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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930722015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893072201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893072201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-22
- Monat1893-07
- Jahr1893
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Brößere Schriften laut unserem Preis- verzeichuib- Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderun» Kl-.—, mit Poftbesürderung 7K.—. Tinnatfmeschluß siir Äuzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Marge»-Au-gabe: Rachmillag» «Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige»» sind stet» an di, Ertzevttta» zu richten. Druck und Verlag von L. Pol» i» Leipzig. ^37«. Sonnabend den 22. Juli 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 23. Juli, Vormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpeüttlon des I-elp/lxer 'l'axeblnltes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Wir haben beschlossen, der Alten und Kurzen Straße in Leipzig-Plagwitz künftig den gemeinsamen Namen „Alte Strafte" beizulegen und deshalb die daran gelegenen Grundstücke wie folgt neu- bez. umzunumerireu. von der Carl Hcincstrahc aus: Linke Seite. Rechte Seite. Alte Straßen- Nr. Brand» Cat.-Nr. diene Straßen- Sir. Alte Straße. 66 67 1 3 (Bauplatz) folgt Ernst Mehstraße 4 5 6 7 8 S 10 11 12 69 70 71 72 73 74 75 76 76 5 7 9 11 13 1b 17 19 21 folgt Weißenselser Straße bisher Poststraße bezw. Kurze Straße 77/78 79 80 87 23 25 27 29 31 folgt Elisabethallee, bisher Canalstraße Leipzig, den 21. Juli 1893. Der le. 3456. Alte Straßen- Nr. Brand- Cat.-Nr. Neue Straßen- Nr. Alte Straße. 21 102 3 20 101 4 19 100 6 18 99 8 17 98 10 16 9697 12 folgt Schlivpe nach der Elisabeth allee, bisher Canalstraße 1b 14a 14 13 95 940 94 94b 14 16 18 20 folgt Weißenselser Straße, bisher Schulslraße, bezw. Kurze Straße 12 11 10 9 8 7 92 90 89 88 84 22 24 26 28 30 32 folgt Elisabethallee, bisher Canalstraße. Rath drr Stadt Leipzig. vr. Tröndtin. Cichorius. Bekanntmachung. Wir haben beschlossen, der Carl-Straße in Leipzig-Plagwitz und Leipzig-Lchlcutzig und der Ltrin-Straße in Letpzig-Plagwitz künftig den gemeinsamen Namen „Jahn-Straße" beizulegen und deshalb die daran gelegenen Grundstücke, wie folgt, neu zu numerirea. Vau der Nadel aus: Linke Seite. Rechte Seite. folgt Könneritzstraßc — > — > 7. 9, 11 s (Bauareal) folgt unbenannte Straße — >13,15,1? (Bauareal) folgt Seumestraße 19, 2l, 23 (Bauareal) lraße 25 27 29 folgt Nonnen 97 96 950 folgt Elisabeth-Allee 31 11 folgt Z 33 (Bauplatz) 35, 37, 39 chochersche Straße, 21 23 25 87 31 32 33 35 45 bisher Sleinstraßc 58 41 58 43 — 45—59 (Bauareal) 59 6l 59b 63 60 65 60d 67 61 69 616 7l — 73 62 75 63 77 — 79 (Bauareal) folgt Gießerstraße Alte Straßen- Nr. Brand- Cat.-Nr. Neue Straßen- Nr. Alte Sttaßen- Nr. Brand- Cat.-Nr. Neue Straßen- Nr. bisher Larlstraßc 57 165 1 (Bauareal) 3 5 (Bauareal) bisher Karlffraße - ! — ! 2,4,6 > ! (Bauareal) folgt Könneritzstraße (Bauareal) folgt unbenannte Straße — — >12,14,16 > (Bauareal) folgt Seumestraße l8. 