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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930724028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893072402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893072402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-24
- Monat1893-07
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Auch uns wirb heute aufs Neue ei» älteres Project empfohlen, dessenPrüfnng wir denTheilnehmerii an der Frankfurter Conferenz anheimstellen. Man schreibt uns nämlich au« Berlin: „Keine Steuer würde populärer sein als die Totali satorsteuer, die, rationell angesaßt, ganz ergiebige Beträge liesern würde. In Berlin finden ca. 50 Renntage statt, an denen der Totalisator sunctionirt (Hoppegarten, Hindernißbahn Cbarlotlenburg, Trabrennbahn Westend und Weißens»), In Hvppegarten werden, wovon sich Jeder über zeugen kann, bei ledem Rennen am Totalisator ca. 45000 „L umgesetzt, und da an jedem Renntage mindesten« 0 Rennen stattsinden, so werden an jedem dieser Tage mindestens 270000 an der Wetlmaschine umgeschlagen. Aus der Hinder- nißbahn in Cbarlottenbura werden an jedem Renntage durch schnittlich 8 Rennen abgehalten; an der Weltmaschine werden auf Sieg bei jedem Rennen rund 25000 -<r eingesetzt, bei 8 Rennen also 200 000 -Xt, außerdem hal Ekarlotlenburg die Platzwetten (niedrigste Welte 5« ^k) eingefükrt, bei denen ca. lOOOOO^, vielleicht auch eine Kleinigkeit weniger, umgesetzt werden dürften. In Westend und Weißensee ist der Umsatz wohl etwas geringer, aber durchschnittlich komme» an jedem Renn tage, deren wir nur 50 annehmen wollen, 250000 in Umsatz, also 12500 000 ^/ im Jahr. Das ist natürlich nur ein Theü der Wetten, denn der Besucher, der auf den Rennplätzen nur einigermaßen bekannt ist, geht überhaupt nicht in den Tota lisator-Raum, wo er noch lv^E extra bezahlen muß, sondern wendet sich direct a» die Buchmacher. Der Umsatz bei diesen ist weitaus größer als am Totalisator. Wer öfter die Rennen besucht hat, wird oft genug gehört haben: „Herr Zs. hat „Ilse" gesetzt. 2000:4000*. Es sind also ganz andere Summen, als am Totalisator, die bei der Menge der Buch macher verwettet werden; mit 17 500 000 .F wird der Ge- sammleinsatz bei allen Buchmachern im Jabre nicht zu hoch bemessen sein. Was bei den zahlreichen Weltburraus in der Stadt umgesetzt wird, entzieht sich unserer genauen Beurlheilung, gering ist der Umsatz jedoch nicht und darf mit 8 Millionen Mark im Jahr sicherlich ein gesetzt werden. Tie etwaige Behauptung, daß diese 0 Millionen in den 12ftr Millionen am Totalisator enthalten seien, ist falsch; denn die Mehrzahl der Herren Cvmmiffions- agcntcn dürfte namentlich aus den auswärtigen Rennplätze» kaum in der Lage sein, die Aufträge auszuführen. Wir dürfe» also als Gesammtumsatz in Berlin 12 500 000 -f- 17 500 000 -s- 8 000 000 ---- 38 Millionen Mark ansetzen. Wenn die Buchmacher von den Rennplätzen verwiesen werden, so dürften die bei ihnen angelegten «Lummen ihren Weg nach de», Totalisator finden. 33l/, Procent kann man sicherlich von dem Gesammtumsatz in Abzug bringen; der in die Stall- gekeimnisse eingeweikte Spieler gewinnt dann eben statt 300 nur 200 ^ Also 12 Millionen Mark kann bei rationeller Anfassung in Berlin der Totalisator bringen, immer voraus gesetzt, daß man den Herren Buchmachern sehr scharf auf die (eiliger sieht. Außer in Berlin finden noch in ca. 20 deutschen Städten Rennen statt, die ebenfalls nicht unbedeutende Erträge ergeben würden. Rund 20 Millionen kann der Totalisator mitbin sicherlich «inbringen, auch wenn den Gesellschaften ganz stattliche Procente verbleiben. Dem sittliche» Gesühle unseres BvlkeS würde cs nur entsprechen, wenn da« Spiel, von dem ja in Berlin Hunderte von Existenzen herrlich und in Freuden leben, stark besteuert würde; man brauchte dann die ehrliche Arbeit nicht so scharf heranzuzichen." Eö will unS zwar scheinen, als ob der Herr Verfasser di« goldenen Eier, welche die Henne de« Totalisators legen könnte, init einer stark vergrößernden Brille ansähe und außerdem einen etwa« zu kühnen Griff in da« Nest lhqte; immerhin ist seine Anregung wohl der Beachtung werlh- Mit den Verhandlungen ser Rcichsrrgierung üher «inen Ha»de1«»krt»a« mit Nutzt«»» sibein« e« zur Heil nicht gerade günstig zu sieben. Deulschersrit- sind bekanntlich die russische« Gegenvorschläge für ungenügend erklärt worden; doch ist man u den von Rußland gewünschten commissarischcn Berhand- undlungen, die in Berlin stattsinden sollen, bereit- Damit braucht man eö aber nicht so eilig zu haben, wie die russische Presse es macht, da der deutsche Reichstag, der die Ab machungen zu bestätigen haben würde, erst im Spälberbst wieder zusammeniriit. Für alle Fälle aber sollte man sich in Petersburg hülk», uns mit den, Maximaltarif zu bedrohen, da wir für «inen Zollkrieg ganz andere Waffen in Händen haben als Rußland- Die Luxemburger freuen sich aufrichtig darüber, daß ihr Erbgroß Herzog, der eben mit seiner jungen Gemahlin >n dir Hauptstadt des Landes seinen Einzug gehalten hat, nach dem er die Schwelle des Schwabenalters bereits überschritten, doch noch in den Hasen der Ehe eingelaufen ist. Sie freuen sich um so mehr darüber, als rr bei seinen Entschließungen nur der Stimme seines Herzens Raum gab. Leider hat auch dieses Lichtbild seine Schatten gehabt und das Glück ist nicht ohne Temüthigung erkauft worden. Es heißt, daß Groß- herzog Adolf letztere kommen sah, daß er. der glaubens- eisrige Protestant, einer Verbindung mit de», orthodox katholischen Hause Braganza-Löwenstein eine Zeit lang nicht ohne Beklemmung gegenüberstand, weil er den unausbleiblichen Gewissensconflict befürchtete. Der Erdgroß- herzog soll aber so entschieden auf seiner Herzensneigung bestanden haben, daß der fürstliche Vater schließlich seine Be denken zum Schweigen brachte. Man weiß beute, wie jener Eoiiflict gelöst wurde. Die Ansprüche der Curie und der Familie Braganza-Löwenstein baden auf der ganzen Linie gesiegt, und die etwaige Nachkommenschaft des Hauses Nassau, des einstigen Bannerträgers der Reformation, wird in beiden Geschlechtern kalholifch werden. Tie nculichen Vorgänge auf Schloß Fischhorn bei Zell am See aber sind noch in frischer Erinnerung. Ter evangelische Pfarrer durste »ach der katholischen Trauung einige Worte zu den Neu- vermählten sprechen, die der Fürstbftcbos von Salzburg vor her genehmigt batte. Nach der Meinung Vieler würde der Pfarrer stolzer gehandelt haben, wenn er auf diese etwa» fadenscheinige Ehre Verzicht geleistet hätte. Es heißt, daß der Grvhberzog angesichts all dieser Vorgänge starke seelische Er schütterungen durchzumache» hatte, und bei einem Mann von einer so vornehmen, hochherzige» Gesinnung kann es ja i» der Thal nicht anders sein. Die llltramontanen Luxemburgs aber schwelgten dabei in eitel Wonne. Sie ließe» Tedeumö zum Himmel steigen und die Dorfglocken läutete» durchs ganze Land. Nach Schloß Fischhorn sandten die Herren am Trauungs tage von Loyalität triefende Telegramme, die in ihrer Auf dringlichkeit in Luxemburg selbst allgemeines Achselzucken hervor- riescn. Die liberalen Staatsmänner deS Landes aber ver nahmen mit Bedauern, daß die künftigen Nassauer nicht mehr der evangelischen Kirche angeboren werden. Schwindet doch damit ein heilsames Gegengewicht gegen die Ansprüche der Ultramontanen, dir, wie man befürchtet, mit der Zeit immer ungestümer hrrvortreten werden. Wie der Wiener Evrrespvndent der Prager „Politik" versichert, soll, trotz ossiciöser Ableugnungen, eine Persönlichkeit, di« dem Eabinel Taafse ziemlich nahe steht, einen Wahl gesetzen twurs sür trftrrrrich vorbereitcn, der die Er richtung von Arbeiter kämm er» zur Boraussetzung hat. Nach diesem Plane sollen 18 solche Kammern errichtet werden: l in der Bukowina, 2 in Galizien, t in Schlesien, 2 in Mähren, 3 in Böhmen (Prag, Reichenberg und Burweis) und je eine i» jedem anderen Kronlante, wobei Vorarlberg, wegen seiner großen Jutuslrie, ats ein selbstständige« Land angcnvmnie» wird, während Triest, Görz und Istrien zu einem usammenaefaßl werden. D>e Wahlreform werde aus olgender Grundlage aufgebaut werden: l- Die Zahl der Mitglieder des österreichischen Abgeordnetenhauses beträgt 383. ES ist Kies die Zahl der Mitglieder des coiiftituirenten ReicksralbeS von 1848. 2. In de» Städten, Märkten und aus dem flachen Lande erhält Jeder, der Steuer leiste«, sowie Jeder, der eine Mittelschule oder eine gleichgestellte Anstatt adsolvirt bat, das active und das passive Wahlrecht. 3. Die Wahlen auf dem flache» Lande sind indirect, wie bisher, oder direct dort, wo der betreffende Landtag eö begehrt. Wo einmal die dircctc» Wahlen emgeführt sind, können dieselben »nr durch ein Reichsgesetz aufgehoben werden. 4 Die Handels- und Gewerbekammern von Trvppau, Laibach und Salzburg, die bisher »nt dcr Slädtegruppc zusammen gewählt, erkalten das Recht, je einen Ab geordneten ;n wählen; die Handelskammern von Inns bruck, Feldkirch, Bozen und Rorereto erhalte» da« Recht, zu sammen eine» Abgeordneten zu wählen, ebenso wählen die Kammern von Görz und Rvvigno zusammen einen und die dalmatinischen Handelskammer» zusammen einen Abgeordneten. 5) Tie Arbeiterkammer» erkalten das Recht, 24 Abgeordnete zu wäblen, die folgendermaßen vcrthoilt werten: Czernowitz l, Lemberg 2, Krakau 1, Trvppau l, Brünn 2, Olmütz I, Prag 2, Reichenberg 2, Budweis Wien 2, Linz l, Salz burg 1, Graz l, Klagenfurt 1, Laibach 1, Triest 1, Inns bruck 1, Bregenz oder Feldkirch l, Zara oder Spalalo l- WaS an dieser Mittheilung Wahres ist, müssen wir natürlich dahingestellt sein lassen. Vereinzelte Vhalrrasällr sind in englischen Häfen und in Ungarn ausgetreten Dort waren sic überseeisch auö Frankreich, hier über die Landgrenze au« Rußland ein- geschteppl. Ansteckung und Woiterverbreitung hal indessen nicht slattgesunden, es scheint sonach, als ob bei gewissen hafter Befolgung dcr auf der Dresdner Cboleracouscrenz vereinbarten Borschristen eS sehr wohl möglich sei, das Uebel zu banne». Noch ungleich hcbeulsamcr für die Gesundheit der Völker würde cs sei», wen» ma» dahin käme, die Seuche ui ihren eigensten Siandguariierc» zu be kämpfen, da wo sie endemisch ist und sich gleichsam »e» ge