Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930615028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893061502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893061502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-15
- Monat1893-06
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vez«g».Pre1» tz t« -aupterpedttto» oder de» kn Stadt, teürk mid den Vororte» «richteten «u»- «testrllen abgeholt: vierteljährlich >I1.ü0. tza zweimaliger täglich« Zustellung in» tu» > ückä Durch hi« Post bezogen für tertschlaad und Oesterreich: viertel,adrlich -ti.—. Directe tägliche Kreuzbandieuduag ia» La-laad: monatlich 7.50. kieworgen-Ausgab« «scheint täglich '/,7 llhr, tu Lbead-Alttgabe Wochentag« b Uhr. Ledartio» v«L Lrpedittoa: A»tz«t»e»,«ße 8. UtLrpeditioa ist Wochentag» ununterbrochen v-ffnet vo» früh 8 dt« «beitd« 7 Uhr. Filiale«: Ltt» Kle»«'» Earti». lAlfred dutzo)» Uaiversttättstrabe 1. L««t» Lösche. tethakinenstr. 14, pari, «ad König-Platz 7. ^3«2. Abend-Ausgabe. Tweblalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen'Pret- die ggespallcne Petitzeile 20 Pfg. Reel amen unter dem Redoction«strich 4 g«» spalten) 50-^. vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40-^. Gröbere Schriften laut unserem Prrit- verzcichnitz. Tabellarischer und Ziffernsas uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Margen.Ausgabe, ohne Poslbefürderuag 60.—, mrt Poslbeförderung ^l 70.-^. Ilunahmeschluß für Äazeige«: Abend«Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Marge ».Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn, und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stund« früher. -o- Anzeigr» stad stet» an dt« Gxtzetztftau za richten. Druck und Verlag von I. Polh dt Lti-zlch Donnerstag den 15. Juni 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 15. Juni. Die auch heute die Würfel fallen: die NctchSregiernng wird sich jedenfalls in der HeereSfrage die „unentwegte Festigkeit" de» Herrn Eugen Richter und seiner Getreuen znm Vorbild nehmen und keinenfallS vor den Gegnern einer ausreichenden Verstärkung unserer Wehrmacht sich beugen. Das ist der kurze Sinn eine» zweifellos inspirirle» Artikels ler.Nordd. Allgem.Ztg", der folgendermaßen lautet: .Von Neuem tritt uns die Thatsache entgegen, daß die politische Voraussicht der radikalen Opposition nur bi« zur Verneinung reicht und die Vcrantworlichkrit für die Folgen derselben Ankern überlassen wird. Gerade dieser letzte Punct verdient kie sorgfältige Aufmerksamkeit seitens der Wähler. Kein Gegner der Mililairvorlage kann von ibrer abermaligen Verwerfung einen Abschluß in dem Sinne erwarten, daß kamst kie Frage der Verstärkung der Armee auch nur zeit weilig von der Tagesordnung verschwindet oder gar definitiv begrabe» wird. WaS soll also geschehen? Glaubt irgend ein vernünftiger Mensch, daß dann der gegenwärtige Zustand wemger unhaltbar werde, welcher für die deutsche Feldarmee im Falle eines Krieges allein mit Frankreich eine Minderzahl von NO 000 Mann gegenüber der französischen bedingt? Lker daß in Deutschland ein Staatsmann anS Ruder ge laugt» könnle, leichtfertig und gewissenlos genug, um den Anlraz Likber-Preysing zu befürworten, der nach dem ein- mmmigen llrtheil aller Sachverständigen eine Verschlechte rung unsere- activen Dienststandes und unseres Bc- orlaubtenstandeS, eine Verlangsamung der Mobilmachung, also eine wesentliche Schwächung unserer Armee bedeutet? Lker erhofft mau von dem Verzicht auf die HeercS- »erstärkung, daß er die Franzosen zum Verzicht auf den Getauten der Wiedcrvergeltung bewegen werde? All dies alaubt man nicht und kann es nicht glauben. Aber man bat hch festgeraunt in der