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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930809019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893080901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893080901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-09
- Monat1893-08
- Jahr1893
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Dezugs-PrelS -I der Hauptexpeditioa oder den im Stadt bezirk and den Bororten errichte«» Aus gabestellen abgehott: vierreljL-rlich^ISLO; bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Lau» >l ö.SO. Durch die Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: vierieliLbrlich ^4 S.— Direct» tägliche kdreuzbandiendung tu» Lusland: monatlich ?L0. Die Morgen-Tlv-qab« erscheint täglich '/-7Uhr^ die Sbeut^Autgabe Wochentag« ö Üdr. Le-aclion «nL Lrpe-itioa: JoyanneSgassr 8. Die Erveditio« ist Wochentag« ununterbrochr, grüssuet von früh 8 bi» Abend» 7 Utzk. /iliaien: ktt» >le»m'S Sorttm. «Altred Hahnj^ Ualverlitättslrob» 1, Louis Lösche. K-t-arknenstr. 14, pari, und KönigSpkad 7. Morgen-Ausgabe. TtlgtdlM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschiihte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Mittwoch den 9. August 1893. Nnzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg. keclamev unter dem RediettoaSstrick (»«« spalten) 50>4. vor den Familieuoachrich«» (6 gespalten) 40-4- LrOßere Schristen laut unserem Prrtt- verjeichniß. Tabellanscher und Ztffrrujgtz nach höherem Tarif. 0rtra-Beilagen (gesalzt), nur mit -0 Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l 80.—» mit Postbeförderung ^ 70.—. Avnahmeschluk fir Anzeizear Abrnd-LnSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morg»n-Au-gabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag- früh V,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb« Stunde früher. Anzeige» sind stet» a» dt» ExZedttt«» zu richten. Druck und Verlag von E. Pokz in Leipzig 87. Jahrgang. , Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Von Herrn Recht-anwalt Karl Giesecke allhier sind den unter unserer Verwaltung stehenden 3 Bllndenstistungen, der Mcndr'schen, Vteiirr'schen und Becker'ichen, zusammen SOOO zu gleichen Theilen al» Vermächtnis hinterlassen worden. Wir bringen diese Belhätigung hochherziger und menschenfreundlicher Gesinnung unter airfnchtigstem Danke zur öffentlichen Kenutniß. Leipzig, am 4. August 1893. Der Rath der Ltadt Leitzzia. 11S4 vr. Tröndlin. Gderlr, Res. Id. Bekanntmachung. Da» 29. Stück de- diesjährigen RelchSgeietzblatteS ist bei uns eingegangcn und wird bis zum 31. dieses MouatS aus dem Rath- hauSsaale zur Einsichtnahme öffentlich aushänaen. Dasselbe enthält: Nr. 2120. Verordnung, betreffend die Erhebung eines Zoll zuschlags sur aus Rußland kommende Waareu. Vom 29. Juli 1893. Leipzig, den 3. August 1893. Ter Rath der Ltadt Leipzig. vr. Tröndlin. Krumbiegel. Bekanntmachung. Da» 10. Stück des dies,ährigen Arsch- »nd BerordnnngS- dlattk» für da» Königreich Lachst» ist bei unSeingegangen und wird di- zum 28. August d. I. auf dem Ralhhaussaale zur Ein sichtnahme öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 46. Verordnung, die Enteignung von Grundelgenthum zur Erbauung einer normalspurigrn Eisenbahn voin Bahnhofe Reichenbach nach Mylau betreffend; vom 21. Juni 1893. Nr. 47. Verordnung, di« Enteignung von Grundeigenthum iür Her stellung einerWagengruppirungsstelle oberhalbkrippen an LerEiienbahn- linie Bodenbach-DreSLe» betreffend; vom 22. Juni 1893. Nr. 48. Ver- ordnung, die Aushebung des NntersuchungszwangeS sür die zur Eijenbahnbefürderung nach den Nordseehimn bestimmten Wieder käuer unv Schweine betreffend; vom 23. Jvni 1893. Nr. 49. Be