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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930824029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-24
- Monat1893-08
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Ännahmeschluß für Änzeizea; Abeud-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag- früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eins halbe Stunde früher. - ^ Anzeige«» sind stet» an di« Gxtzedttisa zu richten. ktt« «le»» « Lorttm. («lsre» vatzu>> UalversitätSstraß« 1, Lont« LAsche, -otharkmrstr. 1«, pari, und KöuiqSplatz 7. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und GeschWverkehr^ Drnck and Verlag von E. Hol» t» L«tvjl» ^ 432. Donnerstag den 24. August 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Steckbrief. Gegen den Agenten Nrnst Moritz Snruahl, geboren am 28. März 1862 zu Thallwitz bei Wurzen, zuletzt in Leipzig, welcher fluchtig ist, bez. sich verborgen hält, ist die Uillersuchungshast wegen schwerer Urkundenfälschung und Betrugs verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften, in das nächste Ge- richtsgefängnih abzulicser» und Nachricht anherzugeben. Leipzig, den 21. August 1893. Königliche Ltnatsanwaltschast. vr. Nagel. politische Tagesschau. * Leipzig, 24. August. In den letzten Tagen ist wieder viel davon gesprochen worden, daß im September eine zweite bonscrcnz Ver deutsche» Fiiianzmlnistcr zu Berlin stattfinden solle, lieber die Notbwendigkeit einer solchenConferenz läßt sich heute aber noch gar nichts bestimmen. Nachdem die Besprechungen zu Frankfurt zu einer erfreulichen Einigkeit der Minister über die Ziele der Reform und auch zu einer gewissen Uebereinstimmung über die einzuschlagenden Wege geführt haben, muß zunächst daS Ergebnis; der commissarischen Bcrathungen über die Aus führung der Gesetzesvorschläge abgewartct werden, ehe sich übersehen läßt, welche weiteren Schritte unternommen werden müssen. Daß cS zu einer zweiten Eonserenz der Minister in Berlin kommen werde, ist unter Umständen möglich, aber nicht wahrscheinlich. Wenn tbatsächlich in Frankfurt der Wunsch geäußert worden ist, in Zukunft dem mündlichen Gedankenaustausch den Vorzug vor dem schriftlichen zu geben, sobald sich Schwierigkeiten zeigen, so wäre die Verwirklichung des Gedankens zu begrüßen; er verdient in der That de» Vorzug vor dem in den letzten Jahren cingeschlagcnen Wege, daß der Reichsschatzsecretair die Finanznnnistcr der Einzel- siaaten in ihrer Heimath aufsucht, um mit ihnen einzeln über Finanzpläne zu conferiren. Wir haben schon einmal der Zuschrift Erwähnung gethan, die, von einem „Katholiken" aus Oesterreich-Ungarn an die „Historisch-Politischen Blätter" gerichtet, für die Auf- l«fu«G »es Berftäizbrgung Oesterreich-Ungarns mit Rußland und die Rück gabe Elsaß-Lothringens an Frankreich Stimmung zu machen sucht. Die Zuschrift macht Deutschland dafür verantwortlich, wenn auch in Oesterreich demnächst Mehr- forderungen für militairische Zwecke zu gewärtigen sind, behauptet aber, alle finanziellen Opfer seien vergebens gegen über dem Menschen-Material und den anderen Mitteln, über die Frankreich und Rußland verfügen. Die Friedens sicherheit sei somit durch den Dreibund nicht gegeben, und der österreichisch-ungarische Katholik gelangt so zu den erwähnten Vorschlägen. Das ultramontane „Grazer DolkS- blatt" protestirt nun in seiner neuesten Nummer dagegen, daß diese Zuschrift einer verbreiteten Meinung Ausdruck gebe, und erklärt, officiell und thatsächlich stehe die katho lische Partei „zur Zeit" fest auf dem Boden des Drei bundes; daS Blatt kann sich's aber nicht versagen, hinzuzufüaen: „Wir stimmen also der Zuschrift in den „Hist.