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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930913027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893091302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893091302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-13
- Monat1893-09
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W d«-miptixpedition od«r L» t» Sind«, bezirk »»d de» Vorort»» errichtete» Au», gadestelle» «bgeholt: vierteljährlich ^«Lü. »et tweimalia« täglicher Austeilung in« Hau« LLÜ. Durch dt« Post bezogen für Dentschlaud uud Oesterreich: vierteliäbrlich 6.— Direct» tägliche Kreuzbandienduag t»I Ausland: monaUich 7öO. Die Morgen-Ausgabe erfcheiut täglich'/,7 Uhr^ die Abeud-Ausgab« Wochentag« b Uhr. Redaktion,ad Lr»editioa: Aatzaunesgaste N Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geSssutt «», früh 8 bi« Abend« 7 Uh^ Filialen: vtt« «e»»'« Tortt». (Alfred datzaib Universität« strast« 1. L««i« L»s«e. Katharinenstr. 1«. pari, und Nänigspla» 7. M. Abend,Ausgabe. npMtr TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anzeigen-VretA die Sgespaltm« Pctitzeile LS Psg. veelamen »ater demRedactionsstrich (tat- fpaltrat LO»z, vor den Aainiliraaachrichte» (6gejpalten) «0/^. Gröbere Schrillen lont aaserem Preis» verjklchnig. 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Die Verdienste dieses Gebens voll Mühe und Arbeit um die Wissenschaft und die menschliche Eultur ausführlich darzusiellcn.kann nicht die Aufgabe einer ZeitunzSbctrachtung fein. Voll Bewunderung aber liest niau in den Darstellungen, die sich mit der Er forschung und Ausschließung Afrikas beschäftigen, mit welch' rastloser Unermüdlichkeit, selbstloser Aufopferung, unerschöpf lichem Wagemulh uud glänzendem Erfolg ein einzelner fremder Mar.n, fast immer nur gestützt aus seine eigene Kraft und Energie, Jahrzehnte lang «znzr großen Ausgabe durch un endliche Schwierigkeiten und Gefahren hindurch nachstrebte. Die Schilderungen, wie er in den tiesunterwühllen egyptischen Aequalorlankschaftin Ordnung und eine wohllhätize Ver waltung verstellte, wie er sich, in vollkommener Verein samung, abgescknilten von allen Stätten der Cultur.Iabre lang gegen aufständische Sudanesen und Ncgersürsten behauptete, so lange cs irgend möglich war, wie er sich auch durch so manche Mißerfolge und schmerzliche Erfahrungen nicht ab- balten ließ, in immer neuen kühnen Unternehmungen das Ziel seines Leben- zu verfolgen: die Schilderungen dieser Tbäliakeit wirken geradezu ergreifend. Es lag etwas phan tastisch Abenteuerliches in dem Wesen dieses Mannes, aber aus einem WirkungSfeldc, wie das von ihm erkorene, werden sich Männer ohne eine starke Zuthat dieser Eigenschaften von vornherein nicht versuchen wollen und können. Emin Pascha ist im Kampf gegen das Araberthum gefallen. Es ist die mächtigste und gefährlichste Gegnerschaft, welche von der euro päischen Besitzergreifung m Afrika noch zu überwinden ist. Tenn den Arabern ist eine gewisse Eultur eigen und eine starke Ucberlegenheit über die eingeborenen schwarzen Stämme, unter denen sie eine gltbcfcstizte und schwer zu erschütternde Herr schaft ausgerichtet haben. Aber aus die Dauer werden auch sie den europäischen SiegeSzug nicht aushalten. Die euro päisch« Cultur ist ihnen doch überlegen und muß sich in der weiteren Entwickelung durch alle Schwierigkeiten und Hinder nisse hindurch Bahn brechen. Der ungleich besseren Bewaff nung der Europäer und den friedlicheren Mitteln eines in fortschreitender Entwickelung begriffenen Handels und Ver kehr- vermag die alte Barbarei Afrika- nicht zu widerstehen. Und um dieser