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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930909029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893090902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893090902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
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Ztg." von dem Inhalt und den Resultaten dieser Verhandlungen so viel zu veröffentlichen, wie nöthig erschien, um irreführenden und beunruhigenden Gerüchten vorzubeugen. Tie jetzt in Berlin im Reichsschatzamt tagende Conscrcnz, die über die Wein- und die Tabaksteuer zu berathcn bat, ist nicht gewillt, dem Beispiele der Frankfurter Conserenz zu folgen, und giebt dadurch Anlaß zu allerlei uncontrolir- baren Gerüchten. Dem Gewährsmann des Frankfurter Blattes scheint das und noch einiges Andere nicht zu gefallen. Er — so muß man wenigstens annehmen — sendet diesem Blatte über die Aufgaben der Berliner Conserenz eine Mittbeilung, die geeignet ist, nicht nur falsche Vorstellungen über Umfang und Tragweite der Beschlüsse dieser Conserenz zu berichtigen, sondern auch den beunruhigten Interessenten den rechten Weg zu einer Geltendmachung ihrer Meinungen und Wünsche zu Zeigen. Zugleich erweitert er seine früheren Miltheilungen über die in Frankfurt in Aussicht genommene Verwendung der aus den verschiedenen Stcuergucllen zu schöpfenden circa 100 Millionen dahin, daß etwa 55 Millionen für die Militair- vorlage in Anschlag gebracht werden sollen, etwa 40 Mil lionen (nicht 20, wie es früher hieß) für Uebcrweisung an die Einzelstaaten und nur der Rest von ca. 5 Millionen zur Schuldentilgung. Der praktisch wichtigere Theil seiner Auf klärung ist der folgende. „Wer Gelegenheit hatte, die Frankfurter Beschlüsse nach Inhalt und Form kennen zu lernen, dürste wissen, daß sie durchaus allgemein gehalten sind und lediglich besagen, daß die und die Gesetzentwürfe aus Grund der ge troffenen grundsätzlichen Vereinbarungen auSgcarbritet werden sollen. Zweck und Ziel der Frankfurter Minister- conserenz war eben die principielle Ver ständigung; diese ist erreicht worden und deshalb ist auch vorläufig und für die obschwebendcn Steuerfragcn an eine Wiederholung der Minister-Besprechungen nicht gedacht worden. Die Aufgabe der gegenwärtig in Berlin tagenden Conserenz ist eine durchaus andere. Die Herren, die dort beisammen sind, haben lediglich als Sach verständige ihre Meinung abzugeben; sie haben gewisser maßen die technischen Bedingungen für die in Frank furt erzielte principielle Verständigung zu suchen. Es ist darum auch selbstverständlich, daß siedreinderMinister- Conferenz gewonnene Basis nicht verlassen können, und ebenso bedarf es keiner weiteren Auseinander setzung, daß die Gutachten und Anträge dieser Sach verständigen keinerlei bindende Kraft besitzen. Viel mehr werden dann, wenn die Techniker ihre Meinung abgegeben haben werde», die Finanzpolitiker darüber u befinden haben, ob mit den gebotenen Vor- chlägen sich überhaupt etwas wird anfangen lassen. ES ist nolhwendig, diese Verhältnisse sich klar zu machen, wenn man zu einer dem Sachverhalt entsprechenden Schätzung der Bedeutung der gegenwärtigen Berliner Ver handlungen kommen will. Tie Grenzen der Steuer reform, wie sie durch die Frankfurter