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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930805019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893080501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893080501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-05
- Monat1893-08
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BezugS-PreiS tzauptexpedttto» „der dm d» Stadt. b»»irk »»d de» Vororte» errichtete» L»«. gabestelle» «bgeholt: vierteljährlich hei poeimaliaer täglicher Zustrll»»» t»« Ha»» » LchL Dmch dl» Post bezogen für De»tschia»d und Oesterreich: vietteliährltch ^ ö.—. Direct» tägliche ltreuzbaadjenduug 1»» U»»la»d: »waatlich u« 7^0. Die Morgeu-Allägab« erscheint täglich'/,? di« dlbrad-Slolgobe Wochentag» k Uhr. NeLacttoa und Er-edittr«: Aehmlnrsgasse 8. DieLrpedttio» geöffnet vo, Filiale«: vtt» Me«»'» Earti». (Alfred -ahtüb Universität»streh« I. Laut« Lösche» -athariamftr. 1^ pari, »nd K-»ß»»vl«tz 7. ^?3W. Morgen-Ausgabe. rwMer EWMall Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. A«zeige«»PreiS die S gespaltene Petitzeile LO Pf^ Nerlame» nater dem Redaction»strich (4aee spalte») b0>4, vor de» Famllie»»achrichku (6 gelpalte») 40 ^ Erobere Schriften laut »nsere« PrelS- Verzeichnis. Tabellarischer »nd ZiMtzstzD »ach höherem Tarif. Ertr«-Vellageu (gesalzt), »nr mit der Mora«». Autgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesürdernag ^ 70--»» Ilauahmeschluß fir Äazeize»; Abend.An-gab«: vormittag» 10 Uhr. Marge».Autgabe: Nachmittag» »Uhr. Eon», »nd Festtag» früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia» halb« Stand« früher. » Auzrigru sind stet» a, dt» Grtzedttta« »» richte». Dt»«! und Verlag von E. V»k» k» Leipzig. Sonnabend den 5. August 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 6. August, Bormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpeüMvn des L-elpLißer ^axedluttes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Sn- «nd Absahrt für die am 5. und 6. August ». e. ftattfindenden Rennen betressend. 1) An diesen Tagen ist Nachmittag» von 1—6 Uhr der Scheiben- weg vom Schmutziger Weg ab bi» zum Jvhannapark-Wege für den öffentlichen Fahr- und Reitverkehr und vom Schleutziger Wege bi- zum Krttensteg auch sür den Fußver- lehr aesperrt. L) Die Ansahrt kann von allen Straßen erfolgen, nur bleibt sür dieselbe der Weg durch da» Scheibeuholz gesperrt. Diejenigen Wagen, deren Insassen an der Tribüne au», steigen wollen, haben link» von der an der Tribüne errichteten Einfriedigung hintereinander und nicht nebeneinander an. zusahren; die>enigen Wagen, welche mit Karten versehen sind und direct nach dem Wagenpla» fahren wollen, haben rechts an der Einfriedigung vorüberzusahren. 8) Bi» zum Schluß der Rennen haben sämmtliche Wagen durch da» Scheibeuholz abzusahrkN. 4) Nach Schluß der Rennen haben die zur Rückfahrt bestimmten Wagen ausschließlich aus der Westseite der Einfriedigung an- bez. vorüberzusahren. Da» Vorfahren vor der Front der Tribüne ist verboten. 5) Nachmittag» von 1—0 Uhr darf aus dem Schleußiger Wege kein Wagen halten. 6) Für Fahrten nach der Rennbahn haben sich die Droschken- Wischer da» Fahrgeld im vor»«» bezahlen zu lassen. Zuwiderhaadlunaen werden mit Geldstrafe bi» zu 30 oder mit entsprechender Haft besttost. Leipzig, am 4. August 1893. Der Rath und da» Polizeiautt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: v. L. 2861. vr. Tröndlin. vr. Echmid. Ausschreibung. Die Ausführung ». der «rd- und Maurerarbeiten. i>. der Stetnmetzarbeiteu am Erweiterungsbau der L7. Bezirksschul« in Leipzig-Connewitz au der Schillerfttatzc soll an einen Unternehmer verdungen werden. Di« Bedingungen und Arbeit-Verzeichnisse für diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Verwaltung Rathhau», 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 6, au» und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 3 zu ». und 1,50 zu d, welche auch in Briefmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezüglich« Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrist: „27. Vejirk-schnie, Vrd- und Manrrrarbette« bez. Stein- metzarbeiten" versehen ebendaselbst vortostet und zwar bi» zum IS. August d. A. vormittag» 16 Uhr einzureichen Der Rach behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, bez. die Thetlung d« Arbeiten und di» Ablehnung simmtlicher An- geböte vor. Leipzig, den 1. August 1893. Der Rath «er Stabt Leipzig. Vr. Tröndlin. vr. Donndorf. Lekaunlmachuu-. verloren gegangen sind die Arbeitsbücher de» Arbeitsburschen Laut» Arthur Emil Richter, geb. 30./8. 73 in Dresden (Brandt« 6/1888); der Arbeiterin Lina Pauline Kaiser, geb. 26./10. 77 in Liudenau (Leipzig 22179/1892); de» Gelbgtetzerlchrlings Friedrich Wilhelm Walter Römer, geb. ' 17./1. 77 in Neuschönefeld (Leipzig 1L07/I89I); de» Arb«tt»bnrsch«n Robert Gustav Darr», geb. 13./5. 73 in Seiler. Hausen (Leipzig 27b8/1893); Le» Barbiergehtlsen Gustav Elze, geb. 20./I. 75 in Groß-Badegast (Groß-Badegast 1889); de» Zimmergejeuen Franz Krümmling, geb. 20./5. 7b in Reudnitz (Sellerhausen 44/I8W); de» Schintedegesellen Julius Reinhard Thteme, geb. 11./S. 72 in Eonnewitz (Lindenau 26,188^: der Falzerin Mlhelmine Emma «alle, geb. 12./12.73 in Abtnann. darf (Leipzig 11890/1892) und de» Arbeitsbunchen Heinrich Karl Matze, geb. 28/12. 77 in Volk- marsdors (Leipzig 9936/I8S2). Wir bitten diese Arbeitsbücher, wenn sie gefunden werden, Raschmarkt 2, Erdgeschoß, obzulieferu. Leipzig, am 3. August 1M3. Der Rath per Stadt Leipzig. Itt. Tröndlin. Petzoldt. Neubau der „Heil. LreuMrche", L.-lleusta-t. Die Zimmerarbeiten sollen im Weg« der öffentlichen Sn», schrribung vergeben werden. Angebote sind versiegelt und portofrei mit entsprechender Aus. schrift bi» IS. August b. A. Nachm. 6 Uhr in der Kttchew- Expedttlon, L.-Neuschöneseld, Llarasttvß« 16, abzugeben. SubmilsionSbedingungen, Anschlaglanszug und Zeichnungen sind gegen Hinterlegung von 2 ^4 im Bauburrau, L.-Neusladt, Markt- platz, in Empfang zu nehmen, woselbst auch die Detoitzrichnungen eingesehen werden können Leipzig, den 4. August 1893. Der Kirchenvarstanb. M. Pache, Pf. Der I. internationale Samariter-Longreß in Wien 1893. Kd. Im Marz 1893 bat iu Wie» ein ComitS mit vr. Th. Billrotb als Präsidenten, vr. I. N. Prix, Bürgermeister von Wien, und vr. Anton Loew al» Bice- Prästdenten einen Aufruf erlassen, in welchem es alle Menschenfreunde, vor Allem die Aerzte, sodann aber alle HilfSvereio«, Rettung«vereiae, freiwillige Feuerwehren und Wafferwehren, Turnvereine, Samaritervereine, Kriegcr- vereine rc. auffordert, ihren Beitritt zu einem inter nationalen Samariter-Congreß (Adresse: Comitü de» Samariter-Congreffe» Wien I, Kärntnerring Nr. 7) an- zumeldcn. Als Zeit des Congresses war die erste September woche 1893 in Aussicht genommen. Nunmehr haben die Anmeldungen zum Congrcß bereits die Zahl 400 überschritten, und zwar sind zahlreiche Vertreter von Regierungen, Städten, ärztlichen Corporationen, Feuerwehren, Samaritervereincn und anderen HumanitätSvereinen vfficiell angesagt. Die Vor arbeiten für den Congreß sind abgeschlossen. Die einleitenden Referate werden in nächster Zeit zur Versendung an die Mitglieder gelangen. Auch ein ziemlich umfangreiches Fest- irogramm ist bereits veröffentlicht, welches mit einer zwang losen Zusammenkunft der Theilnchmcr am Abend des 7. Sep tember beginnt und mit einer gemeinsamen Fahrt nach Pest am N. September seinen Abschluß findet. Dieser Congreß hat in der Hauptsache einen organi satorischen Zweck. Es soll — und zwar augenscheinlich zu nächst für die Länder der österreichischen Krone — ein Samariterbund begründet werden. Dem Bund ist dir Aufgabe zugedacht, die Kräfte der Nächstenliebe und Barm herzigkeit, welche sür Kriegszeiten im „Nolhen Kreuz" zu sammengefaßt sind, nunmehr auch für die Nothstände in Zeiten des Friedens über die einzelnen Länder einheitlich zu oraanisiren. Die Gesellschaft ist noch immer — wie sich der Aufruf ausdrückt — machtlos Katastrophen gegenüber, welche mit elementarer Gewalt Hereinbrechen. Nur wenige Tbränen zu trocknen vermag der Opferniuth des Opfer- muthigsten; gesprengt sind die Bande aller Vereine des schwergeprüften OrteS, deren Aufgabe eS wäre, zu retten und zu helfen; im Feuer, im Wasser sind die technischen Hilfsmittel zu Grunde gegangen, über welche die Gemeinde verfügt; der Tod hat die berufensten und nächsten Helfer nicht verschont; der Staat selbst ist für den Augenblick machtlos. Haben nicht schon Tausende von Menschen wochenlang ihr Lager unter freiem Himmel aufschlagen müssen, tagelang wartend, daß man sie mit Kleidern versehe, ibren Hunger stille, ihre Todten fortschaffe, ihren Kranken Heilung bringe? Wie die Strafe dem Verbrechen, so kam von fernher die Hilfe dem Unglück nachgehinkt. Mangel an Geld und an technischen Hilfsmitteln, der Mangel einer Oberleitung und eines stctS bereite» Personal» haben in solchen Fällen die Nettungöaclwn gehemmt, gehindert und verzögert. Private und Vereine, Staat und Gemeinde haben stets nach Kräften ihre Pflicht erfüllt, dock die Hilfe war nur halbe Hilfe, denn sie ward zu langsam, oft leider auch zu spät gegeben. Diesem Uebelsiande will der I. internationale Samariter Congreß durch Gründung des SamarilerbundeS abhelfen. ES kann dabei nicht seine Absicht sein, Vorhandenes zu zer stören und dann einen Neubau aufzuführen aus Trümmern, die vielleicht nicht zu einander passen. Was an Hilfs vereinen, RettungS- und Samaritervereinen, Feuerwehren, Wasserwehren rc. besteht, soll erhalten bleiben in seiner gegen wärtigrn Form und Selbstständigkeit. Der Samariterbund soll nur die einzelnen Glieder zu einem organischen, kraft vollen Körper, die verstreuten Bausteine zu einem mächtigen Gebäude vereinigen, das auch dem stärksten Sturme wider stehen kann. Aus dem Ganzen werden die Theile frische Lebenskraft schöpfen. Wo Unterstützung noththut, werden die Corporationen, welche dem Samariterbunde beitrelen, sie vom Bunde erhalte»; wo die Kraft der Localvercine nicht auSreicbt, wird sie die Ergänzung, wo sie vollständig lahm gelegt erscheint, wird sie den vollen Ersatz finden in der Unterstützung de» Samariterbundes. Was die Organisation des Samariterbundes im Einzelnen anbelangt, so soll er eine Centralleitung erhalten, von welcher jede größere HilfSaction auSgeht. Der Samariterbund wird ein Centraldepot seines Materials in Wien, Filialdcpots in den Landeshauptstädten errichten. In den größeren Städten wird der Samariterbund den Rettungsdienst versehen; wo eine bereit- bestehende RettunzSgesellschaft dem Samariter Kunde diese Verpflichtung abnimmt, wird der Bund für alle erwachsenen Kosten aufkommen, nötigenfalls die Schulung des Personals oesorgen, sein eigenes Personal und Material zur Verfügung stellen. Für jede Action, zu welcher ein bereits bestehender Verein vom Samariterbunde beauftragt wird, erfolgt die entsprechende Entschädigung, und der Samariter' bund behält sich nur, bei voller Wahrung der Autonomie der Einzelnen, das Recht der Oberleitung vor. Die Centrale und die Filialvepot« werden im Bedarfsfälle auf die erste Nachricht von einer Katastrophe die nöthigen Hilfsmittel nach dem bei troffenen Orte dirigiren. Das Bemühen de» Samariter' Kunde» wird e» sein, in ein ähnliches Vcrhältniß zum Staate zu treten, wie es zwischen dem „Rothen Kreuz" und dem Staat besteht. E» bereitet sich hiernach für Oesterreich eine Centralisation der gemeinnützigen Hilfeleistung vor, die von großer Bedeutung zu werden verspricht. Allerdings ist bei dieser Organisation allem Anschein nach zunächst nur an Hilfeleistung bei Kata strophen, welche Gesundheit oder Vermögen betreffen, gedacht. Aber e» ist nicht au-geschlofsen, daß an derselben auch die weiteren gemeinnützigen Bestrebungen zur Hebung der Volks Wohlfahrt einen Halt und einen Mittelpunkt finden werden Deutsch«» «eich. ^ Berlin, 4. August. In der kurzen Sommersession des neugewählten Reichstag» konnte begreiflicher Weise auf andere Fragen al- dir der HeereSverstärkung und der damit ver bundenen Neuerungen im Heerwesen (zweijährige Dienstzeit, Halbbataillone u. s. w.) nicht eingegangen werden. ES batte deshalb auch keinerlei praktischen Werth, daß die Cen- trnmSfractiou ein stattliche» Bündel von gesetzgeberischen Anträgen und Anregungen dem Reichstag unterbreitete. Vielleicht sollte e» nur für di« „verjüngte" Fraktion den Be fähigungsnachweis erbringen, daß sie einerseits den Kampfes überlieferungen der Partei die Treue bewahren, andererseits auch die nützliche positive Arbeit fortsetzen könne, wie eS unter Windt- borst und Franckenstein geschrben ist. Wie weil da- Schein und Wirklichkeit, wird sich später zeigen. Einstweilen hat vr.Lieber in der Nachfolge Windlhorst'S als Rufer im Streit so nnglück- lich als nur möglich sich einaefübrt; und wer die Mission Franckenstrin'4 in Zukunft erfüllen soll, ist nach Lage der Dinge völlig unerfindlich. Mit dem wieder nicht ins Parla ment gewählten Frhrn. v. Schorlenier verfahren die CenlrumS- demokraten wie mit einem „Denuncianten" der niedrigsten Sorte, und sür die Ballestrem, Hucne, Porsch rc. ist ein ebenbürtiger Ersatz in der Cenlrunisfraction kaum zu erkennen. Nach alledem recktsertigt sich sogar die Befürchtung, daß die „Ver jüngung" der Fraction in keiner Weise ein Vortbeil sür das sachkundige Zusammenwirken bei all den vielen Fragen war, die von dem Schauplatz des parteipolitischen und parteitaktischen KämpfenS fernab liegen. Bisher, und selbst in den Zeilen heftiger Auseinandersetzungen über poli tische Ziele und Bestrebungen, ist eS dock noch immer gelungen, die manniasaltigen praktischen Erfahrungen, die sich in einzelnen Persönlichkeiten auf allen Seiten des Reichstags verkörpern, gegebenen Falles zu rein sachlich- praktischer Gesetzesarbeit zusammenzufassen. DaS Ergcbniß solcher Arbeitsamkeit kommt überall in der deutschen Recht-- ordnung, wie in der Gestaltung unseres Erwerbs- und Wirt schaftslebens zu lebendigem Ausdruck, ja, es läßt sich wohl behaupten, daß die Früchte jenes unpolitischen, rem sachlichen Schaffen« in hervorragender Weise auch daS hohe Ansehen mit erklären, dessen sich daS deutsche Reichsparla- ment im ersten Viertelzahrhundert seines Daseins er freuen durfte. Es ist im Verlaus der Wahlbewegung des Oeftcrcn an die Wähler die Mahnung ergangen, daß sie bei der Candidaten - Auswahl mindestens auch die Ausrecht- erhaltung dieser besonderen Befähigung teS Parlaments zur praktischen Arbeit beherzigen möchten. Wie es scheint, hat man in den ultramvntancn Reiben diese Mahnung am aller wenigsten berücksichtigt. Den Wählern, die wiederum hinter Ahlwardt, Böckel und Consorten hergelaufen sind, kann man kaum einen schwereren Vorwurf in dieser Hinsicht machen, als den ultramontanen, die an Stelle von praktisch erfahrenen und in >cr parlamentarischen Arbeit bewanderten Partei genossen „neue" Ccntrumsnlänner in den Reichstag entsendeten, die vorläufig nichts weiter sein sollten und auf die Dauer wohl auch nichts anderes sein werden als Nummern in dem Berzeichniß der „zuverlässigen" Streit schaar des Herrn vr. Lieber. Bei den commissarischen Be rathungen wird sich im Lause der nächsten fünf Jahre diese Veränderung in der Qualität der CentrumSsraction empfindlich genug bemerklich machen. Ebenso da» Verschwinden einer namhaften Anzahl ehemaliger freisinniger Parlamentarier, die bei aller Neigung ihres Führers zur gewohnheitsmäßigen Verneinung und kleinlichen Nörgelei sich doch insoweit ihre Selbstständigkeit bewahrten, als sie im engeren Kreis, na mentlich auch in Commissionen, anerkennenSwcrther Weise einer unbefangenen sachlichen Arbeit sich befleißigten, wo immer der grundsätzliche Streit ruben durfte. Wir erinnern nur an die Durchberathung der Novelle zum Krankencassengesetz, des ArbeilerschuygesctzeS, der bedeutsamen Ergänzungen und Erweiterungen unseres GenossenschaflsrcchtcS, des Muster- und Markenschutzes, Patentwesens u. dergl. Die Gesetzgebung der letzten zehn Jahre ist aber noch an mancher anderen Stelle verbesserungsbedürftig. Die Unfall-, wie die AlterS- und Invaliditätsversicherung müssen in möglichst kurzer Frist von dem unliebsamen verwaltung-technischen Beiwerk befreit werden, das die wesentliche Schuld an der Unbeliebtheit dieser Gesetze trägt. Uebcrhaupt ist ja keine getroffene Ordnung in allen Einzelsormen sür alle Zeiten unfehlbar zutreffend, jede will entwickelt und forlgebildet sein, und die Ausgabe des Gesetzgebers ist eS, diese Weiterbildung der Rechts- und WirthschastSordnunHen aus den gegebenen Fundamenten recht zeitig für nothwendig zu erkennen, anzuregen und aus um fassender praktischer Kenntniß heraus demnächst zu vollziehen. Bei der verbessernden Thäligkeit an den erwähnten beiden Arbciterversicherungsaesetzcn, die in der gegenwärtigen Legis laturperiode teS Reichstags nothwendig erfolgen muß, wird eine namhafte Zahl von früheren Mitarbeitern schmerzlich vermißt werden. Die- um so mehr, als die Wähler zwar diese Lücken an persönlicher praktischer Einsicht und Erfahrung leichten Herzens geschaffen, aber wohl nur in den allerwenigsten Fällen „neue" Männer gewählt haben, die im Laufe der Zeit sich eignen, die Lücken auch wieder zu schließen. Insofern, wie gesagt, sind die Personalveränderungen im Centrum und der Ueber- gang von anderthalb Dutzend freisinniger Mandate an Socia- listen und Antisemiten objectiv und subjectiv zu beklagen. Den in verstärkter Zahl im Reichstag einjzekehrtcn Mittel- Parteien legt dieser Wandel der Verhältnisse eine doppelt hohe und verantwortungsvolle Autgabe bei. Das künftig noch erreichbare Resultat des praktischen, dem TageSstrcit entrückten sachlichen Schaffens ist ihnen fast ausschließlich anheiniHestellt, während die äußeren Umstände, unter denen eS erreicht werden kann, iu jeder Weise erschwert sind. Berlin, 4. August. Wenn der Industrie und dem Handwerk häufig der Vorwurf gemacht wird, sie wendeten sich, um aus Nothlagen zu gerathen, öfter als nothig an den Staat, während sie daS Mittel der Selbsthilfe unbeachtet ließe», so ist dieser Vorwurf mindestens zu allgemein gehalten. Es lassen sich :rsreulicherwcise Fälle genug verführen in denen Industrie und Handwerk, ohne nach dem Staate zu rufen, sich selbst zu helfen suchen. So steht jetzt der Abschluß einer Vereinbarung zwischen einem Industrie- und einem Hand- wcrkszweige nabe bevor. Die Lederindustrie leidet schon seit längerer Zeit in den meisten Gegenden Deutschland» darunter, daß ihr das Häuterohmaterial in einem Zustande