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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930904028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893090402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893090402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-04
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Vez»gA4pr«r» b«irk «rrichtrt» «,«. g«bch«ltr» «bgeholt: vserleljLhrtich4^0, Het »««tmaliaer titzlich« K»st«ll,»g i,« 5L0. Durch di« Bost be»ogen für jchlmid a»d Oesterreich: viertestihrtich L.—. Direct« tigliche Kreuzbandieadung t«i Ln«l«nd: «oaLtlich -N 7^0. Di« w°r,».D»»>». erich^-r täglich '/.7Uhr. dt« M»dM»Z««d« «ochmto^ b Udr. Lrkrtt«« »»> Er-Mtiou: AOtznnneDGMsse 8, Di« Irveditto» ist K«d«ta>» «»«mterbroch» »o, friih S di« «dendt 7 Uhr. Fllitlr»: vtt» «e»»'« Sorti». (Alfretz Uxivrrsittüftrob« 1. L«»t» Lisch«. L»ch«i»«>str. 1«. patt, mch »Sui««vUch 7. Abend-Ausgabe. WM.TilgMü Anzeiger. Organ für Pslitik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anzeigen-PretA die «gespaltene Petitzeile SO Pfg. Neclamea »ater dem Redactioa-striS spalte») 50-4, vor de» Familieaaail (bgeipaltrn) 40-4- Größere Schriften laut unserem Preis« derzeichuiß. Tabellarischer und Zissernsitz aach höherem Tarif. Ertr«,Beilagen (gekotzt), nur mit de» Morgen« Au-gabe, ohne Postbesörderun» »« 60.—, mit Poslbesorderuag ul 70.—. Iinnahmeschluß far Lnzeige«: Abend-Aulgabe: Vormittag« 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhu, Sonn- und Festtag« früh ',,9 Uhr. Bei den Filialen und Ännahmestekleo je eia« halbe Stunde früher. Anzeige» find stet« an di« Erprüitts» zu richte». Druck und Verlag von L. Pol» t» Leipzig ^°45I. AmMche Bekanntmachungen. Sparcaffe Liebertwolkwitz. Unter Garantie der Gemeinde. Aeferne«. »4» 83« S» ^ ^ Gporverkehr vom 1. Januar bis 31. August 1893: 7059 Einzahlungen im Betrage von 823 913 --t 13 5541 Rückzahlungen » - » 689 800 9l ^. Verzinsung der Einlagen mit 8'/,"/«- Expeditionszeit: Mon tag« und Donnerstags. Die z»etggefchSst»fte»e Stitteritz »rpedirt jeden Donners tag, Nachmittag- von 5 bi« 7 Uhr, und die Zweiggeschaft-stelle Paunsdorf jeden Montag und Donnerstag. Nachmittags von S bis 6 Uhr. ^ Lpareassen-Verwaltung. Dyck. Montag den 4. September 1893. 87. Jahrgang. , Politische Tagesschau. * Leipzig. 4. September. Die faetaldemokrattsche Presse ergeht sich wieder in den unfläthigsten Ausdrücken über die Ledanfeter. Man ist da« gewöhnt und hat eS nicht anders erwartet. Nur daß man ,hr die Klugheit zugctraut hätte, diesmal nicht die „inter nationale Socialdemokratie" als Trägerin des Gedanken- friedlicher Aushebung von Gegensätzen gegenüber den „MordS- patriolen" zu verherrlichen. Die Socialdcmokratie siebt zur Zeit auf eine recht stattliche Reihe sehr körperlicher Zusammen stöße zurück, und wenn in Berlin noch kein Blut und in Zürich weniger von diesem besonderen Safte geflossen ist, als in der vom „Vorwärts" al« notwendiges geschichtliches Ergebniß begriffenen Schlacht von AigueS-MorteS, so bat hieran die Berliner und kieZiiricher Polizei ein größere- Verdienst, als der socialistische Abscheu gegen das Blutvergießen. Auch in dem glorreichen Gefechte bei Nancy ist der Gendarmerie die Rolle des FriedcnSengelS gegenüber dem französischen „MvrdS- socialiSmuS" zugefallen. Die osficielle Socialtemokratie hat wahrlich in keinem Betracht Ursache, Vergleiche zwischen den herrschenden Ideen und RegierungSgrundsätze» und ihr selbst herauSzvfindcn. Bon dem in Berliner socia listijchen Versammlungen geltendes Recht gewordenen „Holz comment" ganz abgesehen, arbeitet das deulschsocial- demokratische