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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931018028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
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VezuaS-PrekS » d« H»ptqpMtio» ob« d«, t« Stsb«. «qkrk «d dr» Vororte» errichtete» Ao«. --dcttellen »bgeholt: mea«liLhrrich»«ch0^ H«i «etmaliaer ttgttcher g»ft«l>»»S ta« bckü. Lurch dt« Post bezooe» stk L«»tschl«»d »»d Österreich: viertel,Ldrffch . Direct» täglich« Krnizbandsrud»»- i»< Lullaab: moaatltch 7wO Abend-Ausgabe. Li« Norg«»M»»G«d« »rtchektt täglich V,^UH^ di» >i«d->»t^ad« Woche»!»-« « Uhr. NÄettts» aud Lr-eM»»: 8. Lie Lrvedttto» ist Wochentag« »»»»tirdroche» »ätzaet «» ftgh 8 di« M«ch« 7 Uh» Filiale»: ktt» ««»»'« «orti». (Alfreh e«H»L U»i»ersittt«str»8« I, e.»i« r»sche. ßotH«ii«»str. 1«. »ort. nid KS^alptatz 7. tiprigtrTagtblM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Avzeigeit.PreiS die Sgespaltme Petitzeile 20 W. Nrclam«» »ater dem R«dactioa«strich («ge» ipoltr») bv>ch, vor de» Familieaaachrich»» <6 gespülte») «0^t- Großer« Gchrfftra laut unserem Prri». »eqeichaiß. Tabellarischer und gissernsa- »ach höherem Tarif. Grtra»Veii«gr» (gesalzt», nur mit dt« Ikor,»,-Autgabe, ohne PoslbesörLerung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annali«eschlab für Änzeigen: 7lb»»d-Au«gab«: vormittag« 10 Uhr. »iorg«».»»«gäbe: Nachmittag« «Uhr. Soun- und Festtag« früh '^,9 Uhr. V«i de» Filialen und Anuahmeitell«» >« «in» halb« Stund« jrüher. >«1«t«e« sind stet« an di« Sgpeditio» zu richte». Lnick «»d Verlag von E. Pol» iS Leipzig. Mittwoch den 18. Oktober 1893. 87. Jahrgang. AmMche Bekanntmachungen. Gesucht wird der am 20. April 18«8 in Stockach geborene Mechaniker Friedrich Grfurlh, welcher zur Fürsorge für seine Familie an« zuhalten ist. Leipzig, den 14. Oktober 1893. Der Rath der Stadt Leidzig, Ar«eaa«t. Adth. li. L.LVll,Abth.II,1S««»,S0S?. Hentschel. Mllr. Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Oktober. Der Widerspruch gegen die neuen RcichSsteuerprojecte wird besonder« auch mit der Behauptung begründet, daß durch tndireete Steuern eine unverhältnißinäßig starke Be lastung der unteren Elassen herbeigesükrt werde. Es ist ja richtig und unvermeidlich, daß der Schwerpunkt indirekter Steuern stets auf Gegenständen des Massenver brauchs liegt, an denen der Reiche im Allgemeinen nicht mehr betheiiigt ist, at» der Arme. Die Besteuerung des eigentlichen Luxus, so wenig wir dagegen einznwenden baden, giebt doch unter allen Umstanden einen zu geringen Ertrag, als daß sich in der Hauptsache ein Steukrsvstem daraus gründen ließe. Bei der Klage über allzu starke Belastung der unteren Elasten durch Besteuerung von Gegenständen des Massenverbrauch« wird aber meist in ungerechter Weise übersehen, wie überwiegend gegenwärtig in den meisten deutschen Einzrlstaaten die Steuerlast auf dein dircclcn System der Erwerbs- und VcrmögenSbe- steurrung beruht, meist mit einem nickt nur pro eentual, sondern auch progressiv anwachsende» Steuer satz und fast vollständiger Freilassung der kleinsten Ein kommen, daß also hier dir ganzen Staat«- und der größte Tbeil der Gemeindelasten auf die Sckultern der Leute von mittleren und größeren Einkommen gelegt sind Man kann jetzt in Preußen anläßlich der Wahlen, und anderwärts ist eS ähnlich, interessante Beobachtungen in dieser Hinsicht