biert. Bi« man diesem Problem mit Aussicht auf Erfolg »aber treten kann, sind allerdings noch verschiedene Etappen zuriickzulegen, ats deren näckiste sich die möglichste Jminuiii- sirung dcr traditionellen Cholera-Jnoasioiisstraße» dar stellt. Zu den gefährlichsten Seuchenherde» zählt unstreitig die arabische Statt Mekka, bas Stelldichein aller mohammedanischen Pilger, weil letztere dort regelmäßig die KrankbeilSkeime in tick aufnehmen und nach ibrer Heimalh verschleppe». Es ist deshalb von actuellem Interesse, zu er fahren, daß in englischen Negierungskreisc» die Anregung zu diplomatischen Vorstellungen in Konstantinopel erwogen wird, zu dem Behufe, die Stadt Mekka, deren Zu stände den einfachste» Gruiiddedinguiigen der Bolksbngieine Hohn spreche», einer durchgreifenden sanitären Reform zu unterziehen. Men» eine derartige Vorstellung von allen europäischen Mächten unterstützt würde, so dürfte sie schwerlich ohne Ersetz bleiben. Ohne '.Entfaltung eines gewissen Nachdruck- geht es freilich nicht ab, da der religiöse Fanatismus, den Alles, was die „heilige Stadt" der Mohammedaner betrifft, in Aufregung versetzt, sich die Tnrchsübruiig einer gründlichen Säuberung der Stadt und ihrer nächsten Umgebung, der Karawanstrais und ihrer zahllosen Insassen, schwerlich gutwillig gefallen lassen wird. Der sanitäre Fortschritt indessen, den die Beseitigung des permanente» Chvlerahcrdes von Mekka in sich schließen würde, ist so unbestreitbar, daß seine Verwirklichung sich mit jedem Jahre gebieterischer gellend machen und die oltoma- »ischcn Behörde» »ölhigen wird, Zuständen ein Ende zu be reiten, deren Gefahr auch für das Abendland um so acuter wird, je zahlreict'er und enger die Berührungen und Verkebrs- beziebungen zwischen Europa und den südöstlichen Hinter ländern des Mittctmeere- sich gestalten. Die Norweger habe», wie früher schon, so ganz besonders in der letzte» Zeit Proben ihre« unverwüstlichen FreiheitS- sinneS abgelegt und gezeigt, daß nicht nur die Union mit Schweden, sondern fast „och mehr da» Königthum ihnen in tiefster Seele verhaßt ist, wie ihr Storthing erst in den letzten Tagen die Apanage» des König« und de« Kronprinzen für die norwegische Reichshälfte im Gegensätze zu den meisten ander» Volker» Europas ganz erheblich herabgesetzt hat. Am liebsten hätte cs diese Apanagen, wenn nicht noch rin ge wisses Echicktichkeilögesüht das norwegische Parlament von einem solchen Beschluß abgehallen hätte, ganz vom Budget gestrichen. Ten» der knorrige Nordlaiidssohn ersehnt sich nichts mehr, als das Königthum sobald als nur möglich adzuschütteln und a» seiner Stelle eine norwegische Republik «iiizusctzen. PesonbeicS und berechtigtes Anssehen macht da ein Artikel, den erst in diesen Tagen unter dein Titel „Die norwegische Republik" daS Bergeuer „Asieublab" verösientlichi hat. Dasselbe theilt nämlich mit, daß bereits vor ungefähr 10 Jahren ein Verein in Amerika gegründet wurde, der den Ruinen „Die norwegische Republik" aniiahm und in dessen Statuten es als Zweck bezeichnet wird, „durch Flugscbristen, Zeitungen u. s. w., wie auch auf jede ankere Weise dahin zu arbeiten, daßticrcplikaiiischeii Idee» und vieKeiinlmß der republikanischen Institutionen »> Norwegen so viel als möglich verbreitet werden". Das „Aslenhtad" erkärt weiter, im Besitze eines Aufrufes zu sein, der von diesem Vereine im Jahre 1884 aus- geschickt wurde und von seinem