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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930815011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-15
- Monat1893-08
- Jahr1893
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Bezugs-Preis tz, da Hau-terpeditiou od«r deu im Stadt« bqtrk aud den Vororte» errichtete» Aus- gobeslellen abgeholt: vierteljährlich >l 4.50, hei zweimaliger täglicher Zustellung iu« Ha»« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland »ad Oesterreich: vierteljährlich . Directe tägliche Kreuzbandienduug ins Ausland: monatlich ^4 7.50. Die Morgdu-AuSgabe erscheint täglich'/,? Uh^ dt« Adeud-Autgabe Wochentag« b Uhr. LeLactioa und Lrveditioa: A»hau«r«,asse 8. Dir Lrveditio» ist Wochentag« nnunterbrvchr» g»»Sa«t »o» früh S bi« Lt«h« 7 Uhr. Filialen: ibtt« Me««'« Tortim. (Alfred HahuX UniversitätSstrahe I. Laut» Lösche. patharinastr. 1«, pari, und köuiqsvlatz 7. Moraen-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Dienstag den 15. August 1893. Anzeigeu-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Necl amen unter dem RedactionSstrich <4 ge« spalten) 50^j. vor den Familienaachrtlhtr» <6 gespalten) 40-^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniff. Tabellarischer und Zissrrusatz nach höherem Tarif. Extra-vkilagrn (gesalzt)» nur mit de, »toraeu-Ausgabe, ohne Postbesötderuug SO.—, mit Postbesörderuug ^4 70.—» Äunahmeschluß für Äuzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Marge n-Autgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- and Festtag- früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und «nnadmestekle» j« ein« halb« Stund« früher. Anzeige» siod stet« an dt« Grdedittau za richten. Druck und Verlag von L. Pol» i» Leipzig. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Da« 30. Stück des diesjährigen NieichSgrscljblattrS ist bei uns eingegangen und wird bis zum 7. Lcptcmbcr Vicsrs JahrcS auf dem Rathhaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushängcn. Dasselbe enthält: Rr. 2121. Gesetz, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres. Vom 3. August 1803. Nr. 2122. Verordnung, betreffend die Einführung von ReichSgcsetze» in Helgoland. Boin 24. Juli 1893. Nr. 2123. Bekanntmachung, betreffend Aenderungen der Anlage L zur Berkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. Vom 28. Juli 1803. Nr. 2124. Bekanntmachung, betreffend die Aichung von chemischen Mcßgerälhen, Bon, 26. Juli 1803. Leipzig, den 11. August 1803. Tcr Rath der Stadt Lcipstg. vr. Tröndltn. Krumbiegel. Ausschreibung. Die Ausführung bez. die Lieferung a. der Zimmerarbeiten, k. der walzeisernen Träger, e. der Schmiede, und Schlosserarbeiten am Erweiterungsbau der 27. Bezirksschule in Leipzig. Connewitz, Schillersiratze, sollen an je einen Unternehmer verdungen werde». Die Bedingungen und Arbeitsverzeichnisje für diese Arbeiten bez. Lieferungen liegen i» unserer Hochbau - Verwaltung, Ralhhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Oir. 7 aus und können daselbst eingejehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 2 zu a, von 1 zu b, und von 1,50 zu e, welche auch in Briefmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „27. Bezirksschule — Zimmerarbeiten, bez. Träger- Lieferung, Schmiede- und Cchlosserarbcilen" versehen ebendaselbst portofrei und zwar bis zum 2!. August d. I., Vormittags 10 Uhr «tnzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Be- Werber», bez. die Theilung der Arbeiten und dir Ablehnung sämiirt- licher Angebote vor. Leipzig, den 10. August 1803. Der Rath dcr Stadt Leipzig. Id. 8747. Or. Tröndltn. vr. Donndorf. Diebstahlg-Lekannlllllichttilg. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) ein goldcncr Trauring, gravirt „6. 8. I7./4. 1884" und ein goldener Ring mit rolhein Stein, gravirt „6. 8. 25./12. 1883", am 7. d. M.; 2) eine silberne Remontoiruhr mit Fabriknummer 13 330 und den eiiigekritzelten Buchstaben „v. 0." aus dcr Rückseite, am 7. d. M.; 3) ein goldener Ring, mit einem Brillant, zu beiden Seiten desselben durchbrochen, am 8. d. M.; 4) eine silberne (Lylindrr - Rrinoiitoirnlir mit Goldrand, gravirtcr Rückseite mit Schildchen ,Ii. U." gravirt und dem ei», gekritzelten Namen „Böhme" aus der Innenseite des Teckels, am 7. d. M.-. 5) ein grauer Franenrock, braunroth- und blaugestreift, mit dunkelrotbem Ausputz und cbcusolcbcm Gürtel, am 18. Juli d. I.; 6) rin hellgrauer Tauicnmuntrl, am 12. d. M.; 7) ein Sammernbcrztchcr, dunkelbraun, gestreift, mit einer Reihe Steiiinußknöpic mit verdeckter Batterie, schwarzem Futter und Kettchenhenkel, ein Lpazirrstock von Eiche mit schwarzer Hornkruckc, letztere 2 Mal weih punctirt, vom 5. bis 8. d. M.: 8) ein Pneumatik-Rover, ne», Nr. 1133, Firma „Gebrüder Thomas, Bautzen", ein Kissen-Rover, neu, Nr. 604, Firma „F. E. Trinks, Dresden", beide mit Kugelsteuerung und Rahmenbau, vom 5. bi- 6. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Criminal-Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 14. August 1893. Las Polizei-Amt dcr Stadt Leipzig. Bretschneider. vr. Flocke. König!. Laugewerktnschule zu Leipzig. Der Unterricht an der königl. Baugcwcrkcnschulc beginnt Mittwoch, den 4. Oktober. Di« Meldungen zur Ausnahme sind mündlich oder schriftlich bis spätestens den 24. September Mittags 12 Uhr beim Unterzeichnete» oder im Schullocal, Grassislraffe 7, zu bewirken. Prospekte über die Aufnahmebedingungen sind gratis im SchuUocal oder vom Unter zeichneten zu erhalten. Alle AngemelLeten, denen nicht ausdrücklich mitgetheilt wurde, daß sie von der Aufnahmeprüfung befreit sind, bade» sich zu dieser Montag, den 2. Oktober, 7V, Uhr im SchuUocal einzufindcn. Diejenigen Schüler, weiche Nachprüfung zu machen haben, ersahren die Termine derselben an, 2. Oktober früh 8 Uhr, oder so weit dies vorher bestimmt werden konnte, schon früher durch Anschlag tm Schullocal. Leipzig, den 30. Juni 1893. Lte Direktion dcr König!. Baugcwerkenschule. Baurath Wilh. Hey. Verkeigenlilggausgebot. Zum Zwecke der Zwangsvollstreckung soll folgender, in der Stadt Apolda gelegene Grundbesitz des in Concurs verfallenen Hotelbesitzers Eduard Trinkkeller in Apolda: Kataster von Apolda: Flächengehalt: Termini. Grundsteuer: Nr. 815 b. 1 » 2 qm Garten rc. — 8'/, ^ Nr. 818. 5 » 70 qm Wohnhaus rc. 1-64 - Nr. 810». 4 » — qm geschlossene Veranda rc. — - 18'/« » Nr. 8226. 