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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930603024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893060302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893060302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-03
- Monat1893-06
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b»«h «rrtchtete» Na«. Ihrltch^llM. all»», in« " bezogen für Abend, Ausgabe. 7^0. ttäglkch'/^v^ DMutir» »t Lrretttt»«:/ tuuuuwibroch«, R» «b«bs 7 Uhr. stll«!«»: e»iD eisthk, 14, pari. nutz' «t»tp«»la» 7. MiMtr „ Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and GeschSstsverkehr. Aazeigen-Preis die 6 gespaltene Pentzeile LO Psg.' Reklame» uater dem Redaclioussirich (4g»< spalten) 30^, vor den Familie» nachrichteu (6 geipalten) 40^. Größer« Lchrtslen laut anierem Preis- Verzeichnis Tobellariicher und Zissernsatz nach hbhcrem Toris. Grtr«-Vrtl«>kn (gefalzt), nur mit der Mora»» - Ausgabe , ohne Postbesörderung >sl 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. !X«»allMtschlub für ^ryeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: Nachmittags <Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,S Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Exprbition zu richte». Druck und Verlag von L. Polz tu Leipzig. ^?WV. Sonnabend den 3 Juni 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Pachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 4. Juni, Vormittags nur bis /zS Uhr «öffnet. LxpeÄMon «les I.elp/.Irser ^axeblLtte«. Amtliche Bekanntmachungen. Gesucht Med der m» 16. April 1850 in Zottelstedt bei Apolda geborene Reurer KrieNrich «nguft Nutzrck. xtcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, am L3. Mai 18S3. Der Math der Stadt Letpzi,. Armenanet, Adttz. ll. s.L VII.»o. SSOä. Heutfchel. Mllr. Politische Tagesschau. * Letpzi». 3. Juni. Vielfach hört man die Befürchtung auSsprechrn, daß der über alle« Erwarten fttNe Verlauf der Watztdr»e»«n» für tie gemäßigten Parteien von Nachtheil sein werde, weil die nchige» Elemente der Nation über die von einem radical- sociausiisch-klerikal-demokratischen Wahlsiege drohenden Ge fahren im Unklaren blieben. Ob diese Befürchtung be ariudet ist, müfsrn wir dahingestellt sein laste«. Aber >cd«»salls würden die Aussichten der den Extremen ab» Meisten Parteien sich verschlechtern, wenn sie gegen Ende der Wahldeweguug von eurem Ausdruck» IckpanichasUichorar klzitation überrascht würde». Eia solcher ist möglich und »ahrsckeiulich. Seiner gewärtig zu bleiben und insbesoo- dere auch auf gegnerische .Manöver vor der letzten Stunde" gesoßt zu sein, ist Pflicht. Wahlcoups sind um so mehr zu er warten, als die Stimmung bei Lea Gegnern der Mititair- vorlage keineswegs eine hoffnungSsreudige ist und der in ihren Nattern vorweg ausaeschlagrne Siegeslärm vornebnilich den Zweck hat, dir eigene Angst zu vertreiben. Sehr willkommen ist za diesem Zwecke dir — zur Stunde übrigens noch ganz unbe- zlaubigtr—Aeußerung dr-Frhrn. v. Huene, daß seine Kandidatur aussichtslos sei, da die Bauern sich nur von dem eine» Beweggrund leiten ließen, daß die Militairvorlage neue Lasten mit sich bringt. Äst diese Aeußerung in der That geschehen, so widerspricht str anderen Ersabrungen und zeugt,n ihrem testen Theilr von einer Mutlosigkeit, die bei Politikern, die «den rin altrS Band gelöst haben und sich isvlirt fühlen, be