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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930525028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893052502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893052502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-25
- Monat1893-05
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Absichtliche Widersprüche, geflissentliche Unklarheit — um nicht zu sagen: Hinterhältig keit — kennzeichnen diese an da» Volk gerichtete Kundgebung, wie sie dir Partei kennzeichnen, für die vater ländische Interessen nichts als diplomatische Behelfe sind. Für die Sicherheit de« Reiche» erklärt auch daS Centruin eintreten zu wollen. Aber eS stellt eS al» „streitig" hin. ob der Weg, sich gegen Soldaten und Kanonen durch Soldaten und Kanonen zu schützen, der richtige sei. Der Ausruf ver neint sogar die Frage, er pflanzt den Widerspruch gegen den Antrag Huene als „Feldzeichen" auf. Gleich darauf aber wird die Bereitwilligkeit auSgedrückk, Alle», waS zur Wehrhaftigkeit de» Reiches erforderlich ist, zu bewilligen. Also doch Soldaten gegen Soldaten, wenn ander» man dir Nichtrrhöhung der Börscn- slcuer nickt als eine Schuymaucr gegen französische Armcccorx- ansehen sollte. Hält man zu diesen kalbe» Verweigerungen und halben Verheißungen die langathmigen Auslassungen über die Selbstständigkeit der Kirche, die Unentbehrlichkeit der Jesuiten, und beachtet man in diesen! Zusammenhänge den Hinweis, daß der .neue CurS" «.wunderbarer Ausdruck in einem Wahlaufruf, aber deutlich» zu seiner besten vater ländischen Thal, den Handelsverträgen, ohne die Unterstützung deS CentrumS nie im Stande gewesen wäre — so bleibt „nach wie vor" der Eindruck: dem Centrum ist alles feil. Trotz des Aufrufs wird man nicht glauben, daß den Herren die zweijährige Dienstzeit mit dem Antrag Huene zu theuer bezahlt scheine, sondern daß für die Zustimmung zum Antrag Huene zu wenig geboten war und mehr verlangt wird. Damit erledigt sich auch, waS dieser Aufruf über die unerträgliche Belastung deS Volke- sagt. Auch die anderen bis zum Uebermaß aufgesetzten „Lichter" zu erwähnen, lohnt sich nicht. Un» überrascht uicht einmal der Mangel jenes Minimums von Schamgcfiihk, welches nach all den zahllosen und nichts weniger als platonische Liebeleien mit der Socialdemokratie eS hätte verwehren sollen, daS Ccntrum abermals als Bollwerk gegen den SocialiSmuS hin zustellen. Im Februar 1890 hat die Parteileitung die Wahl von Socialisten direct enipfohlen, bei der Nachwahl in HilteSheim baben Socialdrmokraten mit ultramontanem Geld für den klerikalen Candidatcn agitirt. Wie trefflich nimmt sich bei solcher Vergangenheit die Erklärung auS, daß „wer dem Centrum angeboren will, standhaft davon durchdrungen sein muß, daß kein gläubiger Christ auch nur vorübergehend (!) und in Einzelfragen (!) mit der Socialdemokratie jiebäugeln darf"! Diese „Standhaftigkeit" wird den lO. Juni, wo man in den Hinterstuben über die Stichwahlen zu flüstern beginnen wird, jedenfalls nicht überleben. Mit dem vielbesprochenen Briefe Pe» Prinzen Alprecht beschäftigt sich eine halbamtliche Corrrspondenz, eie gleichzeitig im „Hamb. Corr.", in der „Schles. Ztg." und in der „Tägl. Rundsch." veröffentlicht wird. Dieselbe