Minisler- besprcchungen i» große» Umrissen gezogen worden sind, werde >, durch die Berliner Verhandlungen nicht verrückt werde» könne». Tic Berliner Verhandlungen beschränken sich, wie be kannt, aus Erörterungen über die Tabakfabrikatsteuer und die Weinsteuer. Ihre Dauer wird ziemlich will kürlich auf 8 bis 14 Tage angegeben; jedenfalls werden die Beratlmugen so sehr beschleunigt, als nur irgend möglich ist, da die Zeit drängt. Im October sollen die Vorarbeiten für die zu erwartenden Vorlagen erledigt werden; gegen Ende October werden die Acrathungen im BunbeSratke stattsindcn, so daß die Entwürse dem Reichs tage im November zngehcn können. Bezüglich des Tabaks ist in Bestätigung früherer Meldungen hervorzuheben, daß man in dem Festhalten an der Fabrikatstcuer einig ist. Bekanntlich lagen in Frankfurt zwei Entwürfe vor, ein preußischer und ein bayerischer; den Berliner Ver handlungen dienen die beiden um gearbeiteten Ent würfe als Basis. Daß Werthabstusungen angenommen werden, war früher schon bekannt, cS wird mir aber auch versichert, daß an eine unverhältnißmäßige Be lastung der billigen Cigarre, durch welche der Consum notbwendigcr Weise erheblich eingeengt werden müßte, im Ernst nickt gedacht werden könne. Hinsichtlich der Weinbestcuerung wird cS sich hauptsächlich darum bandeln, die Werthgrenze fcstzu- stellcn, von der ab das Getränk der Reichssteuer untcr- jicgt. Daß e» gerade ans diesem Gebiete an Meinungs verschiedenheiten nicht fehlen wird, ist begreiflich, da die norddeutschen Finan)männer und Steuerleckniler über den Wcinverkcbr im Süden keineswegs genügend unterrichtet sind. Welche Formen die Wcinstcuer anncbmcn.wird, darüber läßt sich heute nichts Positives beibringen; als wahrscheinlich aber bars gelten, baß cS sich um keine Flaschensteuer handeln wird. Die Quittung«- und die Börsen st euer endlich werden nicht in den Kreis der Bcrathungen der Berliner Conserenz gezogen, vielmehr arbeitet das Reichsschatzamt die betreffenden Entwürse aus, und zwar so zeitig, daß sie gleichzeitig mit dem Wein- steuer- und dem Tabaksabrikatsteuerentwiirsc im Spätherbste dem BundcSrathe bezw. dem Reichstage zngcbe» werten." Das praktisch Wichtige dieser Aufklärung liegt unseres Erachtens in der bestimmten Erklärung, daß die Gutachten und Anträge der Berliner „Sachverständigen" „kei nerlci bindende Krast besitzen", und daß erst die ..Finanz politiker" darüber zu befinden haben, ob mit den gebotenen Vorschlägen „sich überhaupt etwas wird ansangen lassen". Recht klar wird hieraus allerdings noch nicht, wer die „Finanzpolitiker" eigentlich sind, denen die letzte Entscheidung zusällt; aber da für da« Reich Sschatzamt die Ausarbeitung der Quittung-- und der Börsensteucr ausdrücklich Vorbehalten bleibt, so sind die Mitglieder dieses Amtes unter den für die Wein- und die TabalSstcuer maß gebenden „Finanzpolitiker" jedenfalls n i cd t verstanden. Auch der BundeSrath kann nicht Wohl gemeint sein, da er mit der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen sich nickt zu befassen pflegt und auch nicht Wohl befassen kann. Ter Verfasser hat also aller Wahrscheinlichkeit nach eine zweite Finanz- ministerconfcrenz in Aussicht, welche die „keinerlei bindende Kraft besitzenden" Gutachten und Anträge der Berliner „Sachverständigen" oder „Techniker" auf ihre Er- lragSsähizteit und sonstige Brauchbarkeit prüft. Qb dieser Plan mit dem Wortlaute und Geiste der RcickSvcrfassuiig sich vereinbaren läßt, wollen wir nicht untersnchen. Aber jedenfalls crgicbt sich auö diesem Plane, daß die von der Wein- und der TabakSsteuer betroffenen Interessenten vor Allem daliinstreben müssen, daß die „keinerlei bindende Krast be sitzenden" Gutachten und Anträge vcrössentlicht werbe»,so daß an ibne» die »öthige össciillicke Kritik geübt und diese Kritik dem die Form der Gesetzentwürfe bcsckIieß cndcn Areo p a g unlerbreilet werden kann. Es klingt aus der Millbciluiig des gcbciiiinißvollcn EntbüllerS förmlich die Aufforderung zu einer solchen Veröffentlichung heraus, und die Interessenten werden i» ihrem eigensten Interesse handeln, wenn sie, statt nutzlose Prolcste gegen alle BestcucrungSprojecte überhaupt zu erlassen, mit aller Energie auf jene Veröffentlichung dringen, die ihnen allein die rechte Unterlage zu berechtigten Aus stellungen bieten kann. Wie bereits kur) gemeldet wurde, bat der Papst an die ungartschen Bischöfe ein Schreiben gerichtet, das sich mit der Kirchenpolitik der ungarischen Regierung besckäfligt. Nach einer Mittbeilung der „Germania" weist der Papst im Eingang des Schreibens auf die vom ungariscken Volke dem Papst stets bewiesene treue Anhänglichkeit hin, welche die Päpste ihrerseits mit besonderem väterlichen Wohl wollen gegen die ungarische Nation erwidert hätten. Nachdem sodann der Papst an die von ihm vor 7 Jahren erlassene Ency- clica an die Ungarn erinnert bat, ermahnt er die Bischöfe, an gesichts der drohenden Gesabrcn wachsam und eisrig zu sein, und weist sie besonders auf die aus den gemischten Ehen cr- wacksendcn Nachtbeile sür Kirche und Gläubige hin, cmysieblt die Veranstaltungen katholischer Versammlungen, sowie die Verbreitung guter Bücher »nd Zeitungen und mahnt dann vor Allem, die Erziehung der christlichen Jugend im Auge u bcbalten. Endlich werden die Obcrbirten aufgcfordcrt, ich womöglick jährlich zur gemeinsamen Beratbung zu ver sammeln. Tie Encyelica schließt mit einem lebenden Hinweis auf den König, in dem sie bei ihren Bestrebungen eine Stütze finden würden.— TerPcstcr Correspondent des „Neuen Wiener Tagblatteö" theilt die Ansichten eincS hervor ragenden ungarischen Staatsmannes über diese päpstliche Encyclicamit. Letzterer bezeichnet dieselbe als in der Form harmlos, ',n ihrem Wesen aber bedeute sic eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ungarns, die nicht energisch genug zurück gewiesen werden könne. Daher bedeute die Encyclica ei» Plaikover sür die völlige Trennung de« Staates von der Kircke. TaS einzige Gute an ihr sei, daß sämmt- liche Parteien Ungarns nun gezwungen seien, sür die Unabhängigkeit des ungarischen Staates gegenüber dieser Einmischung cinzutrcten. TaS Pariser „Journal des Döbatö" sagt in einer Besprechung der Encyclica, der Kaiser von Oesterreich müsse ein nnpopulaircö Gesetz sanctiouircn oder de» Minister opfern. TaS Blatt glaubt aber, daß der Kaiser im Sinne des Ministers entscheiden werde. Diese Ansicht dürste wohl die richtige sein. Wenn auch, vorläufig wenigsten«, in Atalten die feind seligen offenen Demonstrationen gegen Frankreich auf- gebört haben, so Kat die