20, 22 (Bauareal) trabe 24 26 28 30 6 8 10 folgt Nonnen 4 41S 4111 41.1 4iic folgt Elisabeth-Allee 12 14 18 174 1746 32 34 36 (Bauareal) 38 (Bauareal) 40 (Bauareal) 42 1746 folgt Zschochersche Straße, bisher Stcinslraße 2 4 6 8 10 12 14 16 18,20 22 24 66 56d 56 55v 55b 55 55o 55« 66 65 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 (Bauplatz) 68 70 folgt Gießerstraße. Leipzig, den 20. Juli 1893. Ter Rath der Stadt Leipzig. ö«. 8456. Vr. Tröndtin. Cichorius. Bekanntmachung. Am heutigen Tage ist ^ . Frau Emma Cngclhardt. Leipzlg-PlagwiS, Schulstraße Nr. 9 b wohnhaft, als Hebamme für den Stadtbezirk Leipzig mit der Maßgabe verpflichtet worden, daß sie ohne unsere ausdrückliche Erlaubaiß aus dem Stadtbezirk, in welchem sie jetzt ihre Wohnung hat, in einen andere» Stadttheil nicht verziehen darf. Leipzig, den 18. Juli 1893. T,r Rath der Stadt Leipzig. VIII 4343. Vr. Tröndtin. Dietrich. Bekanntmachung. Die Erbauung eines Schuppens für eine Tampswalze, von zwei Schuppen für Geralde und Feiicrungsmateriatie». sotvir die Ausstcltniig einer Planke aus der Tolzstratzc sollen an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiesbau-Berwaltung, Rathhaus, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 50 -H, die auch in Briefmarken eingcsendet werden können, ent nommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: ».Taiupswalzcuschiippru im 1. Bezirke" versehen in dem oben bezeichnet«! Geschäftszimmer bis zum 31. Juli l. I., 5 Udr Nachmittags einzureichcn. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmlliche Angebote ab« zulehnen. Leipzig, den 19. Juli 1893. Des RathS der Stadt Leipzig le. 3845. Stratzenbaudeputation. Bekanntmachung. Nachdem die Maler- und Aiistreichcrarbciten und das Firnisse» der Fußboden- und Treppenflächen in der II. höheren Bürgerschule, der II., III., VII., X. und XI. Bürgerschule, der VIII. Bürger- und 9. Bezirksschnle, der IX. Bürger- und 10. Be- zirksschule, der 4.. 7., 11., 12., 14.. 15., 16., 17., 18.. 19., 20. und 21. Bezirksschule vergeben worden sind, werden die nicht berück sichtigten Bewerber ihrer Angebote hierdurch entlassen. Leipzig, am 17. Juli 1893. Der Schulausschusz. I B-: vr. Schmid. vr.Donndorf. Der Steinbauer Gustav Kunze-, zuletzt in Riesa wohnhaft, angeblich nach Leipzig verzogen, ist durch rechtskräftiges Urtheil der Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu Halle a./S. voin 19. September 1889 wegen Widerslandes gegen die Staatsgewalt und Beleidigung zu 20 Geldstrafe, im UiivermögcnSfalle zu 4 Tagen Gesängniß verurthcilt worden. Da der Ausenthalsort des Kunze unbekannt ist, wird um Ein ziehung der Geldstrafe, sowie der Kosten im Betrage von 74 ,/i 30 H, im Nichtbeitreibuiigsfalle um Vollstreckung der substituirtea Freiheits strafe und Nachricht zu den Acten V. 50/89 ersucht. Delitzsch, den 14. Juli 1893. KöuigtichkS Amtsgericht. Nltramontane Verdächtigungen. K Die Centrumspresse sucht die Augen von den täglich schlimmer sich gestaltenden Zuständen im eigenen Lager ab zulenken, indem sie die Lage des NalionallibcraliSniuö als eine trostlose schildert. (Ls erinnert daS an die Gambetta'schcn Bulletins, in denen die „Prussicnö" nach jedem Siege, den sie erfochten, „aufgerieben" waren. Wie gewöhnlich, begegnet sich in den Bemühungen, die Nationalliberalen todt zu sagen, der UltramontanismuS mit dem Richter'schen Deutsckfreisiiin. In den Organen beider Parteien wird die gemäßigt liberale Richtung als verloren erklärt, weil