Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930614026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893061402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893061402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-14
- Monat1893-06
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«270 zurüstru. Die Engländer werde« diese« Besuch«projert kaum mit Wohlgefallen aufnehmen. Wie erinnerlich, war Abba- Pascha sofort nach seiner Thronbesteigung im Januar ver flossenen Jahre« von der Hohen Pforte ersucht worden, nach Konstantiuopel zu kommen, um sich den Jnvestitur«- Ferman zu holen. Damals war französischer Einfluß im Nildiz-Kio-k obenan, und man hielt e« englischerseit« nicht für klug, den jungen Herrscher diese Reite auSsiihren zu lassen. Der großherrliche Ferman, welcher Abba« Pascha Hilmi al« Khedive von Egypten bestätigte, ward sodann am 2V. März auSgefcrtiat. Ob e« nunmehr dem Khedive ge lingen wird, seinen Reiseplan an-zuführen, steht noch dahin. Die bekannten Vorgänge vom Januar diese« Jahre«, in welchen die Unabhängigkeit-geliiste Abba« Paschas so unver kennbar hervortraten, bat die Engländer noch weit miß trauischer gemacht, und fast möchte man annebmen, daß Lord Cromer auch diesmal bemüht sein werde, dir Reise zu ver hindern. Deutsche- Reich. st. Planen, 13. Juni. Bon einem Herrn auS Plauen, der sich gegenwärtig in Ehicago befindet, ist ein Bries hierher gelangt, dem wir folgende beherzigcnSwerth« Stelle ent nehmen. Nachdem er daraelegt, daß Deutschland einen glän zenden Sieg auf der Ausstellung davongetragen hat, sagt er: „Denn heute alle« das, wa« deutscher Geist, deutsches Können in der Welt geschaffen' bat, herauSgenommen und vernichtet werden könnte, so würde die Welt verarmen. Und angesichts dieser glänzenden Thatrn auf dem Felde friedlicher Eulturentwickclung hören und lesen wir hier in der Ferne, wie man daheim sich zankt und ereifert, wie man dem deutschen Vaterlande verweigern will, waS zur Erhaltung seiner errungenen Größe notbwendig ist. Der Amerikaner wundert sich ob solcher Klein lichkeit. Sein praktischer Sinn denkt anders Ein Deutsch- Amerikaner sprach vor Kurzem die Ansicht aus, daß die Militärmacht Deutschland« die LebenSversicherungSanstall des deutschen Volkes bedeute, und daß e« einen kläglichen Eindruck mache, daß da« deutsche Volk sich jetzt weigere, die Prämie zu bezahlen." ^ verlt», 13 Juni. Der jetzige Führer des CentrumS, Herr l)r. Lieber, bat die AgitativnSsprache schon mit manchem, eines so edlen Patrioten und feinsinnigen GemüthS- menschen würdigen Ausdrücke bereichert. Sein neueste« Wort, in Arzbach bei Eni« gesprochen, lautet: Er wolle nicht, daß das deutsche Geld „in den Treck" geworfen werde Mit diesem Ausdruck bezeichnet der neueste EentrumSführer die Sicherung de« vaterländischen Bodens! Zn solchen Roh heiten, deren sich selbst svcialdemokratische Volksredner schämen würden, ist der Führer einer großen und einst geachteten deutschen Partei herabgesunken! — Wie bereits gemeldet, fordert die ultramontane „Landauer Zeitung", da« Organ de« GymnasialprosessorS Schädler in Landau, diejenigen Pfarrämter im Wahlkreise, die ihren Bedarf an Wadl- zctteln noch nicht ausgegcben haben, zu schleuniger Be- Itellung aus. Wenn nur einmal die WahlprüfungS- commifsion des Reichstage« ihr Augenmerk auf den un würdigen Mißbrauch des Pfarramts zu Wahlzwecken richten wollte, statt sich bi« zum Ueberdruß mit kleinen Uebcrgriffen und Verstößen von Behörden oder Arbeitgebern zu be schäftigen, wobei die Ultramontancn stet« die lautesten Schreier sind! In EentrumSwahlkrcisen wohnende liberale Männer würden sich ein patriotisches Verdienst erwerben, wenn sie die zahlreichen Fälle von Mißbrauch de« geistlichen Amts zu Wahlzwecken durch Proteste zur Kennluiß