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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931010027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
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/Ui«Ie»: Anzeiger. Organ fir Politik, Localgeschichte, Handels- and GeschSstsverkehr. M»zeige«-Vret- dle «gespaltene Petitzeile LO Pfg.' >»el«m«» m>t»r dem Redaettoutstrich («gl» tpallenj äO-j, vor dra Familirnaicchricht«» (6 gespalten) 40^. Gröbere Echnslen lost »sjerrm PvelS» »erzeichniß. labeNanIcher und Zisfrrujatz »ach höherem Tarif. Errr«,veila«e» (gesollt!, »,r mll de« Dtorar,.Uu«gad«. oha« Postdesvrderaag SL—, «tt Postdesördrraag ^ TV.—. Ännaharschluk für Aazeize«: Ub«»b->»Sa»b«: vormittag« 10 Uhr. Dlorgia-SuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. So»»- »ad Festlag« früh '/,9 Uhr. V«t de» FilialeB »ad Annahvieslegea j« rw» halb« Stund« früher. I»»rt,e» fi»d stet« aa dt» Expe-ttla» z» richte». , Druck »ad »rrlag vo» E. Potz t» Lei-ttG ^A8. Dienstag den 10. October 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Erledigt bat sich unser« Bekanntmachung vom 2. August d. I.» de» Tischler Georg La «hat all», Kambys betresfeod. Leipzig, am 6. October 1893. Ter Mat- der Stadt Leipzig Armenamt, Ldttz. II. L. m. 8119. Hrutschel. »Spprl. Politische Tagesscha«. » Lechzt,, 10. Octob«. I» den Kreisen, welche den schwebenden ReichSsteuer- projecten eine grundsätzliche Opposition entgegenbringen, wird immer von Steuern auf die sogenannte Liebesgabe bet her Branntweinsteuer hingewiesen, welche den wirklichen Be darf neuer Einnahmen im Reiche in Berbindung mit einer Erhöhung der Börseosteuer vollauf zu decken im Stande sei. Im Interesse einer ernsten Erörterung der im Reichstage sich unabweiSlich aufdrängenden Ausgabe wäre doch zu wünschen, daß das Märchen von dem „Vierzigmillionen geschenk" endlich aus dem Spiele bliebe. Die von gewisser Seite genährte Vorstellung, als ob hier 40 Millionen nur so dalägen, die der ReichSstScuS eiostcckcn könnte, aus die er aber zu Gunsten der Brenner verzichte, ist ohne jeglichen Halt. Die Wirkung, welche dir Steuerdifferenz in dem Brannt- weinverbrauchSabgabcngesetze von 1887 thatsächlich gehabt hat, läßt sich mit mathematischer Sicherheit und allgemein giltig nicht feststellen, man mag über sie streiten, aber daß aus ihr auch nur etwas Aehnliche« wie der gewöhnlich behauptete kolossale Gewinn hervorgegangen wäre, kann Niemand be haupten, der sich ehrlich an die Sache hält. Jene Steuer differenz ist in dem Gesetze in einem Betrage gegriffen worden, den wir unsererseits für zu hoch gehalten haben. Die Maßregel der unterscheidenden Steuerbehandlung selbst aber haben wir als eine volkSwirthschastliche Nothwendigkeit anerkannt, und wir würden cS für einfach unmöglich halten, sie jetzt beseitigen zu wollen. Wenn die »Frei sinnige Zeitung" diese Beseitigung bei jeder Gelegenheit anbietet, so bleibt sie nur ihrem stets eingenommenen Standpunkte treu. Sehr verwunderlich aber ist cS, wenn sie jetzt Bundesgenossen von derjenigen Seite erhält, welche 1887 den Sieg der hohen Differenz von 20 ent schieden hat, nämlich vom Centrum. In der »Kölnischen VolkSzeitung", wo man das Tabak- wie das Weinstcuer- project scbr lcbbaft bekämpft, wird der Rath gegeben, eher zehnmal die „Liebesgabe" anzngreisen. Allerdings braucht damit nicht eine vollständige Aufhebung der Steuerdifferenz gemeint zu sein, und einen »Angriff" auf den