassiing von >874 abgeschaffte Todesstrafe wieder in >bre Strafgesetzbücher aiif;»- nebme». BcmcrteiiSwertb ist aber,daß die den tsel's rcisiiiiilgc Presse dir Meldung an» Schaffkansen obne jede adfälligesrriiik, geschweige denn unter Ausdrücken der Entrüstung wierergicbi. Wie sich doch die Zeiten ändern! Als der Norddeutsche Bund tur; nach seiner Gründung vor der großen Ausgabe stank, ein gemeinsame» Strafgesetzbuch für sei» Gebiet zu schassen, verlangte der Reichstag, daß die Todesstrafe keine Stelle in demselben finden solle. Tic Regierung widersetzlc sich dem auf da» Entschiedenste und ließ leine» Zweifel darüber, daß sie von der Beibebaltnng der Todesstrafe das Zustandekommen deS ganzen Gesetze» abhängig mache. Um den ersten Anlauf zu einer einheitlichen deutsche» Zustizgesetz gebung — da» norddeutsche Strafgesetzbuch wurde 1872 da» des deutschen Reiche» — nicht zu einem vergeblichen werde» zu lassen, willigten die Natioiiallibcralen schlicglich in die Beibehaltung. Daraus erbob sich m»i eine Iabre lang währende Hetze gegen diese Partei, welcher Erhaltung mittclatterlicher Ein richtungen, Berrath an der Freibcit und den heiligsten Voll»- rechten zum Vorwurf gemacht wurde. Und dies, obwohl eS sich nicht etwa um die Wiedereinführung, sondern nur um die Beibehaltung der Todesstrafe gehandelt halte; nur ein einziger Staat res Norddeutschen Bundes balle diese Strasarl abgcschafft. Wir erinnern uns des in jener Zeit in einer fortschrittlichen Versammlung gefallenen AnssprnchS, die NatioiiaUiberalcn Härten einen Anspruch darauf erworben, daß die Scharfrichter nur a»S ihrer Mitte genommen würde». Und beule jindcl cs die dcutschsreisiiiuize Presse selbstverständ lich, daß ein rein demokratisch regiertes Land die Todesstrafe wieder einsübrt. Ein wcrthvoller Beitrag zur Kennzeichnung der Redlichkeit dieser Richtung. * Berlin, 8. Mai. Wegen verleumderischer Beleidigung de» Jilstiziiiliüsters 1)r. v. Schilling, des Auswärtigen Amtes und mehrerer Staatsbeamte» »and heute der Kaufmann Carl Paasch vor der siebenten Strafkammer hiesigen LandgerichlS 1. Ter in Untersuchungshaft besinLiich« Angeklagte veröffenliieme ii» Jahre 1891 unter dem Titel „Eine jüdisch-deutsche Gesandt schaft und ihre Helfer'^ eine Broschüre, die schwere Bcleidi- gungen gegen den deutsche» Gesandten in China, Wirkt. Geh. Rail, v. Brandt, sowie gegen^den LegationSrath Frhrn. v. Kctteler und andere Mitglieder de» Auswärtigen Amtes enthielt. Tie Bro schüre wurde Beranlossiing zu «ine», Strafverfahren gegen Paasch, da» noch nicht entschiede» I». Am 6. Rngnsl v, I. hat in dieser Sache Termin zur Hauptverdandlung angestandcn, der Termin Halle jedoch nur einen vorbereitenden Lharaller, da de», Anträge des Angeliagten, mehrere in außereuropäische» Ländern lebende Personen zu vernehmen, sialtgegebcn werden iniißle. Hatte der Angekiagle schon die in der Broschüre „Eine jüdisch-deutsche Gesandtichast" enthaltenen Vorwürfe später t» einem „ossenr» Briese an de» Reichskanzler von Caprivi" wiederholt, so veröffentlichte er aus Anlaß jene- StrasversahrenS aber mals mehrere Triicklchrisie». die die jetzige Anklage hervor, gerufen haben. Cr erhebt darin arge Beschuldigungen gegen mehrere Mitglieder de» AnSivüriige» Anne» »nd überschüttet die Juslizvcrwatlung und intbejondere den Juslizniinister I)r. v. Schellmg mit schweren, ehrverletzende» Anschuldigungen. Ta» geschah iiaiiienl- lich durch mehrere Petitionen, die der Angeklagte an den Reichstag, das Herrenhaus und Abgeordnetenhaus, an de» Bundesrath und einzelne