de« Reichstags bringen wollten. U Berlin, >3. Juni. Wenn die Frage dcS Zeitpunkte» der Eröffnung des Reichstage« in der Oefscntlichkeit erörtert wird, so ist zu beachten, daß allerdings für die Fest> setzung dieses ZeilpuncteS bestinimte Grenzen gegeben sind Denn wenn die Eröffnung nicht vor der Feltstellung der Er gebnisse der Stichwahlen erfolge» kann, so darf sie ver> sassung-gemäß auch nicht über den 90. Tag nach der Auf löfung verschoben werden. Welcher Tag innerhalb diese« Spielraum- gewählt werden wird, dürste wesentlich von dem Ausfall der Wahlen am 15. d. M abhängen, namentlich kommt dabei auch die Zahl der vorzunebmenden Stichwahlen „i Betracht, weil selbst die formalen Geschäfte der Eon- stituirung de« Reichstages nicht erledigt werden können, ehe nicht mehr als die Hälfte der Wahlen wenigstens vorläufig für giltig erklärt ist. An« dem Vorstehenden ergicbt sich, daß der Termin für die Eröffnung des Reichstage« noch nich festst eht und daß daher alle bezüglichen Meldungen der that sächlichen Unterlage entbehren. Dasselbe gilt von der Meldung, daß bereit« der Inhalt der Thron rede sestgestellt sei Es liegt in der Natur der Sache, daß die Feststellung der Thronrede so nabe al« möglich an den Eröffnungstag berangerückt wird, um die Möglichkeit zu haben, Alles, was bis dahin vorsällt, nöthigen fall« zu berücksichtige». Scho» au« diese« Grund» ist daher klar, daß die Feststellung der Thronrede nicht stattfiuden kann, bevor sich da« Ergebuiß der Reich-tag-wahlen über- ehen läßt. Noch weniger siebt endlich jetzt schon fest, welche Vorlagen dem Reichstage in der nächsten Session werden gemacht werden. Die Militairvorlage wird ihm natürlich bei seinem Zusammentritt sofort vorgclegt werden. Von dem Beschlüße» welchen der Reichstag über dir geschäftliche Behandlung dieser Vorlage fassen wird, bängt e» aber ab. ob ibm außerdem noch andere Vorlagen gemacht werden. Denn wenn er sich dafür entscheiden sollte, über die Militairvorlage ob»e kommissarische Borberathung Br- chluß zu fassen, so bliebe für die Erledigung anderer Vor lagen kein Raum. Beschließt der Reichstag dagegen wiederum kommissarische Vorberatbung, so ist nicht allem die Mög lichkeit gegeben, dringende, lediglich wegen der ReichStagS- auslösung nicht erledigte Vorlagen, wie z. B. da« ReichS- euchcngesey, jetzt zum Abschluß zu bringen, sondern eS empsieblt sich sogar aus dem Gesichtspunkte, das Plenum deS ReichStageS während der EommisstonSverbandlungen nicht unbeschäftigt zu lassen, dir dringlichsten und wichtigste», in der letzten Session unerledigt gebliebenen Vorlagen jetzt wieder einzubringen. — Da« Staatsministerium trat heute Mittag zu einer Eichung zusammen. — Die Kosten der Züge sind von der preußischen Eisenbahnverwaltung für das EtatSjahr 1891/92 auf 47 692 606 berechnet worden, haben aber in Wirklichkeit die Höhe von 58 725 979 erreicht. Es ist also eine Mehrausgabe von ll 033 979 entstanden. — Für die Arbeiterstatistik, zu deren Pflege die ReichScommissioo für Arbeiterstatistik einberichtet und deren technische« Organ das Kaiserliche Statistilche Amt ist, wurde kürzlich ein neues Heft fertig gestellt und an die Mitglieder der Commission vertheilt. ES enthält die Ergebnisse der im Herbst vorigen Jahre« vsraustalteten Erhebung über die Arbeitszeit, Kündigungsfristen und LehrlingSverhältnisse rc. im HandelSgewerbr. Darin werden die Ergebnisse von 8235 Aragebogen verarbeitet. Von diesen sind 4157 von Princi- palen, 4978 von Gehilfen beantwortet, und sie stammen au« 374 verschiedenen Orten. Es handelt sich in erster Linie darum, die Geschäfts- und Arbeitszeit in den offenen Ladengeschäften mit Waaren deS täglichen Bedarfs festzu stellen, die ja besonderen Anlaß zu einer lang ausgedehnten Ladenzcit haben. In der That hat