1 » 78 am Garten rc. — - 4'/, - Mittwoch, den 27. Lkptrmber 18V2, Vormittags von 0 Uhr ab an Amtsgerichtsstelle, Zimmer 14, meistbietend versteigert werden. Ta- Urtheil über Ertbcilung des Zuichlags wird an demselben Tage nach Schluff LcS Versleigerungstermins verkündet werden. Der gesummte Grundbesitz bildet ein zusammenhänges Ganze und dient zum Betriebe des Hotels „Zum Adler" mit Restauration und Gastwirthschast. Derselbe ist cinichiiefflich der Gebäude aus 72 000 .M gewürdert. Die Gebäude sind mit 62 020 bei der Landes- Brandversicherungs-Anslalt versichert. Dem Ersreher ist Gelegenheit zum freihändigen Ankauf von Ein- richtung-gegenständen geboten, worüber der Concursverwalter, Kauf, mann Albert Helsensrieder in Apolda, weitere Auekunit geben wird. Die näheren Nachweisungen über den zu versteigernden Grund besitz und die Berkaufsbedingungen liegen an den Wochentagen von L—5 Uhr Nachmittag« in unserer Gerichtsschreiberei zur Einsicht aus. Apolda, den 7. August 1803. TrohherzoglicheS Amtsgericht, kühn. Leklimltmachullg. Unter Bezugnahme aus unsere Bekanntmachung vom 1. und 5. dieses MonatS, das Ablagern von Schutt, Asche, Schlamm rc. in der städtischen Sandgrube an dcr Salzsiiaffe i» Lcipzig-Plagwitz betreffend, bringe» wir hierdurch zur öffentliche» Keiintniff, daff wir auffer den bereits bestehenden Schultmarke». Verkaussstcllen eine weitere dergleichen bei Herrn Schankwirth Herma»» Lauis Pfeiffer, Salzstraffe Nr. 17 in Lewzig-Plagwitz, errichtet haben. Leipzig, am 9. August l893. Tcr Rath dcr Stadt Leipzig. Io. 4263. vr. Tröndiin. Eberlc, Ref. Der Niesenstreik in England. I'. London, 13. August. Gestern belief sich die Zahl dcr feiernden Bergarbeiter aus 290 OVO Mann, durch deren Unlhäligkeik noch weitere etwa 100 000 an den betreffenden Zewen beschäftigte Personen zur Arbeitslosigkeit gezwungen sind. Wenn diese Zahlen auch in dcr Geschichte der Arbeltcrauöständc unerreicht sind, so hat die Ausbreitung deS Streikes doch wenigstens nach Norden eine Grenze gefunden, indem die Minenbesitzer dcö GlaSgowcr DistricteS den Köhlern den geforderten Lobnzuschlag von 1 ^ pro Tag zugestauden haben. Auck ist cS mehr als zweifelhaft, ob die Arbeiter in Turham und Norlhnmbertand an dem AuS- stand sich betheiligen werden. Sie sind an und für sich durchaus abgeneigt, ihre Arbcitöcvntracte zu kündigen, und haben, nur dem Drängen der Miner'ö Federation, mit dcr sie in engem Earlelverbande stehen, nachgcbend, eine Lohnerhöhung von 15 bezw. I6H4 Proccnt gefordert. Da diese von den Eigen- thüniern dcr Werke abgelcbnt ist, so werden sic erst darüber abstimincn lassen, ob sie daraufhin streiken wollen, so daß cS erst etwa in einem Monat, wenn dann dcr Lohn- strcit nicht beigctegt sein sollte, nach gesetzlicher Kündigung zu einer Nicderlegung dcr Arbeit komme» könnte. Zu ihrer offenbare» Abneigung gegen einen Ausstanv mag ihre üble Erfahrung vom Frühfahr 1892 beitragen, wo sie nach zwötswöchigcr Arbeitslosigkeit die Berechtigung der von den Eigentkümern verlangten Lohnverkürzung anerlcnnen mußten. Auf der andere» Seite hat sich aber dcr Ausstaiid nach den bis dahin noch unberührten Zechen von Süd-WaleS aus gedehnt. Hier ist das Gebiet der gleitenden Lolmscala (slickiug sculo), der gemäß dcr Lolui sich nach dem Markt preise dcö jeweiligen letzten Vierteljahrs fast automatisch regelt. Infolge dieser Einrichtung konnten die Minenbesitzer in der ab- gclaufcnen Woche eine Erhöhung von 12 Proccnl ankündigen. Die dortigen Bergleute haben aber, znm Tbcil unter heftigen Erklärungen gegen die erwähnte Lcbnrcgclnng, in großer Zahl eine Erhöhung um 20 Proccnt gefordert, und täglich kommen Berichte aus Süd-Wales und Monmcutbshire, daß dort die Unzufriedenheit und die Zahl der Ausständigen sich mehre; auch verschiedene Gcwaltthätigkeiten werden aus diesem Reviere gemeldet. Im klebrigen muß man anerkennen, daß bisber von den Ausständigen eine vergleichsweise ruhige und gesetzliche Haltung beobachtet wurde. Beide Parteien versuchten durch mehrfache offene Erklärungen die öffentliche Meinung, die in England, man kann wohl sagen, dcr ausschlaggebende Factor ist, snr sich zu gewinnen. Man kann aber nicht sagen, daß bisher diese vor populi entschieden für die eine oder die andere Seile eingetreten wäre, außer daß in Birmingham die Be sitzer von Eisenwerken und anderen großen gewerblichen Anlagen über den nnerbörten Preis deS von Len Kohlen baronen gelieferten Materials klagen und daraus nicht nur den Ruin deS Kohlen- und EiscnhandclS, sondern auch den Tieg der Arbeiter prophezeien. Bezeichnend ist auch, daß die großen Preßorganc dcö Landes sich fast ausschließlich auf objektive Berichterstattung beschränken und weder für nvch wider Partei ergreifen wollen. Sic ballen offenbar ihr Unheil im Hinblick ans die Wahrscheinlichkeit neuer Parta- mcntswahlen im nächsten Jahre zurück. Natürlich sind bei der ungeheueren industriellen Ent wickelung der MitlandSgegend um Sheffield und Birmingham die Störungen im GcwcrbSlcbcn bedeutend. Niete Hohöfen sind auSgeblasen, da cö an EoakS fehlt, viele Werke lasse» nur drei Tage die Woche arbeiten und sehen einer baldigen Schließung entgegen, da auch an billiger Maschinenkoble großer Mangel ist und die Feuerung mit kostspieligen HauS- kohlen das Product zu thcuer macht. Im klebrigen ist die Kohlenbörse in London in ausfallend ruhiger Verfassung; die Nachfrage war in der letzten Woche ziemlich schwach und nach dem letzten Bericht war der Preis für Haushaltkohlc sogar um eine Mark die Tonne gefallen, Seekoble (zwischen Eigeii- tbünieru und Händlern) um 2 -«ü Dies liegt daran, daß die Minenbesitzer große Mengen Koste aus den Londoner Markt geworfen haben, um die bohen Preise dcr letzten zwei Werben einzuheiinscn. DaS Publicum aber hält jetzt mit Einkäufen zurück, weil cs ein baldiges weiteres Fallen der Preise erwartet. Dies führt uns auf die Aussichten des Streiks, dessen Prognose nach den vorliegenden Symptomen schwer zu stelle» ist. Lehrreich für die von den Arbeitern beabsichtigte Taktik ift das letzte offene Schreiben, das dcr Leiter der Miner's Federation, Pickard, der in Zürich daS UnterstützungSangcbot der deutschen Socialdemokraten zurückwies, vor Kurzem der Presse übersandte. In diesem Schriftstück wiederholt er seine von den Arbeitgebern zurückgewiesene Behauptung, daß einzelne Minenbesitzer den Arbeitern ein Eompromiß in der Weise angebotcii hätten, sie sollten mit den 40 Proc. Lohnerhöhung seit 1888 zufrieden sein und keine weitere Steigerung res Lohnes verlangen, bis die Preise wieder die Höhe von l890/0l erreicht hätten. Er räth, den Kanivf bis zum Aeußersten fortzu- setzcn, und empfiehlt, aus jede Weise ein Einverständnis; mit einzelnen wohlwollenden, finanziell schwächere» und zum Nach- geben geneigten Zechenbesitzern zu erzielen und so die mächtigen Actiengcscllfchaslen, die Kohlenzechen besitzen und die er in den Augen des Publicum« als die allein Schuldige» binstellcn will, zum Nachgcben zu zwingen. Andererseits haben sich die Arbeiter von vornherein vor der öffentlichen Meinung um viele Sympathien gebracht dadurch, daß sie ein Schiedsgericht grundsätzlich zurückwiesen. Ter internationale Bergarbciter-Eongrcß. dcr nächsten Dienstag zusammentreten soll, wird schwerlich mehr von wirklichem Belang für die Lösung der Krisis sein, als der verflossene Züricher Eongrcß der l6 Nationen. (!) Zunächst sind für Wochen noch Nüttel und wie cS scheint auch der Wille zur Fortsetzung deö bedauerlichen ArbeitSkricgeS verbanden. Er schöpfung allein unk der Druck dcr durch allgemeine Geschästö- stocknng erregten öffentlichen Meinung würden erst nach einigen Monaicn ei» Ende erzwingen. Hoffen wir. daß Einsicht und Wohlwollen schon eher eine gegenseitige Verständigung er lauben. Deutsches Reich. SS. Berlin. 1t. August. Räumlich und zeitlich liegen die „Katholikentage" von Mainz und Würzburg sebr nahe, aber ein sebr verschiedenes Ergcbniß wird die Ehronik zu verzeichnen haben. Im vorige» Jakrc herrschte an dcr Mündung deö Mains Eintracht, SiegcSbewußtsei», Ueber- hcbnng. Graf Ballestrcm war der von ungethciltem Beifall begleitete Wortführer der ganzen Versammlung. Bischof Hassncr verflieg sich zu dcr Erwartung, daß die Spitzen Deutschlands in den Schooß dcr katholischen Kirche „zurnck- kelircn" würden, und ein Pfälzer Domherr glaubte die Signatur dcr Lage mit dem Ausspruch bezeichnen zu dürfen: katholisch ist Trumpf. Heute ist Graf Ballestrem, sind die Herren v. Hnene und Do. Porsch auS dem Eentrum auSgestoßcn, gilt der alte Führer v. Schorlemcr als Gegner, stehen die Getreuesten unter den Getreue», die niedcrbayerischcii Katholiken, in einem schroffen Gegensatz zum Ecntruni. ES ist eine schwere Last, die sich der „Katholiken tag" ans dem kurzen Wege mainauswärts bis zur Stadt deS heiligen Kilian aufgcladcn hat. Freilich bat man schon von früher bcr die bequeme Fiction, der „Katholikentag" habe nichts mit dem Eentrum zu lhun, und anläßlich der Würz burger Versammlung wird man voraussichtlich suchen, mit ihr eifriger als je vorder zu manipuliren. Aber diente sie bisher dazu. Außenstehende zu täuschen, so müßte jetzt die Harmlosigkeit, die an den Unterschied zwischen „Katholiken tag" und Eentrum glaubte, nunmehr in dcr Versammlung selbst vertreten sein, was nicht wahrscheinlich ist. Und cbcuso- :ocnig wie die Vorspiegelung, daß der „Katholikentag" nicht politisch sei. wird die andere neuere helfen, daß daS Eentrum nicht confessionell, nicht katholiscki sei. Man bat den Frei herr» »on Schorlemcr, weil er für die Militairvorlage cin- getreten, also wegen einer rein politischen Stellungnahme, die Nechtgtäubigke'it bestritten und damit, allerdings recht ungeschickt, dieser von dcr Verlegenheit geborenen neueste» Kennzeichnung des EentrumS de» Boden entzogen. Es bleibt dabei, daß dcr „Katholikentag" den Parteitag des EentrumS darstellt. Ein solcher fordert aber unter den heutigen Verhältnissen gebieterisch eine Auseinander setzung der Gegner. Wird diese, was nicht unmöglich ist, umgangen, so hat der „Katholikentag" ausgehört zu sei», was er gewesen, und die alle CeiilrumSpartci ist ihrer Aus lösung ein gut Stück näher gerückt. Die „Kreuzzeitung", die mit den inneren Vorgängen im Eentrum nicht unbekannt ist, scheint allerdings den Verzicht auf eine Auseinandersetzung in Würzbnrg für ausgeschlossen zu erachten und äußert große Besorgniß, daß Herr Lieber Sieger bleiben würde. Der gouius loci, dcr Hauptstadt deö von jeher durch demokra tischen Ultramontaniönius hervorstechenden UntcrsrankenS, ist dem jetzigen Führer jedenfalls nicht ungünstig, auch schadet eS ihm dort nicht, daß er sich als Mußpreuße fühlt. Wenn aber Herr vr. Sigl, den man eben wegen dcr Fiction, daß die Versammlung rein confessionell sei, Zutritt und Rede »erstatten mußte, auf den Einfall gcratben sollte, mit Herrn Lieber i» Wett bewerb zu trete», so würde die weitere Einbuße nach rechts eine sehr beträchtliche werden. In geistlichen Kreisen scheint man von dem inneren Hader durch eine Diversion auf daS sociale Gebiet ablenken zu wolle». Ein anderer Zweck deS von uns erwähnten „katkotifch - socialen Programms" ist wenigstens nicht erfindlich. WaS den Handwerkern versprochen wird, wird ihnen im Wesentlichen vom Eentriim schon lange versprochen, und daß der Arbeiter nicht stutzig werden sollte, wenn ihm Psarr- und Domherren Forderungen nahelcge», die, wie die eines Mindestlohncs, von der Socialvemokratie verworfen werden, diesem Glauben werden sich die Verfasser deö Pro gramms wohl kaum hiiigcbcn. V. Berlin, 14. August. (Telegramm.) Dcr Kaiser be gab sich heute alöbald nach seiner Ankunft zui» Einzug deS von Spandau »ach Berti» verlegten vierten Garderegi- »i c nt S nach dem Großen Stern im Thiergarten und führte daS Regiment von dort durch daS Brandenburger Thor, woselbst dcr Lberbürgcrmcistcr eine Ansprache hielt. An dcr Spitze des ZugeS ritten ver Generaloberst v. Pape, und 200 Ossiciere als Deputation aller Gardercgimenter. Nachdem die Fahnen inS Schloß abgebracht worbe» waren, führte der Kaiser daS Regiment nach der geschmückten Caserne. Hier hielt der Kaiser eine Ansprache, worin er daS Regiment auf- sordertc, den Rubin als Mustcrregimeiit zu wahren. DaS Regiment sclle Tisciplin und Gottesfurcht, wie in der alten Garnison pflegen und den Versuchungen der Großstadt mannhaft widerstehen. Der Kaiser wurde überall enthusiastisch begrüßt. Berlin. 14. August. (Telegramm.) Dcr Kaiser hat dem königl. sächsische» Rittmeister Freiherr» v. Linde inan, dem persönlichen Adjutanten deS Prinzen Friedrich August von Sachsen, den Nöthen Adler orden 4. Classc verliehen. «> Berlin, l l. August. (Telegramm ) Mit Beziehung auf die in dcr gestrigen Nummer der „Nordd. AUg. Ztg" constalirte Einigung ans der Finanzministcr-Eoiifcrciiz in Frankfurt verweist die „Nat.-Ztg." heute darauf, tag die ganze Reform, möge sic im Einzelnen so trefflich durch dacht sein, wie sie wolle, vorläufig mit dcr schwer zu bcant- wortcnden Frage zu rechnen habe, ob sie die Zustimmung deS Reichstages finde, denn diese Zustimmung sei zunächst nur soweit gebunden, als die Annahme der Militair-Vorlage zur Bewilligung dcr zur Durchführung dcr HeereSverstärkling er forderlichen Ausgaben verpflichte. Für die Durchführung der Reform, deren Vertretung im Reichstage aus Wunsch deS Grasen Eaprivi HerrMiquel übernehmen würde, werden die Eommissionsberathungen im September von großer Wichtigkeit sein. — EinProsessor derMedicin an einer preußischen Universität tbcilt !im „Pädagog. Wockenbl." folgenden Vor all mit. Zn Preußen können die Abiturienten der N eatgymnasien Rechtswissenschaft, Medici» rc. studiren, indem sie sich in die philosophische Facultät einschreibeu lassen, aber ausschließlich die Vorlesungen der andere» Facultät hören. Von dieser Erlaubniß machte ein Abiturient deS Real gymnasiums bei dem erwähnten Professor Gebrauch. Die llukeiiiitiiiß dcö Griechischen war kein Hinderniß für daS Verständnis; der Vorlesungen und des Studiums. Sinn und Schreibweise der au« dem Griechische» stammenden Fremd wörter wurden ebenso leicht und sicher gelernt, wie bei den aus anderen Sprachen stammenden Wörtern Tender,Pudding, Streik, Budget, Adagio, Saldo, Eldorado :c. Zu den nicdiciuischen Prüfungen konnte der belr. Student erst zugelasicn werden, nachdem er eine Nachprüfung im Griechischen abgelegt hatte. Für eine solche hatte er sich privatim vorbereitet; indessen siel er durch. Darauf trat der junge Mann in die Prima eines GyninasiumS ein. Seine lateinischen Aufsätze waren von allen die besten, und nach einem halben Jahre bestand er die Prüfung im Griechischen mit dem Urtheile gut. Er setzte dann seine medicinischcn Studien fort und ist jetzt Arzt. Die volle Anrechnung dcr Studienzeit wurde nicht bewilligt. Der Professor schließt seine Mittheilung mit folgenden Worten: „Ich frage: Hat die Kciinlniß der griechischen Sprache dein jungen Äkanne in seinem Studium genützt oder bat sie seinen Verstaut tüchtiger gemacht, die czacten Wissenschaften zu treiben? Indem die Behörde den Abiturienten deS Realgymnasiums das Studium der Rechts wissenschaft, der Mcdlein :c. gestattet, räumt sie ja selbst ei», daß zum Verständnis; dieser Studien die griechische Sprache nicht erforderlich ift. Wie ist es möglich, daß ein so krasser Auswuchs deS Gymnasialmonopvls so lange hat bestehen können und noch weiter besteht! Und daS unter dem Minister Bosse, dcr doch wiederholt seinem Wohlwollen für die Realgymnasien Ausdruck gegeben hat!" — Bevor die Posener Reise deS Cardinals Ledo- chowski Lemcntirt worden war, hatte man in Rom derselben eine bedeutende kirchcnpolilische Tragweite zugeschricben. Als Propagandapräfect zählte Eardiual LetockvwSki mit dem Jcsuitcngeneral bekanntlich zu den zwei Nebcnpapsten der römischen Hierarchie, dem „rothen" und dem „schwarzen" neben dem wirklichen, dem „weißen" Papst; entsprechend sollte sein „Besuch" bei Kaiser Wilhelm v. gewisser maßen den Besuch deS letzteren bei Leo XIII. erwidern. Von einer besonderen polnischen Mission deS CardinalS ver lautete im Valican nichts, wohl aus Rücksicht auf Rußland; dagegen sollte der frühere Erzbischof von Posen-Gnesen sich angeblich für den Papst mit den Häuptern deS deutschen EeiitrumS ins Einvernehmen setze» und diese im Sinne der päpstlichen Politik beeinflussen. DaS Dementi dcr Posener Reise wird diesen Eombinalionen mit Bezug auf den Cardinal Lctochowski Wohl ein Ende bereitet haben; denn wenn er nicht nach Posen geht, wird dcr bekanntlich jetzt in Luzern weilende Cardinal wohl den Boden deS Deutschen Reiches überhaupt nicht betreten. — Ein Lehrer, dcr seit einer Reihe von Jahren eine Post agentur nebenamtlich verwaltet hatte, ließ sich Inden Ruhestand versetzen. Die Höhe deS fortan zu beziehenden Ruhegehalts wurde den Bestimmungen deS LehrerpensiouSgesetzes entsprechend festgesetzt, jedoch um ISO ermäßigt, weil der Lehrer die Verwaltung der Pojtagenlur beibehielt und das Gehalt hierfür zusammen mit der vollen Pensivn sei» bisher bezogenes Lehrergebalt um 150 über- stiegen hätte. Auf eine Beschwerde a» de» CultuSminlster wurde indessen Liese Schmälerung de-RilbegehattS alS ungerechtfertigt anerkannt und die zuständige Stelle angewiesen, die zurückbehaitenen Beträge nachträglich auszuzahlen. Die Verkürzung der Pensiou wäre nur dann gerechlfertial gewesen, wenn die Uebernahme einer Poslagentur nach erfolgter Versetzung in den Ruhestand erfolgt wäre. * Weimar» 13. August. In einer unter Theilnahme deS ErbgroßhcrzozS am 10. August abgehallenen Sitzung der landwirthschastlichen Eentratstelle stand wiederum der Futtermangel aus der Tagesordnung. Es konnte sestgestellt werden, daß die besseren Aussichten auf eine Herbst- suttcrernte die Lage günstiger gestaltet, daß auch von dem targebotenen StaatScredit wcniaGebrauch gemacht werde. Bor Beginn der Winterfütterung soll jedoch sestgestellt werden, ob eine leichrere Form der staatlichen Creditgcwähruug er forderlich erscheinen würde. * Meiningen, 13. August. Auf eine Anfrage über die Annahme einer Begrüßung des Fürsten BiSmarck in Kissingen durch mciningischc Verehrer hat vr. Chrysander hierher gemeldet, daß die Begrüßung am 20. August möglich sein werbe. * Mannheim, 12. August. Bei den bevorstehenden Land tagswahlen in Baden, bei denen eS sich »m eine tbeilweise Erneuerung der Zweiten Kammer handelt, kommt für Mann heim die Frage in Betracht, ob auch der dritte von unserer Stadt zu vergebende Abgeordnetensitz einem Socialdemo kraten zusällt. Bekanntlich waren bei den letzten, vor zwei Iabrcn vorgenommencn Landtagswahlen unter dem Eindruck dcr bei den ReichStagSwahlen vom Jahre 1890 erlittenen Niederlage und der in Folge davon eingetrctcncn Gleich giltigkeit und Resignation die hiesigen Nationalliberalen auch bei den crstcren unterlegen und zum ersten Mal zwei Social- demokratcn in die badische Kammer gcwäblt worden. Ginge jetzt auch dcr dritte Sitz an tie Sociatdcmokratie verloren, so würde Mannheim im künftigen badischen Landtag aus schließlich durch Socialdemokraten vertreten sein. Es bandelt sich jedoch hierbei noch um etwas mehr als ledig lich um eine Frage des LocalpatriotiSmuS und des guten RnfcS unserer Stakt. Bekanntlich batten im letzten Landtag die Nationallibcralen 32, daS Eentrum 2l, die Conser- vativcn 2, die Demokraten und Freisinnigen 6 und die Social- dcmokraten 2 Sitze inne. ES standen mithin den 32 National libcralen 3l Abgeordnete gegenüber, welche in den lvcitauS meisten Fällen zusammen gegen die Nationallibcralen stimmten. Somit batten die Nationatlibcralcn nur eine Stimme Mehr heit, die verloren geht, wenn als dritter hiesiger Abgeordneter ein Socialdcmokrat gcwäblt wird. Dazu kommt, daß das Eentrum die größten Anstrengungen macht, die bisherigen Parteiverhältnisse zu seinen Gunsten zu verschieben und die bis jetzt bestandene liberale Mcbrbeit zu brechen. Wenn ihm dies gelänge, so würde eS seine Aclion sofort gegen die Negierung
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