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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930907023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893090702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893090702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-07
- Monat1893-09
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Vezugr-Prei- M -«»»tqpedttio« ob« de» 1» Stad^ «d dm vorortm «rrtchtetea >,«. „Gestelle» »bgeholt: vierteljährlich ^»4^lL zweimaliger tigllcher Zustellung int Hallt » ückO. Durch dir Post bezogen für Deuljchlaud uud Oesterreich: vierteljährlich k.—. Directr täglich« Kreuzbandieabuuz tut Ausland: monatlich 7L0. Die V! orgea-Nutgabr erscheint täglich hie Abeud-AuSgab« Wo chm tagt 5 Uhr. NrLacNo» »ad Lr-e-Mour A«tzmme»>a-« 8. »nllnterbrvche» h S bt»'«heuh« 7 Uh,. Di« Lrvedition t geöffnet Filialen: ktt« Lle»»'« kortt». (Alsre» Hatz», lluiversitätSstraße 1, L««i» Liffche, Dithariamstr. 1t. pari, und Königtplad V» Abend.Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactiontskrich (4ge« spalten) 50-^, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40^. Gr-Here Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Zisserufatz nach höherem Tarif. Extra »vkilngrn (gesalzt), nur mit de» Morgen-AuSaabe, ohne Poslbeförderung SO.—, m:t Poslbeförderung 70.—,. ^nnahmeschluß für Änzeigen: Bbrnd-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge n-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag; früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eint halbe Stunde früher. Elnirigrn sind stets an dir Er-rditio» zu richte». Druck und Verlag von E. Polz i» Leipzig ^-457. Donnerstag den 7. September 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Eröffnung des Sprechoerkehrs mit Colditz. Am 8. September wird zwischen der Stadt-Fernsprecheinrichtung in Colditz und den Stadt-Fernsprecheinrichtungen in Leipzig, Grimma, Leisnig und Wurzen ,2a.) der Sprcchverlehr eröffnet. Die Gebühr für ein Gespräch bis zur Tauer von 3 Minuten beträgt im Verkehr zwischen Colditz und Leipzig 1 .^i, im Verkehr zwischen Colditz und den übrigen genannten Orlen 50 Fl. Leipzig, 6. September 1893. Ter Kaiserliche Ober-Postvirector, Geheime Ober-Poslraih Walter. Politische Tagesschau. * Lct-ziit. 7. September. Die Derathunzen, die gestern im Reichsschatzamte begonnen und die Vorbereitung der von der Frankfurter Finanzministerconferenz in Aussicht genommenen Gesetzentwürfe über die Besteuerung ScS Weines n»Ü VcS Tabaks zum Zwecke haben, sollen geheim gehalten werden. Und zwar soll diese Geheimhaltung sich nicht nur auf die Verhandlungen selbst, sondern auch auf die Beschlüsse erstrecken. OssiciöS wird diese Anordnung folgendermaßen motivirt: „Diese Behandlung der Sacke erscheint in der Thar voll kommen gerechtfertigt. Die Natur solcher Verathungcn be dingt, daß Vorschläge, die im ersten Augenblick einem Wider spruche nicht begegnen, bei näherer Betrachtung zu gewichtigen Bedenken Anlaß geben und wieder zurückgezogen werden, auch zu den entgegengesetzten Entschließungen führen. Dieses Moment fällt im vorliegenden Falle, wo cs sich um eine Commission von zwölf Mitgliedern handelt, welche die verschiedenartigsten und in den einzelnen Theilen deS Reichs oft geradezu entgegengesetzten Interessen zu ver treten haben, um so mehr ins Gewicht. Schon aus diesem Grunde erscheint eine Veröffentlichung deS Ganges der Ver handlungen ungeeignet, sie würde nur Verwirrung stiften und oen Interessenten schwere Schädigung zuzufügen geeignet sein. Aus demselben Grunde entziehen sich aber