Dlrectormm mit allen Mitteln eines nur sich achtenden CliquendcSpotiSmuS. Wirtbschastliche und gesell schaftliche Aechtung trifft Den, der nicht Ordre parirt, und auch ohne den in der Geschichte ohne Gleichen dastehenden Aechtungsapparal, wie er unter dem Socialistengesetz zur Unschädlichmachung unbequemer Köpfe und — Eoncurrenlcn durch die „Eiserne MaSkc" gchandbabt wurde, weiß man Lästige» die Existenz zu untergraben. Daher auch die tiefe Erbitteruog der Oppositionellen, die, mögen sie sich selbst wie immer nennen, viel weniger grundsätzliche Dissidenten als Gegner (und zum Theil Opfer) des herrschenden Systems sind. Sehr charakteristisch findet man in diesen Kreisen nicht mit Unrecht da- hübsche Detail, daß in der letzten Socialistcnversammlung — vor Ausbruch der eigentlichen Feindseligkeiten — ein Führer einem Oppo sitionellen zuries, er solle erst seine Schulden bezahlen, ehe er „hier" mitrede. Es ist gewiß ein sehr ehrenwerlher Standpunkt, den diese gesättigte Existenz cinnimmt, aber Leuten, dir gelehrt worden sind, das Privateigentum als das Grundübel zu betrachten, darf man es nicht verargen, wenn sie es „rückständig" finden, daß ein „Collcctivist" die Aus übung politischer Rechte von einem entsprechenden Besitz quittirter Rechnungen abhängig machen will. Seitens der Züricher Socialdemokraten ist in Zürich die Errichtung einer Arbeiterbörse, ähnlich derjenigen in Paris und Brüssel, geplant. Die Züricher Arbeiterbörse soll angeblich keine politischen Zwecke verfolgen und nur den wirth- chastlichen Interessen der Arbeiter dienen. Die Gewerk» Ichasten sollen darin allein vertreten, der Grüttiverein und sie Arbcitcrbildungsvereine ausgeschlossen sein. Die Gewerk- chaslen wählen ihre Vertreter nach der Zahl ihrer Mitglieder. Die von den Vertretern gewählten Beamten sind ständige und haben ihre ganze Zeit ihrer Arbeit zu widmen. Der Staat und die Stadt haben mit der Arbeiterbörse nichts Anderes zu schaffen, als daß üe ihr jährliche Beiträge bewilligen, ohne eine Eontrote darüber zu beanspruchen. Die Leitung der Geschäfte liegt allein in den Händen der Arbeiter. Die organisirten Ge werkschaften haben der Arbeiterbörse beizutretcn; die freien Arbeiter, die noch keiner Gewerkschaft angehören, müssen sich einer solchen Verbindung anschließen, wenn sie nicht der Vor theile des Instituts verlustig gehen wollen. Mit Recht be merkt hierru die „N. Züricher Ztg.": Auf diese Weise würden die freien Arbeiter ihrer individuellen Selbstständigkeit beraubt und mit Gewalt in die Gewerkschaften eingcreiht werden. Anderer seits sollen die Behörden verpflichtet werden, Beiträge zu zahlen, ohne daS Recht zu haben, nackzusebcn, wozu ihr Geld verwendet wird. Das sind zwei Forderungen, die in Zürich, weder vom Staat noch von der Stadl, nie und nimmer werden bewilligt werden. Sollen Beiträge gezahlt werden, so wird man auch die Verwendung des Geldes beaufsichtigen, und im Weiteren wird man auch verlangen, daß alle Arbeiter, ob sie einer Gewerkschaft angehören oder nickt, die Vortheile der Arbeiterbörse genießen sollen. Ohne Auf sichtsreckt und ohne Freiheit der Arbeiter keine Beiträge au« öffentlichen Geldern! Das werden die Socialdemokratcn sckon erfahren, wenn sie mit ihrem Begehren vor die Be Hörden kommen. Am 2. September war in der Prager Stadtverordneten sitzung die Straßentasclsragc der Gegenstand einer mehr als zweistündigen, äußerst lebhaften Debatte. Die jungczcchiscke» Stadtverordneten waren vollzählig er schienen, dagegen waren die Altczechcn nur schwach ver treten, so daß die Iungczechcn sich in der Mehrheit besauten. MagistratSratb