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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930815029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-15
- Monat1893-08
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Tie hiesige Ratbskellerwirthschast, aus Restauratiousräumen, Wohnung sür den Pächter im Erdgeschoß, sowie großem Balljaal mit anstoßendem Nebenzimmer im 1. Stock des hiesigen Rathhauses bestehend, in welcher das Schankgewerbe im vollen Umfange aus- geübt, auch Eoncerl- und Ballmusik nach Maßgabe der elnschlagenden gesetzlichen Bestimmungen abgehalien werde» darf, soll Ticnstag, drn 12. September 18V1k, Nachmittag« 2 Uhr vom 1. April 1894 ab auf 6 Jahre unter den im Termin bekannt zu machenden Bedingungen licitationsweise verpachtet werden. Pachtlustige, welche über ihre zcitherige Beschäftigung und Führung, sowie über ihre Bermögcnsverhülinisse glaubhaften Nach weis beizubringen haben, werden andurch geladen, sich am gedachten Tage rechtzeitig an hiesiger Raibsslelle einfinde» zu wollen Tie Pachtbedingungen liegen vor dem Termine in hiesiger Rathsexpeditioa aus, werden auch aus Verlangen gegen Einsendung von 60 ^ abschriftlich mügetheilt. Pegau, den 29. Juli 1893. Der Ttavtrath. Heydemann, Bürgermeister. Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. August. In der letzten Zeit ist mancherlei von einem geheimen italienisch-russischen Vertrage gefabelt worden, der von ita lienischer Seite aus das Entschiedenste in Abrede gestellt worden ist, aber trotzdem in einigen Blättern sortspukl. Es bat wohl kaum einen Zweck, der Entstellung dieses gänzlich unbegründeten Gerüchtes nachzuspüren; die Hauptsache ist, den Eindruck zu beseitigen, den es aus die Gegner des Drei bundes nicht nur, sondern auch in Italien gemacht, wo man begreiflicherweise nicht angenehm berührt ist von einer Aus streuung, die den Anschein erwecken muß, als mißtraue man in Deutschland der italienischen BundeStreue. Die bevorstehende Reise deS Prinzen Heinrick von Preußen »ach Italien erbält dadurch einen bervorragend politischen Beigeschmack. Jene gegen die italienische BundeStreue erhobenen Anklagen ließen es als eine politische Nolhwendigkeit erscheinen, durch irgend einen hochamtlichen, bedeutungsvollen Act das gegen den Borwnrs veröffentlichte Dementi zu verschärfen. Tie von langer Hand vorbereitete BesuchSreise deS Prinzen Heinrich nach Neapel, seine Theilnahme an Len italienischen Flotten manövern muß daber ohne Weiteres als eine solche, gerade jetzt höchst wünsckenSwerthe Neubekrästigung des poli tischen Freundschaftsverhältnisses zwischen Berlin und Rom bezeichnet werde». Es ist das erste Mal, daß Prinz Heinrich als officicller Repräsentant des Kaiser« in Italien eintrifft, und in dieser Eigenschaft wird der Prinz auch an Bord des „Lepanto", in Gesellschaft des Herzogs von Genua, Len italienischen Flottenmanövern beiwobnen. Da« ist ein schlagen der Beweis, daß trotz aller Preßströmungen, trotz aller Koketterie der italienischen Radikalen mit der Seinepolitik die Bande, die den Dreibund umschlingen, noch genügend fest sind, daß die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland ungeachtet aller geheimen Sprengversucke »och die ver trauensvollsten sind, noch in unverminderter Herzlichkeit fort bestehen. Um so beklagenswerther ist es, daß Feriilletsir. Ln -es Reiches Ostmark. 