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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930526029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893052602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893052602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-26
- Monat1893-05
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Vier! amen unter dem Redactioatstrrch !4g«» spalten) dO^, vor den yamilteuaachrichte» (6 gespalten» 40 «h. »räßere Gchristen laut uuserem Preis- verzeichnih Tadellarischer aud Ztssernsas nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mir der Morgen-Ausgabe, ohne Pvstbesörderung ^l Sl) —, mit Postbeforderuog X 7V.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittog« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtag- früh ',,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb» Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck nnd Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag den 26. Mai 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Gesucht wird der am 16. Juni 1849 zu Reudnitz geborene Tapezierer Franz Georg Walviua»», welcher zur Fürsorge für feine Familie anziihallen ist. Leipzig, om 18. Mai 1898. Der Math der Stadt Leipzig. Armruamt, Abtd H. k. V., Nr. 327e. Hentschel. Arle. Politische Tagesscha«. * Leipzig. 26. Mai. Zu den Wahlmauovern, mit denen die socialdemokralischen, demokratischen, ultramvntanen und welsiseke» Gegner einer ausreichenden Verstärkung nnserrr Wehrkraft een sinkenden Muth ihrer Anhänger neu zu belebe» versuchen, gehört auch die von den Führern und den Blättern dieser Gruppe» im Brusttöne der Ueberzeugung ausgestellte Behauptung, cS fei bereits ganz zweifellos, daß die Militairvorlage auch im neuen Reichstage wieder durchfallen werde. Besonders thut sich mit solchen Behauptungen die „Freis. Zlg." deS Herrn Eugen Richter hervor, die ihren Lesern Folgendes vorrechnet: Militairsrrundliche EentrumSmänner werden nicht wieder gewählt; auS der »Freisinnigen Vereinigung- mag eine etwa» stärkere Unterstützung als an, 6. Mai kommen; diese Gruppe aber wird höchsten» >7 Mandate erringen, nnd selbst, wenn diese sämmtlich mithelsen sollten, wäre noch nicht einmal der Ausfall bei dem Ccntrum gedeckt. Dazu komme, daß unter den polnischen Wählern eine starke «Strömung gegen die Militairvorlage sich geltend mache. Die Rechnung hat ver schiedene große Löcher. Herr Richter nimmt von vornherein als Thatsachean,dabkeinmilitairfreundlichgesinnterCentrum-mann gewählt werde. Da» wollen wir noch sehr abwarten. Die Strö mung zu Gunsten der Heere-reform im katholischen Volk ist auf alle Fälle eine starke und tiefgehende, wenn eS auch der Parteileitung gelingen mag, diese Bewegung in vielen Wahl kreisen niederzubalten. In Westfalen, wo Frhr. v. Schor- lemer-Alst für die Militairvorlage rintritt, wird die» jedenfalls nicht möglich sein. In allen anderen Tbeilen de» Reiche» ist die Gäbrung und Verwirrung unter den EentrumS- wählern so stark, daß noch Niemand vorau-schen kann, wa» sich daraus entwickeln wird. Sodann dürfte Herr Richter bei seiner eigenen Partei und nahestehende» Gruppen sich Täuschungen hingebc». AuS dem bisherigen freisinnigen Lager ist eine ganze Reihe vo» Eandivate», darunter auch solche, dir sich noch nicht der »Freisinnigen Vereinigung" angrschlosseu haben, aufgestellt, welche Verpflichtungen für eine Ver ständigung übernommen haben und nur unter dieser Voraus setzung werden gewählt werden. Herr Richter meint, rS mache sich von Tag zu Tag eine stärkere