Schwab verlas zuerst die Entscheidung der Statthalterei in der Slraßentaftl- frage und hieraus den an da« Ministerium zu rich tenden RecurS. In dem Recurse, welcher sehr umfassend ist, wird insbesondere hervorgehoben, daß die Angelegenheit nicht in die Competenz der Statthalterei, sondern in die deS LandeSauSsckusses gehöre. Die Statthalter« könne wohl den Beschluß der Prager Stadtgemeinde sistiren, sie sei jedock nicht befugt, eine endgiltige Entscheidung zu treffen. Es wird sodann bemerkt, daß, wenn seitens der Statthalter« be^8- 19 des SlaatSgrundgcsetzes ins Feld geführt werbe, dasselbe auch in Städten mit czeckischen Minoritäten in Böhmen, sowie in Mähren und Schlesien geschehen sollte. Von einem Gewohnheitsrechte könne in dieser Angelegenheit nicht die Rede sein. Die zweisprachigen Straßentafeln seien seinerzeit von der Prager Stadtgemcindc freiwillig eingeführt worden, und die Gemeinte Prag habe sie dann bloS aus dem Grunde belassen, weil sie die „berechtigte" Hoffnung hegte, baß auch jene Städte, in denen czechische Minoritäten leben, zwei sprachige Straßcntafeln freiwillig einfübren würden. Erst »ach langer Zeit, nachdem sie zur festen Ueberzeugung ge langt, daß die übrigen Städte eS freiwillig nicht tbun werden und daß sie hierzu mit Rücksicht aus da« Gesetz vom 29. März 1869 gar nicht gezwungen werden können, machte endlich die Prager Stadtvertrctung von dem ihr zustehendcn Rechte Gebrauch und ließ die zweisprachigen Straßcntafeln gegen einsprachige vertauschen. Bei der Abstimmung, die d-r lang- wierigcn Debatte folgte, ward, obwokl die Parteien fick cor her erbittert hin und her gestritten batten, toch die uever reichunz des R-cursc- an daS M„„,ter,u„, c.njt.mm.g angenommen. Ebenso wurde der Antrag. ^!> czeckischen Straße»tafeln weiter anzubrmgen seien, dem Stadtratbe zugewiesen, und zwar mit dem Zu- 'atzantrage deS Or.Podlip.iq, -S möge fchon in der nächsten Sitzung deS Stativerordnctencollegs über die 2»l- cheitung des ^tadtralhcS in dieser Angelegenheit berichtet werden. Bis jetzt sind von den Stichwahlen, die am 3. September in Frankreich statlgcsundc» haben, t52 Resultate bekannt. Die Republikaner (einschließlich der Loci allste») gewannen >32, die Eonservativen 9, die Ralliirtcn H . Resultate von 3 Wahlkreisen stehen »och aus. — Anläßlich der Stichwahlen fand in Paris am 3. September eine lebbafle Bewegung auf den Boulevards und in den Wahllocalen statt. Abends erfolgten große Ansammlungen vor den Redaktionen. Die Namen und die PortraitS der gewählten ^ocialisten wurden mit besonderem Beifall ausgenommen. Tic Nachricht von der Niederlage Floquct'S >n Paris, wo an seiner Statt der Socialist Faberot gewählt ward, erregte großen Jubel. Außer einer bedeutungslosen Kundgebung vor jcem Stadlhause und einigen Zusammenrottungen verlief der 4ag ohne Zwischenfall. Die Mehrzahl der Blätter hebt hervor, der Erfolg der gemäßigten Republik sei durch die Stichwahlen noch gestärkt. DaS „Journal des DSbats" glaubt, die Zahl der gemäßigten Republikaner sc, groß genug, um auch, abgesehen von den Radikalen, die Re gierungsmehrheit zu bilden. Allgemein wird die Be deutung der Niederlage Clümenceau'S betont. Denn v»n allen Stichwahlen erregte das meiste Interesse eben die jenige >m Departement Var, wo Clemcnccau mit Ausgcbot aller seiner Kräfte um daS Mandat kämpfte. Elmnenceau hatte am 20. August 6634 Stimmen erhallen; »ach ihm kam der republikanische Advocat Iourdan aus Marseille mit 4683 Stimmen, darauf der radical- socialistischc Maire Vincent mit 1702 Stimmen. Vier andere Radicale, deren Candidatur nur den Zweck hatte, die Stimmen zu