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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930825020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893082502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893082502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-25
- Monat1893-08
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Der Reichs - Steuerreform bringt man auf gewissen Seiten das übliche Mißtrauen entgegen, weil allerdings eine Steuererhebung damit verbunden sein muß; es ist dabei aber nicht außer Acht zu lassen, daß der größere Tbeil für die Deckung der Kosten der Militair- vorlage und nur der Rest sür die Sicherung der Etats des Reiche« und der Einzelstaalen bestimmt ist. Wie die Dinge beute im Reichstage liegen, kann die Regierung unter keinen Umständen daran denken, eine größere un erwartete Forderung damit zu verbinden; eS bedurfte wobl kaum des ofsiciösen Dementis, daß der Regierung die Absicht fernliegt, im Zusammenhang mit der Steuerreform im Reiche mit bedeutenden Marineforderungen an die gesetzgebenden Factoren heranzutreten. Bei jeder Etatsberatbung im Reichs tage erneuert sick bei allen Parteien der Wunsch, die Forde rungen für die Marine in einem Zeitpuncte, wo das Heer wesen neue große Anforderungen stelle, zu beschränken auf das unerläßlichste Maß. Auch in der letzten Session des vorigen Reichstages ist danach verfahren worden; das Plenum des HauseS schloß sich durchweg den Borschlägen der Budget - Commission an, die allein bei den Schisssbauten die ersten Raten für ein Panzerschiff, zwei Panzerfahrzeuge, eine Krenzcrcorrette, einen Kreuzer und einen Aviso zu streichen beantragte. Keine Partei würde Wohl beute die Verantwortung dafür übernehmen wollen, daß die Lasten, welche Deutschland durch die Verstärkung seines Heer wesens zu tragen bat, noch durch ungeheure Marinesorderungen vermehrt werden. Der Reichstag trat im vorigen Winter dem Beschlüsse seiner Commission bei, weil nirgends daö Verlangen herrscht, neben dem Militairetat auch noch den Marineetat bis auf ein kann, erträgliches Maß anschwellen zu lasten. Wenn nun in den letzten Tagen davon die Rede gewesen ist, daß die Regierung beabsichtige, eine starke AngrifsSflo tte zu bauen, so war diese Mittheilung von vornherein sehr durch sichtig; sie wurde aufgebracht und geflissentlich weiterverbreitet von einer Seite, die der geplanten Steuerreform von Beginn an mißtrauisch und feindlich gegcnübergestanden hat. Die Verbreitung der Mittbeilung versolgte lediglich den Zweck, gegen die Reform, die man nicht billigen zu können glaubt, Stimmung zu machen. Der Reichstag wird sich höchstens damit einverstanden erklären, daß derFlottengründungsplan von 1888 verwirklicht wird: nach den ungeheuren Summen, die sür die Erbauung beS Nordostseecanals, sür die Befestigung Helgo lands re. ausgegeben sind, wird sick keine Partei finden, die bereit wäre, aus etwaige Wünsche der Regierung nach der Schaffung einer großen AiigrissSflotte einzugeben. Reichen die Kräfte Deutschlands auch aus, sein Heer so stark zu machen, wie dies zu seiner Sicherheit und zur Aufrcchterbaltuiig seiner Stellung notbwendig ist, so kann es sich dock nicht dazu den Lupus einer starken Angriffsflotte gestatten. Dieser Erwägung wird sich keine Regierung entziehen können, vom Reichstage würde sicherlich ,ede Neigung zur Bildung einer Flotte ersten Ranges für Deutschland im Keime erstickt werden. Der jetzige Reichstag ist patriotisch genug gewesen, der Regierung die Heeresverstär kung zu bewilligen und auch zum Tragen der damit ver bundenen Opfer sich bereit zu