Strömung nach links bemerkbar. Dieser Strömung, die ja in weiten Volks schichten unstreitig vorhanden ist. steht aber eine ebenso mächtige Strömung nach recht« gegenüber. Herr Richter hält e« für ganz anSgeschloiien, daß die 24 Stimmen, die bei der Abstimmung vom 6. Mai an der Majorität gefehlt haben, durch den Ueber- gang bisheriger socialdcmokranscher oder freisinniger Wahl kreise an Evnserrativc nnd Nationalliberale herbeigeschafft werden könnte». Ta» wollen wir abwarten. E» brauchen auch nicht überall Eonservativr oder Nationalliberale zu sei», es können Männer verschiedener Parteistellung sein, die sich nur in dem Eintreten für die Militairreform zusammen- sindrn DaS Zusammengehen aller der Militairvorlage günstig gesinnten Mäkler ist in vielen Wahlkreisen bereit» gesichert oder wird jedenfalls in der Stichwahl gelingen. Ta wird eS sich doch wohl öfter, als die Herren Richter nnd Liebknecht in ihrer prahlend zur Schau getragenen Zuversicht annehmen, ereignen, daß den Socialdemokraten und Frei sinnigen bisherige Mandate verloren gehen. Einen Aet unerhörter Geschmacklosigkeit. um leinen schärferen Ausdruck z» gebrauchen, bat, wie uns berichtet wirk, die d e u ts ch f r e i s i n n i g e Partei Richtcr'scher Observanz i» Heidelberg begangen. Am Psingstmontag, dem zwelbuadertjäbrigen Gedenktage der Zerstörung Heidelberg» d u r cd dir Mordbrenner Lud wigs XIV., einem Tage, dessen unzählige Blätter bis herab zur „Franls. Ztg." mit wcbmülbige» Betrachtungen gedachten, an einem Tag, der stets in der deutschen Gr'cbichte als die trübste Erinnerung an die schmazvollfte Ernickligiing deS Vaterlandes tasreben wird, an diesem selben Tage unk an derselben classifchcn Stätte der cinpörcndstcn Mißhandlung eines deutschen BolkSstamineS durch srenite Gewalt- Horden, niilten unter den Trümmern deS Schlosses, bat eine Versammlung »Deutscher freisinniger Männer" sich nickt geschämt, giftige fanatische Reken gegen die deutsche Heercsresorm loSzulassen Bei diesem Vorgang soll auch manchem Mann, de» sich sonst nicht zu den »nationalen Parteien" rechnet, die Schamrötbe i»S Gesicht gestiegen sei». — Leiter komme» auch ini Lager der letzteren Parteien Dinge vor, die auf «inen beNagcnS- werlbe» Mangel an Einsicht in die Natur der Aufgabe schließe» läßt, vor der das deutsche Voll jetzt siebt. So wird auS Tilsit berichtet, daß für die von Lillancin bewohnten »reise Hcydekriig, Insterburg, Labiau, Memel, Niederung, Pilltallen, Ragnit nnd Tilsit ein „conservativer" littauiscker Wablvrrein einen in liltauiscker Sprache adgcsaßtcn Wablausrus erlassen bat, in dem cs n. A. beißt: „Wir wählten Gene,äle und FelkmarschäUc, die zwar wußten, wie man Festungen kinnebmen und die Franzosen schlagen, aber nicht, wie ein Landmann sich guälcn muß, um sei» kümmerliches An-kommen zu haben." Da» ist ein sonder barer Dank für den Grasen Mollte, der aus seiner rauhen Jugend wobl wußte, wie eS Leuten zu Muthe ist, die sich um ein kümmerliches Auskommen quälen müssen. Und wenn die Wäbler, a» welche dieser Ausruf sich richtet, vergessen, daß eS sich jetzt um die Sickerung dessen handelt, was Mollke mit erkämpft hat, und wenn sie nur daran denken, ihre besonderen Interessen zu schütze», so kann eS leicht geschehen, daß »Nä der neue Reichstag die Militairvorlage ablehnt, daß infolge davon die Sorge vor einem unglücklichen Kriege unser ganzes Erwerbsleben lahmt und der Landwirth ebenso wie der In dustrielle, der Kaufmann »nd der Gcwerbtreibende sich nock »veit mehr als bisher quälen muß, um sein kümmerliche» Aus kommen