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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189307309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18930730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18930730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 5366-5367 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-30
- Monat1893-07
- Jahr1893
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1893
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Vezugs-PreiS A» H« Hauptexpedittou oder den im Stadt» b«iirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^14^0, »et »wennaligrr täglicher Zustellung in« Hau» »> 5.50. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandleuduug tu» Ausland: monatlich 7^0. NeLacttou vuL Lrpe-iüoa: A«tziM»e»>aff« 8. Dt« Expedition ist Wochentags aoanterdroche» gelilluet von ftüh 8 di« Abeutz« 7 Ulst. Filiale«: Vit» «e»«'S T«rtt«. <Alfred Hahn^ UniversitätSstratz« X LsuiS Lösche, kutharineustr. 1«, part. »ad KiinigSpla» 7. A«zeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Rrclamen unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten) 50-t, vor den Familienuachrichtr» (6 gespalten) 40-j- VrShere Schriften laut unserem Preis« verzeichaib. Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), unr mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit Postbrsörderuug 70.—^ A«zeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. Annahmeschluß für Anzeige«; Abeud-Au-gabe: vormittag- 10 Uhr. Margeo-AuSgabe: Nachmittag« SUHL Sonn- und Festtags früh V,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« an di« Ex-e-ttt»» za richten. Druck and Verlag von E. Potz ln Leipzig. 385. Sonntag den 3.0 Juli 1893. 87. Jahrgang. Für und VvptSNLkSI* kann das Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 4 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man zum Preise von 3 ^8, mit Bringerlohn 3 ^ 75 für beide Monate und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpeditiori: Johairrresgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Univevsitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraße 35 Herr L. 0. Llttel, Colonialwaarenhandlung. Beethovenstraße 1 Herr I'liooä. keler, Colonialwaarenhandlung. Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Leriu. 21v88Lv, Colonialwaarenhandlung. Frankfurter Straße (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OttoLranr, Colonialwaarenhandlung. Löhrstraße 15 Herr LlluarU lletrer, Colonialwaarenhandlung. Marschnerstraße O Herr kaul 8ekre11rer, Drogengeschäft. Nürnberger Straße 45 Herr 21. L. Aldroelll, Colonialwaarenhandlung. Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Rodert Oreiner, Zweinaundorfer Strasze 18. in Plagwitz Herr 21. krütrwrm», Zschochersche Straße 7 a. - Connewitz Frau Llseüer, Hermannstraße 23, 1. Etage. - Reudnitz Herr U . LuKiuanu, Marschallstraße 1. - Gohlis Herr LL. Lrltrisedv, Mittelstraße 5. - - Herr Lvrnü. >Veker, Mützengeschäft. Leipziger Straße 6. - Linoenau Herr R. Outderlet, Cigarrenhandlung, Markt 22. - Thonberg Herr R. Rüntseü, Neitzenhainer Straße 58. - Neustadt Herr R. Leber, Eisenbahnstraße 1. « Voltmarsdorf Herr 6. A. XaumtUt», Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Gegen Einsendung der Abonnementsauittung erhalten alle neu hinzutretcnden Abonnenten den bis 1. August bereits erschienenen Theil des Romans In des Reiches Ostmark von L. >V. 2sü gratis nachgeliesert. Peterskirchhos 5 Herr 21nx Llertb, Buchbinderei. Psastendorser Straße 1 Herr LrltA 2Veber, Colonialwaarenhandlung. Ranstsches Gäßchen 6 Herr Rrioclr. Lisollor, Colonialwaarenhandlung. Ranstädter Stemweg 1 Herr 0. RuK«1iuann, Colonialwaarenhandlung. Schützenstraße 5 Herr 3u1. 