erklären, wenn sie aus die trag- fäbigen Schultern gelegt werden; jede Partei würde einen argen Stoß erkalte», wenn sie aus Marinesorderungen sich einließe, die über das unumgängliche Bcdürsniß hiuauS- gingen. Die Regierung würde deshalb gut tkun, wenn sie im nächsten Marine-Etat nicht mcbr die Praxis befolgen wollte, sich Raten für Schiffsbauten auf Jahre hinaus bewilligen zu lassen. Tie Tbatsache, daß der Herzog von Edindur, und nicht, wie man annahm, sein deutsch erzogener Sohn, Prinz Alfred, die Regierung in den Hrrzogtbümeru Coburg und Gotha angctreten bat, giebt dem conservativen „Reichsboten" Anlaß zu einem Artikel, in dem auSgesübrt wird, eS wider spreche durchaus dem deutsch-nationalen Gefühl, daß ein eng lischer Prinz und Admiral sich plötzlich iu einen deutscheu Fürsten verwandle, und eS sei bedauerlich, daß iu der deutsche« Verfassung keine Stelle cxistire, welche bestimmt, daß eine deutsche Regierung niemals an einen Ausländer übergeben könne. Man kann dieses Bedauern theilcn und gleichwohl die Auslassung des „ReicbSboteo" beklagen, die dem neuen Herzog die Erfüllung seiner Pflichten jedenfalls nicht er leichtert. Ein solches Drängen nach einer versassungsmäßigen Ausschließung nichldeulscher Prinzen von deutschen Thronen war am Platze, so lange die Thronbesteigung des Herzog« von Ebinburg noch nicht erfolgt war, jetzt ist ein solches Drängen ein directeS Mißtrauensvotum, daS zu irgend welchen guten Folgen unmöglich führen kann, lieble Folgen für Deutschland sind von seiner Regierung überdies mcht zu be sorgen. Hier liegt der Hauptunterschied zwischen dem Heute und der Zeit etwa, wo Hannover von London, Schleswig- Holstein von Kopenhagen regiert wurde. Die Assimilirungv- kraft unsere« deutschen StaatSwcsenS wird eine Probe wie die der reibungslosen Einfügung des neuen Herzogs vonCoburg- Gotba in die Gesammtheit unserer Zustände mit aller Bequem lichkeit und Leichtigkeit besteben. In den maßgebenden Kreisen Berlins bringt man endlick dem neuen Herzog daS vollste Vertrauen entgegen. Man sckreibt uns darüber von dort: „Herzog Alfred von Sachsen-Coburg hat bereits seit 20 Jahren der preußischen Armee angebört. Kaiser Wilhelm l. ernannte ihn am Weihnachtöhciligabend 1873 zum Obersten, in dieser Charge blieb er rund fünf Jahre, am 8. Februar 1879, erfolgte seine Beförderung zum Generalmajor, am 6. Dccember 1883 die zum Generall»eutenant und am 5. Mai 1888 ernannte ibn Kaiser Friedrich zum General der In fanterie. Ter Herzog steht ü la suits des 95. Insanterie- RegimentS und die Ernennung zum Chef desselben, daS in dem Herzogthum garnisonirt, dürste wohl demnächst erfolgen. Auch L In Eis der Marine wird der Herzog geführt, er theilt diese Ehre nur mit dem Kaiser von Rußland, dem König Oscar von Schweden und dem Erzherzog Karl Stephan von Lestereich. Der Herzog hat bekanntlich schon seit einer Reihe von Jahren Monate hindurch seinen Aufenthalt im Gothaischrn genommen, Land und Leute sind ihm auf daS Genaueste bekannt geworden, und Personen, die mit ihm in Beziehung traten, können nicht genug sein treffendes llrthcil, sein Verständniß für alle die großen weltbewegenden Fragen und vor allen Dingen auch seine deutsche Gesinnung rühmen, wie dies ja bei einem Sohn des Prinzen Albert, der bis zum Schlüße seines Lebens deutsch dachte und fühlte, selbstverständlich ist. Herzog Alsred wird daS reiche Erbe an Liebe, das der dahin- aesckiebene Herzog Ernst hinterlasscn, nickt nur erkalten, sondern auch vrrmebren; sein umfastenveS Wissen, seine Leut seligkeit, sein praktischer Blick, sein Gerechtigkeitssinn macken ihm diese Aufgabe nicht zu