bestehenden Betrag derselben enthielt ja bekanntlich auch der ursprüng liche Entwurf des ReichSschatzamtS vom vorigen Jahre. Wie aber ist cs gekommen, daß nachher der BundeS- rath die Differenz in der vollen Höhe von 20 Mark aufrecht erhielt? Der bayerische Finanzminister ist cs gewesen, der die« durchgesetzt hat. Und er hat in der ReichStagssitzung vom 16. Januar dieses IahreS die Gründe dafür ausführlich dargetcgt, Gründe, welche die Differenz als im Interesse der Kleineren und Mittleren gefchaffen und für diese auch i» der bisherigen Höhe weiter erforderlich erklärten. Wenn die „Köln. VolkSzeitung" die Rede des Herrn v. Riedel noch einmal durchlescn will, so Wird sie erkennen, daß für irgendwelchen „Angriff auf die Liebesgabe" weder die bayerische Regierung, noch ein bayerisches CentrumSglied zu haben sein wird. Und nun kommt ein CentrumSorgan, das ernst genommen zu werden beansprucht, und räth zu einer Maßnahme, die, wenn uian sie verwirklichen wollte, am wenigsten auf die Unterstützung de» CentrumS rechnen konnte! Der -rlgische BergarbeiterauSstaad nimmt im Becken Charleroi eine so bedrohliche Gestalt an, daß man in den Brüsseler Regierungskreisen ernstlich besorgt ist und durch starke Truppensendungen wenigstens die Ordnung aufrecht zu halten sucht. Leider verüben die Ausständigen die ärgsten Gewaltthaten und durchziehen in starken Banden alle Ge meinden, um den Ausstand zu erzwingen. Ein wahrer Guerillakrieg hat begonnen. In allen Gemeinden ist die Bürgergardr rinberufen; alle öffentlichen Ansammlungen sind von jetzt ab verboten. Alle Zechen sind militairisch besetzt; fliegende Colonnen von Jägern und Ulanen durchstreifen da» Becken. Oeffentliche Anschläge sichern den Arbeitern mili- tairischen Schutz zu, aber die Arbeiterführer halten täglich Massenversammlungen ab, um die Arbeiter im AuSharren zu bestärken. Die Zahl der wegen Ausschreitungen Ver hafteten wächst ständig, aber der Ausstand nimmt zu; auch im Lütticher Becken ist er im Steigen begriffen. Der französische Ministerpräsident Dupuy ist, wie bereit» mitgethcilt, in Zlle-sur-Tvt mit großem Pomp empfangen worden; er ist aber, wie der »Figaro" versichert, nicht gerade als Triumphator eingezogen. Da« ginge schon au» den Auf schriften der Triumphbogen hervor, die man ihm zu Ehren dort errichtet halte. Diese trugen nämlich keineswegs die Worte: »Es lebe die Republik", oder „Es lebe Dupuy", sondern man laS die eine gewisse, srappirende Naivetät zur Schau tragenden Sätze: „Schützen Sie unfern Wein!" »Heben Sie unsere Seidenzucht!" Da» heißt also: »Bekümmern Sie sich mehr um unsere Inter essen, da die Regierung die» vergißt!" DaS Departement der Ost-Pyrenäen leidet in der Thal unter den gegenwärtigen Zuständen und das Cabinet bat keine Mittel au der Hand, hier Wandel zu schaffen. Diese an den Minister des Innern gerichtete Kundgebung wird im ganzen Lande einen gewissen Widerhall finden, und ohne die Todtenglocke de« Ministerium» läuten zu wollen, dessen hervorragendster Vertreter Dupuy ist, so liegt hierin doch rin Zeichen, auf wie schwachen Füßen es steht. Um so begreiflicher ist cS, daß in Pari« über die Frage, ob das Ministerium Dupuy so wie eS ist oder umgestaltet vor die neue Kammer treten soll, viel hin und her gestritten wird. Die Einen ertbeilen dem ConscilS-Präsidenten Dupuy den Rath, dem Winke zu folgen, den der Wahlkörper ihm gab, indem er die Radikalen theilweise fallen ließ, und die radikalen Mit glieder de» jetzigen CabinetS, die Bicttr, Pcytral und Terrier, Inhaber der Portefeuilles der Bauten, der Finanzen und des Handel», „auszuschiffen". Damit würde er, meint der „Figaro", den Andeutungen gemäß handeln, welche der Präsident der Republik in seinem Toaste zu BcauvaiS fallen ließ und die bei den Radikalen so viel böfcS Blut machten. Durch dieses Verfahren, da» die Politiker beiseite schöbe, von denen keine feste Haltung gegen den streit baren, Ausstände an Ausstände reibenden SocialiSmuS zu erwarten ist, würde die Bildung einer neuen Partei ange bahnt, der sich nicht nur die Ralliirten, sonvern auch die Conservativcn anschließen könnten. Fahre man hingegen in dem alten Schlendrian fort, so müsse man sich auch auf die alten Mißstände und da» Wieder-Erschcinen der unfrucht baren Coalitioneu gefaßt machen. Die Radikalen erheben rin wahre» Indiauergeschrei bei dem bloßen Gedanke», daß da- Cabinet noch vor dem Zusammentritte der Kammern umgestaltet werden könnte, und erklären, wenn der Präsident der Republik dazu seine Einwilligung gäbe oder gar dazu triebe, so verginge er sich gegen die Verfassung und beschwöre er einen neuen 16. Mai herauf. In dem Streite mit Gts« hat die französische Re gierung bekanntlich Alle» durchgesetzt, wa» sie wünschte. DaS linke Mckonguscr ist an Frankreich abgetreten, auf dem rechten werden dir siamesischen Posten bi» auf eine gewisse Entfernung geräumt, Frankreich erhalt rin starke» Unter pfand bis zur Erfüllung aller Verpflichtungen, die e» dem Königreiche Siam auferlegt hat. Nur in einem Punkte hat die französische Regierung ihren Willen nicht durchzu setzen vermocht: die dänischen Osficiere, deren Entfernung sie mit zur Bedingung des Friedensschlusses gemacht hatte, werden in siamesischen Diensten bleiben. Wenn man der Pariser Presse glauben darf, so hat das starke Frankreich damit einem schwachen Gegner seine kluge und großmüthige Nachgiebigkeit bewiesen, und eS ist gewiß richtig, daß Frank reich auch auf dieser Forderung, die am Ende den Siamesen am wenigsten drückend erschien, hätte bestehen können, ohne deshalb den baldigen Abschluß des Vertrages zu gefährden. England hat an dem Verbleiben der dänischen Officierc in siamesischen Diensten kein Interesse, und es gab für dasselbe viel wichtigere Gründe, sich in die Händel zu Gunsten SiamS einzumischen, wenn eS dies überhaupt entschlossen gewollt oder mit Erfolg gekonnt hätte. Gleich wohl war cS nicht glaublich, daß Frankreich auf diesen Punkt verzichtet habe, bloS um seine Nachgiebigkeit zu beweisen. Jetzt kommt nun auch die Nachricht, daß der Zar auf Wunsch seines Schwiegervaters, des Königs von Dänemark, da« Interesse der dänischen Osficiere in Pari» nachdrücklich habe vertreten lassen. Einem solchen An sinnen zu widersprechen, war die französischen Regierung nicht in der Lage, zumal nicht am Vorabende von Festen, aus denen die tiefe Ergebenheit der Franzosen am liebsten keine Grenzen kennen würde. Die dänischen Osficiere hätten sich also hiernach nicht bei der französischen Regierung, sondern lediglich bei den» Kaiser von Rußland zu bedanken, dessen Verlangen übrigens nicht nur wegen der engen Beziehung«» zwischen dem russischen und dem dänische» Hofe begreiflich, londern auch sachlich insofern gerechtfertigt war, als sich die dänischen Ofsicicre während der siamesischen Verwickelungen durchaus correct verhalten haben füllen. In Spante« hat die bei allen spanisch-marokkanischen Zwischenfällen unausbleibliche KriegSbegcisterung auch jetzt da« Volk ergriffen und übt einen starken Druck auf die Regierung aus, die den» auch mit Vorbereitungen zu einem energischen Vergeben nickt zögert. In Marokko selbst scheinen die Dinge, obwohl der Zwischenfall von Melilla von Anfang an durch die starke Anzahl der Gefallenen und Ver wundeten ein schwierigere« Aussehen gewann, als zahl reiche frühere Zusammenstöße der Spanier mit den Riffpiraten oder Kabylen, bis jetzt eine ernstere Wendung nicht zu nehmen. Gleichwohl ist die Angelegenheit von einer endgiltigen friedlichen Beilegung noch weit entfernt. Eine solche wird erschwert durch die Abwesenheit de» Sultans Muley-Hassan von Marokko. Glücklicherweise ist die Meldung, der Sultan sei gestorben, die auö Tanger verbreitet wurde, falsch oder doch wenigstens von amtlicher spanischer Seile für »unbegründet" erklärt. Der Tod Muley-Hassan« gerade in diesem Augenblick würde bei der meistens in orientalischen Ländern nicht ganz geklärten Nachfolgerfrage eine die Lage noch er beblick verwirrende Wirkung bervorbringen. Die weitere Entwicklung bängt nun wesentlich mit von dem Benehmen der Kabylen ab, deren öftere Undotmäßigkeit auch gegen den Pascha, also den Beamten Muley-Hassan- und somit gegen diesen selbst, bekannt ist. ferner von der Thatkrast und dem ehrlichen Willen des Sultan». Daß die Spanier bei der Abwesenheit de» letzteren aber zunächst selbst für sich und ihren Besitz an der Küste sorgen müssen, daß die zu diesem Ziele getroffenen Veranstaltungen Geld kosten und daß mit diesem Aufwand« auch die Forderungen der Regierung in Madrid wachsen müssen, sind Gesichtspunkte, die sich von selber ergeben. Nun haben bisher nur einige Führer der Kabylen dem Pascha ihre Bereit willigkeit erklärt, die Feindfeligkeiten einzustellen, ander« weigern sich offenbar, stellen vielmehr auch ihrerseits Be dingungen. So dauern denn bi- jetzt die Feindseligkeiten fort. Ein Schiff mit Waffen für die Riffpiratcn ist von einem spanischen Kanonenboote beschlagnahmt worden; da» spanische Schiff .Cuervo" ist beim Cap TrcS ForcaS unweit Melilla von den Mauren mit Flintenschüssen begrüßt worden ; somit steht zu erwarten, daß der spanische Befehlshaber, General Mar gall o, sobald die nöthigen Verstärkungen von Malaga (wohin von Melilla au» der Telegraph noch immer unter brochen ist) angclangt sind, für seine erste Ausgabe halten wird, das »inliegende Gebiet vom Feinde zu säubern. Wie weit diese Operation führen kann, ist aber nicht vorherzu- sebcn, cS kommt dabei auf die Kraft de« Widerstande- an und auf die tbatsächliche Einwirkung, die der Pascha auf die Kabylen auSzuübcn im Stande sein wird. Ein großer Theil der englischen Presse ist froh darüber daß in Südafrika nicht nur die Matadele den Krieg vom Zaune gebrochen, sondern sich, ganz dem Wunsche der Be förderer einer kräftigen Colonialpolitik gemäß, an der kaiserlichen Betschuanal and-Polizei vergriffen haben. DaS beißt, rufen sie jubelnd au», Krieg gegen die Krone, und der Witte hat eS nicht mehr mit der Südafrikanischen Gesellschaft allein zu tbuiz. Eie verlangen jetzt ein- mütbigcS Vorgehen der vereinten Regierung« und GesellschastS- truppcn. Wenn die Betschnanaland-Polljri, eine ausgezeich nete, wohlberittene Truppt von 500 Mann, zusammen mit einem vom englischen BunvrSgenoffen Khania gestellten Con- tingent Einheimischer die MatabeleS in der Front angreifen, die weißen Colonistcn aber sich ihnen von den Fort- Victoria und Charter aus näbern und ihnen also in den Rücken fallen, so müßte nach der Rechnung NedactivnS- stratcgen der Krieg bald zu Ende sein und der Union Jack noch vor der winterlichen Regenperiode auf Lobeagula's Veste Buluwayo flattern. Im Parlamente, so wird auch hervorgehobcn, könne einem energischen Vorgehen der Re gierung in Südafrika keine erhebliche Schwierigkeit mehr gemacht werden, nachdem sie von den Wilden so dreist hrrauS- gefordert worden sei. Inzwischen ist, wie schon telegraphisch gemeldet worden, der Premierminister der Cap-Reg,erung, Lir Cecil RbodcS, dergleichzeitigDirector derSüdafrikanische» Gesellschaft ist, in Fort Salisbury im Maschonaland cinge- trossen. 800 Mann der Südafrikanischen Gesellschaft sollen im Vormarsche gegen die MatabeleS begriffe» sein. Daß am Sonnabend die von Port Bcira in» Innere führende Eisen bahn eröffnet wurde, wie aus der Capstadt gemeldet wird, dürfte der Kriegführung immerhin zu Gut kommen, wenn die Eisenbahn auch noch nicht ganz auf den Kriegsschauplatz führt, sondern 38 bis 40 deutsche Meilen östlich von Porr Salisbury endigt. Die quade Foelke. 8! o ni an aus der Emsgau. 8) Bon F. Klinik.Lütetsburg. Nachdruck vcrdolm. (Fortsetzung.) Derartige Aenßerungen verdrossen Bernd BrunS und reizten ihn auch wobl, wenn er gerade schlechter Laune war, wie man sie häufig bei ihm wahrncbmen konnte. DaS Leben bchagte ihm im Allgemeinen nicht sehr, und der Gedanke, daß er cS so weiter führen sollte bis an das Ende, konnte ihn förmlich auf regen. Ihn plagte die alte Langeweile, ehe crs wußte. Ein Müßiggänger war er nicht, aber — warum die Arbeit machen, die ein Knecht ebensogut verrichten konnte? Die Bauern in der Gegend waren wirklich zu dumm. Genüsse gab eS für sie nicht, sondern nur Arbeit. Sic waren Knechte — nicht Herren. Bernd Bruns aber hatte in der Stadt praktisch theoretisch den Herren spielen gelernt. Wenn er seine junge Frau ansab, erschien 6» Kleidung sowobl wie in ibrcr Thätigkeit lächericc»,. - nicht ander«, wie alle ihresgleichen. DaS Leben an ihre hatte sich ganz verschiede» von dem gestaltet, wie er wartet. Sie war durch ihren Beruf im vollsten Ma^ Anspruch genommen, und die frommen Gewohnheiten vcS Elternhauses ließen auch neck für den Abend nicht zu, daß sie ihm ausschließlich ihre Gesellschaft widmete. Bernd BrunS sing damit an, Uffe AijeS heimlich einen Narren zu schelten, daß er Foelke eine zum Tbeil städtische Erziehung gewährt. Je mehr er sie in ihrem Thun und Treiben beobachtete, desto deutlicher glaubte er zu erkennen, daß sie sich nicht durch eine Eigenschaft vo» ihren Alters- und StantrSgenoffinnen unterschied. Wenn er gedacht hatte, daß sie im Stande sein würde, ihm da- Landleben dauernd erträglich zu macken, so mußte dieser Ansicht die Enttäuschung folgen. Während der Sommermonate konnte freilich Langeweile nickt aufkommen. Dafür gab c« zu tbun, unendlich viel, mehr als in jeder anderen Wirtbschaft im Dorfe, und doch tonnte nicht einmal Alle peschasst werden. Usse AtjcS kam zu Hilfe. Seine reichen Erfahrungen waren dem Schwiegersohn außerordentlich von Nutzen, sie hatten e» in noch weit umfangreicherem Maße sein können, wenn nicht Theorie und Praxi» so häufig mit einander in Widerspruch aerathen wären. Bernd wollte seine theoretischen Kenntnisse in Anwendung bringen. Uffe AtjeS konnte ihm nicht überall beistimmen. So entstand ein Conflict nach dem anderen, und die junge Fran sah sich bald aus eine Ver mittlerrolle angewiesen, die schon im Hochsommer eine dauernde war; sie sah ein, daß cS so nicht sortgehen könne, aber ihre diesbezüglichen Vorstellungen waren tauben Ohren gepredigt. Meinhardi begann seine täglichen Besuche bei der Tochter einzustellen. Er war ein alter Mann, nicht gesonnen, den „Verrücktheiten" — wie er manche Maßregel seines Schwieger- sobneS nannte — sich anzupassen. Warum sollte er den Rest seines Leben« sich selbst verbittern? Im eigenen Hause gab es für ihn hinreichend zu thun, mochte Bernd Bruns sein Lehrgeld bezahlen, er war ja reich genug, um es auSbalten zu können. Mir der Zeit würde er schon zur Vernunft kommen und ein Einsehen haben. Kein Gedanke o» die Tochter mischte derartigen Betrach tungen sich bei. Ihr Anblick gab zu Sorgen nicht den ge- rings!- ' ^ e er sich gedacht, so begann da« Lebe» für ->'. WaS sie im Hause gelernt, konnte verwerthen, und da« Blut, welches ibn über ihre Zukunft beruhigen, ßte, was sie wollte, und würde .. >d BrunS auf dem rechten Wege alten. Der W,no o, vorzeitig über die Stoppelfelder. Man konnte sich nicht erinnern, >e zuvor eine gleich frühe Ernte ge halten zu haben, und nich» da» allein, sie war auch eine reich liche gewesen. Nur Bernd Brun« beklagte einen geringen Ertrag seiner Felder. Da« konnte indessen nicht befremden; die junge Frau war zufrieden, Uffe AtjeS hatte befürchtet, daß die Ernte noch kläglicher sich gestalten würde, Freunde und Bekannte meinten, Bernd habe Glück gehabt. Nur er selbst zeigte fick unzufrieden. DaS Großprablerische in seiner Natur batte ihn hoffen lassen, daß wenigsten» seine Weizen felder allen andern voraus sein würden, und e» verdroß ibn grimmig, da» Gegentheil zu erfahren. Er schob die Schuld auf den Schwiegervater, dessen Ratbschläge ihn irre geführt haben sollten, wie e» überhaupt bei ihm gebräuchlich war, Verantwortungen abzulchnen und auf andere Schultern zu wälzen. Bei dieser Gelegenheit kam eS zwischen ihm und seiner jungen Frau zum ersten offenen Streit. Foelke hatte die Berthridigung de» Vater» übernommen und Bernd darauf aufmerksam gemacht, daß derselbe ihn gewarnt, nach der Aussaat noch Düngemittel in Anwendung zu bringen. Sie wurde todtenbleich vor Schrecken, als ihre ruhigen, beinahe freundlichen Vorstellungen einen förmlichen WuthauS- bruch Bernd'S zur Folge hatten. Seine große Faust, welche die Lehne eines Stuhles gerade umschlossen gehalten, hob diesen auf, um ihn unmittelbar darauf so fest »iedcrzusetzen, daß er krachend zusammenbrach. Eine Fluth heftiger Vorwürfe folgte diesem Gewaltakt. Foelke sprach kein Wort. Aber wenn etwa« im Stande ge wesen wäre, Bernd - unbegründeten Zorn zu steigern, so war eS ein Schweigen, das ihm das eigene Unrecht klarer vor Augen führte, als eS eine heftige Abwehr oder gar ein Thräncnstrom gr- than haben würde. ES war gerade, al» ob eine Unsumme von Groll, der mühsam verhalten worden, endlich einen Ausweg gefunden habe. Donnernd dröhnte seine Stimme durch da« Hau» und ließ Knechte und Mägde in der angrenzenden Küche zusammeulaufen. Diese Thatsachc brachte erst wieder Leben und Bewegung in die Gestalt der jungen Frau, welche so lange wie von Schrecken überwältigt dagestandcn batte. Blitzähnlich durchzuckte sic der Gedanke, daß sie, um der Leute willen, einen weiteren Skandal verhindern müsse. So trat sie entschlossen vor den noch immer sich wie ein Wüthrnder Gcberdenden hin und sagte, ihre Augen mit einem verwunderten Ausdruck auf ihn richtend, mit fester Stimme: „WaS Du da sagst, mag ja richtig sein. Ich bin nicht dabei gewesen und habe nicht mit angehört, wa» Du mit dem Vater verhandelt hast. Du brauchst mir das aber nickt mit solchem Lärm auSeinandersctzen. Was sollen die Dienstboten davon denken? ES ist ja gerade, al» ob wir in Streit mit einander lebten." Weniger ihre Worte, die ihn eher noch auf« Neue reizten, al» ihre scheinbare Ruhe, übten eine Wirkung aus, welche die junge Frau selbst kaum erwartet. Mit einem Fluch schleuderte er die Lahne au» der Hand und verließ die Küche. Foelke warf einen scheuen Blick in der^mgrenzenden Raum, wo die Magd mit dem eben eintretenmn Großknecht einen bedeutsamen Wink auStauschte. Der Austritt war, wie sie befürchtet, nicht unbemerkt geblieben, aber sie konnte ihn vielleicht dadurch abschwächen, daß sie ihn mit den Leuten be sprach. So ging sie, uni den Knecht zu fragen, ob der Bauer einen Aerger gehabt habe. Dieser wußte von nicht». Er war mit dem Herrn von der Hammerich*) gekommen, wo sie die Schleußen der Gräben nachgeschen, weil der Nord-Westwind bei zunehmender Heftigkeit unerwartet Hochwasser bringen könne. Der Bauer sei guter Dinge gewesen bis zuletzt. Und doch — ja — cS konnte doch sein, daß er einen Verdruß gehabt. Diese Mitlheilung gewährte der jungen Frau im ersten Augenblick förmlich Erleichterung. Sie fragte weiter. Der Knecht berichtete: „Wir kamen beim Kreuzweg mit Wilbelm Adam» arg zusammen. Die Wagen konnten nicht zwischen den Wällen aneinander vorüber und Keiner wollte auSbiegen. Der Bauer schimpfte und »aiinte Adams einen Herrn von Habenichts. Der «hat, al« habe er nicht- gehört und trieb seine Pferd« an. Dabei zcriethrn die Räder aneinander, und unser Wagen bat schwere» Schaden gelitten, er muß gleich zum Stellmacher. AbamS war aber nicht schuld." Diese Mittheilung de- Knechtes gab der jungen Krau viel zu denken. Daß Wilhelm ihrem Gatten ein Gegenstand grenzenloser Abneigung war, wußte sic lange, dersrlve batte !>e niemals zu verbergen gesucht, und mehr al» einmal sah Foelke sich gezwungen, ihr NechtlichkeitSgtsübl der Klugheit zum Opfer zu bringen, indem sie unberechtigten Urtheilen Uber den Freund ihrer Jugend Stillschweigen entgegensetzte. Sie hatte aber nickt gewußt, daß zwischen beiden Männern offene Feindschaft bestand, die solcher Weise sich äußern konnte. Zum ersten Male seit ihrer Verhcirathung beschäftigte an diesem Nachmittage die junge Frau sich mit Wilhelm. Sie hatte ihren Gedanken seither nickt etwa Zwang auferlegea und ihnen eine andere Richtung geben müssen, wenn sie vorübcrgebend bei demselben verweilt, sondern sic gedachte seiner in der Tbat kaum noch. Niemand sprach von iym niit ihr, zu Gesicht kam er ihr ebenfalls nickt» und seitdem sic sich so tief durch ihn gekränkt geglaubt, war keine Frage nach ihm über ihre Lippen gekommen. Die Aeußerung ihre» Manne« berührte sie furchtbar pein lich und trieb ihr da» heiße Blut in die Wangen. „Adam» war aber nicht schuld!" hatte der Knecht, seinen Herrn ver- urtheilend, gesagt. Auch ohne diese Worte würde sie davon überzeugt gewesen sein. Im Geist sab sic beide Männer einander gegenüber. Wilhelm wäre einer brutalen Handlungs weise unfähig gewesen. Wie leicht Bernd BrunS zu einer solchen sich veranlaßt sah, hatte sie an diesem Tage selbst er fahren. *) Sumpfige» Laub aa den Deich«»..
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