Anhänger derselben die Förderung der landwirthschaftlichen Interessen als eine be sonders wichtige Staatöaufgabe bezeichnet haben. Als ob dies etwas Neues wäre! Ein Tbeil der Nationalliberalen hat für die landwirthschaftlichen Zölle in ihren höchsten Sätzen gestimmt, und mehrere Nationalliberale haben sich im Interesse der Landwirthschaft gegen die Handelsverträge von 1892 erklärt. Die „Frcis. Ztg." und die „Köln. BolkSzeitung" scheinen nicht zu wissen, daß das nationalliberale Programm hinsichtlich der wirtbschaftSpolitischcn Fragen volle Frei heit läßt und daß von dieser Freiheit jeder Zeit Gebrauch gemacht worden ist. Eö hängt mit dem nationalen und nicht minder mit dem liberalen Wesen der Partei zusammen, wenn sie an dem Grundsätze fest- bält, daß wirthschaftöpolitische Ueberzeugungen nicht den Aus gangspunkt für rein politische Bereinigungen und Trennungen abgehen dürfen. Diese Ausfassung ist in anderen Ländern fast allgemein und, wenn die „Köln. BolkSzeitung" meint, durch die „agrarische Bewegung" sei ein „fremdes, tbatsächlich konservatives" Element in die Partei gekommen, so täuscht sie ihre Leser in Bezug auf die nationallibcrale Partei und verräth ihre Unkennlniß ausländischer Partciverhältnissc. Eine auf Kräftigung der Landwirthschaft abziclende Be wegung ist an sich keineswegs „antiliberal". Die .^Kölnische BolkSzeitung" behauptet dies auch nur, um die alte, zu Wahlzwecken ersonnene Unwahrheit zu conserviren, der Liberalismus sei gleichbedeutend mit der Berncinung dcS Schutzanspruchs der productiven ErwcrbSzwcigc. Wenn daS ullramontane Blatt die ans Erhaltung dcS Bauernstandes, und zwar in seiner geschichtlich überkommenen Gestaltung, gerichteten Bestrebungen wirklich für „antilibcral" hält, so hätte cs seine Entdeckung von dem „fremden Element" in der nationalliberalen Partei schon machen können. als der Führer derselben durch die Schaffung von Höserrollen geradezu „Agrarrecht" begründete. Bon jeder bat die nationalliberale Partei eS als ihre Ausgabe und Pflicht betrachtet, dem liberalen Namen dadurch gerecht zu werden, daß sie möglichst unbesangcn und gerecht alle» Wünschen und Forderungen gegenüber trat, die sowcbl von anderen politischen Parteien, als auch von wirthschaftlicben und kirchlichen Gruppe» erhoben wurden. Sie wollte nicht einzelnen Ständen, Bereinigungen und Richtungen Frei- bciien und Borthcile zuwenden, die sich für andere Stände, Vereinigungen und Richtungen als Lasten und Nach- tbeilc Kälten erweisen müssen. Ilm erträgliche Zustände für Alle zu schaffen, prüfte sie sorgsam, was jedem Einzelnen zugcbilligt werden könnte, nnd trat allen übertriebenen Forderungen, von welcher Seite sie auch kckniincn mochten, ebenso entschieden entgegen, wie sie alle Bestrebungen begünstigte, die ihr nach Lage der Dinge berechtigt zu sein schienen. Daß sie gerade dadurch überall anstieß, wo nian besondere Borthcile für sich beanspruchte und beanspruchen zu uiüssen glaubte, ist ebenso natürlich, wie die Freiheit, die sic ihren Mitgliedern in allen Fragen einräumt, in denen eS zweifelhaft sein kann, ob die gerade in Vorschlag gebrachte Lösung den rechten Mittel weg trifft und Licht und Schallen richtig vcrtkeilt. Auch konnte gerade sie bei ihrem Streben nach gerechter Bcurlhci- lung der verschiedenen