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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930527021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893052702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893052702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-27
- Monat1893-05
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Herr Bebel darf sich rühmen, Ahlwardt übertroffen zu Haben. Er schleudert die schwersten Anschuldigungen gegen einen Osficier aus Grund eine« Briefe«, den er vernichtet, rhne sich den Namen de« Absender« zu liierten, ohne sich zu überzeugen, ob ein Mann de« Namen«, wir ihn der Brief trägt, überhaupt rpistirt. Die Krähabn und Meißner Ahlwardt« wandeln doch wenigsten« im Sonnenlicht, wenn auch „unbekannt wo". Irgend welche Nachforschungen stellt Herr Bebel nicht an, ihm genügt ein Schreiben, da» pseudonym sein kann, wie e« im vorliegenden Falle höchst wahrscheinlich gewesen ist. Herr Bebel hätte wahrlich Ursache gehabt, sich ,perhorrr«ciren" z» lassen, al« man ihn über Ahlwardt zum Richter setzte. Die moralische Stäupung, die damals der Erkorene de« Wahlkreises Friedeberg-Arn-walde über sich ergehen lasten mußte, wird an Herrn Bebel durch den Kriegsminister rcn Kaltenborn Stackau mittelst einer (telegraphisch schon erwähnten) amtlichen Darlegung im „Reich-änz." voll zogen. Dieselbe tragt die Ueberschrfft: „Rechtfertigung ec« Hauptmann« Prey vom Grenadier-Regiment Prinz Earl von Preußen (2. Brandenburgischr«) Ar. 12". Zunächst wird eine Aeußerung Bebel« „i der Rcich«tag«sitzung vom 12 März d. I. citirt, worin Bebel den Hauptmann Prey der Mißhandlung seine« Burschen, de« Füsilier« Ißmar, bezichtigte. Weiter wird die Erwiderung de« Krieg-minister« vom 2l. März d. 2«. wiedergegeden, welche die Bchanvtuiig Bebet'« al« unwahr Icnnzeickncte, und ferner eine Replik Bebel« au« derselben Sitzung, die behauptete, daß Bebel die betreffende Mittheilung au- Frankfurt a. O. au« der Mitte der betreffenden Kompagnie in destimmlesler Form erhalten und keine Ursache gehabt Hab«, an der Richtigkeit derselben zu zweifeln. Dann fährt die amtliche Darlegung fort: Hauptmann Prey stellte nunmehr aus dem Dienst wege den Antrag, den Abgeordneten Bebel ui» Nam haftmachung seine« GewährmanneS zu ersuchen, damit sowohl er — der Osficier — al« auch seine Eompagni« diejenige Genugthuung erlangen könnten, welche sie nach Lage de« Sachverhalt« zu fordern bercchligl seien. Der KriegS- unnister schrieb ui diesem Sinne an den Abg. Bebel per- Fruilletsn. Lady Sibylle. Roman von T. Schroeder. N-chdrx« rer»«t«n. SSi (Fortsetzung.) „Weiß Gott, ich habe Ursache", knirschte er. „Ich sah in meinem Batcr einen Mann von bedeutendem Wissen und »öunen unk nebenbei nock> da« Ideal von einem Menschen. (iS zog mich mit ganzer Liebe zu ihm bin, aber e« war gerade, a(« ob sein Herz, da« jedem Bettler offen stand, gegen seinen einzigen Sobn mit Ei« gepanzert sei. Ich versuchte auf jede Weise, diese« Ei- zu schmelzen. Wie e« mir im Guten niä't gelingen wollte, da im Bösen — wenigsten« ini Zorn wollte ich ihn warm machen! Aber e« half mir nicht«! Die Leute »Prien laut gegen den mißratdenen Sobn, der Vater