zu haben. Wie eS bereits andere Staaten getban habe», so will be kanntlich auch dir Echmet; einige der socialpoli tischen Gesetze, die seil mehreren Jahren in Deuischland in Kraft bestehen, bei sich einsiihren. Dazu gehört i» erster Reibe ein UnfaUversrcheruiigS-Gesttz, über da» man sich a»S Mittheilungen der TageSpress: ein ungefähres Bild macken kan». Daraus ist ersichtlich, daß da- deutsche Vorbild in manchen Puncteu benutzt werten soll. Die deutsche social demokratische Presse beeilt sich nun, die beabsichtigte schweizerische Unfallversicherung gegenüber der deutschen in Len Himmel zu heben und es nanienllich als einen große» Vorzug tar- zustellen, daß in der Schweiz die Arbeiter gegen alle ilnfälle und nickt blo» wie in Deutschland gegen die Unfälle beim Betriebe versichert werde» sollen. Die Herren Socialdemo- kraten vergessen dabei, daß die Deckung der Kosten dieser Versicherung in der Schweiz ganz verschiede» von der deut schen Einrichtung geregclt werten soll. In Deutschland tragen die Betrieb-Unternehmer allein die gesammlen Kosten der Unfallversicherung. Die Arbeiter sind überhaupt nicht an der Deckung betheiligt und Staat und Gemeinde nur an de» Kosten der UnfaUuntersuchung und Rechtsprechung. In der Schweiz dagegen sollen die Beiträge von den BelrirbSunte» nehme»» in Gemeinschaft mit Len Gemeinte» und den freiwilligen Kranlen- casstnmilgliedcru aufgebrachl werden. Während also in Deutsch land die Kosten der Unfälle beim Betriebr den Arbeitgebern aus- schlirßlich zusallen, sollen i» der Schwei; sämmlliche Steuer zahler, also acick die Arbeiter selbst, die Kosten der Unfall versicherung mit bestreiten. ES kann dabin gestellt bleiben, ob die Vortbeile, welche die Arbeiter a»S der Versickerung gegen all- Unfälle baden, so groß sind, daß sie die Zuziehung zur Beitragszahlung völlig auSgleickei!. Jedenfalls kennte eS den tcuischen Betriedsnnlernchmcr» nickt nn.ingenebin sein, wenn die ganze Unfallversicherung in Deutschland nach dem schweizerische» Plane ningescaltet würde, od aber auch den dcntschcn Arbeiter», die dann beträchtlich erhöhte Gemeinde slenern zahlen mußten, ist doch bockst zweifelhaft. Der in Brüssel versaniineltc internationale Berga »beiter« Eongreß bat am Mittwoch eine Resolution zu Gunstcn der Einführung des Achlflunociitages angenominen und zwar mit dem Zusatz, daß, wen» die einzelnen Staaten sich weigern sollten, diesem Beschluß schuldigen Gehorsam zu leisten, alSdann zu Anfang nächsten Winter» der allgemeine AuS- stand erklärt werten solle. ES ist ein großes Wort, wa» hier gelassen ausgesprochen worden und vo» der öffentlichen Meinung nicht minder gelassen hingenomine» worden ist. Wenn cS die großen Woric tbäte», so würde von den „Proletariern" aller Länder de» Weg in da» sveialteinotratische Schlaraffen land schon längst znrückgelegt sei», den» eS gicbt wobl kaum eine» unter de» großen Prodlcmen der Menschheit, welche den genialsten Kopsen seit Anbeginn der Enttnrentwickelung bis aus den heutige» Tag z» schassen machen, taS nicht ans proletarischen Ecnaresten oder Volksversammlungen im Wege der Mthrhciisahsliniinungen unk Resolutionen „ge löst" wäre. Tie Panarec des AchlstnnkenlageS soll natürlich lickt ans die Gruheiiarbciier beschränkt bleibe», sondern -rach nnd nach, jemehr der famose socialdcinokratische Zn -unstSslaat in das herrscheiide System de» caxitalistischcn VonrgcoisicstaatcS „hineinwächst", ans die Gesainintbeit der arbeitenden Elassen ausgedehnt werde» Der internationale Gruhenardeiierrongrkß will mit seiner Resolution