Mitglieder dieser Körperschaft richtete, ferner in der Broschüre: „Ctne Prot» st ei »gäbe an Se. Excellenz den Herrn Reichskanzler v. Caprivi." Als der Angeklagte im Februar ds. Ir», im kreise Pr. Stargaid als antiscinittscher Candidat lUr den Reichstag auiirat, bat er diese Triickichristeii auch dort vcibreitet. Ta die Broschüre „Eine Protesleingabe" beschlagnahmt war, so wird ihm diese Verbreitung noch besonders zum Vorwurs gemacht, Ter Ange klagte verlang! darin, daß die Regierung seiner Sacke energuch naher treten solle, da Leute, die «l» schlechtes Gewissen haben, seine Sache zn verjchlcpvrn suchten. ES bandele sich „um «ine aus einer kaiserlich deutschen Gesandtschast unter den erschwerendste» Umständen ausgesührle Beraubung zu Gunsten der Jude»." Ter „kaiserliche Gesandte jüdischer Abkunft" habe selbst behauptet, daß Herr v. Vlelchröder der Alleinherrscher im Auswärtige» Amte sei. Paasch selbst behauptet ferner, daß er „zu Gunsten der Juden nicht vor Gericht zugelassen werde", daß inau e« „bei Hellen, lichten Tage versuche, ihn in ein Irrenhaus zn bringen" rc. rc. Wettere verleumderische Beleidigungen richten sich gegen den Wirklichen Geh. Rath I)r. Kahler und den Geh. Legoiionsraih Lolbar von Eich horn, während der Angeklagte vom Iustizminister die Behauptung anfstellt, daß dieser unmoralische Handlungen begangen und sich au» Anlaß der Lanlener Kiiabeiinivrd-Asrnire von der Xlliunc« leraSIito habe bestechen lassen. Als Zeugen sind u. A. geladen: Geh. LegationSrath v. Eichhorn, Generalintendant der königlichen Schauspiele Gras Höchberg, Obersörsler v. Roth- kirch, iu seiner Eigenschaft als Vorsitzender de« Männerbiiiides zur Bekäinpsung der Unsilllichkeit, Criiniiialiuspeclor Geiger, Lberlchier SerraS z» Minden und Kauftiiann Loui» Serras zu Bremen. Den Vorsitz im Gerichtshöfe führt Landgerlchlsd.reelor Botgt, die Anklage vertritt erster Staatsanwalt Drescher, die Per- Ibeidigung führt R.-N. Pertwig. Der Angekiagle erbebt Ein spruch gegen die heutig» Verbandlung, da die Ladungosrist von einer Woche nicht gewahrt sei. Er bleibt auch bei diesem Ein spruch, obgleich der Vorsitzende ibm nahe legt, daß eS doch nicht zweckentsprechend scheine, dieser kleinen Formalität wegen eine solche Sach« zur Vertagung zu bringen. Ter Angeklagte erklärt, daß er nicht Gelegenheit gehabt habe, an» der Untersuchungshaft heraus sich genügend vorzuberciten. Er brauche in dem eine» besonder» schwierige» Falle iwthwcndig seine Papiere »nd er sei »ni so weniger vorbereitet, als die Sache von, Jnslizminlfter v. Schelling ursprünglich zurückgezogen worden war. Erster Staatsanwalt T reicher: Er könne dem Verlangen nach Vertagung der Sache nicht widersprechen, finde es aber doch etwa» sonderbar Tie Angriffe, die der Angeklagte gegen hochgestellte Personen erhoben habe, datiren schon seit nadezu zwei Jahren, und wenn der Angeklagte heut» sage er Hab» nicht die genügende» Be- weiSnirttel zur Hand, so müsse da» doch besremden und den Glauben erwecken, daß der Angeklagte üderdanpt kein Beweis- material besitze. Während er eine Zelt von zivei Jahren zur Verfügung gehabt, um sich vorzubereiten, klammere er sich styl an ein« Frist von einer Woche. Ter Angeklagte habe bisher während de« ganzen Ganges de» Processe» nicht» z» seiner Entschuldigung vorziibringe« vermocht und dies werde ihin nun wohl auch in einer Woche nicht gelingen. Der Angeklagte er widert, daß er bei seinein Antrag» verbleiben müsse, da er zu der Erörlerung de» «ine» Falle« leiner Papiere bedürfe. Er habe sogar