zuckle die Achseln über ihn. Wa« mich nach Amerika trieb, war nickt zum wenigsten diese« Achselzucken, hinter dem sich die Verachtung barg." ,Al« ick vor vier Jahren von dort zurllckkehrte, lernte ich begreifen und doppelt entschuldigen. Ich sab damal» zuerst ilir verhaßte« Bild. Der Vater selbst — er war schon schwach und hinfällig, c« ging gegen sei» Ende — zeigte r« mir mit den Worten: „Da hast D» den Grund, weshalb ich nie ein Herz zu Dir habe fasten können. Immer wenn ich Dich an- sad, so sah ich sic. Du bist ihr wie au« den Augen geschnitten, fast keinen Zug von mir — keinen Zug. te«balb habe ich nie glauben wollen, daß Tu — mein Tob» seiest " „„Ich nicht Dein Sohn?" schrie ich außer mir. „Auch den Schimpf willst Tu noch ans »nick laden?!"" „Er schüttelte den Kops. ,,„E» scheint ja nun doch, daß Du e« bist", sagt« er nilldc. „sie bat mich a» ihr Sterbebett raten laste» und e» mir doch »nt brilig bclbeuert. — Ans dem Sterbebett", setzte er zögernd hinzu, „lügt man ja wohl nickt mehr."" „Der Zweifel war nock in seiner Stimme, blieb noch bi« pm letztem Athcmzug in feinen Augen unk — kein Wunder! sönlick und erhielt hierauf eine Antwort kabin, daß Bebel den betreffenden Brief au« der Mille de« 2. Brandenburgischen Infanterie Regiment« Nr. 12 nebst einer Anzahl anderer Briefe, Mittheilunge» über Mllitairmißhantlunge» enthaltend, wenige Tage »ach zenen Verhandlungen am 2l. März ver nichtet habe und daß ihm der Name de« Briesschrciber« nicht mehr im Gedächtnis; wäre. Inzwischen war gegen den Hauptmann Prey seitens der königl. ü. Division auch ein ge richtliche« Verfahren bcbuss Klarstellung de« Sachver halt« eröffnet worden. Die Aussagen sämmtlicher Zeugen, darunter die der Angehörigen de« verstorbenen Füsilier« Ißmar, bestätigten von Neuem, daß die Anschuldigungen de« Abgeordneten Bebel jeglicher thatsächlichen Begründung ent behrten. Als Zeuge wurde tan» auch am lO. Mai I. I. vor dem köiiiglichc.i Amtsgericht I zu Berlin der Schrift steller Bebel vernommen. Nach dem Wortlaut de« gericht lichen Protokoll« hat derselbe hierbei zur Sache unter Anderem Folgende« auSgesazl: „Der (oben erwähnte) Brief (au« Frankfurt a. O.) war mit einem Namen unterzeichnet, dessen ich mich nickt mebr entsinne. Eine Ebarze war dem Namen nicht bcigesetzt. Ich bin der Meinung, daß der Brief nach der Schreib weise von einem Gemeinen berrührte. Ich habe diesen Brief al-tald, nachdem ich mir seinen sachliche» Inbalt ohne den Namen seines Autor« kurz notirt hatte, vernicklet. Ich habe dann in einer Sitzung des Reichs tag« aus Grund meiner Notizen den Vorgang zur Sprache gebracht, ohne daß ich anderweit eine andere In formation erkalten hätte. Ich habe auch meinerseits nicht« gethan, um von andcrer Seite AuSkunst darüber zu erhalten .... Ich bin nach dem Gesagten außer Stande, meinen Gewährsmann zu bezeichnen." Diese Aussage hat der Schriftsteller Bebel alsdann be schworen. Da« gerichtliche Verfahren gegen den Hauptmann Prey wurde hiernach unter dem 16. Mai l. I. wegen Mangel« jeglichen Beweise« eingestellt. Den Ab geordneten Bebel schützt die parlamentarische Redefreiheit (Art. 30 der Verfassung de« deutsche» Reich«) vor gericht licher Verfolgung wegen der im Reichstage gethanen Aeuße- rungen. Seinen Gewährsmann zu bezeichne», ist er außer Stande. Unter riesen Umstände» bleibt zur Rechtfertigung de« Hauptmann« Prey nur übrig, den Sachverhalt öffentlich bekannt zu geben. Politische Tagesschau. ' Leipzig. 27. Mai. In Hellem Ausruhr ist jetzt auch die »ltramnntane Partei in der Provinz Westfalen. Diese Provinz gehörte bisher zu den Kernlandschaften de« Eentrum« Zebu von ihren siebzehn Wahlkreisen waren in der letzten Session durch EentrumSmännrr vertreten, unv alle diese Wahlkreise gehörten zu den unnahbarsten Bollwerken der ullramontanen Partei. In diesen ländlichen Wahlkreisen hatte der alte, gutconservative und gutpreußischc Grundbesitzerstand unter der Führung ehrenwerther und ritterlicher Männer, wie Herr v. Sckor- lemer-Alst, seinen Boten. Aber die ultramontane» Hetzer baden seit langer Zeit auch hier den Grund dermaßen untergraben und zerwühlt, daß die klerikale Demagogie übermächtig ge worden ist, wie sich bei der Wahl FuSangel'S in dem alten Rcichensperger'schen Wahlkreis deutlich gezeigt hat. Auch hier ist jetzt der rechte Flügel durch den TerroriSmuS der Denia- gogen abgestoßen worden. Tie Männer dieser Richtung ziehe» sich aber nicht schmollend und grollend zurück, wie in Schlesien, wo sich ähnliche Vorgänge abspielen, sonder» sie pflanze» mulhig ihre Fahne aus. Bei einer VertranenSmänner- Versammlung der EeiitrninSpartei Westfalen« in Münster kani e«, wie schon dieser Tage kur; gemeldet worden, zum offenen Bruch. Die Frage der parlamentarischen Vertretung der Landwirthschaft bildete den AuSgangSpuuct der heftige» Auseinandersetzungen, der eigentliche Gegensatz aber lag aus kem Gebiet tcr ganzen politischen Anschauung und ins besondere aus deni ter Militairsrage Tie Landwirtke und Heerc-refornisreunke unter Füdrung de« Herrn von Schorlcmer-Alsl sind bei dieser Versammlung noch »icder- gestiiniiit worden, woraus sie den Saal verließe» Sie ent senden jetzt einen Wahlaufruf, welcher die Ausstellung be sonderer Eandidaten anküiitigt. In diesem Aufruf wird auch gefordert: „SichcrstcllungdesFrieden« durch Erhaltung einer für die Vcrtbeitigung unserer Grenzen und für den Schutz desVater lande« hinreichend starke» Armee." Herr von Schorlcmer-Alst, der einst so dochgcseierte Führer des Eciitruin«, muß fick dafür von der „Germania" in der schnödeste» Weise behandeln lassen. Wir glauben nicht, daß kiese hartköpfigen Westfalen >o leicht »iederzubeugcn sein werten. Im Gcgentbeil wird man aiinchmc» dürfen, daß der von Westsale,, ausgegangene Ruf a» palriolische Katholiken, zur nothwendige» HecreS- vcrstärkttng milzuwirlen, sich weiter verbreiten und auch anderwärts zum Wert der Erlösung au« dem Banne de- klerikal-demagogischen TcrroriSmu« werten wird. E« ist ein fast bemillcideiiSwertder Anblick, wie die einst so stolze EenrrumSpartei in ihrer termaligcn Per sastung dastebt. Aus der eine» Seite sehen sich alle patriotischen und conservativ gerichteten Männer veranlaßt, sich von dem Verband zu trennen, ans der andern Seite schlagen allerwärt«, iiamciiilich in Bayern, die Flutheii ganz zügel und zuchtloser unbändiger naturwüchsiger VolkSleiden- schäften