geliefert wird, der eine völlige Ausnutzung für die Pro duction nicht zuläßt. Die Häute werden noch mehrfach vom Schlächter als ifULntitö uSgligeLbli! angesehen und demgemäß wird ihnen nichl diejenige Sorgfalt beim Ausschlachten und bei der ferneren Behandlung zugewcndct, welche den Interessen der Lederindustrie entspricht. Natürlich zahlt die letztere für solche schleckt behandelten Häute nicht dieselben Preise, wie für bessere. Bei diesem Verbältniß standen sich die Gerber sowohl, wie dieS -1, lächler nicht gut. Die Vertretungen beider Erwerbs zweige, der deutsche Fleischervcrbanv sowohl, wie der Cenlral- vercin der deutschen Lederindustrie, strebten deshalb eine Ver einbarung an, in welcher sich dir Schlächter zur bessere» Schlachtung der Thicre und sorgfältigeren Behandlung der Häute, die Gerber aber zur Zahlung höherer Preise ver pflichteten. Die Vereinbarung ,st ihrem Abschluß nahe. Auf dem am 16. und 17. August in Dresden ftattfindenden Flrischertag« wird sie voraussichtlich zum Abschluß gelangen. Jedenfalls werden sich beide Theile dabei gut stehen. Hier sehen wir, wie die Selbsthülfe gute Früchte zeitigen kann. * Berlin, 4. August. Der bereits vom „Leipz. Tagebl." als bedenklich bezeichnet! und zurückgewiesene Vorschlag der „Bcrl. Polit. Nachr.", aus Gründen der Sparsamkeit daS einheitliche Porto von 50 für Zehnpfundpackrte zu beseitigen, wird von dem größten Theile der Blätter aller Richtungen bekämpft. So schreibt die ,^köln. Ztg": „Wenn dieses Bestreben, dieGebühren für die Postpackete wieder um nach alter Weise je nach dcrEnlsernung zwischen AbsendungS- und Ankunftsort abzustufen, in der That verwirklicht würde, so würde daS einen Rückschritt in unserem BerkchrSlebea be deuten, dessen Tragweite überhaupt nicht von vornberei» zu übersehen ist. Will man die einheitliche Packetgebühr auf- hcben, so liegt kein Grund vor, warum man nicht gleichzeitig die einheitlichen Gebühren für die Briefbeförderung, für den Telearaphcnverkehr, für die Postanweisungen wieder be seitigen sollte. Wenn man die kühne Behauptung aufstellt, daß daS Porto von 50 für ein von Memel nach Aachen gesandtes Postpacket weder einem wirklichen wirthschaftlichen Bedürsniß entspreche, noch die direkten Selbstkosten der Beförderung decke, so muß man folgerecht dieselbe Behauptung für jeden Brief und jede Depesche von Memel bi- zur Saar verfechten. Ein Postpacket im Gewicht von zehn Pfund kostete von 1825 bi» 1850 von Memel bi» zur Saar 8 25 -s, von Berlin bis Köln 3 25 ^s. Diese Sätze wurden 1852 auf die Hälfte herabgesetzt und betrugen 1868 noch 2 .F 83>/, und 1 67'/, ^s. Vom 1. Iauuar l874 wurden diese Sätze dann aus 50 ermäßigt und seitdem hat sich der Postpacketverkrhr von etwa 40 Millionen auf über 100 Millionen Stück Postpackete gehoben. Welch' wirthschastliche- Bedürsniß dieser niedrige Einheitssatz be friedigt hat, davon können unsere sparsamen und wirthschaft- jichen Hausfrauen ein treffliches Lied singen. Die Butter- wirthschaft und Buttervcrwendung auf unfern ärmsten und entlegensten Gütern, die Ausdehnung de« Absatzgebietes unserer städtischen Geschäfte weit in da» Land hinein hat ausschließlich dieser billigen Packetgebühr ihre großartige Entwickelung zu ver danken. Und jetzt sollte einfach vom grünen Tisch au» dieser ganze VerkehrSfortschritt an der Wurzel getroffen werden! Wir möchten den ReichS-Postsecretair und den Reichskanzler kennen lernen, der zu einem solchen VerkrhrSrückschritt seine Zu stimmung geben könnte." Ganz ähnlich äußern sich ander« Blätter. Wenn also Herr Miquel wirklich durch die „Berl. Polit. Nachr." einen Fühler hat ausstrecken wollen, um zu erfahren, wie man in Deutschland über den Plan, da» ein heitliche