machen. Dir ganze Klage über das „ver schärfte pluiokratischeWahlsystcm" kommt doch auf nicht» Andere» hinaus, al» auf die Anerkennung der Thatsachr, daß die oberen Stände in einem noch weit höheren Um» sang als früher zu den Steuerlasten, welche den Maßstab der Wahlberechtigung bilden, herangezogen werden. ES ist ja eine bekannte Thatsacke, daß weitaus die Mehrheit de» preußischen BolkeS überhaupt keine direkten Steuern mehr bezahlt und daß «in fiktiver Steuerbetrag angenommen werden muß, um der großen Mehrzahl der Wähler nach dem bestehenden Wahlrecht überhaupt die Theilnahine an den Wahlen zu ermöglichen. Darin liegt ein höchst beweiskräftige- Zeugniß, in welchem Umfang dir Kosten der staatliche» und kommunalen Leistungen von den vermögenderen Elasten getragen werden, und bei gerechter Beurtheilung der Ver- theilung von Lasten und Mickten müßte man diese Ver hältnisse gebührend in Anschlag bringen. Drücken dir indirekten Abgaben, welche die Grundlagen des ReichSstener- systemS bilden, verbällnißmäßig stark aus die untern Elassen, so wird dir« reichlich ausgewogen durch die Lastrnvertheilung in den einzelnen deutschen Staaten und in den Gemeinden. Dir Gährunq unter den großen Parteien Oester reich« gegen die Äahlreform nimmt zu. Au« dem Polen club, der am 16. Oktober in Wien eine geheime Berathung hatte, verlautet: „Eine lange Reibe von Rednern sprach regen die Wahlreform der Regierung. Der Obmann R. v. 2awor«ki wird bei der ersten Lesung, die am Freitag be ginnt, eine Erklärung de- Potenclub« abgeben, die dessen endgiltige Stellungnahme osten läßt. DaS Organ de« Hodenwartclubö, da» „Vaterland", griff gestern die Regierung schärfer an. Das Blatt erklärt, eS wolle der Entsckeibung der konservativen Partei nickt vorgreifen, doch bestehe kaum ein Zweifel, daß die Vorlage in ihrer gegenwärtigen unglücklichen Form unannehmbar sei. Die Regierung bade vorher jede Berathung mit den Führern unterlassen Dadurch sei da- Parlament zwischen den Druck der Regierung und Ser Massen gestellt und eine ZwangSlLgr geschaffen, die von den übelsten Folgen begleitet sein könne. Alle großen Par teien hätten ausreichenden Grund, mit dem Handstreich der Regierung, wa« dessen Form anbetreffe, unzufrieden zu sein, ganz besonder» die Eonservativen, dir Anspruch auf Vertrauen erheben dürften. Die Vorlage erscheine durck ihre über stürzte Einbringung in bedenklichem Lichte. Da« muffe gesagt werde», uni jede Verantwortlichkeit festzustellen. Die Auslassungen des „Vaterland" sind deshalb besonder» beachtenswcrth, weit sie da- Ergebniß der Bcrathungen des Hohrnwartclubs zum Ausdrucke bringen. In vrl«ien bat der „StaatSralk der Ritter der Arbeit" beschlossen, den bereit« erloschenen S t re i k im Hennegau wieder anzufackc». Der nämliche „StaatSrath" an dessen Spitze der bekannte Socialistenfübrer Eallewacrt stcbk, hatte vor einigen lagen erst die Wiederaufnahme der Arbeit angeordnet mit der Begründung, daß der AuSstand unmöglich erfolgreich zu Ende geführt werden könne. Jetzt, nachdem die Arbeit überall im vollen Gange ist. befiehlt der StaatSrath neuerding» die Einstellung der Arbeit. Warum? Angeblich, weil die Direktoren abermals die Löhne herab gesetzt hätten. Die wirkliche Ursache de« Beschlüsse» dürfte aber wobl in der allgemeinen Erbitterung der Bergleute über den niuthwillig herausbeschworene» AuSstand und in der