greiflich,den fürdieMilitairvorlageeintretcndrnParteien aber röllig fremd ist. Gewiß sieht man in Wählerkreisen vielfach nur die Mehrbelastung und ignorirt die Bortbrile, sowie die höheren aatronalpolitstcheu Gesichtspunkte. Die gegnerischen Parteien haben aber nicht minder über da« Gegrn- theil zu klagen: über die Erkenntniß der Vorthrilr der zweijährigen Dienstzeit, der Schonung der alten Jahrgänge, sowie des Moment« der Gerechtigkeit in der Ausdehnung der allgemeinen Dienstpflicht. In den elf Tagen, die für die Agitation noch verfügbar bleiben, läßt sich für diese Anschauung doch mindesten« ebenso viel wirken, wie für die grgentheilige. Und unsere- Erachten« mehr. Ran brachte wohl, Last der Antisemit Böckel, der nn Reichstage gegen den Antrag Huene gestimmt und in den Wahlkamps mit der Parole der frühere« Reichstagsmehrheit gegangen ist, sich eines Anderen besonnen hat und nunmehr für dir Mituairvorlaar eintretea zu wollen erklärt. E« ist die« natürlich nicht d,e Wirkung plötzlicher Erleuchtung oder patriotischer Bekehrung. Der strebsame Politiker hat einfach b«,,»«gefunden, daß bei de« hessischen Bauern mit der Be- kämpfung der HrereSverstärkuag und der zweijährigen Dienst zeit nicht« zu machen ist. Und da« ist verheißend. Ein kleine« aber herzlich einfältige« Wahlmanöver wird von den „Volt«parteilichru" versucht. Die Berliner „Volttzeitung" »hört", natürlich »von gut unterrichteter Seite", daß auf Betreiben eine« höheren Beamtm zur Zeit in Berlin «ine Petition an den Kaiser vorbereitet werde, in welcher die Abschaffung de» allgemeinen, gleichen, directea, geheimen Wahlrechts für den Rrich«tag gefordert werden soll. E» sei deadsichtigt, die Unterschriften derartig zu sammeln, daß al« Unterzeichner lediglich .un abhängige", den Bürger- und Arbeiierelasscn angehörigr Personen (nicht Beamte) zugelafsen würde», damit die Petition den Anschein einer .freiwilligen" Kundgebung .aus dem Bolle" gewinne. Weitere Mitthrilungen behält sich dir.VoltSzeilung" vor. Andere deutscbfreisinnige und social- demokratische Blätter finden diese Meldung selbstverständlich döchster Beachtung werth und verstärken das über sie ge breitete Halbdunkel noch, indem sie c« als .möglich" darstellen, daß der höhere Beamte der .BolkSzeituag" at« Beauftragter von noch höheren Stellen handele. Daß ganze Geschichtchen beweist weiter nicht«, al« daß da« radicale Wablgeschäft nicht nach Wunsch geht. Sonst würde man einen derart plumpen Schwindel nicht zu insceniren für nöthig halten. Die Herren arbeite» nach Remini«eenzen von 1887, nur mit dem Unterschied, daß die Eartrlparteien damals mit gutem Grunde auf unmittelbar drohende Gefahren Hinweisen konnten, während die .Volk-parteilichen" von heute solche im Schweiße ihre« Angesicht- erfinden müssen. Gemalte« innere« Melinit, um ein „Angstproduct" zu erzielen! Wenn, wa« Niemand glaubt, irgend rin Beamter wirklich eia .reactionaire« Musterplänchen", wie da« von der „Volks zeitung" enthüllte, betriebe, so hätte diese« Unternehmen nicht mehr Bedeutung, al- wenn Herr Professor Virchow eine de« Thwüsitaurg fordernde Petition an den Kaiser in Umlauf setzte. Und dir Meldung hiervon klänge wahrscheinlicher, al« die der .Bolk-zeitung". In P«ris hatte man bis jetzt fest daran geglaubt, e« werde während der bevorstehenden Anwesenheit de« Präsi denten Earnot in dem französischen Krieg-Hafen Brest außer dem russischen auch ein englische- Ge schwader daselbst eintreffen. Die gleichzeitige Anwesenheit einer britischen SchiffSabtheilung würde den äußeren Glanz der Brestrr Festtage wohl erhöhen, aber ihre politische Be deutung herabdrücken. Am lS. August 18Sl hatte da« fran zösische Geschwader aus der Rückfahrt von Kronstadt vor PortSmouth Anker geworfen und einen ehrenvollen Empfang gefunden, die anaekündigte Ankunft eine- englischen Ge schwader« in Brest würde eine Grgenhöflichkeit der briti scheu Regierung, selbstverständlich aber auch nicht mehr, sein und den russischen Grfchwaderbrsuch unter den gleichen Gesicht«puncl rücken. Damit wird den Schwärmern für die russisch-französische Verbrüderung freilich wenig gedient sein, schon drSwegen, weil es nicht angehen wird, in der Behand lung der gleichzeitig anwesenden russischen und englischen Gäste einen allzu auffällige» Unterschied zu machen. Man wird sich durch den Besuch der britischen Blaujacken zwar geschmeichelt, aber auch einigermaßen genirt fühlen. — Eine soeben ein getroffene telegraphische Nachricht an- Paris läßt die An gelegenheit wieder in anderem Lichte erscheinen. Danach bat die .Agence Hava«" den Blättern dir Mittheilung zngehen lassen, daß da« französische Mariorministrrium bisher keinerlei Nachricht über den Besuch eine« russischen oder eine« eng- lischrn Geschwader« in Brest bei Gelegenheit der Reise de« Präsidenten Earnot nach der Bretagne erhalten. Danach ist es überhaupt zweifelhaft geworden, ob russische und eng lische Kriegsschiffe in Brest eintreffen werden, und die Pariser werden gut thua, ihre Hoffnungen auf Wiederholung der Kronstädter Festtage auf französischem Boden etwa« hrrabzustimmen. Die Feierlichkeiten au« Anlaß der Einweihung de« Beinhaus»« von Paleftr» werden nachträglich in der Presse noch vielfach besprochen wegen der großen Verschieden heit in dem Verhalten de« österreichisch» ungarischen Vertreter«, Oberst von Pott, und de« französischeu, General Fahre. Für beide Delegirte war aus jeden Fall in An betracht der dermaligen internationalen politischen Lage taktvolle Zurückhaltung geboten, aber während der österreichische Abge sandte diesem Gebot gewissenhaft nachgekommen ist, ist dasselbe in wenig rücksichtsvoller Weise vom General Fabre verletzt worden. Ter Letztere flocht »cimlich in seine Ansprache eine gar nicht dabin gehörende Betrachtung über die angebliche Nothwendigkeit, daß Italien und Frankreich, so wie sie es 1859 gethan, auch jetzt und ferner iin politischen Leben der Völker zusammeu- steben müßten. Da« Vorgehen Oesterreich-Ungarn« bei diesem Anlässe wird voraussichtlich von nachhaltiger Wirkung sein und dazu beitragen, den Ärredentisten, die ohnehin immer mehr an Boden verlieren, diesen noch mehr zu entziehen. Bereit« jetzt wird da« Verhalten de» General« Fahre von der großen Mehrzahl der italienischen Blätter vrrurthrilt. Im englischen Unterhaus« wogt von Tag zu Tag mit unverminderter Heftigkeit der Kampf um Home-Rule» und wie zähe die Opposition an ihrer Taktik festdält, b« kündet der Umstand, daß die Berathung der Vorlage noch nicht über dir dritte Clausel hioauSgrrückl ist. In der vor gestrigen Sitzung beantragte, wie schon kurz gemeldet, Arnold Förster, liberaler Unionist, die Vertagung de« Hause«, um dessen Aufmerksamkeit auf eine dringliche Angelegenheit von öffentlicher Wichtigkeit zu lenken, nämlich auf die unbehinderte Zunahme ernster Verbrechen io Irland, besonders in den Grafschaften Elare, Limerick und Kerry, und die Unfähigkeit der irischen Bollzug-regierung, ihnen zu steuern. Der Antragsteller b« hauptele, in den genanntrn Kreisen bestehe eine wahre Schreckensherrschaft, uvd tadelte strenge den Obersecretair für Irland wegen der Aufhebung der Ausnahmegesetze zur Entdeckung und Unterdrückung von Agrarverbrechen. Mo rieh räumte rin, daß in den erwähnten Grafschaften noch etwa« gesetzlose Zustände herrschten, aber die Agrarverbrechen wiesen eine stetige Abnahme auf; ihre Gesammtzahl sei je wesentlich geringer al« unter der vorigen Re gierung. Ob die Wiederinkraftsetzung der AuSnahme- arsrtze diese Kreise von den Strolchen, welche die AuS schreitungen verübten, säubern würde.müsse dahingestellt bleiben. Im Lauft der weiteren ziemlich erregten Erörterung schrieben dir Irländer Redmond nnd Hraly die Au«schreitüngen den fortgesetzten Pächterausweisungen zu. Der Antrag Förster'« wurde schließlich mit 241 gegen 203 Stimmen verworfen. Sodann wurde die Berathung der Elausel Hl der Homerulk-Vorlage fortgesetzt. Die Regierung nahm mehrere Znsatzanträge an, welche die irische gesetzgebende Körperschaft verhindern, die Neutralitätsgesetze abruandcrn, sowie Gesetze über Errichtung von Fort-, Arsenalen Wersten und Standlagern zu geben. Ein Antrag, daß die irische Legislatur nicht befugt sein solle, eine andere Polizei macht, al« eine rein örtliche, zu bilden, wurde verworfen. Gladstone erklärte sich indessen bereit, e« klar zu machen, daß dir irische Legislatur nicht eine militairische Polizei bilden dürfe. Der Gladstoneancr Macsarlane befürwortete scharfe Maßregeln zur Beschleunigung der Einzrlberathung. Glad stone lehnte diese« Ansinnen ab und sagte, die Regierung wolle die Erörterung nicht rinschränken, doste aber, sie durch Au«- cinandersetzungea und Zugeständnisse nach Möglichkeit zu kürzen. Mit einem solchen Verhalten sind aber die Anhänger Gladstone'« nicht zufrieden und e« ist deshalb in deren Kreisen, die überhaupt wegen de« so langsamen Borschrcitens der Berathung über Home-Rule mißvergnügt sind, eine lebhafte Mißstimmung eingekehrt. E« ist allerdings auch eine barte Zumuthung, Tag für Tag, oder vielmehr Nacht für Nacht die Plätze im Hause der Gemeinen einnebmen zu müssen, nur damit keine Niederlage droht. Wie e- jetzt sich immer mebr herauSstelll, haben Gladstone und seine Getreuen die Schwierig keiten in Bezug auf Home-Rule unterschätzt. Man hätte glauben sollen, die Aussicht auf Home- siule würve der Auswanderung aus Irland Einhalt thun Da< Gegentheil ist jedoch der Fall. „United Ircland", rin« der größeren Tubliner Blätter, berichtet über einen der außerordentlichen Falle auf dein Bahnhöfe zu Killarney, wo dieser Tage 3000 Menschen mit Sack in,.' Pack erschienen und die Polizei in Anspruch genommen werden mußte, da die hrrandrängcnde Masse auf die Schiene» überfluthetc und lebrn«gefährliche Zustände eingctretcn waren. „Es ist traurig, zu finden", sagt da« Dubliner Blatt, „daß dreizehn Jahre nach Erlaß de« LandreformgesetzcS, von welchem eine Verbesserung der Lage der Bauernschaft erhofft wurde, die Hochs lulh der Auswanderung immer noch andauert. Man kann nur hoffen, daß unter einer einheimischen Regierung wirksame Mittel gesunden werden mögen, um ihr Einhalt zu thun." Also ZwangSmaßrcgeln? Aber warum wird denn diese Bauernschaft von einem solchen AuSwanderungSficber in einem Augenblicke ergriffen, wo ihr angeblich die goldenen Berge de-Gladstonr'schcn Gesetzentwurfes winken? Eine blutige Ironie auf die Homerule-Politik! Die Commandeure der auf mittel- und südamerikanischrn bezw. auf pacifischen Stationen befindtichen n«r»a«erikanischen KrieaSschifse haben bei verschiedenen Anlässe» im Landen von Marinemannschaften behufs Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in den kleinen, an permanentem RevolutionS- fieber krankenden Republiken einen Eifer entwickelt, der zu dem betreffenden Falle nicht immer im rechten Verhält nisse stand. Diese Politik wurde zurrst in Ehili ver sucht, aber mit sehr beschränktem Erfolge. Dann kam Hawaii an die Reihe, wo der Erfolg noch fckwebt. Al- bis jetzt letzter Fall ist Nicaragua zu betrachten, wo aber die Bevölkerung sich so seindsclig zeigte, daß da« au«- geschickte Marinedetachement wieder zurückgezogen werden mußte. Englische Eifersüchteleien wittern hinter alledem pan- amerikanisttfche Bestrebungen und constatiren mit Genug- thuung, daß der jetzige Präsident Etevclaad jenen Be strebungen gänzlich fern steht und nicht daran denkt, aus panamerikanistische Abenteuer au-zugehcu. Lerrtsche- Strich. ^ Berlin, 2. Juni. Ueber den Tag der Eröffnung de« neuen Reichstage« ist ein endgiltiger Beschluß noch nicht gefaßt, doch hört man jetzt mit großer Wahrschein lichkeit DienStag, 4. Juli, nennen. Die Einberufung könnte an sich schon einige Tage früher erfolgen, allein eS tritt die Schwierigkeit dazwischen, daß auf den Donners tag, 29. Juni, ein katholischer Feiertag, Peter und Paul, fällt und gleich darauf der Sonntag folgt. Da e« Üblich ist, auch die auf die Feiertage folgenden Tage, um dir Abgeordneten nicht zum Reisen an de» crsteren zu nöthigcn, bei Beginn einer Session oder Wiederaufnahme länger unterbrochener Sitzungen freizolaffen, wird sich die Eröffnung der Session vor dem 4. Juli kaum ermöglichen lassen, wenn nick» alsbald der vorgrschrirbene Namensaufruf die Beschlußunfähigkeit ergebe» soll. Eine Einberufung vor den allerletzten Tagen des Juni ginge überhaupt nickt an wegen der durch die amtliche Ermittelung teS Wahlergeb nisses und den Vollzug der Stichwahlen in Anspruch genommenen Zeit. — In weiten Kreisen herrscht der berechtigte Wunsch, daß in der bevorstehenden kurzen ReichStagSsrssion auch rl Offene Pforten. Roman von B W. Howarbt. Nichdr»« »«r»»ten. (Fortsetzung.) „Du mackst Dir zu wenig Bewegung, Mama, und genießest zu viel Süßigkeiten. Jeder Arzt bat Dir da« bi« jetzt gesagt." ^Ieder Arzt, al« ob ich außer dem berühmten Presflgny >» Pari« schon eiura Arzt gesunden hätte» der meine Natur «erstand. „Madame", sagte er, „sind zu sensitiv, zu zart be saitet." O, daß der prächtige Mann sterben mutzte! Mäuschen, »ein Engel» wa« hast Du denn?" Der „Engel" saß auf dem Fensterbrei und bellte ei»»» fremden Hund, den er durch dir Scheiben gewahrte, wüthrnd ,u; wenn er selbst in Numero „sicher" war, hatte er stet« sehr viel Mutb. „Du fütterst ML»«chen wohl mit Bi«cuit und Liqueur, Mama'?" „Ja — ab und zu bekommt er ein iu Eurayao getauchte« Vilcuit." „Dachte ich mir'« doch — de«halb klingt sein Belle» so asthmatisch." „Hugo — D« hist gransam — wi« kannst Du mich so erschrecken?" „Da« wollt« ich »icht — ich warne Dich nur. de« Hund z» überfüttern." „Wo denkst Du km? Seine Magrnschmerzen heut« Nacht »arn, nervi«, und f» rieb ick ihm de» Magen mit Mandelöl. Vorhin hat er etwa« Akoait bekommen und nachher geht er mit srmrr Mama spazieren, da« wird ihm aut thua, »icht »ahr, mein Herzblatt? Babette — so spiele doch mit Räuschen. wenn Du stehst, daß er Lust dazu bat — er möchte sich Bewegung machen. Lip«, wenn Mäu«chru« Ball dick» mm» Ihre« Fuß« liege, könnten Sie ihn doch »«hl aufhebrn?" schloß dir Gräfin vorwarf«voll. mp« rührt» sich nicht und blickt« frag«» aus seine, Herr»; al« dieser nickte, ergriff der Diener den Ball und warf den selben dem Hunde zu, während dir Gräfin aufstchend aus Zranzösisck sagte: „Du scheinst heute verstimmt und so ist'« wohl besser, ich verlasse Dich, Hugo; wenn Du nur Resignation lernen wolltest!" Gras Hugo schwieg nnd die Mutter fuhr salbungsvoll fort: „Du weißt doch, wa« Gott thut, da« ist wohlgethan!" „Hm. so sagt man." „O, Hugo, lästere nicht, Du kennst meine Grundsätze." „Ja, ja. zur Genüge, Mama. Könntest Du dem Hund nicht die Schelle abnrbmen lassen, da« beständige Klingeln ist unerträglich, man versteht ja kaum sein eigenes Wort." „Nrm, Hugo, wie Du empfindlich bist. Mäu«chen freut sich so sehr über dir kleine Schelle, aber selbstverständlich bringe ick meinem einzigen Sohn >ede« Opfer. Babette, bringe Mäuschen hierher, ich will ihm die Schelle abnrhmen!" E« siel indeß MLu«chen nicht ein, sich sangen zu lassen, und al« die Gräfin selbst nach ihm haschte — bei ihrem knapp anliegenden Tammetklrid mit den engen Aermeln war die« kein« kleine Mühe — schnappte er nach ihrer Hand und retinrtt dann unter Hug^s Topha. Hier knurrte und brummte er halblaut, bi« der Krank« mit leiser Stimme ries: .hierher Mäu«chen!" Mit einem Sprung stand der Hund auf Graf Hugo « Brust und schaut« den rockenden mit seinen schwarzen Aeuglein höchst unschuldig an — hätte er einen Schweis besessen, so würde er sicher gewedelt haben. „Wie er springen kann", rief die Gräfin entzückt, indem sic wieder in ihren Sessel sank, „und wenn ich« ihm befehle, rührt sich der Nein« Schelm nicht und wartet, bi« ich ihn emporbebe." „Ja, Du bist ein kleiner Teufel Mäuschen", nickt« der Gras, da« seidige Fell streichelnd. „Wie seltsam — Du darfst seinen Kopf berühren, ohne daß er bellt", ries die Gräfin eifersüchtig. „Das leide» er nicht einmal von mir. Aber er schmollt mit mir. weil ich ihm so selten Zucker gebe — o. er ist ein kluger Schatz." «Hier, Lip« — schaffe den Hund hinaus", sagte Gras Hugo, da« Thirrchen dem Diener reichend. Mäulchen schrumpfte sofort zu einem regung«losea Ball zusammen und ließ sich ohne Muck« hinau-tragen, während Babette aus den Befehl der Gräfin folgte, um Mäuschen zu unterhalten. „Dieser Lip« ist nnd bleibt mir widerwärtig", fugte Gräfin Adelheid, al« sich die Thür geschloffen, „ich bat seiner Zeit schon Deinen Vater, ihn zu enilaffen —" „Aber er that'« nicht", ergänzte Hugo trocken. „Nein, in manchen Dingen war er so eigen. Manschen« Furcht vor LipS ist mir ganz unheimlich", fuhr sie fort, „wenn er feinen Schritt hört, versteckt er sich — o, Thicre sind viel feinfühliger als manche Menschen." Gras Hugo hegte die bestimmte Bermuthiing, daß Mäuschen feine Furcht vor LipS auf bestimmte Ursachen gründete; wenn der Hund sich in den von dem Kranken bewohnten Flügel verirrte und dort durch sein Bellen und Knurren lästig wurde, verschwand Lip« stets au« dem Krankenzimmer und gleich darauf erhob sich ,m Eorridor eine mitunter von „schlagenden Beweise»" begleitete Erörterung, dir damit endete, daß der Diener ruhig in« Zimmer zurückkrhrtr, während Mäu«cken winselnd vor der zu den Gemächern seiner Herrin führenden Tkllr erschien und mit der Pfote kratzend um Einlaß bat. Dann ries dir Gräfin entzückt: „Er sehnt sich nach seiner Mama — o, da« süße Thirrchen , und der Hund war klug genug, nicht zu widersprechen. „Da wir gerade allein sind", begann di« Gräfin nach kurzem Schweigen wieder, „möchte ich nochmal« mit Dir wegen Gabriele sprechen!" „Wir? Ist Da« nicht längst abaetban?" „Ich habe mir'« aber nochmal« ilberlegt, Hugo, und —" »Liebe Mama" unterbrach sie der Gras ziemlich heftig, „lassen wir alle weiteren Erörterungen Uber diesen Gegenstand. Ich kenn» Deine Ansicht, Du kennst die meine. Ich bat Dich, Gabriele nicht kommen zu lassen unv Du stimmtest mir bei Daß Du Dich inzwischen ander« entschlossen hast, deutet darauf hin. daß die Frau Majorin sich wieder «ingemischl hat. Ist'« »icht so. Mama?" „Sie findet, ich bedürfe dringend einer heiteren, jungen Gesellschafterin, um mich meinen trüben Gedanken und Stimmungen zu entreißen", gab Gräfin Adelheid gedrückt zu. „Und wer wird Deine heuere, junge Gesellschafterin den trüben Gedanken und Stimmungen, denen sie hier zweifelt»« verfallt, entreißen?" fragte der Graf heftig. „Und weiß die Frau Majorin auch, welchen brillanten Gehalt Du der Ge sellschafterin auSwirsst, fall« sie da« Glück hat, Mäuschen und Dir zu gefallen?" „O, Hugo — Du kannst so sehr rücksichtslos sein — es ist doch so natürlich, daß ick diesen wichtigen Schritt mit meinem einzigen Sohn berathe!" „Dein einziger Sohn hat Dir seine Ansicht schon mehrfach mitgrtbeilt. Mir kann« ja schließlich einerlei sein — mich wird Deine neue Gesellschafterin nicht stören, aberD» weißt selbst am besten, daß Du beständig in Aufregung bist, wenn Tn rin neue« Opferlamm hast, und daß c« keine schleckte Eigen schaft girbt, dir Du Deinen Gesellschafterinnen nicht zu traust Anfänglich findest Tu sie reizend — später giebt- Streit, Klagen und Tbränen und schließlich folgt ein Krack nebst obligater Trennung. Wir haben« mit Verwandten wie niit Fremden, mir Deutsche», Französinnen und Eng länderinnen versucht, aber da« Resultat war stet« dasselbe. Erinnere Dich nur jener Eousine Marie, der Witlwe, sie war ruhig, angenehm, musikalisch, poetisch —" „Nicht- weiter von ihr, Hugo — sie war eine intrigante Katze." „Ganz recht, da« hast Du bisher von Allen behauptet, und folglich wird auch Gabriele sich als Kape entpuppen. Zuerst wirst Du sie Herzen und küssen, und falls sie eine Blondine ist, Deinen „Mondstrahl" nennen Ist sic brünett, dann nennst Du st« Deine „Nackt". Das gute Einvernebmen dauert vierzehn Tage: fall« sie auSnchinend geduldig ist, vielleicht sogar drei Wochen, und dann folgt der historische Krach mit mathematischer Gewißheit." „Wahrhaftig, Hugo, man könnte glauben, ich wäre eine üan —" „Liebe Mama, e« ist mir nickt eingefallen, Dir irgend welche Schuld beizuinessen, ich skizzire Dir »nr den Gang der Bcgtbtnhtittn Nachdem Du eSmit sünszebn Gesellschafterinnen provirt h-st, soll Gabriele die sechzehnte sein und —" „Ich hatte eben Unglück, Hugo — ich bin ,» vertrauens selig. Und dann ist Gabriele nicht eigentlich Gesellschafterin — sie ist rin» «ntsrrnt« Verwandte — von gutem, altem
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