lautet: „Nack sicheren Erkundigungen ist cö richtig, daß der vom „Vorwärt»" veröffentlichte Brief überhaupt nicht in die Hände des Adressaten, de« mit der Führung de- Garde» CorpS betrauten General lieutenant« von Winterfeld, gelangt ist. Der General war kurze Zeit nach der Absendung de« Briese« au- anderer Veranlassung in Braunschweig beim Prinzregenten und konnte sich eine Bemerkung des Prinzen über die Görlitzer Feier erst am anderen Tage erklären, nachdem er aus den Zeitungen die Ver öffentlichung de« Schreibens ersehen kalte. Die Untersuchung darüber, wie der Brief in falsche Hände und in die Spalten de- socialdemokratischen Blattes geratbcn konnte, bat biSbcr ergeben, daß er tha'sächlick in Blankenburg zur Post gegeben und daß er höchst wahrscheinlich von der Berliner Post mit anderen, gerade damals nach der Beförderung des Generals zahlreich und meist ohne WobnungSangabe eingetroffcnen Briefen — auch aus dem Umscklag des Schreibens des Prinzen war die Behausung nicht verzeichnet — im Bureau de- GartecorpS in der Cbarlottenstraße abgelicscrt worden ist. Von da gingen die Briefe durch Ordonnanzen zum Tbeil in ver schlossener Mappe, zum Tbeil offen nach der Wohnung im „Hotel Windsor". Ob der Brief unterwegs verloren worden oder ob er in dem Wohn haus« weggekomnien ist, ist noch nicht aufgeklärt. Jedenfalls ist also da- Original und nicht eine Braunsckweigcr Abschrift den Weg der Untreue in da» socialteniokratische Lager gegangen, das (gemeint ist der „Vorwärt-". Red. de« „L T.") mit seiner Angabe, der Brief sei von dem Adressaten erbrochen und gelesen worden, Unwahres behauptet bat. DievoncinzelnenBlätternaus gesprochene Vermuthung, daß der Veröffentlichung ein anderes als socialdemokratischeS RLnkespiel zu Grunde liegen möge, ist durch daS bisherige Ergehniß der Untersuchung nahezu hinfällig geworden Sic war von vornherein nicht sehr wahrscheinlich. Der Kaiser würde sich einer Aussöhnung nickt verschließen, nur daß nach dein, WaS seit den, Frühjahr 1890 geschehen ist, der erste Schritt dazu von der anderen Seile auSgchen müßte." In Ueberrinstimmung mit dieser halbamtlichen Kund gebung steht eine Zuschrift, welche die „Braunschweigische Lande-zeitung" aus Blankenburg erhalten hat Es kann also kein Zweifel mehr darüber obwalte», daß das Prinz- liehe Schreiben dem socialdemokratischen Centralorgan, dem „Vorwärts", durch gemeinen Diebstahl und durch gemeine Verletzung deS Briefgeheimnisses in die Hände gespielt worden ist. An dieser Tbaisachc läßt sich — der „Vorwärts" mag leugnen, so viel er will — nickt rütteln. Hoffentlich gelingt eö der amtlichen Untersuchung, die Ehren männer zu ermitteln, welche dem „Vorwärts" verbrecherische Handlangerdienste geleistet haben, damit wenigstens diese Gesellen den Lohn erhalten, der ihnen von Reckt« wegen gebührt. Im österreichischen Kaiscrstaate ist mit dem i» hohem Greisenaller dahingeschiedene» Anton von Schmerling eine der hervorragendsten Erscheinungen de« öffentlichen Leben den der Bühne verschwunden. Wie ein ehrwürdiges Denkmal der österreichischen Geschichte war er anzuseken, alle großen und bedeutungsvolle» Fragen de« dortigen Volksleben- schienen sich in ihm darznstkllcn, dessen Leben fast die Geschichte diese- wcchselvollcn Jahrhundert- umfaßte. Der „Vater des Parla ment«" und der „Vater der Verfassung" wurde er genannt; der Nestor und die Zierde deS RichtcrstandcS, war er als „Lord Oberrichter des Reiche«" eine sprichwörtliche Figur, der älteste Träger deS Gedanke»« des conslitutionellcn Rechtsstaates, snr den er ein halbes Jahrhundert ge stritten. Als Minister oft bitter gescholten, wurde er dennoch allgemein verehrt, weil er ein politischer Charakter von musterhafter Reinbeit war, bei dem eS als selbst verständlich galt, daß ein Staatsmann, der sein Ziel ver fehlt. zurücktrcten müsse »nd seine Ucberzcugung niemals seiner Stellung opfern dürfe. Schmerling war ein kern Hafter Vcrtheidiger dcö TcutschthnmS i» Oesterreich und vor Allem ein streng ernster Streiter für die Einheit de« Reiche«, wie sie ihm auS seiner historischen Erkeniitniß und der Tradition als politische Eristenz-Bedingiuig erschien. Al« das Object der Vcrtkeidigung immer kleiner wurde, »ach der Einführung deS von ihm so hartnäckig bekämpften Dualismus, da stritt der Tapfere in dem kleineren concen- trische» Kreise, al« Führer de- Herrenhauses, mit trefflichem Muthe für die Einheit CiSleitbanicnS. für die Reckte deS Staate- gegen die Uebergrisse der römischen Kirche, für die Freibcit des Glaube»« und der Lehre. — In den letzten 25» Jahre» seines Leben« war Anton von Schmerling aller dings immer mehr i» de» Hintergrund getreten, und wenn trotzdem sein Name in der Gegenwart auch über die Grenzen seine« Heiiiialhlandeö hinaus als einer der Größen unseres Jahrhundert« bekannt blieb, so verdankt er die« seinem Wirken in längst vergangenen Tagen, einem Wirken. daS namentlich auch für un« Deutsche besondere Bedeutung bat, da e« in eine Zeit siel, in welcher die Zu gehörigkeit Oesterreich- zuin Tcntschcn Bunde zwischen Oesterreich und Preußen eine gewisse Gleichartigkeit, in er höhte», Maße aber einen Gegensatz der beiderseitigen Interessen schuf, Schmerling aber gerade nach dieser Richtung hin eine Thäti^keit entfaltete, die bestimmend in die Ent wickelung der Ereignisse cingriff. Der vorgestern in Wien abgehaltene Ministerralh hat sich, wie bereits gemeldet, mit der durch die neuesten parlamentarischen Ausschreitungen der Jung czecken in Böhmen bervorgerusenen Lage und mit den dadurch notbwendig gewordenen Maßregeln beschäftigt. Nach der „Neuen Freie» Presse" ist hierbei die Frage aufgeworfen worden, ob diese Ausschreitungen noch durch die Abgcordncteu- Jmmunität gedeckt werden oder bereit- unter daS gemeine Strafgesetz fallen. Tie Ansicht, welche da geltend gemacht wurde, stützte sich aus da« JmmniiitätS-Gcsctz vom ll. Octobcr 180l, dessen erster Paragraph lautet: „Die Mitglieder deS Rcickoratbes und der Landtage können wegen der in Ausübung ihre« BcrnseS geschehene» Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Berufe gemachten Aenße- r un gen aber nur von dem Hause, dein sie angekören, zur Verantwortung gezogen werken." Man folgerte auS riesen gesetzlichen Bestimmungen, daß Abstimmungen und Aeußerunge», nickt aber wirtliche Ausschreitungen der Ab geordnete» durck daS JmmunitätSrccht gedeckt werden, daß vielmehr solche Handlungen, wen» sie den Thatbcstand einer strasbaren Handlung bilden, der Judicatur de» ordentlichen Richters unterliegen. Man bezog sich