Be fürchtung zu suchen sein, daß die svcialistische „Arbeiterpartei", die mit den „ArbeitSrittern" schon längst in heimlicher Fehde lebt, diese Unzufriedenheit der Bergleute zu ibrem Äortheile auSbeuten werde. Der „StaatSrath" will offenbar durch einen Hauptstreick sein gesunkene» Ansehen wieder Herstellen. Der Versuch wird aber wahrscheinlich da» Gezentbeit zur Folge haben, denn wir glauben nicht, daß die Bergleute von Eharleroi nach den Erfahrungen der letzten vierzehn Tage nochmals so unvernünftig sein werden, sich in ein solcbc« Abenteuer einzulassen. Je mehr bei den sraujösisch-rusfischrn-vrrbrüderuii-»- feste« der Ekampagncr stießt, um so mehr öffne» sich die Kerzen und löse» sich die Zungen. Gestern sind, wie der Pariser Telegrapb meldet, von russischer Seite recht offen herzige Worte gefallen. So wird vom General Kumoros da« Wort berichtet: „Ich Hofs», daß die Allianz, di wir heute besiegelt haben, ein demnächstigeS Resultat und zwar in einer Abänderung der geo graphischen Tafel von Europa habe» wird. Und dem Direktor de» Petersburger „Nouveau TempS" wirb da- Wort zugeschrieben: „Wir haben soeben eine erste Schlacht gewonnen, ich hofsr, wir werden bald andere liefern." Die einzige Folge dieser Toaste werken jedoch die vorlauten Herren selbst zu tragen haben, Lenen der Zar gar bald klar machen dürfte, daß er allein zu bestimmen hat, was jeder Russe zu hoffen bat. Bedeutsamer ist die bereit» im gestrige» Abend blatte mitgetheilte Rede, die der frühere Ministerpräsident und zeitweilige Verwalter des Auswärtigen Amte-, Goblet, aus einem Festmahle in St. Mandö hielt. Auch diese Rede überschreitet de» vom Zaren den Franzosen vorgeschrirbcnen Sabinen, innerhalb dessen sich die Veranstaltungen bei Gelegenheit de» FlottenbesucheS in Frankreich halten ollen, um ein Erkleckliche», und berührt berzbaft den pringenderi Punkt, ans wclchen den Franzosen doch eigent lich Alles ankomint, an den jeder, seitdem der russische Be uch in Sicht ist. „stet- denkt", von dem man aber, um ein Gambetta'schcS Wort hierfür anzuwcnden, bisher „nicht öffentlich gesprochen hat". Er sagte nämlich, die Russen eien, wie vor zwei Jahren die Franzosen in Kronstadt, mit Herzlichkeit, Stolz und Würde aufzunebmen, aber eS ei zu bedauern, daß die Franzosen nicht wüßten, ob sie «die Russen), denen wir die Hand drücken, Alliirte oder lediglich Freunde sind". Diese „Zweideutigkeit" und Ungewißheit stehe der aus wärtigen Politik nicht besser an als der inneren; für die talriotischen Franzose» beherrsche die Frage der Unab hängigkeit und Größe de» Vaterlandes alle anderen fragen. Der die Franzosen bedrückende» Ungewißheit, ob bloßer „Flirt" oder ein fest abgeschlossene-Bündniß niit Rußland vorliege, ist bier in sehr ungeduldiger und unge schminkter Weise Ausdruck gegeben und dem jetzigen Eadinct fast ein Tadel ausgesprochen, fall- eü diese Frage nicht endlich in Ordnung bringt Der Führer der radical-socialistischen Gruppe in der neuen Kammer verfehlt auch nicht, gleich aus die innere Politik biiizuweiscn, wo ebenfalls mit den „Zwei deutizkeiten" auszuräumen sei. Man fühlt, wie sich die Spitze der Bankctrcde Goblet'S gegen da« Ministerium Dupuy kebrt, dessen Stellung zur neuen Kammer bis jetzt überaus unklar ist. Goblet verlangt natürlich eine sehr entschiedene Berück sichtiguug de« verstärkten radikalen Elemente- und droht, sali» diese