großen Ziele willen muß man auch so schmerz liche Opfer tragen, wie den Untergang deS großen deutschen Asrikahetden. (Weitere Mittbeilungcn über Emin'S Tod finden die Leser unter Colonialnachrichten. Red.) Die polit ischen Kreise der Schweiz beschäftigt zur Zeit sehr lebhaft die auswärtige Vertretung der Republik. Veran lassung hierzu zieht der Rücktritt des Herrn Aepli von der Wiener Gesandtschaft. Hierbei lpirh ganz ernsthaft die Frage aufgeworfen, ob die Schwei; ihre Gesandtschaften nicht auslassen und sie durch Generalkonsulate ersetzen soll. Dem gegenüber weisen Andere darauf bin, daß erstens die Schweiz finanziell so gut gestellt sei. um sich überhaupt den Luxus von Gesandtschaften erlauben zu können-, eS sei durchaus nicht einzuseben, wc-halb die Schweiz mit gewissen balbbankerotten Kleinstaaten in einer Reihe stehen solle. Außerdem komnic die Wichtigkeit der Beziehungen in Betracht, welche das Land mit jenen Staaten, wo Gesandte sich besänden, verbinden. DaS Schicksal der Schweiz hänge in erster Linie von den vier ie begrenzenden Großmächten ab. Italien, Oesterreich- Ungarn, Deutschland und Frankreich seien ferner auch in Handelssachen die für die Schweiz wichtigsten Staaten, so daß jene also mit dieser politisch uud commcrziell enge verknüpft eien. Gesanvtsckasten befinden sich dann noch in Londvn, in Washington, in BucnoS-AyreS. Nach Nordamerika und nach Argentinien gehe der Hauptstrom der schweizerischen Auswanderung, England sei die erste Handelsmacht der Well. Man weist weiterhin auf den Unterschied im Ein risse hin, welchen ein bevollmächtigter Minister und ein Äeneratconsul im Interesse seines Landes bei der be treffenden fremden Macht auSzuüben vermöge. Der Ge sandte hat selbst bei dem Monarchen Zutritt, der General- consul nicht einmal immer bei den Ministern. UebrigenS erfordere ein Generalconsulat fast den nämlichen Auf wand, wie die Gesandschast; denn man müßte eigentliche Be rufSccnsulate errichten und deren Dotirung ergebe voraussichtlich nur eine sehr geringe Ersparniß gegenüber den jetzt auslauseudcn Koste». Tie Gesandtschaft sei daher nicht blos der Schweiz würdiger, sondern bei fast den gleichen Auslagen auch ihren Interessen ersprießlicher als das Gcncral- consulat. Ueber die weitere Frage, ob man nur BerufS- diplomaten zu Gesandten nehmen solle, sollen verbindliche Normen nicht ausgestellt, sondern nach eingehender Prüfung der tüchtigste Mann gewählt werden. Die Vorbereitungen zum Siuffenrmpsang werden von den Franzosen im großartigsten Stile betrieben. Re gierung, Staats- und Gemeindebehörden, Armee, Flotte, Parla ment, Presse, Privatpublicum — Alles wetteifert, der Mit- und Nachwelt zu zeigen, welchen Werth das fran zösische Volk auf die russische Freundschaft, die sich nach Wunsch und Hoffnung der Ebauvinistcn baldigst zu einer Waffenbrüderschaft auSwackscn soll. legt. In Toulon, dem' port ä'entr^o deS russischen Geschwaders, werden alle anderen Tagesintercssen verschluiigcn von dem Einen Ge danken an die russischen Gäste. Marinecommandantur und Stadtratb macken sic einander förmlich streitig, und wenn Letzterer notbgedrungcn der Marine bei Empfang und Fetirnng der Ankömmlinge den Vorrang lassen muß, so will doch die Stadt Toulon den Beweis liefern, daß sie der hohen Auf gabe, den Russen im Namen Frankreichs die Honneurs zu machen, vollauf gewachsen ist. DerMaircvonToulon— nebenbei bemerkt, auch ein eingefleischter Socialdemokrat und Busenfreund des locialdemokratisidcn SradlhaupteS von Marseille — bat sich einen unbeschränkten Fcstsond« aus städtischen Mitteln bewilligen lassen und will, nack seiner eigenen Erklärung, den Anlaß be nutzen, um vor der Welt zu zeigen, daß nicht alle französischen Socialdemokraten vatcrlandSloS gesinnte Leute sind. Er plant ein so glänzendes Festarrangcmcnt, daß er sich getraut, zu dieser Feier den Präsidenten Earnot, sämmtliche Minister und den russischen Botschafter Herrn von Mohrenbeim cin- ziiladcu: außerdem die Senatoren und Deputirtcn deS Var- DepartcmcntS, in welchem Toulon belege» ist. ferner die Prä- secten der angrenzenden Departements, sowie dicMaircS sämmt- licker Städte der Küstenregion. „Wir wissen" — so ließ sich der Maire zu einem Berichterstatter des Pariser „Figaro" vernehmen —, „daß bald die Blicke ganz Europas auf diese» Punct des französischen Vaterlandes gerichtet sein werken, und werden keine Mühe, noch Kosten scheuen, um unsere russischen Freunde würdig zu empfangen." WaS sagen unsere deutschen Socialdemokraten zu dieser pro grammwidrigen Russenschwärmerci der sraiizösischen „Ge nossen"? Großartig» wie die Touloncr Festzurüstunzcn sind, dürsten sie doch von den Pariser Arrangements noch in den Schatten gestellt werden. Gilt cS dock, wie in Toulon das maritime, so in Paris das politische Gepräge deS russischen FlottenbesuckeS zur Geltung zu bringen. Daö Bureau des GemeiuderatbS von Pari» beschloß, nach Toulon zu sabren, um den russischen Generalstab einzuladen, nach Paris zu kommen. Die Festlichkeiten in Paris werden zwei Tage dauern Erster Tag: Festmahl und Eoncert im Stadthaus, nachher Besichtigung deS FackelzugeS von der Estrade auS; zweiter Tag: Umzug in Paris, AbeudS Ball im Stadthaus. WaS sür Hoffnungen die französische Nation als solche auf den ErwitcrungSbesuch sür Kronstadt setzt, braucht ja hier nicht näher präcisirt zu werden. Jedenfalls sind die Franzosen aus dem besten Wege, sich i» einen Freuden- paroxyöiuus hineinzuarbciten, welcher eigenartig mit dem philosophischen Gleichmuth contrastirt, een sie sür ge wöhnlich hei Betrackiung der europäischen Dinge zu affectiren lieben. Interessant ist es dabei, daß die russischen Regie- rungökreise den Besuch der russischen Flotte in Toulon als einen lediglich friedlichen Act freundlicher Cour toi sic gegenüber Frankreich bezeichnen, duxch den die politische Solidarität Rußland- mit diesem Land eine feier liche Bekräftigung erfahren soll. Es sei gänzlich unbegründer, wenn die öffentliche Meinung Europas de» Vorgang im Sinne einer herausfordernden Haltung seitens Rußlands deute. So suckt auch der russische Botschafter Herr v. Mohrcnbeim in einem Schreiben an den Bürgermeister von Toulon die Sache darzustellcn, als würden die Touloncr Festlichkeiten eine europäische Friedenskundgebung werden. Bon sraiizösischen Prcßstimmen über die deutschen Manöver sind nur »och die Acußerungen des „TempS" bcmerkcnSwerth, die wir, ohne sic auf ihre Richtigkeit zu Prüfen, als Auffassung eine« französischen Beobachters (nach einer Übertragung der „Köln. Ztg ") wiedergeben. Am 7. dS. schreibt der Berichterstatter des „Tcmps": „Der Kaiser und auch General von Schliefftn haben mehrfach ihre Unzusriedenhcit über die inangelhasteu Meldungen der aus- klärenden Cavallerie geäußert. Ter heutige Angriff der unabhängigen Tavallericdivision des XVI. Corps hat zum The«! die Fehler dieser Waffe wieder gut gemacht und zu gleicher Zeit den Lieg diefts Torys entschiede», das sein Commandcur ausgezeichnet gelührt Hai. Nach dem Gefecht rückten die Trupven aus ihre Bivouacplätze. Das ist seit Dienstag die dritte Nacht, die sie unter dem Zelle zudringcn. Infolge deffrn hört man Murren, und selbst die Oisiciere scheu»«» unzusrieden zu sein. Tieft Auieinandersolge von BivonacS scheint sie um so mehr