auch die Beschlüsse der Conserenz der Veröffentlichung; denn sie bilden keineswegs ein Definitivum, sondern die Grundlage für die Ent schließungen der Einzclreaierungen. Erst nachdem und insoweit die letzteren die Beschlüsse der Conserenz gutgeheißen haben werden, wird sich daraus eine Vorlage gestalten, welche alsdann den Bundesrath beschäftigen soll. Auch über die Dauer der Bcrathungen lassen sich vorerst nicht einmal Vcrmutbungen auS- sprcchen, da eS keineswegs ausgeschlossen ist, daß sich im Laufe der Verhandlungen die Zuziehung von Sachverständigen als wünschenswerth herausstellt. Dagegen ist cS nickt überflüssig, zu betonen, daß der allgemeine Wunsch und die Absicht bei den Verhandlungen dahin geht, die Steuervorlagcn in einer Weise zu gestalten, daß die berechtigten Interessen so viel, als nur irgend möglich und im Rahmen eines StcuergesctzeS durchführbar ist, geschont werden sollen. ES ist als sicher anzunchme», daß die beginnende TabakSsteuer-Conserenz den von der Weinstener-Conferenz gefaßten Beschluß, sowohl die Verhandlungen als deren Ergebnisse geheim zu halten, zu dem ihrigen machen wird." Daß an diesen Ausführungen manches Richtige ist, läßt sich nicht verkennen; aber dieses Richtige traf auch auf die Frankfurter Conserenz zu, deren Bcrathungen und Beschlüsse ja auch gcbeim gehalten werden sollten, aber doch durch die „Franks. Ztg." veröffentlicht wurden. Aller dings geschah dies in einer Form, die auf eine sehr geschickte, an der Conserenz selbst bctheiligte Hand schließen ließ und Alles fern hielt, was Verwirrung anricktcn konnte. Man erfuhr nichts von den Differenzen, die bei den Be rathungen zu Tage getreten waren, sondern wurde lediglich über daS unterrichtet, was, nachdem die Meinungen sich geklärt hätten, von der Mehrheit angenommen und verworfen worden war. Daß diese Art der Lüftung deS Geheimnisses llnzuträglickkeitcn im Gefolge gehabt hätte, kann schlechterdings nicht behauptet werden. Allerdings haben sich die Interessenten der Wein- und der Tabak- Industrie geregt, aber diese Rcgungcn dienen wesentlich zur Information der jetzt tagenden Commissare. Ga»; anders wird die Bewegung sich gestalten, wenn diese Herren ihre Verhandlungen und Beschlüsse streng geheim halten und wenn die Interessenten erst aus fertigen Gesetz entwürfen ersehen, wie weit ihre Interessen geschont worden sind. WaS die Frankfurter Conserenz konnte, sollte auck die Berliner können, obgleich 1)r. Miguel nicht an ibr Thcil nimmt. Kann od.r will sie eS nicht, so wird sie nicht nur manchen Vorwurf wegen ihres bureaukratischcn Charakter-, sondern auch die Folgen einer leidenschaftlichen Bewegung der Interessentenkreise zu tragen häben, denen man eS wahrlich nicht verdenken kann, wenn sie gehört werden wollen, bevor die definitiven Gesetzentwürfe das Licht des Tages erblicken. Während in den letzten Tagen die französischen Blätter, von einigen Ausnahmen abgesehen, den Besuch des italienischen Kronprinzen in den RcichSlandcn mir einer Zurückhaltung besprechen, auf welche die Wahrnehmung des snmpatbischen Empfanges, der dem Kaiser selbst von der französisch sprechenden Bevölkerung Lothringens bereitet worden ist, nicht ohne Einfluß geblieben zu sein scheint, über- bictct sich die russische Presse in gehässiger Auslegung jenes Vorgangs. Die „Now. Wremja" spricht die Vermnthung auS, daß Alles, WaS an der Westgrenze geschehe, darauf berechnet sei, die Franzosen auf das Acußerste zu reizen, und die russische „Petersburger Zeitung" bezeichnet den Besuch gar als eine große politische Tactlosigkeit, zu der Italien sich durch