nickt erfolgt, mit kräftigen Angriffen auf da» Eabinet sowohl in der auswärtige» Wie in der inneren Politik. Zur Erhöhung der jetzigen rosigen Stimmung in den maßgeben den Kreisen der französischen Hauptstadt wie der guten Laune de« Zaren wird diese unverblümte Drohung nicht gerade bei tragen, wenn man sic auch vielleicht, um >eden Mißton von den Festtagen sernzuhalten, für jetzt in Frankreich todifchweigea wird. Goblet war, wie man sich erinnert, Minister in der kritischen Zeit, al» der Fall Schu äbrle au der etsaß-lolbringi schen Grenze Frankreich und Deutschland dem Kriegsfälle sehr nahe gebracht batte. Es lag nicht an Herrn Goblet daß der Kriegsausbruch damals vermieden wurde Er ist von heftiger "Natur und geneigt, verwickelte Fragen ohne diplomatische Gewandtheit mit Gewaltmittel» zu lösen. In der neuen Kammer wird er. sobald die Verhandlungen de ginnen, die da» eigentliche Ergebniß der Wahlen in seiner Bedeutung klarlcgen solle», dem Eabinet Dupuy ernstliche Verlegenheiten bereiten. Da» politische Feingesühl, das den ätalirnrrn von jeher nachgerühmt wird, bewährt sich bei dem Empfang dcö britischen MittelmeergesckwaderS aus« Nene. Ueberaus herzlich, ohne lärmende» Uebcrschwang und würdelose Selbst berauschung, bedeutungsvoll, ohne drohende Spitze nach irgend einer Seite hin, vollzieht sich diese« Ereigniß, das e»»c» sehr lehrreichen Beitrag zur Wissenschaft von den politischen Reflexerschciiiungen darstellt. Der tiefere Sinn des eng lischen Schiffsbesuchs in den italienischen Ge vässern bedarf keiner weiteren Erläuterung, er erzieht sich auö seiner be kannten Vorgeschichte und au- der bloßen Tbatsacde seines zeitlichen Zusammentreffens mit den russisch - französischen Festen. Die britische Presse thut de» Guten zuviel, wen» sie diese wahre Bedeutung nicht blo« zu verkleide», sondern geradezu zu verleugnen sucht. Es ist lein bloßer Zusall, daß Europa heute in einem Atbemzugr die Namen Toulon und Tarent nennt, nennen muß. Und wen» die „Times" ver lachen, den Bestand eines englisch-italienischen Flotlcnbünd- nisse» rundweg in Abrede zu stellen, dann können sie eö nur aus ein Spiel mit Worten abgesehen haben, den» seil 18°»t weiß Europa, daß zwischen England und Italien eine Ab machung besteht, die auf die Ausrechterballnng de» Gleich gewicht» im Mittelmeer abzielt, eine Abmachung, die schon drei Jahre vorher wenigstens in ihren Keimen bestanden hatte. Tamal«, im Jabrc 1888, als da» Gerückt von einem beabsichtigten französischen Handstreich auf Spezia umlies, erschien plötzlich da» britische Mittelmcergcschwaker unter dem Beseht de» Admirals Hewett an der italienischen Küste, und die erste Frage seine» Eommandanten ging dahin, ob die Feindseligkeiten schon eröffnet seien. Gan, ebenso wird, wann immer eine französische oder russische Flotte die italienischen Küsten bedrohen sollte, ein britisches Geschwader zur Hand ein, die Italiener ru unterstützen, und ösficiösc Kund gebungen baden im Jahre l89l ausdrücklich den Bestand einer festen Abmachung zwischen beiden Staaten bestätigt. Nach einem beute au» der spanische» Hauptstadt ein- treffenden Telegramm des Hirsch'schen Bureaus werten dort die Rüstungen gegen die Mauren fortgesetzt. Es sollen demnächst lO OOO Mansergcwehre und 2V 000 Patronen an die Truppen vcrlheilt werden. Aus Marokko selbst wird indessen nichts von Belang gemeldet. Da» läßt