Verneinung; nun soll sich der Wähler auck feslrennen, damit der Ruhm der Parteiführer nicht Noth leide. So liegt die Sache. Unwiderleglich erweist der Gang der Wahlbcwegung, daß hinter der mutbigen Parole „gegen die Mililairvorlage" sich die völlige Unfähigkeit verbirgt, aus die Frage: was dann? Rede und Antwort zu stehen. Mau warnt vor der Belastung dcS Volkes — diese Belastung lieht ziffcrmäßig fest, sie wird nach der Absicht der ver- büudelen Regierungen auf den leistungsfähigen Schultern ruhen —, aber gleichzeitig mit dieser Warnung muthet man de» Wählern ein Votum zu, welche« für Deutschland dekeulet: militairische Schwäche, lähmende Unsicherheit aus allen Gebieten, Schädigung von Handel und Wandel, Vermehrung der Kriegsgefahr in demselben Maße, als kie angestrebte HeereSvcrstärkung dieselbe vermindert baben würde. Da« ist der Zustand, mit dem der Sieg der Oppo sition in unabsehbarer Weise Deutschlands politische Stellung und gesammte« Erwerbsleben belasten würde! Der Wähler wirk darum wohl daran thun, wenn ihm ein solcher Sprung ms Dunkle angesonnen wird, bestimmte Antwort auf die Frage zu verlangen: Wohin führt der Weg? und wenn dann »ichls Anderes zum Vorschein kommt als der »MilitariS- mu»" und andere abgetragene Gespenster, möge er sich er innern der Iulitage 1870 und daran, daß damals alle Welt ron Herzen froh war über jedes Regiment, das binauSzog zur Wacht am Rhein, und die Volksbeglücker, die wie heute zegen den Militarismus geeifert, waren still und dankten Gelt, daß man sie nicht gehört hatte. Solche Tage können wiekerkehren, und wenn c- geschieht, dann wird der .Militarismus" im besten Sinne zu Ehren kommen, den heute die verbündeten Regierungen wahrlich nicht leichtfertig, sondern in ernster, gewissenhafter Fürsorge empfehlen, daß nämlich Deutschland sein Heer erhalte, stark genug, um jeder Zeit die Sicherheit und Existenz des Vaterlandes erfolgreich zu vertheidigen." ^7 Offene Pforten. UI Roman von B W. Howardt. Nachdruck «ertöten. (Fortsetzung.) „Gabriele — nicht weiter", murmelte Mercedes gepreßt, „oder doch, fahre nur fort", setzte sie in gezwungen leichtem Ton hinzu, „Du sprachst von Graf Hugo'S schönen Augen — l« ist ivirklich fast so interessant wie ein Roman!" „Seine Augen sehen au«, als ob sie seit langer Zeit nur Jammer und Elend geschaut hätten — ein freundlicher Anblick lhate ihm gewiß gut!" sagte Gabriele sanft. „Weshalb sicht er denn Dich nicht an?" fragte Mercedes heftig, „da hätte er den Anblick, der ihm gut thätr." „Ich bin ihm fremd — ihm kann nur eine FrcundeSscele Helsen — Du Mercede«!" „Ich — unmöglich!" fuhr sie auf. „Warel Ihr nicht Freunde?" „Ja — einst — vor einer Ewigkeit." „Und — Du — hattest ihn gern?" „O ja, ich batte ihn gern, sehr gern", wiederholte Mercedes mit seltsamem Lächeln. „Und wie war er damals, wie sab er aus?" „Mercedes zuckte zusammen, aber Gabrielen'« ernsthafte Lugen sichten so beweglich, und so sagte sie hastig: „Hugo v KronfelS war der schönste, liebenswürdigste, glücklichile und tapferste Mann, den ich je kannte." „Uud dennoch läßt Du ,hn allein in seinem Jammer?" klang eS mit sanftem Borwurf von Gabrielen « Lippen. „Gabriele", murmelte Mercedes, „frage nicht so! Nicht, «l» ob mein Gewissen mich nicht gar oft gerade so gefragt hätte", subr sie ackselzuckend fort, „aber ich habe mir'« abgc- möbot, aus seine Mahnungen zu hören!" „Da ich nun aber gefragt habe, wirst Du mir hoffentlich auch autworten", fragte Gabriele ruhig. Mercede« furchte die schöne Stirn und blickte Gabriele „Ade, christliches Deutschland!" Zu diesem Auf rufe soll sick> ein evangelischer Pfarrer veranlaßt gesehen haben, weil er befürchtet, daß die Licbcr'sche