kanntmachung, eine Anleihe der Stadtgemeinde Wurzen betreffend; vom ü. Juli 1893. Nr. SO. Verordnung, dir Enteignung von Grundeigeulhum für Erweiterung der Eisenbahnstationennlagen in Nadeberg betreffend; vom 6. Juli 1893. M. S1. Verordnung, die Bekanntmachung der vom LandtagsauSschusse zu Verwaltung der Staatsschulden unter dem 9. Juni 1893 erlassenen Prüfungsordnung betreffend: vom 20. Juli 1893. Leipzig, am 7. August 1893. Der Rath der Ltadt Leipzig. vr. Tröndlin. Krumbiegel. Auktions-Bekanntmachung. Donnerstag, den 18. d. M., Barinittags von 8 Uhr an sollen im Ltadthause, Eingang Mühlgosse Nr. I, verschiedene WirthschaftSgegenslände, Kleidungsstücke, Taschenuhren und ver schiedene andere Gegenstände an den Meistbietenden gegen sofortige haare Bezahlung öffentlich versteigert werden Leipzig, am S. August 1893. Ter Rath der Ltadt Leipzig. Ick. 1980/1. u. s. w. Vr. Tröndlin. Hüdjchmann Bekanntmachung. Die Entschädigung für die von, 5. 8. bis mit 18. beziehentlich 12. Anli d I in Leipzig-Neustadt in der Allee-, Busse-, Eisenbahn-, Haupt-, Hedwig-, Kirch-, Ludwig-Stratzc, am Luther-Platz, in der Marttstratzr, am Markt, in der Mariannen- und Aentzercn Tanchacr Ltratze, iu Leipzig- Neu schönesei» in der Eonrad-, Eisenbahn-, Karl-, Phiitpp- und Rnvolph-Ltrajze einquartiert gewesenen Truppen vom Königl. Lächs. 18. -nsanterie-Rcgiment Nr. 1S4 kann in den nächste» 8 Tagen bei unserem Quarttrr-Anite, Naschniarkt Nr. 2, im Erdgeichoß links, Zimmer Nr. 30, erhoben werben. Der da» Quarnerbillet Borweisende gilt al» zur Empfangnahme berechtigt. Leipzig, am 7. August 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Lainprecht Ausschreibung. Die Anfertigung und Anlieferung der Werksteine auS Rochlitzer Porphyr zum Neubau der 3. Realschule am Schleußiger Wege soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Hochbau-Ber- waltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 5 aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von I,SO >t. welche auch in Briefmarken ringesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Ausschrist „Rochlttzrr Porphyr 3. Realschule" versehen eben- daselbst portofrei und zwar bis zum 12. August er. Nachmittags S Uhr einzureichen. Der Rath behalt sich die Auswahl unter den Be werbern, bez. die Theilung der Arbeiten und die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 27. Juli 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eberle, Res. Ausschreibung. Die Maler- und Austrcichcrarbcttei« am Erweiterungsbau der 25. Beztrksschule in Leipzig-Kleinzschocher an der PlagwHer Straße sollen an einen Unternehmer verdungen werden. Tie Bedingungen und Arbeitsverzeichnisie sür diese Arbeiten liegen in unserer Hochban-Berwaltnng, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 7 au» und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 1 welche auch in Briefmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Ausschrist: „25. Bcztrksschnle, Maler- und Anstrcichrrarbcitcn" ver,eben ebendaselbst vvrtosrei und zwar bis zum 15. August d. I. Bormittags 18 Uhr ein- zureichen. Ter Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, bez. die Theilung der Arbeiten »nd die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, deu 7. August 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Id 38S1. vr. Tröndlin. Eberle, Ref. Bekanntmachung. Nachdem die öffentlick, auSgeichriebenen Maurer-, Zimmerer-, Steinmetz-, Klempner- und Gchiefrrdeckerarbeitrn für den Grwetterungsdau der IO Realschule zu Leipzig-Rendnitz ver geben worden sind, werden die unberücküchiigi gebliebenen Bewerber auS ihren Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 4. August 1893. 