nur die rste, aber principiell entscheidende Bresche in das geltende Herkommen lege». Es wird wobl nock einige Zeit dauern, dis diese socialistische» Drohungen Aussicht auf Erfolg haben; der Nimbus der Iknüberwindlichkeit, der bislang in den Augen vieler Unerfahrene» da» Treiben deS inler- > ationalen Proletariats umgab, war mit dem Moment gewichen, wo de» organisirtcn Arbeiterverbänden die - « gleicher Weise zusammengeschlossenen Arbeitgeber gczcnüber- iratcn. Solange die Arbeiter allein von ihrem EoalitionS- reckt Gebrauch machten und mit ihrer Geschlossenheit den Widerstand des einzelnen Arbeitgeber- mit leichter Milbe brache», batte der Terrorismus freie Bahn. Jetzt bat sich das Blättchen gewandt, und eS vergebt keine Saison, wo nicht der einen oder anderen slreikwülbige» Arbeiterschaft die bittere Erkenntniß bcigebrackt würde, daß das Streiken eine zwei schneidige Waffe ist. welche den leichtsinnigen Hanlircrn theuer zu stehen kommen kann. AuS diesen Gründen kan» man auch den in Brüssel an,gedrohten Generalstreik der Gruben arbeiter nur als einen Lchlag in- Wasser bezeichnen. Die EabinelSkrisiS in Italien bat die »ach Lage der Dinge zn erwartende Lösung gesunden. Gio litti bat die Neubildung des Ministerium- übernommen, da- bisher nnr vorläufig besetzte Finanzministerium dem Senator Gagliardi übertragen und als Eriatz für Bonacci den Senator Lorenzo Eula znin Iuslizminister gemacht. Ob diese Lösung der Krisis de» Fortbestand des EabinetS wenigsten- für einige Zeit zu sichern vermag, wird abzuwarten sei». Möglich ist e- jedenfalls »nr, wenn Giolitti sich mit dem Senat über die Pension-Vorlage verständigen kann. Die Aussichten hierfür sind bi» zur Stunde freilich gering. Der SenatSanSschuß sträubt fick, die Regierungsvorlage in der vondcrKainmcr genehmigten Form anzunehme», sei» Vorschlag gebt dahin, die Einlagen- »nt DarlebenScasse solle durch drei Jahre der Regierung eine begrenzte Suinmc sür die Pensionszahlungen vorfchießen, nach dieser Zeit sei die Frage durch ein besonderes Gesetz zu reget». Giolitti kann hieraus nicht eingehcn. ohne sei» ganzes Finaiizprog.amni auszugeben, und dazu sich zu entschließe», bat er bisher nickt über sich gebracht. Keime zu weiteren Krisen sink demnach vorhanden, zumal da die Regierungs mehrheit in der Kammer schwierig zu werden beginnt und dem Eabinet nack teste» Ergänzung durch zwei Senatoren lühler gegcniiberstcbt, als zuvor. DaS Volk der Hellene» bat die Welt bereits so sekr an jäh eintretente Ministerwechsel gewöhnt, daß eS kaum noch einen Eindruck »lackt, wenn der Telegraph auS Griechen land ein neues derartiges Ereigniß meldet. Bei der dies maligen griechischen EabinelSkrifiS treten aber die inneren Streitigkcilcii und Paneikämpsc de» Landes in den Hinter grund gegen die ernste Sorge, womit Europa Grund hat, die Gestaltung der dortigen Verhältnisse zu begleiten. Die schwere Krisis der Münzverbällnissc, wie der iknen zu Grünte liegenden Finanzzuslände überhaupt erfüllen seit langer Zeit die Gemülker außerhalb Griechenland- mit Bcsorgiiif;, den» man darf wobl annehmen, daß der größte oder ein sehr großer Theit griechischer StaatS- papiere sich in ausländischen Händen befindet. DaS Schlimmste, was in dieser ost geschilderten Lage rin- treten konnte, war, daß sich zu der ökonomischen noch eine innelpolitische Krise gesellte, geeignet, jede einheit liche. logische und zuverlässige Handlungsweise von dort au» im Voraus »»»oahrschcinlich zu machen. E» ist in der Thal Europa, welches für den den Griechen nun einmal unent behrlichen