di« Muthma-nag. daß seine Verhaftung nur zu dem Zwecke erfolgt sei. ihn lahm zu lege». Der Gertchlsho' beschließt die Ver tagung der Sache. Ter Vorsitzende regt an, ob auf die Ver nehmung des Grasen v. Höchberg, welcher in der Vorvernehinung »iä lS zu lelunden vcrmvchl habe, nicht verzichtet werden tönne. Der Angekiagle verzichtet aus diese» Zeugen, der Staateanwalt wünsch jcdoäi die Vernehiiiung des Zeugen. Ter Vorsitzende setzt euien neue» Termin zur Hauplverhandlung aus Mittwoch, 17. Mai, Pcrmittags 9 llhr an. (B. Z.) V. Vcrli», 9. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser rief beute nach Vorbeimarsch der Bataillone auf dem Tcmpclbcser Feld die Generale und StabSofficiere zu sich und biell an dieselbe» folgende Ansprache: Seitdem wir u»S nicht gcscbeii, sind eigene Wandlungen mit der Militairvor- lagc vor sich gegangen. Ich habe deren Ablehnung nicht erwarten können »nd hoffte von dem patriotischen Sinn« deS Reichstags eine unbedingte Annabmc. Ick habe mick leider dar», getäuscht. Eine Minorität patriotisch gesinnter Männer bat gegen die Majorität nichts zu erreichen vermocht. Es sind lcikeiischastlichc Worte gefallen, welche unter ge bildete» Männern ungern gekört werden. Ich mußte zur Auslösung schreiten und hoffe von einem neuen Reichs tage die Zustimmung zur Militairvorlage. Sollte aber auch kiese Hoffnung täuschen, so bin ich ge willt, Alles, was ich vermag, an die Erreichung derselben zu setzen, denn ich bin zn sehr von der Rotbwendigkeit der Militairvorlage, um den all gemeinen Friede» erhalte» zu können, überzeugt. Man bat von Aufregung der Massen gesprochen; ich glaube nicht, daß sich das deutsche Volk von Unberufenen erregen lassen wird. Im Gegcutbeil, ich weiß mich ein» mit dieser Militairvorlage mit vcn Buiircssürslcii. mit dem Volk und mit der Armee. Ich danke Ihnen, meine Herren. Ick habe mich Ihnen gegenüber nur aussprechen wollen, wie ich eS beim Entstelle» der Vorlage gctban. — Gefehlt haben im Reichstage bei der Abstimmung am 6. Mai: Banmbach (Berlin, b.-fr.), Fürst v. Bismarck, Brandenburg (Eentr), v. Dalwigt (Eentr.), DcllöS (Elf.), v. Dietrich (Elf.), v. TzicmbowSki zPolc), Ebcrty (d.-fr.), Fischer ib. k. P.). Härle (Vvlksp., lrank), Lutz (cons ), Mangös (Elf.), Nortb (Esaß n.-I ), Petri (Elsaß, ».-l. — verhindert), Rüge (d.-s.), v. Sckalscha (Eentr.), v. Stauffenberg (d.»f), Stephan (d.-f.), Witte (d.-f.). — Tie „Nordd. Allgcm. Ztg.' schreibt an hervor ragender Stelle: „Ein conservatireS Vlalt cliarakterisirt den projectirlen Antrag Prinz Carolald-Rösicke dahin, Laß er gesetzliche dauernde FIxiruiia der zwestäbrigen Tienslzeit bezweck, habe und folgert daraus seine U nun nehinbarkeit durch die verbündeten Regierungen. Nach dem, was wir von jenen, Antrag wissen, wollte er tiideffen, ebenso wie der in der Eominisfio» de» Reichstag» Angebrachte Antrag von Bennigsen, die zweisährigo Tienslzeit der Fußtruppen zwar über de» siliiiiahrige» Termin hinan« svrldauern laste», aber unler dem einschränkenden Zusätze: „jo lange die Friedcnspraienzsläike nick'! unler die im Art. 1 bezeichn«»« Zahl herabgesetzt wird." Tie verbüudelen Regierungen würden e» also »ach den, Antrag« Prinz Carolath-Rüstcke, ebenjo wie nach ihrem eigenen Entwurf und nach dem Anträge des Freiherr,, v. Hueiie in der Hand gehabt haben, ini April I8i>0 ans die dreijährige Tienstzeit zurückzilgehen, sobald sie auch die iicuerworhene Friedenspräsrnzstarkc ganz oder theilweise wieder aus- geben." — Tie nationaliiberale und die sreiconsrrvative Fraktion drö