ferner aus tj. 70 de» österreichischen -LtrasgesetzbuckS, welcher den erste» Fall de« Verbrechen- der öffentlichen Gewaltlbätigkeit fol gendermaßen definirt: „Das Verbrechen der össentliche» Gewaltlbätigkeit wird begangen: Wenn Jemand für sich allein oder in Verbindung mit Anderen eine von der Regierung zur Verhandlung öffentlicher An gelegenheiten berufene Versammlung, ein Gericht oder eine andere öffentliche Behörde in ihrem Zusammen tritte, Bestände oder in ihrer Wirksamkeit aewalt- thätig stört oder bindert oder aus ihre Beschlüsse durch gefährliche Bedrohung cinzuwirkcn sucht, insofern die Handlung Ach nicht als ein anderes schwereres Verbrechen darstellt." So weit die Anregung, die im Schooße der Regierung gegeben wurde und den Gegenstand der Erwägung gebildet hat. „Es ist", so bemerkt die,/Neue Freie Presse" weiter, „noch nicht bekannt, welchen Beschluß der Ministcrratk gefaßt bat, allein eS liegen wichtige Anzeichen vor, welche daraus schließe» lassen, daß die Regierung nicht geneigt ist, die oben dar gelegte Auffassung zur ihrige» zu machen, lind jedenfalls bat der Ministerralh mit dieser ablehnenden Haltung da« Richtige getroffen". Die Berathungcn de« MinisterratbcS über diesen Gegenstand sind übrigens noch nickt abgeschlossen und werden beute fortgesetzt. Wen» die Versuche der Opposition ini englische» Unter- Hause, der Gladstone'schc» Homerulepolilik den parla mentarischen Bode» zu untergraben, nach Lage der Tinge von Erfolg kaum gekrönt sein töniic», so lange es Gladstone gelingt, seinen auS den verschiedensten Elementen zusammengesetzten Anhang durch nicht minder verschieden artige Zugeftändnisse bei der Fahne deS Hornernle- gedanken« seftzuhalten, so wendet sich doch das Blättchen, sobald die Opposition ihre staatsrechtlichen Satzungen ins Volk hinauslrägl und ein Mann von der einwand freien Autorität Lord SaliSbury'S auf irischem Boten fclbst das Dogma der unzertrennbaren staatsrechtlichen Ein heit und llnihcilbarkcit des Vereinigten Königreichs verkündet. Jeder i» der Geschickte seines Landes cittigermaßen bewanderte Engländer weiß, daß, wie die WdigS ihre Hauptstärke in der innere», freiheitlichen Entwickelung Großbritanniens besitzen, so die Tories allemal Lorbeeren ernteten, wenn eS die Ausrcchtcrha Itung bez. Fortbildung der äußeren Machtstellung AlbivnS galt. Es wird daher daö Gut achten eines ManncS, der zur Zeit an der Spitze der Tory- partn steht, nicht gering schätze», wen» dieser im Jnteresfe der Erhaltung der WcltmachtftcUuiig GroßhrilannicnS davor warnt, da« zwischen England unk Irland bestehende enge staatsrechtliche Verhältniß so weil zu locker», daß an die Stelle deS organischen ein bloö mechanisches Verhältniß tritt, welche« bei der nächsten internationalen Krise sich in ein Nicht« verflüchtigen müßte. Steht dock deshalb auch die überwiegende Mehrzahl der englischen ParlamentSwähler nach wie vor den Gladstone scheu Homcrulcbcstrcbungcn bewußt ablehnend gegenüber. Wäre nicht der schottische Anhang de« Premiers sowie tic geschlossene Pbalanr der irischen Home- ruleparlamcntaricr, denen der Sieg des irischen NativiSmnS weit über alle Erwägungen staatSmännischer Natur gebt, so würde die Bill schon längst durch eine überwältigende Mehr- beit im Unlerbause auf