Ungunsten Clömcnccau'S zu rerjplittern. er hielten l018, 48l, 257 und 190 Stimmen. Sie verzichteten alle auf die Stichwahl zu Gunsten Iourdan'S. Ein schwerer Schlag für Clömenceau war eS, daß auch Vincent zu Gunsten Iourdan'S verzichtete. Dafür trat jetzt die kleine Beamten schaft für Clemenceau ein, und die Mehrzahl der Bürgermeister dcS Bezirk« empfahl in einem Aufru seine Wahl. Es beißt, daß auch der Präsect sein Möglichstes that, Elömenceau durchzubringen^ er soll gesagt haben, er verliere seine Stelle, wenn Elömcnccau Lurchsalle. Gegen Clemenceau indcß arbeitete eine merk würdige Coalilion: Klerikale, Radicale, Socialistcn und Ge mäßigte, und namentlich daS „Petit Journal" ließ eS sich etwas kosten. Aber auch frühere Freunde ClSincnceau'S ließen den radicale» Parteiführer fallen, und so ward stall seiner Iourdan gewählt. Dagegen siegle in Paris selber der frühere Minister Goblet (rabical) mit 9052 Stimmen Uber den gemäßigten Republikaner Muzct, der nur 3952 Stimmen erhielt. In Paris wird die Ansicht ausgesprochen, daß Elömenccau's Niederlage vielleicht die Auslösung der radicale» Partei herbeiführcn werde. Vielfach wird auch die Meinung laut, daß Goblet die Führung der äußersten Linken übernehmen werde. Andererseits glaubt man, baß die Socialisten, deren Er folge betont werden, unter Leitung Goblet's und Mille- voyc'S eine fest geschlossene, mit eigenem Programm auflretcnde Partei bilden werden. Der „Gaul» iS" be merkt, die Stichwahlen hätten die Niederlage der Eonservativen und Ralliirten nock verstärkt. Gleich Elömciicau erlagen übrigens auch Pichon, Eassagnac, Laguerre, während die Socialisten in Paris und der Provinz noch mehrere Siege errangen. Gewählt sind nunmehr bis jetzt insgesammt, abgcscbcii von 7 Wahlen, die hier noch nicht mitgerechnet iid, l74 Republikaner, 25 Ralliirtc und 64 Eonservalive. ?ie Zabl der gewählten Socialisten ist noch nicht angegeben. Ter mehrfach erwähnte Tagesbefehl dcS russischen Kaiser- an die baltische Flotte a»S Anlaß der Grundsteinlegung zum Libauer Kriegsbasen hat solgcnden Wortlaut: „Indem der große Gründer der russischen Flotte sich entschloß, die Hauptstadt des Reiches ans Meer zu verlegen, baute er zu deren Schatz de» Kronsladlcr Hasen und die Kroiisiadlcr Festung mit dem Besicht, diese bis zum letzte» Blutstropfen zu vertheidigen. Nachdem er aber, wäbrend betiündiger Uäinpfe um die finnische Uüsle, die drückenden llebelsiaiide balbjahrlichcr EiSsperrcn erfahren balle, sah er die Nothweiidigkcit ein, die maritimen Rüstungen in Gewässern zu concentriren, die nicht zufriercn, und unter» »ahm zu diesem Zwecke in Baltischport, dem früheren Rogerwick, für damalige Zeiten wahrhast großartige Bauten. Ter Tod unterbrach seine fruchtbringende Thatigkeit, während in der Folge die Umstände eS weder Meiner Urahne, der Kaiserin Jckaterina II., noch Meinem in Gott ruhenden Großvater und Vater, die so sehr die Flotte liebten und o sehr sür deren Entwickelung sorgten, gestatteten, das begonnene Werk sorlzujetzen. Nu», in Anbetracht der Entwickelung der internationalen Beziehungen und der Sicherstellung unserer Seemacht im äußersten Osten ist daß Bedürfniß nach einem nicht zusrierendcu Hafen ein noch dringenderes alS früher geworden, und deshalb habe Ich, im Entschluß, das Berinächt» »iß Meines großen Vorgängers zu verwirkliche», anbesohlen, sür di« baltische Flotte einen Hasen an dem am längsten eisfreien Theil der Küste bei Rba» zu bauen, und nachdem Ich an diesem Tage eigen« hänvig den Grundstein gelegt habe, vertraue Ich die Vertheidigung der t»cu zu schassenden Secveste dem Ruhme der baltischen See