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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930721024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893072102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893072102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-21
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Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. Extra»veilagcn (gefalzt), nur mit de» Morgen - Au-gabk , ohne Postbefördernug >1 60.—, mit Postbesörderung 70.-». Ännahmeschluß für Äazeigeu: Bbend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Aairigr» sind stet« an die Trpetzttt«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. Juli. Den französischen und den russischen Politikern, die ihre Hoffnungen daraus gründen, daß die Herbstfession des deutschen Reichstags in den Verhandlungen über die DeckungSsrage der ReichSregierung neue, vielleicht unüberwindliche Schwierigkeiten bringen werde, hat die „Krcuzztg." die Versicherung gegeben, daß daS Gcgentbeil dieser Wünsche und Hoffnungen bald werde zur Thatsache werden. Diese Versicherung hält aber daS hochconservative Blatt nicht davon ab, den Reichskanzler wegen seiner Haltung in der Militairvorlage heftig anzugreifcn, ihn für die Ver kürzung des ursprünglichen Entwurfes verantwortlich zu machen, ihm die Einbuße zuzuschrcibc», die das Ecntrum an conservaliven Elementen erlitten hat, und ihm unumwunden zu verstehen zu geben, daß ihr, sofern nur die Dinge nach ihre» Wünschen gegangen wären, „die Möglichkeit ciucS KanzlerwcchselS die allergeringste Sorge bereitet haben würde". Nicht minder scharf tritt der hochconservative „Reichsbote" gegen den Reichskanzler auf, dem rund heraus gesagt wird: „Will der Reichskanzler praktische und erfolgreiche Politik treiben und überhaupt an der Spitze der Geschäfte bleiben, dann muß er resolut seine manchesierlichen Anwandlungen nusgebcn. Er darf die Getreidezöllc nicht mehr als ein „Opfer" der Städte für die Land- wirihschast bezeichnen, darf nicht mehr der Umwandlung Deutschlands in einen Industriestaat zuslreben re." Eine Hinausschiebung, schließt der Artikel, darf nicht länger stattfinden — wenn nicht die Zeit kommen soll, wo eS überhaupt zu spät ist. Für den Reichskanzler wird diese Sprache nichts Ueberraschendes haben. Nach Lage der Dinge wird es aber keine leichte Aufgabe für ihn sein, sich mit der conservaliven Partei in ein für beide Tbeile erwünschtes Verhältniß zu setzen. Und wie Franzosen und Russen aus solchen Auslassungen sollen den Schluß ziehen könne», bei der DeckungSsrage werde sich für die ReichSregierung keine Schwierigkeit ergeben, das begreifen „Krcuzzcilung" und „ReichSbote" wahrscheinlich selber nicht. ES ist bisher wenig beachtet worden, daß, je selbstständiger der katholische Adel gegen das von vr. Lieber geführte demokratische Eentrum auftritt, um so eisrigere Versuche zu einer engeren Verbrüderung des katholischen und eines Theilcs des evangelischen Adels zur Wahrung der gemeinsamen Standesinteressen gemacht werden. Die „Krcnzzeitunz" und daS „Deutsche Adelsblatt" lassen sich die Förderung dieser Freundschaft besonders angelegen sein und be gründen sie namentlich mit dem gleichen religiösen Inter esse. So sagt das „Deutsche AkelSbl." in seiner Nr. l5: „Der ganze christliche Adel aller Confessionen schaart sich wie ein Mann um das gemeinsame Palladium des Apostolicums und vertheidigt cS mit äußerster Entschiedenheit gegen alle Feinde, gleichviel