15s Roman von B. W. Zell. Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) XI. Im Rococozimmer des Pavillons zu PodbielS gäbnte Polza über einer sranzösischen Zeitschrift. Cie war allein Aniela hals der alten Haushälterin drüben im Schloß beim Marzipan- Hacken, das Weihnachtsfest nabte heran, und Tante Jadwiga batte sich noch nickt von ihrem Lager erhoben, obgleich der Bormittag seinem Ende entgegenging. Schon einige Male batte die Leserin unrukiz nach der Uhr geblickt und un geduldig die zierlichen Schultern gezuckt, es war schon längst die Zeit, in der Wladimir seinen Morgenbesnch zu machen pflegte und noch immer sah sie ihn nicht durch die Allee auf da« HauS zuschreiten. Plötzlich tönte ein Schritt draußen im Gange, sein leise schlürfender Schritt. Hatte er beute einen anderen Weg ge nommen? Und da war er auch schon im Zimmer und flog aus sie zu. „Allein?" jauchzte er mit gedämpftem Ton und riß sie fast empor zu leidenschaftlicher Liebkosung. „Wie sich das gut trifft, mein süßes Lieb, ich habe Dir eine wichtige Mittheilung zu machen." „Jede soll willkommen sein, die dies tötende Einerlei irgendwie unterbricht", seufzte sie ungeduldig. „Ach, Wlady, wann endlich geben wir nach Warschau?" „Geduld, Tbeure, vielleicht eber als Du glaubst! Jeden falls bängt die heutige Nachricht damit zusammen. Dir Marquise v. Beaucourt, eine hochgestellte Dame, die zu uns gehört und unsere Bestrebungen aufs Eifrigste unterstützt, tbeilt mir nämlich mit, daß sie beute auf der Reise von Paris nach Warschau durch I. kommt und mich am Bahnhöfe zu sprechen wünscht." Wenn er erwartete, daß diese Nachricht Polza rleklrisirrn der italienischen Presse immer wieder Gelegenheit gegeben wird, sich über das Auswerfen der sogen, „römischen Frage" in deutschen Blättern zu beklagen. Besonder« beklagciiswerlb ist es, wenn die Aufwerfung dieser Frage von einer Seile geschieht, der man Beziehungen z» einflußreicher Seite zuschrciben darf. Ein solcher Fall liegt jetzt vor, und zwar bei uns in Sachsen. Das katholische Kirchen blatt fürSacksen veröffentlicht nämlich in seiner Ausgabe vom letzten Sonntag einen Bortrag des königlichen RegierungsrathS Anger über „die weltliche Herr schaft de« Papstes", worin es heißt: „Da- Evangelium verbietet nickt, irdische Besitztümer zu besitzen. Jedes Kirchenregiment braucht Geld, um die Kirchen in Stand zu halten, Pfarrer zu besolden, Stiftungen zu pflegen Kirckenlebne und Pfarrlcbnc sind unbedingt »ölhig. um den Bestand der Kircke zu wahren. Wie viel mehr hat unser heiliger Bater, der Papst, daS Oberhaupt der ganze» Ehristenheit, der Hirt über 260 Millionen Seelen Freiheit und Unabhängigkeit „ölhig! Man bat ikn seines rechtmäßigen Eigenthuinö beraubt mit der hinterlistigen Absicht, ihn zu bindern, Wobl- tbatcn zu spenden, und eS ist keine Frage, daß sür viele schwache Gemüther im Bolle solches mir naebtbeiligen Wirkungen verknüpft ist. Hat der Papst ein eignes Land, kann bat er auch in den Einkünften desselben eine sichere Hilfsquelle zur Unterstützung der Missionen, zur Hebung deS Unter richts und der Gottesdienste, kurz zur Berbesserung der religiösen Lage der Gläubigen und der Priester in Europa und in fernen Ländern Jüngst laS ich einen Bericht über die confessionellen Berbältnifse in unserem Sachsenland. Zu meiner tiefsten Betrübniß ersah ich daraus, daß im Laufe des letzten Jahres wesentlich mehr Ucberlriltc aus der katbolischcn Kirche zum Prote stantismus alS umgekehrt Convcrsione» vom Prote stantismus zur Multerkircke stattgesundeil baden DaS sind die Folgen der Feindschaft, welche die liberalen Staatsmänner gegen die Kirche Ebristi Kegen, der ge hässigen Gesinnung, welche sie mit Leidenschaft betbätigen. Dem gegenüber muß der ganze katholische Erdkreis, Bischöfe, Priester und Laien, fort und fort ihre Stimme erbeben sür die weltliche Herrschaft de« Papste-, wie sie eS bereits getban haben. Mögen Jahre und Jahr zehnte vergeben; endlich beißt es doch: Reckt muß Reckt bleiben und unserem heiligen Bater muß das rechtmäßig übertragene Eigenlkum und das Recht der Souverainität unverkürzt erstattet werden» die Freiheit und Unab hängigkeit sind unentbehrliche Grundlagen sür die Negierung seiner Kirche." Würden diese Worte aus dem Munde eines königlich sächsischen Regierungsratbes in Italien bekannt, so würden sie den Zweck der Reise deS Prinzen Heinrich sicherlich nickt fördern. Man darf daber wobl mit Sicherheit erwarten, daß die königliche Regierung in Dresden mit einer entschiedenen Mißbilligung dieser Auslassung nicht zurückhält. In Ungarn haben die bereits telegraphisch erwähnten Enthüllungen, die ein gewisser Rimler über eine Ver schwörung der ungarischen Unabhängigkeitspartei gegen den Dreibund gemacht, großes Aussebcn erregt. Besagter Rimler, der sich rühmt, Verhandlungen zwischen der Partei und den Diplomaten in Petersburg und Paris gesükrt zu haben, war bis 1890 Hof- und Ministeriell Secretair im ungarischen Ministerium des Aeußern und stand zu den politischen Parteien in keiner Verbindung, ES ist daher schwer zu begreifen, woher er das Mandat zu Ver handlungen gehabt haben sollte, die er nun „enthüllen" laßt, Rimler erzählt Folgendes: Er habe sich im Mai 1892 nach Rußland begeben und sei am 25. Mat, mit Empfehlungsschreiben versehen, in Petersburg cin- getroffen. Er wendete sich hier an den Maler Michael Zichy und an werde, batte er sich gründlich getäuscht. Sie blieb sehr ruhig und fragte nur: „Eine Französin, und sie interrssirt sich so lebhaft sür die polnische Sache?" „Für die internationale Sache, willst Du sagen", siel er erregt ein. „Ich sagte Dir schon, daß wir sür alle Elenden und Unterdrückten kämpfen." Polza ging hieraus nicht weiter ein, sondern fragte nur, unter balbgeschlossenen Lidern zu ibm aufsehend: „Ist sie jung, diese Marquise?" „Da dieser Begriff relativ ist und ick nickt genau weiß, wie Du ihn nimmst, ist die Antwort aus Deine Frage schwer. Tanl^ Jadwiga zum Beispiel nenni sich ja auch jung." „So ist die Dame im gleichen Alter?" „Nein — viel jünger. Ich schätze sie auf 33 Iabre." „Ein scbr gefährliches Alter, Wlady! Eigentlich für den hciitigen Geschmack der Männer »och ein wenig zu jung — seit Balzac läßt man nur die Frauen zwischen 30 und 40 Iabren gelten, seil Zola die zwischen 4o und 50." Er umschlang und küßte sie stürmisch „Kleine Bosheit — wie lange wirst Du alsdann noch Deinen Zauber auf mich üben!" Sie machte sich von ihm los und nahm wieder ans ihrem Stuhle Platz „Weiter also — ist Deine Marquise schön?" „Meine Marquise ist sehr schön, Närrchen! Da ich aber nun endlich begreife, wo Du hinaus willst, können wir u»S weitere Debatten sparen. Ich liebe diese Dame nicht — habe sie nie geliebt. Wenn man alle schönen Frauen lieben sollte — ick bitte Dick, Polza. UebrigenS denkt die Marquise ntckt daran, init dergleichen Thorbeiten ibre Zeit zu vertändeln, daS liegt hinter ibr. Jetzt hat sic ködere Ziele und stellt ihre glänzende Persönlichkeit in den Dienst edlerer Zwecke. In ihrem Salon zu Warschau verkehrt die Crsme der Ge sellschaft, und gerade durch diese Verbindungen bis in die höchsten Kreise hinauf kann sie der guten Sache so ungeheuer nützen." „Und Niemand ahnt, daß sie Nihilistin ist?" „Nein Die Marquise ist so wcltklug und so scklangen- glatt dabei, daß Keiner sie durchschaut, drr nicht zu den Em den sranzösischen Müitairaltachs Major Moulin, nach deren Fingcr- zeichcn er seine weiteren Schritte einrichtete. Er sprach mit den einflußreichsten Männern des slawischen Eomitss, mit Jgnatiew, Wassiltschikow und Sablrr, mit dein General Kirejew (dein Lbersihosmeister Konstantin Konstantinorvitsch't), mit den Generalen Bogd anowitsch, Lhebeco, Dnrnowo und Tscher- najew, mit der Fürstin Trubctzkoi, mit dem Ober- Procurator Pobedonvszew, mit mehreren Gelehrten und Redak teuren. Unterrichtsministcr Grat Deljanow, Fürst Wolkonsky, Herr Hitrowo und Geliciniraih Hartwig einpfinqcn Rimler i» Audienz und sicherten seine» Bestrebungen mündlich und brieflich syinpathische Unterstützung zu. In Len Briese», dir er oer- össentlicht, wird betont, daß „in Rußland Niemand feind selige Gesinnungen gegenüber Ungarn hege, welches einen keineswegs zu vernachläisigenden Factor repräsentire", und daß „die ungarischen und sranzösischen Patrioten in Rußland einen wohlvorberciteten Boden sinken werden, auf dem sie die Grundlage eines sranzösisch-russilch-nngarischen Einvernehmens errichten können". Ter Abgeordnete Pichon werde in dieser Hinsicht mit dem AertrauenSmonne der osficirllen Kreise, General Kirejew, leicht zu einer Vereinbarung kommen. Kirejew forderte Rimler auf, einen „Entwurf über den ausrichtigen und ständigen Ausgleich zwi'chen Slawen und Ungarn" a»zi,fertigen und ihm, Ikirejew, behusS Beantwortung zu ubersenden. Ter bezügliche, sehr uinsangreichc Brief Rimler'S an Kirejew ist vom 12,24. Juli 1892 ans Peleroburq, Schloß Pawlowok, datirt und enthält das angebliche Programm der auswärtigen Politik der Unabhängigkeilspartei zur Anbahnung freundlicher Verhältnisse zu Rußland und den heimischen Slawe». General Kirejew beant wortete dieses Memorandum am 18. 30. Juli 1892 in einem nicht minder umfangreichen Schreiben, in welchem gesagt wird, die Klagen der slawischen Stammes- und Glaubensbrüder seien aller dings in gewissen Fällen übertrieben, aiidererseits seien aber die Ungarn weit von einem solche» äüüus vivenüi «ntsernt, welcher die bescheidensten Ansprüche der Slawen befriedigen könnte. Rußland wolle weder Ungarn noch Bulgarien. Serbien oder Montenegro er obern, wohl aber wolle cs, daß diese Länder auch von Anderen in Ruhe gelassen. Laß weder Stamdiilow, noch der Eoburger und seine Jesuiten unterstützt werden. Zwischen den panslawistischcn und pangermanischen Ideen bestehe der Unterschied, daß der Pangermane sagt, er habe überall Rechte, wo Germanen wohnen, während der Panslawist sagt, er habe überall Pflichten, wo Slawen wohne». Das sei ein cavitater, ein principieller Unterschied. Die aus der Unabbängigkcitspartei ausgetretenen Mitglieder veröffentlichen, wie bereits kurz gemeldet, angesichts dieser „Enthüllungen" Rimler'S eine vom Grasen Gabriel Karolyi und Adam Horvath Unterzeichnete Erklärung, daß die UnabbängigkeitSpartei nie die Frage eines Bündnisses mit Rußland verhandelt habe und niemals Kcnntniß davon batte, daß Rimler nnl russischen Kreisen solche Verhandlungen führe. Am Schluffe dieser Kuudgebnng beißt cS: „Wir erklären dir Behauptung, daß Rimler oder Jemand anders im Namen der UnabbängigkcitSpartci mit ofsiciellcn russischen Kreisen Verhandlungen gepflogen hätte, sür grundlos und die Führung solcher Verhandlungen, falls dieselben eventuell im Namen der Unabhängiglcitspartei dennoch ftaltgcsunden hätten, sür einen niederträchtigen Betrug. Gleichzeitig erklären wir, daß wir jeden solchen Versuch, welcher in unserem Vatcrlande die Bildung einer russischen Partei an strebt, und jede solche Tbatsacke, welche den Zweck verfolgt, daß in Betreff der Austragung der Nationalitätenfragen Ungarns einer fremden Macht Einmischungsrecht eingeräumt werde, als offenen Vaterlandövcrrath betrachten und einen Abgeordneten, der sich einer solchen Intervention schuldig gemacht, nicht nur in unserer Partei, sondern auch im Parla mente nicht dulden." Der belgische Senat bat seine Beratbungen über die BerfassungSrevisio» abgeschlossen und die Zusammen setzung des lüiiftigcn Senats wie folgt geordnet: Der Senat besteht fortab aus 101 Mitgliedern; 75 werden von allen nach dem Pluralwablsystem stimmberechtigten, mindesten- 30 Jahre allen Bürgern und 26 von den 9 Provinzialrätben gewählt. In den Senat wäblbar sind diejenigen 40 Iabre alten Belgier, die mindestens jährlich 1400 Francs directc SlaatSstcuern zahlen oder geweihten gehört. Aber nun vernimm endlich den eigentlichen Kern meiner Mittbeilung. Ick werde natürlich zur Bahn fahren, und ick wollte Dich bitten, mich dorthin zu begleiten. Ei» Vorwand wird sich leicht finde» lassen — Du bast dringende Besorgungen in I., und daß ick Dich nicht allein fahren lasse, wird meinem Vater und den Deinen cinleuchtcn" Jetzt endlich begann die Sache Polza zu inlcressiren. Sie sprang auf. „Äh — weshalb bast Du das nickt gleich gesagt, Wlady! Du willst mich also der Marguise vorstellen?" „Mehr noch — ick will sie in unseren Plan cinweihen und um ihren Schutz sür Dich bitten, wenn Tu mir nach Warschau folgst " Polza fiel ibm stürmisch uni den Hals. „Du Guter, Lieber! Jetzt erst scke ick, in wie ungerechtem Verbackt ich Dick batte. Und nun schnell, wann fahren wir? Ich möckte mich für diese Vorstellung doch so schön als mög lich macken." ,;In einer Stunde, Herz, Der Zug kommt um drei an und gebt in zwei Stunde» weiter. Wir werten also mit der Marquise zu Mittag speisen." Als zur bestimmten Zeit der Wagen vor dem Pavillon hielt und Polza, die in einem knappen, reich mit Pelz besetzten Cammetanzug reizend aussab, mit leichten Füßen bincinsprang, fand sie außer Wladimir noch einen großen, in Seitenpapier gehüllten Gegenstand vor, den er vorsichtig auf dem Rücksitz unterbrachte. „WaS bast Du da, Liebster?" „Einen Blumenstrauß für die Marquise. Leider fand sich gerade beute nicht viel Schöne- im Treibhansc vor." Ibr Argwobn ward wieder rege. „Wie außerordentlich ausmerksain Du gegen diese Dame bist!" sagte sie spitz „Ich? Du gerade solltest die Blumen überreichen." Polza'S Blick ward wieder klar und ein Kuß beschloß die kleine Eisersnchtsscene. Wladimir und Polza kamen gerade zeitig genug auf dem Babnbof von I. an, um das Wartezinimer erster Elaste, da selten benutzt wurde, noch einmal Heizen und ein gute« MotagS- rffen Herrichten zu lassen. Al- der Zug einlief, eilte Wladimir, Grundbesitz mit einem Katasterertrage von 15 000 Franc- besitzen. (Der bisherige EensuSbclrag ist somit um 600 Francs ermäßigt worden.) Die Zahl der in drn Senat Wählbaren soll je l ans 5000 Einwohner sein. Für die von den Prooinzialräthen zu wählenden 26 Sena toren wurde der festgesetzte EensuS erlassen, aber bestimmt, daß nur diejenigen Bürger wählbar sind, die einer be stimmten Kategorie angehören, also active oder gewesene Minister, Depiilirlc, Gesandte, Generäle der Bürger- garke, die Mitglieder der Gerichtshöfe, StaatSanwalt- ichasten und Akademien, der ObcrrechnnngSkammer, die UiiivrrsilälSprofcssorcn, die Stabhaller der Atvocaten, die Bürgermeister dcr Städte von über 50 000 Einwohnern, die Vorsitzenden dcr oberen Räthe sür Handel, Industrie und Landwirlbschafl. Die Senatoren erkalten weder Gehalt noch Eiilschädigt,» g. Tie Prinzen deS Königshauses sind mit 18 Jahre» Senatoren, haben aber erst mit 25 Iabren eine miibcralbcnte Stimme. Diese SenatS- bcschlüsse, die sich im Wesentlichen mit den Kaiiimer- beschlüssen decken, bewirke», daß von den 6 Millionen belgischen Einwohnern nur 1200 in den Senat wäblbar sind, daß die breiten Schichten und die arbeitenden Elasten von jedem Eintritte in den Senat ausgeschlossen bleiben und der Senat wie bisher, damit er „mäßigend und conscrvaliv" sei, eine Versammlung dcr Millionairc und Großgrundbesitzer, verbrämt mit einigen Würdenträgern, sein wirk. Die Kammer wird sich »unmchr über die SenatSbeschlüsse zu ent scheiden haben. lieber echt spanische Zustände werden wir durch ein Schreiben aufgeklärt, da« dcr EorteS-Deputirtc Anselmo Eordova soeben im „ I »iparcial" veröffentlicht. Ter dort geschilderte Vorgang bildet eine Illustration zum spanischen Justiz- »nd Verwaltungswcscii, wie sie sogar abgehärteten und an AcstnlilcS gewöhnten Kennern imponiren muß. Vor einigen Tagen fand in dcr in Estremadura gelegenen, etwa 20 000 Einwohner zählenden Stadt Don Benito ein von Ausschreitungen begleiteter Tumult statt, von teilt ma» zuerst annabm, daß er, ans momentaner politischer Erregung dcr Bevölkerung her- vorgcbend, nicht planniäßig entstanden wäre »nd keine binter den Eoulissen befindlichen kaltblütigen Anstifter gehabt hätte. ES schien sich plötzlich daS Gerückt verbreitet ;n baden, daß die neuen staatliche» Steuern auf die .lhcimalbsbercch- tizuagSschciue von dem oben genannten Eortcsdcputirten n»d Bankier Eordova erhoben werken sollten. Der selbe besitzt in Don Benito ein größeres Lager von Seideiiwaare»; die empörte Menge zog vor daS HanS, in dem daS Lager sich befand, stürmte dasselbe, schichtete die SeidenbaUcn zu eine», hoben Stoße und zündete ihn an. Was nickt verbrannte, wurde gestohlen; im Ganzen gingen Waaren in, Wcrlb von 60 000 Peseta- verloren. Es fiel schon damals aus, daß die Polizei erst dann auf dem Play erschien, als die Läritimachcr bereits in ibre Häuser zurückgckebrt waren. Tie trotz der Größe der Stadt nur aus zwei Individuen bestellende Gendarmerie vermochte der Uebermacht dcr Tui»ultuanke» gegenüber natürlich nicht« anS- zurichten. Nun präsentirt sich der geschädigte Eordova und berichtet im „Imparciel", daß der Veranstalter des Tu mults einer seiner persönliche» Feinde und zwar keinGcringerer als dcr zeitige Oberbürgermeister von Don Benito gewesen sei. Dieser sei ei» Earlist, dem die Regierung, um über seinen politische» Einfluß verfügen zu können, bei jeder Gclegonbcit durch die Finger sehe. Schon vier Tage vor dem Tumult babc er eine Anzahl Weiber znsanimen- gerufcn und sie gegen Eordova aufgehctzt; ganz Don Benito habe von dem Attentat schon vorher Kunde gehabt, der Bürger meister den Excedcuten Straflosigkeit zugosichert und in ihrer Gegenwart den städtischen Polizisten den Befehl ertbeilt, der Bewegung nicht i»i Wege zu sei», von dem Richter sei ohnehin nichts zu fürchten, da derselbe wegen Krankheit in jenen Tagen da- Bett hütete. Eordova versichert, daß der der die ganze Zeit über clwaö erregt gewesen, hinaus, um wenige Minuten daraus eine hochgewachscne Fraucngestalt von stolzer Haltung in den Wartcsaal zu führen. Sie war ganz in Pelze gehüllt, ein dichter Schleier bedeckte das Gesicht. Polza trat ibr, vielleicht zum ersten Male in ihrem Leben, etwas beklommen entgegen, mit tiefer Verneigung den Strauß überreichend. Jetzt ward der Schleier hastig zurückgeschlagen, und zwei große, eigentümlich schillernde Augen richteten sich scharf auf Polza, deren ganze Gestalt mit einem Blick um fassend. „Wie gütig, mein Fräulein — mein junger Freund hat mich schon kurz unterrichtet, wen er mir zugeführt, und ich eile, mich der lästigen Hülle zu entledigen, um Sic umarmen zu können." Sic sagte cS in dem elegantesten Französisch, da- Polza je vernommen, nur die Stimme klang ein wenig rauh. Das aber mochte die Anstrengung der langen Reise verschuldet haben. Sie schälte sich n»„, geschmeidig wi eine Gazelle, aus ihren Pelzen, wobei Wladimir eifrig hals. „Sv, Graf, legen Sic all das Zeug nur dort über jenen Stuhl. Ich wollte weder Kanimcrsrau noch Diener mit hier ins Zimmer nehmen, die Lcule sind so lästig, und wir wollen unser kurzes Beiiammciisein dcch recht auSnutzen. Und nun, mein theures Fräulein, herzlichen Dank sür den lieben Em pfang!" Sie umarmte Polza und nahm dann die Blumen auf. „Wie herrlich! Etwa au« dem Podbielser Treibbause? Der Graf bat mir nämlich oft von der schönen Besitzung seines Vater- erzählt " Als man ihre Annabme bestätigte, entnahm sie dem Strauß einige Blüthen und beseitigte sie vorn an dem einfachen Rcise- kleit. „So, dann habe ich mehr Genuß davon. UebrigenS —" sie fuhr mit beiden Händen durch das nachtfchwarze, lockige Haar, „wie mag ich zerzaust auSsehen! Hat es die Bahn- Verwaltung von I. schon dis zu einem Spiegel gebracht? Ab, wirklich —", und sie trat vor denselben und ordnete mit den weißen Händen ibr Haar. Dann ließ sie sich auf den Divan nieder und zog Polza »eben sich, sie wieder mit prüfendem Blick messend.
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