absehbare Zeit begraben worden sein. So aber bestcbt die Wahrscheinlichkeit »»geschwächt fort, daß Gladstone im Unterbaust triumphirt und nur im Oberhause scheitern wirb. Der alSdann »othwcndig werdende Appell an die Wähler wird für den AuSgang der Homeruledewegung entscheidend werden. Der dänische Krieg-minister General Bahnson pflegt ab und z» vor seinen Wählern eine Rete zu halte», mit der sich dann in der Regel auch das Ausland beschäftigt, wie da« bei der hohen Stellung des Redners — zumal Bahnson auch der Schöpfer der Kopenhaaener Befestigungen ist — selbstverständlich ist. In einer Rede, die er vorige Woche hielt, hat sich nun Baknso» über die nächste dänische Mili tairoorläge geäußert, und c» geht auS den betreffen de» Mitthcilungcn hervor, daß auch die dänische Volk« vertretiiiig in ihrer nächsten Tagung sick mit erheblichen militairischc» Mchrsorderungcn zu befassen haben wird. Ver mehrung »nd Verbesserung der Artillerie, sowie die Ver stärkung der Geniclruppen werden die hauptsächlichsten Forderungen sein. Die Zusammenkunft des Königs Alexander von 2crbir» mit der Königin Natalie in Kladova war von dem Cabinetsches Dokitsch als eine rein persönliche Familien sache, die jedes politischen EdaraktcrS rnlbebre, bezeichnet worden. Thalsächlich hat es die Königin-Mutter abgclehnl, ihren Sohn nach der serbischrn Hauptstadt zu begleiten, und sic bat sich i» Turnscverin von ihm getrennt, um sich zunächst »ach Bukarest zu begeben, während der junge König allein die Rückfahrt nach Belgrad antrat; aber trotzdem wird man schon allein >n dem lliiistande, daß die Zusammenkunft fast »»mittelbar »ach der llcbcriiahmc der Regierung durch dcn junge» König erfolgte, in de» begeisterten Kundgebungen der Civil und Mililairbchördcn für tic Königin und ihre» Sohn »nd endlich in der Ernennung von Pasitsch, dem eigentlichen russische» VerlraiiciiSmaiine in Belgrad, zum serbische» Gesandten am Hofe z» Petersburg bedeutsame Anzeichen für eine Zunahme dcö russischen Einflusses erblicken dürfe». Feurllstsn. Lady Sibylle. Roman von 2. Schroedrr. R»»d>»ck rnSoien. L6! (Fortsetzung.) „Dn hättest am Ende nicht übel Lust, mit fortzudampsen?" fragte er» als sie aus die Straße gelangt waren. „Und Dich hier allein zu lassen? Ich glaube gar?" . „Nun, ich wäre allenfalls zu bewegen, denselben Weg zu nehmen." „Ten Weg nach England? Dank, Richard, ich sehne mich nicht dahin." Wobin sie sich sehnte, batte sie seit jenem Abend in London nickt wieder erwäbnt, aber er wußte, waS er zu sagen balle, »m ihr eine Freude zu machen, und er folgte dem Impulse seine- Herzen«. „Dorthin gebt auch der Weg »ach Neuland", entgegnetc er mit einer Schulterbewegung in der Richtung, die der Zug genommen batte, „und da wir mit unseren Sprachstudien icrtig sind, so wäre eS vielleicht wirklich an der Zeit, unsere sieben Sachen zu packen und —" Sie batte feinen Arm fahren lassen und stand vor ihm mil strahlenden Augen. „Nach Neuland", stieß sie hervor. „Aber — da« ist Dein Ernst nicht!" „Tu «raust mir doch nicht zu, Sibylle, daß ich Dich zum Besten habe in einer Sache, die Dir nahe geht?" E» fehlte nicht viel und sie wäre ihm auf offener Straße um dcn Hals gefallen. WaS sie tbat, war. daß sie hastig seinen Arm wieder nahm uud liesen in