Porto von 50 für Zehnpfundpacketc zu beseitigen, denkt, so hat dieser Fühler ihm gezeigt, wa» er von seinem Reformprogramm zn streichen hat. V. Berlin, 4. August. (Telegramm.) Herr von Hell dorff widerspricht heute in der „Nordd. Allg. Ztg" der Annahme verschiedener Blätter, daß er der Verfasser de« kürzlich in diesem Blatte erschienenen Artikels: „Von einem altpreußischcn Conservativen" sei. Der charakte ristische Schluß des Artikel« lautet: „Die bisherige Kreuz- zcitungöpolilik gegenüber den antisemitischen Parteien darf fernerhin sür die Partei nicht maßgebend sein, die Reclame für die antisemitische Partei muß aufhören. Auch mit anderen Parteien gehen wir hier und da zu sammen, ohne Rücksichten zu nehmen, die man al» selbst mörderische bezeichnen kann. Nicht im Bunde mit antisemi tischen Uebertreibungen, sondern im Gegensätze zu ihnen kann die conservative Partei gedeihen und conservative Ziele verfolgen. Nochmals: So, wie bisher, kann eS nicht weiter gehen!" Da Herr v. Helldorff bekanntlich ebenso denkt unv ähnlich sich schon öfter geäußert bat, so geht aus seiner Erklärung, daß er nicht Verfasser de» Artikels sei, klar hervor, daß er mit seinen Ansichten nicht allein steht. --- Berlin» 4. August. (Telegramm.) Ahlwardt, so schreibt dir „Nordd. Allaem. Ztg.", befindet sich zur Zeit mit seiner Familie in Warnemünde. Wie verlautet, wollte er zunächst in Misdroy Wohnung nehmen, eS habe ihn jedoch dort kein Gastwirth aufnehmen wollen. — Die großen Herbstübungen der Flotte, die in die Zeit vom 20. August bis 27. September fallen, werden sich nur auf die Ostsee erstrecken und in dem Küstengebiet von Memel bis Kiel stattsinden. Den Schluß wird ein Massenangriff der vereinigten Geschwader gegen den Kieler Hafen bilden, der blockirt wird und durch seine KüstenfortS vertheidigt werden soll. Einem Theil der Flottenmanöver gedenkt auch der Kaiser an Bord der „Hohenzollern" bei zuwohnen. — Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Die Sprache des inter nationalen UltramontaniSmuS gegen da» mittel europäische Bündniß und speciell gegen Deutschland wird immer berauSfordernder, was Wohl mit der neuerdings wieder befestigten Stellung de- Cardinal» Rampolla bei Leo XHl. zusammenhängt. In den Münchener „Historisch politischen Blättern" de» vr. Edmund Jörg wird die allgemeine Sachlage nach der Annahme der deutschen Mili- tairvorlage erörtert, und zwar im Anschluffe an da» „Wo- binaus" deS früheren RcichStagSabgeordneten Grafen Conrad Preysing. „Aphorismen aus dem Osten" betitelt, malt die Darlegung grau in grau und erblickt den „mos- kowitischen Zaren" als den „Träger einer zweifachen siegeS- gewissen Milsion, deS SlawcnthumS und deS Schisma»", zu deren Vollzug ihn der elende Zustand de» übrigen Contincnt» täglich dringender einlade. Völlig so wohl wollend und sanguinisch mit Bezug auf die griechisch-ortho doxe Kirche wie Papst Leo XIII., dessen orientalische Kirchen politik dieselbe systematisch unterstützt Kat, scheint demnach der wohl au» Oesterreich schreibende Verfasser nicht zu denken. Aber e» kommt noch bester, besonder» mit Bezug auf da» Deutsche Reich, dessen Kaiserwürde der Verfasser al» „die ironisch klingende Prätension" bezeichnet, „in einem lutherischen Landc-sürsten den Nachfolger eine» großen Karl, eine» heiligen Heinrich, den Gründer eine» „protestan tischen KaiserthumS" begrüßen zu sollen. Zweideutig zum Mindesten wird man diese Sprache nicht nennen können. Aber angesichts der deutschen inneren Parteiverhältniffe tritt da» ullramontane Großdeutschtbum überhaupt wieder in einer Weise auf, al- hätte e» die Jahre 1806 und 1870/71 niemal« gegeben."
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