die neue Berliner Aera habe verleiten lassen. Der artige Insinuationen richten sich selbst. Die Reichslande ge hören nun seit nahezu einem Vierteljabrhundcrt wieder Deutschland an, und die Rede deS Kaisers in Metz wird Niemand im Unklaren darüber gelassen haben, daß diese Verbindung unauflösbar ist, so lange daS Reich selbst besteht. ES gehört nur der böse Wille dazu, der in der russischen Presse freilich seit mehr denn einem Jahrzehnt bervorgetreten ist, um in dem Besuche des italienischen Kronprinzen in einem deutschen Lande eine Herausforderung Frankreichs zu erblicken. Frankreich und vor Allem Rußland haben in diesem Jahr hundert ihrer Herrschaft neue GebietStheile einverleibt. Aber wir haben noch niemals gehört, daß für sic die Regierung deö einen oder des andern Landes bei dem Besuch fremder Fürstlichkeiten eine Rücksichtnahme hätte obwalten lassen, wie sie jetzt von Deutschland gefordert wird, als ob dessen Rechts ansprüche auf die RcichSlande irgend welchem Zweifel unter lägen. Die Drohungen mit Gegendemonstrationen beim Er scheinen deS russischen Geschwaders im Mittclmccre werten in Deutschland Niemand schrecken oder beirren. Es könnte nur bemerkenswertb erscheinen, daß man schon im voraus nach einem Vorwand für die, wie cS scheint, noch demon strativer geplante Wiederholung der Kronstädter Verbrüde- rungSscene sucht. Der österreichische ReichSrath wird nun bestimmt aus den 10. Oktober einbcrufcn werden, und damit erledigen sich alle anders lautenden Meldungen, die seit Wochen durch die Blätter gegangen sind. Auch das Arbeitsprogramm des Reichsraths für die bevorstehende Tagung desselben ist nebst den Vorlagen, mit denen er sich zu beschäftigen haben wird, schon festgestellt. Den Hanptgegcnftand der Bcratbung wird natürlich das Budget bilden, daS, wenn man den betreffende», anscheinend ossiciösen Meldungen ans Wien glauben darf, einen Ueberschnß ausweist. Der Finanzministcr wird aber, abgesehen von dem Budget, mit den beiden Vorlagen bcrvor- tretcn, welche die Fortsetzung der Va lutaregulirnngS- Action betreffen, nämlich mit dem Gesetzentwurf, betreffend die obligatorische Kronenrecknung, und mit dem Gesetz entwurf, betreffend die Einziehung eines TkeileS der Staat Sn oten auf Grund der lleberlassung von Gold auS dem Erlöse deS GoldanlebcnS an die Oestcrreickisck Ungarische Bank. Voraussichtlich wird bis dabin die seit Kurzem ein- gctretene Vermehrung LcS StaatSuotcnumlansS, die sich als Folge der Verringerung deö Salincnsckein-Umlaufs ergeben hat, wettge»iacht sein. Auch sonst wird sich daS Parlament — wenn man von der Vorlage absicbt, die den Zweck hat, die gesetzliche Grundlage für die Erledigung der Angelegenheit deS Trautcnaucr KreiSgerichtS aus administrativem Wege zu schaffen — vorwiegend in it wirthsckastlichen An gelegenheiten zu befassen haben, so mit den noch er übrigenden HandclSvertragSvorlagcn und mehreren Eiseiibabn- verslaallickuiigS-Fragcn, sowie mit der HilfSaction für die durch die Ucberschwcmmungcn geschädigten Kronländcr. Den Aus schüssen wird ferner die weitere Berathung der Steuer- und Gewcrbcgesetz Reform obliegen. Auch ist endlich von einer Vorlage, betreffend die Hebung der Handelsmarine, die Rede. Politssche Erörterungen werden demnach nur die Erörterungen über die Angelegenheit deS Trantenauer KreiSgerichtS und die Generaldebatte über daS Budget bringen. Daß hierbei eine Verschiebung in den Partciverhältnissen wahrzunchmcn sein werde, ist kaum zu erwarten. Der französische General DoddS, der „Besieger" des Königs Bebanzin von Tahomey, ist bei seiner Ankunft in Kotönu