leidenschaftlicher Zärtlichkeit a» sich preßte. „O Du Guter, Lieber!" stammelte sie, „wie daukc ick Dir da»! Wenn r- Dir nur kein Opfer ist! Sag, daß «S Dich auch nach Hause zieht, Richard!" Es zog ihn mächtig, und eS hielt ihn mit Gewalt zurück. Neuland war der Ort, dem heiteren LiehrSlebrn, da« sie führten, den ernsten Hintergrund der Pflichte» zu geben, dcn eS — er fühlte die« so gut, wir sie und von Tag zu Tag mebr — ans die Dauer nicht entbehren konnte, Nciiland war aber auch der Ort, in dem nach Lüh»S Sander«' Behauptung die Spatzen aus dem Dache von Tinge» pfiffen, die nun und nimmer zu Sihyüe's Ohr gelangen durfte». Dock, dies zu hintern, war er ja da. Er bejahte also ihre Frage und machte sie selig. Die reizende Gegend, die hübsche Villa, da« blaue Mittcl- meer batten nickt verdient, daß man ihnen am nächsten Morgen so vergnügt den Rücken kehrte. „Es ist hartherzig und undankbar", sagte Sibylle, „aber waS dilst'S? Ich kann »un einmal beute nickt traurig sein! Weiß man in Neuland, daß wir kommen, Richard?" „Nein", antwortete er, und einigermaßen beklommen setzte er hinzu: „WaS noch mehr ist, Sibylle, man weiß nicht einmal, daß ick verhriratbel bin." Sie öffnete ihre Augen weit. „Ist« bei Euch zu Lande nicht Sitte, daß man vo» solchen Veränderungen in seinem Leben seinen Freunde» Anzeige macht?" fragte fic dann. „O dock!" nickte er. Ich wüßte nur nicht, wo ich bei unS zu Lande meine Freunde zu suche» hätte." „Run. ich meine. Deine Leute dürsten auch einiges Interesse an der Sache nkbiiieii, besonder« dieser LübrS Sanders, von dem Du so oft sprichst und dem Dn. wenn ich nicht irre, von London auS ja noch geschrieben hast." „Ganz richtig. Ick gab ihm HyvreS als Ort an, wo mich in den nächsten Monaten wichtige Mittbeilungen sinken würden." „Und weiter erwähntest Tu nichts?' „Gar nicht-." „Merkwürdig!" Im Grunde war die Thalsache, daß eS Waldstedt wider strebt halte, LübrS Sander» wenige Tage nach der allerletzten Unterredung, die er mit ihm gehabt, von seiner Vermählung in Kcnntniß zu setzen, gar nicht so merkwürdig, aber Sibnlle konnte er die« nicht klar machen. „Ja, so bin ich", seufzte er, „die wichtigsten Dinge ver bummele ich gewöhnlich. Denn Dn böse bist, Schatz, so tbne Dir keinen Zwang an — wasch' mir den Kopf!" „Thorbcit, ich bin ja nicht böse, ich wundere mich nur und denke —" „Daß, wenn einem englische» Coinmoner die Ehre und das Glück widerfahren wären, Lady Sibylle Karsbrooke als seine Ebcgcmahlin beiinzusilkren, er vor der Welt mehr Aus Hebens von der Sacke gemacht Kälte und mit Reckt." Sie ward glükend roth. „Richard", stieß sic lachend hervor, „meine Seele ist Dir ei» offenes Buch, aber eben hast Du dock nickt ganz richtig gelesen. Ick kackte nämlich, eS ist doch ein Glück, daß ich Lat» Sibylle Karöbrookc war, als er mich iiabiii und nicht etwa eine kleine Schneiderin oder ei» Bauern mädchen, sonst käme ick wabrbastig jetzt ans den Verdacht, er hätte sich meiner vor den Leuten geschämt " „Ich will sehr hoffen, daß Dn Tick, dieses häßlichen Ge danken- jetzt vor mir schämst, Sibylle!" „DaS thue ick, mein Liebster, mein Einziger", murmelte sie de» Kops an seine Schulter schinicgent, »nd dann sprachen sic von etwas Anderem. Es war am Abend deS nächsten Tage«, als LübrS Sander« eine