Abgeordnetenhauses beantragen zum Gesetz, betreffend die Verbeflernng des VolkSschulwescnS und LcS Titiisiciiikommcn» der Lehrer, stall 2 Millionen 3 Millionen zu bewilligen. — Ter »otionalliberale Abgeordnete Scipio hat erklärt, ans ei»« Candidatur zu verzichten. — Uebcr die Spaltung der deutschfreisinaigen Fra et io» schreibt die „Lid. Eorr ": Die »»mittelbare Ursache der am Sonnabend erfolgten Scheidung ist viel weniger in einer verschiedenartige» Auffassung der Militair- v »klage zu suchen, als i» einer verschiedenartigen Auffassung über da» Maß von Freiheit, da« dem einzelnen Frac- tionSmitgticde in Fragen kingeräumt ist, die mit dem Parteiprograiiini nicht» zu ihn» habe» und freisinnige Grnildlntze nicht direet berühren. Wie hoch die Frieden-Präsenz, stärke der Armee zu bemessen ist, darüber können die Meinungen zweier Poliiiker, die durch und durch freisinnig sind, sehr wohl u»«ei»a»der gehe». Auch in den Reihe» der 22 Fraction-mit- glieder, die Len von 27 anderen Milgliedern verlangten Ausichluß der bei der Abstimmung über den Antrag Huene diffentirende» sech- College» abgelehnt haben, bestand über diese Oualität»frage keine seslgelegl« Meinung, die sich mit der Anschauung jener sechs Heire» beekie. Vlelmebr gab es unter den 22 eine nicht geringe Anzahl, die den Huene'ichen Vorschlag selbst dann für unannehmbar erachtete, wen» die zweiialmge Dienstzeit ohne Zeitbejchränkung gejetzlich seslgelegl wäre. Ei» anderer Tbeil wiederum hätte in Ictziereiii Falle dem Huciie'ichcn Coinproniiß betreffs der Heeres- veriuchruiig zngestimnit, n:n eine Auslösung zu vermeiden, die nach Lage der Dinge einer gesunden polnischen Entwickelung jedenfalls nachibeilig sein muß. Diese Verschledenartigkeit der Beiirthellung wird die neue freisinnige Gruppe nicht hindern, in der Frag« der Hecresvermehrung einen klaren Standpuuct gegenüber den Wählern einzunchmeii Dieser Slandpunct kann mir der sein: Wir lehnen es ab, im Bora»» genau die Grenze zu bezeichnen, bi» wohin wir bet unseren Bewilligungen gehen werden. Wer »ns wählt, muß un» auch da« Vertrauen schenken, daß wir bei einer Q u a » t i t ä t« sra g », die nur im Rabnie» der gesamiiilen poliuichc» und internalionaten Lage, nur unter gleichzeiliger Berücksichtigung der Vorschläge über dir Art der Deckung »nd endlich init Rücksicht aus die größere oder geringere Sicherung der zweijährige» Dienstzeit rationell beantwortet werden kann, die>enigrn EiilickMiie fassen werden, die un gegebenen Moment von einem besonnenen sreisinniaen Politiker verant- wortet werde» können. Bon diesem Slandpunct aus erscheint «» ebenso ungerechtiertigt, sich aus die stricte Innehaltung der gegenwärtige» Friedenspräsenzstärkr zu verpflichten, wie aus de» Antrag Huene oder auf etwas Drittes. Jede Formel, die i» iolchen Qnanliiälssragen die Freiheit der Entschließung aus Jahre hinan» scsllegcn will, ist vom Uebel. Wer zu einem Candidaten bas Vertrauen bat, daß er i» allen politischen Principiensrage» lein Mandat im freisinnigen Geiste ausüben wird, der muß auch da» Vertrauen auf jene» andere Gebiet ausdehnen." — Tie Antisemiten, welche ihrer vier bi» fünf Richtungen, ist nicht ersichtlich, baden als Eandidatrn für Berlin ausgestellt im I. ReichStagSivahlkrriS Baron von Langen, in, 4. Wahlkreis Liebermanu von Sonnen- berg, im ü Ahlwardt. — Ter Abg. Hinze hat, wie die„VolkSztg." au« seinem Wahl kreise <l. Oldenburg) mitgetbeilt wird, drahtlich darum ersucht, »«« seiner Candidatur Abstand zu nehmen.
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