gegen die Partei und Hegen alle staatliche nicht nur, sondern auch kirchliche Autorität empor. Aber so mußte es kommen, wenn man Jahrzehntelang rohe und niedrige Leibe» schäften kurzsichtig und gewissenlos nährte. Während der „Vorwärts" die deutsche Social demokratie auf da« Bekenntniß zum „Weltbllrgertkum" und zur „Menschheit" verpflichtet und erklärt, für die Socialdciiiokrate» gebe c« kein „AuSlanv", gewinnt in den sranzäftschrn Ar bei ter kr eisen gerade die entgegengesetzte Strömung da« Ucbergewickt. Von Pari« anSgebent, ver breitet sich allmäliz eine Erbitterung, rin Haß gegen da« Frrnidentkum unter den sranzösiscben Arbeitern, der mit der Zeit zu sehr ernsten Eonflicten führen kann, wenn nicht von ter Regierung kräftig dawider ein- geschritten wird, wozu aber jetzt so gut wie keine Aussicht vorhanden ist. Die französischen Arbeiter werfen den vom Au-lande herzuströmenrcn Genossen vor, daß sic den Ein heimischen den Verdienst schmälern Man berechnet dieZakl der i» Frankreich sich anshaltcndeii fremdländischen Ardeilcr gegenwärtig auf l 300 0«n» Köpfe, wovon aber 65 »"0 eigene Mittel zuzusetzcn haben, wäbrrnd sämmtlicbe übrigen vom Ertrag ihrer Arbeit leben und »m diese Summen da« Ein kommen 1er einheimischen Arbeiter schmälern. E« wirb noch nicht offen bcrauSgesagt, aber die Schlußfolgerung ist unabweisbar nnv wirk nächsten« auch gezogen werben, daß kic französische» Arbeiter sich ter ibncn abträglichen aus ländischen Eoncurren; mit allen Mitteln entledigen müssen. Da« stimmt zwar herzlich schlecht zu dein Sirenengesang ter Freiheit und Brüderlichkeit, aber wo der Eigennutz ins Spiel kommt, hört, für ten Franzosen wenigsten«, die „Gemütblich- leit" ans. Nur der deutsche Socialdemctrat jällt unabänder lich auf jeden, auch den plumpsten agitatorischen Schwindel herein, ter ihm von seinen Führern rorgemachl wirk. Mit der gestrigen Vertrauenskundgebung in der italienischen Kammer — die Kammer genehmigte mit 227 >wgen 72 Stimmen die von der Regierung gutgeheißciie Tagesordnung — hat sich da« Schicksal de« Eabinet« Giolitti zu dessen Gunsten für die nächste Zeit entschieden. Der von Giolitti kaum verhohlene, von dem Radicalen Forti« offen bczeichnele Zweck ter Kundgebung war, da« Ministerium für den bevorstebenden Eonslict niit dem Senate zu stärken. Die Veranlassung diese« kaum mehr vermeid licken Kampfe« ist die Pensionsgesetzvorlage, zu deren Verstümmelung gemäß den Forderungen de« SenalSau« cbusses Giolitti fick nicht bcrbcilassen will; seine tieferen Gründe sind in dem Gegensätze zwischen Senat und Eabinet zu suchen, ter bereit« zu wiederholten Malen, am bedenk lichsten anläßlich der Angelegenheit Zuccaro-Florcsta, zu offenem Ausbruch kam. Tie Hoffnung ist gering, wenngleich »ech nickt gänzlich geschwunden, das; die Verstärkung de« senalo rischen Element« im Eabinet diese», die Unterstützung eine« TbcilcS seiner bisherigen Widersacher im Senat verschaffen werte: geschieht die« nicht, dann steht Giolitti vor der Gesabr eine« Kampfe« mit dem Senat, in dem er nur dann siegreich bleibe» !a»», wenn er an der Kammer einen un erschütterliche» Bundesgenossen besitzt. Bei der Zersakrenbeit der Partciverbäliiiisse