8ebüin1t:btzii, Colonialwaarenhandlung. Westplatz 32 Herr L. vlttrleb, Cigarrenhandlung. Horkstraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 6. öankv, Colonialwaarenhandlung. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Zufolge der mit dem 1. d. M. in Kraft getretenen revidlrten Verordnung des König!. Ministerium- de- Innern vom 10. März d. I. — Maßregeln zum Schutze gegen die Trichinenkrankheit bei den Menschen betreff. — hoben wir den 8- 66 Abs. 1 und 8 der Ordnung für den städt. Vieh- und Schlachthos vom 14. Juni 1888 abaeändert und ihm dir nachstehend abgedruckte, nunmehr gültig« Fassung gegeben. §. »6. 1) Die K. 58 vorgeschriebene Meldung der erfolgten Schlachtung ist außer an den zuständigen Thierarzt an »inen der in der SchlachtdaUe anwesenden Probenebnier, bei Abwesenheit eines solchen im Lrichinenschouamte zu bewirken. Auf die erstattete Meldung entnimmt der Probenehmer persönlich die für die Untersuchung er forderlichen Proben von dem Schweine, und zwar je ein Stückchen von a. den Zwerchsellpfeilern (Nierenzapsen), d. dem Zwerchfell- muSkel (Kronenfleisch), o. den Bauchmuskeln, ä, den Lenden- oder KehlkopfSmuskeln, v. den Zungenmuskeln, bringt dieselben in eins der Probekästchen des Trichinenschauamtes und versieht da- Schwein mit der Nummer der ProbckäsichenS pp. wie bisher; L) wie bis her. 3) Der Trichinenschauer hat di« Untersuchung mit voller Sorg falt und Gewissenhaftigkeit auSzufuhren. Er hat von jedem der unter 1) bei a und d bezeichnet«» beiden? Flcischthcile 9 Prä parate, und von den unter 1) bei o, ä und s bezeichnten Flcisch- theilen je 6 Präparate in der Form eine- länglichen Viereck« in der Läng« von 1 am und in der Breite von 0,5 cw zu sertigen und mikroskopisch genau zu untersuchen. Leipzig, am 24. Juli 1893. I». 3124. Der Rath der Stadt Leipzig. 1087. vr. Tröndlin. Lindner. Bekanntmachung. Dir Firma Rudolf Sack in L.-Plagwitz, vertreten durch deren Inhaber, die Herren Christian Rudolf Sack, Paul Sack, Fritz Sack und Paul Wichmam» in L.-Plagwitz, beabsichtigt in dem aus ihrem an der Blbertstraße in L.-Plagwitz gelegenen Grundstücke (Nr. 3148 und 31b de- BrandkatasterS. Nr. 2ü7 de« Flurbuchs und Fol. 252 de« Grundbuchs für Plagwitz) gelegenen Schmiedegebäude zwei weitere Dampfhämmer mit einem Bärgewicht« von je 4M Vs auf zustellen. Ls wird dies mit dem Bemerke» bekannt gen,acht, daß etwaige, gegen die beabsichtigte Anlage zu erhebend« Einwendungen, welcht nicht aus privatrechtlichen Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen bei uns anzubringen, alle übrigen Einwendungen aber, ohne daß von deren Erledigung die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht wird, zur richterlichen Entscheidung zu ver- weisen sind. Leipzig, de« 29. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. VI- 3131. vr. Tröndlin. «aflell. Bekanntmachung. Eia von Ada« Müller (oder Möller), Bürger zo Leipzig, 1b24 gestiftete- Stipendium voa 40 ^ 97 ^ jährlich ist an hiesige Studirende, und zwar zunächst au Verwandte des StisterS, in deren Ermangelung an Merseburger Stadtkinder, und wenn deren kein« di« hiesig« Universität besuchen, beliebig auf zwei Jahre von und mit Michaelis d. IS. ab zu vergeben. Wir fordern diejenigen Herren Studirenden, welche sich in einer der angegebenen Eigenschaften um diese- Stipendium bewerben wollen, hierdurch aus, ihre Gesuche mit den erforderlichen Be scheinigungen bi« zum 30. September) d. I«. schriftlich bei unS «inzureichen. Später rtngeheud« Bewerbungen könne» Berückfichtiguug nicht finden. Leipzig, den LS. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tr0udltn. Morche. Anmeldung zum Anschluß an die Ltadt- -Fernsprecheinrichtung. Neue Anschlüsse au dir Stadt-F ernsprecheinrichtung für Leipzig und Vororte sind, wenn die AuSsührung in dem im Monat September beginnenden zweiten Bauabschnitte de- lausenden Jahres gewünscht wird, spätesten- bis znm 1. August bei dem Kaiserlichen Stadt-Ferusprechamtr hier, Grimmaischer Steinweg Nr. 3. II., an- zumelden. Später eingehend» Aumeldungen können erst im nächstjährigen erste», im Monat April beginnenden Bauabschnitte berücksichtigt werdeu. Ltuer Erneuerung der bereit« vorgemerkteu Aameldnageu bedar «S nicht. Leipzig. IS. Juli 1893. Der kaiserliche Lder-Poftdireetor, Geheime Lder-Voftrath. Walter. Ausschreibung, Nenba» Mnseum Griffst in Leipzig betreffend. Die Herstellung bez. Anlieferung von eisernen Dcckeiiconstruc- tionen und Dachbindern, LooS HI, soll vergeben werden. Die Zeichnungen, Bedingungen, Arbeit-- und TrägerverzeichniHe können bei unserer Hochbau-Verwaltung, Rathbaus, 2. Lbergeschotz, Zimmer Nr. 5, gegen Porto- und bestellgeldsreie Einsendung von <> ^l bezogen oder kostenlos eingesehen werden. Nähere Auskunft über AuSsührung rc. wird im Baubureau des Neubaues Museum Grajsi an der Krnmerstraße ertheilt. Die Angebot« sind versiegelt nnd mit der Aufschrift: „Museum Griffst, Anlieferung eiserner Lecken- und Dachconstructtonen betreffend" bis zum 9. August a. c. Vormittags 10 Uhr im RathhauS, 2. Ober geschoß, Zimmer Nr. ö, portofrei einzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, die Thcilung der Arbeit, sowie die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 29. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Ia. 3351. vr. Tröndlin. Eberle, Ref. Bekanntmachung. An Stelle des Herrn Eduard Herrtwich in Leipzig-Neustadt ist von jetzt ab die Berechtigung zur Vornahme der nach Z. 8 deS Regulativs, die Einrichtung und Reinhaltung der pneumatischen Bierdruckapparate betreffend, vom 24. Juni 1881 vorgeichriebenen Taiilpsrcinigungeu der Bierrohrleitungen im hiesigen Stadtbezirke mittelst des von uns bedingungsweise »»gelassenen Huß'ichen Appa- rotes dem Mechaniker Herrn Friedrich Erwin Erlcr hier, Katharinenstraße Nr. 10, übertragen worden. Wir haben hierauf genannten Herrn Erler zur Bewirkung giftiger Einträge in die nach angezogcner Bestimmung von den Inhabern sicher Bicrdruckapparate zu führenden Rcvisionsbücher ermächtigt und in Pflicht genommen. Leipzig, den 28. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. VHI. 4488. vr. Tröndlin. Dietrich. Bekanntmachung. Die Herstellung von circa 3SS lfdn. m Schleuste IH. Clafle ia den Straßen IX, k und 8 des Reudnitzer Bebauungsplanes (am Täubchenwege) soll an einen Unternehmer verdungen werden. Di» Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 23 aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 50 die auch iu Briefmarken ringesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: Schleusten in den Strastcn IX, k und 8 in Leipzig-Reudnitz versehen in dem bezeichneten Geschäftszimmer biü zum V. August 18V» 5 Uhr Nachmittags «inzureichen Der Rath behält sich da- Recht vor, sämmtliche Angebote ab zulehnen. Leipzig, deu 25. Juli 1893. DeS Raths der Stadt Leipzig Io. 4057. Stratzcnbaudcputation. Die königliche Laugewerkenschule m Plauen i. V. eröffnet am 3. Oktober einen neuen LehrcurS. Anmeldungen sind bis zum 2V. September zu bewirken. Prospcct« mit den Aus- nahmebedingungen übersendet dt« Dtreclion. Tllree. Aus der Woche. »». Erst die zweite Woche ist seit Annahme der Militair- vorlage verflossen und schon zeigen die Ereignisse, wie vor- theilhaft die rasche Erledigung jener nationalen Angelegenheit gewesen ist. Gewiß, weder der französisch-siamesische Eon flick, noch die handelspolitische Kriegserklärung Rußland«, noch auch derBesuch eine« rnssischenGe- schwader« in Toulon verschieben die europäische Lage derart, daß sie vom deutschen Standpunct aus als be drohlich angesehen werden könnte. Aber geändert ist die Situation immerhin wesentlich und plötzlich zum abermaligen Beweise, daß unser Aller diplomatische Weisheit Einsalt ist. Tie Thronrede vom 4. Juli bat in allerseits dankbar anerkannter Weise den absolut friedlichen Charakter der damaligen Lage betont, sie hält« das nicht gekonnt, wenn ihrem Verfasser von dem französischen Unternehmen in Asien, da- zwei europäische Mächte und daS größte asiatische Reich unmittelbar berührt, etwas bekannt gewesen wäre. Deutschland hat aber keine Ursache, diesen Verlauf zu beklagen. Möglich, daß die nach dem 15. Juli ringelretenen Ereignisse, wenn sie während de« letzten Kampfes um die Militairvorlage sich zugetragen batten, die Zahl der Freunde der HeercSverstärkung vermehrt batten, aber dicö hätte als unter dem Drucke augenblicklicher Besorgnisse geschehen betrachtet werden können, während nun unsere Bundesgenossen und diejenigen, die eS nicht sind, der Thatsache gcgenüberstehen, daß die deutsche Volksvertretung im Bewußtsein gegenwärtiger Sicherheit sich der Fürsorge für den Fall einer zukünftigen Gefährdung des Reiches nicht entschlagen bat. DaS militairtcchnisch-diplomatischeBönhasenthumin unserer nationalen Opposition ist denn auch plötzlich mit seinen Tiraden über die abermalige Sättigung des Molochs Militarismus verstummt. Möglicherweise stockt ibm auch die Sprache vor Erstaunen über den großartigen Wablcoup der französischen Machthaber. Wie klein ist doch Alles, toaS der deutsche Radikalismus den heimischen Regierungen im Laufe verletzten Jahrzehnte an Wablmanövern — angedichtet bat, gegen da-, was die französische Regierung zur That werden laßt. Ein Conflict mit einem großen Staate — man könnte eS ein coloniales Unternehmen nennen — um in das National gefühl der Franzosen die für die Wahlen wünscheuS- werthe Temperatur überruleiten! Wenn sich die Phantasie deS Herrn Professors Bircho w im Juni an einem solchen Schauspiel hätte entzünden können, er würde die Militair- vorlagc nicht nur auf die deutsche Absicht eines Angriffs krieges gegen Frankreick', sondern auch auf die Neigung des Grafen Eaprivi, mit England um Uganda und den Sudan zu kämpfen, zurückgesührt haben! Seitdem hat freilich Mancher im Deutscbfreisinn Manches gelernt, und die Tendenz, der heimischen Negierung in dem bevorstehenden Zollkrieg mit Rußland Sckwicrigkeiten zu bereiten, tritt in der radikalen Presse nicht medr so all gemein hervor, wie man dies in Fällen ähnlicher Art bisher zu sehen gewohnt war. Herr Richter freilich, und was sich dicht um ihn schaart, hält nicht mit dem Ver langen zurück, Deutschland solle die russischen Streiche ohne Gegenwehr hinnehmen. Selbstverständlich hat auch diese Stellungnahme lediglich agitatorische Beweggründe, die „Brodvertbeuerung" soll dem volköparteilichen Arsenal erhalten bleiben. Bisher hatte man auf dieser Seite be hauptet, die Differenz von l>/, gegenüber dem auf öster reichisches und amerikanisches Getreide gelegten Zoll schließe die russische Körnerfrucht vom deutschen Markte völlig auS und wirke doppelt brodvertheuernd. ES ist nicht ersichtlich, wie eine weitere Erhöhung des Zolles aus eine bereits pro- bibirlc Waare den inländischen Markt noch beeinflussen kann. Günstig ist der Augenblick dieser Art von Socialdemagogie gerade nicht. Abgesehen davon, daß der Roggenpreis noch mäßig ist, wie steht es denn bei dem unerhört niedrigen Stand der Viehpreise mit den Fleischpreisen in den großen Städten? Es sollte den demokratischen Organen näher liegen, den Zwischenhandel zu vertheidigen, als die „Agrarier" an zugreifen und ihnen die Schuld an dem Zollkrieg mit Ruß land aufzubürden. „Schuldige" existiren in Deutschland über haupt nicht, wären abrr solche vorhanden, so könnten cs nur Diejenigen sein, welche die Herabsetzung deS Zolls auf Ge treide aus Oesterreich, Amerika u. s. w. gefordert und herbei- gesührt haben. Denn Rußland beschwert sich nicht über die Höbe deS auf sein Product gelegten Zolles, sondern über die Differenz. Bei dem Interesse, welche- die ganz oder theilweise der auswärtigen Politik ungehörigen Fragen in Anspruch nehmen, ist die innere Angelegenheit der RrichSsteucrreform in der Erörterung der Woche nicht zu kurz gekommen. Herr vr. Miguel läßt in der, bei Inangriffnahme der neuen preu ßischen Steuergesetzgebung wohlbewäbrten Weise seine Pläne eifrig und geschickt durch die ofsiciöse Presse entwickeln und empfehlen. Wie man auS diesen Darstellungen entnehmen muß, sinnt er dem deutsche» Bundesstaat sehr viel weniger radikale Aenderungen an, als dem preußischen Einheitsstaat und kann unter den obwaltenden Umständen wohl auch nicht anders. Die nationalpolitisch bedenklichen Einrichtungen des Reichssteuerwescn» bleiben unberührt, die Franckenstein'sche Klausel scheint vielmehr durch die beabsichtigte Aenderung der Höhe der UcberweisungSsummen und namentlich dadurch, daß man ihren Betrag in vorher bestimmter Weise von Jahr zu Jabr höher anseyt, erst recht befestigt zu werden. DaS Reich bleibt auch nach dieser Reform in der alten finanziellen Abhängigkeit von den Einrelstaaten, man wirv sich an einer größeren Stetigkeit im ReichShauSbalt und in den particu- laren Budget« genügen lassen müssen. Für große reich«- politische Sprünge wäre auch im Reichstag keine Mehrheit vorhanden. Denn die Polen, mögen sie auch au« national- polnischen und provinzialen Erwägungen einmal ihre eigenen Wege gegangen sein, würden sich in diesem Falle nicht vom Centrum trennen. Ihren Lohn für die Abstimmung vom 15. Juli haben sie, wenn man einem in diesem Falle an scheinend gut unterrichteten Blatte Glauben schenken darf, ohnedies dahin. Wenn es ferner richtig ist, daß Cardinal Kopp neben dem Erzbischof v. Stablewski den Polen als erfolgreicher Fürsprecher gedient, so wird man Wohl bald auch von den neucnldeckten Polen in Oberschlesien mehr zu hören bekomme». Die extreme Hochfluth im konservativen Lager scheint im Sinken begriffen zu sein. Die von uns mitgethcilte vernichtende Kritik der KreuzzeitungS-Politik durch einen Altconservativen in der „Nordd. Allgem. Ztg." darf als Beginn der Revision deS ProcesseS betrachtet werden, der vor den Wahlen so ungünstig für Herrn v. Hclldorf entschieden worden ist. Man muß nun abwarten, ob die gemäßigten Elemente inncrbalb der konservativen Partei den Muth und die Kraft