sich, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, ergeben, daß 45,5 Proc. solcher Geschäfte eine Ladenzcit von niehr als 14 Stunden haben und nur 15 Proc von 12 und weniger Stunden; unter den Colonial- und Materialwaaren-Gefäiäften sogar 84 Proc eine mehr als 14stü»dige Ladenzeit. Außer der Ladenzeit und der Arbeitszeit der männlichen und weiblichen Gehilfen und Lehrlinge werden aber in zehn Tabellen noch verschiedene andere, auö den Fragebogen entnommene Daten über die Verhältnisse der Gehilfe» im Handelsgewerbe verarbeitet: über Lehrverträge, Besuch von Fachschulen, Kündigungsfristen, Gewährung von Kost und Wohnung beim Principal. Der Inhalt diese- Heftes wird i» der nächsten Sitzung der ReichScommisfion für Arbeiterstatistik einer Prüfung unterzogen und zu weiteren Ermittelungen benutzt werden. — Die Kosten der beabsichtigten Medicinalreform in Preußen, die nach Annahme des SeuchcnaesetzeS dringend nothwendiawird, dürsten sich, wie die „M. P. K." hört, au über eine Million Mark belaufen. — Die längst vorbereitete Lohnbewegung der in der Kürschnerei Berlin» beschäftigten Arbeiter und Arbeite rinnen, deren Zahl aus etwa 1500 (500 männliche, 1000 weibliche) geschätzt wird, ist jetzt bis zur Androhung eine» Au-stände« gediehen. Nach dem Beschluß einer gestern stattgchabten Versammlung sollen am 24. d. M. die Forde rungen der Arbeiter bei den Arbeitgebern geltend gemacht und im Falle der Ablehnung soll die Arbeit nirdrrgelegt werden. Dir Forderungen geben in erster Linie auf die gänzliche Beseitigung der Stücklohnarbeit. An Stelle dieser soll die Lohnarbeit treten bei folgenden wöchentlichen Mindestlohnsätzen: Gesellen 25 ^k, Stepperinnen 18 Mamsell- 14 Die Arbeil-zeit soll um eine halbe Stunde, nämlich auf 9>/, Stunden täglich verkürzt werden. Gleich zeitig soll die Ueberstundenarbeit und die EonntagSarbeit in Wegfall kommen u. s. w. Diese Forderungen werden den Arbeitgebern unverzüglich zur Kenntniß gebracht werden. Einigt Werkstätten haben, der „Voss. Ztg." zufolge, schon den Forderungen entsprochen. — Herr l)r Böckel bat seine Gegencandidatu gegen Herrn Stöcker in Siegen wieder ausgestellt. DaS Stöcker'schc .Volk" meint, der Oberantisemit Böckel hätte seine Sache nicht besser machen können, wenn die „Juten und Judenschützer" ihn dafür bezahlt hätten. — Herrn Lieber schreibt die .Kreuzzeitung" in» Stammbuch: „Es ist gar nicht denkbar, daß die Fraktion Lieber einig bleibt; sobald «eue wichtige Fragen auf- tauchen, werden weitere Absplitterungen erfolgen, vr. Lieber wird erst dann Rübe haben, wenn er ganz allein in der von ibm geführten Partei sitzt. Daß in einer rein politischen Kartei so heterogene Elemente wie FuSangel auf der einen, ireiherr von Hecreman und Gras Konrad Preysing auf der anderen Seite auf die Dauer zusammen leben können, ist ja zanz undenkbar. Gegen Liebe?« Führung regt sich aber eine o mächtige Gegnerschaft, daß sein Sieg schon jetzt al- syrrhu-sieg zu bezeichnen ist. DaS kommt von der Diktatur- pielerei. huock licet TViacUwrstjo, uou licet b-iebero" — Der neue Gouverneur von Mainz, General von Hol» leben, hat eine rasch« Laufbahn hinter sich. 1853 mit 18 Jahren im 2. Garde-Siegiment Officier geworden, war er längere Zeit zum Tadetteuhaufe und dann zur Kriegsschule commandirt, wurde 1870 iu den Generalstab versetzt und machte den Krieg gegen Frankreich beim Stade der 1. Garde-Jasanterie-Division mit. Bon 1878 bis 1883 war er Stabschef beim IV. Armeekorps, dann war er zwei Jahre AbtheilungS-Lhef beim Großen Gineralstabe und vom No» vember 1885 bi« Januar 1887 Stabschef beim Garde-LorpS. Nach dem er darauf 2V« Jahre die 3. Garde-Jnfauterie-Brigade com mandirt hatte, wurde er bei der Neuorganisation de- Generalstabes am 1. April 1889 Ober-Quartiermeister und 1891 Commandeur der 1. Garde-Jnfanterie-Divisiou. Generallieutenant ist er feit April 1889; er ist der zweitälteste Officier dieser Charge. — Der „ReichSanz." meldet amtlich, daß der bisherige Caplan vr. tüevl. Frauz Hitze zu M.