daraus schließe», daß unter der Hand daran gearbeitet wird, den, Eonflicte die bedrohliche Spitze zu nehmen, beziehungsweise durch dessen dilatorische Bebantlung den rege gewordene» Volks- leidenschaften Zeit zur Abkühlung zu gewahre». Ob dieses Ver fahren von dem gewünschten Erfolge begleitet sein wird» ist allerdings eine andere Frage, da das spanische National- bewußtsein in dem Puncte der marokkanischen Angelcaenhciten von äußerster Empfindlichkeit ist und ans jeden Versuch, de» Zwischenfall vv« Melitta unter einem aiidcren GesichiSpuncte als dem de» spanische» GenugthuiingSbedürfnisscS zu regeln, scharf reagiren dürfte. Immerhin ist,wieker„Polit. Eorr." ausBerl in mitgetheilt wird, auch dort in maßgebenden Kreisen die Ansicht vorherrschend, daß der Sultan von Marokko den berechtigten Wünschen Spanien» schließlich nachgeben und die marokkanische Frage zu keinen ernstlichen Verwicklungen führe» werke. — Die spanische Ministcrkrisi«, welche mit einem Personen wechsel im Ministerium de« Innern endigte, hing mit den eben er wähnten Verwicklungen nicht zusammen. Sie halte, der „Epoca" zufolge, ihren Grund in Familien- und sonstigcn persönlichen Angelegenheiten, sowie in fortdauernden Reibungen zwischen der Regierung und der städtischen Verwaltung von Madrid, die dckannllich ein schon lauge anhaltendes liebet sind. Durch den Staatsstreich vom l3. April ist bekanntlich die liberale Partei in kerbte» hart betroffen worden und c« konnte nicht befremden, daß ibrc Prcßvrgane die Negierung schonungslos aiigriffen und dabei auch vor der Person des Monarchen nicht Halt machten. Wie nun der „Kölnischen Heilung" ans Belgrad mitgetheilt wird, bat der junge serbenkönig in jüngster Zeit vertraulich erklärt, der Staats streich sei hauptsächlich gegen die Regentschaft gerichtet gewesen. Gegen die liberale Partei werte nicht» Böse» beabsichtigt, denn der König wisse sehr gut, daß die liberale Partei eS war, die im Jabre >858 die Wieder einsetzung de« Hause« Obreuowilsch bewirkt bade. In folge dessen und aus Anlaß de» liberalen Parteitages hat die Aussöhnung >» Belgrad stattgesuudeu. Die anwesenden 600» Liberalen mit ihren Parteiführer» a» der Spitze be gaben sich am Sonntag Abend mit Musik und Fahne» vor die KönigSburg und begrüßten den König Alexander mit Feuilletsn. Die quade Foelke. Roman au» der EmSgau. 1b> Bon F. Klinck-LütetSburg. Rachtruck »crtole». (Fortsetzung.) Mehr der Sieg, den ein Beneideter erfochten, al« die Nieder lage, welche Bernd Brun« erlitten, bewirkte ein gewisses Mit leid für den Letzteren, der mit einem Anrecht auf da- be deutende Gesammt-Vermögen so gut wie leer auSging. Man versuchte, ibn zu trösten und zu brrubigen, und freute sich, da» Gegentheil bervorzurusen, obgleich Bernd bemüht war, die gewaltige Aufregung, von welcher er beherrscht wurde, zu ver bergen. ES war gegen Mitternacht, als er nach Hause zurück kehrte. Foelke war noch auf Sie täuschte sich nicht über dir Folgen, welche der heutige Tag für ihr Ebeleben haben werde, und war vergeben- bemüht, eine innere Angst, welche sie nicht zur Ruhe kommen ließ, zu besiegen. Ihr Kind auf dem Schooße, da- gleichfall« keinen Schlummer gesunden, saß sie neben ihrem Spinnrad, da« sle eifrig halte schnurren lassen, um die un erträglich langsam schleichende Zeit zu bewältigen. Da« Einschlagen der GartenthÜr ließ die einsame junge