finden, der KreuzzeitungS- Demagogie so energisch zu Leibe zu gehen, wie die Zähigkeit und Scrupcllosiakeit der „kleinen, aber mächtigen" Gruppe eS erfordert. Vorerst scheinen Biele von den Gemäßigten mehr den Mißerfolg der konservativ-antisemitischen Agitation als die Aufnahme derselben zu beklagen. Deutsches Reich. Berlin, 29. Juli. Die Socialdcmokratie veran staltet bekanntlich vom 6. bis l2. August in Zürich einen Internationalen socialistiscben Arbeitercongreß. Am 22. Oktober soll alsdann der Parteitag der Social dcmokratie in Deutschland abgehalten werden. Für die inter nationale Tagfahrt liegt bereits der Entwurf einer Tages ordnung vor, wozu auch verschiedene ComitSS, Gewerk schaften rc. ihre Anträge schon eingcrcicht habe». Der Stoff ist ausreichend, um einen Ueberblick über den Stand der Bewegung zu gestatte». Wer aber erwartet, hierbei etwas Neues, daS Merkzeichen eines Fortschritte-, einer Vertiefung deS „großen SchöpfungSgedankcns" zu finden, der in der socialdemokratischen Lehre angeblich enthalten ist, — der wird sich bitter enttäuscht fühlen. Es mag wohl sein, daß diese internationale» Veranstaltungen dazu beitragen, mit dem Classenbewußtsein auch das Gemeinschaftsgefühl der „Proletarier aller Länder" zu verstärken und somit dem äußeren Zusammenschluß der socialistischen Partei zu dienen. DaS soll keineswegs be stritten, sondern willig zugestanden werden. Aber auf der anderen Seite bebt sich eben deswegen um so deutlicher ab, wie der ganze Marsch dieser „Arbeiterbataillone" ins Leere hinein geht, wenn nicht zu unlösbaren Widersprüchen führt. Alle entscheidenden Fragen über Inhalt und Richtung der Bethätigung auf dem Boden der gegebenen Staats und Wirtschaftsordnung sind noch unbeantwortet. Als ob in Paris und Brüssel nicht bereits tagelang darüber geredet und gestritten worden wäre, erscheint abermals als einer der Hauptpuncte der Tagesordnung: „Die politische Taktik der Socialdemokraten" milder Unterfrage „Parlamentarismus und Wahlagitation", und was an Anträgen dazu vorlicgt, enthüllt nur wieder den schroffen Gegen satz der Meinungen hierüber, den wir nicht nur von den internationalen Tagfahrten in Paris und Brüssel her als alten Bekannten noch in Erinnerung haben, sondern von dem Erfurter, Hallenser und Berliner Parteitag unserer deutschen Socialistcn her ganz besonders genau kennen. Da liegt rin Antrag des revolutionairen CentralcomitSS in Paris und einer der socialdemokratischen Partei Hollands vor, dir beide deS Beifalls unserer „Jungen" sicher sein können. Die Socialbemokratie soll nur an den Wablen theil- nehmen, um die politische Macht zu erobern, nicht aber an den parlamentarischen Arbeiten. Ja, die Holländer versetzen den deutschen „Genossen" geradezu den Stoß ins Herz; sie wollen nicht nur das Ausarbeiten von Gesetzesvorschlägen verwehren, also namentlich den bekannten GesetzeSantrag Auer zur Arbeitcrschutzgesetzgebung, der seit 1886 wohl drei- oder viermal unseren Reichstag beschäftigte, nachträglich als einen Verstoß gegen den revolutionairen Grundsatz der Partei erklären, sondern sic wollen noch viel ernster mit dieser Art des „ParlamentelnS" ins Gericht gehen. Der Züricher Congreß soll diesen Bestrebungen ein für allemal den Proceß machen und erklären, daß sie „nur eine Regelung der Lohnarbeit und nichts weiter, nur eine Art StaatSsocialiSmuS unter einer neuen Form bewirken wollen". Damit wäre sogar die ganze Achtstunden-Bewegung für zweckwidrig und unstatthaft
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