ob cS Protestantenvercinler, Alt katholiken, Juden oder moderne Heiden sind." (Beiläufig bemerkt, greisen die Altkatholiken nicht das Apostolicum an.) Gegen die evangelischen Adeligen, die sicb dieser Verbrüderung anschließcn, wendet sich scharf Professor Nippold in einer kürzlich erschiene nen Schrift: „Der christliche Atel deutscher Nation" (Berlin, Reimer). Er ist der Ansicht, daß die Evangelischen damit nur die Zwecke Roms fördern würden, dessen Anhänger klüger und folgerichtiger ihre Interessen zu vertreten wünschten. Wir sind der gleichen Ansicht und besorgen überdies, daß die Verbrüderung auch in politischer Hinsicht sehr nachtheilige Folgen haben würde. Eine so enge Verbindung zwischen kalholifchem und evangelischem Adel wird allerdings den Zusammenhang des Centrums langsam, aber sicher zer reiße», andererseits würde sie aber auch die Bezicbnngen zwis-ben diesem rechtSconservaliven Flügel »nd den Millel- parteien noch mehr lockern zum größten Nachthcil einer erfolgreichen gemeinsamen Bekämpfung der radicalcn Be strebungen von links. In den Niederlanden haben dieser Tage Neuwahlen für die erste Kammer, wie der niederländische Senat sich benennt, stattgcfnndc». Diese Wahlen erfolgen durch die Provinzialräthe. Wählbar sind die am höchsten eingeschätzten Steuerzahler und gewisse, durch das Gesetz bestimmte Kategorien hoher Beamten Aller Drei Iakre muß sich ein Drittel der Senatoren der Neuwahl unterziehen. Die, wie erwähnt, dieser Tage vorgenommene tbeilwcise Erneuerung der ersten Kammer erstreckte sich auf 17 Sitze. Die liberale Partei büßte dabei drei von ihren bisherige» Sitzen ein. In Geldern mußten infolge des klerikal-antirevolntionairen Wahl bündnisses die bisherigen liberalen Senatoren Thorst und Baron van Nagel ihre Mandate an den Antirevolutionaircn Engelberts und an den Klerikalen CremcnS abtreten; in Seeland verlor in Folge der unverzeihlichen Nachlässigkeit mehrerer liberaler Pro vinzialräthe, die der Wahl nicht dcigewoknl und dadurch eine Slimmeiivcrschiebung zu Gunsten der Gegenpartei bewirkt hatten, der ehemalige liberale Minister Six sein Mandat an den Finanzminister im vorigen, conservaliven Cabinet, Godin de Beaufort. Der Zuwachs von drei Stimmen, den die con- servative Rechte der ersten Kammer durch diese Wahlen er hielt, ist selbstverständlich nicht entfernt im Stande, die schon seit mehr als vierzig Jahren bestehende liberale Majorität irgendwie zu gefährden, wenn sie an sich auch bedauerlich ist und die Gegner zu dem Versuche ermuthigt, ob sich nicht bei den nächsten Wahlen für die erste wie auch für die zweite Kammer der Niederlande weitere Sitze erobern lassen mögen. Die Franzosen machen in Belgien, wie längst bekannt, jahraus jahrein und bei jeder nur möglichen Gelegenheit die erdenllichsten Anstrengungen, um daselbst das nur allzu be rechtigte Mißtrauen gegen Frankreich zu beseitigen und gleich zeitig den deutsche» Einfluß, der an König Leopold selber eine starke Stütze hat, zu brecben oder doch wenigstens zu schwächen. An dieser Minirarbeit hat einen großen Antheil der französische Gesandte Bourree, der, um seinen Zweck zu erreichen, wiederholt öffentlich versichert hat, daß Frank reich nur innige Freundschaft mit Belgien wolle und alle AnnexionSgedankcn entrüstet zurückweise. Das bat aber bekanntlich nicht gehindert, daß Frankreich dem Handel Belgiens die schwersten Verluste bereitet, die belgischen Arbeiter aus Frankreich verjagt und den Congostaat jederzeit zu schädigen