leute an, in der vollkommenen Ueberzeugung, daß sie treu den Ueberliejeruiige» so vieler im baltischen Meere erfochtener Siege und im Andenken an den Ruhm Tschesme's, Navarin's und Petropawlowsk's cs verstehen werden, jede» Annäherung-« versuch an unser Gebiet zurückzuweisen, der russischen Flagge eine ruhige Herrschaft aus de» Rußland bespülenden Ge« wässern zu sichern, damit sie rechtzeitig überall dort erlcheinei» kann, wo solck^s die Würde des rujsijche,, Reiches erfordert. A lexander." Bei der Besprechung dieses Tagesbefehl« weist der „Swet" darauf hi», baß die baltische Flotte und die Be festigungen bcrOstsec ursprünglich nur gegen Schwede» gerichtet gewesen seien. Nach den Siegen Ptter'S des Großen habe Schweden ein sür alle Mal aufgehört, den Russe» be drohlich zu erscheinen, eS sei für das Zarenreich heute nicht- mehr, als „eine historische Erinnerung". Schwebe» könne fortan lediglich die Rolle eines schwachen HilfScorpS spielen; die Hauptfeinde Rußlands müßten weiter südlich gesucht werden. Schließlich bemerkt daS Blatt, die russischen Festungen an der Weichsel, in Warschau, Nvwogeorgijcwök, Iwangorod, Brest und Kowno befänden sich in einem muster haften Zustand. Mit de» »cuen Hascnbautcn i» Libau werde die FcstliiigSauSrüstung Rußlands zu Ende geführt. Deutsches Reich. tzs Vcrlin, 3. September. Tie Eommune Spantau bcsiiitct sich seit Jahren schon hauptsächlich deshalb in arger siiianzicllcr Ealamität. weil die überaus zahlreichen siScalischen Etablissements zur Eommunalsicuer nicht herangezogen wer ben können, während andcrcrscilS der Stadt durch die große Masse der Arbeiter, die in den siScalischen Werkstätten be schäftigt werden, bedeutende Mehraufwendungen erwachsen. Der Magistrat der Stadt Spandau hat deshalb neuerdings ci» Iiiimediatgesuch an den Kaiser gerichtet und darin ge beten, der Kaiser wolle den Reichskanzler veranlassen, ein Sein einziges Gut. 8> Roman voaB.Corouy. Nachdruck verdaten (Fortsetzung.) Die List hantirte wie immer in Küche und Stall und hielt wiederholt scharfen Ausblick, um den Sohn rechtzeitig warnen zu können. Aber die Polizei war nicht sehr zahlreich vertreten. Der Gendarm Beyer hatte dem Gemeindevorsteher Bericht erstattet und durchstreifte jetzt mit seinem College» einen andern Theil de« Walde«. Nachmittag ging die alte Frau wirklich inS Dorf, meldete sich bei dem Amtsgericht und erzählte, sie habe an der Maricn- quelle einen fremden Mann mit rolhcm, struppigem Haar gesehen, der sehr in Eile zu sein schien und den Weg nach G ... -inschlug. Noch mehrere Personen, die lebhaftes Interesse an dem tremrigcn Vorfall nahmen, waren zugegen und unter ihnen auch HanS Rainer. „Möglich, daß der Mensch nach G ... entkommen ist, aber ich glaube nicht daran", sagte er mit einem argwöhnischen Blick aus die Kräuterlise. „Meiner Ansicht nach hält er sich hier irgendwo verborgen. Ta der Polizeidienst bei uns gegenwärtig noch sehr beschränkt ist, haben wir alle die Pflicht, nach dem Verbrecher zu suchen, der eine brave Familie ,nS Unglück ge stürzt hat. Wer ihm Unterstand giebt oder forthilft, sollte auch streng bestraft werben. Leider muß ich heute in einer dringenden Angelegenheit über Land und werde wobl erst übermorgen wieder hier eintreffen, aber einen Theil der aus dem Edelbos beschäftigten Knechte stelle ick ,u Ihrer Verfügung, Herr Amtsrichter. Die Leute können vielleicht an verschiedenen Punctra posrirt werden und so ein mögliche- Entweichen ver hindern Helsen." „Ich nehme Ihr Anerbieten dankend an. Herr von Hohen felS hat übrigen« einen Boten nach G ... geschickt und noch polizeiliche H,lfe requirirt." Rainer entfernte sich. Er mochte an den Freiherrn nickt erinnert werden. Als er in seiner gewohnten hastigen Weise I nicht länger. Wieder bei ihrer Hütte angelangt, befreite sie Tobias aus seinem Versteck, in welchem er der größer« Sicher heit wegen indefsenZuflucht gesucht hatte, und fragte, ob Jemand dagewesen sei. Ja; einen Mann im grünen Rock, vermulhlich den Wald wärter, und einen Polizisten habe er beobachtet. Sie hätten mehrmals an der Thür gerüttelt, dann mußten sie wohl durch das nur angelehnte Fenster unten cingestiegen sein und LaS Häuschen durchsucht haben. Sehen konnte er daS ja freilich nicht, aber als der Eine wieder zum Vorschein kam, hörte er ihn dem jedenfalls noch in der Hütte weilenden Gefährten zuruscn: „Wir brauchen uns nicht länger aufzuhalten. Hier ist er nicht." Die Alte nickte zufrieden. „Nun werden sie wobl nicht mehr Herkommen. Leg' Dich jetzt aus den Heuboden schlafen. Ich will wach bleiben und aufpassen. Wenn'S tagt, versteckst Du Dich wieder dort oben, und sobald morgen die Dunkelheit anbricht, ziehst Du Deiner Wege." „Müßt' ich nur erst, wohin! Und an Geld sehlt'S mir auch." „Ich habe Brod und Speck gekauft, daS nimmst Du Dir mit, und die acht Thaler halten auch eine Weile vor. Mehr kann ich nicht tbun. Bist Du so lange ohne mich fertig worden, so sieh' auck künftig zu, wie Du'S treibst. Merk' auf: wenn Tu fünfzig Schritte zradeauS gegangen bist, kletterst Du zwischen den Tannen quer durch, den Berg hinauf, bis zu dem Weg, den Du ja noch von früher her kennst. Du mußt Dich aber dann immer link- halten, denn rechts ist, wie Du weißt, der steile Abhang, und da« Gelände liegt stellenweise zerbrochen. Da oben geht ja fast nie Jemand wegen des vielen Steingerölls, aber eS ist der kürzeste Weg nach der nächsten Ortschaft. Ich ratbe Dir indeß nicht. Dich etwa im Dorf unten sehen zu lassen. 'S ist besser. Du wanderst im Wald weiter, bis Du eine tüchtige Strecke hinter Dir hast. Aus der Landstraße wär'S zu gefährlich. Du könntest am Ende gar dem Rainer entgegen laufen, denn er ist über Land. Soll freilich erst übermorgen wiederkommen — aber man weiß nicht, wa« der Satan oft in seiner Küche zusammenbraut. Jetzt schlaf' Dich an«! Ich paß' aus." In der Nacht kam ein schwere« Gewitter, prasselnd stürzten die Regengüsse herab, als wollten sie die ganze Gegend über schwemmen. Wie in fahlgelbe« Licht gehüllt, stand die Hütte brr Kräuterlise da. Tobias schlief nicht. Er warf sich ächzend auf dem Heu hin und her und murmelte: „Ich wollt', die Welt ging unter und alle-hält' rin End! Erbärmliche-Leben — zu schlecht für einen Hund!" „Wie man sein Bett macht, so liegt man", sagte die Alte barsch. „Das Jammern kannst Dir sparen; 'S hilft nun nichts mehr." Tobias schüttelte die Faust. Er wußte selbst nickt, wen er bedrohte; aber im Gefühle seines Elends packle ibn blinde Wuth gegen daS ganze Menschengeschlecht. Er haßte und verwüiftchlc diejenigen, die jetzt ruhig und sorglos schluunnerten, die ein Heim hatten und das Tageslicht nicht zu scheuen brauchten. In> Edelhose schlug auch ein tief bekümmertes Herz. Hilde gard lag auf den Knien und bctclc inbrünstig sür den scrn weilenden Vater. Es war ihr unendlich bang um ibn und sie kam sich schuldbeladen vor, weil sie ihm den gemcinschastlich mit Konstanze unlernommcnci, Besuch bei der Kräuterlise und die Begegnung mit dem unheimlich auSsehenden Fremden ver schwiegen hatte. TaS war fast so viel wie eine Lüge. Wäre er. nur erst wieder zurück, damit sie ihn »ul verdoppelter Zärtlichkeit umgeben könnte! Die Nacht dehnte sich auch so unendlich und der Sturm tobte »m das HauS, daß eS zu weilen wie zorniges, drohendes Geheul klang. Als der Morgen kam, bedeckten den Himmel noch schwarze, in rasender Eile dahinjagcnde Wolken, aber der Regen Halle aufgehört und der durstige Boden die Wassermassen schon so ziemlich eingesogen. Ter sonst durchsichtig klare Müblbach war hoch anaeschwolltu, trübe und gelblich, und seine Wellen rauschten, daß man e« weithin vernahm. Die ganze Landschaft sah unfreundlich und melancholisch auS. Gegen Abend begann e« sich auszuheitern. und mit anbrechender Nacht erschien die Mondsichel zwischen dem zerrissenen Gewölk. Ter Wind strich noch durch die Zweige und schüttelte schwere Tropfe» herab. L>se stand vor dem Sohn, ein kleine«, flackerndes Oellämpchcn ,n der Hand, da- nur einen schwachen, düsterrothen Schein in die Kammer warf, und sagte mit fester Stimme: „Jetzt nimm Dem Bündel und geh!" Mit verbissenem Ingrimm gehorchte er. Daß seine« BlcibenS h,er nicht sc», konnte, war ja gewiß. Er nahm weder Abschied von der Mutter, noch dankte er ihr, und sie begnügte sich eben- fall« damit, zu wiederholen: „Also: fünfzig Schritte gradeaus und dann quer den Berg hinaus. Verstehst Dich ja aus'« Klittern." Ohne den Kopf noch einmal umzuwcnden, kam er der Weisung nach. Da- Emporsteigen ging nicht ohne Schwierig keit von statten. Tobias glitt fortwährend auf dem feuchten, mit Tannennadeln bedeckten Boden aus. Er mußte sich an den stachligen Aesten festklammein und der Schweiß stand in großen Tropfen auf seiner Stirn, als der beschriebene Weg endlich erreicht war. So rasch cs gehen wollte, schritt der einsame, finstere Wanderer in das »ächlliche Dunkel hinein, zornig die nassen Zweige wegstoßcnd, die ihm, wenn der Sturm brauste, »iS Gesicht schlugen. Nach und nach trat eine gewisse Ruhe in der Natur ei». Ter Wind legte sich, die Gewitterwolken zogen fort »nd bildeten im fernen Osten eine schwarze, scharf ab- gegrcnrlc Wand, indcß der Mond den schmalen, abschüssigen Pfad hell beleuchtete. Tobias ließ sich zu kurzer Rast auf einen Stein nieder, knüpfte sein Bündel auf und schnitt ein großes Stück Brod ab. Während er aß, sah er an einer scharfen Krümmung, die der Weg machte, einen Mann bervortreten, der jedoch »och ziemlich weit entfernt war. Der Flüchtling hatte sich so gesetzt, daß ibn das Licht nicht traf, und kroch jetzt zwischen die gerade hier sehr dicht stehenden Tannen hinein. Der mit festen, aber nickt hastige» Schritten Näkerkommciidc ahnte nicht, daß zwei Augen, siiiiketnd wie die eines Schakals, aus ihn gerichtet waren und jede seiner Bewegungen beobachteten. Je deutlicher Tobias die Umrisse der kräftigen Gestalt und die scharf inarkirtc» Züge des strengen, unschönen Gesichts erkannte, desto keuchender wurde sein Alhem, desto wuthverzerrter sein Antlitz. Da war HanS Rainer — trotz der grauen Haare nur wenig ver ändert — und gerade so stolz und trotzig oaher schreitend wie damals auch. Natürlich! Was ging ihm denn auch ab? Er hatte iuimer Glück gehabt und jeitt war er ein reicher Mann geworden und konnte aus dem Vollen schöpfen und sich so reckt aus den Herrn Hinausspielen. Ja, ja, vor Iabren da ging er auch über Land und brachte viel Geld mit, wa« ihn aber nicht binderte, den Knecht, der sich unterdessen an ein paar lumpigen Tdalern vergriffen hatte, vom Hos zu jagen und alle Leute in der Umgegend vor dem Dieb zu warnen. Vermuthlich Waren seine Taschen jetzt auch wieder gefüllt. „Aber warte — warte! Dir Hab' ich längst wa- zugedacht. Hier steht Einer, der nichts mehr zu verlieren hat und dem Dich der Teufel zn den Weg schickt!" (Fortsetzung folgt.)
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