ErntrumS- partct bei den Wahlen eine Niederlage erleiden könnte. Tie „Germania" will die Bekanntschasl diese» „evangelischen" Pfarrer« gemacht haben, der dem Blatte in einem Briese seine Tbeilnabme und seine Bewunderung sür die CcntrumS- parlei wie folgt ausgesprochen haben soll: „Die Vorgänge innerhalb des Centrums berühren mich tief. Jetzt, wo der Augenblick gekommen war, aus de» man 23 Jahre gewartet hatte, >ctzl stirbt vielleicht die Einigkeit desselben. Ich bin ganz bestürzt, dasi so etwa« Vorkommen konnte, gerade jetzt in dieser hochernsten Zeit, ein Jahr daraus, seit die Negierung ohne Noth das Schulgesetz zurückgezogen hat, und wo innerhalb der protestantische» Theologie osienbar die Gottheit Christi zum Fall kommt. Dadurch ist die Jetztzeit mit einem Male sür die katholische Kirche, wie mir scheint, viel gefährlicher geworden, als die Zeit des sogen, eigentlichen CulturkampseS. Was soll daraus werden ? Ich glaube, wenn nicht jeder Katholik jetzt seine Schuldigkeit bei der Wahl thut, ist Alles verloren. Ganz richtig: „Deuischland, Deutschland über Alles", aber ein christ- liches Deutschland. Und ein christliches Deutschland be- kommen wir nur durch di« unerschütterliche Einigkeit de- CentrumS. Fehlt diese, dann heißt eS: „Ade, christliches Deutschland!" Tie Conservativen ertragen ganz ruhig die ChrisluS- leugncr aus Len protestantische» Kathedern und Kanzeln, eS fällt dem Hofpredigcr Sticker gar nicht ein, aus seiner Landeskirche auS- zutretcn, trotzdem er immer wieder versichert, daß die Zustände inner- halb derselben bezüglich des Unglaubens unerträgliche und sie aus de» Zustand „von Wilden" herabgcjunken seien. Sinkt das Ccntrum durch Uneinigkeit, dann hat auch innerhalb deS Protestantismus der Unglaube gesiegt. Steht das Centrum, so ist eS wenigstens sür den gläubigen Protestantismus ein Haltepunkt." Wo wohnt dieser „evangelische" Pfarrer? So fragen wir die „Germania". Sollte der CentrumSschwärmer nicht ein „heimlicher" Jesuit sein? Vielleicht ist das edle Blatt aber auch düpirt worden, und das ist eher wahrscheinlich, als die Existenz eines evangelischen Pfarrer«, der sich berufen süblt, Mörtel und Bausteine herbeizuschlcppen, um den großen Riß im EentrumSthurm schließen zu können. Also heraus mit der Sprache. Wo wohnt dieser evangelische Pfarrer — wenn er noch lebt! Den Gegnern der Mililairvorlage in Deutsch land wird cs ganz nützlich sein, auch einmal zu erfahren, wie man nicht nur in Rußland und Frankreich einerseits, in Oesterreich und Italien andererseits, sondern auch in Ländern, welche gar kein persönliches Interesse an dem Zustande kommen oder Nicktzustandekommen dieser Vorlage haben, denkt. So spricht sich das »irtzerländische „Dagdlad von Holland" über die neueste Wendung der Frage im An schlüsse an Graf Kalnoky'S Rede in folgender höchst be- merkenSwerther Weise auS: „Unsere Meinung, daß neue Combinationcn sich in Europa bilden, bat sich schneller, als wir meinten, bestätigt. Fällt die Gefahr, daß Oesterreich von Rußland angesallen wird, ja, dann steht Deutschland allein gegen üb er Frankreich, ist angewiesen ans seine eigne Kraft gegen Frankreich!! Sinken die Drcimächte zusammen in eine einzige,dann allerdings muß Deutschland, jetzt, wo Frankreich sein Heer tagtäglich vergrößert, auf starke HecrcSvergrößcrungcn bedacht sein. Für jeden nachdenkcnden Deutschen liegt in Kalnoky'S Warnung ein Grund mehr, der Mililairvorlage Stimme und Unterstützung zu geben. Es wäre möglick, daß Kalnoky'S Warnung (nckvie^ von den deutschen Wählern nicht begriffen wird. DaS wird ein Unglück sein, wir bleiben dabei, ein Unglück für Deutschland. Wir Holländer sind gegen den Militarismus und alle- pflichtgemäße