Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930613025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893061302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893061302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-13
- Monat1893-06
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vezvg».Pret- I 0n» «-«L, >>«r 1« -r II.« icü»»!»« ! rnler« ,r Vock« 221. «o»1 »k»r 5,1, 100,- 102^0 S8- 102.- V7.« 102- 102.- «.30 N2.- H7.d0 s. — 2 — 28^- 121.— 120.- ior,75 27.- 73,- «7,- 101.72 100.7» 211.- 121,7» 14».- 183- 62- 203.»« V4.- 222» » 20S- 32- 24.- 22.- V. — S1.— 80 . 2 IS» 70 ISL.IO 21»,2» 21210 210.- 128.30 182« 100,10 128,40 101,- 141.- 143,70 si-.ro 128- 11300 117.80 »48» «,22-8 S.7» 122.- 2»2.« e. 4,»»» «3e»«e tz»»tz«U,t«lv«dtttou oder den im Stadt. Mt I»d den Vororten errichteten AuS- 2iKelleii abgeholt: vierteljäbrlich,/l 1,50. PMtnialiger täglicher Zustellung in« «M»5L0. Durch die Post bezogen für jsMIand und Oesterreich: vierke!,odriich -l 1- Directe tägliche Kreuzbandieuduog !»1 Lusland: monatlich ?chü. NeVorgen-lllusgabe erscheint täglich '/,? Uhr, »u At-nd-Ausgad« Wochentag« b Ühr. LrLactton und Lrpeditiou: Johannesgaffe 8. Nebveditioa ist Wochentag« onnnterbroche» Mset von früh 8 bi« Abend» 7 Utz^ Filialen: ktt» tlr»m's kortim. («Ifre» Haha)» Universitättsttaße 1, Lonis LSfche, te-ninenstr. 11, patt. und Söaigsplatz 7. FM. Amtliche Bekanntmachungen. Gesucht chü die am 3. Oktober 1853 in Wicsenau bei Merseburg geborene linstmagd Henriette Bertha led. Söffer, «lche -nr Fürsorge für ihr Kind anzuhaltea ist. Leipzig, den 9. Juni 1893, Der Rath der Stadt Leipzig, 1. L IV». 2882 93. Armcnamt, Abth. LV». Hentschcl. Hr. Abend, Ausgabe. MWM.TiWblick Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (lg«, spalten) 50^. vor den Familieanachrichte» (6 gespalten) 10 sg. Sroßere Schriften laut uuserem Preis« verzeichnib- Tabellarischer und Ziffer»!»- nach höherem Tarif. Ertra-Veilagen (gefalzt), »ar mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbrsürdernng SO.—, mit Postbesörderung ?0.-v Itnnahmrschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags -Uhr. Sonn- nud Festtag« früh '/,S Uhr. V«i den Filialen und Annahmestelle» je eia« halb« Stunde früher. Anietgru sind stets au di« Ertzedttt«» za richten. Druck und Verlag von E. Polz t» Leipzig. Dienstag den 13. Juni 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Lrtpiig. 13. Juni. Iah unter den Bertheidigern der nach dem Huene'schen Image abgeänderten Militairvorlage nicht gerade eine Hrende Uebereinstimmüng herrscht, ist leider eine nicht zu lagaeade Thatsache. Aber die Uneinigkeit gebt doch nicht so «ii, daß die einzelnen Parteien, zu denen diese Vcrtheidigcr nböreu, einander als die schlimmsten Ucbel bezeichneten. ^as sie auch trennt, sie haben und Yachten an einander tat gemeinsame Streben nack Sicherung des Reiches und seiner Cultur. Ganz anders ist et bei ihren gemeinsamen Gegnern bestellt, die außer der Selämpsung der Militairvorlage nichts gemeinsam baden, leia positives Ziel, und deshalb vor einander in einer Weise »amen, die grimmige, principielle Feindschaft athmet. Am schärfsten tritt dies hervor in einem, jedenfalls von Herrn -i,n> Richter verfaßten Flugblatte der »Freis. Ztg", das bi, Sectaldrmokraten, ibrc Bestrebungen und Ziele in ebenso starfer wie treffender Weise charaktcrisirt. Wir entnehmen wsem Flugblatte folgende Satze: „Was erstrebt die Socialdemokratie in der Haupt - siche? Die socialistischen Flugblätter verschweigen eS. In die Stelle der bestehenden Gesellschaftsord nung soll eine andere gesetzt werden, in welcher der Staat allein Eigenthümer alles CapitaleS wird, ollem Grundstücke, Häuser, Maschine», Vorräthe u. s. w. besitzen darf. Die Heilung von Uebelständeu in der bestehenden Gesellschaftsordnung, der Ausgleich der Con- currenz zwischen kleineren und größeren Betrieben soll im socialistischen Staat dadurch erfolgen, daß überbaupt jeder selbstständige Betrieb aufhörl und Jedermann ohne Unterschied Angestellter deS Staates wird. Da die socialistische Staats- regierung alsdann alleinige Brodherrin ist, so geräth trLurch Jedermann in sclavische Abhängigkeit von derselben, weil es unmöglich ist, irgend einen anderen Privatdicnst zu finden." „Die Socialisten versprechen den Arbeitern „den vollen Ertrag der Arbeit". Aber da eS im socia listischen Staat keine Capitalisten geben soll. Niemand mehr besitzen darf, als er zum unmittelbaren persönlichen Gebrauch angewiesen erhält, wie Mundportionen, Kleider und vielleicht etliche Möbel, soweit nicht Casernirung statt findet, da ferner ein Erbrecht ausgeschlossen ist, Hypo lhekensorderungen, Actien, Sparcaffenbüchcr und dergleichen in Fortfall kommen, überhaupt Niemand in der Lage ist, Geld gegen Zins verleihen zu können, so muß alles Capital, was erforderlich ist, zum Ersatz des Aufgebrauchten, zur Lersorgung der zunehmenden Bevölkerung mit neuen Häusern, Eisenbahnen, Verkehrsmitteln, Magazinen rc. vorab auS dem Ertrage der gemeinsamen Arbeit genommen Verden. Ebenso würde künftig der Staat aus dem Er trage der Arbeit jeden Verlust in der Production zu be streuen haben, da er allein auch den Gewinn beansprucht. Während aber in der heutigen Gesellschaftsordnung daS Eigeuinteressc den Einzelnen vorwärts treibt und die Con- currenz Vieler die Eigenintereffen zwingt, der Gc- sammlheit zu nützen, erlischt mit der Beseitigung jeder Privat - Concurrenz im Socialistenstaat )cder persönliche Antrieb zur Vervollkommnung in Pro duction und Eonsumtion. Damit sinkt auch der zu vertheilende Arbeitsertrag immer mehr, und selbst die einfachsten Lohnarbeiter würden im socialistischen Staate für den Verlust jeder wirtschaftlichen und persönlichen Freiheit nicht einmal durch einen höheren Verdienst entschädigt, sondern vielmehr zu der dürftigsten und ärmlichsten Lebenshaltung verurtheilt werden* „Die Socialisten Hetzen gegen die bestehende Gesell schaftsordnung. aber ihre Weltordnung, wenn sie über haupt ausführbar wäre, würde keinen Fortschritt, sondern die Vernichtung jeder Cultur für Alle bedeuten." Vortrefflich! Jedes dieser Worte läßt sich unterschreiben. Wie eS möziich ist, mit einer Partei, die bewußt oder unbewußt auf die Vernichtung jeder Cultur sür Alle hinardeitet, gerade in einer Frage zusanimenzugeben, von deren Losung die Erhaltung der deutschen Cultur ganz wesentlich abhängl, begreifen wir nicht. Aber cs läßt sich ausdervorstehcndenCbarakterisirungdersocialdcinokratischcn Bestrebungen und Ziele wenigstens erkenne», daß die Leitung der freisinnigen Volkspartci die Wahl social- demokratischer Abgeordneten für eines dcrgrößten Uebel hält und sich bewußt ist, mit der sociäldcmo- kratischenFractiondeSncucnReichStagSschlechter» dingS zu positiven, die deutsche Cultur fördernden Arbeit nicht gelangen zu können. Hieraus erzieht sich wohl auch, daß weder bei den Wahlen, noch bei den Stichwahlen ein Anhänger der freisinnigen Volks partei für einen Socialdemokraten stimmen kann. Bekanntlich rühmt sich die socialdemokratische Partei, mit 1 427 298 Stimmen die stärkste Partei im Reiche zu sein. Die stärkste Partei ist aber, wie die „Magdcb. Ztg.* nachweist, die der Richtwähler. Von 10 145 877 wahl berechtigten Deutschen haben sich bei der Wahl deS JahreS 1890 2 884 218 dcrWahl enthalten. Wenn diesefast3Millioncn Stimmberechtigte gezwungen werden könnten, an die Wahl urne zu treten, so würde dabei vielleicht noch manche Stimme für Liebknecht und Genossen abfallen, aber die weitaus größte Mehrzahl würde für die anderen Parteien stimmen. Wer so zufrieden ist^ daß er nicht einmal die Ausübung seiner Bürgerrechte für nothig erachtet, der ist nicht auS dem Holze, auS dem die Liebknecht u. Gen. ihre Wähler schnitzen; die können nur Unzufriedene gebrauchen. Wie kann eS nun möglich werden, diese Trägen aus ihrer Gleichgiltigkeit aufzurüttcln? ZwangS- maßregeln giebt eS nicht. DaS allgemeine Wahlrecht hat keine Ergänzung in einer allgemeinen Wahlpflicht gefunden. ES giebt auch keine bürgerliche Strafe für Nichtauöüdung des Wahlrechts, etwa in der Weise, daß unentschuldiatc Nicht wähler für eine bestimmte Zeit deS Rechts zur Bekleidung bürgerlicher Ehrenämter sür verlustig erklärt würden. Sie können auch nicht durch Wahlaufrufe und Wahlversamm lungen gefaßt werden, die sie gleichfalls nicht besuchen werden. An sie kann nur eine in engeren, in Freundeskreisen betriebene Agitation herankommen, und wenn mit ihr — für den 15. Juni ist eS leider zu spät — bei den Stich Wahlen der Versuch gemacht werden sollte, so würde man ohne besondere Kosten und Mühen zu merkwürdigen Ergeb nissen und auch Wahlsiegen kommen. Für den Fall einer Mobilmachung ist eS von größter Bedeutung, daß daS rollende Eiscnbahnmaterial sich in durchaus leistungsfähigem, vorschriftSmäßigemZustande befinde. Auf den belgischen Eisenbabncn scheineni» dieser Hinsicht nicht die musterhaftesten Verhältnisse zu herrschen, wenigstens ist aus einem regierungsseitig an sämmtliche belgischen Bahnstationen gerichteten Erlaß zu entnehmen, daß die Verwaltungen sowohl der deutschen als der französischen Bahnen sich beschwerdeführend nach Brüssel gewendet haben, weil sich die Fälle mehren, wo belgische Eisenbahnwagen, deren baulicher Zustand den An forderungen der BelricbScorrcctbcit und BclriebSsicherbcit nicht mehr entsprach, über die Grenze gingen. Demgemäß werten die belgischen Dienststellen aufgcfordcrt, Sorge zu trage», daß dergleichen Waggons, welche zu Beanstandungen Anlaß geben, nickt mehr in DurckgangSzüge, die nach jenseits der belgischen Grenze bclegenen Stationen verkehren, eingestellt werden. Die öffentliche Äieinung Belgiens zeigt sich von dieser Maßregel nur halb befriedigt und fordert dringend, namentlich auch unter dem Eingangs erwähnten GcsicktSpunct, eine allgemeine gründliche Revision deS rollenden EiscnbabnmatcrialS und Ausscheidung bezw. Erneuerung aller als dcsect erkannten Waggons. Wenn eS noch eine- Beweises für die Richtigkeit der Be hauptung, daß der Deutschenhaß in allen BevölkerungS- classen der französischen Hauptstadt stark vorherrschend ist, bedurft hätte, so ist er durch einen Borgang, über den wir schon in der SonntagSnummer kurz berichtet baden, in der SportSwclt geliefert worden. Für das in nächster Woche auf der Hinderniß-Rennbahn in Autcuil stattsindende Rennen um den .,?rix »Io b'rauco' (internationaler Preis sür Herrenreiter) hatte der sächsisckeUlanen-LieutcnantvonEy nardt (so lautet der Name) sein Pferd Funny-Face angemeldet. Der Pariser Handicapcr bat sich beeilt, daS Pferd mit dem kolossalen Gewicht von 84 Kilo (8 Kilo mehr als alle anderen Pferde) zu belasten, waS Herrn v. E. bewogen hat, seine Meldung zurückzuzichen und Reugeld zu zahlen. Aber schon die Mittheilung, daß ein „cdeval- prussion", geritten von einem „lieutenaut prusten", ans der Rennbahn in Aute»il erscheinen solle, hatte die „Patrioten" in die größte Aufregung versetzt und heftige Proteste in der Presse hcrvorgcrufcn: „Der Tag", heißt eS z. B. im „Echo de Patts", „wo unsere Reiter sich mit preußischen Reitern begegnen werden, darf kein Fest- oder Vergnügungs-Tag sein. Unsere Osficiere, unsere Gentlemen müssen andere Triumphe hcrbciwünsche». Der l'rix cis Francs ist international. Also irgend welcher Preuße, Pferd und Reiter, kann sich daran betheiligen. Das Reglement erlaubt es, wir sind nicht berechtigt, ihnen die Rennbahn von Auteuil zu untersagen. Aber ich frage alle Diejenigen, welche die Erinnerung im Herzen bewahr! haben — und es scheint mir nicht möglich, daß unter den jungen Leuten, welche täglich aus einfacher RuhmeSliebc aus der Hinderniß. bahn ihre Knochen riskiren, nicht Alle im Herzen da- tief« Gefühl der französischen Würde tragen — ich frage dieselben, ob sie eS mit ihrer Würde vereinbar halten, sich auf dem Hippodrom von Autcuil den Kamps mit einem Hergelaufenen aus Charlottenburg (!) zu ge- statten. Dem Reglement gemäß ist es nicht möglich, die Anwesenheit diese- preußischen Lieutenants oder seines Pferdes zu vermeiden. Was thun? ... Roger Cavailhon, Morand, de Ravignan, Clement Duval, Tevonges und die anderen Herrenreiter — werden dieselben eine solche Berührung ertragen? So sehr es ihnen Vergnügen macht, sich auf der Rennbahn mit englischen Gentlemen zu streiten, so sehr wird es sie anekeln, sich mit einem preußischen Lieutenant zu messen. Zwischen Franzosen und Preußen kann keine Begegnung aus dem Gebiete freundlicher Kämpfe stattfiudcn. Ich mache deshalb den Borschlag: Wenn das preußische Pferd in dem Rennen uin den 1'rüt »io krunc« erscheint, so zahlen alle Franzosen sür ihre in diesem Rennen angemcldcten Pferde Reugeld, weigern sich alle französischen Gentlemen, in diesem Nennen zu reiten. Es giebt Nach- barschasten, welche ein französischer Reiter nicht ertragen kann. Der preußische Lieutenant wird den Preis einstecken ... Sei es ... Aber das ist einerlei. Man wird die Ehre haben, ihm denselben nicht streitig zu machen." Dieser Artikel ist von einem namhaften republikanischen Journalisten, Andre Treille, unterzeichnet! Die Angelegen heit ist durch die Zurückziehung der Meldung erledigt. Bon anderer Seite wird berichtet, daß daS Pferd des Lieutenants v. Eynardt unter dem Namen eines Herrn Meyer an gemeldet war und von einem Engländer geritten werden sollte. Wir theilcn vollständig die Anschauung der „Nat.- Ztg.*, daß auch unter solchen Umständen Deutsche, einerlei, ob Osficiere oder Civilisten, an französischen Rennen nicht theilnehmen sollten. In der italienische« Deputirtenkammer hat gestern der Abgeordnete Michele Torraca eine scharfe Rede ge halten, die denjenigen seiner Landsleute, welche am Drei» bund-Verhält» iß nörgeln, nicht viel Freude bereitet haben wird. Torraca ist ein Mann von furchtlosem UeberzeugungS- muth, den er als TageSschriftstcller, als Leiter mehrerer her vorragenden italienischen Blätter, wie der „Opinione*, viel fach bewäkrt hak, nicht am Wenigsten in seinem Zweikampf mit dem bekannten irrcdcnlistischen Heißsporn Imbriani am 20. Juni 1889. Anacwidert durch daS heuchlerisch-hinter hältige Treiben der FranzöSlinqe und Jrredentisten, ergriff er gestern die Gelegenheit, der Nation in schonungslos offen- bcrziacr Weise die Unentbehrlichkeit des Bündnisse» mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn dazulegen. Die „Voss. Ztg." cmpsängt über diesen bcmerkenSwerthen Zwischenfall folgende Mitthcilung: Rom, 12. Juni. Tiefen Eindruck mochte gestern auf di« Kammer eine eindringliche Rede Torraca'» über di« Noth- wendigkeit de« Dreibundes, die Pflicht ehrlicher wirksamer Unterstützung der Verbündeten, die Gefahren einer Schwenkung nach Rußland und Frankreich und das Bedürsniß nach einer ausreichenden Wehrkraft und finanzieller Stärk«. Torraca erklärte, nur die Stärke und Zuverlässigkeit Italiens könne verhindern, daß Deutschland und Oesterreich einen n e u en Drrikaijer» bund dem jetzige» Bündnisse vorziehen, der Italien in eine unter geordnete, einflußlose und geiährdete Stellung drängen würde. Er rügte sowohl jedes unfreundliche Verhalten gegen Oesterreich, wie überhaupt den Anspruch der Italiener, ohne Gegenleistung von den Bündnissen mehr Boriheil zu ziehen, als ihrer militaittschea und finanziellen Leistungsfähigkeit entspreche. UI Feuillrton. Offene Pforten. Roman von B. W. Howardt. «-»druck »erdete». . (Fortsetzung.) Der erste Mensch, der doch mit mir spricht, als ob ich «sch eiu Mann Ware, dachte Hugo dankbar; sür die Acrzte di» ich nur ein „interessanter Fall" — für den armen LipS diu ich ein Götzenbild und für meine fromme Mutter ein abschreckendes Beispiel für andere gottlose Lieutenants, während Arve» sich fast vor mir zu fürchten schien. Laut fragte er tam: „Sie kennen mich demnach^' „Wer sollte den Grafen KronfelS nicht kennen und sein schweres Geschick nicht beklagen." „Ach ja — daran dachte ich nicht", nickte Hugo trübe. „Es wird dem Herrn Grafen gut thun, hier draußen in der warmen Luft zu liegen", meinte Bernhard Dictz sanft, »ährend er über die knospenden Sträucher binsab- „Meinen Sie — dann will ich mich täglich binau-tragen Köm: Sie sehen aus, als ob Sie wüßten, was den Leuten z»t thut." Bernhard Dictz lachte leise aus und blickte mit herzgewinnender Areundlichkeil aus Hugo. „Würden Sie die große Güte haben, meinest Fahrstuhl ein vei» wenig dort hinüberzuschieben?" fragte Hugo; „die Sonne mir gleich in die Augen scheinen." Mit fester und doch sanfter Hand ward der Fahrstubl in «er bezeichneten Richtung fortbewegt, und Graf Hugo sagte krrkbar: ^Die gut und wie stark Sie sind!" bin sch stark, und eS wird mir nur eine meidest,». Ihnen in irgend einer Weise dienen zu können, pm Gr»^ aber ich muß jetzt gehen." . . wirklich?" fragte der Kranke bedauernd, „nun dann Sie wohl und vielleicht fügt sich -, daß Sie gelegentlich »«»n über die Hecke blicken." Bernhard Dietz war schon einige Schritte entfernt, als er wieder umkehrte und einfach sagte: „Vielleicht sollte ich'S Ihnen sagen, Herr Gras, — eS ist ja nichts Unrechtes." „Gewiß nicht", nickte Hugo, „und der Hecke schadet eS auch nicht", fügte er, in seine frühere leichte LicutenantSmanier verfallend, gleichgiltig hinzu. „Nein, daS ist'S nicht, WaS ich meinte", sagte Bernhard Dietz offen, „aber eS dient rin Mädchen hier in Ihrem Hause, eS ist ein liebe-, braves Mädchen, und sie wird später meine Frau werden." „Ah, so wünsche ich Ihnen Glück", sagte Hugo herzlich, seinen leichtfertigen Ton von vorhin bereuend und dem jungen Mann die Hand reichend. Bernhard Dictz betrachtete die dünnen schlanken Finger und die blauen Adern der Hand, welche in seiner starken braunen Rechten fast verschwand, und meinte sanft: „Schwere Arbeit könnte sie nicht verrichten." „Nein, und auch kaum einen Räuber einschüchtern", gab Graf Hugo mit trübem Lächeln zu. „Ihre Hand führt Wohl Meißel und Hammer?" fuhr er dann fragend fort, „Sie sind doch Steinmetz?" „Ja, ich trage die Spuren meines Handwerks am Gewand, gleich dem Müller", lachte der junge Steinmetz, seinen staubigen Aermel schüttelnd; „ich heiße Bernhard Dictz." „Woran arbeiten Sie denn aber?" fragte Graf Hugo, von dem Wunsche beseelt, die Unterredung zu verlängern. „Ich bab' die Figuren über dem Portal und sämmtliche» Fenstern deS Neubaues zur Rechten der Billa fertig zu stellen; augenblicklich arbeite ich an dem Fenster der Vorhalle. Ach, wenn Sie da- Mäandermuster des Frieses sehen könnten", schloß Dietz lebhaft, „eS würde Ihnen gewiß gefallen." „Ab. wen« Sie dort arbeiten, sind Sie auch der Sänger?" fragte Graf Hugo hastig. „Ja, der «in ich", nickte Dietz, „aber jetzt muß ich wirklich fort, die FrühstückSvousc ist zu Ende." „Aber nicht wahr, Sie kommen bald wieder", bat Hugo. „Gewiß, warum nicht", entgegnete Dietz, und die von freundlichem Lächeln begleitete Antwort Nanz so einfach und so selbstverständlich, als habe er schon von Jugend auf lahme Grafen besucht. Graf Hugo horchte auf die verhallenden Schritte, dann vcrnabm er daS sAufspringen deS Steinmetzen aus der Straße und als gleich darauf das von fröhlichem Pfeifen begleitete Pochen deS Schlägels erklang, flog ein'zufriedene- Lächeln über sein blasses Gesicht. „Gottlob, endlich einmal ein vernünftiger, natürlicher, warmherziger Mensch", murmelte der Leidende ticfausathmend, „wenn ich mit dem über den Fall in Ancona spreche und ihn um Rätst frage, WaS ich für die armen Kinder dort thun kann, wird er daS Rechte sinken! Laß doch sehen, was ich möchte! Zuerst freilich müssen die Armen geheilt werden, und wenn sic kann notbdürstig zusammengcslickt sind, so etwa wie ick, daS beißt Krüppel aus Lebenszeit, dann müssen sie einen großen hübschen Garten baden, Hängematten und Sessel mit weichen Kiffen und hübsche, gute Frauen mit sanften Stimmen, die sie pflegen — vielleicht giebt'S solche noch in Italien, auch Musik darf nicht fehlen." Graf Hugo warf kurze Notizen aus ein Blatt seiner Zeitung, bann übcrlas er daS Geschriebene und meinte zweifelnd: ,^Ob'S wohl so praktisch sein mag? Nun, ick werde eS auch mit dem Consul besprechen — die Kosten für all diese Tinge werden kaum den Betrag, den ich sonst sür Racepscrde, Theater und CbampagnersouperS verausgabte, erreichen." Ten Schreibblock, der sich auf dem Gartenseffel neben seinem Lager befand, bervorziebcnd, richtete der Graf einige Zeilen an den italienischen Consul und bat diesen sür den nächsten Morgen um 9 Uhr um seinen Besuch, ihm kurz mit- tbeilend, um was c- sich bandle, und um strenge Gebcimbaltung bittend. ES mag hier gleich bemerkt werden, dag der Consul ansänalich glaubte, man wolle ihn foppen, al» er indeß das mit Bleistift geschriebene Billct aufmerksam gelesen hatte, wischte er sich die Augen und murmelte: „Bei Gott, ein goldenes Herz!" Graf > )ugo batte die Hand, die den Bleistift hielt, ermüdet sinken lassen, nm nochmals über seinen Plan nachzudcnken, bevor er da» Billet Unterzeichnete. „Ich hoffe, e- wird sich ordnen lassen", meinte er endlich, „und recht Bielen zu Gute kommen. Nicht, daß ich damit einen Die Anstrengungen, die seiten» der russischen Regierung seit dreißig Jahren gemacht worden sind, durch Ans jede- jung rusfischerBauern und sonstiger Lankwirthe in den litbauischcn Gouvernements diese« Nordwcstgebiet de» Reiches zu russisicircn, sind bisher fast vollständig erfolglos geblieben. Cs wird nun gemeldet, daS Ministerium de« Innern beabsichtige eine Commission zusammcntreten zu lassen, welche die Ursachen dieses Mißerfolges studiren und Vorschläge auSarbeitcn soll zur vollständigen Umgestaltung der bisher üblich gewesenen Ordnung der russischen Colonisation. — Bei der ausgesprochenen Abneigung der national-russi schen Landwcrthe, in dem ibnen unsympathischen Westen de« Reiches sich dauernd anzusiedeln, wird die Commission bei LösunH der ihr gestellten Ausgabe voraussichtlich mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden haben. Selbst die außrrororntlich niedrigen Gütcrpreise in diesen Nordwest-GouveruementS, in denen die Polen von« Rechte de« Güterkaufes ganz ausgeschlossen sind, üben auf die russischen Landwirthe gar keine Anziehungskraft auS, und auch die russischen Bauern siedeln sich dort nur scbr ungern an. — Der in Wilna erscheinende halb- officiellc „WilmSkii Wjeslnik" behauptet, unter der Be völkerung des WcstgebicteS Rußlands, besonders der lithauischen Gouvernements, mache sich in der letzten Zeit eine gewisse russcnfeindliche Gährung bemerkbar; bei dem gemeinen Volke gingen mancherlei dunkle, lügnerische Gerüchte um vou angeblich bevorstehende» drückenden Maßregeln, und eS würden regierungsfeindliche Broschüren dcü unsinnigsten Inhalt« verbreitet, bestimmt dazu, daS Volk gegen die Re gierung und ihre Beamten .zu verhetzen. Wir 'entnehmen diese Notiz der „Now. Wr?; nähere Angaben über den Charakter dieser angeblichen Agitation finden wir daselbst nicht. Die Frage wegen Einverleibung von Hawaii in die Bereinigten Staaten von Nordamerika ist dadurch cnd- iltig abgethan, daß, wie bereit- gemeldet worden, »räsidcnt Clcvcland die Einverleibung bestimmt abge- lebnl und die Wiedereinsetzung der vertriebenen Königin Liliuokalani befürwortet hat. Ob eine Wiedereinsetzung der entthronten Königin die Zustimmung der Insulaner finden wird, ist zweifelhaft, dagegen würden sich einer Uebergabe der Regierung an die Kronprinzessin, die in Washington vor andern Zweck verfolgte, al« den, eine augenblickliche Laune zu befriedigen", suchte er sich gegen seine eigenen Gedanken zu vertbcidigen, „ich will nnck nicht mit einem guten Werk in den Himmel lügen; wenn ich den Pfad, der in jeneS'un- bckannte Land führt, betrete, soll mich der Richter, der die Seelen wägt, nach meinem früheren Leben und nicht nach dieser letzten Thal, die nur einer Laune entspringt, beurtheilcn." LipS erschien jetzt mit Wein und BiScuit, aber Graf Hugo erNärte, er wolle nichts genießen. LipS solle ihn nur ein wenig stützen, damit er einen Augenblick auf den Füßen stehen könne. LipS half nach Kräften, Graf Hugo vermochte sich indeß nur kurze Zeit auf den Füßen zu halten, und als er wieder in den Kissen lag, ächzte er leise vor Schmerzen, während der Diener tröstend äußerte, eS gehe entschieden besser mit dem Ausstehen. „Livs, wie magst Du nur so lügen", schalt der Graf matt, worauf LipS sich hoch und theuer verschwor, er lüge gewiß nicht, und dann stockte er und begann zu schluchzen. „Laß gut sein, LipS", sagte Graf Hugo sanft, „und be antworte mir eine Frage. Wenn Du Dir denkst. Du wärest ein kleiner Knabe, der durch irgend einen Zufall, sagen wir einen unglücklichen Sturz, den Gebrauch seiner Glieder ver loren hätte und man fragte Dich, womit man Dir eine besondere Freude machen könnte.waSwürdestDuTir wünschen?" „Ich — wenn ich noch klein wäre?" stotterte LipS verwirrt fragend. „Ja, LipS — sprich frei heran»." „Ach — ich weiß nicht recht, aber ich glaube, ein kleiner rother Ballon an einer langen Schnur wäre mein höchste- Entzllcken." „Schön — also ein rother Ballon — und WaS noch weiter?" „Vielleicht alle zwei Tage Fleisch zu Mittag und Sonntag süßer Kuchen wäre auch sehr schön." „Fleisch und Kucken — aber da- ist doch nicht- Besondere«, LipS?" rief Gras Hugo enttäuscht. „Für arme Kinder, dock, Herr Gras" sagte LipS schüchtern, „jetzt habe ich'S ja alle Tage, aber al- Kind kannte ich Beides nur vom Hörensagen."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite