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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930802013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893080201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893080201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-02
- Monat1893-08
- Jahr1893
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Bezugs-PreiS I» U ipleppedttio» »d« den k» Stad», brstrt den Bororteu errichteten An«, aabest« . «bgeholt: vterteljcchrltch4.50, «ei tw»..ialla«r täglicher Zustellung in« Hau« ^l 5^0. Durch di« Post bezogen für Deutschlaud und Oesirrrrtch: vierte jährlich 6.—. Direct» tägliche Kreuzbandiendung tu« Ausland: monatlich ^ill 7LO. LkrMorgen-AnSgab» erscheint täglich '/«7llh^ dir Ubeud-Lusgab« Wochentag« 5 Uhr. Lr-«tioa vnL Lrveditioa: Johanne»,aff« 8. Die Erpeditio» ist Wochentag« oaunterbroche» «eäkfvrt vo, früh 8 dt« »dend« 7 Uhr. Filiale«: vtt« Ml»»'« Tnrti«. (Alfred Hatzalb Uatversitätlskraß« 1« Loni» Lösche. «acharinenstr. 14. part. und Königsvlatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petttzeile 80 Pfg) Reklamen unter dem Redactionßstrich (4g«S spalten) 50^, vor den FamilirnaachrtchwU ' <6 gespalten) 40-H. Größer« Schriften laut unserem Peei«« verzetchniß. Tabellarischer und Zlfferfflatz nach höherem Tarif. ^ptra-Beilagen (gesalzt), aor «ff tze» Morgen-AuSgabe. ohne Postbefördernug SO.—, mit Poslbesörderung 70.-^ Annahmrschluß für Anzeige«) vibend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh V,S Uhr. Bet de» Filialen und Annahmestelle» je etn« halbe Stund« früher. ^ Aareigea stad stet« au di» Ertzeffttt«» za richte». Druck und Verlag von L. Pol« k» Leipzig, Mittwoch den 2. August 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die für die Heizungsanlagen der städtischen höheren Schulen für den Winter 1893 94 erforderlichen Stein- und Braunkohlen sollen au den Mindestfordernden vergeben werden. Di« Lieferungsbedingungen sind aus dem Nachhause, 1. Stock, Zimmer Nr. 14, Nuntiatur, gegen Erlegung von 0,30 >l zu ent- nehmen. Di» Angebote sind mit der Aufschrift „Bewerbung um die Kohlenlieferung für di« höheren städtischen Schulen" bi« zum 7. August Abends 5 Uhr ebendaselbst einzureichen. Leipzig, am 29. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. II. 1044. l)r. Trvndliu. Ass. Zechel. Lekanntmachung. TaS von Markus Scultett aus Großglogan, Prozessor der Theologie zu Leipzig und Domherr zu Meißen, im Jahre 1496 gestiftete Stipendium von jährlich 54 X 22 ist aus 5 Jahre von Michaelis dsS. Js. ab an Studirende der philosophischen Facultät, vorzugsweise aus BreSIau, Äroßglogau, Lübben und Leipzig, wobei auf Blutsverwandte d»S Stifters besondere Rücksicht zu nehmen ist, zu vergeben. Wir fordern diejenigen Herren Studirendcn, welche Anspruch auf dieses Stipendium machen wollen, hierdurch auf, ihre diessallsigen Gesuche bis zum 30. September d. IS. schriftlich und unter Bei- füguug der erforderlichen Bescheinigungen bei uns einzureichen. Leipzig, den 26. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndltu. Morche. ikekannlmachung. Nachdem die beim Abbruche der alten Eisenbahnbrücke in der Delitzscher Straße gewonnenen Materialien dem im Versteigerungs- termme vom 17. dss. Mts. Höchstbietenden zugejchlagen worden sind, weiden die übrigen Bieter hierdurch aus ihren Angeboten entlassen. Leipzig, am 27. Juli 1863. Der Rath der Stadt Leipzig. Ie. 3802. Vr. Tröndlin. Colditz. Ausschreibung. Die Anfertigung und Anlieferung der Sandsteine aus Roch, lltzer Porphyr zum Neubau der 3. Realschule am Schleußiger Wege soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Verwaltung Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 6, auS und können daselbst cingesehen, erste« auch gegen Ent- richtung von 1,50 >l, welche auch in Briefmarken cingeseudet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Rochlttzcr Porphyr III. Realschule" verseben ebendaselbst portofrei und zwar bis zum 12. August er. Nachmittags » Uhr einzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, bez. die Thetlung der Arbeiten und die Ablehnung sämmtlicher An geboie vor. Leipzig, den 27. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 3602. Vr. Tröndlin. Cichorius. Gesucht wird der am 8. März 1846 in Schweidnitz geborene Geschirrführer Karl Artedrich Engelmann, weicher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, deo 31. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig, Armriiamt. Abth. II. 8. VH. 1026K/2321. Hrntschel. Poppitz. Gesucht wird der am 17. Juli 1850 in Wilschkowitz geborene Handarbeiter Earl Wilhelm Knorr, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 29. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig, 8. III. 2028. Armenamt, Abth. II. Hentschel. Kappel. Gesucht wird der am 14. Juli 1845 in Anger-Croltendorf bei Leipzig geborene Handarbeiter Varl (Gottfried Heinrich Kriege!, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 1. August 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Armen-Amt, Abth. II. 8. HI. 1864. Hentschel. Kappel. Lekannlmachung. Di« Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug In der Zeit vom 24. bis 30. Juli ds. IS. im Argandbrenner bei 150 Litern stündlichem Consum das 19,2 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammcubühe. DaS specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,450. Leipzig, am 3l Juli 1893. De» Raths Deputation zu den (Gasanstalte». Lekannlmachung. Zum Behus der gegen Ende jedes akademischen Halbjahres zu haltenden Revision der UniversitätS. Bibliothek werde» die Herren Ttudtrenden. welche Bücher auS derselben entliehen haben, aus- gefordert, dies« am 81. Juli. 1—k. August gegen Rückgabe der Empfangsbescheinigungen obzuliesern. Di« Ablieferung wird in der Weise zu geschehen haben, daß die- jenigen, deren Namen mit einem der Buchstaben ä—8 aniangen, am 31. Juli und 1. August, die, deren Namen mit einem der Buch- staben 1—8 beginnen, am 2. und 3. August, und die Uebrigen am 4. und 5. August (früh zwischen 10—1 Uhr) abliesern. Alle übrigen Entleiher werden aufgefordert, die an sie verliehenen Bücher am 7.—II. August (»vähread der gewöhnlichen LeffnungsslunLe») zurückzugeben. Während der RevisionSzeit (31. Juli bi« 14. August incl.) können Bücher nicht auSaeltehen werden. Leipzig, den 25 Juli 1893. Die Dirretton ber U»iverfltät«-Vtblt«ttzer. Diebstahls-Seklinntnillchimg. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine goldcne Tamcnuhr mit glatter Rückseite und wavpen- ähnlichem Schildchen, im Innern die Reparalur.Nuinmer 8. dl. 6346, mit auhängender kurzer Talinikette nebst Quaste, am 19. d. M.; 2) eine silberne Remoutoiruhr i»it verziertem Goldrand, Sec., Rückseite mit wappenähnlichem Schildchen, daraus 8." gravirt, am 30. d. M.; 3) eine silberne vhlinürruhr mit verzierter Rückseite, Repara- tur-Nummer 9625 6. äl., einige» Eindrücken am Rand und an- hängender schlangensürmiger Talinikette mit einem Berbands- zeilhcn — Eichcnkrunz mit verschlungenen Händen — am 23. d. M.; 4) eine silberne tiylindrruhr mit Secunde, Goldrand, genarbter Rückseite mit Schildchen und anbänaender golbcner Kette, von oben nach unten schwach zulaufeno, mit goldenem viereckige» Medaillon, am 25. d. M.; 5) ciur silberne vylindcruhr mit Secunde, Goldrand, gravirtcr Rückseite und einer Stecknadel am Bügel, sowie anliäiigciider kurzer breiter Nickelkette mit ausgesägter Münze, am 24. d. M.; 6) eine silberne vyliuderuhr mit Secunde, Goldrand, der Be« zeichnung „8. Lnrxxrnt" im Innern und anhängender Rtckrlkette mit Dreikaiscrmünzc, am 27. d. M.: 7) ein grauer Reiscmantel mit carrirtem Futter und Kettchen- Henkel, am 15. d. M.; 8) eine «roste Wageuplane, fast neu, mit dem Zeichen „Lettler io Vietr'°. am 19. d. M.; 9) 3 Paar sog. Wiener KrauStauben, braun- und weiß- gefiedert, 1 Rvuicr-Taubert, hell- und dunkelblau gefiedert, und eine Trouiiucltaube, dunkelblau gefiedert, in der Nacht vom 29.-30. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lriminal-Abthrilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 31. Juli 1893. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: vr. Schmid. vr. Krüger, Lrim.-Comm. Erledigung der Stelle eines ersten Stadtraths. Laut Beschluß der hiesigen Stadtverordneten-Versammlung soll die demnächst srei werdende Stelle eines ersten Stadtraths der Haupt- und Residenzstadt Dessau möglichst bald für eine zwölfjährige Periode durch Neuwahl wieder besetzt werLen. — Mit diesem Amte wird unter der Bedingung des rcversmäßigen Verzichts aus ander- weite Erwcrbsthätigkeit und gegen die Verpflichtung, das Amt inner halb der Wahlperiode nicht ohne vorangcgangene vierteljährliche Kündigung niederzulegcn, ein Gehalt von zunächst 3600 .äl ver bunden, dessen Erhöhung um je 300 >4 von 3 zu 3 Jahren bis zum Höchslbclrage von 4500 .^l von der Beschlußfassung der SlaLt- verordneten-Vcrsammlung und cintretenden Falles von der Landes herrlichen Genehmigung abhängt. Gemäß 8. 106 der Anhaltischcn Gcmeindcordnung gebührt den besoldete» Stadtrüthen, falls dieselben bei Ablaus der Ticnslperiode nicht wieder gewählt oder bestätigt werde», nach zwölfjähriger Dienst- zeit die Hälfte des Gehalts als jährliche Pension, deren Betrag mit ,cdem weiteren Dienstjahre um Proccnt des Gehalts bis zur Höhe des letzteren selbst steigt. — Ebenso wird der neu zu wählende Sladtrath Mitglied der Auhaltischen Wiltwencasse unter den hierfür festgesetzten Bedingungen. Bewerbungen sind an die Stadtverordneten- Versammlung z. H. des Unterzeichneten Vorstehers binnen drei Wochen zu richten und müssen Nachweisen, Laß der Bewerber die Befähigung für das Richteramt oder den höheren Verwaltungsdienst besitzt. lieber die etwaige bisherige Berufslhütigkeit sind besondere Zeug nisse bcizusügen. Ebenso ist mitzutheilen, mit welchem Zeitpunkte der Bewerber das Amt antreten könnte. Dessau, den 26. Juli 1893. Ter Stadtvrrordnetcn-Vorfteher. Rümeliu. Arbeiter-Verhältnisse in der Landwirthschaft. ?. 0. Neben den Vorgängen auf der politischen Bübne in den letzten Monaten ist wenig Interesse für andere Dinge übrig geblieben. So haben auch die Verhandlungen deS „Vereins für Socialpolitik" aus seiner diesjährigen Jahresversamm lung keine tiefere Wirkung hinterlasscn. Im vaterländischen Interesse ist das zu bedauern. Von den Gruppen unseres wirtbschastlichcn und nationalen Lebens, die der genannte Verein zum Gegenstand seiner fleißigen Forschungen macht, bat jede vollen Anspruch auf Beachtung, die Arbeiter zustände im Ackerbau, das Object der diesjährigen Enqußtc, ohne Frage sehr bedeutenden. Der Verein hat sich damit einer eigenartigen Cultur-Erscheinung der Neuzeit zu gewandt. Zwar soll nicht verschwiegen werden, daß den Nachforschungen deS Vereins für Socialpolitik Einseitigkeit insofern anhastet, als ihre Ausweise nur von Arbeitgebern nnd Geistlichen stammen, die Arbeiter selbst nicht befragt worden sind; immerhin liefern die in drei Bänden nieder- aelcgten Ergebnisse viel lehrreiches Material. Die Werth- schätzungdessclben wächstimHinblick auf dir Schwierigkeiten seiner Beschaffung. Der Fernstehende wird sich kaum bewußt darüber, daß die LandwiNhschaft nicht wie die Industrie im Arbeiterwcsen bestimmte durchlaufende Züge aufweist, sondern ihre Physiognomie von Provinz zu Provinz wechselt. Ilm die Menge der herrschenden Verschiedenheiten gleichwohl unter eine gewisse Einheitlichkeit zu bringen, gliedert die Enquöte des Vereins für Socialpolitik die preußische Monarchie in 3 Hauptgruppen von Arbeiter-Verfassungen, die sich an dem Laufe der Ströme verfolgen lassen: rr. Rheinland-Westfalen bis zur Weser; b. das Gebiet zwischen Weser und Elbe, daS ebemalige Niedcrsachscn; c. die Gebiete rechts der Elbe, die altaiigestammlen Provinzen Preußens. Die ersten beiden Gruppen befinden sich in der bevorzugten Lage, keine Landarbeilcr-Misfire zu kennen. Ihre Aarar- Verfassung ist und war von jeher günstig. In den Land gemeinden vom Rhein bis zur Elbe, beziehentlich in Niedcr- sachsen haben die Arbeiter eigenen selbstständigen Erwerb, tbeilS Oekonomic, tbeilS Hausindustrie, die Lohnarbeit bildet für sie nur einen Neben-Verdicnst. In beiden Gruppen ist überdies in der Verrheilung von Grund und Boden der so sehr wünschcnSwerlhe Zuschnitt zu finden: eö herrschen die Bauerndörfer vor bei wenig Großgrundbesitz. Ganz anders sieht cS im Osten der Elbe. Hier dominirl seit Alters der Großgrundbesitz mit contractlich gebundenen Arbeitskräften. Uebcr diese Zustände schließt vic EnquSte mit recht trüben Resultaten ab; sie muß constatiren, daß die Arbeiter-Ver hältnisse gleich dem Großgrundbesitz selber in Gabrung und Zersetzung begriffen sind Unter der Bevölkerung ist eine tiefe Unzufriedenveit emgerisien, veren Ende sich zu« Zeit noch nicht adsehen läßt, skeptische Stimmen sehen -de» «inen Zu fluß von polnischen Arbeitern und damit ein Sinken der Lebenshaltung voraus, wie cs heute schon theilweise wahr- zunebmen ist. Eingehend zu schildern, wie das Alles gekommen ist, kann nicht Aufgabe dieser wenigen Zeilen sein, wir müssen uns auf einige hcrvortretende Züge beschränken. Die heutigen Zustände reichen mit ihren Wurzeln in den Anfang unseres Jahrhunderts zurück. Bis dahin herrschte in der Agrar-Versassniig der alten Provinzen Preußens (in der Mark, Ost- und West-Preußen, Schlesien u. s. f.) daS feudale WirthschaslSsystcm vor, dessen Mittclpunct daS Rittergut bildete. Diesem schlossen sich die rrbunterthänigen Dors- Jnsassen als Nebcnglicder an, beide gegenseitig aus sich an gewiesen und beide eine geschlossene wirthschastlichc Einheit bil dend. Der Typus des Arbeiters von damals und während der folgenden Zeit ist der Jnstmann. Derselbe bekam bei freier Woh nung Anlheil an Ackerland, Weide nnd Drusch-Ertrag und hatte somit bei gleichlaufenden Interessen mit der Herrschaft von selbst guten Grund zu einer festgefügten Ordnung im GutSverband. Mit dem Edict von 1807, mit der Aus hebung der Erb-Unlerthänigkeit, bekam diese feste Ordnung den ersten Riß. Die Fehler dieser Gesetzgebung, welche die Frvhndienste löste und gleichwohl bestimmte Arbeits-Ver pflichtungen zurückließ, schufen viel Mißvergnügte, die ihre Scholleverließen. DaseinschneibendsteMoment istabernunindcr allmäligen Umwälzung der Bewirthschastung zu suchen. ES begann der succcssive Ausschwung in der Viebzucht, im Brennereiwcsen, die Einführung deS Zuckerrübenbaues und mit diesem die Steigerung im Getreidebau, das Verdrängen der Handarbeit durch Maschinen. Letzteres wurde zum Hauplanstoß für die Arbciter-Misöre; die Dreschmaschine bar geradezu eine Art Revolution bewirkt. WaS früher die Beschäftigung für die langen Winlermonate lieferte, daS Dreschen, verrichtete nun die Maschine im Zu sehen Von Stund' an wurden die Arbeitskräfte zum großen Thcil entbehrlich, und an Stelle