Bestrebungen nicht immer auf den gleichen positiven Slandpunct sich stellen. Durch jedes Gesetz werden neue Zustände geschaffen, die ans der einen Seite leichter, auf der anderen schwerer getragen werden. Um auS- gleichend zu wirken, mußte daher gerade die nationalliberale Partei nicht selten ihre Unterstützung solchen Bestrebungen ertheilen, die sie vorher unter anderen Verhältnissen hatte bekämpfen oder wenigstens zurückwcisen müssen. Und betont sie jetzt die Nothwendigkcil einer Kräftigung der Landwirthschaft und dcS gewerblichen Mittelstandes mehr als früher, so ist dies lediglich die Folge einer Gesetz gebung, unter der Landwirthschatt und gewerblicher Mittel stand weniger gedeihen konnten als andere Erwerbszweige, und die Folge ihres Strebens nach ausgleichender Gerechtigkeit. Die „Köln. BolkSzeitung" ist sich übrigens bewußt, daß ihre Betrachtungen über Len in die nationalliberale Partei gekommenen „Zwiespalt" der thatsächlichcn Unterlage entbehren, sie greift deshalb, um nur zu irgend einem Resultat zu ge langen, zu der Fiction, „beide liberale Richtungen als ein Ganzes" anzusehcn und demgemäß auSzurechnen, daß im vorigen Reichstag 108 Liberale gesessen hätten, während der neue deren nur 87 zähle. Diese Aufstellung läßt sich heute nicht einmal durch die Aeußerlichkeit einer gemeinsamen Parleibezeich- nung rechtfertigen, denn die „Anderen" — es sind in Wahrheit nunmehr zwei Parteien — führen nicht einmal den Namen liberal. Die freisinnige Bolkspartei aber könnte, wenn man die politischen Anschauungen und die politischen Thaten ins Auge faßt — und diese sind doch allein bestimmend für die Be- urlheilung einer Partei — viel richtiger mit dem Eentruni zusammen als ein „Ganzes" betrachtet werden, denn diese Parteien verknüpfen demokratische Tendenzen, und in allen wichtige» Angelegenheiten sind sie gemeinsame Wege zu ge meinsamen Zielen gewandelt. Es ist geradezu komisch, wenn laS Eentrum die Einbußen seines gesinnuugöverwandten Bundesgenossen ans daS Verlnstconto seines am heftigsten be kämpften grundsätzlichen Gegucrö setzen will. Deutsches Reich. Berlin, 2l. Juli. Ucbcr den Abg. Barth von der „Freisinnigen Bereinigung" ergeht jetzt ein furchtbares Ge richt seiner volksparteilichen Hirschberger Wähler, weil er für die Militairvorlage gestimmt hat, ohne sein angebliches Ver sprechen gehalten zu haben, vorher auf gesetzlicher Festlegung der zweijährigen Dienstzeit und Erledigung der DectuiigSsragc zu bestehen. Erst wollte man ihn aufforvern, sein Äkandal niederzulegen, dann begnügte man sich,ihm liefe« Mißtrauen auö- zusprechen. HerrBarth wird hoffentlich diesesMißtrauensvotum mit der gebührenden Werthschätzung dem Papierkorb einverleibcn. Die zweijährige Dienstpflicht ist thatsächlich gesetzlich sestgclcgt, und die Dcckungsjrage ist so weit erledigt, wie eS ein ver nünftiger Mensch in diesem Augenblick verlangen konnte. Die Hirschberger Demokraten, die längst im ganzen Reich wegen ihre« Fanatismus und ihrer Verbohrtheit bekannt sind, haben sich, indem sie ein derartiges Versprechen verlangten, einer groben Verletzung der Verfassung schuldig gemacht; denn eö heißt in derselben: „Die Mitglieder dcS Reichstage« sind Ver treter des gesammten Volkes und an Aufträge und In structionen nicht gebunden." Derartige Verpflichtungen