und dein Vorwicgen per>öniichcr Ge- sicklSpunete und Interessen ist e« allerdings fraglich, ob elbst der erwähnte Vertraucnsbeschluß eine sickere Gewähr nr da« Verhallen der Kammer in einem Eonslict zwischen Ministerium und Senat bieten kann. Der innere Zusammen- ball ter bisherige» Regierungsmehrheit ist ein sehr lockerer, wie sich erst in diese» Tagen wieder bei der Verhandlung über die Wahl de« oppositionellen Abgeordneten Vienna in Frosinone gezeigt bat. Die Regierung halte diese Wahl mit alle» Mittel» bekämpft, tcr Kammcrauöschuß ihre llngiltig teiiserklärung beantragt, allein bei tcr entscheidende» Ab 'timinung schlug sich kic Gruppe der radicalen Lcgalitarier auf die Seite der Opposition, die i» Folge dessen die Be stäligung der Wabl Vienna« durchsetzte An und für sich von geringem Belange, beweist dieser Mißerfolg der Regierung doch die Unzuverläisigtcit ihrer Kammermchrhcit. Der mit unleugbarer Geschicklichkeit und unermüdlichem Eifer geführte außerparlamentarische Feldzug gegen Homerule' hat mit Lord Salisbury'« Reise nach Irlanv seinen Höbepunct erreicht. Die Berichte über den Berlaus dieser rlgitationSsahrt de« eenservativen Führer« lasten e« schwer begreiflich erscheine», daß die Freunde de« Homerulc Plan ten Gegner» da« Feld fast vollständig geräumt bade». I»«- bcsoiiterc die Zurückballung der irischen Nationalisten fällt auf. wenn man sich de« Eifer« erinnert, mit dem sie in früheren Jahren Kundgebung um Kundgebung zu Gunsten Homerulr« in« Werk gesetzt haben. Die Annahme liegt nahe, daß die jetzige llntbätigkeu der Homeruler in 1cm wobl un auswcickliche» Falle von Neuwahlen üble Früchte trage» werde, ganz besonders, wenn Gladstonc früher, al« er denkt, zur 'Aus lösung de« Unterhauses gekrängt werden sollte. Die vereinzelten Kundgebungen für Homerulc verschwinden gegenüber den unauthörlichcn Veraiistallungen ter Opposition, die durch kie glänzenlsteil Namen der cvnscrvaliven und der libcralunio nistische» Partei eine taui» berechenbare Anziehungskraft aus eie Massen gewinnen. — Es werden Stimmen laut, wonach möglicherweise i» Englanv ei» Verfassung« Eonslict bevorstcbl. Gladstonc hatte vor einigen Tagen im Buckingnam- Palast Audienz de, tcr Königin, um der Monarchin ric Liste der anläßlich ihres GcburtStagc« (24. Mai) in Vorschlag gebrachten Auszeichnungen zu überreiche». Bei diesem Anlasse kam da« irische Experiment zur Sprache. Die Königin soll, wie an« parlamentarischen Kreisen ver lautet, sich vahi» geäußert habe», verfassungsmäßig müsse naä, Verwerfung der Homerulc-BiU durch da« Oberbaus sofort die Auslösung des Parlaments »nd die Ausschreibung ver Neuwablen erfolgen. Glabstvne soll dieser Meinung nicht gewesen sein; er bade, beißt c«, ein solche« Volum der Lorr« für keinen ausreichenden Grund znm Rücktritte de« Eabinet« ober zur Auslösung des Parlamente« erklärt. Das Eabinet habe die Mehrheit de« Hauses hinter sich, und er trage fick niir tcr Absicht, nach Erledigung der Einzelberatbiing der Bill und deren Ablehnung im Oberbause das Parlament zu ver tage». eine Hcrbstscssio» der englische» Reformarbeil zu widme», im Frübjabre dem Lterhause die Homcrule - Bill nochmals vorzulegen und