angegriffen zu haben, als das Gepäck, das Stroh, das Holz, selbst die Lebens,»,liel verspätet einlrasen, ost erst mit Einbruch der Nacht. Darunter hat die Ruhe der Leut« und auch ihre Gesundheit gelitten Besonders das VIII. Corps ist dadurch heim- gesucht worben. Diese Truppen sind jetzt säst seil ü Wochen tm Manöver, und das erklärt die mehrsach vorgekommenen Fälle von Turchsall, Kolik und Magenschinerzen. Der Gesundheitszustand des XVI. Corps, das länger in den Garnisonen geblieben, ist weit besser. Ter Zustand der Pserde ist in beiden Corps besrftdigend, sie haben Proben großer Ausdauer gegeben." Ueber den Cavallerie-An griff am 8. d. schreibt der selbe Berichterstatter: „An der Spitze von 12 Regimentern warf sich der Kaiser in gestrecktem Galopp aus die b. bayerisch« Division. Während seine 3800 Reiter mit eingelegten Lanzen über Felder und durch Wein- gärten vorslürmten, richtete die Infanterie aus sie ein Schnellseuer, das im Ernstsallc die beiden Cavallerie-Divisionen vernichtet hätte. Ein anderes Ergebniß halte dieser Bravour-Angriff nicht gehabt. DaS Schauspiel selbst inmitten der soaneabestrahltea Ebene war eins der sesselndslen, die ich ft gesehen habe. Di« Kritik hatte diesmal besonderes Interesse wegen der eingehenden Er örterung dieses Reilerangriff» des Kaisers, der dabei eine unbestreit bare Unerschrockenheit an den Tag gelegt hat. Gleichwohl waren der Chef d«S Großen Generalslabes, General von Schlieffe» und Prinz Albrecht von Preußen als Schiedsrichter geneigt, dem Angriff nur eine» relativen Nutzen zuzuerkennen, die Schnellseuer-Gewehre, meinten sie, hüllen wieder einmal bewiese», daß derartige Heldeathatra nur Todesrille seien. Dagegen hätten die 12 Regimenter, wenn sie in einer Umgehung aus die feindliche Artillerie geführt worden wären, diese zerschmettern können, wie daS in kleinerem Maßstabe gestern gezeigt wurde ... Besonder» da» XVI. Corps hat tüchtige Eigenschaften gezeigt und Beweise einer sorgfältige» und unermüd lichen Ausbildung gegeben. Trotz der einzelnen Schnitzer, die bei alle» Manövern Vorkommen, kann man sage», daß die Soldaten und die Osficiere Truppen erster Ordnung sind. DaS VIII. Corps war iveniger vertraut mit der Gegend und war dadurch zweiselto« so ini Nachtheil, daß »in zutreffender Vergleich schwierig ist. Ich gedenke daraus zurückzukommen." In der englischen UnterhauSsitzung vom 11. September beantragte, wie bereits kurz gemeldet, der radikale Abgeordnete Dalziet die Kürzung des GchaltcS deS Herzog« von Eambridae, deS OberbefcblShabcrS der britischen Armee, um 100 Pfund als Protest gegen die jüngst er- olgte Ernennung deS Herzogs von Connaught zum Höchstcoinmandireiitcn der Truppen im Standlager von Aldcrshot. Diese Ernennung wurde vom Antragsteller wie von ander» Radikale» als ein schmäklicher NcpotiSmuS gerügt, weil andere verdienstvolle ältere Generale, darunter Lord Robert», bei Besetzung dcö wichtigen Postens zu Gunsten eine« Prinzen von Geblüt übergangen worden seien. Krieg-minister Campbell-Bannermaii vertheidigtc die Ernennung de« Herzogs von Connaught, für die, wie er erklärte, nicht der Herzog von Cambridge, sondern er allein verantwortlich sei. Ter Herzog sei nach Ansicht deS ganzen HecreS, vom Gemeinen bis zum General, für den Posten vortrefflich gcciguet, überdies sei er der älteste aus der Liste der sür den Posten crnennbaren Generale. Von GünstlingSwirtbschaft oder Nepotismus könpe daher nicht die Rede scüi. Dem General Roberts konnte der Posten nicht angeboren werden, nachdem er Oberbefehls haber in Indien gewesen war. Die Ernennung deS Herzog» erfolgte im besten Interesse deS Heeres. Nachdem noch der srübere Krieg-minister Stau dope für die Ernennung rin- getrelen war, wurde Dalziel'S Antrag mit 156 gegen 39 Stimmen verworfen. Deutsches Reich. L Berit», >2 September. Am rührigsten ist bisher die „Freisinnige Volkspartei" in die Landtagswahl- bewegung eiuzetreten. Herr Richter selbst ist unermüdlich in der Veranstaltung von größeren Parteiversammluogeu. Irgend neue Gesichtöpuncte vermag er aber nicht vorzubringeu. Die Lehren der jüngsten RcichStagSwablcn sind gänzlich spur los an ihm vorübcrgegangen. Cr verherrlicht »ach wie vor den Widerspruch gegen Alles und Jedes, den Widerspruch, der den leitenden Grundsatz seiner Partei in der Vergangen heit bildete und in der Zukunft bilden wird. Sic hat damit längst aus jede positive Mitwirkung an der Gestaltung unserer politischen Verbältiiisse verzichtet und begnügt sich mit der Rolle eines uusruchtbarcn Neinsager- und unnützen Kritiker-, Große Wahlersolge für seine Partei scheint Herr Richter selbst nicht zu erhoffe»; er ist in dieser Hinsicht kleinlaut und resignirt und eifert gegen daS herrschende Wablsystem. welches die Schuld trägt, daß die Fortschrittspartei nichts mehr er reichen kann. Merkwürdig »ur, daß sie bei dem schranken losen ReichStagSwablsystem wo möglich noch schlechtere Geschäfte macht. Dasjenige Wablversahrcn, welche« dieser Partei wieder auszuhetsen vermöchte, ist eben noch Nicht erfunden ES erscheint denn auch gänzlich ausgeschlossen, daß die Freisinnigen irgend eine Verstärkung bei den bevorstehenden Feiirllrtsn. Sein einziges Gut. 16> Roman von B. Corony. Nachdruck »erdete» (Fortsetzung.) „DaS nehme ich Dir nicht übel und bereute damals sofort meine vertrauliche Mittheilung". erwiderte die DvmbrowSku kurz. „Du meinst, wer so aussieht wie ich, kann auch. WaS seine Gedanken und Empfindungen anbclangt, »ur die Nüchtern beit selbst sein. Mag Deine Ansicht unwiderlegt bleiben Aber ihr Gutes hat diese hausbackene Ruhe doch auch; wir, die mit ihr Gesegneten, sehen die Welt wenigstens nicht durch einen Schleier, hinter welche», verführerische Truggestalleu gaukeln, sondern durch eine scharfe Brille, welche uns alle Thorbeiten, die man begehen, alle Steine» über die man straucheln, und alle Schlingen, in die man geratbcn kan», mit einer Deutlichkeit zeigt, vie nickt« zu wünschen übrig läßi. DaS raubt dem Dasein viel von seiner Poesie — ich gebe eö zu —, cS bewahrt aber auch vor der Gefahr, einem Irrlicht nachzujagen und fick plötzlich, anstatt inmitten blübender Gärten, in einem Sumpf zu befinden. Deshalb, meine liebe Konstanze, bleibe auf dem breiten, bequeme» Wege, der Deinem abenteuerlichen Sinn nickt gefallen will. Eine glühende Pbantasie gleicht auch den Irrlichtern: cS ist ge fährlich, sich von ibr verlocken zu lassen." Ohne eine Entgegnung abzuwarten, ging sie binauS. Die junge Frau sab ihr, die schimmernden Zahne in die rolbc Lippe gegraben und die Wangen wie im Fieber brennend, nach. „Schlange, die sich stet- über meinen Weg ringelt, könnte ich Dich zertreten!" flüsterte sie nach langem Schweigen, die Hand drohend erhoben. 13. Capitel. Als Han« Rainer, auS der UntcrsuckungSbast entlassen, wieder den Edclbof betrat, wagten die Knechte und Mägte kaum ein Wort der Begrüßung zu sagen, so finster und u»- beimlich verwildert sab er auS Er schien gealtert. Sein Haar war jetzt vollständig ergraut, seine Stirn tief gefurcht, nur die stählerne MuSkelkrast unverändert geblieben, das zrigte sich, als er einen im Wege stehenden Karren ergriff und zur Seite schleuderte. „Willkommen, Han«! Gesegnet soll Dein Eingang sein", sagte die Mutter, ihm entgegenkommend. Nur flüchtig er widerte er den warmen Druck und wandte sich zu Hildegard, welche die Arme um ibn schlang und das Antlitz an seiner Brust verbarg. Er hob ihren gesenkten Kopf empor und blickte in das blaffe, von Thränen überströmte Gesicht so lange und so scharf, daß sie endlich verwirrt und crrötbcnd die Augen niederschlug, weil sie meinte, er müßte alle ihre schmer-.lichcn Zweifel crratbcn„ Es war auch so. Seufzend schob Rainer das Mädchen weg und ging mit schweren, müden Schritten in die Stube, dort warf er sich auf da« Sopba und starrte zu Boden. Dieses Widersehen gestaltete sich unendlich traurig. Wie Gewitterschwüle lastete da- peinliche Schweigen, welches sie doch nicht zu drecken wagten, aus den drei Menschen. Jeder bätte für den andern sein Leben hingegeben, »nd dennoch sand Keiner ein erlösendes Wort. Alle Vorsätze Hildegard'«, unbefangene Heiterkeit zu zeigen, damit der Vater sich recht wohl fühle in dem lang entbehrten Heim, scheiterten. DaS Weh krampflc ihr die Brust zusammen, wußte sie doch nur zu aut, daß er, wenn auch frcigesprochcn, nicht- desto weniger in Aller Augen rin gerichteter, der Ehre beraubter Mann blieb. Die Mutter fing endlich an zu sprechen Sie erzählte Die« und DaS, WaS unterdessen aus dem Edelhos vorgcganaen war, und versuchte, daran anknüpfend, sei» Interesse für einige demnächst vorzunehmcndc wirtbschastliche Veränderungen zu wecken, mußte aber bald das Zwecklose ihrer Bemühungen einsehen; er antwortete nur einsilbig und versank nach und nach in dumpfe- Dahinbrüten, auS dem er plötzlich cmpor- subr und zornig die Worte auSstieß: „Bin ich denn im eigenen Hause ein Fremder geworden? Was soll «, daß Jeder den Kops hängt, scheu zur Seite blickt und nicht mit der Sprache derauS will? Da möchte man doch lieber in die weile Welt binauSwandern und nicht- mehr von sich hören und sehen lassen!" „Sei nicht so heftig, HanS", mahnte die alte Frau. „Gott weiß, wie ich ihn gebeten habe, Dick unS wieder zu geben, und wie glücklich und dankbar ich bin, daß er mein Gebet erhört hat, aber nach einer so furchtbaren Zeit liegt Einem immer noch eine Centncrlast aus dem Gemütb. DaS läßt sich nicht so schnell abschütteln." „Wer meint Dich? Du bist immer dieselbe alte, treue Seele. Aber da- Mädchen! Wa« ist vorgegangen mit ibr? Weiß sie kein herzliche« Wort zu sagen? Da hatte ich doch einen andern Empfang erwartet." Hildegard sprang auf und eilte zu ihm. „Vater, lieber Vater!" rief sie. ,Herzeih! ES ist wahr — ich empfinde eS selbst, daß ich nicht so bin, wie ich sein soll, aber glaube ja nicht, daß ich Dich weniger liebe. O, wenn ick cS nur auS- sprcchcn könnte, wie innig ich an Dir hänge, wie mein ganze« Herz von Zärtlichkeit für Dich erfüllt ist! Habe nur Geduld mit mir! ES soll gewiß wieder besser werken." „Laß gut sein!" sagte er rauh. „Ich verlange keine LiebeS- bezeugungcn, an die man erst erinnert werden muß. Die Freude hat niemals im Edelhos gehaust, und daß eS jetzt noch weniger als früher der Fall ist, dafür werden schon die dort drüben sorgen. Nun, zu einem Freudenfest ist meine Heim kehr nicht geworden, aber im Schloß wird das freisprechendc Erkenntnis; arge Enttäuschung erregt haben. Herr von Hohenfels hat jedenfalls etwas Andere- erwartet und keine Mühe gespart, cS durchzusetzcn, allein ..." „O nein, das that er nicht!" versicherte Hildegard, ebne den verstohlenen Wink der Großmutter zu bemerken. „Du verkennst ihn. Er meint cS gut mit unS und sagte zu Deinen Gunsten auS. Wir danken chm viel." „WaS?" rief Rainer, sich mit beiden Hände» auf den Tisch stützend und weit vorgcncigt in ibr Antlitz starrend. „WaS erzählst Tu da und womit willst Du Deine thörichlc