sucht. Herr Bourree hat daher mit seinen Anstrengungen nur mäßige Erfolge erzielt. Die vlämischen Kreise lehnen voll Mißtrauen jeden Anschluß an Frankreich entschieden ab; auch viele wallonischen Kreise wollen von einem Zusammengehen mit Frankreich nichts wissen. Nur bei den belgischen Franzosenschwärmern, bei den republikanisch gesinnten Radicalcn und Socialistcn bat Bvurree Erfolge zu verzeichnen. In Brüssel ansässige Franzosen und belgische Franzosenschwärmer haben sich daher am französischen National- feste zusammengethan und Herrn Bourröc eine Bronze verehrt, wobei sie ihm „Namens der belgischen Freunde und Wallonen" ihre Anerkennung auSsprachen. Bourröe erwiderte, daß er im Sinne seiner Regierung die engsten Freundschaftsbande zwischen Belgien und Frankreich schaffe» wolle, und Abends bei dem Banket versicherte er, daß die Franzosen in Brüssel nicht belgisches Gebiet, sondern nur die belgischen Herzen erobern wollten und nach dieser Richtung hin nicht ohne Erfolg gearbeitet hätten. Trotz dieser von dem Gesandten gerühmten Erfolge ist von einer Verstärkung deS fran zösischen Einflusses oder gar von einer Erschütterung des deutschen Einflusses in Belgien nichts Ernst haftes zu verspüren. DaS Erstaunlichste aber ist, daß der Gnandte eines ausländischen Staates in dieser Weise öffentlich auftritt und Propaganda zu macken sucht. Dazu kommt, daß die wabrc» französischen Absichten immer deutlicher zu Tage treten. Es ist vor Kurze», berichtet worden, daß der deutsche Gencralstab in der Nähe der belgischen Grenze ein großes Barackenlager errichten läßt — eine Nachricht, die in der sranzösischcn Presse die üblichen EntrüslungSergüssc kcrvorgerufen hat, zumal da die neuen MaaSfortS von dem ge planten deutschen Lager nicht allzu weit entfernt sind. Nun stellt sich aber heraus, daß die Franzosen bei Manbcuge dickt a» der belgischen Grenze ein mäcdtigeö verschanztes Laster an gelegt haben, um trotz der vielgepriesenen französischen Freundschaft für Belgien im Kriegsfälle bequem in Belgien cinfalle» zu könne». Der deutsche Generalstab ist somit, wie auch die belgische Presse feststellt, lediglich dem Vorgehen des französischen Gencralstabs stefolgt, und die Franzosen thäten besser, wenn sic den Thatfachen Rechnung trügen und nicht immer wieder »nd wieder in daS Wulhgeschrei auSbrcchcn wollten: „Der Deutsche, das ist der Feind!" Die Belgier mit Ausnahme der nicht allzu zahlreichen FranzöSlinge wissen selber, wer in Wahrheit ihr Feind ist, und eS wird Herrn Bourre trotz aller, mit den internationalen Rücksichten kaum zu vereinbarenden Umstrickungsversuche schwerlich gelingen, die Belgier Frankreich geneigter zu machen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Ter Zollkrieg zwischen der Schweiz und Frankreich dauert nun schon ein halbes Jahr, ohne daß bis jetzt einer der beiten Staaten sich geneigt gezeigt hätte, dem ander» auf halbem Wege entgegenzukommen. Wer unter diesem Zollkrieg eigentlich leidet, ist so klar, daß es des ganze» Aufgebots von Hochmuth und Selbstgefälligkeit seitens der Franzosen bedarf, um sich heute noch einer Selbsttäuschung hinzugebcn, die nun einmal dem sranzösischcn Volke oder doch den herrschenden Kreisen desselben angeboren zu sei» scheint. Die Erfahrungen, welche dir Schweiz hinsichtlich der Wirkungen dieses Zollkrieges seither gemacht bat, sind für sie selber durchaus günstig, was die Rückwirkung sowohl auf ihre StaatSsinanze». als auf Handel und Industrie der Schweiz betrifft. Die Einnahmen