Frau erschreckt zusammenfahren Gleich daraus körte sie den Schritt de« Gatten, wir er sich dem Lause »äderte. Ihr bäuchte, ihr Herzschlag stockte und unwillkürlich sah sie sich wie hilfesuchend um. Dann wurde dir HauStbür geöffnet, heulend brauste der Wind durch den Gang. Mit einem Auch wurde dir Thür geschloffen und Bernd Brun- betrat die Kucke Foelke war kaum fähig, ihren mühsam behaupteten Mutb, anacjicht« diese» Manne-, aufrecht zu erkalten. Ein Blick aus ihn zeigte, daß Schlimmes ihrer wartete. Bernd war berauscht, aber nicht so, wie sie ibn beinahe täglich zu sehen gewohnt geworden. Er schien seiner Sinne mächtig zu sein, sie sah e< au dem höhnenden Ausdruck seine« Gesichte«, an dem Kunkeln seiner tüaisch blickenden Augen, und abermal« wollte die unheimlich« Angst, welch« sie den Tag hindurch rmpfuodr«, Gewalt über sie gewinnen. Unwillkürlich trat sie eine» Schritt zurück uub »rückt« da« Kind srstrr an ihre druft. Brrnd stand noch immer ain Eingänge, wie um sich zu besinnen, während Foelke den Eindruck empfing, als wolle er sich aus sie stürzen, ü» reute sie, nicht da» Lager ausgesucht zu baden, denn gerade ihr Anblick schien ihn auszustacheln und in Raserei zu versetze». Noch einmal raffte sie sich auf, da» nnruhvvllc Klopsen ihre« Herzen beschwichtigend, richtete sie ihre Augen fest aus den Gatten, der in dem Ausdruck derselben eine Hera»«- sorderung zu erblicken glaubte. DaS gerade hatte ihm gefehlt, sie freute sich ihre» Siege». „Ja, Du bast's geschafft", kam eS heiser über seine Lippe», indem er sich ihr näherte. Frecher hat« noch kein Weib ge trieben. So offen vor aller Welt seine Schande z» sagen, bringst nur Du zu Wege. Hast Du denn eigentlich nicht Scham, noch Gram im Leibe?" Foelke glaubte da« stürmische Klopfen ibre« Herzen- zu hören, da- Kind begann kläglich zu weinen Sir machte aber mal» eine Bewegung des ZurückwrickeuS, aber sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Im Rücken batte sic Tisch und Stuhl, link« die Wand und recht« «inen Haufen Heede und Werg^ „Schafs mir den Balg au« den Augen", zischle er, weiter aus sie eindringrnd. „Mit keinem Blick will ich ibn mekr seben, oder Du bringst mich zu etwa», da- mir leid sein würde, wenn « auch nur ein Zeugniß Deiner Schande und Schmach ist. Denkst Du, ich will auch noch die Brnt de» Wilhelm grvßsüttern?" Sie verstand nickt den Sinn seiner Worte, aber vielleicht war doch rin Schimmer desselben in ihre Seele gefallen. Mit weitausgerissenen Augen starrte sie Bernd an Es lag eine unausgesprochene Frage in ihnen, deren Beantwortung ihm doch mit einem Rest von Schamgefühl schwer wurde Diese» Schamgefühl, wrlchr« sür ihn einer Niederlage gleich kam, wandelte sich schnell in Wuth. Die junge Frau sab e« in seinen Augen ausglüben — unbrilvoll. Eine von ihm ge machte Bewegung ließ sie da« Schlimmste befürchten, und sie besand sich allein mit einem sinnlo« WUthenben, der sich nickt scheute, srin schuldlose« Kind zu besudeln Ja, sie wußte jetzt, wa« sein« Worte bedeuteten, und in demselben Augenblick war jede Furcht von ihr gewichen. „Zurück!" ries sie ihm entgegen, indem sie sich koch und stolz ausrichtrtr. Aber seine Brauen zogen sich nur noch finsterer zusammen, er bob dir große, geballte Faust empor. Im nächsten Moment würde sie unfehlbar mit voller Wucht auf da« unglückliche kleine Geschöpf niedergesausl sein, wenn nicht