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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930608021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893060802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893060802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
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Gtztrn-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesorderung 60.—, mit Poslbesorderung 70.—. Ämrahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Marge n-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn, und Festtag- früh '/,9 Uhr. Vei den Filialen »nd Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anteilen sind stets an dt» Expedition zu richte». Druck und Verlag von E. Polz t» Leipzig F28S. Donnerstag dm 8. Juni 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 8. Juni. Von den Gegnern und den lauen Freunden der Militair- «rlage, oder richtiger des Antrag- Huenc, der ja an die Stelle der ursprünglichen Vorlage getrelcn ist, wird in «r Wablbewegung wieder und immer wieder die Behauptung -nfgkwärmt, die zweijährige Dienftzrit werde durch die Annahme diese- Antrag- nicht gesetzlich frstgelegt und also werde auch der werthvollste Ersatz für die großen neuen Auf wendungen nicht dauernd gesichert. Immer wieder muß daher karauf bingewiesen werden, daß diese Behauptung irrig iii und die zweijährige Dienstzeit tbatsächlich in dein Augcn- llille sestgcstellt wurde, als die verbündeten Regierungen auf km Antrag Huene sich verpflichteten. Zum Beweise wollen wir den Sachverhalt und bisherigen Verlauf nochmal- in Kürze vorjühren. Die Regierungsvorlage hatte in dieser Hinsicht in tz. 1 über die Frieden-Präsenzstärke den Satz ent halten: „Dieser Durchschnittsstärke liegt die Voraussetzung zu -runde, daß die Mannschaften der Fuß truppen im Allgemeinen ,, einem zweijährigen activen Dienst bei der Fahne heran- gepgen werden." Da- war allerdings eine ganz allgemein ausgedrückte, wenig verbindliche, jederzeit widerrufliche, auf eine Erweite rung de- Disposition-urlaubs l,inan-kommende Verpflichtung. Dem gegenüber wurde von Anfang an eine schärfere gesetz liche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit verlangt. Der Antrag Huenc hat jene Verpflichtung weit schärfer gefaßt, indem er die zweijährige Dienstzeit in dem Gesetz selbst für die Dauer seiner Giltigkeit (bis )l. März 1899) fest legte. In ganz ähnlicher Weise halte der Antrag von Bennigsen in der Com mission die Frage zu lösen unternommen, indem er in dem Gesetz aussprechen wollte, daß die zweijährige Dienst- Zeit so lange in Kraft bleiben sollte, als die FricdenSpräsenz nicht unter die bewilligte Zahl herabgesetzt wird. Er ging «och etwa- weiter, indem er auch die Bildung der neuen Formationen nur so lange bewilligen wollte, als die zwei jährige Dienstzeit besteht. Wenig verschieden war auch die Art,wie der osficielle CentrumSantrag (Graf Preysing) kie Frage lösen wollte. Auch er wollte die zweijährige Dienst zeit im Gesetz bi- zum Ablauf der gegenwärtigen BewilligungS Periode (90. September 1898) unter Aufrechterbaltung der jehigen Präsenzstärke festlcgen. Zn diesen Anträgen ist kein knncixieller und auch kein wesentlicher sachlicher Unterschied kithallen, und nachdem die Reichsregierung sich mit dem Antrag Huene einverstanden erklärt Kat, ist sie auch bis zu tirser Grenze bereit, die zweijährige Dienstzeit gesetzlich fest- jiilegen. Weiter ging allerdings ein freisinniger Antrag, welcher die zweijährige Dienstzeit durch entsprechende Ab änderung der die dreijährige Pflicht fcstsetzenden Bestimmung ln Verfassung sichern wollte. Aus die Annahme dieses Vorschlags seitens der Regierungen ist keine Aussicht und u ist daher als Beitrag zu einer Verständigung aus geschlossen, zumal da er von einer Partei auSaeht, die sonst jii einer Vereinbarung nichts leisten will. Man kann auch mit einer gesetzlichen Festlegung bi« zur Dauer der neuen Bewilligung sich begnügen. Herabgesetzt wird die bewilligte Präscnzziffer doch so bald nicht werden, uud sodann ist auch nach Ablauf der neuen BewilligungS- rrriode die RcichSregierung thatsächlich gar nicht in der Lage, beliebig die dreijährige Dienstzeit wiederherznstcllen. ErstenS iü die» praktisch kaum ausführbar, wenn einmal unser ganze« Heerwesen auf durchaus neue Organisationen eingerichtet ,st, und sodann bat es ja der Reichstag wieder in der Hand, tik Präsenzzahl festzustellen und seine Bedingungen daran zu Hüpfen. Also, die zweijährige Dienstzeit, wenn sie einmal Fessilletsn. Offene Pforten. 1) Roman von B. W. Howardt. Nechdreck derdoie». (Fortsetzung.) Sechste- Capitel. Traf Hugo hatte den Wagen, welcher Gabriele brachte, nusabrcn hören — er stellte sich vor, mit welcher Ueber- twenzlichkeil seine Mutter ihre neue „Sclavia" willkommen I' deche» werde, und seine Züge nahmen einen harten Ausdruck u. Al» LipS später da» Diner de« Kranken brachte, sah er «u», als ob er Bände zu berichten habe, aber Graf Hugo'- «kreisendes Gesicht bieß ihn schweige«. LipS hatte „zufällig" gerade in de« Augenblicke, in welchem rer Wagen am Portal der Billa vorfuhr, im Thurmzimmer ;»Ibun, und eS traf sich äußerst glücklich, daß besagte« Thurm- nmner den Ueberblick über die Einfahrt, de» Park und einen Äeil der Straße gewährte. Lip« war fest entschlossen gewesen,die u-e Dame, deren Kommen seinem Herrn so unerwünscht »er. zu ignoriren, aber der Anblick, der sich ihm von seinem iabachtervosten an« bot, rutwaffnete ihn völlig. Er sah die «ge Dame au- dem Wagen springen, um den bedrohten Kiiderwagen im Gleichgewicht zu erhalten, und als dann Räuschen« bcimtückischer Angriff erfolgte und Gabriele so nlilnt zugriss und dem Hu»de noch emen kräftigen Klap« »1 aus den Weg gab, da schwor LipS der schönen Fremden llr alle Zeiten treue LrbenSfolge. Er hätte Gabrielen« Vewsaum küssen mögen, und er nahm sich vor. Graf Hugo vabcheitigetreu mitzutheilen, wa- geschehen war. Aber al« n dann seinen Herrn so bleich und tbeilnabm-lo« auf seinem b««er liegen sab, da schwieg er doch lieber, e< würde sich schon haeaenheit finden, da- Versäumte nachzuholen. Gräfin Adelheid liebte e», hinsichtlich de« Verkehr- mit trn Dienerschaft Theorien aufzustellru, welche sehr verständig .Ich bin »iemal« vertraut mit der Dienerschaft", äußerte M »Krtzevoll, .Vertraulichkeit untergräbt den Respect. Die in untrennbarer Verknüpfung mit der Präsenzzahl festgelegt worden, ist so sicher verankert, daß sie nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Der in unseren, gestrigen Abendblatte enthaltenen, nach Schluß der Redaction eingetroffenen Meldung auS Berlin, zur Deckung der Kosten der Militairvorlage werde die Einführung des RohsptrituSmoiiopols geplant und die Vorarbeiten seien bereits im Gange, folgt heute bereit- das Dementi in den „Berl. Polit. Nachr". E» sei kein wahres Wort an diesen und ähnlichen Ausstreuungen, die lediglich der Phantasie de- Herrn Eugen Richter ihre Ent stehung verdankten. Zn der Thal wäre cs geradezu un erklärlich, wenn die Väter der de», ausgelösten Reichstage vor- gelcgten Stcucrprojccte, nachdem sie ihrenMißgrisferkannt,einen »och zrößeren Mißgriff begehen und mit einem Monopolprojecte hervortrcten wollten, das noch ungleich unpopulärer sein würde, als die früheren Steuervorschläge. Der neue Miß griff wäre uni so größer, je klarer auS dem Programm aller Candidatcn, die für die Militairvorlage eintreten wolle», hervorgeht, daß sie auch bereit sind zur Bewilligung der nöthigcn Mittel, sofern diese nicht aus die schwächeren Schultern geladen werden. Geht also die Militairvorlage durch, so wird auch eine Verständigung über eine befriedigende Form der Deckung erreicht werden. Die verbündeten Regierungen würden sich mithin selbst im Lichte stehen, wenn sie unpopu läre Projecte vorbereiteten, und diesen Gefallen thun sie Herrn Eugen Richter sicherlich nicht. i' Zm Jahre l890 schien eS bekanntlich in Böhmen gelingen u wollen, durch die sogenannten Ausgleichs-Verein barungen eine versöhnende Wendung in den unglückseligen Streitigkeiten zwischen Czechcn unv Deutschen berbeizufübren. Der Ehr- und Trcuvcrgeffenheit deS böhmischen Feudal - adelS war eS jedoch Vorbehalten, da- FriedenSwcrk zum Scheitern zu bringen. Diesen trifft die Schuld, wenn die Vereinbarungen ein werthloses Stück Papier geblieben sind. Hätten die Herren de- böhmischen Hochadels ihre feierlich eingezangenrn Verpflichtungen ernst genommen, dann hätten weder die Altczechen gewagt, sich vom Ausgleich loszusage», noch hätte Gras Taaffe eine Möglichkeit gefunden, eS trotz aller Bicdermanntbuerei thatsächlich im Stiche zu lassen. An gesichts dieser traurigen Rolle, die der Feudaladet in der böhmischen Au-glcich« Tragikomödie spielt, ist eS für seine Anmaßlichkeit und Skrupellosigkeit ungemein kennzeichnend, daß er sich jetzt herauSiiimmt, der künftigen Entwickelung der Dinge in Böhme» die Bahnen verzeichnen zu wollen, selbst, verständlich im reactionairst«, Sinne. Da« Organ der oster reichischcn Feudalpartei, da- „Vaterland", macht, offenbar im Parteiauftrag, folgende Vorschläge: Da der Ausgleich in Böhmen gescheitert ist, wird ein neuer Ausgleich unter nommen und damit den Parteien die Freiheit der Be wegung wieder zurückgcgeben. Der Ausnahmezustand sei über Böhmen nicht zu verhängen, allein da« Preß- undVer sammlung-recht im Verwaltungswege einru schränken. Das Blatt schlägt ferner da« schärfste Einschreiten gegen Zeven, der da« Werk der Beruhigung zu stören suche, vor und fordert die Regierung auf, das Ausmaß der bezeichnctcn Einschränkungen mit dem Statthalter, ferner mit dem Ober- Gerichtspräsidenten von Böhmen zu vereinbaren. Diese Ausführungen verdienen um so mehr Beachtung, als gerade gegenwärtig der Zustizminister Graf Schoenborn in Prag weilt und daselbst mit dem Statthalter und dem Ober- Gerichtspräsidenten eingehende Beralhungen pflegt. Aus einen derartigen schmählichen Handel werden aber die Deutschen hoffentlich nicht emgehen. Sie wären Thoren, wenn sie den festen Boden der Wiener Vereinbarungen von 1890 auf geben und sich auf neue Ausgleich-Verhandlungen einlassen wollten, bei denen sie nur zu verlieren hätten Dienstboten haben nicht die Erziehung genossen, die uns zu Theil wurde — sie sind nicht im Stande, die haarscharfe Grenze, welche un« scheidet, zu erkennen, und deshalb müssen wir sie un« fernhaltcn. Man muß sie gütig und nachsichtig behandeln, aber sie stet- fühlen lassen, daß sie Dienstboten sind und bleiben." Und während die Gräfin in dieser Weise redete, kannte Babette nicht nur sämmtlichc Toilettengebeimnifse ihrer Ge bieterin, sondern auch die aller näheren undscrnerenBekannten der Gräfin; ja, in besonder« vertraulichen Momenten, während de« Frisiren- rc. ließ sich die Gräfin Adelheid soweit berab, der Zofe picante Geschichtchen, welche ihren nächsten Freunde«, kreis betrafen, mitzutheilen, und verschmähte eS auch nicht, Babette'S Berichte über gleichartige Vorkommnisse in ihrer eigenen Sphäre huldvoll anzuhören. Graf Hugo dagegen hielt absolut nicht« von derartigen Theorien, und wenn man ihn gefragt hatte, ob er mit Lip- vertraulich verkehre, würde er vermuthlich geantwortet haben, er sei LipS sehr dankbar, daß dieser so vertraulich mit ihm verkehre und seine Launen so geduldig ertrage, während er weit angenehmere Posten finden könne, aber trotz alledem würde LipS niemals gewagt haben, seinem Herrn Mittheilungen zu machen, wie die Gräfin sie von Babette entgegennahm. LipS hatte die Lampe anaezündet und die schweren Sanimet- vorhänge zuaezogen; dann schürte er da- hrllprasselnde Kamin- seuer und schaute verstohlen auf den Grasen, der anscheinend in einem Buck la», in Wirklichkeit aber auf den leichten Schritt lauschte, der in dem über seinem Zimmer gelegenen Erkergemach laut wurde. Als später da- Abendessen gebracht wurde, genoß Gras Hugo nur sehr wenig, und auf die Bitte de« treuen LipS, doch an seine Kräftigung zu denken, antwortete er finster: „Du siehst ja, daß iw täglich kräftiger werde — so quäle mich doch nicht, wenn ich nicht mebr essen mag." Lip- seufzte und räumt« den Tisch ab: der Gras vertiefte sich wieder in sein Buch, aber als der Diener zufällig über Gras Hugo « Schulter in dasselbe blickte, bemerkte er, daß die Lettern aus dem Kopf standen! Als e« elf Uhr schlug, sagte der Gras: „Bring' mich zu Bett, LipS, ich bi« müde." Der telgtsche Cassation-Hof bat kürzlich ein Aussehen erregendes Erkenntniß auf militairischem Gebiete gefällt. Bor einigen Monaten hatte der Minister de- Znnern als oberster Chef der Bürgergarde Belgiens im Einklänge mit dem Krieg-minister eine Verordnung erlaffen, welche die in der Armee übliche Handhabung der Waffen auch für die Bürgergarde, die im Kriege die Landwehr bildet, cinführt. Diese Verordnung macht dem alten Schlendrian ein Ende, veranlaßt neue Hebungen und erregt unter den Herren Bürgcrgardistcn viele Unzu friedenheit. Die Officicre traten an die Spitze der Oppo sition, und drei Brüsseler Capitainc, Michant, van Laster und de Snerck, beriefen alle Officiere Brüssels zu einer Versammlung, um die Zurückziehung der Ministerialerlasse zu bewirken. Die Leitung der Bürgergarde verbot diese Versammlung als der militairischen Zucht wider sprechend , und der Oberst bestrafte die drei Capitaine mit einem Tage Arrest. Trotzdem hielten die Capitaine Michant und van Laster diese Versammlung ab. Zn Folge dessen wurden alle drei Capitaine bei dem DiSciplinarrathe an- gcklagt, aber unter dem Jubel aller Bürgergarvisteu hin sichtlich der Versammlung srcigesprochen, da die Bürgcrgarde über dienstliche Fragen bcrathen könne; die Capitainc Mick,ant und van Laster erhielten einen Verweis, weil sie da- Ver bot de- Obersten nicht beachtet hatte». Gegen diese« Er kenntniß appellirtc der Staatsanwalt im Interesse der Heeres- zucht, aber der Cassation-Hof hat daS Urtkeil deS DiSciplinar- ratlieS bestätigt, da auch der Bürgcrgarde das verfassungS- gcmäß gewährleistete BcrsammlungSrecht zustehe. — Ein harter Schlag für die schon an sich sehr lockere DiScipli» der Bürgergarde. Der Fremdcnbaß der Franzosen hat neuerdings so be stimmte Formen angenommen, daß man bald von ibm ent sprechende Tkaten erwarten kan». Ein agitatorischer Brand artikel deS „Figaro" stellt bereits einige Programmpuncte auf, gewissermaßen als Etappen deS Ziele- der „Nationalisten", den Boden Frankreichs von der „Frcmdcnpest" möglichst bald und möglichst gründlich zu reinigen. Zur An wendung eines summarischen BcrsahrenS nach Art der sicilianijchen Vesper sind die Zeiten, einstweilen wenigsten», leider nicht angetha», auch der einfache Erlaß eines all gemeinen AuStreibungSdccrctS hat im tiefsten Frieden seine Schwierigkeiten. Aber man kann dem Fremden durch Be lästigungen in Form von Steuern den Aufenthalt in Frankreich bis zur Unerträglichkeit verleiben, ebenso durch größtmögliche Vorenthaltung von Arbeitsgelegenheit. Dem gemäß macht oer „Figaro" im Einzelnen folgende Bor schlage: 1) Besteuerung der Arbeitgeber, welche ausländische Arbeiter beschäftigen. 2) Einführung einer Wehrsteuer für Ausländer. 3) Ausschluß der fremdländischen Arbeiter von der Beschäftigung bei Bauten der Militairverwaltung. l) Aus weisung aller Ausländer, welche der Armenpflege zur Last fallen. Diese vier Puncte werden für absolut unerläßlich erklärt. Zur Erwägung werden dann noch folgende zwei Anregungen gestellt: l) Verbot deS Engagements von Arbeitern im Anslande nach Frankreich. 2) Verbot der Beschäftigung von Ausländern an irgend welchen Arbeiten, welche nicht für streng private Rechnung gehen, also vor Allem an Staat«-, Gemeinde-, Gesellschastsarbeitcn, au Eisenbahnen, Canälen, GaS-, Wasserleitungen, VcrtebrS- »nstilnten rc. rc. Vor Repressalien anderer Länder fürchten sich die Besürworter dieser Vorschläge — welche nebenbei gesagt, eine nette Illustration de« von unsere» Social demokratcn bis über die Hutschnur gepriesenen Regime- der republikanischen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Znteresscnsolidarität bilvcn — blutwenig. Der „Figaro" berechnet die Zahl der in Frankreich lebenden Deutschen aus 70 000 gegen l200 Franzosen in Deutschland; die Gcsammt- zahl der in Frankreich gebenden Ausländer auf 1 300 000, legen nur 160 000 im AuSlande lebende Franzosen. Also: Nieder mit den Fremden! Deutsche, welche unter solchen Umständen ibr Glück in Frankreich versuchen, werden im Falle de- Mißlingens aus Sympathie keinen Anspruch er heben dürfen. dienere Dieldungen auS Belgrad lassen keinen Zweifel darüber, daß die radicalePartei in Serbien in der That beabsichtigt, in einer der ersten Skupschtina-Sitzungen den Antrag auf Versetzung de- gewesenen liberalen CabinctS Avakumovitsch in Allklagezustand cinzubringen. ES ver lautet sogar, die Radikalen hätten beschlossen, die gewesenen Regenten Ristitsch und Bclimarkovitsch als staat-gefährliche Per sonen durch einen Skupschtina-Beschluß »ach Muster der Ausweisung der Königin Natalie auS dem Lande lebensläng lich zu verbannen. Zn liberalen Kreise», fügt die Meldung hinzu, wurde diese angebliche Absicht der radicalen Führer als GcsälligkcitSbeweiS gegenüber den Ellern deS König- aus gefaßt. Wie erinnerlich, wurde nach dem Staatsstreiche de« jungen Königs von maßgebender Seite vcrlautbart, weder der König selbst, noch die radicale Partei dächten daran, die liberalen Minister und die gewesenen Regenten zu belangen. Man wird daher obenstcbende Mittheilungen mit einigem Vorbehalt zu verzeichnen haben. Wir baden bereit« gemeldet, daß die englische Presse unumwunden cinräumt, die deutsche Industrie bade aus der Weltausstellung in Chicago die englische Industrie geschlagen. Jetzt schreibt die „Daily NcwS" wörtlich: „Auf säst jcbcin Gebiet nehmen die Deutschen den ersten Rang ein, und die britischen Aussteller müssen, traurigerweise zugestehen, daß, wenn irgend eine Nation wirklichen Vortbeil von der Ausstellung einheimscn werde, daS »ur Deutschland sein könne. Von den Eng- ländern sagt man, sie seien nirgend«. Die Amerikaner sagen, die Engländer seien hinter den Erwartungen zurück geblieben; die Besucher auS den britischen Colonien sagen uns betrüb», wir müßten uns schämen; die irischen Aincrikancr, die unS mindestens nicht zugctha» sind, wenn sie un« nicht aar seindlich gesinnt sind, sagen, wir seien verächtlich. Diese Verurtbeilungc» schießen zwar über daS Ziel hinan«, doch geben die britischen AnSstcllcr allesammt zu, daß wir keinen Grund haben, uns diesmal zu rühmen." Bei eine»', in diesen Tagen in Chicago veranstalteten Festessen wurde von allen Rednern mit Recht hervorgeliobc», daß der ReichScominissar Geheiinralh Wermutk zur Herbeiführung de-Triumphes Deutschlands auf der Ausstellung wesentlich beigctragen habe. Deutsche- Reich. ss. Berlin, 7. Juni. Dem ReichS-VersicherungSamtc liegt gegenwärtig eine Arbeit deS deutschen BerusSgencssenschaslS tage« zur Prüfling vor, welche sich aus die Schaffung von ei»h c i t lichcn Unsallve rhü tungSvorschrift en bezieht. Bekanntlich ist die Unfallverhütung — abgesehen von den Bestimulungeu der Gewerbeordnung, welche durch die letzte Rovelle eine bedeutende Erweiterung erfahren haben — so geregelt, daß eS in das Belieben der Bcrufögenosseil- schaficn gestellt ist, Vorschriften darüber zu erlassen. Fast sämmtlichc Genossenschastcil haben aber von der Befugnis; Gebrauch gemacht. Mit dieser Regelung der Un- saUverbütnng durch die Vertretungen der einzelnen BcrufS- zwcigc ist der große Vortbeil verbunden, daß die Vorschriften sich den besonderen Verhältnissen iedeS derselben anpassei, und deshalb erst eine genügende Wirkung äußern können. Wenn nunmehr der Versuch gemacht wirk, einbcitliche UnsallverhütungSvorschristcn zu schaffen, so widerspricht ein solches Verjähren eigentlich den gemachte» Erfahrungen. Denn schon im Anfang der achtziger Jahre hatte die LipS nickte und bewegte sich leise zwischen Wohnzimmer und Schlafzimmer hin und her, bis er Alle- vorgerichtct hatte, dann entkleidete er den Leidenden, büllle ihn in sein Nacht gewand und trug ihn so sanft und sorglich auf sein Lager, als sei Graf Hugo ein niiidcS Kind und er die zärtlichste Mutter. Nun wollte er die Lampe löschen, aber der Gras erklärte, er sei wieder munter geworden, und so wolle er noch ein wenig lesen — Lip« möge immerhin zu Bette geben — er brauche Nicht« mehr. „Ich bin auch noch nicht müde", sagte LipS sanft, „und so möchte Ich noch hier sitzen bleiben, wenn - der Herr Graf gestalten " „Nein, ich will allein sein", sagte Gras Hugo mürrisch. LipS wagte keine Widerrede, er wünschte seinem Herrn gute Nacht und schlick' niedergeschlagen der Thür zu: als er aus der Schwelle stand, rief der Gras mit matter Stimme: „LipS!" „Za Herr Gras, hier bin ich", sagte der Gerufene, sich vor dem Bette in Positur stellend, „was kann ich für den Herrn Grafen thun?" „Gieb mir Deine Hank, treuer LipS — so — und nun geh', moraei, magst Tu mir erzählen, wa- Du aus dem Herzen hast!" LipS zog die schmale, weiße Hand an die Lippen unk einen Blick inniger Liebe auf den Leikenkc» werfend, entfernte er sich zögernd. Graf Hugo koniite noch lange nicht cinschlafen; anfänglich versuchte er zu lesen, aber dann ließ er daS Buck sinken und versank in grübelnde Gedanken. Z» dtn, Zimmer über ihm batte er noch lange Slimmengemnrmel gehört — gewiß sprach sich seine Mutter gründlich gegen die neue HauSgenossi» au«. Dann waren die Stintmcn verstummt, aber die Be- wobnrrin deS oberen Gemach« schien noch nicht der Ruhe be dürftig zu sein, der leichte Schritt bewegte sich regelmäßig durch die beiden Zimmer, und Gras Hugo grübelte darüber nach, wa« da- junge Mädchen beunruhigen könne Sie batte doch eine lange, anstrengende Reise hinter sich und hätte volle Berechtigung gehabt, müde zu sein. — WaS war eS wohl, da« sie wach dielt? Sollte sie sich nach der kaum verlassenen Heimatb sehne« ? Aber nein — wer hatte sie denn gezwungen. dieselbe zu verlassen? Sic hätte ja zu Hause bleiben könne»! —- Vielleicht stimmte nicht Alle- in der Berechnung, die sic hierhergcsührt — min, dann war'S ihr eigener Schaden, gewiß war sie ein selbstsüchtiges, weltliche- Geschöpf — wie sie Wohl auösab? Nun, ihm konnte es glcichgiltig sein — er wollte sic gewiß nicht sehen, wenn cr'S ändern konnte! WeSdalb sie nur so ruhelos aus- und abschritt? Mitter nacht war längst vorüber — ob sic irgend einen Kummer batte ? Am Ende batte sic einen Geliebten dabeim zurück- gelassen, und der Gedanke an ibn bannte den Schlaf von ihren Augen! Jetzt körte er sic ein Fenster öffnen — die Glückliche, die den Gebrauch ihrer gesunden Glieder balle und nicht auf fremde Hilfeleistung angewiesen war! Um sich die Zeit zu vertreiben, begann er, nachdem tic Bewohnerin der oberen Zimmer da« Fenster wieder geschlossen und von Neuem ihren Spaziergang durch die beiten Ränme ausgenommen balle, ihre Tck'ritie zu zähle», und darüber schlief er endlich ein. Siebente« Capitel. I», Garten der Billa KronselS gab eS zakllofc schattige, lauschige Winkel und Eckchen: einzelne schmale Garlcnl'tcigc waren durch da- übersteigende Buschwerk und Geäst kaum noch zugänglich und. was nach Röschens Ansicht das Beste war, gerate dieser Tbeil de- Parkes konnte von rer Villa auS nick't beobachtet werken, falls nicht Jemand aus Len Thurm stieg, unk DaS war nicht zu befürchten. Die Gräfin batte freilich schon manchmal davon gesprochen, dicscn „rcinanlischen" Tbeil des Parkes einmat auSrodcn unk neu anlcgen zu lassen, aber eS blieb glücklicherweise bei diesem Vorsatz, und so wurde da» Gerank alljährlich dichter und undurck'sichlizcr. Außer Röschen fand aber auch ein junger, an den Reu- baulen beschäftigter Steinmetz. Namen- Bernbard Dietz, gerade diesen Theil de- ParleS besonder- anziehend. Wenn in der ersten Frühstückspause die sainmllichen Bauhandwerkcr, einige dreißig an der Zahl, tic Bauplätze verließen, um sich in einen, nabegelegenen Lcbanklocal ;n stärken, schlug Dietz tic cnt- gegengesctzle Richtung ein und schlüpfte durch eine lichte Stelle der sonst so dichte», manneShohen Hecke >» den Park der Villa KronselS.
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