Erinnerung an daö Blutbad von AigucS-MorteS doch im Herzen der Italiener einen Stachel zurückgclasscn. Tic fortwährenden französischen An griffe hatten ohnehin in den Gemütkern vieler Italiener eine Empfindung des Unwillens erzeugt, der bei der ersten Ge legenheit zu einem gefährlichen Ausbruch gelangen konnte, und bloS dem taktvolle» unv energischen Vorgehen der italienischen Regierung ist eS zu danken, wenn dieser Ausbruch nicht schon jetzt erfolgt ist. Ter Minister keS Aeußern, Brin, bat, indem er sich mir der von der französischen Regierung wegen der blutigen Ereignisse in AigueS-Morles gebotenen, sicherlich sehr bescheidenen Genugthuuna zufrieden gab, der Erhaltung de» europäischen Friedens unstreitig einen großen Dienst erwiesen »nd die italienische Regierung bat hohen Gerechtigkeitssinn be kundet, indem sie wegen der Ausschreitungen gegen die fran zösische Botschaft in Rom und gegen französische Consulate in anderen italienischen Städten Frankreich sofort die weitestgehende Genuglbuung gewährte. Gerade dadurch wnrde aber die Stellung keS CabinetS Giolitti arg erschüttert, und wenn .bis zur Wiedereröffnung der Kammer die »och immer herrschende Erregung sich nicht gelegt haben sollte, so muß man sich auf die Möglichkeit gefaßt machen, daß das Ministerium der Unzufrieden st der Italiener mit der als ungenügend erachteten SatiSfaction seitens Frankreichs zum Opfer fallen werde. Leider geschieht in Frankreich auch jetzt nicht- oder doch ö gut wie nichts, um die zwischen den beiden Ländern herrichciide Spannung zu mildern. ES scheint vielmehr» als ob man durch fortgesetzte Verletzung de- italienischen National- und Selbstgefühls die bestehenden Gegensätze noch steigern wollte. Man braucht blo« die täglichen beleidigenden Au»- iällc der überwiegenden Mcbrzabl der französischen Blätter gegen Italien wegen der Anwesenheit de« italienischenKronprinzen »i Metz zu verfolgen, um den Unwillen zu begreifen, der durch diese fortwährenden Herausforderungen inItalicn hervorgerusrn wird. Da kann cS wohl nicht Wunder nehmen, wenn auch in Italien leideiisckaftlichc Empfindungen gegen Frankreich in überaus gereizte» Worte» sich Luft machen. Tie zunehmende Verbitterung zwischen Italienern und Franzosen ist jedenfalls eine peinliche Erscheinung, und cö wäre sehr zu wünschen, daß tic maßgebenden Kreise in Frankreich die 1» überaus heftig gewordene antüialicniscke Bewegung eindämmen, um Rei bungen zu verhüten, die doch auch jenen Kreisen, fall- sie nickt auf einen offenen Conslict hintrcibcn, unerwünscht sein müssen. Der unter den Parteigängern des Don Carlo» wegen der ihnen mißliebigen Taktik ibrcS Herrn und Meisters zum Vorschein gekommene Unmuth läßt die spanische Ration als solche durchaus kalt. Die öffent liche Meinung Spaniens hat mit dem carlistischen Abenteuer ein- für allemal abgeschlossen. Selbst in den baskischen Pro vinze». dieser traditionelle» Tomainc de« CarliömuS, hat die wachsende Empfänglichkeit des Volks für die geordneten Zustände, deren cS sich unter dem Walten der staatsklugen Königin Ncgcntin Donna Cbristina erfreut, den Wunsch nach einer Aciiderung de« Bestehenden im Wege eines neuen CarlistenputsckcS gänzlich zurücklrctcn kaffen, und von einigen wenigen niivcrbcsscrlickcn Fanatikern abgesehen, giebt cS