mir großen Ebrcn empfangen worden. König Tofsa hat mit allen seinen Ministern die Ankunst deS Dampfers „Libanon", aus dem sich der General befand, er wartet. Gleichzeitig sind 400 Ossicierc, Untcrossicicre und Soldaten aller Waffengattungen in Kotonu angekommcn, welche Truppenzahl durch die Soldaten, die der Tampscr „Pelion" mit sich führt, ergänzt werden wird. So bald diese Verstärkungen eingeircffcn sind, wird sich General DoddS unverzüglich in das höher gelegene Gebiet begeben. Er trifft schon jetzt alle Vorbereitungen für den Eilmarsch, den er dabin unternehmen will. Alle Verhandlungen, welche der nach französischer Ansicht gewesene König Bebanzin in der letzten Zeit angebabut bat, können nickt ernst genommen werden. Er hofft offenbar, seinen ver lorenen Thron wieder gewinnen zu können. Die französische Regierung jedoch ist fest entschlossen, daS zu verhindern. Es besteht zwar, wie von französischer Seite versichert wird, nicht die Absicht, Bebanzin, wenn man seiner habhaft wird, hin zurichten, sondern er soll im Senegal oder sonstwo, weit von Dahomcy entfernt, intcrnirt werden, — wenn man seiner habhaft wird! Bis dahin aber hat eS, zumal der blutgierige König von Dabomeh zwar zurückgedrängt ist, aber doch noch immer über eine anscheinend nicht geringe Anzahl Anhänger verfügt, wohl noch gute Weile. Die auffallende Zurückhaltung, die der spanische Thron- prätendcnt Don Carlos angesichts der letzten sueristischen Kundgebungen in San Sebastian und anderen Orten beobachtet hat, ist auch seinen Anhängern ausgefallen. Geradezu bc- sremdend aber bat eö in den Kreisen derselben gewirkt, daß Don Carlos im Pariser „Figaro" seine Unthätig- kcit damit motivirte oder motivircn ließ, daß seine ausgezeichneten Beziehungen zum Wiener Kaiserhofe ihn verbindeNen, während der RegierungStbätigkeil der vom Kaiser Franz Joseph außerordentlich geschätzten Königin- Regentin von Spanien irgend etwas gegen die Regentschaft zu unternehme». Im carlislisckcn Lager hofft man, Don Carlos werde sich gegen diese Motivirung seines Verhaltens verwahren, wenn anders er sich nicht der Unterstellung, er habe abgedankt oder Verrath an seiner Sache geübt, auösetzen wolle. Denn, so fragen sich seine Getreue», was soll man von einem Prätendenten halten, der auf der einen Seite seine Partei zum AnSbarrcn ermahnt, andererseits aber dem Kaiser von Oesterreich sein Wort gicbt, sich während der Zügel führung durch die Königin Negcnlin nickt vom Fleck zu rühren! Es ist, wie man siebt, der Vorwurf der Doppelzüngig- keit, der hier dem Prätendenten in kaum verblümter Weise gemacht wird. Die gegenwärtige Organisation der englischen Wehrkraft bereitet den fachmännischen Autoritäten deS Landes bekanntlich nicht geringe Sorge, sofern sie sich nach eingehender Abwägung der Verhältnisse und im Hinblick auf die analogcn Einrichtungen aller übrigen Mächte sagen müssen, daß England aus diesem Gebiete nicht annäbend da» leistet, was cS leisten sollte und könnte, wenn die Opfcrwilligkcit der Na,wn einigermaßen der Höbe der für Großbritannien aus dem Spiel stehenden Güter glcichkämc. Immer wieder wird von fachmännischer Seite die Forderung erhoben, daß daS englische Heer auf einer andere» und neuen Grundlage reorganisier, daß jedenfalls daS gänzlich veraltete Werbest,stein abgcschafsl und durch Aushebung ersetzt werde, wenn man sich nicht gleich zu der letzten logischen Consequenz entschließen, d. h. nach deutschem Verbilde das Priucip der allgemeinen persön lichen Dienstpflicht einführen wolle. Bis jetzt sind jedoch noch keinerlei Aussichten dafür, daß eine