des festen Arbeiters trat der Saison- und Wanderarbeiter. In dieser Verschiebung ihrer Existenz-Bedingungen wurzelt der Hauptgrund zu dcrZersctzung in den Arbeiter-Verhältnissen. Daß diese Zersetzung a» manchen Orten auch durch die Guts- Herrschaft, d b. durch ihre» Mangel an Wohlwollen gegen die Arbeiter, Nahrung erhalten hat — diese bedauerliche Thatsachc ist durch die EnguLte des Vereins für Socialpolitik aufs Neue bestätigt worden. So berichtet dieselbe, um nur einiger Stellen zu gedenken, aus Schlesien vom dortigen Gulsadel, „daß diesem bei vielfach opulenter Lebensweise für eine menschenwürdige Existenz seiner Arbeiter jegliches Interesse fehle", und aus Ostpreußen, „daß der Arbeiter, an sich tüchtig, durch Jahrhunderte lange schlechte Behandlung verwahrlost sei" „Im Gefühl, meistens nur als Maschine betrachtet zu werden, welche die Guts herren durch Löhnung mit Heizstoff versorgen, damit dieser sich zu ihrem Nutzen in Körperwärme und Kraft umsetze, und in der Erfahrung, wie wenig sich die Herrschaften sonst um ihr Wobl und Wehe kümmern, hat sich auf dem Grunde der Seele eine Bitterkeit abgelagert, die von vornherein jede edlere Regung vergällt" Solchen Zeugnissen gegenüber erregt es doppeltes Befremden, daß eine Hand voll ostpreußischer Grundbesitzer auS großen und größten Verhältnissen sich sorlwäbrenv dazu aufwirft, die ländlichen Verhältnisse allein oder doch besser verstehen zu wolle», als andere Bcurthcilcr. Mag bei den Erhebungen deS Vereins für Socialpolitik vereinzelt vielleicht eine gewisse Schärfe im Urtheil mit eingeflossen sein, so bleibt doch nach Abzug dieser Schärse noch genug deS Unerauicklichen übrig, um es begreif lich erscheinen zu lassen, daß so viele ländliche Arbeiter im Osten ihrer Hcimath den Rücken kehren. Hierzu tritt nun der Zug unserer Zeit, der Drang nach Freiheit. Der Jnstmann der patriarchalischen Zeilen, daS ist notorisch, lebte besser als der Lohnarbeiter von heute, die ehemalige Ernährung von Getreide- und Milchproducten ist ans die leidige Kartoffellost gesunken. Indessen, ob mit Reckt oder mitUnrccht, daS Streben nach Freiheit überwiegt Liese Rücksicht, der GutSarbeiler von heule will nun einmal nicht mehr avbängig sein. Verschließt sich somit nach allen Feststellungen kein Ein sichtiger mehr der Erkcnntniß, daß auf den großen Ländereien im Osten Deutschlands schlimme Arbeiter-Verhältnisse bestehen, so verkennt auch Niemand mehr die Evnscauenz daraus, die Nothwcnbigkeit der Abhilfe. Kaum eine Eulturaufgabe der Jetztzeit ist so schwerwiegend, wie die Sanirung dieses Zu standes und die frühe Abwehr gegen Arbeiterzufluß aus Polen und Galizien mit dem Hcrabdrücke» des Lebensniveaus. In der Ansiedelung eines kräftigen, lebensfähigen Bauernstandes muß die Aufbesserung gesüßt werden, darin stimmen alle urtbeilSfähigen Beobachter überein. Dem Großstädter mögen hier Zweifel auftauchen, ob Bauern als solche bei dem heutigen Stande der Bcwirtbschaftuiig auch Wohl bestehen könne». TaS ist ein begreiflicher Ge danke, indessen eine Täuschung. Dir Begründung hierzu würde eine Erörterung für sich erfordern; hier nur so viel, daß die Landwirthschast l icht mit der Industrie die Tendenz gemein bat, sich durch Großbetrieb zu verbilligen. DaS trifft nur für vestinimte Fälle zu. Es kommt eine Grenze der Au-dchnung, wo die Rentabilität umschlägt, weil zu große Streckung die Intensität hindert. Bei weitliegcndcn Anßenschläaen bleibt der Prosit an den Rädern hängen, sagt man. Daher der Verfall der Latifunvien. In Nordamerika nehmen die Farmen von Osten nach Westen zu ab, und die californischen Ricsenfarmen bezeichnen nicht den Anfang, sondern La» Enke ihrer Art. Im europäischen Rußland ist eine ähnliche Erscheinung zu beobachten. In Hinsicht der Rentabilität hat also die Ansiedelung keine Bedenken, wohl aber fehlen die Mittel. Zu diesem Eulturwerk gehören, um es in größerem Maßstabe in Angriff zu »ehlnen, sehr bedeutende Fonds, e« müsste unter Bclbeiliguiig der gesammten Nation gcscheben. Ob cS eazu kommen wird, steht freilich dahin. Man hofft, daS Nationalgesühl werde dazu anspcrnen, die drohende polnische Fluthwelle in den Ostinarken unsere- NeickeS ad;u- wcbre», und vielleicht kommt die Zeit wo unsere vermögen de» Kreise sich mit ihren Eapilalanlagen von sragwüibigen ausländischen Werthen ab- und dafür heimischen Unter nehmungen zuwenden. Deutsches Reii^ II Berlin, 31. Juli. Die „Freisinnige Zeitung", die sich seit längerer Zeit mit der Wiedergabe abfälliger Urtheile der EentrumSpresse über die ReichSsinanzreform begnügte, nimmt jetzt selbst das Wort, natürlich, um den Plan in büchst abfälliger Weise zu kritischen. Wie sie dabei mit den Thatsachen verfährt, mögen folgende beiden Beispiele zeigen. Um mit einer möglichst hohen Summe de» Er- sordernisscS an neuen Steuern von vornherein Stimmung gegen den Plan bei den Steuerzahlern zu machen, unter stellt sie, daß der Differenz der Ueverweisungen und Malricularuuilagen zu Gunsten der Bundesstaaten nicht blvS der Durchschnitt deS normalen, d. h. deS etat-mäßigen Ucberschuffes der Ueberweisniigen über die Matricnlarumlagcn, sondern auch die außerordentlichen Mchrübcrwrisungeu in Folge Mchrertrags der Zölle ic. über den Etat hinaus zu Grunde gelegt werden sollen. Wie dies auS den betreffenden Darlegungen sür Jeden, welcher nicht mißverstehen will, klar erhellt, handelt es sich.aber nur darum, den Bundesstaaten daS zu belassen, aus was sie in den letzten Jahren sür ihren Staatshaushalt rechnen konnten, d. h. den Durchschnitt des Mehrbetrages der Ueberweisungen über vic Matricularumlagen nach dem Etatüansatz. Selbst wenn man dabei davon ausgeht, daß nicht der Durchschnitt der allerletzten Jabre, sondern etwa der 1887 in Aussicht genommene Ucbcrschuß der Ueber- wcisungen über die Matricularumlagen zu Grunde zu legen ist, bleibt der Bedarf doch noch um 30 Millionen Mark bmter der Berechnung der „Freisinnigen Zeitung" zurück. Wie die Steuerzahler durch die Zudichtung dieser 30 Mil lionen Mark gegen die Finanzrcform gestimmt werden sollen, so wird der Widerspruch der Regierungen der Bundes staaten durch die Ausmachung eines großen „Verlustkontos" anzusachen versucht Dabei wird für die nächsten 5 Jahre ein Mehrerlrag der Zölle von 83 Millionen zu Grunde gelegt und den Bundesstaaten in voller Höhe als Verlust angerechnet, während die Möglichkeit einer Erhöhung der Matricular umlagen nur leise angedeutet wird. Wenn die „Freisinnige Zeitung" sich in Bezug aus die Zahl von 83 Millionen Mark aus die Auslassungen des Vertreters deS RcichS- schatzamtcS in der Militaircommission (S. 31 deS Berichts) berust, so ist zunächst hervorzubcbcn, daß dieser selbst nur mit rund 67 Millionen Mark Mchrcrlrägcn der Zollein- nabme rechnet (S. 29 und 30 erste Spalte) und daß die bezüglichen Angaben (S. 3l zweite Spalte) lediglich be zweckte», die Berechnung ans 67 Millionen Mark gegen die Angriffe eines Mitgliedes der Militaircommission zu ver- thcidigcn. Dieses Mitglied, wie nach der Art der Deduction aiizunehmen ist, Herr Eugen Richter, halte die Schätzung des Mehrcrtrageö der Zölle aus 67 Millionen bemängelt, weil sie auf der Annabme der Stabilität der jetzigen Schutz zölle beruhe. Demgegenüber wurden jene Zahlenangaben gemacht, um zu zeigen, daß bei der Annahme der 67 Millionen Mark sehr vorsichtig und bereit« mit der Möglichkeit eines Ausfalles gerechnet sei. Die Zahl von 83 Millionen