-Pot. Blättern" insofern absolut nicht zu, als etwa dadurch einer verbreiteten Ansicht in katholischen Kreisen sollte Ausdruck gegeben werden. Aber freilich kennen wir auch bezüglich unserer Bündnisse keinen kategorischen Imperativ und sind allerdings besorgt, daß daS unausgesetzte Hiuaus- schrauben der Militairlasten zu Gunsten jener Macht, die nach Moltke'S Ausspruch „fünfzig Jahre lang nur von Feinden umgeben sein wird", zu einem Umsturz in der öffentlichen Meinung führen könnte." Tie belgische Kammer bat, wie bereits telegraphisch kurz gemeldet, das außerordentliche Budget, daS, die militairischenEreditc cinzescblossen, 48 Millionen Francs neuer Forderungen entbält, angenommen. Vor der Annahme kam cS aber noch zu stürmischen Auftritte». Der klerikale Antwerpener Teputtrte CorcmanS richtete heftige, das Maß überschreitende Angriffe aus die Militairverwaltung und griff Fraukreick, „den Erbfeind Belgiens", scharf an. EorcmanS erklärte, daß Frankreich von jeher und auch gegenwärtig Annexivusgelüstc Belgien gegenüber hege und daß früher der belgische Gcncralstab mit Reckt seine Aufgabe darin gesehen habe, die Schranken gegen Frankreich an der Grenze zu befestigen. Dann sei plötzlich mit unberechtigter Schwenkung Antwerpen und jetzt angeblich zur Vertheibigung des Landes die Maaslinie befestigt worden. Dabei seien zwei Drittel des Landes thalsächlich ohne Schutz dem eindringcnden Feinde preisgegeben. Der Kriegsministcr und General Brial- mont suchten diese Anschuldigungen zu wicderlegen, während der Minister dcS Auswärtigen dagegen prolesnrtc, dem die belgische Neutralität milzarantirendcn Frankreich Anncxions- getanken zu unterlegen. Dagegen findet die Absagunz der großen Manöver allseilige Zustimmung und Anerkennung, da der Gesundheitszustand Manches zu wünschen übrig läßt. Besondere Beachtung unter den Erscheinungen dcS noch nicht abgeschlossenen franiösischen Wahlkampfes verdient unbedingt die vollständige Auflösung der berüchtigten „Patriotenliga". Dvroulsde, ihr Gründer und nach ihrem AuSeinandcrfallcn während der Boulangistenbewegung der Reorganisator ihres ertremen Flügels, auS dem sich nach dem Verbot der ganzen Liga durch Eonstanö die neue I-. D. ?. (liguo ckes Patriot^) entwickelte, hat sich geweigert, wieder ein politisches Mandat anzuncluiien, und will sich ganz a»S dem öffentlichen Leben zurückziehen. Die jüngsten Ereignisse haben Deroulede allerdings so hart mitgenommen, daß er unmöglich daran denken kann, ferner seine alle patriotisch- politische Exaltadorolle wcitcrzuspielcn. Als Abgeordneter bat er sich bekanntlich durch sein Verhalten in der Angelegenheit der „englischen Documcntc" blamirt; seine Zukunft als Präsident der Patriotcnliga haben die Enthüllungen Rochcfort'S und Clömenceau'S ver nichtet. Clemenccau hat ihn öffentlich beschuldigt, daß er die Patriotenliga, die er gegen Deutschland als Tugend bund und Revanchepartei gegründet, habe benutzen wollen, um mit ihrer Hilfe unter Mitwirkung des Führers der Radikalen und Boulauger« Frankreich in einen Bürgerkrieg zu verwickeln, und Rockefort sagt seinem alten Freunde nach, daß er diesen Staatsstreich nur beabsichtigt habe, um zunächst Diktator, dann sogar Kaiser zu werden. Rochcfort geht Dsroulsbe überhaupt scharf zu Leibe. Er wirst ihm Größen- und Verfolgung-Wahnsinn gleichzeitig vor und nennt ihn einen „großmannsücktigcn EinsaltSpinscl", einen „närrischen Bänkelsänger mittelmäßiger Soltatenlieder", einen .^gleichmäßig schlecht politisirendcn Dichter und dichtenden Politiker" und einen „Bajazzo des Patriotismus und dcS Parlamentarismus". Nack ärztlicher Ansicht leidet Deroulede tbatsächlich an agrcssivcm VcrsolgungSwahnsinn. Er bat nur eine fixe Idee: daS von allen Seiten bedrohte Frankreich muß Deutschland den Krieg erklären, um mit dem linken Rheinuser Ruhe vor seinen Verfolgern zu gewinnen! Mit Deroulede, der nach menschlichem Ermessen politisch todt ist, stehen und fallen aber die Reste der Patriotcnliga. Mit dem Verschwinden der Patriotenliga geht wieder das Zurück treten der elsaß-lothringischen Bewegung Hand in Hand. Aber an dieser Doppelerscheinung sind die Narrheiten Tsroulöde's durchaus nicht allein schuld; auch nicht auf das Verbot der Liga durch ConstanS ist deren Erlöschen zurück- zuführcn; dies um so weniger, als das Verbot seit Jahren nur noch auf dem Papier besteht. Es haben vielmehr die verschiedenartigsten Umstände zusammcngewirkt, um den fran zösischen „Patrioten" das Lebenslicht auszublasen. Einmal sängt die jüngere Generation in Frankreich, von den Parisern freilich abgesehen, immer mehr an, den Streit um die Reichs lande langweilig zu finden. Die ganzen socialen Verhältnisse d°b-» i» d--P« I- Frankreich nickt gekannten Realismus ssesuhrt^.^ 7° L"'°L»» ----ul. -»» L-l-m-lP-Iml m d-7 ,1-ich-» wirkt die allgemeine Wel'rP l,Ä> lang,am u. d 8 ^ ! bciiraren der kriegerischen Stimmung auch der em acsleischlcstcu französische» „Patrioten" doch -men kleinen Dämpfer aufzuscycn. . ^ -e^> Die diplomatische Ausgleichung deS falls von Aigucs-Msrtcs entricht zu sehr dm Bcdur nis en der internationalen Polit k. als dag -an nick auch in Paris zu der Erkenntniß gelangen 1°klie. -S fei unlcr alle» Umständen geratener, dem schwer beleidigtiN italienischen Nat.oualgefühl G-nugthuunz zu S-b-n, als sich der Verantwortung zu entziehen, w°m. d.e Lästig keit der Ortsbebörden taö Conto der Republik nun einmal belastet hat. Der >tal,eu„che B°t,chafter R-ß mann in Paris und sein Chef, der Minister de Auswärtigen in Rom. haben ihre unter dem Druck der nut Recht empörten öffentlichen Meinung Italiens bei der sran zösischcn Regierung formulirlen Beschwerden' n mn so mav volleren Grenzen geltend gemacht ,e nachdrücklicher die Re- aicruna dcS Königs Humbert daheim gegen die Anstifter der Nanzosenfeindlichen Kundgebungen einschritt. So bl'-d den Pariser Machthabern, wenn sie sich nickt direct zu Mit schuldigen der Greuel in Aigues-MorteS machen wollten, kau», etwas Anderes übrig, als das diSc.Pt.nar.sche Ein schreiten gegen den Maire jener Unhcllsstatte. Wie weit der Maire strafbar ist, bas ist zur Zeit allerdings noch Gegenstand der Untersuchung. Es genügt wer festzustelleil, daß die französische Regierung unter allen Umständen sich bereit erklärt hat. den, bczw. die etwaigen Schuldigen zu strafen, und auf diese Weise, so weil das möglich, daS Blutbad von Aigueö-Mortes ru sühnen. Die „Agcnzia Stefani" melket denn such aus Paris, daß am 22. August der Minister deS Auswärtigen, Dcvetle, mit dem italienischen Botschafter Reßmann eine Unterredung gehabt hat, in welcher er demselben zunächst erklärte, die Aufnahme der in AigueS-MorteS verwundeten Italiener in die Hospitäler von Marseille sei deshalb verzögert worden, weil die Vorschriften des Reglements für die HoSpitäler erst erfüllt werden mußten. DeS Weiteren aber versicherte Devellc, die Untersuchung über die Vorgänge in AigueS-MorteS schreite rasch vorwärts. Zahlreiche Verhaftungen hätten bereits stattgcfundcn und weitere ständen bevor. Schließlich ersuchte Devellc den italienischen Botschafter, ihm die Namen der Opfer anzugeben, damit er die Auszahlung der Entschädigungen anordneu könne. Am Abend des 22. August richtcie, wie die „Agenzia Stefani" weiter mit- tbeilt, Minister Devellc an de» Botschafter Reßmann einen Brief, worin er diesem mittheilte, der Maire von Aigues- Mortes habe sein Abschiedsgesuch eingercicht, aber der Minister deS Innern. Tupuy, glaube, daS Gesuch zunächst nicht annehmen zu können, weil er den Maire für unent behrlich halte. Eine eingehende Untersuchung über das Ver halten des Maire, welcher behaupte, die Italiener beschützt zu haben, sei jedoch im Gange. Ter Brief Devclle's schließt, nur in diesem Falle, wen» die Behauptung dcS Maire wahr sei, könne daS Abschiedsgesuch dcS Maire angenommen werden, andernfalls müsse derselbe seines Postens enthoben werden. Die „Agcnzia Stefani" veröffentlicht nunmehr auch daS amtliche Ver zeichniß der in AigueS MorteS getödtcten und ver wundeten Italiener; dasselbe weist die Namen von 7 Todtcn und 34 Verwundeten auf. Laut Berichten auS Aigueö-Mortes selber sind die Beziehungen zwischen den italienischen und französischen Arbeitern andauernd gute. Die Pariser Journale betrachten inSgesammt den französisch italienischen Zwischenfall als geschlossen und erkennen die Eorrectheit der italienischen Regierung an. Auch in Italien beruhigt man sich jetzt mehr und mehrwegrn deSganzcnZwischen falls. Nurdie röm ische„Tribuna" sprichtdieAnsichlauS, daß Italien über die Art, wie der Zwischenfall in Aigues-MortcS gelöst worden, kaum die Zufriedenheit deS Ministers Brin jheilen werde. Die Agitation gegen die Regierung werde aber die Veranlassung zu neuen Besorgnissen sein. Das ge nannte Blatt befürchtet, daß Frankreich nur allgemeine Ver sprechungen gemacht, um der Verlegenheit deS Minister« Brin goldene Brücken zu bauen. Verständige Politiker sind dagegen in Italien der Ansicht, daß die italienische Regierung tbatsächlich in dieser Angelegenheit sich so energisch verhalten hat, als dies nur irgend möglich war. Das Land, wo man sich über diese von der italienischen Regierung an den Tag gelegte Festigkeit am meisten freut, ist Belgien; denn die Pelgier wissen aus eigener trüber Erfahrung am besten zu beurtheilcn, wie unleidlich die von dem fanatischen Fremden haß der französischen Arbeiter in den GrenzdepartcmentS ge schaffenen Verhältnisse sind. Die von der britischen Regierung beschlossene Befesti» gung dcS HafenS von Esquimalt auf der Insel Dan- couver durch drei dahin entsandte Osficierc und 72 Mann der Marine-Artillerie unter Oberleitung dcS Majors Muirhead bildet einen wichtigen Fortschritt in der Entwickelung der militairiscken Dcfensiv-Organisation des britischen Weltreichs und im Besonderen des Dominiums Canada. Esquimalt und Halifax sind die einzigen britischen Flottenstationen an der Ost- und Westküste von Nordamerika und von beiden besitzt nur Halifax Festungswerke und eine britische Gar nison von 1500 Mann, während Esquimalt zur Zeit allein auf den Schutz des britischen Geschwaders in jenen Gewässern angewiesen ist. Dieser Schutz war ge nügend, so lange Britisch-Columbien und Vancouvcr keine directe Verbindung mit dem übrigen nordamcrikanischen Eonlincnt zulicßen und der Verkehr mit dem letzteren am Cap Horn vermittelt werden mußte; doch hat sich die Lage seit Eröffnung der canadischen Pacificbahn wesentlich ander« gestaltet. Nunmehr bildet die der Bucht von Esquimalt auf dem Festlaude gegenüberliegende Stadt Vancouvcr den westlichsten Endpuncl jener großen, durch das ganze Gebiet von Canada bis an den Atlantischen Occan führenden Heerstraße und damit gewissermaßen das westliche Thor CanavaS am Stillen Ocean. Als solches besitzt Vancouvcr nicht nur vom militairische», sondern auch vom commcrziellen Standpunkte aus Hobe Wichtigkeit, da eS sich in kurzer Zeit zum Stapelplatz des canadischen Handels mit Ostasien und Australien auigesckwungen hat. Eine fremde Macht könnte durch einen Handstreich auf Vancouvcr mit einem Schlage diesen Handel brach legen und sich einen Weg in daS Innere CanadaS verschaffen. Diese Gefahr ist jedoch ausgeschlossen, so lange sich Esquimalt, welches den Zugang zur Stadt Vancouvcr von der Seescitr her beherrscht, in britischen Händen befindet, und aus diesem Grunde hat sich die englische Regierung entschlossen, dasselbe zu einer befestigten Station ersten Ranges zu machen. ES ist eine Einigung dabin erzielt worden, daß England und Canada die AnlegungSkosten der Festungswerke zusammen tragen, während Canada die Kosten der in Esquimalt zu unterhaltenden Garnison allein übernimmt. DaS bevorstehende Erscheinen eine« russischen Geschwa ders im Mittelmeer erregt den Engländern lebhafte Beklemmungen. Die Interessen der britischen Politik fordern, daß England in jenen Gewässern stets auf alle Fälle schlag fertig vorbereitet sein müsse. Die Möglichkeit einer russisch- französischen Flottenverbindunq war aber in dem Programm der englischen Mittelmeerpoli'tik bis jetzt nicht vorgesehen, also folgt daraus die Nothwendigkeit, für eine möglichst schnelle und ausgiebige Füllung dieser nachträglich entdeckten Programm-Lucke Sorge zu tragen. Mil anderen Worten, im englischen Marineamt wird die unverweilte Entsendung einer Verstärkung de« Mittelmeergcschwaders erwogen, welche hinreicht, um auch nach dem Eintreffen der russischen Kriegs- FeuiUetsn. In des Reiches Ostmark. 23> N-chtruck «ertöte». Roman von B. W. Zell. (Schluß) Beim Klange dieser Stimme öffnete sie die brechenden Augen weit und groß. Eine Flamme sprühte in ihnen aus, aber ibr Strahl kündete nicht Liebe und Verzeihen, sondern Haß und Rache. „Du — bist Du eS wirklich, -kaver? Führt uns das Leben, oder nein, das Sterben doch noch einmal zusammen? Nun wohl, der Dämon Deines Leben» geht — geht dahin, woher es keine Wiederkehr giebt. So jauchze doch, lache, Du bist ja jetzt frei, ganz frei!" „Nicht so, Kathinka", mahnte der Graf erschüttert. „Meine Freiheit freut mich nicht. Dir aber Hab' ich längst vergeben. Die letzte Stunde naht, denk an Deine arme Seele." „Es braucht dessen nicht", rief sie fast gellend. Längst habe ich daS Beten verlernt, eS würde jetzt nichts mehr helfen. Aber ein anderes Hab ich Dir noch zu sagen, ehe die Lippe den Dienst versagt. Du warst grausam, unmenschlich grausam gegen mich, als Du mich eine- Fehltrittes wehen verstießest, Len man der Jugend und Schönheit, dem Heizen Polenblut niemals so schwer anrechnen durfte. Wie viele Frauen unseres Standes —" der Athen: versagte ihr, und dumpfes Röcheln erschütterte die Brust, „wie viele Hab ich kennen gelernt — und — und eS war doch keine einzige Heilige darunter —" Wieder eine Pause. Schwer, stockend rangen sich dann die letzten Worte hervor. „Und ich habe Rache genommen an Dir, süße, beglückende Rache! Unseren Sohn, von dessen Lippen ich nie den Mutter namen vernommen, Hab' ich Dir entfremdet und an mich ge kettet, daß er mir mehr folgte als Dir. AuS meiner Hand hat er — sein Weib empfangen und ich — ich zeigte ihm die hohen Ziele, die Dir wesenlos schienen und die doch — doch —" zu schimpflichem Tode führen", ergänzte der Graf traurig. „Nein, nein, zu ewigem Ruhm! Und Wladimir, mein theurer Sohn, bat mich, mich viel mehr geliebt als Dich, das, das war meine Rache!" Nur unverständlich, wie ein Hauch, waren die letzten Worte den Lippen entflöhe». Tann ein gurgelndes Stöhnen, ein krampfhaftes Emporbäumen dcS ganzen Körpers noch, ein geller Aufschrei, und das wild bewegte Leben der Gräfin Kathinka Podbielska hatte seinen Abschluß gesunden. Sergei Dimitriw trat erschüttert zu dem starr auf die Leiche schauenden Freunde und rüttelte ihn auf. Kommen Sie — Graf, die bier starb, muß Marquise Bcau- courl bleiben, Sic sind cS Ihrem Namen schuldig." PodbielSki aber schaute noch immer auf die starr und starrer werdenden Züge, die jetzt im Tode dem Bilde, das sich vor langen Jahren unauslöschlich in sein Herz gegraben, mehr und mehr ähnlich wurden. „Wie schön sie noch immer war, und daß Wladimir sie nie erkannt hat", murmelte er sckmerzzerrissen. Der General umfaßte ihn kraftvoll und führte ihn ge waltsam fort. XVl. Zwei Jahre waren vergangen — inhaltsschwere, reichbewegte Jahre für die kleine Kreisstadt an der polnisck-russichen Grenze. Wie der Posaunenton einer neuen, besseren Zeit batte es den Bewohnern derselben geklungen, als eines Morgens die frohe Mär von HauS zu Haus, von Mund zu Mund flog: Man ist aus Salz gestoßen — die Salzlager sind erschlossen — in ungeheurer Tiefe und Ausdehnung ziehen sie sich unfern der Stadt und deren Umgegend hin!" Georg v. Malkicwicz war eS vergönnt gewesen, der Erste zu sein, der bei den Bohrungen auf Salzlager stieß. Unsagbar waren Mühen und Kosten gewesen, und oft war den Leitern wie den Arbeitern deS schweren Werkes der Muth gesunken. Immer wieder hatte sie Malkiewicz' unerschütterte Zuversicht angcfcuert und endlich, endlich, nachdem man 134 Meter tief in den Schooß der Erde eiiigcdrungcn, war die Beharrlichkeit und der unverdrossene Fleiß Aller glänzend belohnt worden. Längst war jetzt der volle Betrieb im Gang. Tie Stadl leitete das Steinsalzbergwerk auf ihrem Gebiet allein, die ver einigten Unternehmer aber, die auf Rath des Grafen PodbielSki jene in Privatbcsitz befindlichen Strecken, unter denen Sal:- lagcr vermuthet und auch gefunden worden waren, angekaust hatten, wählten einstimmig Georg v. Malkienvcz zum Leiter dcS Betriebes, der nun in großartigster Weise in Angriff ge nommen wurde. Und schon jetzt, nach kaum einem Jahr, ver zinste sich daS angelegte Capital glänzend, und die Prophezeiung, baß die Salzlager zum Segen für die ganze Gegend werden sollte», ging täglich mekr der Erfüllung entgegen. Ta sich di- erschlossenen Soolqucllcn als außerordentlich stark und heilkräftig erwiesen, ging man städtisckcrseitS in diesem Iabre eilfertig daran, Bäder anzulcgcn und ein Cur- hauS zu erbauen. Wie würde sich erst dann der goldene Regen über I. ergießen, wenn von nah und fern Schwache und Kranke herbciströmen würden, in den heilkräftigen Bädern Stärkung und Genesung ,n finden. In froher Erwartung so reichen Segen« batte sich die Stadtverwaltung denn auch wirklich und wahrhaftig entschlossen, in diesem gesegneten Jahre des Herrn das alte Gemäuer auf dem Marft abtragen und an dessen Stelle ein patriotisches Denkmal zur Erinnerung an den letzte» glorreichen Krieg errichten zu lassen. Das abgebrannte Stadtviertel war auch längst wieder aus gebaut, ohne seinen alten Spottnamen Sibirien aus« Neue zu erbalten. Es hätte ihn auch jetzt nicht mehr verdient. Schmuck E'3 erhoben sich die neuen Familienhäuser, und deren ewohner hatten allmälig gelernt, auch in geräumigen, ge sunden, reinlichen Wohnungen zu leben und zu athmen. Ob !.'? "bcr wohler darin fühlten, als ehemals in den niederen ubertullten, verpesteten Spelunken - daS war eine Frage, die Niemand zu bc,ahen gewagt hätte, von Michael CroneS aber fris»w«g vernc,nt wurde. °n dem da« Vor handensein der Salzlager zweifellos bestätigt wurde, aus eigenen Mitteln eine Synagoge für seine Glaubensgenossen, die sich bis dahin mit einem Betsaal geholfen hatten, gestiftet. Der Millionär von I. konnte fick das erlauben, denn durch die Entdeckung der Salinen war sein bedeutender Grundbesitz um das Zehnfache im Preise gestiegen. Was also sollte er mit all seinem Mammon anfanzcn? CroneS' Rcichlhum war seit einem Iabre eine erleichternde AbzugSquelle eröffnet — Michael CroneS, der eingefleischte Junggeselle und Philosoph, hatte nämlich daS Unglaubliche geleistet und doch noch eine Fzau genommen, und zwar eine ziemlich verwöhnte, anspruchsvolle Frau Wie er dazu ge kommen, hätte der Philosoph trotz all seiner Weisheit selber nicht zu sagen vermocht, cs sei denn, er hätte alles entstandene Unheil ans die Macht der Gewohnheit gewälzt. Ja, er Halle sich tbatsächlich an taS frische, sprudelnde, kokette und doch herzlich gutmüthige Wesen Fräulein Iadwiga's von Woloawek allmälig so sehr gewöhnt, daß ihm sein Iunggesellcnhcim plötzlich so sehr einsam vorkam, und er eines Tages Fräulein Iadwiga mit einer Art Galgenbumor fragte, ob sie nicht zeit lebens miteinander zanken wollten? Natürlich erfaßte die lebensfrohe Polin diese inhaltsschwere Frage sofort richtig und hütete sich, nein zu sagen, selbst als CroneS noch eine Bedingung stellte, die allerdings nur mit Opferung reinsten Herzblutes zu gewähren war: der boshafte Junggeselle ver langte nämlich und wünschte im Ebeeontraet sestgestellt zu wissen, daß seine Frau für alle Zeiten auf die kleinsten Füße der Welt verzichten, da- heißt, von jetzt ab niemals mehr Pariser Hackenschuhe tragen dürfe, sondern nur gut deutsche- Fabrikat, letzteres außerdem von einer Größe, dag die üppige Dame es ob»e Hilfe ihrer Zofe allein anlcgen könne — eine Zusatzbedingung, die Fräulein v. Wolcawck im tiefsten Herzen empörte. Aber sie war klug und verdarb nicht-, um so mehr, als auck ihr zur Entschädigung eine Bedingung gewährt wurde, und zwar die, daß man mindestens die Hälfte jebsS ftahreS in Paris verleben müsse. Und siehe da, die bald daraus geschloffene Ehe^war reckt glücklich geworden. Nur ein leichter Schatten verdunkelte daS Glück Tante Iadwiga's, der alten jungen Frau — sie hatte e«
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