der schweizerischen Zollämter weisen eine beträchtliche Steigerung auf, die An zahl der »ach der Schweiz entsandten fremden Handels reisenden, sowie derjenigen, welche von der Schweiz in daS Ausland geschickt werden, nimmt stetig zu, und besonders bezeichnend für die Lage ist es auch, daß die Ankündigungen fremder Producte in den Zeitungen des Landes immer zahlreicher werde». Die Industrie und der Handel der Schweiz haben neue Absatzgebiete in Deutsckland, Italien und Oesterreich-Ungarn gefunden, welche Länder wieder ihrerseits eine starke Vermehrung ihrer Ausfuhr nach der Schweiz zu verzeichnen baden. So hat sich gezeigt, daß der Abbruch der vertragsmäßigen Handelsbeziehungen mit Frank reich für die Schweiz nichts weniger als ungünstige Wirkungen zur Folge hatte, indem sie sich dadurch ge zwungen sah, für ihre Producte neue Absatzgebiete zu erwerben, die sich als sehr vortbeilbaft erwiesen. Es unter liegt auch keinem Zweifel, daß die in dem abgelanfene» Halbjahre erreichten günstigen Resultate in Zukunst nur noch besser werden können. Unter diesen Umständen dürste die Schweiz bei etwaigen künftigen VertragSvcrbandlungcn mit Frankreich kaum geneigt sein, auch nur diejenigen Be dingungen anzunehmcn, die sie vor Abbruch der letzten Ver handlungen selbst vorgeschlagen hatte. Die Schweiz ist bei dem gegenwärtigen vertragslosen Zustande Frankreich gegen über unbedingt der gewinnende Theil und wird daher ihren Markt der mächtigen Nachbarrepublik nur unter günstigen Bedingungen wieder eröffnen, wenn sie es überhaupt für nötbig hält, wieder Handelsbeziehungen zu Frankreich anzuknüpfen. „Wenn kein Schiedsgericht dazwischen kommt", so schreibt das belgische Blatt „Le Peuple" unterm gestrigen Tage, „so wird in (»»ginn» am 24. Juli der größte Streik ausbrechen, den dieses Jahrhundert gesehen hat". Wie unS weiter auS Birmingham telegraphisch gemeldet wird, hat thatsächlich in Folge der angckündigte» 25procentigen Lohnherabsctzung der englische Bergarbcitercongreß beschlossen, daß sämmlliche Bergarbeiter, selbst in den Gruben der jenigen Besitzer, welche nicht die Lohnherabsetzung eintreten lassen wollen, kündigen, aber ihr gegenwärtiges VcrtragS- verhältniß cinhalte» sollen. Trotz der schlechten wirthschaft- lichcn Lage deS englischen Kohlenbergbaues wollen also die aufgehetzlcn und betbörten englischen Kohlenarbeiter sich die erwähnte Lobnhcrabsetzung nicht gefallen lassen, sondern lieber die großen Gefahren und schweren Nachtheilc einer gewaltigen Arbeitseinstellung auf sich nehmen, die unter den jetzigen Verhältnissen schwcrjich mit einem Siege der Arbeiter wird endigen könne». Man nimmt an, daß gegen dreihundcrttausend Arbeiter sich an derselben be- thciligcn wollen. Die englischen Industriellen geben sich unter diese» Umständen die erdenklichste Mühe, sich noch rasch vor Thorschlnß mit ausreichenden Kohlenvorräthen für mindestens sechs Wochen vorzuscheii. Entsprechend der Dring- liebkcil der Nachfrage, ist bereits der Kohlenpreis auf den Gruben um einen Sbilling in die Höhe gegangen. Auch die deutschen Industriellen sollten mit dieser Lage der Dinge in England rechnen und auch ihrerseits darauf Bedacht nehmen, sich mit ausreichenden Kohlenvorräthen für alle Fälle zu ver sehe». Tic Erfahrungen, welche in dieser Hinsicht unsere Industriellen bei dem großen AuSstand im Mai 1889 gemacht haben, werden noch in Aller Erinnerung und die besten Mahner zu weiser Vorsicht sein. Bei dem ausgesprochenen Freiheitssinn der