1012 8474 Der Rath der Stadt Leipzig. "^1003 " 11SS vr. Tröndlin. Eberle, Res Bekanntmachung. Di« öffentlich ausgeschriebenen Erd- und Pslasterungsarbeitcn in der Ltratze vor der 1. Bürgerichnle hier sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden deshalb auS ihren Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 2. August 1893. Ie 4064 1216 Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eberle, Res. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen PslasterungSarbeiten in der Wächterstraße hier sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher hierdurch aus ihren Angeboten entlassen. Ie. Leipzig, am 2. August 1893. 4065^ 1212 Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eberle. Res. Bekanntmachung. Tie Lrnchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 3l. Juli biS 6. August ds. Js im Argandbrenner bei ISO Litern stündlichem Consum das 19,00lache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von SO Millimeter Flammenhöhe. DaS specifische Gewicht stellt sich im Mittel aus 0,4S0. Leipzig, am 7 August 1893. De« RathS Deputatton zu den Gasanstalten. Handelskammer zu Leipzig ES wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß Herr vr. pkil. Ludwig Pohle zum Secretär der Handelskammer hier gewählt und als solcher vom Ralhe der Stadt Leipzig vereidigt worden ist. Leipzig, den 7. August 1893. Die Handelskammer. Dlileme, Bors. F. Puder. II. S. England und der Dreibund. k. London, 6. August. Die sogenannte CowcS-Woche ist zu Ende, aber der Man; und Reiz der Schauspiele zu Cowes, obwohl noch vermehrt durch die Anwesenheit und Teilnahme deS deutschen Kaiser-, war diesmal etwas überschattet und verdunkelt durch den Ernst der auswärtigen, wie der inneren englischen Verhältnisse. Von auffallender Herzlichkeit waren die Leit artikel, welche die Londoner Blätter, conservalive wie liberale, dem hohen Gaste widmeten, aber auch diese warme Begrüßung war nicht nur ein Ausfluß der rasck steigenden Beliebiheil des jungen, energischen und seesportliebenden Monarchen, sondern wird mit Recht zum Theil als eine Folge der augen blicklichen politischen Konstellation betrachtet. Die drohende siamesische Verwickelung hatte eine Spannung gegen Frankreich bervorgerufen, welche die Eng länder näher zum Dreibund und dessen Eckpfeiler, Tculsch- land, binzog. Und dieses Gefühl hat sich durch die Lösung der siamesischen Frage — richtiger durch ihre Vertagung — nur verschärft, da die Franzosen fürs Erste zweifellos in dem noch unabhängigen Hinterindien dem britischen Einfluß, der so wobl begründet schien, bedeutenden Abbruch gethan haben. Die Rivalität der beiden Mächte in Bangkok wird voraus sichtlich bei nächster Gelegenheit in gesteigertem Maße hervor- trelen; zunächst aber hat der britische Löwe vor dem laut krähenden gallischen Halm die Tatze zurückgezogen. War es diplomatisches Ungeschick? War eS die Anwandlung eines Gefühls der Schwäche? Jedenfalls war das Resultat nichl geeignet, die Festesfreude in der EoweS-Woche zu erhöben. Der alte Jntcressen-Gegensatz zwischen den beiten ersten Seemächten der Erde ist in letzterZeit an den verschiedenste» Puncten der Erde In markanter Weise bervorgetreten. Die selben Streitobjecte in Hinterindien, Marokko» Egypten, Neu- Fundland bleiben auch ferner bestehen, und bei dem gehobenen Selbstgefühl der Franzosen, die — sei es berechtigter oder unberechtigter Weise — wieder einmal „arekiprst." zu sein glauben und voll Vertrauen auf ihren russischen Bundes genossen sind, andererseits bei dem Gefühl der Gereiztheit, daS in Jobn Bull'S Brust sich sammelt, ist es nicht schwer, vorauszusagen, bast die beiden Rivalen über kurz oder lang, nav neunzigjähriger Pause, einem ernsten Kampfe enl- gegengeben, denn ohne Kampf wird Albion seinen meer- beherrschenden Platz nicht räumen. Der empfindlichste Punct ist für die Engländer natürlich Indien, und sie können nicht zweifem, daß schon der jetzige mutbige Rückzug der Engländer in Siam ihr Anseben in Indien gewaltig geschädigt hat. Wie schon jetzt einzelne französische Journale drohten, Frankreich werde die GcbirgSstämme von Ober-Burmah wachrufen, so werden auch die Bewohner Vorder-JndienS, wo immer weitere politisch aufgeklärte Schichten eine größere Unabhängigkeit anstrrben, jetzt noch besser wissen, daß Englands Machtsülle, die allein sie nieter- hält, sehr enge Grenzen hat, und an wen sie sich um Beistand zu wenden haben. Zudem hat die letzte Woche auch die Nachricht gebracht, daß der täppische russische Bär auf der andern Seile zu zupacken beginnt. Ungeachtet wiederholter Versprechungen besetzen die Russen daS ganze Pamirgebiet und nähern sich dadurch bedenklich dem Barogbil-Paß und den Pforten Indiens. Enbenso ist der englische Einstuß gänzlich vom russischen in Persien verdrängt worden, daS, besonders nach Vollendung der transkaukasischen und der trans kaspischen Eisenbahnen, wie nach den an Russen ge- währten Bahnconcessionen im nordwestlichen Theile deS Landes, völlig vom Zarenreich abhängig ist. Auch das Er scheinen und beabsichtigte Verbleiben eine» russischen Ge schwader- im Mittelmeer, das ostentativ an die französische Flotte sich anschließcn soll, kann John Bull'S Stimmung und seine Aussicht in die Zukunft nur trüben. Der einzige Licht blick. der augenblickliche diplomatische Erfolg in Konstantinopel. indem die Wiederaufrollung der egypnschen Frage bez. der englischen Besetzung des Landes vermieden wurde, kann nur wenig über die erwähnten Mißerfolge und Schwierigkeiten hinwegtrösten. Unter diesen Umständen wird England durch die Macht- Verhältnisse mehr als je zum Dreibund gedrängt. Wenn auch ein förmliches Dündniß nicht zu erwarten steht bei der Un sicherheit der englischen Regierung — und wer wird den indiswen Besitz und daS gewaltige Colonialreich garantiren? —, so werden dock die englischen Staatsmänner durch Anlehnung an den mächtigen mitteleuropäischen Bau ihren bedrohten Koloß zu stützen suchen müssen. Diese Anschauungen ziehen durch die englische Presse mit größerer oder ge ringerer Deutlichkeit, aus diesem Geiste schreibt z. B- der „Standard": „DaS herzliche Einvernehmen zwischen Eng land und Deutschland ist so freiwillig und nützlich, daß eS sich unter allen Umständen entwickelt batte. Aber zweifellos muß Frankreichs beständige unfreundliche Haltung gegen beide Länder sie noch enger verbünden. Weder wir, noch Deutsch land hegen Haß gegen Frankreich. Aber das französische Volk und in gewissem Maße die französische Regierung be trachten hartnäckig Beide als ihre Feinde, wie sie es in der That fast mit der ganzen Welt thun. Selbst dies ausfallende und bedauernswertbe Temperament wird weder Deutschland, noch England feindselig gegen Frank reich stimmen. Aber nian kann sich nichl wundern, wenn eS ihre gegenseitige Freundschaft erhöht." Dasselbe Blatt sagt bei Besprechung deS russischen Zollkrieges: „Wir haben nickt ein Interesse in Europa, daS nicht zugleich ein Interesse Deutsch lands und seiner Verbündeten wäre, und obwool unsere Ver fassung nickt zuläßt, daß wir uuS von vornherein auf for melle Verpflichtungen über Krieg und Frieden einlassen, so zweifelt doch kein "Deutscher, der mit den Verhältnissen ver traut ist, daß wir, sollte die Gelegenheit kommen, unser Tbcil in der Berlhcidigung der uns allen gemeinsamen Interessen auf uuS nehmen würdemt' Aebutich wie das leitende Toryorgan äußern sich die übrigen hervorragenden Londoner Blätter. Dabei werden sie freilich die Besorgniß nicht loS, daß ihre Liebeswerbungen taube Ohren unv die russischen Warnungen in Deutschland willigeres Gehör finden, weil sie sich auf unbestreitbare Tbalsachcn berufen können. So bemerken die Petersburger „Nowosti" zu jenen Be mühungen, Deutschland günstig sür England zu stimmen: „Weil Deutschland das Haupt des Dreibundes war, hat Salisbury und mit ihm die ganze konservative Partei allerdings mit Deutschland sympathlsirt" — (nicht ebne sich diese platonischen Sympathie», ohne jeden reellen Werth, gut bezahlen zu lassen) —, aber diese Sym pathien beruhten auf spcculative» Gründen und veranlaßten England durchaus nicht, seine traditionelle Politik aufzugebe». Diese Politik ist eine Politik nüchterner Berechnung, die internationale Freundschaften und Beziehungen nach den Vorlbrilen schätzt, die es aus ihnen zicyen könnte." In sittlicher Beziehung, meinen die „Nowosti", stehe eine solche Politik aus der niedrigsten Stufe. England rufe künstlich internationale Wirren hervor, beobachte aufmerksam den Erfolg und stelle sich dann auf Seite deS Siegers .... Die Conservativcn und Liberalen in England süblten und bandelten aber in der äußeren Politik ganz gleich. Nach ihrer gemeinsamen Auffassung bestehe die politische Rolle Englands in der Aufgabe, bei jedem Zusammenstöße der Völker zuvörderst Neutralität zu beobachlen, erst dann die MaSke abzunehmen und mit den Forderungen hervorzutrelen, wenn eine Partei im Begriff ist, den Gegner zu verschlingen. Daß die Cowes-Woche auch im Innern nicht rosig verlies, da der in meinem vorigen Briese signalirke Ausstand der Bergarbeiter in dem angegebene» Umfange sich rcalisirte, während der internationale Bergarbeiter-Congreß in Paris und die unerwartet starke Betheiligung der englischen Arbeiterschaft an dem Socialisten-Congreß in Zürich die Schwierigkeit der Lage vermekren und die Aussichten auf baldige Beilegung deS LolmstreitS mindern, waren ebenso wenig geeignck, die reckte Feststimmung in der CoweS-Woche zu erzeugen. Doch darüber ein ander Mal. Deutsches Reich. 8s. Berlin, 8. August. Von einem Kenner russischer Zustände wird uns geschrieben: Mitten in den Streitlärm, den der deutsch-russische Zollkrieg hüben wie drüben natur gemäß entfacht hat, der aber immerhin gedämpfter erschallt, als man von vornherein annebmen durfte, tönt so etwas wie FriedcnSschalmei hinein. Wenn das ofsiciöse Telegraphen- bureau nicht ganz falsch berichtet in, sollen die Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrags zwischen Rußland und Deutschland fortgesetzt oder, besser gesagt, wieder ausgenommen werden und am 1. Octbr. sollen drei russische Commissare in Berlin cintreffeii, die berufen sind, die Perbandlungen hier zum Abschluß nach dieser oder jener Richtung zu bringen. Von diesen Delcgirtcn ist wohl der Vicedirector des Zolldeparlements, Herr Sagubin, die be kannteste Persönlichkeit — ein kluger, etwas bureaukratisch angelegter Beamter, der in russischen Handelskreisen den Ruf eines ruhigen, gescheidtcn und sachverständigen Mannes ge nießt. Ob die gemeinsame Arbeit der deutschen und ver russischen Vertreter einen wahrhaft praktischen Zweck hat oder ob sie blos eine formale Erledigung einer schwebenden Angelegen heit erzielt, läßt sich im Augenblick noch nicht absehen. Zu vörderst kann man getrost annehmen, daß der letzte Punct der wahrscheinlichere ist, unv die Hoffnung aus eine Beilegung oder Milderung de« Kampfes wird erst dann mebr berechtigt sein,wenn auf beiden Seiten dieUuzuträ'glichkeitcu mehr in die Erscheinung treten und jeder der Betroffenen den Muth hat, seine Nacktheilc rückhaltlos anzuerkennen. Wer mit den russischen Preßverhältnisscu genauer vertraut ist, muß erstaunt sein, wie kleinlaut die Petersburger und die weniger bedeutsame Moskauer Presse ist. Es liegt im Wesen der bauptstäktiscken russischen Zeitungen, daß sie den Mund nach außen thunlichst voll nehmen, da ibnen über innere Verhält nisse der Maulkorb so scharf wie möglich angelegt ist. Namentlich über Deutschland ergießt sich seil Mitte der acht- ziger Jahre ihre Rcdefreibeit wie ein »»gefesselter Strom, unv außer dem sehr unmaßgeblichen, einflußlosen und übrigen- von Fall zu Fall unberechenbaren „Grasbdanin" des Fürsten MeschtsckerSkij bricht in Moskau und Petersburg Alles in ein Kelle- nationales Wetter los, wenn der Wind wider Deutschland webt. Diesmal ist es verbältnißmäßig ruhig abgegangen und einer gewissen Beklemmung haben sich auch die rabiatesten russischen Blätter nicht entschlagen können. Ob ibnen da eine freundliche Verwarnung der Oberprrß- verwaltung die rubigere Bahn vorgczeichnet hat oder ob sie ibre eigenen Jnslinctc walten lassen, ist schwer zu bcurtheilen. Im Allgemeinen weiß man, daß daS Finanzministerium nur selten von seinem Rechte Gebrauch macht, der Presse einen Zaum anzulegen. Herr Witte ist überhaupt in der Peters burger Presse noch nicht recht warm geworden. Sein Vor gänger WyschnegradSkij bat den Rummel besser verstanden. Er, der zu Beginn seiner Laufbahn so ziemlich überall als vakant terrNilv betrachtet wurde, dem beim Beginn seiner Minister lausbahn ein hervorragendes Blatt den Wunsch aussprach, daß er die Taschen des Staats ebenso schnell zu füllen ver möchte, wie er seine eigenen zuvor gefüllt hatte,— Herr WyschnegradSkij wurde bald verhätschelt, als er den Rubel- cours in die Höbe getrieben batte und es mit bcneidenSwerther Bersilität verstand, sich bald als überaus weitsichtig und weitherzig, bald als stockrussisch zu bewähren. Zu dem milden Ton der russischen Presse kommt dann noch EmS. John Bull ist ein bischen unvorsichtig gewesen und bat als ts rtiu8 gauävus seiner wohlwollenden Freude über den Streit doch etwas zu vorzeitig unv zu deutlich Ausdruck gegeben. Nu» gönnt man in Rußland den Deutschen nichts, aber den Engländern doch noch etwas weniger, und zwar sind in dieser Beziehung Regierung, Presse und der maßgebende Theil der Bevölkerung völlig der gleichen Meinung. Wenn es heißt, daß die Handelsverträge auf die allgemein politischen Verhältnisse so ziemlich ohne Einfluß blieben, so mag das bei Handels- crleichterungen im Ganzen gelten; bei Handelserschwe rungen ist es mindestens Rußland gegenüber kein sicherer Grundsatz. Unverkennbar ist schon jetzt die größere Spannung, die durch die strengere Bewachung de- Schmuggels an den Grenzen leicht zu unliebsamen Störungen auf beiden Seiten führen kann. ES darf auch nicht übersehen werden, daß die „Nowoje Wremja" mit einiger Gewalt die Polen in den Kampf hineinzieht; vermnthlich nicht ohne leisen Wink von oben sucht daS bedeutendste Blatt der Hauptstadt an der Newa den Streit auf die hohe Politik hinüberzuspielen. Vom jetzigen Stand des Kampfes ist wenig zu sagen: die Roggenpreise sind niedrig geblieben. Ter RubclcourS ist durch Ankäufe Witte's nicht gesunken; die Industrie und das Gewerbe sind auf beiden Seiten leidtragend und die Be- unruhigung wird hier wie dort in absehbarer Zeit nicht schwinden. Selbst wenn in der am k. Octobcr zusammen- treiendcn Commission die beiderseitigen Bestrebungen aufrichtige sein werben: ein schneller Abschluß der Streitig keiten ist kaum zu erwarten. Darum gilt eS zunächst, sich au die Lage der Dinge zu gewöhnen. ^ Berlin» 8. August. In den letzten Tagen sind ver schiedentlich Erörterungen durch die Presse gegangen über eine Neuregulirung der Mi litair-Dienstpflicht der Volksschullehrer nach Annahme der Militairvorlage, welche vie zweijährige Dienstzeit' bei der Infanterie gesetz lich festlcgt und die Hebungen der Ersatzreserve, >n»t welcher seit 1890 zugleich die Bolksschullchrer als Soldaten im eigentlichen Sinne auögebildet wurden, oder vielmehr ausgebildct werden sollten, beseitigt. Es läßt sich der große Uebelsland nichl hinwegleugnen, welcher für die Lehrer, deren Ausbildung bei der jetzigen kurzen Dienstzeit von lü Wochen immer eine höchst mangelhafte und nothdürfiige bleiben muß, daraus erwächst, wenn sie bei Hebungen in der Neserve oder Landwehr unter vollkommen militairisch auSgcbildete Leute gesteckt werden. Ein Gefühl der Unsicher heit im Dienste, welches daS Bewußtsein einer höchst dürftigen Ausbildung hcrvorruft, wird sie nie verlassen, Strapazen deS Dienste-, andauernde Märsche bei glühendem Sonnenbrände (Alles Anforderungen, die während der kurzen Ausbildungs zeit nicht an sie gestellt werden konnten und für welche sie nicht geschult und vorbereitet sind, weder theoretisch noch praktisch) werden diese Einberufenen nur mit Ausbietung der letzten sbräfte zu ertragen fähig sein. Andererseits liegt aber auch ein unberechenbarer Nachthcil für die Armee darin, daß alle Intelligenz, welche in diesen Kreisen sich concentrirl, sür militainschc Zwecke ungenützt bleiben muß. Und doch ist unter den Volksichullebrern sowohl hinsichtlich der Bildung als auch körperlichen Tüchtigkeit ohne Zweifel rin vorzügliches Material zu Unterosficieren deS Beurlaubten standes u. s. w. vorhanden. Praktisch nutzbar kann dasselbe nur gemacht werden bei längerer Dienstzeit der Volksschul lehrer. Nun wird in einer Zuschrift an die Kölnische Zeitung" (Nr. 624 vom 4. August) auS Lcbrerkreisen die Berechtigung zum Dienste als Einjährig-Freiwillige sür die Lehrer gefordert. Daß der Scminarabituriciit die zur Er langung des Berechtigungsscheine- für den einjährig-freiwilligen Militairdiensl nvlhwendigc» Kenntnisse besitzt, soll nicht geleugnet werden, und sür den, welcher daran nock zweifelt, wird der Hinweis deS Artikels der „Kölnischen Zeitung" genügen, daß bereits bäufig Scminarabiturienten die Prüfung für Einjährig- Freiwillige mit gutem Erfolge bestanden haben, während manchmal junge Leute mit dem Berechtigungsscheine die Auf nahmeprüfung für da- Seminar weniger glücklich ablcgtcn. Ob man aber nun ohne Weitere« die Lebrer al- Einjährig- Freiwillige einslellen kann, hängt zunächst davon ab, ob die Mehrrabl derjenigen Kreise, aus denen die Majorität der Votksschullchrer hervorgeht, im Stande ist, die damit ver- hundenc nicht unerhebliche Last zu tragen. Vielfach recrutirt sich das Volksschullehrerpersonal aus ren Kreisen von Lehrern und niederen Beamten, die mit schweren Opfern die Aus bildung ihrer Söhne ermöglichen und froh sind, wenn dieselben endlich zu Drove kommen. Ob da« Militair- jahr, welches solchen Eltern die Verpflichtung auscrlcgt, ibre Söbne zu kleiden und zu unterhalten, und nach aller Vermulhung Wohl ebenso große Opfer erfordert wie die früheren Jahre der wissenschaftlichen AuSbiloung, nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern übersteigt, dürfte doch mindesten- zweifelhaft sein. In vielen Gegenden ist eS Brauch, daß auch wohlhabendere Landwirthe ibre jüngeren Söhne dem Lehramte zufübren. Diese würden natürlich die Opfer bringen können, welche der einjährige Dienst verlangt. Wie groß aber die Zabl ist, welche aus diesen Schichten dem Lchrerstandc zustrebt, darüber fehlen alle Ermittelungen, die dock für diese Frage von besonderem Interesse wären. Für die auS unbemittelten Kreisen hervorgehenden Volksschullehrer wäre dann noch rer Ausweg
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