heute in ganz Spanien kcincil halbwegs verständigen Menschen, den es nach carlistischen Experimenten gelüstete. Der bäuSliche Streit zwisckcn dem Prätendenten und seinen An hängern inlcrcssirt das spaniscke Volk höchstens nur soweit, alö er ihm Gelegenheit bietet, beide streitenden Theilc in der richtigen, sür ihren Egoismus charakteristischen Beleuchtung zu erblicken. Je weniger die Streitenden sich vor einander und vor der Welt gcnircn, um so rückhaltloser wenden sich die Sympatbic» der öffentlichen Meinung Spaniens einer Herrscherin zu, die wie die KLnizin-Rcgcntin mit glücklicher Hand das SlaatSschiss durch alle Fährnisse der inneren wie der auswärtige» Politik steuert, ohne den LebcnSintercssen der Nation etwas zu vergeben. Anknüpfcnd an den Verlauf der diesjährigen englische» Herb st Manöver wird in der Londoner Presse erneut au^ Fenslletsir. Sein einziges Gut. 13> Roman von B. Corouy. Nachdruck verholen (Fortsetzung.) „Aber die Gartenmauer de« EdelhofeS stößt fast an den Park, und zwar gerade dort, wo sich früher der Pavillon befand. An dieser Mauer lehnte nun eine Leiter, die Rainer erstiegen hatte." „Was? — Nur weiter!" „Dicht neben dem Pavillon stand, wie Sie wissen, ein uralter Baum — beute Nacht ist er abgebrannt —, der streckte seine gewaltigen Acste bis über die Mauer weg. Wer nicht allzu ungeschickt war — und der Rainer wußte sich zu Helsen —, der konnte ohne alle Gefahr in de» Park hinüber gelangen und von dort an dem knorrigen Stamm wieder in die Hohe und aus die Mauer znrückklettern." „Ihr behauptet also . . ." „Daß er hinüber gestiegen ist und das Feuer angelegt hat." „Habt Ihr ihn dabei beobachtet?" „Nein! Es war schon spät und ich machte, baß ich nach Hause kam. Aber aus der Leiter Hab ich ihn geseben. DaS kann ich beschwören. Und was hat er denn da oben zu thun gehabt? ES läßt sich ja an den süns Fingern abzählen, wie Alles zusammenhängt. Hört doch nur die Leute reden! Wo man geht und steht, da beißt'»: Der Rainer war» und kein anderer! Die werden Euch noch beim Kragen nehmen, wenn Ihr den Mordbrenner lausen laßt. Seht Euck vor." „Schon gut. Den Rath könnt Ihr für Euch behalten. Gebt nur jetzt!" Die Life humpelte fort, unterwegs blieb sie aber bald bei diesem und bald bei jenem stehen, sprach und gcsticulirte eisrig und zeigte mit ihrem Stock nach dem Amtsgericht. Sie war plötzlich eine wichtige Person geworden und manckc Silber münze wurde ihr in die Hand gedrückt. Die allgemeine Aufregung wuchs von Minute zu Minute. Einer erzählte dem Andern, was er erfahren batte, und würzte es mit neuen Zusätzen. Bald gab es kein HauS im Dorf und kein Gut im Umkreis mebr, wo man nicht davon sprack, daß die Kräutcrlise den Han» Rainer bei seiner verbrecherischen That beobachtet und dieselbe zur Anzeige gebracht habe. Nur im Edelbof herrschte tiefe-, cigcntbümlich beängstigendes Schweigen. Es war, als hätten sich alle dort Weilende» das Wort gegeben, des Vorfalles mit keiner Silbe zu erwähnen. Rainer stand in einer Ecke des Zimmers »nd sah nach dem Park hinüber. Unverwandt hing >ein Blick an den Trümmern des Pavillons. Freude drückte sein Gesicht eigentlick nickt aus. Der Mund war so fest geschlossen, daß zwei sckarfe Linien sick an den Winkeln berabzogen, zwischen den buschigen Brauen erschien eine