Mark wurde denn auch von einem Mitglied! der Eommission, wie anzunehmen wiederum Herrn Eugen Richter, als unsicher und willkürlich bezeichnet. Ins besondere seien die Einnahmen aus den Getreidezöllen ganz erheblich zurückgegangen und ein weiterer Rückgang der Ein- nabme sei mindestens wahrscheinlich (E. 32 a. a. O.). Was aber die Frage anlangt, ob jene 70 Millionen Mark Mehr- einnabme (67 Millionen Mark an Zöllen, über 3 Millionen auS den Betriebsverwaltungen) den Bundesstaaten verbleiben würde», so lasse» wir am besten jenes Mitglied der Militair- commission, also Herrn Eugen Richter selbst, sprechen: „Die Mehrausgaben seien in der Berechnung viel zu knapp berechnet. Selbst wenn man zugcben wollte, daß die Mehrerträge auS den Zöllen künftig dem Reiche verbleiben sollen, so würden diese 70 Millionen sür die natürlichen Mehrbedürsnisse deS Reichs in keiner Weise auSreichen, da schon jetzt 38 Millionen auf jene 70 Millionen fest angewiesen seien nach der Anrechnung des Reichs- schatzamtrs. Mit einer Steigerung von durchschnittlich 5 Millionen Mark jährlich sei dem Reiche sür die naturgemäße Steigerung der Ausgaben nicht gedient. Ganz und gar nicht beseitigt sei die Perspective eines neuen DeckungsbedürfnisseS, nämlich eines durch die vorgeleglen drei Steuergesetze nicht gedeckten Deficits von 22 Millionen Mark, welches sich schon für den Etat 1894/95 ergebe. Die Mehrforderungen für den HauShaltselat 1894/95 werden sich nämlich im Lrdinarium, ganz abgesehen von der Militairvorlag«, folgendermaßen beziffern: sür Jn- validiläts- und Altersversicherung mehr 3900000 ^l, sür plan mäßige Personalvermehrung der Marine mehr 946 000 ^!, für Zinsen der NeichSschuld mehr 4 983000 X, sür den PensionSsondS mehr 2 000000 .< Ausfall eines Ueberschusses aus dem Vorjahre von 4 147 232 ^l, Deckung deS Deficits aus dem lausenden Etats- jahr vo» 6 000 000 zusammen mehr 21 976 232 Nachdem man in den letzten 5 Jahren 1300 Millionen Mark Schulden ge macht, der Marine-Eta! in 10 Jahren um 116 Millionen Mark an- gewachjen, zeige das Jahr 1894/95 nur de» sicheren Anfang einer sortgeietzten Periode finanzieller Verlegenheiten, auch abgesehen von der Militairvorlage. Der Trost, daß die bisherigen „Jugendjahre" des Reichs die starke» Mehrausgaben veranlaßt haben, verfange nicht, auch daS reise Alter erheische große Ausgaben, man denke z. B. nur an die Pläne der Bcwassuungsrcsorin." Daß der Mehrbedarf durch entsprechende Erhöhung der Matricularumlagen gedeckt werden müßte, ist klar, und daß demnach die Bundesstaaten von jener Summe, welche jetzt aus ibr Verlustkonto gesetzt werden soll, keinen rotben Heller behalten würden, nicht minder. Welche Berechtigung eine Kritik besitzt, die sich aus solchen thatsächlichcn Unterlagen aufbaut, kann der freien Beurlheilung überlassen bleiben. * Berlin, 31. Juli. Ueber den Dienst der Volk»« schullehrer im deutschen Heere geht dem „Schw. M." von bclheiligter Seite folgender Vorschlag zu: Nachdem die Militairvorlage mit der zweijäbrigen Dienstzeit und Ab schaffung der fünfmonatigen Hebungen der Ersatzreservisten angenommen worden ist, erhebt sich die Frage nach der Stellung, welche rie VolkSschullekrcr hinsichtlich des Militair- diensteS in Zukunft einnchmen werden. Sie üben bekanntlich gegenwärtig 10 Woche» (früher gar nur 6), werden später aus 6 Wochen und dann noch einmal aus 4 Wochen einge zogen Wenn nun von Seiten der militairischen Autoritäten allgemein sestgestellt wird, die 20 wöchige Hebung der Ersatzreservisten sei durchaus ungenügend zur Ausbildung eine« brauchbaren Kriegers, so wird gewiß auch Niemand behaupte« wollen, die VolkSschullehr» konnte»
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