Präsidenten unterzeichnet ist. In diesem Aufrufe heißt es unter Anderem, „daß immer mehr intelligente Männer des Landes sich ganz offen für die Republik erklären"; cs >r»rv aber kiuzugefüqt, daß es selbstverständlich für diese Männer schwer sei, o^fen auf die Aushebung der bestehende» Verfassung hinzuarbriten. Es werke desbalb nötbig sein, um die republikanische Bewegung dabeiin in Norwegen zu beloben, daß von außen her ein Anstoß komme; „und wer ist berufener dazu, als gerade wir Amerikaner, die der Republik den Treuschwur geleistet haben?" Der Aufruf enthält auch die Mahnung, daß man einträchtig unv »ul allen zur Verfügung stehenden Mitteln dahin arbeiten möge, „die Monarchie und alle« Monarchische" abzuschaffen. In Verbindung hiermit verdient erwähnt zu werden, das Herr Rynning, Mitglied deS Storthing«, in der Lage ist, mit aller Bestimmlheik zu behaupten, daß der amerikanische Verein de» norwegische» Radikalen Geld- Faurlletoi». lleber Klippen. 23j Roman von Carolin» Deutsch. NaLdruck »«rd»ien. (Fortsetzung.) Er brachte Gläser und Wein und goß ein. „Auf ein gutes Ende", sagte er und sah ihr in die Augen. „Aus das — hoff' ich noch immer. Und Du weißt, wa rme starke Liebe will, daS erreicht sie auch", versetzte sie und trank ihren Wein, aber ihre Hand zitterte dabei leise. Und doch war eö eine andere Erregung, als cs sich Perfall vielleicht deutete.... sic entsprang weder einem Zärllicbkeilsgefüble sür ihn in diesem Augenblick, noch hatte sie ihren Grund in der Ungewöhnlichkeit der Lage, in der sie sich befand. — L>, wenn er nur auS dem Zimmer ginge, nur einen Augenblick! — Das war der heiße, fast fieberhafte Wunsch, der sie erfüllte. Sie halte ja gar kein Verlangen nach irgend einer Erfrischung gehabt, aber — vielleicht befand sich der gewünschte Gegenstand in einem anderen Zimmer? ... Aber auch die Spiritusmaschine stand aus einem kleinen Tischchen im selben Raume, und Perfall sagte, während er sie ansteckte: „Wenn nur mein Bursche noch länger sortblicbe. ES wäre mir peinlich, wenn man erführe, daß Du heule mein lieber Gast gewesen bist." „Und warum denn nicht?" fragte sie und sah jetzt trotzig zu ihm auf; ein eigenes Licht flammte in ibrcn Augen, daS einer brennenden, schwer bezäbmten Ungeduld. „Ick pflege meine Handlungen nicht zu bemänteln, und die Leute müssen doch einmal erfahren, daß wir unS angeboren! Ober — wie lange soll die« Bersteckspiel noch währen, Franz?" „Wird denn Tein Vater noch jetzt rinwilligcn, Wilma?" „Du hast nur mit mir zu rechnen. Franz!" sprack sie; er sah nicht, wie sic i» leidenschaftlicher Ungeduld die Hände auf de», Schoße zusammenpreßte. Nein, Wilma Szentiwanv's Naturell war nicht sür langandauernde Hindernisse eingerichtet I.. „Und wäre denn das gar so schrecklich?" fuhr Perfall ebne Ahnung Dessen, was in ihr vorging, fort. „Deinem Vater wird noch genug übrig bleiben, um leben zu können, und auch mein Amt und das, was ich besitze, reicht noch sür eine ge liebte Frau auS. — Würde Dir daS nicht genügen. Wilma? Würdest Du Dich begnügen, eine einfache grau Sluhlrichterin zu sein?" „Ja, ja, ich kenne das schon, Du Idealist!" sagte sie »nd lachte, aber zum ersten Mal klang ihr Lachen nicht melodisch. „Du hast mir schon manchmal davon vorgeschwärmt." Wie im tiefen Ernste fügte sie hinzu: „Nun ja, man muß sich in veränderte Verhältnisse auch finden. . . . Doch wo bleibt Dein Punsch, Tu unpraktischer Mensch?" sprach sie dann in mun terem Tone weiter. „Das Wasser siedet schon, aber vom Thee und Rum seh ich keine Spur!" „Nun seke ich selber, daß ich mich zum Wirtb nicht eigne, vor lauter Eifer vergesse ich da« Notbwcudigstr Unser Spcise- vorratb ist i» dcr Küche unter Pawel'« höchsteigner Aufsicht. Du entschuldigst einen Augenblick, Geliebte! Ich bin gleich wieder hier, und bis dahin bist Tu mit der Schrift zu Enke." Er hätte sich nicht zu entschuldigen brauchen ... er sah auch nicht den Blick wilder, gieriger Freude, die ganze Brutalität und Rücksichtslosigkeit ibres Ebarakters, die sich in ihren Augen spiegelte, als sich die Thür hinter ihm schloß.... Mit einem Ruck »and sie aufrecht, raffte alle Briefe und Dokumente mitsammt der Einlage zusammen, riß die Osentbür auf und schob Alles hinein; dann schloß sie diese wieder und nahm ihren alten Platz ein. als wäre nichts geschehen. Und doch zeigte eine leichte Bläffe und rin sccundenlanges, leises Zittern ihrer Gestalt, daß sie sich dessen voll bewußt war, ein kühnes, ein gewagtes Spiel gespielt zu haben . . . Franz Perfall trat herein, mit Dosen, Flaschen und Gläser» beladen- Zuerst bemerkte er keine Veränderung, als er iedoch in den Lichtkreis der Lampe trat, sah er da« Fehlen der Briefe. Doch auch jetzt dämmerte noch keine Ahnung des Geschehenen in ihm auf. „Wo sind die Schriften, Wilma? Du käst sic wohl in den Schreibtisch wieder ruriickaclcgt? . . ." Da besann er sich plötzlich, daß er de» Schlüssel abgezogen und bei sich batte, wie cS stets seine Gewohnheit, selbst wenn eS nur aus Minuten war. . . „Wo — wo sind die Briese?" . . fragte er. aber jetzt kamen die Worte schwer und mühsam über seine Lippen „Dort!" versetzte sie. Sir sprach nur da- eine Wort und wie« nach dem Lsen. Ein Klirren und Splittern, — Glaser und Flaschen lagen am Boten; aber der Schrei, der aus seinem Munde kam und dcr gar nicht einer Mensckenbrust anzugebören schien, überlönte »och dies Geräusch. Mit einem Sprunge war er beim Lsen. Aber auch Witma stand davor, bockaufgerichtet. mit blitzenden Augen, entschlossen zum Aeußersten. Sir stemmte ihren kleinen Fuß gegen die eiserne Tbür und sagte: „Du kannst mich nur mit Gewalt von hier fortbringen, und diese — wirst Du gegen eine Fra» nicht anwenden. Doch, ich bin eine Närrin, nun ist sitoi, Alles vorüber. Das Feuer hat seine Pflicht gethan! Ta sieh!" Sie bückte sich plötzlich und öffnete selber die Ofenlhür. „Nicht einmal ein Atom von Papier mebr!" ries sie triumphirend und sah ihm in die erstarrten Augen. „Nur ei» Häuflein Asche! . . . ." Nur »in Häuslein Asche! Weiß, von schwarzen Rändern umgeben, lagerte cs wie hingeweht unv halbeingesunken aus der röthliche» Gluth des FeuerS . . . Und tiefes Häuflein Asche barg seinen Nainen, seine Ehre, sei» Gewissen, ja seine Seele! - Noch einmal kam dieser dumpse Laut über seine Lippen, wie ein Verzweifelter fuhr rr sich durch die Haare, dann sank rr vernichtet, gebrochen auf einen Stuhl. Eine Zeit lang herrschte Todtenstille im Zimmer. So muthig sie auch in ibrcm kalten Egoismus, in ihrer ganzen rohen Rücksichtslosigkeit war, e» ging doch etwas wie Schrecke» durch ihr Herz, at« sie ihn so sah. Sie wartete zuerst ge duldig; sie dachte, er würde sich austobcn und dann ruhig und ihrem Einfluß wieder zugänglich werden, als er aber so regnng-lo- verharrte, begann sie mit weicher, süßer schmeichelnder Stimme: „ES war Ncthwebr, Franz! Ich mußte es thun, u»S zu schützen, unS zu retten ... ich mußte Dich für immer gewinnen! So gut Papa ist, er batte eS »immer gelitten . ..." Er gab keine Antwort, sein Haupt lag schwer und regungs los aus der Tischkanie; es schien gar nicht, als ob er sie gebört. „Franz, sieh mich an! Franz, sprich mit mir!" rief sie jetzt wie in tiefer Erregung und trat auf ihn zu. „Wie kannst Tu Dich nur so unmännlich benehmen? Komm, be ruhig« Dich und sei wieder gut! Wie kannst Du mir das antbun, Franz?" liebkosend legte sich ihre Hand auf sein Haupt. Da fuhr eS wie ein Schlag durch seine Gestalt, rr hob den Kops und stank auf, und jetzt wich sie einen Schritt vor ibm zurück, so verstört, so entstellt, so kaum zu erkennen war sein Gesicht. „Was willst Du noch von mir?" sagte er ton los. „Du hast erreicht, was Du gewollt, woraus Du e« abaesrbcn .... O, Du hast mir unerhört grausam mit- gcfpielt!" „Ach, fasse es doch nicht so tragisch auf, Franz!" meint« sie »nd versuchte ihren alten, leichten Ton anzuschlaaen. „Und ich Hab' es Dir schon gesagt, cs war Nolbwehr. Jeder muß sich schützen, wie er kann. Ich hatte Dich gebeten, uns Zeit gewinnen zu lassen, einen Vergleich zu ermöglichen, Du wolltest nickt« davon hören. Oder glaubtest Du etwa, wir bätleu uns mit gebundenen Händen diesen Spießbürgern überliefern sollen?" fuhr sie mit blitzenden Augen fort. „Wir batten rubig Bettler werden sotten? Nein, das ist weder für den Josef Schmertirs, »och fiir seine Tochter! Nun ist Alles, Alte- vorbei! Ein neuer Proceß wird nicht angestrengt, und daß alles Weitere todt und begraben bleiben soll, dafür will ich schon sorgen. Aber wir verstckeu un» in diesem Augen blicke nickt. Während Du außer Dir bist, habe ich ein Ge fühl der Erlösung, der Befreiung. Komm, Franz, sei wieder vernünftig!" Mit einer bittenden Geberde streckte sie ihm dir Hände bin. Er schien cS nickt zu beinerken und gab auch keine Antwort. Er war wieder aus den Stuhl gesunken und sab verzweifelt und mit säst erstarrten Blicken gerade vor sich hin. „Tein Benehmen gegen mich ist unverantwortlich!" rief sie, und der Zorn stammte in ihr auf. „To gcberden stm Knaben und Narren, aber keine Männer! Ick verlasse Dich jetzt, um Dir nicht weitere Gelegenheit zu geben, unhöflich gegen mich zu sein " Sie ging zum Sopba, wo ibre Pelzjacke lag und sing an. sie aiizuziehen. Ob rr idr behilflich dabei sein würde? Perfall rilbrte sich nicht von dcr Stelle. DaS war wirklich unerhört! Und daS sab ja auch auS, als ob er sie allein nach Schmertizsek reiten ließe! Das war zwar nicht ihre Absicht. Wenn er nickt mitkai», wollte sie da« Pferd, da« ohnehin schon abge hetzt war, im Wirtsbause lassen, wo sie cS eingestellt hatte, unv sich einen Wagen nehmen. Sie hatte ihre Jacke angezogen und zugeknöpft und schritt langsam und wie zögernd zur Tbür. Ob er sie wirklich so allein gehe» lasse» wurde — ob er ibr nicht die Hand geben, nicht ein einziges Wort sagen würde? Sie stand eine Weile, aber nickt« von all dem geschah. „Wenn nicht Alles xwischen unS aus sein soll, so erwarte ich Dich morgen im Schlosse, wo Du mir Abbitte thun wirst, Franz!" rief sie mit hartem Tone, und Thränen des Zornes funkelten in ihre» Augen. Und er würde kommen! Wie war eS denn möglich, daß er nicht kam? Und sie wollte es ihm bann schon hei» zahlen (Fortsetzung folgt.)
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