Soldaten thum, aber wir werden die Niederlage von Kaiser und Reichs kanzler als eine Niederlage sür Deutschland erachten. In Paris allein wird eine solche Lösung Jubel und Freude erzeugen!" So sprechen die objectivc» niederländischen Blätter über die ckuitsckien belangen, über die deutsche Mililairvorlage. Welchen Namen verdienen die Deutschen, die anders reden? Der französische General Fab re, der die Republik bei der jüngsten feierlichen Einweihung des BeinbauseS vo» Palcstro vertreten bat, fühlt sich seltsamerweise berufen, sein politisches Urtbeil über den Dreibund abzugeben, indem er sich aus angebliche Erfahrungen in Italien beruft. Selbstgefällig er zählte er einem Berichterstatter des „Echo de Paris", daß König Hnmbert ibn als Freund, beinade als Kamerad be handelt babc. „Unsere Unterhaltung", heißt eS weiter, „die sich zuweilen aus daS Gebiet 'der Tripleallianz wagte, wieS plötzliche Abbrechungen und Momente ausdrucksvollen Still schweigens auf." Hieraus folgert nun der alte Herr merk würdigerweise, daß der Dreibund nickt mebr lange dauern werde, und er versickert, daß die „klugen Combinalionen der interesssrtcn Diplomatie" bald beseitigt sein würden. Ueberdieö beruft sich General Fabre auf Acußcrnngen deS Senators Nigretti, dem er die Acußerung in den Mund legt, daß die Bündnißvcrträze, die Italien mit Deutschland und Oester reich-Ungarn verknüpfen, im Lande selbst beinahe mit Miß achtung betrachtet würden. Diese Verträge sollen uliler- eichnct worden sein, weil Italien sich hinsichtlich der Ab- icktcn Frankreichs getäuscht habe und überdies durch die Besetzung Tunesiens erregt worden sei. Die Erklärungen deS italienischen Minister- dcS Auswärtigen, Brin, im Parlament haben inzwischen deutlich genug gezeigt, wessen Italien sich von Seiten Frankreichs auch in Mafsauah und in Abessinien versehen muß. Der officiöse „Popolo Romano" fertigt denn auch bereits den General Fabre gehörig ab und macht ihm begreiflich, mit welcher Entschiedenheit die weit überwiegende Mehrheit der italienischen Bevölkerung an dem Dreibunte fcstballe. Die englischen Blätter in der Capstadt haben in ihrem Haß gegen die deutsche Colonialpolitik sich beeilt, die Erstürmung von Hornkranz als einen Act rohester Grau samkeit hinzustellcn. Am tollsten trieb eS die „Cape Times". Schon die Ueberschristen ihre- Artikels verrathen den Geist, in dem er abgesaßt ist: „Gemetzel in Hornkranz; deutsche Truppen metzeln Weiber und Kinder nieder; Schmach dem Vaterland!" Tann beginnt der Schmähartikel in fol gender Weise: „Die Erstürmung von Hornkranz, wie sie kürzlich von un« wieder- gegeben wurde, enthält nur die halb« Wahrheit. Nachrichten, welche hoch über dem Verdacht der Unwahrheit oder Uebertreibung stehen, sind soeben einaetrossen und schildern die Vorgänge al» einen blutdürstigen Acr teusiischer Wild- heit(!) Witboi wurde, wie gesagt, überrascht. DaS Krachen der deutschen Gewehre war die erste Nachricht, die er davon erhielt, daß etwas Feindseliges gegen ihn im Werke sei. Als seine Leute flohen, rechnete» sie sicher daraus, di« Weiber und Kinder von den Weißen geschont zu sehen. Aber die Rechnung war ohne den Wirth. Wie niedriges Gezücht wurden dieselben von den Deutschen niedergeschossen, Weiber, Kinder, Greise. Die Wildheit der Soldaten war entsetzlich. Tie Berichte geben Beispiele zügellosester Bestialität; fast könnte tdan sie sür unwahr halten, wenn sie nicht drei verschie- denen, durchaus zuverlässigen Quelle» entstammten. Kinder wurden den Müttern von der Brust weggeschosscn, Körper geröstet (I), Frauen trieb man in Hansen zusammen und schoß sie dann aus drei Schritt Cntsernung nieder. Als ein Kind aus seine