dann erst, im Falle einer erneuten Ablehnung, da« Parlament aufzulösen. Daß die Auffassung Wofür ich in meiner innersten Ueberzeugung tausenv Gründe hatte, dasilr batte er nur ihr Wort!" „Au« seinem Testament la« man de» Zweifel noch deutlicher heran« „Für den Fall", schrieb er, „daß ich Dir Dein Leben lang Unrecht gethan haben sollte, bintrrlastc ich Dir eine Genugthuung und mir selbst eine Strafe." „Und worin bestand die Genugthuung, die er mir — bot? Da« Bcsihlhum, da« ihre Familie Jahrhunderte lang zu eigen gehabt miv endlich stückweise vergeudet, hatte er käuflich für mich erworben. Al« ob ich durch irgend etwa«, da« von ihrer Seite kam, z» beglücken gewesen wäre! Al« ob ter Gedanke, die Namen Waldstedt und Neuland nun sür alle Zukunft vereinigt zu wissen, mir im Leben nicht noch eine größere Strafe gewesen wäre al- ihm im Sterben! —Nein, da« — und wie sehr ick sein eigen Fleisch und Blut war und bin — bat er nie begriffen. Ihren Schn hat er in mir gehaßt, ihren Sohn hat er versucht, in mir zu beglücken " „Der Grausame!" stieß Sibylle »»t Thränen der Entrüstung im Äuge hervor. „Mich wundert nur, daß Du den fatalen Besitz nickt sofort wieder von Dir lhatest!" „Die Versuchung lag nahe, aber — ich brachte e« nicht über da« Herz» dem Tobten sein Geschenk vor die Füße zu werfen!" „Zn viel Pietät für einen solchen Mann!" „Du kakelst ihn, weil er nicht glauben konnte, wo er einmal betrogen war? Ich an seiner Stelle hätte e« auch nicht gekonnt!" „Ich weiß e« bester, Richard!" „So wahr ich hier stcbe, Sibylle — hätte ich sie geliebt, wie ich Dick liebe, und hätte sie mich verrathe», wie sie ihn verrathen hat, ich Halle ihr weder glauben noch verzeihen können!" „Auch aus dem Sterbebette nickl?" „Auch ans dem Sterbebette nicht." „Ich furchte. Du kannst hart sein, Richard " Er zuckte statt aller Entgegnung nur die Achseln. Sie schwieg ein Weilchen, rletzl ck saHkr sie. ib.n ernst i» da« Auge scb-!>S, »>.! r>ne:n Zittert in der Stimme: „Sc, nur wenigste.,» p'cma'S hark gegen mich!" Da« war »hm znm La>h»n. „Thirin — Thörin!" wieder holte er wobl ein halbe« dutzcnd Mal, »nt bei jeder Wieder holung küßte er sic aus die Lippen. Damit war seine gute Laune wieder hcrgestellt »nd ihr lag da« Herz beruhigt in der Brust. Ohne ihn gefragt zu baden, wußlc sie ja nun auch, woher sein Widerwillen gegen blonde Frauen rührte. Sie balle nur noch eine Besorgniß. „Wenn cs Dir nur gelingt, ein Herz zu Neuland zu fassen", sagte sie. „Da- steht bei Dir, Sibylle. Bist Tu glücklich hier, so sehne ich mich nicht fort." „O, dann bat e« keine Gefahr!" rief sie, schmiegte ihr Haupt a» seine Schulter und verlor sich, da- Auge zum wappcnver- zierlcn Leckelgetäsel cmporwendcnd, in selige Znkunsl-träume. Aus einmal entschlüpfte ihr ein leiieS Lacken. „Nun, hast Du doch blaues Blut in ten Adern", trium- phirte sie. „Sibylle", fuhr er stirnrnnzelnd auf, „wenn Du Dir da« Geringste daraus zu Gute thu» solltest, daß ich von der lieder lichen Bande abstamine, die hier gebanst bat —" „So ginge c« mir wohl schlecht?" fragte sie mit schelmischem Blick. „O, Tu Tyrann. Du Despot! Habe ich nicht einmal meine Gedanken mehr srci?" „In diesem Pnncte sollst Tn