Sport de» EabinetSwechselS die Kosten trägt und diesmal vermutblich ganz besonders theuer bezahlen wird. Wie die Dinge gegenwärtig liegen, ist die nächste Zukunft Griechenlands in tiefes Dunkel gehüllt, und nnr das Eine darf man als sicher annebmen, daß Trikupis, der augen blicklich der bestgehaßte Mann im Lande ist, sich im Elillen- sagcu kann, daß man ihn bald wieder holen wird. Deutsche- Reich. L Berlin, 25. Mai. Gegen die Wahlparole: »Für oder wider die Militairvorlage" wird selbst von Freunden der HeereSverstärkung vielfach der Borwurf der Ein seitigkeit und Unzulänglichkeit erhoben. Gewiß bandelt r» sich bei der Wahl einer Volk-Vertretung mit füns- jähriger MandalStaurr nicht uni die Entscheidung einer einzelnen Frage, wobl aber bandelt eS sich in allererster Linie »m di- Erhaltung »nd Sicherung unseres noch so jungen natio nalen SlaatSwcsenS. Und die Erfüllung dieser allem Anderen voranslebcnden Ausgabe findet gegenwärtig ihren concrrten Ausdruck in der Militairvorlage. Die Nolhwendigkeit einer bedeutende» Verstärkung nnserer Wehrkraft zur Sickerung der Zukunft des deutschen Reicks ist von der Militairverwaltung überzeugend dargelha»; wer die Verstärkung verweigert, ge fährdet die Zukunft des Reicks Noch vernimmt man freilich einzelne Stimme», welche, während sie die Notbwcndigkeit der Verstärkung anerkennen, den von der Regierung ein- geschlagkiuii Weg zum Ziele, insbesondere die Einführung der zweijährigen Dienstzeit, verwerfe»; aber darüber ist die Entwickelung tbalsächlich- bereit- binwcggcgaiigen: nachdem einmal die Militairverwaltung dir zweijährige Dienstzeit an- geboteii und dieselbe als ohne Bedenken durchführbar dar- getban bat, kann in absehbarer Zeit der Versuch einer großen HeereSverstärkung aus anderer Basis nickt unternommen werde». Kurz, wie die Dinge sich im Verlaufe der lang wierigen Verhandlungen deS aufgelösten ReickStagS gestaltet und zugespitzl haben, bleibt nur eine ganz bestimmte Form», liluiig de, Militarsrage, zu welcher jetzt Stellung zu nehmen ist. ES mag z» den Uebertreibungen de- Wahlkampfe- gehören, wenn gesagt wird, bei dieser Stellungnahme bandle eS fick »m die Erkältung oder die Vernichtung de» Reich». Zweifellos würde durch eine HinauSzögerung der HecreS- verslärkung dir Webrkrast Dentschlank« geschädigt werden nnd, was noch schlimmer ist, eine abermalige Ablehnung der Militairvorlage könnte unmittelbar eine Gefährdung des Lady Sibylle. Roman von lk. Schrordrr. s!«ttn>ck »rid.irn. 271 (Fortsetzung.) „Mein Mann Hai mir gesagt, Lübr», daß Sit, seitdem er Neuland in seinem BesH hat, nickt müde geworden sind, in ibn zu dringen, seinen ständigen Aufenthalt hier zn nehme» —" „Mhlady, eS ging mich ja eigentlich nicht- an, aber —" „Sein Glück lag Ihnen am Herzen »nd Sir meinten, er werde e» aus Reisen in der Welt herum nicht finden. Nun aber hat er eS auf dir Weise dock gesunden, Lühr« — wenigsten» behauptet er e»", setzte sie unter sanftem Erröthen hinzu. „Weiß Gott, Mtsiady, daß er e» gesunden hat!" „DrSdalb will er jetzt aber auch in der Welk draußen nickt» mehr zn suchen baden, will daheim bleiben und Sir und ick, Lübr», wir wollen thun, wa» wir können, idn in diesem Ent schlüsse zu befestigen. Nicht wabr?" Lühr» nickte ensckiedenstr Zustimmung. „Bor allen Dingen", fubr Libylle fort, „müssen wir e» ihn, in seinen eigenen vier Psählen ein biSchen behaglicher macken. Die Gegend ist ja so wunderherrlick, da» Schloß so prächtig, aber die innere Aulstattung —* hier sah sie sich mit miß billigendem Kopfschüttrln nach allen Seiten um — „muß auf »inen Mann von seinem Schönheitssinn abstoßend wirken. Meinen Sir nicht?" Im Vergleich zu der inneren Ausstattung der Blockhütten und Farmhausrr, dir Lübr» in seinem Gedäcktniß trug, war die von Neuland geradezu rin Xon plu» uktr» der Feinheit und Vornehmheit, aber diese Frau au» höheren Regionen batte natürlich einen ganz anderen Maßstab anzulegen unv er war sehr geneigt, mit ihren Augen zu sehen. Er nickte deshalb ebenso entschieden wir vorhin. „Wenn man die Räume durchwandert", Hub sie wieder an, »sa bekommt man den Eindruck, al» seien überall in Ecken und Winkeln Fetzen eines Geiste- hängen geblieben, der vielleicht da» Ganze einmal belebt hat. Sollte man da- Schloß mit einem Theilc deS Mobiliar« gekauft haben?" »Mit genau so viel davon, wie sie noch nicht verspielt und verjubelt hatte — die saubere adelige Sippschaft", c»t- gegnete er nnd legte dabei einen so verächtlichen Nachdruck auf die letzten Worte, daß sie linangenchin berührt die Brauen zusammen zog. „Leichtsinnige Menschen giebt eS i» allen Ständen", be- mcrttc sie ziemlich kühl und von oben herab, worauf er seine Tacllosigkeit inne ward unk so betreten dreinschaule, daß sie, sofort, in den wohlwollenden Ton zurückfallend, sagte: „DaS erklärt mir, waS mein Mann mir nickt erklären tonnte Ich bade die Einrichtung so, wie sie da ist, von meinem Vater übernommen und ihrer Häßlichkeit nie nachgrgriibelt", beant wortete er meine Frage. Ich denke mir nun, der verstorbene Herr Waldstedt har, ohne sich selber weiter um die Sacke zu kümmern, irgend einem Decorateur den Auftrag gegeben, die Lücken im Hau»zerälb auSzusüllen, und der Mann bat fick seiner Ausgabe ohne Geschmack und Verständniß erledigt Denn überall gewahrt man da- abscheulichste Klickwerk, überall neben gediegenen alten Sachen minterwerlbigc neue, die schreiend dagegen abstechen — nickt einmal aus Farbenharmonie ist immer Rücksicht genommen! — Da» soll nun ander» werten. Dir wollen da» Alte zu dem Alten thun und da» Neue durch Besseres ersetze». Mit diesem Zimmer hier können wir gleich de» Anfang machen. ES soll einen Salon vorstellen, aber dafür ist'- viel zu lang, rn schmal und zu düster In der alten Zeit bat e« diesen Zweck auch wobl schwerlich erfüllt, damals ist'« — ja. wa» mag'» damals gewesen sein?" Sie ließ den Blick an den Wänden entlang schweifen und wandte ibn dann prüsrnd zur gordischen Holzdecke empor, deren Felder in schöner, eingelegter Arbeit Wappenschilder zierten „Ein Abnensaal", entschied sic nach einigem Sinnen „Teben Sie nur, wie der Bär da oben, der mir da» Emblem de» Hausc« gewrsrn zu sein scheint, fick auf jedem neuen Schilde mit anderem Wappengelbier verbindet. DaS versinnbildlicht die Heerathen, die da» Geschleckt im Lause der Jahrhunderte ein- geganzen ist. Und hier, reckt» und link» an den Wänden, werden die Almenbilder gehangen haben — ja, ohne Zweifel! Tie lichteren Flecke aus der Tapete bezeichnen die Stellen, wo man sie sortgenomme» hat. Eine prächtige Tapete übrigens — ein wahres Kunstwerk auS Leder und Gold!" „Ich habe mir sagen lassen, daß jeder O-natratsuß davon seine zweihundert Tbaler wcrll, ist", denierktc LührS achsel- zuckend, „aber ob's wahr ist, Myladn?" „Warum sollte c» nicht wahr sein?" Ich habe in der Art nie etwa« Schöneres gesehen", rief sie aufspringend. „Betrachten Sie sich dock nur einmal diese- Blatt- »nd Ranken- wcrk, wie prächtig eS hrrvortritt a»S seinem goldenen Hinter gründe!" „EckteS Gold, Mylady?" zweifelte Lühr-, der ihr ge folgt war. „Gewiß — natürlich! Die hätte eS sonst