zusainmenbrechende Mutter zueilte, schossen die Soldaten ihm einfach den Kops vom Rumpfe. Kurz, die Einnahme von Hornkranz erfolgte nach zuverlässiger Aus sage unter Umständen von rcvoltirend grausamster und schänd lichster Art." Die deutsche „Süd-Afrikanische Zeitung" ist nun in der Lage, feskzustellcn, daß die Gewährsmänner dcö englischen BlaltcS, „die hoch über dem Verdacht der Unwahrheit oder Uebertreibung stehen". Niemand ander- sind als zwei Boten Hendrik Witboi'S, die einen Bericht von ihm an den englischen Beamten in Walfischbai brachten. Damit ist für jeden denkenden Bcurkheilcr die Frage entschieden. Daß Hendrik Witboi selbst die Frauen und Kinder mitten im Kampfe als Deckung vor sich geschoben, verschweigen die Ver leumder unserer Soldaten natürlich. Ein vom 14. April datirter, zu Ende der vorigen Woche nach Petersburg gelangter Brief auS Seul, der Hauptstadt Koreas, bestätigt die kürzlich durch die „Times" verbreitete telegraphische Nachricht vo» dort statlaehabtcn Aufreizungen gegen die Christen. Am 30. März baten 50 Mitglieder einer geheimen Eingeborenen - Gesellschaft um eine Ehren erklärung sür ihren im Jahre 1862 Hingerichteten Stifter. Zwei Tage später erließ der König ein Teeret, welches die gcbeime» Gesellschaften für einen Ausfluß dcS moralischen Niederganges erklärt, die Lehrer und die Gebildeten zur Verkündigung der Lehre dcS ConsuciuS ermahnt und Ketzerei mit schwerer Strafe bedroht. Die Corporation der Gelehrten verlangte darauf die Bestrafung der Mitglieder der vorbin erwähnten geheimen Gesellschaft Ton Hack, worauf der König am 5. April erwiderte. Jener Sache sei eS, die Massen anfzuklären, während die Regierung die Verbreitung falscher Lehren zu bestrafen wissen werde. Gleich darauf wurde am Hause eines Missionars ein Aufruf gegen das Cbristenthum überhaupt und gegen die protestantischen Missionare insbesondere angehestel gesunden. Es wurde in demselben gegen ibr Wohlleben und ihre betrügerischen Mittel im BckchrungSwcscn loSgezogen, ihre Entfernung aus Korea gefordert und andernfalls mit Mord gedroht. Der Aufruf wird Anhängern der Lehre dcS ConsuciuS zu» geschrieben. , Deutsche- «eich. cä Berlin, 14. Juni. In den Wahlkreisen Westprcußen» und PosenS mit überwiegender oder starker polnischer Bevölkerung ist daS Schauspiel zu beobachten, daß die deutschen Ultra montanen, die seit langen Jahren sonst stets mit den Polen gingen, diesmal eigene Candidaturcn ausgestellt baben. Es ist dies die Rache für die Abstimmung der polnischen RcickStagSabgeordlicten zu Gunsten dcS An trags Hueiie, obwobl die Wiederholung dieser Abstimmung bei manchen inzwischen recht zweifelhaft geworden ist. Fest gelegt aber verdient eS zu werden, daß deutsche Katho liken, die sonst unbedenklich für polnische Candidaten stimmten, so lange diese eine reich-- und prcußenfeind- lichc Politik trieben, jetzt die Polen bekämpfen, nachdem dieselben einmal eine anscheinend reichstreuc Haltung eingenommen haben. Tie Lieber'sche Führung leistet nach gerade das Unglaublichste an Schamlosigkeit. O. II. Berlin» 14. Juni. Heute, 24 Stunden vor der Wa bisch lacht, herrscht in Berlin eine geradezu fieberhafte Erregung; die Ccntralbureaux der verschiedenen Parteien haben sich in Permanenz erklärt; alle Kräfte sind auf das Aeußcrste angespannt. Immer neue Flugblätter werden ver breitet, 18 Versammlungen sind für beule Abend angekündigt, 12 von ihnen von den Socialdemokratcn. Die einzelnen Wahlkreise koznmen jedoch bei der Berthcilung dieser 18 Ver sammlungen sehr ungleich fort; der VI. ist ganz leer auS- gegangen ; nickt einmal eine socialdcmokratische Versammlung ist hier angekündigt. Die socialbcmokralischcn