durchgreifende Reorganisation der englischen Wehrkraft bald in die Wege geleitet werde. Allein auch im Rabmen deS Bestehenden bietet sich nur zu Vieles, was einem redlichen HccrcSrcsormator zu tbun geben könnte. Dahin wird nicht an letzter Stelle die Verbesscrung der ManncS zuck t gerechnet werden müssen. Die Fälle, wo ganze Trnppenlhcilc ihren Vorgesetzten den Gehorsam verweigern nnd »in ganz geringfügiger Ursachen willen eine Art dienstlichen Streik in Scene setzen, niedren sich seit etwa Jahresfrist in geradezu bedenklicher Weise. Gewöhnlich ist cS die Abneigung gegen irgend welche, daS gewohnte TagcSmaß überschreitende militairische Arbeits leistung, die sich in der Weise Luft macht, daß die Mißzufriedcnen ihre Gewehre oder, falls sic der Cavallerie bezw. der Artillerie angchören, daS Sattcl- »nd Zaumzeug der Pferde unbrauchbar macken und sich selber nickt aus der Cascrnc rühren. Eben jetzt ist eine derartige Dienstverweigerung wieder im 8. irischen Hiisarenregiment vorgckommcn. Wohl wird in jedem Einzclfalle mtt disciplinarisckcn Strafen gegen die Rädelsführer eiiigcsckrillcn, aber die Hartnäckigkeit, womit der Ucbclstand sich behauptet und bald liier bald da hervor- lritt, zeigt, daß die Wurzeln desselben tiefer liege», und zwar, wie jeder Kenner zugicbt, in dem Wcrbcsssslem, das der Armee in der Regel nur die Hefe der Bevölkerung als Er- gänzungSmatcrial znsührt. Im Ernstfälle könnte diese hoch gradige Lockerung der Bande des Gehorsams und der Unter ordnung sich schwer rächen. DaS isländische Alt hing, über dessen Thätigkcit sonst wenig verlautet, bat in dieser Tagung mehrere Reformen angenommen, die zeigen, daß liberale Strömungen auch in jener fernen Gegend anfangcn, sich Eingang zu verschaffen. Das Althing besteht auS zweiAbthcilungc», einer ersten und einer Fenilletsn Sein einziges Gut. 11f Roman von B. Corouy. Nachdruck vertoten (Fortsetzung.) Wochenlang raste Konstanze in wilden Fieberphantasicn, dann schwand die brennende Röthe von ihren Wangen und allmälig kehrten Besinnung und Kräfte wieder. Nur eine ge wisse geistige und körperliche Trägheit und Erschöpfung hielt sie noch umfangen, so daß sic sich nicht Rechenschaft darüber zu geben vermochte, was eigentlich mit ihr vorgcgangen war. Eines TageS, als sie mit geschlossenen Augen, aber ohne zu schlafen, in ihren Kissen lag, fühlte sie abermals etwas Eisiges ihre Schläfen berühren. Da erwachte jäh die Erinnerung an jene SchreckenSscene. Weilte das furchtbare Wesen nock >n ihrer Nähe? — Sie fuhr empor, mit beiten Händen nach der Stirn fassend, ergriff ein in kaltes Wasser getauchtes Tuck, blickte um sich und gewahrte Fräulein von DcmbrowSkh, an ihrem Lager stehend. „Du warst krank, mein Kind", sagte diese, „sehr krank, aber jetzt ist die Gefahr beseitigt und Du wirst Dich rasch erholen." „WaS ist mit mir geschehen? Die Mutter! — Die Mutter! — O Gott — den gräßlichen Anblick kann ich niemals wieder vergessen!" ächzte das Mädchen. „Wovon sprichst Tu?" fragte Alexandra ruhig. „WaS mit Dir geschehen ist? In jener Nacht, wo Du erkranktest, hattest Du Dich schon fieberhaft erregt zurückgezogen. Tie Sorge hielt mich wach. Ta ballte plötzlich ein Schrei zu mir herüber. Tödtlich erschrocken sprang ich auf und ries PriSca, wir eilten zu Dir und fanden Dich mit glühenden Wangen und wirren Blicken. Johann mußte gleich anspannen und den Arzt holen. Du hast unS viele Angst gemacht." „Aber die Mutter! Die Mutter!" „Nun?" „Mein Gott — sie war cS ja, die .. „Was meinst Du?" „Sie schlich doch an mein Bett, wie ein gräßliche» Ge spenst. — Hier saß sic — hier — zusammcngeduckt gleich einer lauernden Pantherin und sah mich an mit Augen, deren Ausdruck mir da» Blut erstarren ließ. — Dann beugte sic sich tiefer und tiefer — faßte mein Haar — entsetzlich!" „Rege Dich nicht wieder auf. Du hast geträumt." „Geträumt hätte ich. daß sie hier kauerte, mich fast er drückend, daß sie ein weißes Tuch hinter fick herschlciste, daß sie Worte ohne Sinn und Zusammenhang sprach? Em Traumbild wäre die furchtbare Erscheinung gewesen, über welche die Ampel, wie zum Spott, ihr rosiges Licht fluthen ließ?" „Ein Erzeugniß Deiner erhitzten Phantasie." „Tu lügst!" ries Konstanze sich aufrichtend. „Du lügst! ES war Wirklichkeit! Grauenhafte Wirklichkeit! Ich täuschte mich nicht! WaS ist auS der Mutter geworden?" „Wie seltsam Tu fragst! Sie ist in ihrem Zimmer oder im Garten; WaS weiß ich?" „Ick glaube Dir nicht. Kein wahres Wort kommt über Deine Lippen!" Alexandra stand auf. Sie schien da» Zimmer verlassen zu wollen, blieb aber plötzlich stehen, blickte in den Park binab und trat wieder an das Bett, „llcberzeiige Dick selbst, THLrin!" sagte sie hart, zog die Fenstervordänge weit zurück und hob das Mädchen mit starkem Arm halb empor. „Tort, sieh hin!" Konstanze folgte der Richtung der ausgestrccklcn Hand. Zwischen den bereits entlaubten Bäumen wandelte Frau von Arnbeim, in einen schwarzen, weiten Mantel gehüllt, einen Spitzenshawl um Kops und Hals geschlungen, auf und ab. Sie sah so blaß, kränklich und ernst wie immer auS und ging, wie cS ihre Gewohnheit war, langsamen, schleppenden Schrittes. Auch nicht die geringste Veränderung war an ibr zu bemerken, nichts, WaS an die entsetzliche Spukgestalt jener Nacht er innerte. Die diensteifrige PriSca folgte ihr, ein Tuck über den Arm tragend, in einiger Entfernung nach. Von Zeit zu Zeit wandte sich die Baronin um und wechselte einige Worte mit ibr. „Nun denn", fragte Fräulein von DombrowSkn, „bleibst Tu noch dabei, Deine Einbildungen für Wabrbeit zu erklären?" „Ich weiß nicht, was ich denken soll", erwiderte daS Mädchen. „Mein Kopf ist so wüst. — Möglich, daß ich eine Fiebervision hatte — und doch, wenn ich mir Alles vergegen wärtige, möchte ich auch jetzt noch darauf schwören, daß cS Wirklichkeit gewesen." Alexandra neigte sich zu ibr und sab sie durchdringend an. „Laß die Sacke ruhen Wenn Du wieter bei Kräften bist, habe ich viel und Wichtiges mit Dir zu sprechen. Jetzt bedarfst Tu noch der Schonung." 9. Capitcl. Konstanze fügte sich, wenn auch ungern. Ihre vollständige Genesung schritt nun rasch vorwärts, mit der Elasticität der Jugend schüttelte sie bald die letzten Spuren der Krankheit und Erschöpfung ab und trat eines Morgens in daS Zimmer der DombrowSky mit den Worten: „Du hast mir wichtige Aufklärungen zugcsagt. Ich mahne Dich an Dein Versprechen, damit eS klar um mich werde. Diese Zweifel sind quälend. ES ist, wie in einem Irrgarten umhcrzuwandern und nirgends den AuSgang zu finden." „Die Mutter — Tu wirst mir erlauben müssen, erst von Dir zu reden", unterbrach Alcrandra kalt, „und bannt erklärt sich der ganze Vorfall von selbst." „WaS meinst Du?" „Du behauptest, ein unheimliches Wesen, welches die Züge Deiner Mutter zeigte, habe Dich zu nächtlicher Stunde aus gesucht. Ich erwidere Dir: zu jener Zeit, wo Du diese Er scheinung^ zu haben wäbnlcsl, warst Du längst nicht mehr Deiner Sinne mächtig. DaS beiße, wilde Blut stieg Dir zn Kopf und Herzen, weil der Dämon einer unselige» Leide» sckaft Dich beherrschte, und anstatt gegen ikn anzukämpscn, ließest Du Dich umgarnen und unterjochen. Dieser Dämon war — die Liebe zn Camory. Deine Fenerscele warf Deine» Körper nieder." „Tante!" fuhr Konstante aus, über deren blasses Gesicht eine Purpurwellc schoß. „Jetzt sage ich: Tu träumst!" Alexandra erhob abwchrend die Hand. „Gicb Dir keine Mühe! Dn hast Dich vcrratbcn und wie ick fürchte, nickt nur mir und Gisbert von Hohenfels gegenüber, Du ließest auch den Mann, der nichts für Dich empfand als flüchtiges Wohlgefallen, in Tein Herz blicken." „Schweige!" „ES ist so! Sich mich an nnd leugne cS." „Und wenn — was erinnerst Du mich daran?" rang cS sich fast zischend von den Lippen deS Mädchens. „Es ge währt Dir Freude, mich zu tcmüthigcn. Ich wußte cS ja, daß Du meine Feindin bist!" „Nicht um Dick zu erniedrigen, sondern um Deinen Stolz zn wecken, werde ich Dir rücksichtslos und unerbittlich das Bild der Wahrheit enthüllen", cntgcgnete die DombrowSky. „Dein kindisches Vorurtbeil suche ick nickt mebr zu besiegen. Denke und glaube, WaS Dn willst, aber kören mußt Du mich Sieb, cS giebt nichts Jämmerlichere» auf der Welt als ein Weib, welches das kostbarste, WaS c» zu geben hat, seine Liebe, einem Manne zu Füßen legt, der nicht danach verlangt. Das thatcst T»! Widersprich nicht! — Du, die Gefeierte, Vielbewunderte, ließest ihn ahnen, WaS in Dir vergebt, nnd mußtest eS erleben, daß er sich gleickgiltig von Dir wandte. Rasest Tu nicht bei dem Gedanken? Ich thuc cS, denn magst Du mich immerhin für falsch, boSbast nnd intrigant halten — ich war siol; aus Dich nnd will cS auch fernerhin sein können. Du hast Dir selbst eine Niederlage bereitet und die Erinnerung an diese muß wieder verwischt werden, so bald als möglich. Hörst Du? So bald als möglich!" „Du gicbst mir Nätbscl zn lösen ..." „Beharre nickt ans diesem zwecklosen und kindischen Ab- strcitcn einer Tbalsackc, die mir nur zu wohl bekannt ist", sagte Alerandra streng. „Ich beobachtete Dick unaufhörlich, ick warnte Dick sogar — aber vergebens. DaS Auge einer Mutter kältest Dn vielleicht täuschen können, daS meine nickt. Eine Mntter solgt nur den Naturgesetzen, wenn sie ibr Kind liebt, aber ich — ich liebe Dick, weil — doch WaS nützt cS, davon zn sprechen? Tu glaubst mir ja nickt." „Nein; WaS Deine Zärtlichkeit für mich anbclangt, bin ich schwer zu überzeugen", cntgegnclc Konstanze herb. „Tn hast ein wenig spionirt, um mick gelegentlich recht tief und cmpsindlich i»ü Herz treffen zu können, und freust Dich nun des wohlgclungenen Streiches. Aber triumpbire nicht zu früh! WaS ick erreichen will — erreiche ick'! Warum soll ich eS leugnen? Ja, ich erstrebe Harald'S Liebe und sic wird und muß mein werden!" „Sic wird cS niemals!" „Diese llnglückSpropbezeiung läßt mich rubig. Ich ver lange ein sckwcr zu erringendes Herz, und so wie ich sehen die Frauen nickt auS, welche verschmäht werden." „Die siegreiche Macht Deiner Schönheit wird Dir dies mal wenig nützen. Camory besitzt einen Gcgcnzauber." „Dieser wäre?" „Seine Liebe zn Hildegard Rainer." Iäber Schmerz durchzuckte Konstanze, aber sie lächelte geringsckätzend. „Weißt Du auck schon, daß wir die Kleine bei Lisa'S Hütte getroffen haben? Du scheinst wirklich gut unterrichtet. Es würde ja doch vergebens sein, Deinen Scharf blick täuschen zn wollen, also gestehe ich: die Begegnung kam nur damals scbr ungelegen. Er nannte daS Mädchen, welches die Rolle des Engels der Barmherzigkeit spielte, reizend. DaS verdroß mich. Ich behandelte ibn kühl und unfreundlich. Er fühlte fick dadurch verletzt und blieb mir fern. DaS ist Alles. Tein Pfeil traf nickt. Mick auf jenes unbedeutende Persönchen ernstlich eifersüchtig zu machen, gicb auf."
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