Behauptung begründen?" Sie schwieg erschrocken, so tiefer Groll klang aus seiner Stimme. „Nun, der Freiherr ließ Dir volle Gerechtigkeit wider fahren und äußerte wiedcrbolt, daß er fest an Deine Ehren haftigkeit glaubt", mischte sich die alte Hrau in da« Gespräch. „Laß Hildegard rede»! Ick will wissen, was ihre Worte zu bedeute» haben", unterbrach er heftig. „Wir sind ibm viel Dank schuldig — er hat zu meinen Gunsten ausgesagt? WaS soll da« heißen? — Sprichst Da gedankenlos nach, waS Du zufällig gekört und nicht richtig verstanden hast, oder ist da etwa» Wahre- daran?" Immer noch schwieg sie zaghaft, aber er sah sie unver wandt an und wivcrholte seine Frage. Hildegard hatte eS so ost erfahren, daß man gehorche» mußte, wenn er befahl, und so antwortete sie schüchtern: „Es ist wahr." „Und wer bat eS gesagt?" „Niemand." „Also weiter! — Weiter!" „Ich selbst tras Herrn von Hohenfels." „Wo?" „An der Mutter Grabe. Es war an ihrem Todestag — und da .. „Da hast Du mit ihm gesprochen?" „3a.. „Ihn wohl gar um seine Verwendung gebeten?" „DaS beweist Dir doch nur die Liebe Deine- Kindes", fiel die alte Frau ein. Ungeduldig winkte er ihr, zu schweigen und wiederholt« scharf: „Wobt gar um seine Verwendung gebeten?" Cie neigte bejahend den Kops. „Er machte cS mir leicht. Dn kannst Dir kaum vorstellen, wie gütig und vertrauen erweckend er war, wie er mich aufzurichtcn und zu trösten wußte. Er gab mir die Hand darauf, daß er seinen ganzen Einfluß ausbicicu würde, uni eine günstige Entscheidung herbei» zusührcu, unk so geschah cS auch. Treu hielt er sein Wort." Während sie sprach, war Rainer s Gefickt immer düsterer geworden, jetzt loderte der Zorn aus seinen Augcu. Die Faust hob fick, als wollte sic schwer aus irgendeinen Gegen stand niederschmcttern, und mit heiserer, wuthbebender Stimme ries er: „Das dast Du gcthan? Eine solche Demüthigung hast Du mir bereitet und ihm Gelegenheit gegeben, sich prahlerisch mit seinem Ebelmuth brüsten »nd ten Leuten sagen z» können: Ich weiß zwar, daß Rainer ein Schuft ist, aber weil seine Tochter mich knicsällig anslehtc. so war ich grvßmütbig und sorgte dafür, kaß man ihn lausen ließ!" „Nun sang nicht gleich wieder zu toben an. HanS", mahnte die,Mutter, während Hildegard schreckensbleich zurückwich. „Dazu ist keine Ursache verbanden." „Nickt? Ich soll cS rubig binnebmen, daß sie im kindischen Unverstand meinem Feinte selbst eine scharfe Waffe in di« Hand drückte unk mich zum Gespött der ganzen Umgegend machte ? Reckt bleibt Rccvt! Ich weiß nicht, wer daS Feuer drüben aiigelegt bat, und Niemand konnte niich der That be zichtigen. Sic alle, die wiker mich zeugte», wußten nicht« anderes vorzubringcn, als daß ick diese- und jene« gesagt babe. Nu», Worte sind noch kein brennender Zunder. Eine Freisprechung mußte erfolge». Dazu bedurfte eS gar keiner Verwendung. Was siel Dir also ein? Schien Dir die Rechtschaffenheit Deine- Vater» so zweifelhaft, daß Du meintest, daS cinrige Heil sei nur noch in der Fürsprache de« Herrn von HoocnsclS zu suchen? Tie wäre zu entbehren gewesen. Wenn er sie mir wirtlich gewährte, so bin ich weder ihm noch Dir dankbar dafür Mag sich jeder hüten, auch »ur mit einer Silbe anzudculen, daß ich nicht a»S der Hast entlassen wurde, weil mir kein Unrecht zu beweisen ist, sondern w«il der Mann, dessen verhaßte Nachbarschaft mir alle Freude an dem eigenen Besitz verdirbt, sür mich cintrat »nd eine Brr- urtheilung gnädigst zu verhindern strebte! Den ersten, d«r so etwa« sagt, den schlag ich zu Bodeu, al« einen elend« Ehrabschneider!" . ^ „Vater!" schluchzte Hildegard.
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