Amerikaner ist eS, nachdem die Mexikaner ihres unglücklichen Kaisers Max und die Brasilianer ihres Kaisers Don Pedro sich gewaltsam entledigt, zweifellos nur eine Frage der Zeit, daß auch die Be wohner der Insel tsuba, die ja schon seit lange der spanischen Herrschaft überdrüssig sind, ihre republikanische Gesinnung in der einen oder andern Weise zur Tbat zu machen suchen. Ta sind denn besonders beachlenSwcrth die jüngst veröffent lichten Berichte de« britischen Viceconsulö in Euba, in denen der gegenwärtigen politischen Lage in Euba Erwähnung gethan wird. Die Eingeborenen sind danach mit den Privilegien und Monopolen, welche die spanischen Europäer dort genießen, höchst unzufrieden. Alle wichtigen Aemter befinden sich in den Händen der letzteren. Zwischen diesen beiden Tbeilcn der Bevölkerung herrscht keine Sym pathie. Unter den Enbancrn wünscht angeblich ein großer Thcil, daß die Vereinigten Staaten ihr Land annec- tiren möchten. Andere dagegen wollen ein selbststän diges Reich. In dem EicnfucgoSdistrict hat neulich die conscrvative, d. h. eine meistens auS geborenen Spaniern zusammengesetzte Partei, daS Ucbergewicht bei den Wahlen über die Eingeborenen, die nach Autonomie streben, er langt. Jedoch gewinne» letztere im Lande jetzt immer mehr an Achtung und Ansehen. Die ärmeren Elasten — sagen die FeuiUetsn. lieber Klippen. 21j „ Roman von Caroline Deutsch. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Am dritten Tage gegen Mittag kam Stefan plötzlich in das Krankenzimmer, das er seit TereSka'S erstem Erwachen nicht wieder betreten hatte, und als ahnten Lory und Marka, die sich darin befanden, daß Stefan sein Erlösungswerk zu Ende führen wollte, verließen sic schweigend da« Zimmer. Wie in jener Stunde, nahm er an ihrem Lager Platz. DaS junge Mädchen rührte sich nicht; sie wandte nicht das Gesicht und verharrte so regungslos, als ob sie schliefe. Und doch schlief sie nicht, denn Stefan, der sich über sie neigte, sab, daß sich schwere Thränen hinter den Wimpern hervor- dränaten. „TereSka", sagte er mit unendlich milder Stimme, „willst Du nicht mit mir sprechen — mir sagen, wie eS Dir geht?" „Gut", kam eS, aber erst nach einiger Zeit und so leise wie ein Hauck,, über ihre Lippen, wäbrend ihre Wangen noch tiefer erbleichte». Dann aber ergriff sie eine mächtige Er schütterung, cS war, als wenn seine Stimme und seine Worte Alles »iederrissen, was ihre kranke Seele verwirrte und be lastete. Alles, was sie erlebt, drang jetzt mit vernichtender Gewalt auf sie ein. „Ja ich weiß ich war im Wasser!" — murmelte sie tonlos. „Es umrauschte mich plötzlich >o eiskalt, es war, wie wenn mich hundert Eisdtöcke erdrückten, dann fühlte ich ein erstickendes Gefühl im Halse und im Herzen und dann — nicht« mehr . . . ." Ein Schauder ging über ihren Körper. Er legte tieferschüttert seine Hand auf ihren Scheitel. „Und Du hast eS — aus Liebe zu mir gethan, TereSka?!.. Wie von einem Schlag getroffen, zuckle sie zusammen, während eine glühende Rötbe ihr vorher so bleiches Gesicht bedeckte. „Wer — wer — weiß davon?!".... flüsterte sie kaum verständlich »Ich weiß es, TereSka! Aber aber TereSka — möchtest Du nicht lieber für mich und mit mir leben als — sterben?" Unaussprechlich weich und mild klang seine Stimme. Jetzt sah sie zu ihm auf, scheu, erschreckt und als verstände sie ihn nicht. „Warum noch dieser Spott?" kam es dann tonloS über ihre Lippen. „Ich ... ich weiß Alles!... Ich habe es ge sehen! .... Und Lory ist lieb und gut und verdient