schwer." Dir französischen Gönner der deutschen Social demokratie leisten den Bestrebungen der Letzteren, weil und soweit sie aus den Ruin Deutschlands abzielen, zwar jeden erdenklichen Vorschub, das eigne HauS aber wissen sie zufolge des jedem Franzosen eigenen nationalen Stolzes von dem Treiben der proletarischen Internationale rein zu erhalten. Kein Franzose, möge er sittlich noch so verwabr- lostund heruntergekommen sein, würde je seine eigne Nationalität schlecht machen und vor fremdländischer Anmaßung im Staube kriechen, wie es die deutsche Socialdemokratie als Spe- cialität betreibt. Und waS die französischen Politiker aller Parteischattirungen betrifft, so nebmen sie zwar keinen Anstand, der socialdemokratischen llmsturzpropaganda in Deutschland ihre moralische und je nach dem auch materielle Unterstützung zu gewähren, aber nur aus dem Grunde, weil sie reckt wobt wissen, daß die deutsche Social- deiuokratie ihre, der Franzosen, Geschäfte aus deutschem Boden besorgt und da säet, wo die französischen Waffen nach Ent fesselung de« RevanchckriegeS zu ernten bestimmt sind. Aller dings bat auch Frankreich seine Tdeilnebmer an der inter nationalen Proletarierbewegung. Dieselben sind indessen ack lloe zurechigestutzke, sog. Reiiviiinursocialisten, die selbst niemals vergessen, daß sie in erster Linie Franzosen und nichts als Franzose» sind. Wo man dem französischen Nalionalhochmuth die verlangte Reverenz erweist, sind die französischen Socialrcvolutionaire die Tollsten unter den Tolle», glauben sic sich aber einmal, ob mit oder ohne Grund, nicht hinreichend setirt, wie z B. letztbin in Zürich — sofort ziehen sie sich au ihren exclusiven Standpuncl zurück, der sie Alles, was nicht in ihren Kram paßt, vornehm ignoriren läßt. Wo die Franzosen unter sich sind, also namentlich auch bei politischen Wahlen, wie am 20. August, da zeigt sichs, wie wenig der französische VoikS- aeist sich aus den nebelhaften Phantastereien des Zukunft staats macht, womit die socialdemokratischen Propheten Deutsch lands ihr Gefolge hinter sich berzulockcn wissen. Die Zahl „zirlbewußter" Socialisten, die in Frankreich am vorigen Sonn tage daS Licht des politischen Tages erblickt hat. ließe sich in einer einzigen Droschke zur Deputirlenkammcr befördern. Und wie halte die diesseitige Umsturzpresse Wochen- und monatelang mit den überwältigenden Erfolgen geprahlt, welche da« französische Proletariat, dem Beispiele seiner deutschen „Brüder" folgend, im kommenden Wahlkampfe erringen sollte! Jetzt setzt der „Vorwärts" das harmloseste Gesicht von der Welt aus und stellt den französischen Genossen ange sichts ihrer Leistungen in AigueS-MorteS ein WohiverbaltungS- zcugniß aus. Diesmal kann man dem würdigen Central- organ der deutschen Socialdemokratie unbedingt glauben, daß eö aussprichl, was eS denkt. Denn Italien bat keinerlei Interesse an dem Ruin, wohl aber an dem Gedeihen unv Wachsen Deutschlands, von dort her fällt also nichts für die Bemühungen der socialdemokratischen BcwcgungSleiter ab. Mit Frankreich ist das etwas ganz Anderes — und weß Brod ich esse, deß Lied ich singe. Die Meldung, daß der italienische Kronprinz den deutschen Kaiscrmanövern in Elsaß-Lothringen bei wohnen werde, hat, wie unsere Leser sich erinnern werden, die Pariser Presse gewaltig verstimmt und sie sogar zu An deutungen veranlaßt, dahingehend, diese» politischen Schritt dcS italienischen Kronprinzen werde Italien aus finanziellem Gebiete schwer zu büßen haben. Hierzu bemerkt der „Pester Lloyd" mit Recht: Diese versteckte Anspielung aus das Ereditbedürsniß Italiens wird aber kaum Essect mache». Denn emweder hat der italienische Staat sein» Ereditsähigkcit eingebüßt, dann borgt ihm Frankreich selbst in dem Falle nicht, wenn der Besuch des Prinzen von Neapel in Metz unterbleibt. Oder aber Italien ist noch kreditfähig, nun, dann hängt es nicht lediglich von Frankreichs Gnade ab, den» bekanntlich giebt es auch in Deutschland Kapitalien, die eine rentable Anlage ini Auslande nicht scheuen. In Italien selbst ist die öffentliche Meinung mit der Metzer Reise des Kronprinzen durchaus einverstanden. Da die Ein ladung von Seile des deutschen Kaisers ausgegangen war, konnte sie schwer zurückgewicien und ganz und gar nicht a» irgend eine Bedingung getnüpit werden, geschweige denn, wie fran zösische Blätter ihren Leiern vorredclen, an eine so absurde, daß die Manöver überall, nur nichl in den Reichslanden slatlfinden dürsten. Und was wäre in der Thai Lurch eine Ablehnung erreicht worden? Die Franzosen würden sich einfach über die italienische Kleinmüdigkeit in ihrer bekannten Art lustig gemacht haben. Man weiß cs überall, und am Besten wohl in Frankreich, daß Italien die vertragsmäßige Verpflichtung übernommen hat, mit seiner be waffneten Macht sür die Integrität des deutschen Reichsgebiets «in- zutrelen. Wvhlan, diesem Gebiete gehört auch Elsah-Lotbringen an. Haben sich die Franzosen einmal mit dieser Thatsache abgelunden, wie können sie >>ch dann daran stoben, dah der Prinz von Neapel alS Gast des Kaisers Wilhelm in Metz erscheint? Der StaatSsecretair im italienischen Ministerium des Aeußern, Luigi Ferrari, hat dem radikalen De» putirten Colajanni. wie jetzt ein neapolitanisches Blatt er zählt. schon vor Monaten auf Befragen erklärt: „Jawohl, der Kronprinz wird nach Elsaß-Lothringen geben. Italien hat auf die beständige» Herausforderungen seitens Frankreich« endlich eine energische Antwort zu ertbeilen. Wir wären eine feige Nation, würden wir nicht durch offene und kräftige Tdalen bekunden, daß unS das Bewußtsein unserer eigenen Würde beseelt." Da« ist in der Tbat der einzig vernünftige Slanbpunct, den Italien in dieser Frage einncbmen kann. Ob die Franzosen Len Besuch der deutschen Reichslande seitens des Prinzen von Neapel als eine Herausforderung ansehcn, daS ist ihre Sache. Es bat ganz den Anschein, als sollten die schwedische« Reichstags-Neuwahlen eine große Bedeutung für daS Union sverhältniß Schwedens zu Norwegen gewinnen. Der bisherige Deputirle für Matmö Dr. Her« low hat die Wiederwahl abgelebnl nnd in ibm wird auch der bisherige Präsident der Zweiten Kammer verschwinden. Die Unsicher» heit über seinen Nachfolger ist ziemlich groß, die Stimmung gegen Norwegen aber zeigt sich darin, daß von der Wahl de« trüberen Ministerpräsidenten Freih. v. Aakerhjelm für diesen Posten die Rede ist. Der Genannte gekört durch Geburt der Ersten Kammer an, bewirbt sich jetzt aber um ein Mandat für die Zweite Kammer und zwar in dem Bezirk, in weichem seine Ctammgüter liegen Herr v. Aakerhjelm ist der Minister, der am 3. Mai 1891 in einer vertraulichen „Comitösitzung der ersten Kammer" die Aeußeruug that, »ach Genehmigung der Armeeresorm werde man „schwedisch mit dem Nor man n" reden können, ein Wort, dessen indiscrete Verbreitung kann zu seiner Ersetzung im Ministerpräsidium durch den Gutsbesitzer Boström justttc. Seine Wahl zum Plasitmitten der schwedischen neuen Kammer würde in Norwegen zweifellos als Herausjordernng aufgcsaßt werden und Wasser ans die zur Zeit ziemlich trockene Mühle deS norwegischen Radikalismus gießen, weshalb sie wohl besser unterbliebe. Eine Aufsehen erregende Mittbeilung macht das finifche Blatt „Päivälehti": „Zwischen russischen und sinländischen Soldaten im Lager bei WlUmanstrand haben wiederkolt unbedeutende Conflicte stattgesunden. Am Johanni-Tage kam es jedoch zu einem ziemlich bedeutenden ttrawatl, zu dein daS ehrlose Benehmen eines russischen Soldaten beim Kaufe von Branntwein die Be» anlassung gegeben hatte. (ES sei daran erinnert, daß der größie Theii der sinländischen Soldaten, namentlich die Dragoner. „MSbigkeitsvercincn" angehört und keinen SchnapS trinkt) Jetzt ist diese Angelegenheit durch das Kriegsgericht ent schieden worden und ein russischer Lfficier )oll dafür, daß er einen Zug russischer Soldaten in den Streit verwickelt hatte, zu einer empfindlichen Strafe vcrurtheilt worden sein. Ein finländischer Dragoner hat einen viermonatigcn Arrest und vier andere Dragoner haben TiScivlinarstrasc» erhallen. Die Glieder des Kriegsgerichts waren zur Hälfte aus Finländern und aus Russen zusammengesetzt. In diesen Tagen fand wieder ein neuer Conflict statt. Mehrere russische Soldaten wuschen ihre Wäsche aus einem Bade- und Wasch prahm, der den, Wiborg'ichen Bataillon einem eingeborenen Schützen- balaillon) gehört. Ais die Soldaten dieses Bataillons zum Prahm kamen, forderten sie die fremden auf, sich zu entsernen, da sie kein Feiiilletsi,. Sein einziges Gut. 1Z Romao vonB.Corony. Nachdruck »ertöten. 1. Capitel. Der sternenfsimmernde Schleier einer wundervollen Sommer nacht umbüllte die in süßer Ermattung ruhende Erde. Glüh würmchen zogen durch die blaue Lust oder bargen sich düste- trunken in den Blumenkelchen. Wie in eine Silberslutb gelauckt schien die herrliche Gebirgslandschaft, welche sich un weit der Stadt G . . . auSbreitct. Die Mauern deS alten Herrensitzes „Hobensels", seiner Bauart wegen einfach „LaS Schloß" genannt, sahen blendend weiß aus, und dem großen, tüslern Garten gab die matte magische Beleuchtung etwas Feenhaftes. Gleich einem Strom schimmernder Perlen goß der Springbrunnen seine CaScaten in daS Marmorbecken. Nur eine kurze Strecke trennte Hohenfels von dem Gute ^Edelbos", dessen Dach zwischen uralten Linden bervorragle. Das nicht große Gebäude machte einen gar freundliche» Ein druck. Seine Vorderfront war förmlich überwuchert von wildem Wein, und eines der Fenster des Erdgeschosses wurde von einem Rosenstrauch umranki, dessen Purpurblüthen sich schwellend und nickend an die Scheiben drückten. Heiliger Friede schien über dem Fleck Erde zu walten, der die beiden Nackbargüler trug, und dennoch lebten die Besitzer derselben, Gisberl von Hohenfels und der Landwirlb Han« Rainer, seit Jahren in bitterster Feindschaft. -Hohenfels hegte einst eine glühende Leidenschaft sür Hildegard, die Tochter des nun verstorbenen Pastors Dröger, und dieses Gefühl war nickt unerwidert geblieben. Allein damals lebte der alte Freiherr noch, dessen Ein willigung um so weniger zu erlangen gewesen wäre, als auch sein früh verwaister und im Schlosse erzogener Neffe Gregor von Arnbeiu, eine Wabl getroffen batte, die scharf getadelt wurde. Der Pfarrer erkannte die Gefahren, die sein Kind bedrohten, und die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die sick einer Vermählung entgegenstellten Lbschon eS ihn schmerzte, sein Kind rauh aus dem fußen Traum aufrütteln zu müssen, sprach er Lock ein Machtwort und trennte die Liebenden Er handelte nach seiner besten Ueberzeugung, und Hildegard war zu sanft und zu weich, um zu widerstreben. Sie fügte sich dem Gebote deS Vaters und wurde die Gattin des Landwirlb« HanS Rainer, dem sie jedoch nicht verbarg, daß ibr Her; dem Freiherr« gehöre. Sie war ein treues, gutes Weib und kielt ibr Versprechen, niemals auch nur ein Wort mit Hobensels zu wechseln; aber vergessen konnte sie ibn nicht, nnd die reckte Freudigkeit wollte nie mehr in ihr Gemüth einziehen, wenn sic auch ruhig, gefaßt und freundlich schien. Vielleicht würde e« anders gekommen sein, wäre Rainer nicht so wild und leidenschaftlich gewesen und hätte er seine Eifersucht bezwingen können. Er liebte Hildegard mit aller Kraft der Seele, und dieses Gefühl gab sich bald in über schwenglicher, an Anbetung grenzender Zärtlichkeit kund, bald in maßlosen Ausbrüchen einer Heftigkeit, die er nicht zu zügeln vermochte. Wir Raserei packte es ihn zuweilen, wenn er bedachtes daß die Gedanken des holden Weibes dem stolzen Manne gebürten, während an ibn nur küble Pflichttreue sie fesselte. Dann nannte er den Namen des Freiherr» unter Verwünschungen und stieß auch gegen Hildegard Anklagen aus, deren Ungerechtigkeit er sofort selbst cinsah und flehentlich abbat. Tie sanfte Frau ließ sich auch stets bereit finden, zu ver zeihen, ja sic zürnte ibm nickt einmal, da sic an ihrem eigenen Weh das Seine z» ermesse» vermochte, aber ihr zarter Körper war diesen beständige» Aufregungen, diesem unablässigen Schwanken zwischen Furcht und schmerzlichem Mitleid nicht erwachsen. Die niemals ruhende Sehnsucht untergrub ihre Lebenskraft. Nachdem sie sechs Jahre lang an Rainer'S Seite geweilt und ihm ein Töcktcrchcn geschenkt hatte, welches ibr Ebenbild zu werden versprach, entwickelte sich ein schleichendes Uebcl, daS sie klaglos trug und das deshalb von Niemand bemerkt wurde. Gisbert von Hobensels vermochte die einst so beißen Wünsche ebenfalls nickt zu begraben. A»S einer adelSstolzen Familie stammend und selbst nickt ohne Vorurtbeile, fühlte er doch, daß er mit der Iugondgcliebtcn sein Glück verlor. Cr war den llebrrlieserungen seine« Hauses treu geblieben, aber daS Opicr, welches er der langen Akncnreibe brachte, aus die er iiuruckblicken durfte, trobte ibn dereinst zu einem einsamen Manne zu machen. Um die Erinnerung zu bannen, stürzte er sick geflissentlich in den Strudel eine? tollen LebcuS. Ob schon sich selbst der Ungerechtigkeit anklagcnd, konnte er eS Rainer nie verzeihen, baß dieser da- Kleinod an sich riß. nach welchem er selbst die Hand nicht auSskrecken durfte. Bc- gegneteu sich die beiden Männer, so gingen sie nicht wie friedliche Nachbarn aneinander vorüber, sondern wie er bitterte Feinde, die nur gewaltsam den auswallcnden Zorn zurückhalten unv für die es keine Versöhnung giebt. Ta klopfte der Tod mahnend au das rosenumrankte Fenster, hinter welchem Hildegard still uud bleich aus dem Lager ruhte, von dem sie nicht mehr erstehen sollte. Mit ihren großen, fieberglänzendeii Augen, deren Farbe ein Abglanz LcS Himmels zu sein sckiicn, und Le» schueewcißen Wangen sab sie fast über irdisch schön aus. Der berauschende Hauch der Sommernacht strömte in das kleine Zimmer, der Mond warf einen bläulichen Schein auf die weißen Ticlcu, ein Falter schwebte ui» Las goldbraune Haar der Sterbenden, deren umflorter Blick die funkelnde Sternenpracht suchte, als wolle sie frage», zu welcher dieser strahlenden Welten sich ihre scheidende Seele wobl empor- schwingen werde. Ein Schimmer der Verklärung lag über das zarte Antlitz gebreitet. Neben ihr kniete HanS Rainer, fast wahnsinnig vor Schmerz. Eö war erschütternd, den starken, barten Mann weinen zu scheu. Als läge es in ihrer Macht, seine Bitte zu erfüllen, siebte er sie an, nicht von ihm zu gehen. Es war ihm. als tönne er mit dem TodeSengel selbst um das Irene Weib ringen, als könne er sie zurückreißen von der Schwelle de« Paradieses. Verzweifelt klagte er sich an, sie unglücklich gemacht, sie langiam hingemortet zu haben. „Nein, daö Haft Du nicht gelhan, HanS", sagte sie mit ihrer weichen, gebrochenen Slimnie, die durchsichtig weiße Hand tröstend aus sein Haupt legend. „Du hast cs gut mit mir gemeint, und »ur das llcbermaß Deiner Liebe machte Dich zu weilen ungerecht. Ich war ja auch nur ein schwaches Geschöpf, daS keine Mackt über sich selbst besaß und in dessen krankem Herzen die Sebiisiickt nach dem Unerreichbaren nickt sterben wollte. Darum ist es gut sür unS beite, wenn ick zur Ruhe gehe- Du. hast ja unsere Tochter. Ist sie beraiigewachscn, )v wird es sein, als stänke ick wieder vor Dir, »ur besser nnd glücklicher; denn Deine brave Mutter wird über sie wachen, daß sie keine nach Idealen haschende Träumerin wird, sondern rin Wesen, welches sich und Anderen zum Segen lebt." Diese Worte, weit entfernt, seinen Jammer zu »Widern, machten ibn nur noch heftiger und wilder. Rainer gehörte zu jenen Menschen, die niemals sagen können: Herr, dein Wille geschehe! Sein rasender Schmerz mußte auStoben, mußte sich durch die eigene Gewalt erschöpfen. „HanS", sagte die Sterbende endlich, als er etwas rubiger geworden war, „willst Tu mir einen großen, unendlichen Bewei« Deiner Liebe geben? Willst Tu mir ein recht, recht schwere» Opfer bringen?" Er ließ die Hände von seinem Antlitz sinken. „Alles, Alles soll geschehen! Sprich nur! Es giebt nichts, waS ich Dir verweigern könnte." „Einmal noch — möchte ick Gisbert von Hohenfels sehen." Rainer sprang empor. „Was verlangst Du?" rief er mit zornigem Blicke. „Nun und nimmermehr!" Hildegard schwieg. Nur ein schwacher Seufzer entfloh den halbgeöffneten Lippe». Sie schloß müde die Augen und neigte Len Kopf etwas zur Seite. Ihr blasses Gefickt zeigte denselben Ausdruck klaglosen Leidens, der ihn so oft tief ergriffen und mit Reue erfüllt batte. Heftig wogte die Brust deS starken ManncS, im furcht barsten Kampfe rang er mit sich selbst. Warum mußte sie daS —gerade das verlangen? DaS Einzige, was er ihr nicht gewähren konnte! Uud doch — sic sterben lassen, ohne ihren letzte» Wunsch zu erfüllen? Es müßte ihn ja wahnsinnig machen, zu denken, daß er — er, der sie so unaussprechlich liebte, ibr bas letzte, bittere Weh bereitete. Er würde immer das blasse, schwerniüthige Gesichtchcn mit dem zuckenden Mund und den feuchtglänzenden Wimpern sehe». Immer — selbst durch die Grabesrecke hindurch Einige bange Minuten vergingen. Daun stieß er säst rauh hervor: „Es sei! Ick babc oft gefehlt gegen Dich, aber dieser Augenblick sühnt die Schuld eines ganzen Lebens." Die Hände sattend, sab sie zu ihm auf, mit dem frohen, dankbaren Lächeln eines Kindes. Er ries die Mutier. Sie schlief nickt, sondern saß völlig angclleidct an der Enkelin Bett. Aber selbst in dieser Nacht vermochte sie ibre fleißigen Hände nicht ruhen zu lassen; da« Spinnrad stand vor ibr, und bei dem leisen Schnurren war die Kleine cingeschlascn. „Geb zu Hildegard!" Ich muß noch fort", sagte er kurz. „Wohin?" fragte die alte Frau, sich erbebend. Er antwortete nickt. Mit fest zusammengcbissenen Zähnen schritt er aus dem Zimmer kinab in den Hof, sattelte er selbst sein beste« Pferd und sprengte in die Nacht hinaus Er wußte, daß der Freiherr gegenwärtig nickt in Hobensels weile, sondern auf skttier kleinen, ungefähr eine Stunde weit entfernten Besitzung „Tchönborn", wokin er sich stets zurückzog, wenn er allein sein wollte. Rainer schlug den kürzesten Weg durch den Wald ein. Er spornte Las feurige Thier an, daß eS in wilden Sätzen dahinflog.
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