denke» wie ich!" „Soll ich?" lachte sic. „Nun, ich thuc e« ja auch schon! Sieh mich »ur nicht so böse an! Nein gewiß, Richard, mem Liebster, e« war nur so ei» leidiger GewobiibcilSfekler, in den ick zurück»«!. Ter alle Stammbaum impoiiirle mir, daß er inwendig morsch und hohl gewesen, bedachte ich nicht gleich, llebnge»«", setzte sie gedankenvoll binzn, „sollte nia» lagen, er »lüste auch einmal Mark und frische Kraft besessen baren, sonst bätte er wobl kaum die Iahrbunderte überdauert" „Möglich", cnlgcgnetr er mit glcichgiltigsiem Achselzucken >0. Eapitcl. E« war an einem schönen Angusiabcnd lieber den Fabrikgebäuden im Thale von ESdors breitete» sich schon die TäminerungSschatteii. aber von dem Wald aus der Höhe nahm die Sonar zögernd erst Abschied. Wie eine Feuerkugel stand sie zwischen den Föhren, die schlanken Stämme in rolh« Glulh tauchend und in breiten Streifen vor sich ber flüssige« Gold über den braunen Nadelteppich rollend 'Am Saume des Waldes, aus tcr Landstraße, hielt schon seit einer Viertelstunde der Waldslcdt'schc Wagen. Konrad, der Groom, hatte Mübc, die »»geduldig stampfenden Pferde zu beschwichtigen, Sibylle belächelte im Geiste die Saumselig keil ibre« Herrn und Gebieter«. „Es ist die Essensstunte", dachte sie. „Frau Peter« schaut sich rom Thnrme dir Angen »ach »n« blind, die Köchin ist in Verrweit'luna, aber wer immer noch eine Masse Zeit zu seiner Versiignng bat, ist mein Herzallerliebster!" Sic batten eine Reihe von Besuchen erwidert beute Nach mittag. waren aus dem Rückwege an E-torf rorbeigekommen und Waldstedt batte, trotz tcr vorgerückten Stunde, nock rasch einmal hinunter müssen, um irgendeine „cucingcsllhrle Verbesserung in Augenschein zu nehmen „Kommst Du mit'?" batte er sic gefragt, aber um durch ihre Begleitung nicht nock weitere Verzögerung zu veranlasse», batte sie lackend tiiigcgnel: „Gel, Du nur allein Ich H», ihr gar nickt Holk, Deiner alte» Fabrik — Du hast sie mir kiel zu lieb!" „Eifersucht?" hatte er neckend gerufen und war dann, um ihr das Warte» abzukürzcn, aus dem steilsten Pfade bin- abgesiiege» — gesprungen fast, mit einer knabcnbasten Gewandt beit, einer inännlichen Kraft und Anmuth in den Bewegungen, welche sie beule wie immer entzückt batte Als er ihrem bewundernden Auge entschwunden gewesen,halte die Flainmc de« Hochofen« da »nie» plötzlich grell auigelenchtel und dailn war in dickem,rothglilheiidkiiiStroin da« von derSchlacke befreite Eise» an da« Licht gegnollen. Ein fesselnder Anblick! Träge vorwärisstießend, »m, bi« z» einem gewissen Punct gelangt, eine Biegung zu machen und sich in entgegengesetzter Nichlung weiter zn wälzen, hatte e« fick allmälig Len iangen» schmale» Forme» anbegucmt, die >bn> in, Sande vorgeschrieber? schiene». Run glübte e« in Flainnienstreisen von unten herauf, »nd so groß die Entfernung war, Sibylle meinte, kie Hitze zu sich herauff'chlagcn z» fühlen. Mittlerweile war eine Viertelstunde vergangen, die Pferde stampften, der Groom gädnte, Sibylle blickte angelegentlich »ach der Thür, i» der Waldstedt verschwunden war, und erinnerte sich endlich eine« Briese«, den sir un Moment ihre»
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