werden also ausdrücklich für unverbindlich erklärt. Wo soll eö auch hinkommcn, wenn die Wähler, wie in diesem Fall, geradezu einen Terrorismus aus ihre Vertreter anSübcn wollen? Ein besonnener und gewissenhafter Mann kann überhaupt derartige Versprechungen nicht abgcben. In vielen Fällen ist eS ja gar nicht vvrauSzusehen, waö für uner wartete Wendungen und neue Gesichtspunkte für eine An gelegenheit im weiteren Verlaufe sich ergeben können. A Berlin, 21. Juli. Es ist von einigen Seiten die Be hauptung ausgestellt worden, daß die Behandlung der in Unfall-, sowie in Invaliditäts- und AlterS- versicherungSsachenvorko mm enden Streitigkeiten nicht immer diejenige Beschleunigung erfahre, die geboten ist, um die Bctheiligten möglichst bald in den Genuß der beanspruchten Unfallentschädigung bezw. In validen- und Altersrente gelangen zu lassen. Zum Be weise dafür, daß jene Behauptung für das Verfahre» in der Recurö- und NevisionSinstanz nicht zutrifft, veröffentlicht daS ReichLvcrsicberungöaml eine Uebersicht, die seine entsprechende Thätigkeil in der Zeit vom 1. Januar bis 15. Juli 1893 zum Gegenstände hat. Dem nach waren in der Unfallversicherung 1680 unerledigte Recurssachcn aus dem Vorjahre übernommen, 2880 waren in der erwähnten Zeit binzugekomme». Von diesen 4560 Recursen, von denen übrigens 3600 von den Ver sicherten und 960 von den Bcrussgenossenschasteu und AuSführungsbehördcn eingelegt waren, wurden bis zum 15. Juli dieses IahrcS 3299 erledigt, so daß noch 126l unerledigt blieben. Bon den letzteren rühren 80 aus dem Jahre 1892 und l l8l auS dem Jahre 1893 her. Ungeachtet der starken Zunahme der neu eingegangenen Sachen bat sich danach die Zahl der noch laufenden Rekurse um 1680 weniger 1261 d. h. um 4l9 gegen daS Ende 1892 vermindert. Tie Erledigung der NccurSsachcn erfolgte durch acht, dann durch neun Spruchcollegien, die wöchentlich cbensovielr Sitzungen abgehalten haben. Bei der Invaliditäts- und Alters versicherung betrug die Zahl der vom l Januar bis 15. Juli 1893 anhängig gewordenen Revisionen in Invalidenrentrnsacben 758, in Alteröreulensachen 1066, zusammen 1824. Unerledigt übernommen wurden auS dem Jahre 1892 1238 Revisionen. Mithin waren iuögesammt 3062 zu bearbeiten. Erledigt wurden davon 2420, so daß beim Ablaufe deS 15. Juli 642 Revisionen unerledigt blieben. Davon waren 4 auS dem Jahre 1892. Wenn man erwägt, daß die Zahl der Ende December 1892 unerledigt gebliebenen RevisionSsachcn 1238 betrug, während sich zur Zeit nur noch 642 im Gange befinden, so rrgiebt sich, baß eine Verminderung der Rückstände um 596 erzielt worden ist. Zur Erledigung der Revisionen waren theilS 7. theilS 8 Spruchkammern thätig. ES fanden 474 Spruchsitzungen, und zwar 20 vor der erweiterten und 154 kor der engeren Spruchkammer statt. Während der vom 15. Juli bis 15. September währenden allgemeinen Gerichtsferien muß die Spruchlhätigkeit dcS ReichS-VersichcrungSamtcS ruhen, da für diese Zeit die Mitwirkung der an der Rechtsprechung deö Amtes theilnchmenden richterlichen Beamten ausgeschlossen ist. * Berlin, 21. Juli. Die Nachrichten über daS ErAebniß der Nachwahl im Wahlkreise Neustettin sind noch immer unvollständig. Aber da bis jetzt für de» Eandidatcn der Eonservativen, Herrn Stöcker, nur rund 900, für den Ahlwardt'schen