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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930816020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-16
- Monat1893-08
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Sie alle zu erwähnen, wäre zwecklos; nur eines muß erwähnt werden, weil eS angeblich auf „zuverlässige Erkundigungen" sich gründet und jedenfalls wenigstens ein Fünkchen Wahrheit enthält. Dem „Hann. Cour." wird nämlich geschrieben: „Mit der Ernennung ist eine Wirkung erzielt worden, auf die in leitenden Kreisen einiger Wcrlh gelegt zu werden pflegt. Schon Kaiser Wilhelm I. gab seinen größten Unwillen knnd, wenn die Presse seine Entschließungen vorweg; unehmen schien, indem sie Namen für Vacanzen nannte, bevor er selbst einen Entschluß gefaßt hatte. Er war im Stande, in solchen Fällen unter Umständen sogar von der Ausführung eines schon gefaßten Ent schlusses abzusehen, selbst dann, wenn sie ihm gewisser maßen eine Herzenssache war. Hätte Kaiser Friedrich länger regiert, als ihm leider beschieden sein sollte, so würde zu Tage getreten sein, daß er jedenfalls nicht weniger eifersüchtig als sein erlauchter Valer, wahrschein lich sogar in noch höherem Grade über dem Rechte der Krone wachte, deren nächste Bcrathcr frei und aus eigener Entschließung zu wählen. Wie unser jetziger Kaiser in dieser Beziehung denkt, mag auS der Thalsachc, die ver bürgt werden kann, hervorgehen, daß er, als ihm auf seiner Krcuzersahrt in der Ostsee die Berliner Zersungen zu gingen, in denen als voraussichtliche Nachfolger des Freiherr» von Maltzahn die Herren von Huene und von Schraut genannt wurden, seiner Verwunde rung und Mißbilligung über diesen Eingriff der Presse in sein Recht in den schärfsten Aus drücken Luft machte. Deshalb braucht aber heute, nachdem die kaiserliche Entscheidung gefallen ist, und zwar so, daß die amtliche Mitthcilung im „Reichsanz." die volle Wirkung eines unerwarteten Ereignisses für sich hatte, nicht etwa versichert zu werden, daß in keinem Augenblicke seit Austanchen der Frage der Neubesetzung des Staats- secretariats des ReicdSschatzamtcS und an keiner der Stellen, die verfassungsmäßig berufen sind, in solchem Falle Vorschläge zu machen, an die Wahl des Herrn v. Huene oder des Herrn v. Schraut gedacht worden sei. Es sind sogar noch mehr Personen in Frage gekommen, es hat aber sür keine der in An regung gebrachten Candidatnren so viel Günstiges angeführt werden können, um den Kaiser von seinem Vor haben abznbringen, dem Reichsdienst frisches Blut zu- znsühren durch Ernennung einer Persönlichkeit, die er bei jeinen wiederholten Besuchen in Posen kennen und schätzen gelernt und über deren Bcsäbigung er sich mittlerweile aus das Genaueste zu informirei^ vermocht hatte. Wer sich des Grasen Posadowsky noch ans seiner parlamentarischen Zeit in der Landtagssession 1882/85 zu entsinnen vermag, hat entschieden den denkbar besten Eindruck von dem Auftreten dieses Herrn behalten. Der Graf hat inzwischen Gelegen heit gehabt, sein VcrwaltnngStalent in mehr als einer Beziehung aus einem verhältnißmaßig schwierigen Posten mit großem Erfolge und zur Befriedigung ebenso wie des deutschen auch des polnischen TheilS der Bevölkerung des Großherzogthums Posen zu bethätigeu. Mit einem ge- Feuilleton. In des Reiches Ostmark. 