Wahldureaux, in denen morgen die Verkündung des WahlresultatcS statt- findcn wird (»icistcnS große Bierlocale), werden bereit« ge schmückt, denn man erwartet SicgcSnackrichlcir zuversichtlich aus allen Tbeilen dcS Reiches. Nach Kräfte» soll der Wabl- tag zu», Feiertag gemacht werden; Hunderte von jungen Burschen sind bereits heute nach ihren hcimatblichen Städtchen und Dörfern abgefahren, um morgen dort bei der Wabl- arbcit thätig zu sein. Die in der letzten Zeit stark in Ausnahme gekommenen socialdeinokratischcn landSmannschaft- lichcn Vereine sind weiter nichts als Wahldureaux sür die bcimathlichen Kreise; ein größeres Verdienst, so ist den junge» Burschen gesagt, könnten sie sich nicht erwerben, al« wenn sie alle.Kräfte daran setzten, ihren hcimatblichen Wahl kreis der Socialdemvkralic zu erobern. Hier in Berlin hat die Socialdcmokratie Hilssinannschaften genug, um alle Posten doppelt und dreifach zu besetzen. Der VcrsanimlungSlärm in dieser Nacht wird kaum verhallt sein, wenn die Wahl arbeit beginnt, denn m den socialbcmokratischcn Kneipen treten die „Genossen" bereits um «i Uhr an, um Instructionen lichcn Schmerze«! Schelte mich feige und herzlos, aber ich kann nicht ander- — der glänzende Cavalicr war meine Augenweide — der Krüppel würde mir Entsetzen und Widerwillen cin- flößen!" — Als kie Gattin deS Grafen Hugo v. KronfelS wäre ich an eine Leiche gefesselt und würde mich lebendig tobt siiblen — sür mich starb Hugo im vorigen September!" Gabriele stand gleich einer Bildsäule vor Mercedes — ihre großen Augen füllten sich langsam mit Thränen und ihre Lippen zitterten, als sic leise flüsterte: „Ich war blind — vcrgieb mir meinen Irrtkum — ich glaubte, Du hättest ihn geliebt!" „Tröste Dich, Schatz, der hübsche kleine Roman, den Tu Dir anSgcdacht, war nur ein Phantasiegcbilde", sagte Merccdc« nack einer Weile freundlich. Gabriele blickte sie forschend an, aber die dunklen Augen blieben hartnäckig gesenkt, und seufzend sagte daS junge Mädchen: „Ich muß jetzt geben: ick wollte, ich wäre nicht gekommen!" „Lage das nicht, Kleine", bat Mercedes, „und komme bald wieder!" Sobald Gabriele sich entfernt hatte, verschloß Mercedes ihre Tbür, und weder auf Elsa's dringende Bitte, noch aus den Befehl der Gräfin Waldcnberg öffnete sie, noch gab sie Antwort. So blieb denn der Mutter Nichts übrig, als sich wieder in den Salon zu begeben und dem dort harrenden Bräutigam mitzntheilcn, Mercedes babc Migräne und süblte sich außer Stande, ibr Ziinnicr zu verlassen. Sic babc ibr bcrzinnigc Grüße an den Verlobten aufgclragcn und hoffe, am Abend wohl genug zu sein, um ihn scbcn zu können. Damit mußte sich der Marquis zufrieden geben, und mit dem Wunsch» baldiger Besserung entfernte er sich zögernd. Dreizehnte- Capitel. Während Gabriele hastig heimwärts eilte, machte sie sich Vorwürfe über ihre Offenheit» aber eS beruhigte sie, daß Mercedes eine großherzige Natur war, die auch Anderen nie kleinliche Beweggründe unterschob. „Ilnd ich konnle nicht anders — ich mußte mit ihr sprechen", flüsterte sie vor sich bin; „ach Gott — daS Leben, welches ick kennen lernen sollte, ist im Grunde genommen recht wenig erfreulich." fiuster an, aber dann entgegnete sie gleickmüthig: „Gabriele — Du bist ein Kind und scheinst vergessen zu haben, daß ich die Braut deS Marquis de Vallion bin." „Ach nein — ich wollte, ich könnte es vergessen." DaS schöne Mädchen blickte in unverstelltem Erstaunen aus die Freundin; WaS und wie man über ihre Verlobung dachte, wußte sie ganz genau — daß es aber Jemand auS- sprach, war ihr neu. Ihre Gewohnheit, ernste Dinge leicht zu behandeln, gewann indeß sofort wieder die Oberhand, und so sagte sie scherzend: „Gabriele — fühlst Du Dich wirklich ganz Wohl und gesund? Du sprichst, als ob Du Fieber hättest und nicht wüßtest, WaS Du sagtest!" „Ich weiß sehr wohl, was ich sage", gab Gabriele ernst zurück; „ich sehe nur, daß so Vieles verkehrt ist, WaS anders sein könnte." „WaS denn zum Beispiel, Gabriele?" „Du, Mercedes, Du bist elend und könntest glücklich sein!" „Glücklich — ich und glücklich?" murmelte fl^crccdeS bitter. „Mercedes, laß mich offen sprechen", bat Gabriele. „Sieh, als ich gestern Abend nach Hause kam, stand mir Deine Schönheit und Lieblichkeit so deutlich vor Augen und ich dachte, welch' ein Segen Tu für eine arme verlassene Seele sein könntest, und daß Du, indem Du Glück gäbest, auch selbst glücklich sein würdest! Und da nahm ich mir vor, heute mit Dir zu sprechen." „Das hast Tu getlian, feierlich wie ein Bischof", siel Mercedes ihr spöttisch in« Wort, aber Gabriele sah, daß sic lies erblaßt war, und muthig fuhr sie fort. „Mercedes, Du kannst jenen alten Mann nicht lieben — Weshalb willst Du ihn heirathen? Gedenke deS verlassenen Freunde» aus seinem Schmerzenslager — Deine Gegenwart würde ihm Alle», WaS er verloren, ersetzen, und wir ich Dich hier vor mir sehe, meine ick, ich müßte die Arme um Dich schlingen und Dich zu ihm führen!" PiercedeS verharrte regungslos, und Gabriele fuhr halb schluchzend fort: „Mercedes — tbeure Mercedes, noch iss» Zeit — folge mir!" Jetzt blickte MdueedeS auf; sie fuhr sich mit der Hand über die Augen und flüsterte kopfschüttelnd: »Meines Närrchen — eS klingt ja sehr schön, aber eS ist unmöglich — ist zu spät!" „Und weshalb zu spät?" drängte Gabriele. Sage dem Marquis, daß Du ihn nicht liebst, sage es auch Deiner Mutter und dann eile stehenden Fußes in die Billa KronfelS und poche an Graf Hugo'S Thür. Sein „Herein" würde noch gleichgiltig klingen — er weiß ja nicht, wer die Pochende ist, aber wenn Du dann die Thür öffnest »nd über die Schwelle trittst, dann ist sein dunkles Leben auf immer erhellt und Du — Du bist glücklich!" „Die kleine Schwärmerin — wie sw erregt ist!" rief Mer cedes mit einer Stimme, in der eS wie von verhaltenen Thränen klopfte. „O, Mercedes, spotte jetzt nicht", flehte Gabriele, „denke an daS Leben, welches Tu au der Seite dcS Marquis führen würdest, eine Ebc obne Liebe ist entsetzlich, eine Ehe mit der Liebe zu einem Anderen im Herzen ist die Hölle!" „Du thust gerade so. als ob man mich als Opferlamm an Len Altar schleppte, Gabriele ", versetzte Mercedes wieder völliggesaßt, „und vergissest vollständig, daß es mein Wunsch und Wille ist, den Marquis de Vallion zu heiratben!" „Dein — Wunsch und—Wille!" wiederholte Gebriele tonlos. „So sagte ich. Fasse meine Zukunft ins Auge, Gabriele. Ich besitze kein großes Vermögen — eine Zukunft als StiftS- dame erscheint mir entsetzlich; als Gemahl de« Marquis ncbmc ich eine hohe, einflußreiche Stellung ein, verfüge über große Ncichthümer und kann mir mein Leben nach Gefallen gestalten." „Und Graf Hugo?" fragte Gabriele leise. »Meine — weshalb mitleidlos alle Wunden aufreißen? Da« einzige Glück, welche« ich Hugo v. KronfelS gewähren kann, bestcbt darin, daß ich ihn niemals wiedersehc! Meinst Du, mein Herz habe nicht gefühlt, daß er Tag sür Tag auf mein Kommen harrte? Weißt D». welcher Kämpfe eS bedurfte, damit ick nickt so tbat, wie Du'S mir vorbin ricthcst — daß eS mich mit tausend Fäden zog. an seine Thür zu pochen und ihm zu sagen: Da bin ich?" „Mercedes — und Du konntest — Du kannst zögern?" „Ich mußte mein Herz bezwingen — ich bin nicht dazu geschaffen, mein Leben im Krankenzimmer zu verbringen — kann kein Blut sehen — ich fürchte deu Anblick körper-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite