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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930623026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893062302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893062302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-23
- Monat1893-06
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'>0^, vor den Fainüieiniachkick.le» iü gespalten) 40 E- Größere Tchristen laut unlerem Preis- »erzeichnih Tabellanlcher und Zissernjatz noch höherem Tarif. t»ptr«-VrlIckifrn lgei.rlzt». nur mit der h-loraen-Nusgai-e, ohne Ponbrsörveruag ^4 6o. —, mit Postleiorüerung >li 70.—. AnnalimMlnk för Anzeigen: Adend-Au-gabe: Bormittags 10 Udr. Vlorgen-Ausgahe: Nachniitlag» 4 llhr. Sonn- und Festtags früh 0,9 Uhr. Bei de» Filialen und 2l»nahmesie!len >e ein« balde Stunde früher. N«zsi»ni sind stet» an dir Ertzetztti«« »u richte». Druck und Beklag von E. Pol» tu Leipzig. »z« 317. Freitag den 23. Juni 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Erledigt hat sich unsere Belanntmachung vom 26. Mai o.. den Buchliiadet Eduard Lutzwi» Heinrich Dirlach betreffend Leipzig, am 31. Juni 1893. D«r Rath »rr Stadt Lridzig. Armrn-Lmt, Äbttz. II- «. N. IV. 9516. Abtb. II. 3052. Hen«jchel. Dolg». Im Erdgeschoß des Unterzeichneten Polizeiamts sollen Dienstag »ei, 27. Hunt 1882. Nachmittags van 2 Uhr ad Verschiedene Gegenstände, u. A. diverse Tchmucksachen, mehrere Schirme, Wäsche- und Kleidungs stücke re., Sfientlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig, den 22. Juni 1893. Da» Paiizkiauit »rr Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Politische Tagesschau. * Leipzig. 33. Juni. AIS wir vorgestern den irrisinntgrn Wählern, dir bei Stichwahlen den Ausschlag zwischen Eandidaten der Ordnungsparteien und solchen der Socialdemokratie zu geben haben, den freisinnigen Eandidaten für den I. Ber liner Wahlkreis, Herrn llr. Langerhans, als Muster auf stellten. ahnten wir nicht, daß wir schon heute gezwungen sein würden, diesen Herrn als abschreckendes Beispiel binzustellen. Er hatte bekanntlich nach einer Meldung drS .Bert. Tagebl." in einer Bersammlung gesagt: „Ohne wirklich an dem Baterlande ein Unrecht zu be gehen, dürfen wir nicht einer Partei Gefolgschaft leisten, welche den Zweck hat, uniere jetzige Gesellschaftsordnung zu stürzen, um eine neue an deren Stelle zu setzen, welch« der menschlichen Natur ganz und gar zuwider ist." Darauf bat Herr Eugen Richter in der „Jreis. Zia. Herrn vr Langerban« beiehrt, diese Auslassung dürfe sich nur ganz allgemein auf die Gegnerschaft der freisinnigen BolkSpartei gegen die Socialdemokratie beziehen, nicht aber auf da- Berhalten bei den Stichwahlen. Und Herr Or. LangerhanS hat eS für eine freisinnige Pflicht erachtet, schleunigst den Beweis zu führen, daß er dein Winke seines Herrn und Meisters folge. In einer andere» Wahlver sammlung bat er sich dahin ausgesprochen, es fei ihm nicht eingefallen, Andeutungen zu machen über da- Verhalten der freisinnigen BolkSpartei bei Stichwahlen gegenüber dev Socialdemokratie Er mache ganz besonders ans dir schweren Gefahren aufmerksam, die dem allgemeinen Wahl rechte (!) drohten, wenn wieder eine Earteimehr- deit in den Reichstag einzieke. Man müsse sich darauf gefaßt machen, daß alle Diejenigen, die für die Militair- rorlage stimmen, auch für eine Einschränkung oder gar Ab' schafsung des allgemeinen Wahlrechts zu haben sei» würden (!) TeSbalb müsse man bei der Stichwahl alle Kräfte anspanne», um so viel zu retten, als möglich sei, d. b. man müsse sür die Socialdemokratie stimmen! Und das erklärte Herr I)r. Langerhans in einer Bersammlung, in der er für sich, Herrn Virchow und Herrn Munckel um die Stimmen aller nichlsocialbemokratischenWäblergegendirSocial- demolratic bat! Daß die freisinnigen Wähler im Lande sich dieses Beispiel „unentweglcn Freisinns' zum Muster nehmen, das können wir nnS trotz aller Vorkommnisse nicht porstellen. Mögen sic sich an die Worte halten, die Herr Hr. LangerbanS zuerst gesprochen, und nicht aus die soussiirte Interpretation eines Mannes, der durch die That bewiesen hat, daß er mit seiner Politik derblendeter Parteisucht nicht einmal dir Partei, geschweige denn da» Vaterland vor Schaken zu bewahren vermag! Drr Trost, baß in» nächsten Reichstag nicht über dir Einführung de» Zukunftsstaats abgrstimmt werden wir», ist der Trvst eines Tlwren. Der Eommandenr einer Festung, der dem Feinde rin Außenfort ansliefrrn wollte, weil ja die tigetitliche Beste noch sturmfrei sei, wäre ein Berräthrr an seiner Sacke. Und nickt- Andere» wollen Diejenigen, welche e» sür unbedenklich halten, der Socialdemokratie zu einer starken Vertretung im Reichstag zu verhelfen. Die An ziehungskraft und mit ibr die Macht der Umsturzpartei würde ungeheuer gewinnen, wenn sie ans eine große Fraktion Hin weisen und den wenig Urtbeilsfähigen nock dazu sagen dürste: „Die Mebrzabl dieser Abgeordneten verdanke» wir nicht Socialdemokrate», sonder» gut bürgerlich Gesinnten; daraus rrgiebt sick, daß uns zu Unrecht der Borwurs ge macht wird, wir gefährdeten die Grundlagen der bestehenden Ordnung." Die Erfolge, welche die Gocialdemokratie schon jetzt dadurch erlangt hat, daß sie ihr Programm ver leugnet« und ,bre wahren Ziele verhüllte, werden nack einem mit bürgerlicher Hilfe erstrittenen großen Wahlsieg in» Ungeiilesiene wachsen. Und damit wäre nicht der ZukunitSstaat, den auch wir nicht fürchten, Wohl aber die Nvlhwendigkeit näher ge rückt, die gewaltsamen Angriffe dcS durch unsere Schuld wagemuthig gewordenen SocialiSmuS aus unsere heiligsten Güter blutig »nd unter unersetzlichen Verlusten sür die Gesittung zurückzuweisen. Wohl mag es Ueberwindung kosten, einen Mann zu wähle», mit dem mau in vielen politischen Fragen nicht übereinstimmt Mer was da- denlsche Bürgerlhiii» auch spalten mag, drr Boden ist allen gemeinsam: die bestehende Gesellschafts ordnung mit der Familie, dem Eigentbiim, dem Recht des Einzelnen, sich nach seinem freien Wille» zu belbätigen Die Socialdemokratie aber hat in ihren Grund lagen »litkeinerb ärgerliche »Partrietwa-Grm ein sames. Was sic anstrcbt, sind Zustände, die unS Alle» Sklaverei dünken, die »mS daS Leben nickt mehr lebenswertb erscheinen kaffen. Wa» wollen einem solchen nirereStirse», Gegensätze gegenüber die TrennungSmerkmale der bürgerliche» Parlrien bedeuten! Die anhaltende Dürre dieses Frühjahrs und Vorsommer» bat einen Futtermangel zur Folge, der über die deutsche Landwirtbschast eine» acuten Nothstand schwerster Art ver bängt. Bor Allem ist cS der kleinere Bauer, der seinen Vieystand schlechterdings nicht mehr durchzubriugeii weiß und andererseits a»6, keine Käufer für keiiselben findet. Wer die Folgen dieses Zustandes auSbeiikt, kann nickt zweifeln, daß der deutsche Bniirrnstand geradezu in seiner Existenzfähigkeit erschüttert wird, und es ergiebt sich daraus die Notbwentigkeit, daß sür die Erhaltung dieses jo wichtigen Gliedes in unserem BolkStörper seitens der Gesaninitheit schleunige Hilfe beschafft werden m»h In Frankreich, wo die gleiche Ealamilät eingetreten ist, hat man in erster Linie einen massenhaften Biebankans durch d e Militärverwaltung zum Zwecke der Eonservc» bereitung in- Auge gefaßt. Ob sich Aehnliches bei unS emvfeblen würde, vermögen wir nicht zu benrlhcilcn; jedenfalls wird man annebmen dürfen, daß die Frage an den zuständigen Stellen nicht mierwogen bleibt. Weil wichtiger aber, als den Landmann gegen einen halbwegs angängigen Preis von seinem Viehbestände zu befreien, würde es sein, idm denselben erhalten zu helfen. In verschiedenen deutschen Staaten werden bereits Mittel und Wege, um der Landwirtbschast den Bezug wohlfeiler Futtermittel möglichst zu erleichtern, officiell erwogen , i» Preußen bat die Eisen» »abnverwaltunq mit einer Tarisermäßignng sür diese Gegen stände eiogegriffen. Durchgreisrnd wird damit indeß kam» zu Helsen sein, wenn nicht auch sür die Gewäkrung von Vorschüssen a» die Notbleibend«» gesorgt wird. Man darf wobl erwarten, daß das preußische Abgeordnetenhaus baldmöglichst nach seinem Wiederzusammentritle in der nächsten Wecke sich der Frage annehmen wird. Die Ausgabe», »>»i welche es sich hier handelt, fallen ja zumeist in den Wirkungskreis der Einzel staaten. Aber auch das Reick kann Mitwirken. Besonders dürfte eine zeitweilige Aufhebung de- Zolles auf Mai« und Oclkuchen zu erwägen sein. Jedenfalls darf man nirgends zögern, die in Rede stehende Nvtblage mit dem ganzen ihr gebührenden Ernste z» behandeln. Dir Unruhen in vrrn, deren wir bereits wiederholt gedacht haben und dir von Anarchisten ins Leben gerufen worden sind, sind mit Hilsr des MilitairS glücklich unter drückt worden, wrnigstrn« bis aus Weitere», und die Bevöl kerung der schweireriichc» Bundeshauptstadt atdmet wieder erleichtert auf, um so mebr, als e- Dank dein rnergisckr» Vor gehen der BiiiidrSregirriing gelungen ist, dem inulhiiiaßlichen Urheber oder doch einen der Haupturhebcr der betreffenden Krawalle, welche sich zunächst gegen ruhige italienische Arbeiter, i» letzter Linie aber gegen die Arbeitgeber derselben — Schweizer Bürger —richtete», dingfest zu mache». Es ist die» ein Aus länder, drr sich da« Schweizer Bürgerrecht erschlichen, der berüchtigte Agitator Äassiliew, der Sohn eines russischen Staalsraths. Dieser Agitator halte lange unter der Berner Arbeiterschaft gewühlt »nv dieselbe gegen die „Bourgeois", gegen rie friedliche Bürgerschaft der Stadt aus gehetzt ,n einer Weise »nd »lit einer solchen Engcrie und Dreistigkeit, daß er schon seit Jahren der Schrecke» der be sitzende» Elaste» Bern- war und die von ihm ausgrstreiite Saat des Haste» und der Zwietracht nothwendia in die Halme schieße» inußle. Welchen Erfolg aber Wassiliew'« Hetzereien gehabt, ist ja bereits aus Bern geitielde» worden, und es ist den Vertretern der öffentliche» Ordnung nicht genug zu danke», daß sie der Gewalt die Gewalt gegenüber- gesetzt und so dte ausgereizten Arbeiter »och rechtzeitig und nachdrücklich daran erinnert haben, daß uiiaestrasl auch heule glücklicher Weise die bethörlr Maste de- Volke» weder in der Schweiz, noch anderswo unter Verhöhnung von Gesetz und Recht eigenmächtig ihren Willen durchzusrtzen vermag. Nach- brm die aulgchetztc» Arbeiter wieder zur Pflicht zurückgekebkt waren, ist denn nun am 2l. Juni auch der Agitator Wassiliew unter dem ungeheuren Jubel der friedliebenden Bürgerschaft z erbastet worden, nachdem schon vorher eine bei ihm vor- genoniinene Haussuchiilig da« belastendste Material, da» seine Schuld außer allen Zweisrl stellte, zu Tag» gefördert hatte. Wassiliew ward unter starker militairischer Be- deckuiiz in» Gefängniß abgefübrt, und dieses wird von EavaUeristen scharf bewacht, da die Befürchtung herrscht, daß die von dem gewissenlosen Agitator beihöite »nd fanatisirle Menge eine» BcsreiungSversuch wagen könnte. Hoffentlich wird dem guten Ansang, de» man mit diesem Fang gemacht, auch der gute Fortgang entsprechen unk dem voltsperderbenkei, Russen die wohlverdiente Strafe z» Theil werde», damit ihm »nd seinen Gesinnungsgenosten in drr Schwei; und auch anderswo endlich wieder einmal klar gemacht wirk, das; man nicht so leichthin daS Gastrecht in einem fremde» Lande gröblich verletze» darf Die Scandale in Frankreich scheine» kein Ende nehme» zu wollen. Wie aus den letzte» Pariser Telegramme» er sichtlich, wird bereits ein neuer EnIhüllungS-Feldziig an gekündigt, der a» Sensation den Panaiiiascandalprvceß noch zu Ubertreffe» verspricht. Auch dieser Proceß gebt wieder von Boutangisten und Antisemiten au-, die sich bei ihrem Vorgehen des BlatteS „Eocarde" bediene», desselben Blattes, das schon die Angriffe auf die Parlamentarier gebracht hatte, zu denen Baro» Reinach selbst da- erste Material lieferte, bestell Anhäufung ihn dann zermalme» sollte. Dncrct, der Herausgeber der „Eocordc", früherer Mit arbeiter der „Lanterne", der seine eigenen Wege ging, als das Blatt Eugene Mayer's von der Bonlanäe absiel, verspriä,t die Mittbeiliiiig von Docnnienten, die den ehemaligen einflußreichen Führer der Radikalen, Elvmrnceau, als Hockverrälber kennzeichne» sollie». Prahlerisch bekennt «r sich zu einem Ein brückst iebnabl, de» er mit Freunden begangen vaben will, nn, Schriftstücke von unermeßlicher Wichtigkeit einer fremden Regierung zu cutzu-hen. Durch den „Figaro" ließDucret gestern hinzusügen, ticbestoblciie Regierung wäre die englische und der bonapartistischc Ab geordnete Millrvoüe werde den Ministerpräsidenten aus jucken und ihm die Documente zeigen. Millevouc mit seinen Begleitern bat nun freilich keine Gelegenheit gehabt, die be treffenden Documente an den Man» zu dringen, bat auch >» der gestrigen Kammersitzung, über die nian de» Bericht unter Paris Nachlese» möge, keine Beweise für seine Verdächtigungen zu er bringen vermocht und bat deshalb i» drr Kaniiner eine ebenso schwere moralische Niederlage erlitten, als er vorher seinem verhaßten Gegner Elsmenceau bereitet batte; die Regierung hat eS aber doch für nöthig gesunden, eine ge richtliche Untersuchung einzuleiten und die gerichtliche Ver folgung von Ducret, Morös und Milltzpoyc selber ist bereits eingeleitet Es darf aber wobl angenommen werben, daß aus der Untersuchung auch Elömeiiceau alS nicht vollständig moralisch intact hervorgehe» wird. Wie Irland, das „grüne Eiland", mit seinem Streben nach Selbstverwaltung oder noch größerer Unabhängigkeit nu» seit Jahren den englische» Staatsmännern die größten Vc kleinniungen verursacht und selbst einem so liberalen unk dabei so schlauen Premierminister von der Art eines Glad- stone schon so manche schlaflose Nacht bereitet bat, so