-Gladbach zum außerordentlichen Professor an der Akademie zu M ün st er i. W. ernannt worden ist. — In unterrichteten Kreisen ist von der Absicht der Regierung, die Schutzlruppe Deutsch-OsiafrikaS s'-r 1894,95 aus das Doppelte zu verstärken, nicht« bekannt. * Pssen, l3. Juni. Der Kaiser kehrte um 12 Uhr 45 Minuten an der Spitze der Fahnencompagnie nach der Stadt zurück und begab sich wieder nach dem General kommando. Auf dem ganzen stundenweiten Wege von dem Exercirplatz di« zur Stadt batte eine überaus zahlreiche Menschenmenge Spalier gebildet, welche den Kaiser en thusiastisch begrüßte. Dieser war über den Empfang sicht lich erfreut. Später machte der Oberpräsident, Freiherr von Wilamowitz-Möllendorsf, im Aufträge deS Kaisers bekannt, daß sowohl das festliche Aussehen, weiche- allen Stadttheilen in kurzer Zeit durch Fahnen und anderen Schmuck gegeben sei, als auch die patriotische Haltung der Bevölkerung, welche die Straßen füllte und ihrem Könige zujubelte, dem landesväterlichen Herzen Sr. Majestät wohl- zethan habe. Allerhöchstderselbe habe ihn beauftragt, den Einwohnern hierfür seinen Dank auszusprechen. — Der Unterricht in den Schulen wurde aufBefeblde« Kaiser« auSgesrtzt. — Die Rückreise trat der Kaiser Abend- 11 Uhr an. ' Geestemünde, 12. Juni. Zur Beseitigung etwa noch vor- bandener Zweifel hat der geschäft-führende Ausschuß deS hanno verschen Provinzial-Wahlcomitös der uationalliberalen Partei die Erklärung in den Wahlkreis Otterndorf-Geestemunde gelangen lassen, daß Archivrath Dr. Sattler al- alleiniger Candidat der Partei anerkannt werde. * Oldenburg, 12. Juni. In einer Wahlversammlung, in welcher Herr Hin re der Hauptredner war, meinte Herr OberamtSrichlcr Bargmann, daß die freisinnigen Abgeordneten, welche dem Antrag Hurne zugcstimmt hätten, ihre Zustimmung von der gesetzlichen Festlegung der zweijährigen Dienstzeit und von der Deckung der Mittel hätten abhängig machen müssen. Hierauf antwortete Hinze, daß sich dann hier ungleiche Forderungen gegenüber gestanden hätten. Wenn der Regierung die Vermehrung der FriedenSpräsenzstärke auch bewilligt worden wäre, so wäre die-doch nur auf 5 Jahre geschehen. Nach diesen 5 Jahren läge cS in der Hand der Volksvertretung, ihr diese« Zugeständniß wieder zu nehmen, während der Regierung io Bezug auf die zweijährige Dienstzeit für immer die Hände gebunden wären. Soweit er die Sachlage überblicke, so sei er fest der Meinung, daß die Regierung, wenn sic die zwei jährige Dienstzeit auch nur auf fünf Jahre bewillige dieselbe nie wieder aufheben werde. * AuS dem Wahlkreise Arirbeberg-ArnSwalde, 12. Juni Der Vorstand de« konservativen Verein- de- Arns Wälder Kreises verbreitet gegen Ahlwardt ein Flugblatt Da der Rector trotz mehrerer bestimmter Aufforderungen de- LandrathS v. Meyer, die von ihm im Reichstage unter dem Schutze der Immunität erhobenen Beschuldigungen zu wiederholen, stet- nur ausweichende Ant Worten gab und nur erklärte, daß er im Allgemeinen seine Ausführungen im Reichstage aufrecht halte, der Landrath v. Meyer solle doch die Acten prüfen u. s. w., so schreiben die Conservativen jetzt: „Damit ist nicht« gesagt. Herr Ablwardt erklärte nickt, daß er die über den Finanzminister Miguel gemackten Behauptungen wiederhole. Die« mußte er als ehrlicker Mann. Herr Ablwardt hat daher nicht den Muth, da-, was er >m ReickStage unter dem Spitze der Redefreibeit über den Finanzminister Miguel gesagt, im Lande zu wiederholen. Ist seine Sache gerecht und ehr lich, so muß und kann er die« und zwar Wort für Vort. Er hat eS nickt getban". Die Herren