Eandidatcn, Herrn I)r. Förster, rund 4000 Stimmen gemeldet sind, so scheint der Ausgang so gut wie sicher. Wie die Wahlagitation für Herrn Förster betrieben worden, davon theilt das Stöckcr'sche Organ einige Proben mit. In einem Flugblattc hieß cS: „Die Bauern. Handwerker, Kleiiigewerbetreibciiden und Arbeiter sind immer mehr verarmt, trotz der fleißigsten Arbeit, und der Reichtdum Derjenigen, die nicht arbeiten, hat sich ins Unendliche vermehrt. Nicht mehr wie früher führt die Arbeit zur Wohlhaben. Heit, sondern dazu führt allein die Ausbeutung der Arbeits kraft Anderer. Alle Staatslastcn sind auf die Schultern der arbeitenden Stände gehäuft und die reichen Leute wissen sich davor zu drücken. Trinkt der arme Mann zum Beispiel eine» Schnaps für 5 so bezahlt er 4V, für Steuer (!I), denn der Schnaps ist nur ',2 Werth. Trinkt der reiche Mann ein Glas Wein für eine Mark, so liegt darauf nur eine Steuer von 10 Ihr habt also 45iual io viel Steuern als die reichen Leute. Jetzt, wo die Wehrkraft im Interesse des Vater- lande- nothweiidig erhöht werden muß, will man wiederum die Lasten ans Euch wcrsen und die reichen Leute wie immer schone». Daß solche Zustände eingctretcn sind, ist Eure eigene Schuld, Ihr habt vornehme Herren gewählt, die Euch alles Möglich« ver sprochen, Euch die Hände geörückt, im Reichstage aber allein die Interessen ihres Standes vertrete» haben. Bei diesen Herren gilt eben der Grundsatz: „Vor Len Wahle» Handgeschüttcl, Arm in Arm mit Arbeitskittel, Nach den Wahlen kurz und grob, Wir die Herr'» und ihr der Mob." Angesichts solcher Leistungen schreibt jetzt sogar der „Neichsbote", einst Herrn Stöcker'S Organ und immer noch ein „christlich-sociales" Blatt: „Es ist in den letzten Jahren mancher Conservalive in Gefahr gewesen, zu den Antisemiten überzugehen — hoffentlich werden dieselben durch Das, was sie jetzt sehen und Horen, von ihren Sympathien geheilt. Die Socialdemolraten tragen ihre Agitation vorzugsweise in die freisinnigen und liberalen Arbciierkreisc — aber die Antisemiten agitiren unter den bisher conscrvativ und christlich gesinnten Bauern und Handwerkern, und was dabei herauskommen wird, wenn das von Leuten vom Schlage Ablwardt's und Wilberg's besorgt wird, von Lenen die einen billigen Braunlioein versprechen, die anderen die ehrwürdigen Gestalten der Bibel verlästern, bedarf keiner näheren Erörterung. Tie Socialdcinokralen hoffen aus die Ernte solcher Aussaat. ... Es ist endlich Zeit, daß ernst und edel gesinnte Männer sich unseres Volkes aiinehmeii, um einerseits die zur Abhilfe der Mißstäiidc nöitzigcn Forderungen mit Ernst zu ver treten und Las Volk aus den Händen Lerer, die cs in die Irre führen, zurückzugewinnen." Wer aber bat diese Richtung „in die Irre" gewiesen? Zuerst Herr Stöcker samml dem „Kreu;zeiti»igS"-Eonserva- tiSmus; und gerade als der Abgrund sich öffnete, zu dem dieser Weg hinsührl, rissen so treffliche Fükrer wie Herr v. Mantcuffcl, unter Beseitigung der besonnenen Elemente, die ganze conservalive Partei auf diesen Weg mit fort. ll) Berlin, 21. Juli. Die „Norbd. Alldem. Ztg." führte gestern Abend in einem anscheinend osficiösen Artikel über die bevorstehende Besprechung der Finanzminister in Frankfurt a. M. aus, diese Besprechung werde sich nicht allein auf die Beantwortung