alles Gluck auf Erden, ich aber bin schlecht und — verdiene zu sterben..." Sie konnte nicht weiter sprechen, wie eine Fluth entstürzte» die Thränen ihren Augen, und, tief ausschluchzend, verbarg sic ihr Gesicht in den Kifsen. Er wandte cs sich wieder sanft zu und bettete cs in seinen Arm, dann, ihre beiden Hände mit der einen freien Hand ergreifend und sie sesthaltend, sagte er: „Höre mich a», TereSka! Du bist kein Kind mehr. WaS hinter Dir liegt, bat Dich gereift, Du bist ein Weib und wirst mich verstehen. Ick habe um Deine Schwester geworben; denn ich war ibr gut, sie aber hat mich zurückgewiesen, weil.... weil sie mich nickt liebt." — Er machte hier eine Pause, dann tief aufathmend fuhr er fort: „Ich bin also auch krank, TereSka, nicht Du allein!.... Nun wollen wir aber versuchen, uns gegenseitig zu heile» ... uns gesund zu machen .... Du wirst viel Geduld und Nachsicht mit mir haben müssen, viel, viel Nachsicht, TereSka! — Deine Hand soll so lange an meinem Herren glätten, bis eS sich Dir voll und ganz öffnet. — Willst Tu eS mit mir versuchen, TereSka? Willst Du mein Weib werden? Willst Du mir helfen, ein Haus gründen, wo einst — wo vielleicht bald ei» volle-, ganzes Glück erblühen wird? Willst Du, TereSka? —" Es kam keine Antwort, aber er fühlte das Zittern ihrer Hände, ihrer Gestalt in seinem Arm, und als er sich zu ihr neigte, um sie zu küssen, sah er ihr Antlitz tief erglüht, sah er ein stilles, seliges Leuchten in ihren Zügen, sah er Thränen in ihren Augen glänzen, aber ganz, ganz andere als zuvor, Thränen eines unbeschreiblichen Glückes. XXIII. Der Winter war ins Land gezogen. Fußhoher Schnee bedeckte die Felder und Wiesen und füllte die Rinnen »nd Erdspalten aus, daß Alles wie eine reine, unberührte Fläche erschien, durch die sich nur die Fahrstraße und vereinzelte niedergetretcnc Pfade zogen. In ungeheuren Massen lag er aus den Bergen, und wenn die Sonne emporstieg und ihren niedrigen Bogen auf der Himmelsbahn beschrieb, war eS, als ginge sie dicht über ihren Häuptern hinweg, ein Meer von Licht und Funken auf das ernste, leuchtende Weiß gießend. Und diese endlose Fülle von Licht und Farbe mäßigte in Et was den schaurig strengen Charakter, den die Landschaft im Winter trug. W. unterschied sich auch im Winter von den Schwester städten, die noch tiefer und versteckter in der Karpathenwclt lagen. Stand eS während der Sommermonate durch seinen Badeort mit Fremden im Verkehr, wodurch sich die gesell schaftlichen Vergnügungen hoben, so entfaltete sich im Winter, >vo man auf sich selber angewiesen war, durch die Gewohnheit unterstützt, ebenfalls ein reger Geist, der sich in ElubS und allen möglichen und unmöglichen geselligen Vereinigungen und Versammlungen äußerte. Zwar, wie es in diesem Winter werden sollte, wußte man noch nickt. Die Feindseligkeiten im Orte halten nickt abgcnommcn, und Zwietracht ist die Todseindin jeder geselligen Freude. War aber eine Einbuße der allgemeinen Unterhaltungen zu befürchte», so gab cs dafür Ereignisse anderer Art, die die Gcmütbcr in Spannung und Aufregung erhielten und reichlichen Stofs zum Reden und Combiniren gaben. Zuerst die Verlobungsgcschichte des Pastors KiS. DaS Abenteuerliche und Ungewöhnliche, daS damit ver bunden war, wurde durch keine öffentliche Notiz bekannt; denn es gab keine Zeitung im Orte, aber die schwatzhafte» Zungen der Dienstboten auS der Pfarre und dem Mcicrhcs sorgten für Verbreitung, und WaS an den Berichten noch fehlte, ersetzte reichlich