wobl die Zeit überdauert, ohne z» erblinden? RlickloS absioßen hat man eS ja müssen, um seinen Glanz auSznlöschcn, wie Sic liier sehen »nd dort wieder! Schade, jammerschade, an dieser Stelle ist auch die Arbeit vollständig zerstört! Das bessert uns beut zu Tage Nicmaiid mehr a»S — die Kunst ist im Mittelaller verloren gegangen Wir werden ein Bild darüber hänge» müssen. Habe» wir Bilder?" „Mehr als genug, Mylady. De- Herrn Vater hat ge sammelt, »nd der Herr selbst bat säst von jeder Reise welche mitgebrach». E« siebt aber fast alle- noch in Kisten herum, zum AuSpacken ist er nie gekommen." „Wir wollen AuSpacken", nickte sie freudig erregt, „und dann auS der Abnengalerie, die zeitweilig ein Salon gewesen, den prächtigsten Speisesaal machen. On die Mittelflächen der langen Seilcnwände gehören historische Gemälde (immer vorausgesetzt, daß untere Sammlung solche enthält), reckt- „nd links davon sind Portrait- anfzubängen, möglichst dunkel gehalten im Tone. Der Eredcnztisch mit dein hoben, geschnitzten Eichrndolzsimse, der ,n der Halle durchaus nickt an, Platze ist, dürfte fick vorzüglich an der Onerwand in der Tiefe de« Raumes auSnrbmen, und die Trüben au- dem Trrppenhause, die, wenn ick nicht irre, da» Bärenwapven zeigen, zu beiden Seiten der Thür da. Tie schmalntzigen Stüblc mit den steinbarttn Lederpolstern und Len wunderlich verschnörkelten Lebnen, bei deren Höhe Einem da» Gähnen ankommt, können bleiben. Die geschnitzten Schränke — doch da» klebrige sinket sich! Erst zu den Bildern!" Sie schritt der Thür zu. Sie war wohl gar im Begriff, die Blütbenweiße ihrer Haut und ihre» Gewände» in die Regio» de« ewigen Staube» binauszuwaacn? „Mylady", ries LührS, „da- Alle- fleht ja noch in den Mansarden, wo jahraus, jahrein kein Besen binkommt" „Jahraus, jahrein nicht?" lächelte sie. „Ei, ei, da finde ick am Ende gleich am ersten Tage schon Gelegenheit, zu schelten?" Daß ick die Bilder allein auSpackte und hcruntertrüge, wäre Mylady wohl nickt reckt?" „Durchaus nicht! Dem Wunder mit eigener Hand unter Herzklopfen, in zitternder Erwartung die Hiillc abzustreisen — da» ist der halbe Spaß! Kommen Sie nur, ich mache mich nicht schmutzig!" Die Sckleppe ihre» lickten MorgenkleideS lackend empor- rafsend, öfinete sie die Thür, »m gleich aus der Schwelle stehe» z» bleiben und sich mit offenbarem Wohlgefallen im nächsten Raume umzusebcn. „Hier ist'« gut sein!" rief sie a»S „Hier albmet man, ans der Tunkelheit kommend, ja ordentlich auf. Alle- luftig hier »nd angcnerfrculich! In jedem Fensterrahmen ein prächtige- Stück Waldlandschast, an der Decke PböbuS, der seinen Sonnen- wagcn rollt, an den Wänden zierliche Scoäscr und Schäferinnen, die ihre Lämmlcin zwischen Rosen weiden! Missen Sie wa-, Lübr» ? Wir schaffen einen Theil de-MödelballasteS hinaus, ziehe» dem Rest da» Licke lila Plüschkleid auS und eine- au» zartfalbigem Seidendamast an. Dann haben wir einen Salon, wie wir ibn nur wünschen können »nd hier nebenan vielleicht einen zweiten und — aber sieh Va! ein Portrait, wie wir e» sür den Speisesaal gebrauchen!" Sie hatte hastig da» erste Gemach durchschritten, war, in da- aiistoßente Zimmer tretend, überrascht stehen geblieben und näherte sick nun einem lebensgroßen Frauenporlrait, da» über dem Kamin bing. „Das Bild ist nur bei Besichtigung der Räume heute Morgen dock gar nickt ausgefallen", bemerkte sie verwundert. „Ein ungrwöbnIickeS Gesicht — nicht gerade schön, aber an ziehend, reizvoll in hohem Grad»! Dir Nas« entschieden zu
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