erkläre» eruer au-drücklick ihre unbedingte Zustimmung zu der Be- nerkung de« l)r. Porsck im Reichstage, daß Ablwardt seine Beschuldigungen hätte zurücknebmen müssen, wen er einen Funken von Ehrgefühl im Leibe hätte Herr Ablwardt hat nichts zurückgenvmmen, fügen sie lakonisch hinzu. * «ranbeubur-, 13. Juni. Dem von den deutsch-social antisemitiscken Verein für Rathenow ausgestellten Herrn v. Borcke-Stargardt ist die Annahme der Candidatnr str den ReickStagSwablkrciS Westhavelland» Brandenburg ver- bängnißvoll geworden. Herr v. Borcke war. ebenso wie sein Gegner, der nationalliberale Gutsbesitzer v. Wieseke-Plauer- Hof, Mitglied de« Bunde« der Landwirtbe Jetzt macht der Kreisvorstand des Bunde» der Laudwirthe durt die Tageszeitungen bekannt: .Da Herr v. Borcke an seiner Candidatur in unserem Wahlkreise gegen ein andere- ord nungsgemäßes Mitglied de« Bunde« festhält trotz der ibm darüber von der Centralleitung gemachten Vorstellungen, so erkläre ich hiermit kraft meiner Vollmacht dazu, daß Herr v. Borcke in Folge dieser in den Satzungen ausdrücklich ver botenen Handlungsweise auS dem Bunde der Land- wirthe ausgeschlossen wird. Für jede- Mitglied de» BunkeS ist er hiermit als unwähldar zu bezeichnen. Ter KreiSvorstand des Bunde» der Landwirtbe. v. Bredoiv-Laudm' * Trier, 12. Juni. Ein erbärmliches Wabl- manöver haben die Klerikaldemokraten im Wahlkreis Vrüm-Daun-Vitburg gemacht. Sie vertheilen Lori Stimmzettel mit dem Namen Dronke, der bekanntlich Candidat der liberalen Partei für Trier ist. Dadurch soll unter den Bauern Verwirrung angerichtet werden, um die Wahl de» Candidaten Nel«, der für die Militairvorlage eintritt. zu hintertreiben. Direktor Dronke hat sofort dem ComitS eine Erklärung zugeben lasten, daß er dort nicht candidirt. * Würzburg, 13. Juni. Frhr. von Thüngen, Candida: de- Bauernbundes in Schweinfurt, zieht seine Candidalur za Gunsten deS CentrumS zurück, um die Wahl de- national- liberalen Candidaten Georg zu vereiteln. (Köln. Ztg.) München, 13. Juni. Der Prinzregent hat eine vier wöchige Hoftrauer für den Herzog Max Emanuel onaeordnet. Tat Hoslheater bleibt einstweilen geschlossen. Ja der Beileidsdepeslbe des Kaiser- werden die Verdienste der verstorbenen um die Ans- bildung der Cavallerie hervorgehoben. OesterreichUNgar«. * Wie», 13. Juni. Ani ll. Juni starb hier der General major Heinrich Frbr. v. Hauser, der älteste Ritter de- Maria-Tberesien-OrdenS, im Alter von 93 Jahren Sei! 1819 gebürte er der Armee an, den Maria-Theresien-Orbe»' erwarb er am 26. und 27. Juli 1848 bei Volta als Befehls haber des 2. Kaiserjägcr - Bataillons Bon den Ritter» diese« Ordens aus dem Jahre 1848 leben nur noch vier, der General der Cavallerie Fürst Albrecht Montenuovo, G b. C Graf Leopold Slcrnberg, G. d. C- Gras Hermann Nostitz- Rieneck und Major Josef Freiherr Scherpon v. Kronensler». — Der Vierer-AuSschuß der ungarischen Dele gation nahm heute nach den Darlegungen des ReichS- finanzminister» von Kallay daS Budget für Bosnien und die Herzegowina und den Occu p at i onS credit unverändert an. — Tie ungarische Delegation trat heute in die Berath»«; dr» Budgets de« Auswärtigen ein. Der BerichterftoNr: Falk hob die llebereinstimmung der Ansprache des Kaisers uni der Ausführungen Kalnoky'S mit den Anschauungen der ungarisch«: Delegation hervor und zollte der einfachen ungekünstelten Politi! kalnoky's die wärmste Anerkennung. Die Drlegirten Ugron uni Gras Avponyi billigten im Allgemeinen die äußere Polilil. wünschten aber »ine mehr active Gestaltung derselben und ver weigerten Len Anschluß an das Vertrauensvotum wegen ihm oppositionellen Stellung. Ugrou verlangte di« jährliche Vorlegung da diplomatischen und handelSpolitischeu Bctenslücke. Koloman Titz: begründete die BertrauenSkundgebung mit dem Festhalten am