bat auch da- obnedieS unter dem Hader der Parteien schwer leidende ipanir», da- unter einem Philipp ll der mach tigstr Staat Europas war, unter dem Eiusluß der Jesuiten aber mehr und mehr an Einfluß verlor, bis es unter der leider nur zu kurzen Herrschajl Also»-' XII. aiischeinenv einen große» Äusschwung nahm, sein Sck'iiierreiiü kind: ein Eiland, Spanien ferner liegend, als Irland Groß- britanien, und dabei blühender a>« Irland »»k nicht mit Unrecht die Perle der Antillen genannt, — V«ba. ri»e Insel, »ach welcher auch die Vereinigten Staate» Nordamerikas begehrlich die Hand ausstrecken unk deren Bevölkerung sich wohl bewußt ist. daß Euba, obwohl unter einer gewissen Mißwirtbschast leidend, vielleicht auch gerade dcSbalb sebr wohl des fernen Mutterlandes, dieses aber nicht oder doch nur schwer EubaS entbehren könnte. I» diesem nur zu berechtigten Gefühl hat die Bevölkerung der größlc» »nd ertragreichgen spanischen Insel den» auch iniuier wieder und wieder versucht, sich mil Waffengewalt vom Mutterlande loszureißcn, bisher freilich imincr ohne Erfolg, da jede spanische Regierung sich stetö wohl bewußt war, was Spanic» au Euba besitzt, und daher schließlich noch jeden Aufstand ans dieser Insel tbalkräslig zu unlerdrücke» verstand. Be sonderS die jeweilige conscrvative Regierung Spaniens schreckte nicht vor dem Aufgebot der größte» Truppen macht zprück, um allen AusstaiidSgelüste» der Eubancr de» Garaus zu machen. Der derzeitige spanische Premierministcr Sa gasta gedenkt nun de» Eubanern gegenüber es »ach dem bekannten Muster, daS Gladffone sür die Irländer — bisher allerdings ohne Aussicht aus Erfolg — zu erwählen beliebt bat, »nt dem Wege der Güte zu versuche» und hofft die Eubaner dadurch zu beschwichtigen, daß er auch ihnen eine Art Homernle verschaffe» will »nd ein solches i» der Kammer im Ansckluß a» den Ha»sbalt>iiigseiilw»rs sür die Antillen mit großer Nokcgcwandhcil befürwortet hat. DcrHauptvertrctcr de» Gedankens, den Eubanern ei» möglichst weitbegrenztes Selbstverwaltung-recht eilizuräumcii, ist »n Eabincl Herr Maura, der schuyzöllnerisch gesinnte Eoloiual minister. Er hat dio Liberalen und Aiilonomisten in Spanien aus seiner Seite, wunderlicher Weise aber die Mckrbeit der Ab geordneten der Antillen gegen sich. Der Haushalliingsentwurs, den Maura dieser Tage der Kammer vorlegte, gesteht die jeden falls nicht ohne die Sa ulb dcsMutterlandes nngiinliige sinanziellc Lage Eubas und da- Vorhandensein eine- beträchtlichen Fcbl . Offene Pforten. Roman von B W. Howardt. (Fortsetzung.) Nachdruck »«rieten. Zwanzigstes Eapitel. Der Weg nach Leslach betrug sür den Spaziergänger kaum eine halbe Stunde, und Gabriele, die in ihrer Erregung kräftig auSsckritt, batte bereit» nach 20 Minuten den Markt platz mit dem rauschenden Brunnen erreicht. Keine Menscken- seele batte sie unterwegs gesehen, „nd auch im Dorfe schienen die Meisten schon zu schlafen. Kodier'- Garten war geschloffen, Venn auch hinter de» Jalousie» derFenster noch die nnd da Licht schein sichtbar wurde. In dem Dachfenster eines gegenüber liegenden Häuschens brannte gleichfalls nock Licht und eben überlegte Gabriele, ob sie dort ibre Nacksorsch,ingen beginnen solle, a!S eine Frauengrstalt die Dorsstraße bcrabkam und über den von einer einzigen Laterne nothdürstig erhellten Markt platz dem Häuschen zuschritt. Sich hastig der Gestalt nähernd, welche in >eder Hand ein schäumende» Birrgla» hielt, erkannte Gabriele zu ihrem uiiliebsamen Erstaunen jene Fabrikarbeiterin, welche sie vor einigen Wochen so drohend angestarrt batte: auch sie schien die junge Dame zn erkennen, denn sie blieb Plötzlich dicht vor ihr sieben. Gabriele besann sich nicht lange „Guten Abend", sagte sie ruhig: „können Sie mir vielleicht AuSlunft geben, wo ick Röschen Bauer finde?" .Hm — sie wirk wohl in Ihrem schönen Hause drüben in Wyiib»rg sein", gab die Frau grob zurück „Nein, dort ist sie nickt", versetzte Gabriele ernst, „sie ist hier in Lcslach. Wollen Sie mich zu ihr führen?" „Fällt mir nickt ein — ich bin nicht in Ihren Diensten." „Co werde ich Ihnen folgen", sagte Gabriele entschlossen, au« den zwei Biergläsern den Schluß ziehend, daß kort, wo man auf die Frau wartete, noch weitere Personen aus sein müßten, und hoffend, daß sich vielleicht IenianL finden werde, der eher geneigt sei, sie zu geleiten. „Nun, wenn Sie so dickköpfig sind, sollen Sie Ihren Willen haben", lachte die Frau frech auf, dann schritt sie aus da» Hänschen, in reffen Dachfenster da» Licht brannte, zu, erstieg, von Gabriele gefolgt, zwei schmale, steile, stickt-unkle Treppen »nb stieß, aus dem oberen Flur ckngelangt, die Tbllr einer mäßig großen Dachkammer, welche von einer schwelenden Petroleumlamde erhellt wurde, ans An de», runden Tisch, ans welchem die Lampe stand, saß — Röschen; mit eiitei» SchreckenSschrei erkannte sie Gabriele und sprang auf. „Bleib sitzen", sagte die Frau mit derbem Ton; „liier ick meinem Zimmer zieht'» keine Umstände, nnd wer sich setzen will, mag sick, Sicken Platz suchen " Als Röschen trotz alledem stehen blieb, drückte die Andere sie aus ihren Stuhl nieder, und indem sie selbst kick aus den zweiten »nd letzten des Zimmer» setzte, schob sie Rösche» da» eine Bierala» hin und sagte: „Laß Dir » schmecken, Röschen — prost! Schau dock nickt so ängstlich drein; hier kann Dir Niemand was anbaben." Gabriele trat dicht an den Tisch, n»d au» alter Gewohn heit erhob sich Röschen unwillkürlich, aber nun schrie dir Andere i» voller Wiilb: „Bleib sitze». Du Ga„s — Die dort mag sichen!" „Ick habe auch gar keine Zeit, mich erst noch zu setzen", sagte Gabriele gelassen, „ich bin nur gekommen, um Röschen zu bolcn. Röschen", wandte sie sick dann in ruhig arbietentcm Tone an diese, „begleiten Sie mich aus der Stelle zurück!" Röschen rührte sich ni t t. „Röschen", begann Gabriele abermals, „besinnen Sir sich nicht lange? Ich kam in der Nacht allein nach LeSlach, um Sie beimzubolen — folgen Sie mir!" „Und wa- schadet » Ihnen denn, wenn Sie auch einmal in der Nacht allein de» Weg gemacht haben?" siel die Fra» grob ein; ..Andere müffen lahrau», jahrein Tag und Nacht schlimmere Wtge machen. Kehr' Dich nicht an fic, Röschen, trink Dein Bier aus, sonst wird » schal." „Mischen Sie sich nicht in da«, wa- ich mit Röschen aus zumachen habe", sagte Gabriele ernst. „Sek mir Einer an!" schrie die Fra» erbost, indem sie beide Arme i» die Hüsten stemmte und dicht vor Gabriele bilitrat, sie kommt in mein Zimmer und will mir das Maul verbieten." Gabriel« wich nicht »m Haaresbreite zurück; sie maß die Megäre mit ruhigem Blick, und ein kurzes rohes Lacken a»s- stoßcnv setzte diese sich wieder an ren Tisch »nv tbal einen tiefen Zug ans ihrem BierglaS. „RöScken", sagte Gabriele sanft, indem sie beni Mädchen die Hand auf die Schulter legte, „kommen Sie jetzt! Heute wollen wir nickt weiter von Ihren Angelegenheiten reden, deck» es ist schon tief in der Nackt, aber morgen sollen Sie mir Alles sagen, was Cie bekümmert, und so weil » in meiner Macht steht, will ick Ihnen Helsen." Röschen» GesichtsaiiSdruck war der »ine- trotzigen Kindes; mit Scham nnd Furcht in den braunen Augen blickte sie verstohlen auf Gabriele, aber sie machte nicht Miene, ihr zu folgen. „Na, Röschen, so geh doch mit der schönen Dame", höhnte di« Andere, „sie bat gewiß ein blaue- Band i» der Tasche, um das verirrte Sckas brimzusübreli." Immer »och bewahrte Röschen ihr trotziges Schweigen, uckb Gabriele fühlte sich enlmuthigt durch da» Dazwischen treten der Andern. „Sic tkälen bester, beimzugeben", meinte diese jetzt gleich- müibig, „RöScken gehl dock »ich« mit. Sic bat daß Reck,, sick» aus eigene Faust zu amusiren — im Notdsall sogar mit ibrrn Freunden", schloß sie mit l'öhnisckem Lacken. „Ich gebe nickt ohne RöScken", bebarrte Gabriele. „Aber sie bleib« die Nackt über hier " „Dann bleibe ich gleichfalls." „So? Und wenn ich Ihnen nun die Tbür weise, wa» dann?" „Dann warte ick im Flur oder ans der Treppe" „Hm — es girb» auch Mittel unk Wege, die Leute schnell bergab zu befördern." „In diesem Falle würde ich unlcn an der HauSlbür warten", erklärte Gabriele fest. „Da« könnte Ihnen paffen", rief Röschen jetzt dazwischen. „Sie wolle» ih» Wohl an der Thür abfasse», um ihn für sich zu behalten?" „Röschen — Sic vergessen sich", sagte Gabriele in eiskaltem Ton. „Ich will Ihne» was sagen", entgegnete die Fra» finster, „hier gicbl'S weder Herrin, nock Dienerin, nnd RöScken kan» zu Ihnen sprechen, wie'» ihr umS Herz ist, verstanden. Sie Hochmiithsgickcl?" „Und ich will » a»ch", schrie Röschen, von neuem M»tk beseelt „Er sagt, ick wäre hübscher als Sic — er bat's mir noch heute Abend gesagt. Und er will mich heiralbc» — er kommt heule hierher, »in nochinals AUeS mil mir zu verabrede». Wan»» sollte er mich nicht nehmen? Erst neulich bat ein Piinz eine Ballettänzerin gebeiralbcl, »nd ick hin rock noch bester als eine solche — ick bin ein anständiges VHrgermärchcn. Wenn er lam, uni Sie zu besuchen, habe ich S-e nie gestört, nun störe» Sie anck mich nicht!" „Draus! Draus! Gieb» ihr!" schürte die Andere „O Röschen", ries Gabriele entsetzt und »niileirig. Röschen brach plötzlich in Tbränen aus. ^ „Ibr Hierberkommen wird Alles verderbe»", ries »c heftig, „Sic wollen ihn von mir hinweglccken — Sic wolle» il»i für sick selbst haben — o ick sehe es deutlich!" Die brutale Andeutung, daß sie, die Varoneffe r. Dobiia, mit ihrer Dienerin ,„» de» Besitz jenes Elenc n zu ringen gesonnen sei. ließ das junge Märchen erstarren Keines Wortes mächtig, lies erblaßt, aber slammenten Blicks stand sie vor Röschen, deren Wulh sich in so gemeinen Verdächtigungen Lust machte. Aber jetzt nahm die Andere das Wort: „So hör' doch aus zu plärren", sagte sie beslig, „siebst Du nicht, daß Dn ihr viel z» gering bist, als daß sie Dir Antwort geben sollte? Er niag Euch beite küssen, denn schön seid Ihr ja, »nd äbiilick sebt Ibr Euch auch , aber 's ist dock e,n bimmek- weiter Unterschied zwischen E»ck! Ha! ba! da! Es kränkt sie ja schon, daß Du Dich und sie in einem Atbcin nennst!" Gabriele innßle die Richtigkeit dieser Vehaurrnng anerkennen, sie suckle ihre» Widerwillen n'ererziiiäiiipsen und sagte möglichst gelassen:
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