der Frage, wie die Deckung der durch die Hecresreforin verursachten Kosten zu bewerk stelligen sei, sondern auch darüber hinaus erstrecken müssen. Dann hieß eS weiter: „ES leuchtet von Jahr zu Jahr mehr ein, daß die bis jetzt in vielen Fällen übliche Art, vorhandene Bedürfnisse im Reiche anzuerkenncn, ohne von vornherein sicher zu sei», ob und wie die Deckung zu beschaffe» sei, einen unhaltbaren Zustand bedeutet. Dies Leben von der Hand in den Mund erweist sich aber in dein Falle bedenklich, wen» mangels der Möglichkeit, einen anderen Weg zu bcichreiten, kurzer Hand auf die Hilfe der Einzelsiaaten zuruckgegrisscii wird. DaS siihrt zu einer Unsicherheit in den letzteren, die mit de» Grundsätzen einer soliden Finanzwirthschast durchaus unvereinbar ist. . . . Um hier Abhilfe zu schaffen, wird cs nüthig sein, daß die Finanzminister der Einzelstaaten mit dem Reichsschatzsecrelair darüber zu einer Verständigung zu gelangen trachten, welche Mittel und Wege sich wohl als die geeignetsten empfehle» möchte», um an die Stelle der bisherigen Unsicherheit in der Finanzgebahrung des Reiches und im Zusammenhang« damit auch derjenigen der Einzelstaaten eine gewisse Stabilität treten zu lassen. Würden die Matricular-Beiträge auf eine Reihe von Jahren fixirt werden, so wüßten die Einzelstaaten schon in ganz anderem Sinne als bisher, woran sie in finanzieller Beziehung seien und wie sie sich am besten einzurichten Hütten. Andererseits aber befände sich auch der Reichsschatzsecrelair in einer günstigeren Lage, alS zur Zeit der Fall ist. Tenn er könnte deni Reichstag gegenüber auf seinem Scheine bestehen, daß dieser ihn, helfen und sich mit ihm über die Deckung neu entstehender Lasten verständigen müsse und nicht wie bisher sich damit getröslen könne, daß die Einzelstaaten ja schließlich doch einspringen. Ter Fiiian,minister Vr. Miguel hat schon vor Jahr und Tag seine Meinung dahin abgegeben, daß, ebenso wie ganz bestimmte Arten von Steuern dem Reiche, andere am besten den Einzelstaaten und wiederum andere den Commune» zuzuwcisen seien. Tie soeben im preußischen Land tage beendete große Actio», durch welche ermöglicht wird, Laß der Staat die directen und die Commuiien die Ertragssteuern ihrer Eigenart und den Anforderungen der Zeit entsprechend ausbaucn können und sich entwickeln lasten, scheint nicht geringe Bürgschaft dafür zu bieten, daß es mit der Zeit auch gelingen dürste, den besten Weg einer schiedlichen und friedlichen Auseinandersetzung »wischen Reich und Einzelstaaten in finanzieller Beziehung zu be schreiten und damit eine» Zustand herbeizuführen, bei welchem sich alle Vetheiligten wohler fühlen dürften, als dies unter den ob waltenden Verhältnissen möglich ist". Tie „Krcuz-Ztg." bemerkt hierzu in einem Leitartikel, der NeichSschatzsecretair Freiherr von Malt zahn werde an dieser Conferenz hoffentlich noch thcilncbmen, und stimmt dem angedeutclcn Plane einer ReichSsinanzresvrm zu, protestirt aber dagegen, daß der Reichstag sich bisher in der Finanz- noth damit getröstet habe, daß schließlich die Einzelstaaten einspringen werden. Das Blatt plaidirl für Aufhebung der Franckenstein'schen Klausel und hofft, daß der Finanzminister Miguel dir Eonferenz in Frankfurt zu gedeih- >r
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