Falte, aber in den düsteren Augei. glühte und funkelte cS wie damals, alö er den Freiherr» durch die Nacht zu dem sterbenden Weibe geleitete. Die stets beschäftigte Mutter erfüllte ihre Obliegenheiten wie sonst, aber wenn sie an Rainer vorüberkam, sah sie ihn lange und forschend an und zuweilen hielt sie mitten in der Arbeit inne »nd schüttelte den Kopf oder seufzte tief auf. Am schwersten batte offenbar Hildegard unter dem plötzlichen Schrecken gelitten. Ihre Wangen zeigten noch das schneeige Weiß der Lilien, der kleine Mund zuckte zuweilen wie von mühsam verhaltenem Weinen und aus den blauen Augen sprachen Angst »nd Trauer. Schweigend deckte sie den Tisch für das Abendbrot, aber die Art und Weise, wie sie eS that, bald Dieses und bald Jene» vergessend und kein Ding an die reckte Stelle setzend, bewies, daß ihre Gedanken weit absckweiften. Da wurde eS unruhig vor dem Edelbof. Volk sammelte sich an, von allen Ricktungen bcrbeizicbend. Z» den einzelnen Gruppen gesellten sich immer mehr und mehr. Dumpfes Gemurmel drang herauf »nd schwoll allmälig zum lauten Durcheinanderschreicn an und plötzlich flog ein Stein durch eine der Scheiben, baß die GlaSsplitter klirrend in die Stube fielen und die weiß gescheuerten Dielen bedeckten Hildegard sckric laut aus und Rainer eilte mit einem zornigen Ausruf an das Fenster; kaum zeigte er sich aber, als ein ganzer Hagel von Steinwürsen folgte. „Brankstister! NicktSwiirdiger Brandstifter!" klang eS ihm entgegen und dazwischen ertönten die Ruhe gebietenden Rufe der Polizisten. Im nächsten Augenblick wurde die Tbür aufzcriffen und einer der Knechte stürzte schreckensbleich herein. „O Gott! O Gott! Jetzt wird « schlimm!" stotterte er. „Die Polizei ist da, wegen heute Nacht. Sie sollen inS Gesängniß." „WaS?" schrie Rainer, ihn bei den Schultern packend und schüttelnd. „InS Gesängniß — ich? Was fällt Dir ein? Bist Du betrunken? Wer sagt, daß ich inS Gesängniß soll?" „Alle, alle!" keuchte der Erschrockene. „Hören Sie denn das Geschrei nicht? Da! — Sie stürmen schon die Treppe herauf. Es ist zu spät." Die Wirkung dieser Worte war entsetzlich. Aus Rainer'S Antlitz malle sick ein Ausdruck wahnsinniger Wulh. Schaum trat vor seine Lippen. Er stieß den Knecht von sich, daß dieser bis an die Wand taumelte, ergriff einen Stuhl, schwang ibn u»> das Haupt und stürzte auf die Eintretendcn zu. „Vater, Vater — um Gottes willen!" stöhnte Hildegard vor ibm niedersinkend und seine Kniec umklammernd. „HanS, mach Dich und uns nickt noch unglücklicher!" ries die Mutter, indem sie sich ibm entgcgcnwars und die Arme abwebrenv auSstrcckte. Da gewann er die verlorene Selbst- bcberrschuiig wieder, schleuderte den Stuhl hinweg, daß er dröhnend zu Boten siel, und »ragte mit heiserer Stimme: „WaS will man von mir? WaS hat die Polizei in meinem Hause zu thun?" „Sie stehen unter dem dringenden Verdacht der Brand stiftung und müssen uns folgen!" erwiderte der Gemeinde Vorsteher, der mit den Polizisten erschienen war nnd sich eifrig bemübte,".die Ordnung aufrecht zu halten. „Wer kann mich anklagen?" „Sic sind heule Nackt beobachtet worden, als Sie, kurz bevor das Feuer auSbrach, eine Leiter an die Mauer Ihres Gartens lehnten unv binanfstiegen, offenbar in der Absicht, auf diese Weise in den Park zu gelangen." „Wer