Trri- bnnd, der richtigen Politik im Orient und den verinehrten Friedens, garantien durch die Besserung des Verhältnisses zu Rußland Sectiontchcf Gras Tziraky erklärte NamenS des Ministers da Auswärtigen, Rothbücher seien zur Zeit ohne Interesse, gleichvodt sei eine Vorlegung von solchen über bereits abgeschlossene oder üda specielle Fragen nicht ausgeschlossen. Die beantragte vertraue»-- kundgebung wurde mit sehr großer Mehrheit gutgeheiße» und dü Budget des Auswärtigen angenommen. * Graz, 13. Juni. Eine von der Mehrheit der Sta de ntenschast der hiesigen technischen Hochschule besuch!! Versammlung, bei welcher auch ver Rector vr. Hei»! anwesend war, beschloß ein Mißtrauensvotum gegen den Rector, weil derselbe nicht verhindert hatte, daß die Polizei am 17. Mai in daS Polytechnikum eindrang, umem Techniker-Versammlung aufzulösen. Der Rector erklärte hieraus, daß die Polizei höheren OrtS gemessene Befehle gehabt habt, einzuschreiten, und daß er die- nicht habe verhindern körn»». aewand von Babette abnebmen und sich in einen Schlasrock büllen, worauf sie etliche Gläschen Liqueur »rank — „emen Schlummerliqueui?' nannte sie diese abendliche Massenvertilgung scherzhaft — und zärtlich gegen ihren „süßen Mondstrahl", wie sie Gabriele nannte, wurde. Dann begann sie die ganze Gesellschaft, mit welcher sie vor kaum einer Stunde an einem Tische geseffen, unbarmherzg dnrchznhechcln, so daß an Keinem ein gute- Haar blieb. AlS Gabriele endlich ihr Zimmer aufsuchcn durfte, spähte sie hinab auf die weiten Rasenflächen de- Park«, aus welchen immer noch Heller Lichtschein lag — Gras Hugo war gewiß kränker al- sonst! Jetzt hörte sie auck eine Thür geben — vermuthlich batte LipS etwa- für seinen Pflegling geholt. Die Gedanken deS jungen Mädchens weilten so oft im Krankenzimmer; sie sah vie bleiche, verfallene Gestalt auf der Chaiselongue liegen, umgeben von Büchern und Zeitschriften, die er studirte. Gar manche Einzelheiten über Graf Hugos Befinden hatte sie von LipS erlauscht, denn directe Fragen mochte sie nicht an den Diener richten, aber die rührende Liebe und Treue de- alten Manne» gaben ihr die beste Bürg- sckaft für den Charakter de» Kranken. Seit sie ihn damals zufällig im Garten gesehen, verfolgte sie die Erinnerung an die tiefliegenden dunklen Augen, das abgezehrte Gesicht und die langen schmalen Hände. Er hatte ihr damals kein Wort de» Willkommen- gesagt — er hatte sie nur «rast und forschend angedlickt, aber dieser Ruine von einem Manne gegenüber dachte sie nicht an sich selbst und ihre durch seine Unsreundlichkeit verwundete Eigen liebe „Ich wußte nicht, daß Sie hier seien", batte sie stockend gesagt, und der frische Klang der süßen Slimmc war gleich einem lanaentbkhrten köstlichen Genuß in Gras Hugo gedrungen, „hoffentlich Hab« ich Sic nicht gestört." Dem Grafen freundlich dir Hand entgrAenstreckend, fuhr sie fort: „Ich habe fchon längst gewünscht, Sie kennen zu lernen, Graf Hugo." Er schwieg noch immer und schien auch ihre Hand nicht zu bemerken j sie ward rotb und fragte unsicher: „Dürste ich nickt manckmal ein wenig mit Ihnen plaudern?" „Nein, ick danke Ihnen", antwortete er endlich mit kühler Höflichkeit, „ich dm keine gesellige Natur und plaudere nicht gern" Gabriele schwieg einen Augenblick und dann sagte sie lebhaft: „So lassen Sie mich Ihnen verlesen!" „Auck da« muß ich dankend ablehnrn; meine Augen sind Gottlob sebr gut." „DaS ist freilich eia Glück", versetzte da« Mädchen herzlich, und ibren forschenden Blick auf Hugo'« Augen beslend — «inen Blick, der von den Blicken, mit welchen in früheren Tagen schöne Frauen in die Augen de« Grasen KronfelS ge schaut hatten, grundverschieden war, fügte Gabriele hinzu: „In der That — die Augen sehen in keiner Weise angegriffen aus. So kann ich also wirklich gar nichts für Sie thun?" schloß sie traurig. „Wenn ich kein Krüppel wäre, würde sie sich mir nicht so ausdrängcn", dachte Hugo bitter, „nur einem ganz ungefährlichen Mann gegenüber sind die Frauen so selbstlos", und dann sagte er laut mit eisiger Höflichkeit: „Absolut nicht-, besten Dank." „Da- thut mir wirklich leid", flüsterte da» junge Mädchen, mit einem traurigen Blick aus den Leidenden, dessen Lippen fest zusammengepreßt waren und dessen schmale Finger mühsam ein Buck umklammerten. Sick zum Gehen wendend, neigte sie grüßend da« hübsche Köpfchen, dann aber leuchtete eS in ibren Augen aus und sie sagte bittend und mit lieblichem Lächeln: „ES könnte doch sein, daß Sie früher oder später anderen Sinne« würden, und wenn Sie dann nach mir senden wollten, würden Sie mich sehr, sehr glücklich machen!" Damit verschwand sie, und trotz seiner ablebnenden Haltung hatte Gras Hugo die Empfindung, al» sei die Sonne plötzlich untergegangen. Seitdem war fast rin Monat verstricken, aber Gras Hugo batte nickt nach Gabriele gesandt, und sie wagte auch kaum mehr zu hoffen, daß er e« tbuu werde. Und je mehr sie sich darüber grämte, daß der Kranke sich so streng von jeder Ge sellschaft adschloß, desto bitterer grollte sic mir der Gräfin, die gar keinen Versuch gemacht, dem Sohne irgend etwa» zu sein Sie gab mit vollen Händen, wenn sich - um fremde Roth handelte, und den eigenen, einzigen Sohn ließ sie darben an der Liebe, die sie dem kläffenden Hunde aufdrang Und deute, in der Stille der Nacht, überlegte Gabriele allen Ernste«, wie sie vem Vereinsamten brlfen könne. „Wenn ich selbst nur nickt so ungeschickt und tactloS wäre", murmelte sie; „eine Andere hätte gewiß längst gesehen, wo t« fehlt, und den Hebel an der rechten Stelle anzusetzen gewußt. Lucie zum Beispiel wüßte sicher Ratb", schloß sie ihr Selbst gespräch. und dann fühlte sie sich selbst überrascht von der hoben Meinung, die sie unbewußt von der jetzigen Frau v. Dodoa hegte. Früher batte Gabriele wohl auch daran gedacht, einmal eingehend mit der Majorin zu sprechen, aber diesen Gedanken bald wieder verworfen, lieber Gras Hugo« Vereiosamung und trübselige« Dasein klagen, hieß seine Mutter anklagen, und da« durfte sie doch nicht tbun Ob Mercedes nicht belfen konnte? Sie hatte doch selbst gesagt, sie und Graf Hugo seien gute Freunde gewesen, und auck von anderer Seite war ihr die« mit vielsagendem Lächeln bestätigt worden Erst heute hatte sie wieder gesehen, wie gewinnend und bezaubernd liebenswürdig Mercedes sein konnte, warum wandte sie diese ihre Macht, deren sie sich wohl be wußt war, nickt an, um ihren Freund seiner Abgeschlossenheit zu entreißen und seine trüben Gedanken zu verscheuchen? Warum wollte sic überhaupt jene« alte Gerippe beirathen — war e- nickt ein Verbrechen, ihr blühende» Dasein an den grinsenden Marquis zu ketten, nur um eine hohe Stellung einzunehmcn? AIS eS vom Thurm der Marienkirche zwei Uhr schlug, erlosch der Lichtschein auf der Rasenfläche und Gabriele schloß daS Fenster, um fröstelnd und übermüdet ihr Lager aufzusuchen. Aber bevor sich die müden Augen schloffen, batte da» junge Mädchen einen Entschluß gefaßt — sie wollte gleich morgen am Tage Mercedes anfsuchen und offen mit ibr sprechen. „Sie weiß nickt, welcher Art Graf Hugo - Dasein ist", murmelte sie vor sich hin, „durch mich soll sie'- erfahren und dann wird sie und muß sie Helsen!" Zwölfte» Capitel. Am folgende» Morgen gegen S Uhr saß Mercedes v. Waldenburg in ihrem Zimmer beim Frühstück und blätterte in einem Roman, al» die Zofe Fräulein v. Dohna meldete. „Herzlich willkommen", ries Mercedes der Eintretenden ent gegen, „komm Schatz, setze Dick zu mir und erzähle mir Alles!" „Erzählen — WaS sollte ich Dir erzählen?" „Nun. die Ursache diese« frühen Besuches natürlich, r» bandelt