die müßige Neugier und die Phantasie der Leute. Tie TereSka war dem Pastor nachzelaufen und weil er sich nichts auS ihr machte, hatte sie sich in den Bach gestürzt, und jetzt beiratbete er sie auS purem Mitleid. Und von Allen ward der junge Mann bedauert, der mit einem mittel losen Mädchen, das obendrein noch ein Kind war, eine ganze verarmte Familie sich aus den Hals lud. DaS andere Ereigniß, daS die Leute in noch größere Aufregung versetzte, da es ihren eigenen Interessen galt, war eine Tagsatzung in N. gewesen, zu der in Sachen deS be treffende» Processcs Kläger wie Angeklagter berufen worden waren. Man war an ein solch rasche- Verfahren bei kleineren Processen nickt gewöhnt, und man schrieb die Beschleunigung dieser Sache der Macht und Bedeutung Pcrfall'S zu, der gewiß alle Hebel in Bewegung gesetzt Halle »nd eine wichtige Stimme bei den oberen Behörden haben mußte. Zu dem Termin waren aber nur die klägerischcn Parteien erschienen, SchmertizS hatte vorgezogen, zu Hause zu bleiben. Statt seiner schickte er ein Attest, das ihm ein Arzt in dem benachbarte» Städtchen auSstcllte — mit Nikoliny stand er doch aus Kriegsfüße —, daß ihm seine zerrüttete Gesundheit nicht erlaube, eine so weite Reise im Winter zu machen. Es war von unberechenbarem Vortheil für ihn, und er wußte, WaS er thal. Er hatte sich einen der gespicktesten und berühmteste» Advocatcn in N. genommen, der schon manche verwickelte Geschichte in Ordnung gebracht, manches Unwahr scheinliche wahrscheinlich gemacht hatte. Wenn SchmertizS nicht dabei war, hatte jener freie Hand; er konnte alle mög lichen Einwändc erbeben, er konnte eie Echtheit der Briefe bezweifeln und daS Ganze als einen Racheact des verstorbenen Buran darstellcn, der obendrein noch Geld von Herrn von SchmertizS erpressen wollte. Wer konnte ihn darin bindern? Ein Eid wurde ihm, dem Vcrtheidiger, nicht auferlegt. In der Noth mußteil alle Mittel herhalten, und wenn der Proceß nur dadurch verschoben wurde, war auch schon viel gewonnen. Seit dieser Zeit waren jedoch wieder Wochen vergangen, aus S. war kein weiterer Bescheid gekommen. Würde fetzt die Entscheidung oder ein neuer Termin folgen? Keiner wußte es. Aber diese Interimszeit war nicht geeignet, die Stimmung lni Orte zu bessern und ein leidlicheres Verhältniß unter den Einwohnern hervorzurusen. In dem elegant eingerichteten Wohnzimmer deS SchmertizS- schcn Herrenhauses brannte in dem niedrigen Kamin ein mächtiges Feuer, und die Helle Gluth warf einen rosigen Schein auf die Weiße Mariiiorlinifassuiig. Ein weicher, persischer Teppich, worin der Fuß versank, war über das Zimmer ge breitet, und schwere AtlaSgardinen hingen an de» Fenstern, die aber zurückgezogen waren, um der blendenden Mittagssonne Einlaß zu gewähren. Wilma saß auf ihrem LieblingSplatz, im Schaukelstuhl, in der Nähe deS KaminS »nd ließ sich, süßem NichtSthun hin gegeben, von der rolhen Gluth bischeinen; Herr von SchmertizS ging mit der Regelmäßigkeit eines Pendels aufgeregt im Zimmer auf und ab. „Weißt Du, Papa, Tn könntest endlich einmal aufhören!" sagte die junge Frau, mit einem ungeduldigen Ausdruck zu ihm ausblickcnd. „Tu bist wie ein Schatten, bald oben, bald unten im Zimmer, das macht nervös." „Ich bi» auch ausgeregt, Kind, und dieser Zustand ist nickt zu ertragen!" verletzte der Vater und hielt, wie immer ihre Wünsche berücksichtigend, in seiner Bewegung inne. „Kommt man nach der Stadt, so hört man nur hämische
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