16> Roman von B. W. Zell. Nachdruck «erbaten. (Fortsetzung.) Sein langes Verweilen in I. hatte einen wesentlich andern Grund gehabt. Es waren die Vorverhandlungen zu dem großen Werk der BohrnngSversuche nun endlich zu Ende geführt worden, und nur CroncS unermüdlichen Anstrengungen, seiner Opferwilligkcit nach allen Seiten hin war cs zu danken, daß dieselben zu einem glücklichen Ergebniß geführt hatten. Wie er vorauSgesehen, batte die Gemeindeverwaltung sich doch noch im letzten Augenblick bethciligt und eine ansehnliche Summe gezeichnet; eS war nunmehr, nachdem die erforderlichen Mittel vorhanden und tüchtige Fachmänner für die Leitung dcS Unternehmens gewonnen waren, bestimmt festgesetzt worden, daß zum Frühjabr die Bohrungen in Angriff genommen werden sollten. Es sollte die« aus drei verschiedenen Stellen zugleich geschcben, und zwar ans städtischem Gebiet, einem Grundstück des Crones nahe der Stadl und endlich auf Zilkowo. Die Bohrungen dort sollten auf besonderen Wunsch des Grafen Podbielski von George von Malkiewicz geleitet werden. Im Städtchen selber stand man diesen Bestrebungen im großen Ganzen mit stumpfer Theilnahmlosigkcit gegenüber. So lange man denken konnte, war von den Salzlagern, die vorhanden sein sollten, gefabelt worden, schon die Eltern und Großeltern der jetzigen Generation batten von Bohrversuchen erzählt, und doch war Alle« beim Alten geblieben — die Salz lager ein Märcben, die Stadt arm und das Wasser knapp. Wie sollte man da jetzt plötzlich auf ein Gelingen hoffen! ES wurde wobl in Bierstuben und Schnapsschänken viel von dem Plan gesprochen,Niemand aber glaubte an seine Verwirklichung. Erst als beim nahenden Frühjahr Hunderte von Arbeitern sür die Erdarbeitcn gedungen wurden, und zwar gegen einen Tagelohn, wie sie ihn nie bisher erhalten, erst da fing man auch in den unteren Schichten der Bevölkerung an, der Ver wirklichung dieser Pläne Glauben beizulegcn und sie als einen Segen für die ganze Gegend freudig zu begrüßen. Da aber daS niedere Volk der Polen gewohnt ist, sür Alle-, was Neues, Unbegriffene» in sein Leben hineinragl, Erklärung oder Be diegenen Wissen verbindet er eine große Gewandtheit wie in den dienstlichen und parlamentarischen, so auch in den gesellschaftlichen UmgaiigSforiuen', was aber seine politische Richtung betrifft, so bietet sie Bürgschaft genug dafür, daß sich der neue Schatzsecrctair ebensowenig von der äußersten Linken, wie von der äußersten Rechten umgarnen lassen dürfte." Wir finden es ganz begreiflich, daß Monarchen unwillig darüber sind, wenn ihren Entschließungen durch ausgestreute Gerüchte vorgcgriffen wird. Solche Ausstreuungen haben nur zu häufig den Zweck, einen Druck auszuüben; die „kleine aber mächtige" Partei, die ihr Mundstück in der ,Lreuzzcitung" besitzt, weiß ganz genau, was sie mit derartigen Ausstreuungen bäusig bezweckt und nicht selten erreicht hat. Und gerade Kaiser Wilhelm II. erinnert sich jedenfalls aus der Zeit, da Kaiser Friedrich unter entsetzliche» Leiden die Pflichten seines hoben Berufs erfüllte, der zahlreichen Versuche einer anderen Partei, den kaiserlichen Dulder durch allerband Ge rüchte zu beeinflussen. Wenn Kaiser Wilhelm II. auch in diesem Falle mißtrauisch gegen die verbreiteten Gerüchte und ihre Ausstreuer gewesen ist. so ist das nur eine logische Folge früherer Vorkommnisse. Aber jedenfalls ist dieses Miß trauen nicht so weit gegangen, daß eS von einer sach lichen Prüfung der in der Presse genannten Kandidaten ab gehalten hätte. In der Mittbeilung des „Hann. Cour." wird ja auch ausdrücklich gesagt, daß eine Anzahl Personen in Frage gekommen und für keine soviel Günstiges, wie für den Grafen Posadowsky, angeführt worden sei. Das Günstigste ist jeden falls seine Sympathie für die Pläne vr. Mignel's gewesen. Und hat Mignel's Stimme sich mit der Abneigung deS Kaisers gegen voreilige Gerüchte vereinigt, so wird nicht nur die Er nennung des Grafen, sondern auch ihre Geheimhaltung bis zur ofstciellen Bekanntmachung völlig erklärlich. Jedenfalls können die Erfinder und Verbreiter solcher Gerüchte auS der Miltheilung die Lehre ziehen, daß sie mit ihren beabsichtigten Empfehlungen und Pressionen leicht das Gegentbeil erreichen. Als einer der eifrigsten Vorkämpfer des Deutschthnms hat sich seit Jahren der Deutsche Vvhmerwaldbnnd erwiesen, dem daher die Sympathien aller Deutschen im Reich und soweit die deutsche Zunge geredet wird, sicher sind. Gern nehmen wir deshalb auch von dem neuesten Aufruf dieses Bundes Notiz. Geht aus diesem Ausruf doch deutlich bervor, wie der Deutsche Böhmerwaldbund mit den gegebenen Mitteln redlich bemüht ist, den deutschen Be sitzstand in Bödmen gegen die Ungunst der Regierenden und der Geistlichkeit zu verthcidigen. Es befinden sich jetzt 162 Bundesgruppe» im Böhmcrwald als nationale Wacht posten und 82 außerhalb, mit im Ganzen 29 009 Mitgliedern. Im letzten Jahre wurden gegen 8000 fl. an hilfsbedürftige deutsche Landwirthe sür nationale oder Schulzwecke verweilt. Insbesondere werden Saaten und Obstbäume vertheilt, der Boden wird unter sachverständiger Leitung melicrirt, Wald grund aufgeforstet u. s. w. Professor Anderegg aus Bern bereiste zu diesem Zwecke den Böhmerwald. Gewcrbtreibcnden werden Werkzeuge beschafft. In Kaplitz gedeiht eine vom Bunde ge schaffene Töpsereischule. die Einführung der Stickerei, der Hand schuh- und Zwirnknopfnäherei ist im besten Gange. Tie wirth- schaftliche Lage wurde auch durch Anregung von Bahnkanten gefördert, aber siehe da, in dem ganzen, durchaus deutschen Gebiete der einen bereits fertigen Strecke ist kein deutscher Beamter angestellt, wobl aber ist die Czechisirung alter deutscher Ortsnamen ins Werk gesetzt worden. Zur Hebung des Fremdenverkehrs verbreitet der Bund touristische Werke und Abbildungen aus dem Böhmcrwald. Besonder» Erfolg hatte die Wiederbelebung der volkSthümlichen Passionsspiele in stätigung bei den Priestern zu suchen, so wurden diese jetzt einem Orakel gleich bestürmt, ihre Ansicht über Gelingen oder Nichtgelingen des bevorstehenden großen Werkes auszusprechcn. Auf diese Weise ward auch Vicar BreSki wieder in eine Welt hineingezogen, der er sich seit Monaten geflissentlich so fern gehalten, als eS sein Amt ihm irgend erlaubte. Von dem Wunsche beseelt, diese Gegend zn verlassen, hatte er sich hartnäckig auch dem Interesse für dieselbe zu verschließen ge trachtet. Nun aber war auf sein Gesuch an die zuständige Behörde ein Bescheid eingclaufen, der ihn zum Bleiben zwang, ihm zugleich aber seine demnächstige Ernennung zum Propst in der Pfarre — die er jetzt nur provisorisch verwaltete — an- kündigtc. So war er denn an die Scbolle gebunden, und eS hieß sür ihn, aus der weltabgeschiedenen Einsiedelei, in die er sich in letzter Zeit vergraben, wieder heranszutreten und seines hoben Amtes voll zu walten, sich nicht wie bisher aus die Amtshandlungen allein zu beschränken, hinaus i»S Leben, in daS Treiben der Menschen und die Würde und Sicherheit deS Priesters zur Schau tragen, der fest steht im Glauben, dessen Seele keinen Zweifel kennt und der bereit ist, auf die Vollkommenheit und Unantastbarkeit aller Satzungen seines Dogmas zn schwören. Daß er dies nicht konnte, jetzt nicht mehr konnte, war es, was seine Seele wund gemacht, sein Inneres aufgewühlt in unendlichen Kämpfen, seine Nächte zerstört und seine Gesundheit untergraben hatte. Es war nicht Phrase gewesen, wenn er auf deS Grafen, auf Aniela'S besorgtes oder verwundertes Fragen nach dem Grund seines befremdenden Zurückziehens schwankende Gesundheit vorgeschoben hatte. Seine eingesunkenen Wangen, die tief in den Höblen liegenden Augen bekundeten nur zu deutlich, daß er die Wabrbcit sprach, und Graf Pod bielski bestand denn auch darauf, daß BreSki mit Beginn der wärmeren Jahreszeit für einen Vertreter sorgen und ein Bad anfsuchen müsse. Constantin lächelte dazu und schwieg. Was ihm Wohl eine Heilcnr nützen konnte — gegen Leiden der Seele hat man noch keine Wunderkräutlein entdeckt! Die Liebe zu Anicla, die sündige, irdische Liebe hatte er ja überwunden, glaubte sie wenigstens mit allen Fasern auS seinem Herzen geriffen. Aber die Stelle war leer geblieben, und leer erschien ihm seitdem die Welt. Nicht die glühendste Andacht, nickt das Versinken in asketische Schwärmerei konnte ihn mehr mit voller Befriedigung erfüllen. Einst — und eS war noch nicht lange her — hatte er die Höritz, die jetzt Tausende von Fremden herbeizichen, so daß sie in dem prächtigen neuen Spielhanse nicht mehr Play finden. Gleichwohl hetzt die czechische, vielfach auch in rein deutschen Pfarren angcstcllte Geistlichkeit unablässig gegen das Dcutschlhum. So forderte der geistliche Leiter einer Taub stummenanstalt in BudweiS auf dem vorjährigen czechischen Säligerfeste seine Volksgenossen auf, sich an dem verwüstenden Treiben des Hussitensührers ZiSka ein Beispiel zu nehmen (der u. A. die Deutschen i» Prachatitz in die Kirche einsperrte und darin verbrannte). Ei» czechischer Gcgenvereiu arbeitet mit allen Mitteln, um die gefährdete Stellung des Deutschlbnnis im Böhmerwalde völlig zu untergraben. Man hofft daher, daß auch die Deutschen draußen im Reick sich mehr als bisher dem Bunde anschlicßen werden; genügt doch schon ein Jahres beitrag von 50 ^s, an die Vcrcinsleitung in Budweis ein- gesandt, zur Mitgliedschaft. Mögen im Interesse der guten Sache recht viele Reichsdeutsche ein Schcrflein dazu beitragen, daß der Deutsche Böhmerwaldbund der schwierigen Aufgabe, die er sich gestellt hat, allen Widersachern zum Trotze mehr und mehr gerecht zu werden in der Lage ist! Der Batica» hat wider Willen soeben dem nngarischcn Ministerium Wekerle und dem ungarischen Liberalismus einen große» Gefallen erwiesen. Dieser Tage richtete nämlich der „Moniteur de Rome", das Organ der Curie, eine Aufforderung an die ungarischen Katholiken, die nationalen Bestrebungen per Slawen und Rumänen zu unterstützen, um das liberale Cabinet zu Falle zu bringen. Dieser Versuch des VaticanS, sich in die inneren Angelegenheiten Ungarns einzumengen, bessert die Aus sichren dertib eralen Kirchen Politik beträchtlich. Die Slowaken sind vorwiegend Lutheraner, die Serben, Nu- thenen und Rumänen hängen dem orthodoxen Glauben an — daraus allein schon ist ersichtlich, daß der Valican mit seiner Mahnung an die ungarischen Katholiken nicht die Wahrung kirchlicher Interessen, sondern politische Pläne gegen den nationalen Bestand des MagyarenthumS im Auge hat. Ungarn soll mit Hilfe der Kirche dem nicht-katholischen Slawenthum auSgeliefcrt werden, darauf läuft die durch den „Monit. de Rome" voreilig enthüllte Politik deS VaticanS hinaus. Diese Erkenntniß wird genügen, Alles, was gut ungarische denkt und fühlt, dem Ministerium Wekerle als Ge folgschaft im kirchcnpolitischen Kampfe zuzuführen; anti ungarisch und antiliberale Bestrebungen werden fortan in den Augen des Landes dasselbe sein. Unter diesen Umständen wächst, so glaubt man wenigsten« in Pest, die Wahrscheinlich kcit, daß auch da« ungarische Oberhaus die kirchcnpolitischen Vorlagen annehmen wird; die eifrigsten unter den katholischen Magnaten des Landes werden Anstand nehmen, sich in den Schein zu bringen, als seien sic Werkzeuge der vaticaniscben Politik, deren Gewinn in letzter Linie Rußland einheimsen würde. Die einflußreiche russische Zeitung „Nowosti" widmet der Wehrkraft Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Frankreichs und Rußlands unter dem Titel „Compensircnde Kriegs maßnahmen" einen längeren beachtenswcrthen Artikel, der in ungefähr folgenden Sätzen gipfelt: „Tie Rüstungen Oesterreich-Ungarns sind ausdrücklich gegen Rußland gerichtet. Auch Deutschland wird, obwohl cs sich zu einem Kampfe gegen zwei Fronten rüstet, den durch das neue Militairgesctz bedingten Armcez »wachs zunächst zur Ver stärkung des Schutzes seiner Ostgrenze benützen. Darum muß Rußland vor allem müden neuesten Militairreformen der verbündeten Staaten rechnen und ausgleichende Maßregel» zu seiner eigene» Sicherheit ergreifen. Das neue Princip, welches der Dreibund aus gestellt hat, gipfelt vornehmlich in der Taktik, eine möglichst schnelle gebotene Entsagung als ein hohes Verdienst, ja, einen Reiz teö Priesterthums angesehen, der den ganzen Stand mit einem Glorienschein umgäbe. Daß er nun, wo es galt, sie zn üben, sich als zu schwach erfand, erfüllte ibn mit «clbstverachtuiig, und er war geneigt, sich selber ob seiner Zweifel und Kämpfe zu hassen, sich als einen Unwürdigen zu betrachten, der nun und nimmer berufen sei, das heilige Priestcramt auszuüben und die Vermittlung zwischen Gott und den Menschen zu vollziehen. Das waren die Kämpfe und Zweifel, die sein Inneres zerrissen. Aniela zu sehen war unter diesen Umständen Wonne und Schmerz zugleich, und er vermied ein Begegnen, wo er irgend konnte. Diese, ohne jede Ahnung von seine», seelischen Zu stande, war ties betrübt über die plötzliche scheue Zurückhaltung des verebrte» Freundes und sorgte zugleich ernstlich um seine Gesundheit, obgleich sie instinctw crrieth, daß es nickt ein körperliches Leiden war, waS ihn bewog, sich von jedem Verkehr znrückzuzichcn. Sie halte viel darüber nachgedacht, waS wohl die Veranlassung seines veränderten Benehmens sein möge, und war zuletzt zu der Ueberzeugung gekommen, daß ihm von irgend einer Seite her ein großer seelischer Schmerz zugesügl worden sein müsse, an dem er um so schwerer trage, als er sc allein bastche und Niemanden habe, dem er sich anvertraucn könne. Fast grollte sie ihm — wußte er denn nicht, wie sehr sie ihm ergeben sei, wir sie mit der Liebe einer Schwester um ibn sorge? Wenn sich nur einmal die Gelegenheit zu ungestörter Aussprache ergeben hätte, würde sie ibm daS gewiß längst gesagt haben. Und einmal, völlig unerwartet für Beide, kam dock diese Gelegenheit. ES war an einem rauhen, stürmischen Apriltage, als Anicla, aus der Handarbeitsstunde kommend, die sie wöchentlich zweimal für die Mädchen deS Dorfe« abhielt, sich erinnerte, daß sie die alte, kranke Schäserfrau, die so einsam und verlassen in ihrer Hütte am Waldrande lag, nun seit daher den kurzen mit Eßwaarcn >m daS Haupt, um sich gegen den rauhen Wind zu schützen, und trat, obgleich eS bereits dämmerte, unverdrossen die halbstündige Wanderung an. Noch war der TageSschein nicht ganz erloschen, als sie die Hütte erreicht hatte und in die niedere, dumpfe Stube der Kranken trat. Mit freudiger Rührung erkannte die Alte den späten Gast. „Die heilige Jungfrau segne mein gnädiges Fräulein und gebe tausendsach zurück, waS an mir armem kranken Weib Mobilisirung zu bewerkstelligen und durch ein kolossale-, ekligst concentrirtcs „Massenaufgebot" den Gegner im ersten Anlauf zn ersticken. Bei einem ZukunftSkrieae werden nicht die einzelnen Theile der activen Arinee eine Rolle zu spielen haben, sondern eS wird auch die gesammtc Reserve mit Hinzuziehung aller nur halbwegS taug lichen Mannschaften sich sofort nach der Kriegserklärung in die Reihen der Armee stellen. Die „raxs cku nomdre" bildet heute unbestritten daS oberste strategische Gesetz. Di« deutsch« Militairverwaltung ist mit einer durch nichts zn erschütternden Festigkeit davon überzeugt, daß ihr angeblich unerreicht dastehende- Lsficier- und Unterofficlercorps der schwierigen Ausgabe, so ge- waltigc Menschcnmassen zu leiten und zu organisiren, vollständig gewachsen sei, und jeder Deutsche spricht mit Stolz von dem zu- künstige» „Vlermillionenhccre", das nach seiner Ansicht Schulter an Schulter mit den Verbündeten von einer Begeisterung erfüllt, von einem Willen gelenkt, von einem Muth beseelt, in glühender Vaterlandsliebe unaufhaltsam Vordringen und jeden Gegner zermalmen wird. Schließlich geben dir „Nowosti" eine vergleichende Statistik der Armeen von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Frankreich und Rußland und ziehen dann das Facit, daß sich in Rußland im Kriegsfall der Mangel an verfügbaren Truppen fühlbar machen würde. Um Wandel zu schaffen, sei eine allmälige Verschmelzung der Reserve mit der activen Armee dringend erforderlich. Der Zweck der lebhaften Schilderungen des russischen Organ» ist deutlich zu erkennen. A»S Lst-Indic» lauten die Nachrichten heute wesentlich günstiger. In Bombay stellen sich allmälig wieder Ruhe und Vertrauen ein, die Läden sind wieder geöffnet und man nimmt an, daß bald wieder Alles in daS normale Gleis zurückgckehrt sein werde. DaS energische Einschreiten der Militair- und Civilbehörden hat also die erwünschte Wirkung getha». Gleichwohl wird die indische Regierung cs an Wachsam keit und Umsicht nicht fehlen lassen dürfen, damit nicht aber malige Zwischenfälle einen Rückschlag Hervorrufen. Die Stimmung der eingeborenen Bevölkerung bleibt natur gemäß bis auf Weiteres noch eine gereizte und zu Ausschreitungen geneigte; daraus folgt die Noth- wendigkeit, stets eine hinreichende Macht in Bereit, schast zu halten, damit etwaige bedrohliche Tendenzen iin Keime erstickt werden. Es ist dies um so dringender erforderlich, als ja die Lage der indischen Finanzen wandten Umständen die ErwerbSverhältnifsc der Bevölke rung darnicderlicgcn und den niederen Schichten einen schlimmen Winter in Aussicht stellen, ist klar; damit ist aber auch der Nährboden für Unzufriedenheit aller Art gegeben, und cs wird der ganzen Umsicht der leitenden Kreise in Kalkutta wie in London bedürfen, um aus den schwebenden Bedrängnissen mit HalbwegS heiler Haut hervor zugeben. Man bars deshalb mit Sicherheit behaupten, daß die indische Frage bis auf Weiteres von der Tagesordnung der Politik des britischen Weltreiches nicht verschwinden werde. Einen, unS soeben zugehendcn Telegramm des „Reuter'schen BurcauS" aus Bombay zufolge dauert die Ruhe dort an und die Zahl der wieder geöffneten Magazine hat sich vergrößert. Für das heute stattfindende Hindu-Fest sind aber von den Behörden trotzdem Maßregeln getroffen worden, um etwaigen Unruhe» zu begegnen. Die Nachrichten, welche auS Ttam einlaufen, kaffen darauf schließen, daß sich AlleS friedlich ordnen wird. Eine Zeit lang befürchtete man, daß Cainbodscha die Gelegenheit benützen würde, um die Provinz Battanbang, welche eS 1867 an gethan wird", murmelte die alte Frau, Aniela'S Gewand an ihre Lippen ziehend. „Wahrlich, wenn man Euch anschaut, möchte man glauben, die Gcbencdeite selber trete zu mir un würdigem Weib, um mich auf meinem Schmerzenslager zn erquicken." „Versündigt Euch nicht. Mutter Dworak", verwies Aniela ernst. „Ich bin ein armer, irrender Mensch, der Gnade be dürftig, wie Ihr selber. Aber habt Ihr kein Licht hier? ES wird dunkel, und kalt ist's auch. Wenn Holz da ist, möchte ich ein Feuer auf dem Herd anfachen." „Mit Euren zarten Händen, gnädiges Fräulein", jammerte die Alte, aber schon hatte Anicla in dem Dämmerlicht einen Haufen dürren Reisigs in einer Ecke entdeckt, zog Zündhölzer aus der Tasche und schüttete auf dem riesigen Lehmherd daS Holz auf, daS bald, von ihrer Hand entzündet, wärmend und leuchtend zugleich emporflammte. „Und nun sollt Ihr essen", sagte sie, daS Körbchen auS- räuinend und seinen Inhalt auf einer wurmstichigen Lade auS- breitcnd. „Vcrsncht'S nur, eS wird schon schmecken, denn Ihr seid mehr altersschwach als wirklich krank. Weshalb aber, Mutter Dworak, kümmert sich Euer Sohn nicht um Euch? Er hat einen so guten Dienst beim Grafen und ist des Abend- immer frei, da könnte er Euch wohl besuchen." „Er könnt's schon, gnädige- Fräulein, wenn daS WirthS- hauS im Dorf nicht wäre. Da sitzt er denn und vergißt der alten Mutter, sind freilich alle nicht besser, und ich habe nicht zu klagen. Haben doch der gnädige Graf so gut für mich gesorgt, die Hütte ließ er mir, und ein MonatSgeld bekomme ich dazu bis an mein Lebensende! Die Taglöhnersrau an dern nächsten HauS, die Woitscheck, sieht auch jeden Tag nach mir und sorgt für Holz und kocht mir eine Suppe, so viel sie auch selber mit ihren acht Kindern zu thun Hai. Da Hab' ich's denn eigentlich recht gut in meinen alten Tagen und kann Gott und allen Heiligen nimmer genug ihre Gnade danken." Aniela schaute gerührt auf die einsame Alte, die es „so nt hatte", und ließ dann ihren Blick durch den ärmlichen iaum schweifen, dem doch nicht aller Schmuck fehlte, denn neben dem Bett stand auf wackeligem Holzschemel ein ver blaßtes MuttcrgotteSbild, mit Papierschlcifen und trockenen Feldbluincntränzen geschmückt, davor in armseligem, verbogenem Blcchleuchter eine Kerre. „ES ist eine geweihte", sagte die Alte stolz, die dem Blick deS Fräulein- gefolgt war. Und während so die beiden Gestalten, vom flackernden Hrrdfeuer beleuchtet, dasaßen, die eine nach den leckeren Speisen langend, die Sö'
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