Ueberraschung ;» Tbeil wurde, wie er in seinem Lebe» wenige zu verzeichnen batte Sein Herr batte ikm von Köln aus ans telegraphischem Wege besohlen, den Wage» an die Bahn zu schicken. TaS hatte er vor einer kalbe» Stunde püiictlich besorgt, »nb jetzt zeichnete sich sein kräftiger Schattenriß in dem Rahmen der offene» HauStbüre ans dcn erleuchteten Hintergrund der Ein gangSballc, denn jetzt war eS ungesäbr an der Zeit, daß Räder- gcroll hörbar wurde. ES ward auck hörbar, kam immer näher. Ein Stallknecht warf da- große EinfabrtSthor aus und „Guten Abend, Herr Waldstedt — Guten Abend, Fritz!" scholl eS herüber Nun war für LührS der Moment gekommen, daß er nach alter Gewohnheit tic Stufe» liinabstieg, uni dem keinikebrendcn Herrn de» Schlag zu öffnen. Dieser aber log sich plötzlich a»S dem Wagen und commandirte: „Heda, LübrS! Still- gestanden! Abwarten!" Da- klang ja merkwürdig lustig. „Na, Gott sei Dank, kan er 'ne anständigere Laune mitbringt al« vorige« Mal", tackle L> br« und dann machte er auf einmal sein allerdümmsteS Gesicht. Neben dem Johann auf dem Bock saß nämlich — unterscheiden koiintc inan S in der Tniikelbeit nickt recht — aber cs sah sich wabrbaslig an wie waS Weibliches! „I da» wäre denn doch!" brummte LübrS und die Angcn »nvertvandt und argwöhnisch auf dcn Bock gerichtet» merkte er gar nickt, was anderwärts vorging. Waldstedt war auS dem Wagen gesprungen, batte Sitylle in seine Arme genommen und die Freitreppe hinaufgctragen. „Da wäre» wir, LührS!" rief er beiter. An« de« Angercdctcn Blick, der sich jetzt mechanisch vom Klitschbock löste, schwand auch die letzte Spur von Intelligenz. Denn was hatte er vor sich? Dock sicherlich ein Gebilde des Wahnsinns! Eine» Fraucuarni ui» seines Herrn Nacken ge schlungen, rin Franeiiantlitz, so sein, so vornehm, so sanft freundlich, wie er nie eines gesehen, gegen seine« Herrn Haupt geleimt. „Wird« bald')" lachte Waldstedt. ».Wirst Du un« will kommen beißen? Donnerwetter, Kerl, da« ist meine Frau — meine Frau, sag ick Dir!" „Wie soll er Dir das glauben", lächelte Silmllc, „wenn Dn mich wie ein Püppchen aus dem Ar», trägst? Laß uiick auf meine Füße und ich will « ihn, schon klar machen." Da stand sie jetzt in ihrer ganzen schlanken Hoheit, blickte mit den schöiien Augen herzgewinnend in die seinen und sagte in dem tiefe» Tone ihrer Harsenstinime: „Herr Sander«, Sic sind immer so gut gegen ihn gewesen unk so treu —er bat mir'« erzählt — seien Sic nun auck ein bischen g»l gegen inick, nicht weil ich'- verdiene, nur weil ich ihn so lieb habe." Damit »abm sic seine barte, grcbc Hand und preßte sie. so fest sie tonnte, mit ihren seinen Finger». LübrS Sanders wußte auf einmal, daß er für diese Frau, wenn eS Nolb tbat, durch daS Feuer ging, aber da« Wunder batte er darum dock noch nicht kalb begriffe» — sein Kopf arbeitete seinem Herzen nur sckr langsam nach Den halben Abend ging er mit e»icni blöden Lächeln aus den Lippen herum, öffnete Lbiiren »nd schloß sie wieder, gerietb zwanzig Mal in die Nähe de« SpeisesaaleS, horchte aus die fröhlichen Stimmen, die berauSschollen, nickte vergnügt vor sich bin, rieb sich die Hände, schüttelte auch wohl den Kopf und hatte selbst keine Ahnung, waS er that.
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