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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930829012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893082901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893082901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-29
- Monat1893-08
- Jahr1893
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Ausgabe, ohne Poslbrsördernn» SO.—. mit PostbesSrderung ^ 7V.—^ Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Annahmeschluk fSr Anzeige«: «bend-Autgabe: Bormittag« 10 llhr. Marge n-Au-gab«: Nachmittags 4 Uhr. Sana, and Festtags srüh '/,S lthr. Bei den Filialen und Annahmestelle» j» «in» halb» Stund« früher. Anzeige« sind stets an dt» Expeditta» z» richten. Druck und Verlag von E. P alz i» Lelv«tG DienStag den 29. August 1893. 87. Jahrgang. Für SBptSnikvr kann da- Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 8 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man zum Preise von 1 05 ^f, mit Bringerlohn Ä und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannedgaffe 8, die Filialen: Katharineustratze 14, Köuigsplatz 7 und Univerfitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr R. 0. Rittei, Colonialwaarenhcmdlung, Beethovenstraste 1 Herr l'kvvä. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Herrn. Zlesske, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Ttrahe(Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OttoRranr, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr L6unr<1 Uetter, Colonialwaarenhandlung, Marfchnerstrahe 0 Herr kaut 8ekrelder, Drogengeschäft, Nürnberger Strafte 45 Herr A. L. Albreebt, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Strafte 35 Herr V. Lil8ter, Cigarrcnhandlung, in Anger-Crotteudork Herr Robert Orelver, Zweinaundorfer Strape 18, in Plagwitz Herr LI. OriltLmann, Zschochersche Straße 7 a, - Connewitz Frau Riseder, Hermannstraße 23, 1. Etage, - Reudnitz Herr VV. Ruxmunn, Aiarschallstraße 1, - Wohlis Herr I'd. Rrlt28obe, Mittelstraße 5, - - Herr Lvrnb. Heber, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, - Lindenau Herr L. Kutberlet, Cigarrenhandlung. Markt 22, - 'Thonberg Herr R. Uriot86b, Neitzenhainer Straße 58, - Neustadt Herr R. 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Dt« an diesem Tag» anstehende Praduetrnbörfe wird tag«. vorher, Freitag, den 1. September, abgehaUeo werde». Leipzig, den 26. August 1893. Der VSrsenvarstand. «. F. Dürbtg F. Schmidt für den Vorsitze ade» der I. Abtheiluug. Vorsitzender der II. Abtheilnug. Bleyl. Lörseoletretür. Städtische Sparkasse beleiht Werthpaptere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 22. August 1893. Die Sparcaffeu-Depuiatto«. Viebstahls-Lekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) ein »nlde e« Armband mit Verzierung in Form eines Kleeblattes mit Türkisen, Anfang d. M.; 2) eine silberne Cyltnderuhe mit Secuud« und NickeUette am 24. d. M.; 3) eine silberne Lylindernhr ohne Blas und kleinen Zeiger mit einem Eindruck aus der Rückseite, am 2b. d. M.; 4) ein« sttdrrne Remontairntzr mit Goldrand, Secuod« und der Firma .Aarl tiöüü«, ^iteudurg" auf dem Ztsserblait«, sowie mit auhängrnder goldener Kette, am 12. d. M.; b) eine goldene Tawen-Armontoiruhr mit buutrr Emaille. Verzierung io Form eines Zweige- mit Vogel, am 19. d. M.; 6) eine silbrrne Etzlinderuhr mi» Biumengravirung, Sekunde und der «lugekritzelteu Nummer 20739 8, mit weißer Metallkette, tn einer Hornkopsel, am 24. d. M.: 7) eine silberne Remontoiruhr mit dopp. Goldrand und Sekunde, aus dem ZIsserblaite und bezw. aus der Rückseite mit der Bezeichnung Magnat Llvns, 8o«t" und „Otto örüggve, 8o«t", a» 22. d. M.; 8) eine silbern« Chltnderuhr mit ruudgliedrigrr Rickelkette, am b. d. M.; 9) rin« goldene Cyltnderuhr mit bronzirtem Zifferblatt, Sekunde und der Nummer 64 137, am 8. d. Li.; 10) et« Lommerüderziehrr von drllbrauuem, glattem Stoff mit grau- und schwarzcarrirtem seidenen Futter, Stosshrnkel und üdersponnenen Knspsen, ei« Pfandschein de« städtischen Leid- Hause- über «in« am 1I./8. 93 für 6 versetzte Uhr, am 14. d. M.; 11) eine Patent-Wagenachse mit Messingkapsel am 23. d. M.; 12) 1l St»< Landottersrlle, 40 Stack Atlt»se>e und n StLck Fehkaffensr««, seit Anfang Mai d. I.; 18) ei« Handmagen, mittelgrob, vierrädrig, bla» gestrichen, nckt Knstennussotz, darauf 2 Säcke mit Fenrrhaiz, am Ä. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenständ» oder über den Lhäter sind ungesäumt bei naserrr Ertmiaal-Abthrilung zur Anzeige zu bringe». Leipzig, am 28. August 1893. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. vret schnetder. Kr. Lekannlmachung. Mit Genehmigung der Sircheuinspectioo für Leipzig wird aus « nenen Gottesacker dir Bersallzeit der Gräber für Erwachsene t. Januar 1894 ab aus lb Jahre, für Sinder vom Beginn «inrr neuen Abtheilang auf 10 Jahre herabgesetzt. Leipzi^Reudnttz, am 28. August 1893 Der G«tte»acker»orfta«d. Ed. Rausch, Pastor. Die An»««»« Dekanntmachung. Dt«n»t«,. »et» »an SZnagagrnknrten findet « 2». Augnst. vormtttags 1K—12 Uhr in der Gemetndrlanzlri («ynagogengebäude. I Treppe hoch) statt. Wir bitten, bei «dholnng der Karlen die dtdherigen Karte« »nd dt» diesjährigen Gemeindestenergntttnngen mttzubringea. Wtmttg. de» S7. Augnft >883 Der Vorstand der Israelitischen Religiau-gemeinde zu Leipzig. Die letzte Phase des großen Lohienstrciks. ?. London, 26. August. Noch immer steht im Dorderarunde de« öffentlichen Interesse» der große Kohlenstreik, dessen Folgen naturgemäß mir der längeren Dauer um so fühlbarer werden; doch har sich die Sachlage wenigstens iosofern geklärt, als die in meinem letzten Berichte al» wahrscheinlich bezeichnete Abgrenzung de- Slreikgebiete« thatfächlich eingetretea ist. Dir erhoffte internationale Unterstützung durch Weigerung, Kohlen nach England zu verladen und zu ver schiffen, ist gänzlich au»geblirben und irgend eine gemein same internationale Aclion der Bergarbeiter hat augenblicklich nicht die geringste Aussicht, auch nur versucht zu werden. Die schottischen Bergarbeiter haben nach Gewährung eine- LohnzuschlageS von einer Arbeitseinstellung abgesehen. Die festgeschloffcncn Verbindungen der Kohlengräbcr im nörd lichen England (Durham und Northumberland) haben sich nach sorgfältiger Abstimmung gegen Tbeilnahme an dem Ausstand erklärt. Diese letztere Stellungnahme ist um so bedeutsamer, als die genannten Arbeitervereinigungen, die erst vor Kurzem nach dem völligen Fehischlag idre« Streik» im Frühjahr 1892 dem Bunde der englischen Kohlengräber bei- gelreten waren, anfänglich dem Druck des Bundes nachgcgeben und, wie früher mitgelbeilt, um eine Lohnaufbesserung von etwa fünfzehn Procent nachgesucht halten. Durch ihre ictzige Weigerung, nach Zurückweisung der Forderung seilen der Eigenthümer den AuSstand zu beginnen, ist von Neuem die immer latent« Spaltung zwischen ihnen und dem Bunde erweitert. Zwar ist bei der letzten Tagung deS allgemeinen Bunde» der englischen Bergarbeiter in Weftminster beschlossen worden, Agenten an die Arbeiter von Durham zu senden und diese, die offenbar falsch berichtet seien, über die Situation und über die Vorlheite rmer weiteren engen BundeSgcnossen- schast aufklären zu lasten, doch werden diese Versuche nach den noch frischen bitteren Erfahrungen vom vorigen Früh jahre schwerlich von Erfolg sein. Noch Ende Mai diese» Iabre», da» beißt einen Monat vor AuSbruch de» Streiks, erklärte das Parlamentsmitglied John Burn», der Führer der nordenglischen Bergarbeiter, die Streiks seien un heilvoll und von jetzt an überflüssig, da dir Arbeiter sich vollkommen auf da- Parlament verlassen könnten, um Alle- zu erlangen, was reckt und billig sei. Etwa« schwieriger liegt die Sache in SüdwaleS, wo bekanntlich ein großer Theil der Bergarbeiter unter Fübrung deS Parlamentsmitgliedes Abraham sich mit den Minen- besitzrro aus Slaffetlöhne (slicktug senle) geeinigt hat. Hier haben wir eS mit einer unruhigeren, heißblütigen keltischen Arbeitermasse zu thun und hier ist auch die einzige Stelle, wo Arbeiter contractwidrig den Ausstand obne KUnoigung begonnen baden und wo eS zu Gcwalttbätigkeiten, Märschen von bewaffneten Hausen, Angriffen und Kämpfen gekommen ist, so daß zur Währung des inneren Frieden- Mililair auf- geboten werden mußte, waS Dank der im allgemeinen gesctz- licbenden und rechtachtenden Gesinnung deS Engländer» troy der zahlreichen ArbeitSauSstände seit einem halben Iabrhundert nicht vorgelommen ist! Al» charakteristische Lbatsachr sei hier noch bemerkt, daß da» Erscheinen der rotben Röcke den kriegerischen Sinn derart anregte, daß, wie gemeldet wird, sich viele Bergleute freiwillig anwerbeo und einreiben ließen, klebrigen» hat die Bevölkerung dieser Distrikte durch aus nicht allgemein, wie e» so oft und erklärlicher Weise geschieht, für die Ausständigen Partei ergriffen, sondern hat zum Ttzeil die herumziehcaben Banden der Streiker mit miß liebigen Zurufen empfangen, während die weiter arbeitenden Bergarbeiter im Verein mit den notbgedrungen feiernden Eisenarbeitern den angrrifrnden feiernden Köhlern mehrfach erfolgreichen Widerstand geleistet babe». Der Abgeordnete Adrabam und die übrigen Führer der Süd-Waliser Bergleute baden die Ausständigen zweimal dringend ermahnt, an den Bestimmungen der gleitenden Scala, zu der sie sich im An fang diese» Iabre« verpflichteten, contractmäßig srstzubalken. In der Tbat ist in vielen Minen von Süd-Wale» die Arbeit, tbeilweise nach Lobnrrdöbungen, wieder ausgenommen worden, und nach übereinstimmenden Angaben persönlicher Beobachter ist e» wahrscheinlich, daß in nächster Zeit die Rübe völlig wieder herzrstellt und die Arbeit in allen Mienen wieder ausgenommen sein wird. Allerdings sind, bei dem erwähnten unzuverlässigen Charakter der Bevölkerung, noch einigt Zuckungen und Schwankungen nicht auSgeichloffen. Eine «Schwierigkeit liegt auch darin, daß die Häuer (oollier») zwar fast sämmtlich d,e Arbeit ausnebmen wollen, aber die soge nannten Förderleute (kanlier,) dir Arbeit verweigern, wodurch natürlich auch die Erstereo zum Feiern gezwungen sind. So bleibt die Bewegung in der Hauptsache auf den eigentlichen Herd beschränkt und der Streik tritt damit in seine letzte Phase, die freilich nach den Umständen noch lange dauern kann. Denn eS handelt sich hier immer noch um daö Gro» der großbritannischen Köhler, um die über 30V 000 Mitglieder des Bundes (ksäerLtion ok Lliners) im mittleren England und nördlichen Wales, deren AuSstand, wie bereits früher bemerkt, direct über Million Menschen, die in und an den betreffenden Kohlenwerken beschäftigt sind, zum Müßiggang nölhigt. Somit beträgt der tägliche Verlust an Löbnen allein mindestens 2 Millionen Mark, da sich der Verdienst eine- Häuers auf etwa 5—6 den Tag beläuft. Wie telegraphisch gemeldet wurde, haben die Vertreter deS Bunde- der Bergarbeiter auf einer Con- frrenz in London am vergangenen Mittwoch beschlossen, daß die von den Arbeitgebern beabsichtigte Lohnminderung gänzlich abgclebnt wird, daß die Arbeiter aber keine Erböbung ihres Lohnes verlangen sollen, bis der KohlenpreiS die Höbe vom Augnst 1890 erreicht hat. daß an keiner Zecke die Arbeit wieder ausgenommen wird, bevor eine allgemeine Einigung mit den Besitzern erzielt ist. Außer den, oben erwähnten Beschluß, besondere Agenten zur Aufklärung (?) an die Bergleute von Durham zu senden, wurde endlich noch der merkwürdige Antrag angenommen, die Eigenthümer der Bergwerke zu unterstützen, damit der KohlenpreiS (und folglich auch die Arbeitslöhne) durch Unterbietungen nicht sinken könnte. Leider sind diese Beschlüsse, die nach langen erregten Brrbandlungen unter strengem Ausschluß aller Vertreter der Presse gefaßt wurden, durchaus nicht geeignet, einer schnellen Verständigung die Wege zu ebnen. Iu manchen Zechen könnten die Besitzer von einer Lobnreduction abseben, in anderen Werken würde, wie eS scheint, eine Fortsetzung unter denselben Bedingungen sichern Ruin bedeuten. Die Bergwerkseigner baden ibre Bereitwilligkeit zu einem Schieds gericht erklärt und würden offenbar über die Höhe der Lohn- Herabsetzung mit sich reden lassen, sind aber nach alledem, was sie jetzt äußern, abgeneigt und außer Stande, die Forderungen der Arbeiter anzunehmen. Die wichtigsten Minen sind in sehr capitalkräftigen Händen, außerdem bat der Verkauf aller Vorräthe zu guten Preisen einen biibscken Reservefonds gebracht, so daß ein Nachgeben in dem ver langten Umfange außer in einzelnen Fallen ausgeschlossen ersckeint. Andererseits wird bekannt, daß eine ansehnliche Minorität unter den Arbeitervertretern auf der Conserrnz für ein Schiedsgericht und sofortige Aufnabmc der Arbeit war. So sind die Aussichten für baldige Beilegung de» Lohnstreiks im „Miltland" nach der Conferenz bedeutend verringert, und wir können annebmen, daß der Kamps erst zu Ende gehl, wenn die Ausständigen, bier früher, dort später, durch Noch und Mangel zur Arbeit gezwungen sein werden. Ersahrenc Londoner Großhändler sagen das Ende für AuS- zang September voraus. Die Summe von Verlust, Ent behrung, Mangel und Verbitterung, die bis dabiu durch den unglückseligen Streik angesammell wäre, würde freilich eine ungeheure sein. Leider kommt soeben noch die Nachricht, daß auch die Streiker von Mittel-England sich zu gewall- lbäiigem Vorgehen gegen die wenigen arbeitenden Genossen haben hinreißeo lassen. Deutsches Reich. s». Berlin, 28. August. Bon einem Mitarbeiter, der mit den russischen Verhältnissen genau vertraut ist, wird unS geschrieben: Der russische Fioanzminister Witte hat sich rum zweiten Male über den deutsch-russischen Zollkrieg geäußert. DaS erste Mal geschah eS bekanntlich in Horm einer Denk schrift, die der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Die Denkschrift an sich war kein ungewöhnlicher Act eines russi schen Minister«; ungewöbnlicb war nur die schnelle Ver öffentlichung. Denn gewöhnlich werden in Rußland derartige Denkschriften erst dann auSgegeben, wenn sie nur noch einen sogenannten historischen Werth haben, d. h. auf die Actualilät der Ereignisse keinerlei Einfluß mehr auSüben können. Noch befremdender ist für den, welcher den CurS de» jetzigen Zaren genauer verfolgt hat, die zweite Form der Auslassung, die in einer nahezu öffentlichen Rede ihren Ausdruck aefunden bat. Man sagt, daß Alexander ll. einen Tag vor seinem Tode einen Uka» in die RcichSdruckerei gegeben babe, der seinem Volke die Anbahnung einer Ver fassung ankündigen sollte. Der jetzige Zar hat da» Erscheinen schleunigst indibirt und man weitz, daß er allen parlamen tarischen Wallungen energischen Widerstand leistet. Eine öffentliche Rede eine» Ressortminister« aber, die einer öffent lichen Rechtfertigung nicht ganz unähnlich sieht, riecht in Rußland, wo man auf diesen Gebieten üderau« seine Geruch«- nerven besitzt, ganz zweifellos nach Parlamentarismus. Und eS ist mehr als fraglich, ob die Redefreiheit, die der Minister sich gestattet bat, bei dem zur Zeit in FredcuSbvrg weilenden Zaren das gewünschte Verständniß findet. Die Rede an sich ist m ihrem Gipselpunct, der eine auögleichcnde Beilegung des Zollkrieg» wünscht, mit rückhaltloser Freude zu begrüßen. Aber mit einer beinabe naiven Selbstaiischauuiig hat Herr Witte doch seinen stockrussischcn Gläubigen die Verhältnisse dar- aestellt. Den springenden Punct im ganzen Kampfe, den Maximaltarif, hat er zu erörtern nickt für nötbig ge halten. Und doch mußte sich Herr Wille sagen, daß eine schnelle Aufhebung dieses MaximaltarisS daö wirksamste Mittel zur Herbeistibrung deS Friedens wäre. Es ist ein Unglück, wenn ein neuer Politiker irgend einen alten Grundsatz hcrvorholt und ibn dann allzu eifrig befolgt. 8i vis pacew, pirrs bellum — die römische Maxime bat Herr Witte etwa« zu wörtlich befolgt und damit den gegen wärtigen Zustand der heillosesten Verwirrung geschaffen. Er hat anscheinend die redlichste Absicht gehabt, durch diese seltsame Maßregel die Verhandlungen zu Gunsten seines Reiche« zu beschleunigen, und er hat die bittere Erfahrung machen müssen, daß er rannt bei beiden Thcilen, bei seinen Russen, wie bei uns Dculsckcn, grausam hinein- aefallen ist. Da- Fiaöco, das er an der Kaltblütigkeit unserer Regierung erlitte» hat, würde er ertragen tonnen, denn damit mußte er rechnen. Berbängwßvoll aber ist ihm die Mißstimmung geworden, die ibm unvcrkoblcn in Rußland cntgegengebrachl worden ist. Wohl musste er darauf gefaßt sein, daß die Landwirlbschaft den neuen Tarif gerade in diesem Jahre al- einen derben Schlag ins Genick empfinden würde, aber daß auch Hantel und Industrie sich dagegen auslehnen könnten, da- hat er sicherlich nicht vermut!,et. Und doch ist da- in vollem Umfange geschehen. Tie russischen Kaufleute sträuben sich, .die langjährigen freundschaftlichen Beziebungen zu Deutschland" abzubrechen, sie sind derartig an den Handelsverkehr mit Deutschland gewöhnt, daß sie thatfächlich lieber GelckästSstockungen über sich haben ergeben lassen, als daß sie sofort andere Bezugsquellen suchten. Zur Zeit überschwemmen französische und englische Agenten die Handelsstädte Rußlands, um ihre Vortbcile aus der Lage der Dinge zu ziehen. D»e russische Industrie will sich auf einzelnen Gebieten, z. B. in der Kurz- und Galantcrie- waarrnbranche und »n landwirthschasttichen Maschineobau, möglichst selbst helfe», selbst produciren, um die Hilfe deS Auslandes thunlichst wenig in Anspruch zu ncbmen. Aber gebt da« so rasch? Wir stehen vor dem Winter. Alle Lager müssen vervollständigt werden^ es steht der Höhepunct der Geschäftszeit bevor. Die russischen Kauslcute können den Ver laus der Verhandlungen, die ofsiciell erst am l. Oktober beginnen sollen,aus keinen Fall abwarten ; sie müssen sick nach andern Bezugs quellen umsehen, und einmal angcknüpslcGeschästövcrbiudungcn lassen sich bekanntermaßen nicht mil einem Ruck wieder lösen. Meint Herr Witte eS ehrlich, so soll er die Dinge erst uä pristinum wieder zurücksühren. Dann ist die alte Basis der Verhandlungen wenigstens wieder geschaffen und ein Zustand beseitigt, der alle etwaigen Vereinbarungen unermeßlich er schwert. Aus Petersburg kommt die nicht reckt controlirbare Nachricht, daß der eine der drei Cvmmissare, welche die späteren Verhandlungen leiten sollen, in de» nächsten Tagen in Berlin eintrefsen werde. Das ließe eine Deutung dahin zu, daß Witte in der Thal den jetzigen Zustand zu beheben gedenke. Und da« ist im Uebrigen das einzig greif bare Ziel, nach dem man auSschauen darf. Denn hüben wie drüben glauben eingewcikte Leute nicht daran, daß ein befriedigender Handelsvertrag zwischen den beiden Neichen zu Stande kommen könnte. Ganz falsch aber ist eS, wenn bei unS die Ansicht laut wird, Witte - Stellung sei erschüttert und mit seinem Rücktritt könnte eine Wandlung de« ganzen russischen RegierungSsystcmS eintretcn. Daraus spricht eine arnndverkebrte Beurthcilung russischer Verhält nisse. Die Politik macht in Rußland der Zar, zur Zeit mehr al« sonst; die öffentliche Meinung vermag so gut wie nicht-, namentlich wenn sie sich nur gegen einen Ressort minister richtet. Man sollte eS bei uns nicht übersehen, daß die maßgebende russische Presse jetzt bereits beginnt, sich auf Seiten des Ministers zu stellen. Herr Witte steht, wie wir aus nnanfechtbarer Quelle wissen, im Augenblick noch ganz fest und eS spricht nichts dafür, daß er über seine Zoll- projecte stolpern wird. Noch fraglicher ist eS, ob ein neuer Mann günstigere Zustände herbeizufübren vermöchte. V. Berlin, 28. August. (Telegramm.) Wie erst nach träglich bier bekannt wird, soll der Kaiser den Papst zu seinem Namenstag am vorigen Sonntag durch ein längeres Telegramm in freundlichster Weise beglück wünscht haben.
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