sich doch wobl um eine HerzrnSgeschichte, nicht wahr, Gabriele?" „Nein, durchaus nickt, lächelte da« junge Mädchen, „ich wollte einzig und allein Dich besuchen, ohne mit unzählige» Andern thrilen zu müssen." „Also keine Liebesgeschichte", rief Mercedes enttäuscht. „Nein, ich fühle mich nur beunruhigt, und so wollte ich rin wenig mit Dir plaudern." „Ach. Du bist beunruhigt, so hoffe ich doch noch auf riura kleinen Roman! Aber Warle, ich werde Dir erst eine Taffe Kaffee rinschenken, da» befördert derartige Bekenntnisse." Mercedes füllte eine Neine chinesische Porzellaaschale mit dem duftenden Trank und Gabriele meinte, noch nie eine schönere Erscheinung gesehen zu babem al« die schlanke Brünette in ihrem ..<le»d»h>IIS" von rosa Cachemire mit schwarze» Spitzen. Mit graziöser Bewegung bot sie dem jungen Mädchen dir gefüllte Taffe, und dann stutzte sie den schöne» Kopf in dir schmale, beringte Hand und sagte lebhaft: „Heraus mit der Spracht, wer ist'S?" „Ich kann Dir wirklich nicht belfen, Mercedes", sagte Gabriele lackend, „aber mit einem Roman kann ich nicht auf warten, ich habe absolut keinen Liebhaber." „Wie schade. Du könntest deren freilich rin Dutzend haben, aber Da bist zu kalt gegen Deine Verehrer. Ich —" „Mercedes", unterbrach Gabriele sie ernsthaft, „beauttre:» mir eine Frage — kennst Du Menscheu, die wahrhaft glilckliit sind?" „Herrgott — da« wird ernst", rief Mercedes, die Augen brauen emporzieheod, „da muß ich mich erst vergewissern, «t keine Spione in der Nähe sind." Sie warf einen Blick m da« anstoßende Gemach und sagte dann heiter: „Nein — da« Feld ist rein — Elsa ist hioabgega.ige»: nun also — Du fragtest, vb ich Leute kenne, die wiM glücklich sind? Offen gestanden, nein, mit Ausnahme v» Kindern und Narren — kennst Du etwa Glückliche?' „Nein, wenigsten« nicht hier in Wynburg und nicht i» Deiner Welt, Mercedes." „Ah — in meiner Gegenwart bitte ich mir Respect du meiner Welt auS", lachte da» schöne Mädchen. „Freilit, wenn ick e» bei Licht beseht, geht'« mir mit der Welt, tru Deiner Taute Adelheid mit ihrem Mäuschen — nebenbei be merkt, ein ganz niederträchtige» Thier, dem ich an Dein« Stelle schon längst eine Dosis Cyankali verabreicht hätte - die Welt knufft und pufft mich unbarmherzig, und doch schwärm ich für sie, wie Deine Taute für ihren Köter, der stet« knurrt und nach ihr schnappt, durch» Feuer ginge. Aber wer ist der Glückliche, der nicht au- meiner Welt stammt, Schatz?' „Ein junger Steinmetz, der sehr schön singt und pfeift: er arbeitet an dem Neubau zunächst der Villa, und ich hok noch selten einen zufriedeneren GesicktSauSdruck gesehen, vu bei ihm. Und dabei ist er unendlich musikalisch — sei« Tone sind glockenhell und er singt Volkslieder wie OperuLrui gleich correct." „Verlaß Dich draus — dem Mann ist ein frübe« <nl« brschieden", sagte Mercedes im Ton einer Seherin, „aller nächsten« wird er vom Gerüst fallen und den Hal« brechen' „Da« wollen wir nicht dosten", meinte Gabriele ernst, .der Mann besucht übrigen» mitunter de» Grafen." „Ab — thut er da«?" fragte Mercede« plötzlich msl werdend. „Ja — Lip», mit dem ich stet« au«reite, erzählte e« mir' „Lip«? Nicht Gras Hugo selbst?" „Nein, ich Hab« den Grasen nur ein einzige« Mal -esese» «nd damal« auch nur zufällig." „Wie sonderbar", sagte Mercede« leise. „Gras Hugo verbringt de» größten Tbeil de-Tage« zu> einsam", berichtete Gabriele, „er lieft wohl viel, aber iaimr kann er da« doch auch nicht thuu, und ich glaube, er fitll G höchst unglücklich. Al« ich ihn damal« im Park sah, starr« er trübsinnig in dir Luft — sein Gesicht sah wach«bleiä u» und ebenso seine lauge», dünne» Hände, die ein Buch bull» Ach und die Augen, dir großen melancholischen Auge» ' (Forts»,»,, sol^.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder