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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930829020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893082902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893082902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-29
- Monat1893-08
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Die social-demokratische Presse knüpft an solche Notizen regelmäßig aufketzende Betrach tungen über die unerbittliche Grausamkeit des „Molochs Militarismus". Wir gestatten uns, ihrem humanen Eifer auch den nachstehenden Fall zu unterbreiten. In Wien hat ein Arbeiter, der sich beim Beginn eines Streiks in seiner Fabrik „auS ParteidiSciplin" den ArbeitSgenossen angeschlossen batte, die Arbeit wieder ausgenommen, als ein Thcil der Arbeiter das Gleiche that. Dieser Mann bat sich alsbald auS Verzweiflung über die „Vorwürfe", welche ihm die weiter streikenden „Genoffen" machten, den Bauch mit einem Küchenmesser aufgeschlitzt und ist an den Verletzungen gestorben. Wir entnehmen die Erzählung des Thatbestandes lener specifischen Wiener Presse, die auS Gründe», deren Erörterung hier überflüssig ist, die Socialdemokratie mit größter Schonung bebandell. Aber auch aus ihrer Darstellung geht her vor, daß der Selbstmörder zur Theilnadine an dem Streik durch die Parteidisciplin, d. h. durch den socialbemokratischcn Terrorismus gezwungen war und daß ihn socialdemo kratische Drohungen in den Tod getrieben baben. Der Mann wußte wobl, was die Aechtung durch die „Führer" zu bedeuten habe. Ein aus der Bukowina stammender Arbeiter, der aus Wien nach Süddeutschland gekommen war, verglich die socialdemokratifche wteräietio mit dem „großen Banne", wie ihn der Rabbi von Sadogora über Un botmäßige zu verhängen pflegt. Sie macht das Leben innerhalb einer bestimmten räumlichen oder gewerb lichen Sphäre unerträglich. Der Wiener Arbeiter, der sich den „Vorwürfen" seiner Peiniger durch den Tod entzogen, batte ohnehin schon von früher ein nota bene. Es wird mitgetheilt, daß er — eine Versündigung wider den heiligen Geist der Socialdcmokratie! — sich eine Summe erspart hatte. Man muß sich auch erinnern, daß auf dem letzten socialdemokralischen Parteitag Bebel behauptet und der Wiener Socialdemokrat Adler nicht in Abrede gestellt hat, daß die österreichischen Unternehmer in dem Schutze ihrer nichtsocialdemokratischen und nichtstreikendcn Arbeiter lässiger seien, als die deutschen. Man hat eS hier mit einem Opfer der socialdemokratischen ParteidiSciplin zu thun, einer DiSciplin also, welcher der Einzelne nicht zwei bis drei Jahre, sondern das ganze Leben hindurch unterworfen ist und gegen deren grausame Handhabung Beschwerten jedenfalls nicht, wie in der Armee, gewünscht und besohlen sind, deren sich aber andererseits ein Arbeiter, der existireu will, durch die Nichtzugehörigkeit zur Socialdcmokratie ebensowenig ent ziehen kann, wie ein diensttauglicher junger Mann dem Heeresdienst. Die Selbstmörvcr in der Armee gehören einem Älter an, in welckcm den statistischen Erhebungen zufolge in allen Ländern und unter allen Lebensbedingungen Selbst vernichtung besonders häufig auftritt; diesem Alter eigentbüm- liche Seelenvorgänge führen erfahrungsgemäß nicht selten zum Selbstmord, und der Zusammenhang der That mit den Besonderheiten deS militairischen Dienstes ist auch dann nicht immer als erwiesen anzunehmen, wenn ihr Androhung oder Zudictirung einer Strafe vorauSgcgangen ist. Zn dem Wiener Falle aber hat man es mit einem älteren Mann zu thun. Die socialdemokralischen Officiösen werden wahrscheinlich ihre Entrüstung über den Wiener Vor gang auf den nächsten bewiesenen oder unbewiesenen Fall Sein einziges Gut. «1 Roman von B. Corony. Nachdruck verdolm (Fortsetzung.) Ihre Tochter Konstanz« war ein reizendes Mädchen. Mit dem rabenschwarzen Haar, den dunkeln, brennenden Augen, über welche sich schön geschwungene Brauen wölbten, und den seinen, regelmäßigen, außerordentlich beweglichen Zügen glich sie einer Südländerin. Ihr ganzes Wesen zeigte mehr Selbst- bewußlsein, als mit ihrem jugendlichen Alter in Einklang stand. Eine sehr elegante, hochmoderne Reisetoilette hob die ent zückenden Formen der hohen Gestalt vorthcilhaft hervor. Ganz rm Gegensätze zu der Mutter sprach sie viel und lebhaft. Fräulein Alexandra von DombrowSky mochte ungefähr vierzig Jahre zählen. Groß und derb gebaut, mit strengem, fast männlichem Gesicht, harter, lauter Stimme und einem sehr entschlossenen Austreten, trug sie in ihrer Kleidung dieselbe puritanische Einfachheit zur Schau wie Frau von Arnheim. Prisca, Konstanzens Amme, war ebenfalls mitgebracht worden und schien das volle Vertrauen der Damen zu besitzen, namentlich Alexandra verständigte sich mit ihr durch Wink und Blick. Sie sab ungemein bescheiden und unterwürfig auS, ja, man hätte sogar sagen könne», ein wenig stupid; aber unter der breiten, von unschön blondem Haar umrahmten Stirn funkelten zwei listige, braune Augen. Während der Fahrt trugen nur der Freiherr und seine Nichte die Kosten der Unterhaltung. Es fiel ihm auf. daß Frau von Arnheim sich in die Ecke des Wagens gedrückt halte und die Lippen zuweilen wie in unhörbarem Selbstgespräch bewegte, während sie die Hände i»> Schooß gefaltet kielt. Alexandra neigle sich öfter« zu ihr und flüsterte ihr einigt Worte zu. Er bemerkte auch, daß KonstanzknS Blick erstaunt und fragend auf der Mutter ruhte, aber als das Gut in Sicht kam und zwischen den Baumriesen die gvldsunkelnde Kuppel de- Pavillon« auflauchte, entrang sich ein Ausruf der Be wunderung den Lippen des Mädchens. „Prisca, sieb, ein Feenschlößchen, wie sie immer in Deinen Märchen Vorkommen", sagte sie, den schönen Kovf anmuthig zurückliegend, und fügte dann, während sie sich mit wollüstiger Grazie in die seidenen Kissen de« Wagen« schmiegte, zu dem von Soldatenmißhandlungen aufsparen, wie sie denn auch kein Wort darüber verloren baben, daß durch gerichtliche« Urtheil in Berlin dieser Tage sestgestellt worden ist, daß am letzten Wahltage ein „Genosse" einen Arbeiter vom Gerüst stieß, weil dieser um 1 Uhr Mittags „noch" arbeitete, statt PaulSinger in den Reichs tag zu wählen. Das, wie bereits bekannt, in unterrichteten Kreisen Wiens kür wenig glaubwürdig bezcichnete Gerücht, daß dem Wiederzusammentritte deS österreichischen ReichsratbeS noch eine Tagung de« böhmischen Landtages vorangchcn solle, ist durch eine einem polnischen Blatte von Wien zugegangene Meldung in die Welt gesetzt worden. Man betrachtet sie als einen Fühler, von einer Seite auSgegangen, von der man es gern sehen möchte, wenn eine Erörterung der Frage der böhmischen Ge richtSbezirkSabgrenzungcn im ReichS- rathe, wie sie bevorstcht, vermieden würde. ES ist jedoch anzu- nehmen, daß die Regierung, die mit der Erledigung derTrautc- nauerKrcisgerichtSangelegenheit imVerwaltungswege nur zögert, weil sie sich auf ein Votum deS ReichSralheS stützen will, die Lust empfinden könnte, ihre ohnehin bezüglich der Haltung deS böhmischen Landtags in dieser Frage gesammelten Erfahrungen noch weiter zu bereichern. UeberdreS würde eine eingeschvbene Tagung deS Landtags eine weitere Hinausschiebung des ReichSrathszilsammentrittS nothwendig machen, und cs würde dann nicht mehr möglich sein, die Absicht, daß das Budget vor Beginn des neuen Budgetjahres erledigt werde, zu ver wirklichen. Wie man in Italien über die Vorgänge von At-ues- MorteS selbst in franzosensreundlichen Kreisen denkt, daS be weist am besten ein von Goblet'S „Petitc Republiquc Frantzaise" veröffentlichter Brief deS bekannten italienischen Socialisten- führers und Franzosenfreundes Camillo Cipriani. Zn dem Briefe heißt cs u. A.: „Während in Italien die treuen Freunde Frankreichs eine energische und bewunderungswürdige Campagne gegen die Reise deS Kronprinzen von Italien nach Metz führen, weil diese Reise eine Beleidigung gegen da« Frankreich, daß sür unsere Befreiung gekämpft bat, darstellt, schlagt Ihr die Italiener wie tolle Hunde todt. Bedenkt, wenn in Italien der Minister am Ruder wäre, dessen Namen Ihr Alle kennt, so könnte er die Vorgänge in AigueS-Mortcö zum Anlaß nehmen, um jene» entsetzlichen Conflict berbcizufübre», den wir mit allen Kräften zu verhindern sticken ... Frank reich darf nicht für die Prügeleien zwischen Arbeitern verant wortlich gemacht werden, aber eü ist hohe Zeit, daß diese sogen. Prügeleien aufhören, denn in Aigucs-Mortes hat man sich nicht nur geprügelt, sondern unter den Augen der Obrig keit und der bewaffneten Macht eine Hetzjagd auf die Italiener veranstaltet, sie auf der Straße und in einer Farm todtgeschlagen, wo 2500 Franzosen die Angreifer waren. Während man sich aus der einen Seite alle Milbe giebl, freundschaftliche Beziehungen zwischen beiden Bruderstämmen herbeizuführen, zerstört man auf der andern Seite das Wenige» was wir erreicht haben, durch Verbrechen und Brudermord. DaS vergossene Blut schafft einen Abgrund zwischen den Bruderstämmen." Der Mann bat zweifellos recht. Schade nur, daß in Frankreich selbst Leute, die sich sonst durch Unbefangenbeit auszcicknen, blind und nachsichtig wie schwache Eltern verzogener Kinder sind, wenn eS gilt, den häßlichen Brod- und Vcrdienstneid französischer Arbeiter zu verurtbeilen, der sich in Aigues- MorteS auf geradezu barbarische Weise Luft gemacht hat. Statt zu verlangen, daß die Mörder, die ihre italienischen Genossen lediglich deshalb todtgeschlagen haben, weil diese Freiherr» gewandt hinzu: „Du mußt wissen, daß ich noch wie ein Kind bin, Onkel. Ick kann nur einschlummern, wenn Prisca mir so lange mit ihrer eintönigen Stimme von flimmernden Zaubergrotten, tanzenden Elfen und pcrlen- geschmückten Nixen erzählt, bis mir die Augenlider zufallen und ick die Wunder alle mit in den Traum hinnübernebme." Der Wagen hielt. Gisbert hob Olga heraus und geleitete sie in den Park. Auf seinen Arm gestützt, schritt sie langsam dahin. Sie schien sehr ermüdet zu sein und blickte weder rechts, noch links, sondern nur gradeaus, wie Jemand, der einem bestimmten Ziele zustrebt. Die breite, nun wieder mit kostbaren Blumen geschmückte Freitreppe war erstiegen. Ein reich galonnirter Diener öffnete die Tbiir, welche zu den für die Damen eingerichteten Gemächern führte. „Hier sollst Du wohnen", sagte der Freiherr nicht ohne Stolz. Aber wenn er erwartet hatte, eine Äußerung des Danke« oder des Wohlgefallens zu vernehmen, so wurde er arg enttäuscht. Seine Cousine war kaum über die Schwelle getreten, als sie fast ängstlich zurückbebte und mit einer abwehrenden Bewegung rief: „O, daS muß Alle«, Alle« anders werden!" „Ander-?" fragte Konstanze erstaunt. „Aber Mama, sieh nur diese herrlich gemalte Decke und die reizenden Wandbekleidungen! Sieh diese Teppiche, in welche der Fuß fast einstnkt, und die schwere purpurrotbe Seide, die über daS duftige Spiyengewebe der Vorhänge nieverwallt, daS ganze Zimmer in rosige» Täm mer schein hüllend!" „Was Tein Entzücken erregt, mißfällt mir. Mein Sinn steht nicht nach eitler Pracht!" erwiderte Frau von Arnheim mit auffallender Schärfe und Gereiztheit, während zwei brennendrolhe Flecke auf ihren blassen Wangen zu glühen begannen. „Aber weshalb sollen wir uns besten nicht freuen, was in vollendeter Form vor uns steht? Ich bewundere die Schönheit, wo immer sie mir entgegentritt!" versetzte das ledbaste Mädchen. „Still!" gebot Fräulein von DombrowSky, und ihre Stimme klang stablhart. Konstanze wandte sich rasch zu ihr. Ein trotziger Zug lag um den kleinen Mund, und die schwarzen, feurigen Augen funkelten herausfordernd. Alexandra stand ihr gegenüber und sah sic unverwandt an, mit deni starren, zwingenden Blick einer Schlange. Die jahrelange Gewohnheit, zu gehorchen, mußte wobl einen deftigen Kampf mit der an geborenen Widerspenstigkeit bestehen. Da« junge Mädchen warf den Kops stolz zurück, verschränkte die Arme unter der stürmisch wogenden Brust und drückte die Spitze deS niedlichen Fuße« tief in den Teppich. So maßen sie sich stumm wir billiger arbeiten und brdürfnißloser sind, vorbildlich zu strafen und ein abschreckendes Beispiel für die Zukunft aufzustellen, suchen sie nach einer Form, die das Bestreben der französische» Neider rechtlich ausdrücken und einkleidcn könnte. Sie meinen, in einem Lande, wo jede Erwerbsrichtung sich staatlichen Schutzes erfreue, sei es billig, auch das Recht auf Arbeit und Len Wettbewerb um Arbeit zu beschränken, und empfehlen als Mittel dazu die -- Frembensteuer! So weit bis jetzt bekannt geworden, sind für die im September wieder zusammentretenden schwedischen Landes thinge 22 erledigte Sitze in der Ersten Kammer wieder zu besetzen. Die Mandate von IS Mitgliedern sind ab- gelauscn, l Mitglied. Landhauptmann Bergström, ist gestorben, 2 Mitglieder, die Landhauptmanner Rydina und Husberg, baben freiwillig ihre Mandate nicdcrgelegt. Aller Wahrschein lichkeit nach wird die Anzahl der erledigten Sitze in der Ersten Kammer sich während der nächsten Zeit durch freiwillige MandatSniederlegungen weiter vermehre». Das Mandat des GeneralzolltireclorS Bcnnich, welcher den Kalmar- Landrhing repräseutirt bat, ist abgelausen. Zn Folge der Verminderung der Anzahl der Bevölkerung diese« Kreises verliert der Kreis einen Repräsentanten' leine Wahl findet also statt, um den Generaldireclor Bcnnich zu er setzen. Diese Wahlen werden olne Zweifel die protectio- »istische Mehrheit der Ersten Kammer weiter verstärken. Die Städte Stockholm und Gothenburg haben je eine» erledigten Sitz wieder zu besetzen. Zur Zweiten Kammer sind bisher 05 Wahlen, nämlich 02 auf dem Lande und 3 im städtischen Kreise, vorgciiommcn worden; 37 Mitglieder der alten und 25 der neuen Landmännerpartei sind gewählt. Die alte srei- händlerische Landmännerpartei hat 6 Sitze, die neue 4 Sitze erobert. Die Parleistellung innerhalb der Zweiten Kammer hat sich also durch die bisher verrichteten Wahlen nur wenig verändert. Der Emir Abdurrabman von Afghanistan, der in der letzten Zeit mit den Engländern auf ziemlich gespanntem Fuße gestanden, scheint jetzt wieder einzulenken, kenn, wie einem „Time«"-Telegramm vom 25. August aus Simla zu ent nehmen ist, bat der Enur an den indischen Generalsecretair des Aeußern, Sir Mortimer Durand, ein sehr freundliches Schreiben, betreffend den Besuch der Engländer in Kabul, gesandt. Die englische Expedition werde in etwa vierzehn Tagen dabin abgehcn — wenn nämlick nicht« dazwischen kommt. Eine andere von demselben Tage, ebenfalls aus Simla datirte Depesche besagt, daß eine stärkere englische Truppenabtheilung sich auf dem Wege nach Tschilas befinde. Wie immer, wenn der Emir mehr auf die Seite der Engländer neigt, so beginne» auch diesmal die Russen sich gegen Afghani stan zu rühren, und sie scheinen sich in Transkaspien und besonders He rat gegenüber aus ernste Ereignisse vorzubereiten. Die Garnisonen von Pendschdeh, SarrakuS und Pul-i-Khatum sind verstärkt worden und es sind am oberen Murghab ziemlich beunruhigende Gerüchte verbreitet. Vor etwa einem Monat bat der Emir von Afghanistan drei Emissäre nach Askhabad entsendet, um von dem Gouverneur von Turkcslan zu erfahre», ob eS wahr sei, daß die Russen einen Hand streich gegen He rat Vorhaben. Man antwortete ihnen, daß bierüber nichts bestimmt sei, aber im Uebrigen die Haltung Rußlands von der englischen Politik in Afghanistan abbängc, welche Auskunft die afghanischen Sendlinze wohl kaum befriedigte. Gegenwärtig sprechen aber die osficiöscn russischen Blätter bereits von der ernsten Sachlage in Afghanistan und von der Nothwendizkeit für Rußland, energische Maßregeln zu ergreifen, um die Ruhe an den centralasiatischen Grenzen zu sichern. In der letzten Zeit zwei Feindinnen, und dann eilte Konstanze plötzlich aus dem Zimmer und in den Park binab. „Bezieh Dich zur Ruhe, Olga! Du bist erschöpft von der Reise. Schlafe einige Stunden! Du sollst hier nicht vermissen, was Dir lieb ist. Alle Gegenstände, an denen Tein Herz hängt, sind mitgenommen worden. Du wirst sie morgen Wiedersehen. Ueberlasse das nur mir", sagte das alte Fräulein. Demüthig schlich PriSca heran und geleitete ihre Herrin in ein luxuriös ausgcstattetes Schlafgcmach, dessen Thür sogleich geschlossen wurde. „Meine Schwester ist eine sehr fein organiffrte Natur, eine von jenen seltenen Frauen, die nicht vergessen können", wandte sich die DambrowSky jetzt erklärend uud entschuldigend an den Freiherr». „Seit dem Tode Gregor'« flieht sie die Geselligkeit, verschmäht weltliche Freuden und sucht nur an den Stufen des göttlichen Thrones Trost für ihre wunde Seele. Ich verhehle Ihnen nicht, daß Olga ein Opfer brachte, als sie hierher kam Sie that es um der Tochter willen. DaS schöne, lebensfrohe Wesen soll nicht in trauriger Einsamkeit verkommen. Sie batten die Güte, uns eine Reihe von Zimmern zur Ver fügung zu stellen, und gestatten sicher, daß ich Alles so rinrichte, wie Frau von Arnheim es liebt und gewöhnt ist. „Gewiß! Ich wünsche ja lebhaft, daß sie sich hier Wohl fühlt", erwiderte Gisbert, aber eS war, als »ehe ibn ein eisiger Hauch an. Da hatte er roch ein andere« Zusammenleben gemeint und begann nun bereit- seine Einladung zu bereuen An einem der hohen Bogenfenster vorübergehend, gewahrte er Konstanze, die am Springbrunnen stand und den in leuchtenden Regenbogenfarben zerstiebenden WassercaScaden zusah. Er gesellte sich zu ihr. „Du mußt mir nun den ganzen Park und dann den Pavillon zeigen, Onkel!" ries sie ihm entgegen. „Sieh nur, die Kuppel flammt förmlich i»> Lickte der scheidenden Sonne! Ich glaube, e« wird mir Wohlgefallen hier." „Da- hoffe ick auch", erwiderte er lächelnd, und die beiden imposanten Gestalten schritten unter dem goldig durchflimnirrten Laubdach der gewaltigen Bäume dahin. Zuweilen blieb Konstanze steben und pflückte einige seltene Blumen, ohne erst um Erlaubniß zu fragen und stet« die in herrlichster Frische prangenden wählend, als wären sie nur dazu da, um in ihren weißen Händen zu verwelken Dämmerung begann die Berge zu umhüllen, nur leichte Wolken mit seuerumsäumten Rändern zogen noch über ta« tirsblaur Himmelszelt, und im Thal wallten zarte Silbernebel auf, al« der Freiherr seine Nichte in den feenhaft beleuchteten batte der Emir mehr Vorsicht gegen seine Freunde, die Eng länder, al« gegen seine Feinde, die Russen, an den Tag gelegt, indem fast alle afghanischen Streitkräftc gegen Peschawer und Kandahar zusammengezogen wurden, während Herat eine Garnison von nur 500 Mann hat. Der Emir weiß eben, daß er bei Herat den Russen nicht widerstehen kann, da die vordersten russischen Truppen kaum 200 Kilometer von dieser Stadt entfernt sind. Eines Tages wird man daher plötzlich erfahren, daß Rußland Herat occupirt habe. Den Russen ist es sehr wohl bekannt, baß der Emir in diesem Falle weniger daran denken wird, die Russen aus Herat zu verdränge», als vielmehr daran, zu verhindern, daß die Eng länder sich etwa durch die Besetzung von Kabul und Kandahar entschädigen. Die russische Diplomatie behauptet, daß der Verlust von Herat cber dazu beitragen dürfte, die zwischen England und Afghanistan bestehenden Bande zu lockern, als sie zu festigen. Ja, man giebt sich sogar der Hoffnung hin, daß eine russische Occupation von Herat einen Conflict zwischen England und Afghanistan zur Folge haben müßte, waS natürlich in Rußland sehr lebhaft gewünscht wird. Die transkaspische» Truppen sollen demnächst bereits mit neuen Repetirgewehreii ausgerüstet werden, und es beißt auch, daß im Herbst eine Insanteric-Division au« dem Kaukasus zur Verstärkung »ach TranSkaSpien verlegt werden wird. Da gegen ist die bereits angeordnete Bereinigung TranSkaSpiens mit Turkcstan unter einen, Militairgouvcrncur im Hinblick auf mögliche Ereignisse in Afghanistan vertagt worden, was wohl so viel heißen mag, als daß man vorläufig noch die Unabhängigkeit TranSkaSpiens erhalten will, denn der Com- mandant dieses Bezirkes, General Kuropatkin, dürfte nicht geneigt sein, den Ruhm der Occupation Herat« einem Andern zu überlassen. Die von uns bereits wicdergegebcnen telegraphischen Meldungen über den drohenden Wiederausbruch des Matadele- Krirges lenke» wieder einmal die allgemeine Aufmerksamkeit auf Südafrika. Im englischen Unterhause ist, wie wir heute unter London melden, zwar amtlich behauptet worden, die Nachrichten von einem neuen Einsall der Matabcle in daS Masckonaland entbehren noch der Bestätigung, indeß wird diese amtliche Bestätigung wohl nicht lange auf sich warten lassen. Es dürfte dayer gerade jetzt von Interesse sein, etwas über die Matabelen zu sagen. Lobengula, der seit 1868 in Bulnwayo herrscht, ist der Solm von Umsilikatse oder Mose Mosilikalse, wie er von den Betschuanen genannt wird. Mosilikatse selbst, einer der begünstigtsten Officiere Tshaka'S, der zur Zeit der Schlacht von Waterloo lebte, war der Gründer deS militairischen Systems, unter welchem die ZuluS sich zu einer starken Kriegsmacht auSbildcten. Jeder junge Mann, so bald er stark genug war, einen Schild zu tragen, wurde einem Impi oder Regimentc einvcrlcibt. Bei diesem mußte er bleibe», bis er die Erlaubniß erhielt, sich zu verheirathen. Feld- und andere Arbeiten wurden von den Frauen besorgt. 1817 commandirte Mosilikatse ein starke Division von Tshaka'S Armee und fühlte sich mächtig genug, dem Zuln- tvrannen Trotz zu bieten. Letzterer bol eine starke Armee zur Verfolgung des Rebellen auf. Mosilikatse zog sich darauf in daS Territorium zurück, welches heule als der Transvaal oder die südafrikanische Republik bekannt ist, wo damals Betschuanastämme wohnten. Er verwüstete das Land. Im Laufe von 10 oder 12 Jahren zählten die Mata Helen — so wurden sie von den ihnen unterworfenen Betschuanen genannt — 80 000 Personen. Diese wurden von Mosilikatse regiert. Wild und tapfer, wie sie waren, kamen sic u. A. bald mit den Buren in Conflict. 1837 floh Mosilikalse, nachdem er mehrere Niederlagen erlitten, nach dem Limpopo oder Crocodilflufse. Er starb 1868 und Pavillon führte, um ihr die hier aufgehäuften, oft unter den größten Entbehrungen und Gefahre» gesammelten Kunstschätze zu zeige». Mit höchster Aufmerksamkeit körte sic seinen Er klärungen zu, sich vermöge ihrer regen Einbildungskraft die geschilderten Scene« lebhaft vergegenwärtigend. Ihre Wangen glühte», die seinen Hände zuckte», jede Bewegung deS reizenden Gesichtes drückte Spannung und begeistertes Interesse auS. „Ich werde oft hierher kommen. Es ist nicht möglich. Alles so schnell aufzufassen und festzuhalten." Mil diesen Worten kehrte sie in den Mittelraum zurück, sank auf einen der Divans, neben dein ein niedere-, vergoldetes Tischchen stand, und begann die mitgebrachten Blumen zu zerpflücke». „Mir ist, als müßten draußen die blauen Wogen des Bosporus vorüberrollen", sagte sie. „Du wirst nun viel zu erzählen baben", bemerkte Gisbert. „Zu erräklen? — Wem? klang eS gedehnt zurück." „Nun Deiner Mutter und Fräulein von DombrowSky." „Ihr? Alerandra? Nicht ein Wort!" ries Konstanze, so un gestüm aufspringend, daß alle die duftenden Blumenblätter zu ihren Füße» niedersielen. Die nachtdunkeln Augen, deren Pupillen sich plötzlich erweitert zu haben schienen, zeigten nun wieder denselben trotzig wilden Ausdruck, den er schon vorhin beobachtete. „Du zürnst ihr noch, weil sie heute etwas rauh war", meinte er. „Nicht deshalb, obschon ihr Ton mir mißfällt, mich reizt und erbittert. Aber sie steht zwischen mir und meiner Mutter, und daö verzeihe ich ihr niemals!" erwiderte da« Mädchen leidenschaftlich. „Zwischen Dir und der Mutter? Wie soll ich daS ver stehen ?" „Genau so, wie ich es sage. Tie hält mich ihr fern. Sie trägt die Schuld, wenn keine innigere Annäherung »wischen uns stattsindet, wenn ich mich oft vollständig verwaist füylc. Und siehst Du, Onkel — ich bin nicht blind gegen meine Fehler — ich weiß, daß ich heftig, stolz, eigensinnig und herrschsüchtig bin, doch auch da« hat sie zu verantworten; wurden dock alle weicheren Regungen meiner Kiuderseele von ihr unterdrückt, durfte ich roch niemals meinem Herzen nachgeben, da» mich so mächtig, so unwiderstehlich zur Mutter zog." „Kind, Du träumst. Wenn man Dich sprechen dort, möchte man denken, diesem Fräulein von DombrowSky sei eine über natürliche Macht verliehen." „Ich fühle mich oft versucht, es zu glauben. Ich weiß nicht, welche seltsame Gewalt sie über di» Mutter besitzt, allein That
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