will das gesehen haben?" „Die Kräutcrlise!" Rainer brach in ein wilbeS, bohnvolleS Gelächter auS. „Und aus das Zeugniß dieser alten berüchtigten Waldhepe hin vcr> haftet man einen unbescholtenen Man»? „Sie wollen vcrniuthlich Ihre Aussage sür eine Lüge er klären?" „Keineswegs. Auf der Leiter stand ich, aber nur, weil ich nach meinem Knecht Rupert auSsab, der so lange nicht beim kam. AlS ich ihn weit und breit nicht erblickte, ging ick in« HanS und weiß nicht, was weiter im Park drüben gcsckab." „Diese Einwänec werten Sic ja bei dem KreiSgericht in G. .. geltend macken können. Dorthin muß ich Sie einliesern lassen. Folgen Sie unS jetzt lieber gutwillig, um noch größeres Aussehen zu vermeiden. Ich habe einen Wagen mitgebracht und Sie können den Edelbof durch die Hinterlbür verlasten denn die ganze Einwohnerschaft ist in höchster Aufregung." „O, das feige, erbärmliche Volk!" knirschte Rainer. „Welcher Eifer und Jubel, wenn cS gilt, die Ebrc des Nächsten zu beschimpfen! Sie sind cS nicht Werth, daß man sic mit dem Fuße aus dem Wege stößt!" „Vorwärts, vorwärt-!" drängten die Polizisten. „Geh mit Gott, HanS! Du bist unschuldig angeklagt und wirst Dich rccklsertigeii, das hoffe ich zuversichtlich. Der Himmel kann Dich ;a nicht so furchtbar verlassen haben", agte die alte Frau, ibm die Hand reichend. „Der Segen und die Gebete Deiner Mutter begleiten Dich." Er wandte sich zu Hildegard. Diese war neben dem Sopba niebergesunkc» und hatte das Antlitz in die Kiffen gedrückt. Ter ganze zarte Körper bebte. Rainer legte den Arm um die leichte Gestalt und hob sie empor. Mit halb strengem, halb zärtlichem Ausdruck sah er in das blaffe Gcsicktchcn und die überströmcnden Augen und ragte: „Glaubst Du dem wahnsinnigen Gejohle da unten?" Sckmcrz unk Zorn stritten in seiner Stimme. „Vater, lieber Vater", schluchzte sie, „meine Liebe soll Dir niemals fehlen!" Er befreite sich fast heftig auS ihren umschlingenden Armen nnd stürUc aus dem Zimmer, gefolgt von dem Gemeindevor steher und den Polizisten. „Habe Muth, Kind!" sagte die alte Frau zu ihrer Enkelin. Hildegard sab zu ibr aus mit einem Blick voll hoffnungslosen äammerS: „L, daß ich todt wäre, daß ich aus dem Friedhof draußen bei der Mutter läge!" klang eS leise und gebrochen von ihren Lippen. >l. Capitel. Schon am nächsten Tage ließ der Untersuchungsrichter in G .. - HanS Rainer zu einem ersten Verhör vorsubren. „Sic sieben unter der Anklage, ei» schwere« Verbrechen verübt zu haben. Bekennen Sie sich desselben schuldig?" be gann er. „Nein!" wurde kurz »nd entschieden erwidert. „Es liegen sehr dringende VcrdachtSzründc gegen Sie vor und die ZcugenanSsagen laute» äußerst ungünstig. ES wäre besser, wcnn Sie ein offenes Gcständniß ablegcn unv zugleich die Beweggründe ansührcn wollten, die Sie zu dieser That veranlaßlc» " „Ick habe da- Feuer nicht angelegt und mithin nicht» zu gestehen." „Seit langen Iabrcn schon sind Sie dem Freiherr» Gis bert von Hohenfels feindlich gesinnt. TaS wird von vielen Personen bestätigt." „Ich gab mir niemals die Mühe, eS zu leugnen." „Im Gegentheil. Sie sprachen sich in dieser Hinsicht sehr offen auS, unv zwar an öffentlichen Orten. Wiederholt sollen Sie Ihren Unwillen über den Bau des Pavillon» gräußer»
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