die z» Tode entsetzte junge Mutter, wehrlos der Gewalt prei-gegebcn, da» einzjge ihr zu Gebote stehende ReltungSmittel ergriffen Kälte. iLie hatte sich niedergeheugt,wie um rcmScklagrauszuweichen. Rauch und Feuer in Forlkc'S Hand ließ Bernd zurücktannieln und ein gellender Hilfeschrei tönte durch da» Hau». Die Küchcn- thür wurde geöffnet und wieder zugeworfen „Brand! Brand!" erreichte eS »och Foelke'» Ohr, als sie mit ihrem Kinde schon inmitten deS brausenden SchneesturmeS ich befand. Tann war sie ohnmächtig zusammengcbrochcn. Ta- Weinen ihre- KindeS brachie sie wieder zum Be wußtsein, aber — z» welchem? Rothe Flammen züngelten an- den Fenstern des BrniiS sche» Hause- und wurden rasch zu dem Strohdach der Scheune chinübcr getrieben. So schnell war da» Feuer zum volle» Ausdruck gekommen, daß noch keine Mcnschensecle zur Stelle war, als die rvtbe Glulh bereit» die Nacht i»i »veilen llmkieisc gelicklet. Mit der einen Hand die Stirn beschattend, blickte Foelke auf da» surchlbare Schauspiel. Nun wurden auch Stimme» laut. „Brandt Brand!" gellte es durch die Nacht, dazwischen ertönte da« Gebrüll der Kühe aus dem Stalle, die srei- belasscnen Pferde stürmte» an Foelke vorüber, und ein Huf tcklag streisle ihre Stirn. Wie von fern körte sie noch das Gewimmer der Dvrs'glocke, während r» warm über ihre Schliffe herabrieseltr. So wurde die junge Frau gefunden. Ohne da« laute Weinen de« Kinde« würde sie vielleicht nimmer zui» Leben erwacht sein. Von der Furcht getrieben, daß sie hier geseben werden könne, batte sie sit> unter der Weißtornbecke nieder- gekauert und der Schnee sie bereit« in ein Leichentuch gehüllt, al« eine Magd au» dem Vaterhaus« sie entdeckt. Die^e hatte den Bauer berbcigebolt, der sie kann in da» Hau» getragen, während die Magd mit dem Kinde ihm gesosgt war Im Zeitraum von wenigen Stunden war Bernd Brun«' „Platz" vollständig niedergedrannt, eS stand nur noch ei» Stück de« Giebels und ein Tbeil der Stallmauer. Der äußersten Anstrengung der herbeigeholten beiden Spritzen war r« gelungen, die Meinbardi'scke Besitzung vor einem gleichen Schicksal zu bewahren, ein Theil de- Dache« war sogar Ke schädigt worden Noch in drrselben Nacht batte Jedermann im Dorfe er fahren, wir da» Feuer entstanden war. Bernd'« eigene Frau steckte ihm da» Hau» über den Kops in Brand, nur um von ihm loSzukommeu. Sie war auch, nachdem sie das Unglück angerichtct, direct zu dem Wilhelm Adams gelaufen, der sie und ihr Kind ausgenommen. Es gab vielleicht nickt einen Mensche» im Dorse, der diesen Gerüchte» bedingungslos Glauben schenkte. Der Zusaniiueii- hang war unstreitig ein anderer. Foelke Meinhardi eine ge meine Brandstifterin! Wie wäre cs möglich gewesen, einen olchen Gedanken zu erfassen? Es gab aber auch nickt eine» "Menschen, der es sich hätte angelegen sei» lassen, >ie gegen die silichtbare Anklage, welche man gegen sie erhöbe», zu vor tbeidige». "Noch stand man allgemein unter dem Einfluß der Neuigkeiten des gestrige» Tage-; Usse Alses und seine Tockler waren scharf verurtheilt worden. Der Elftere naluii Bernd Bruns Das, wa» recktmäßig ihm gebührte, die Letztere leglc seinen „Play" i» Asckc. Während der nächsten Tage getraule "Niemand ein Urlbeil sich zu bilden. Foelke war schwer krank, der Wage» des Doctor« hielt an einem Tage wiederholt vor der Tbiir des Meinbardi'sckcu Hauses. Ma» erinnerte sick auck wohl uock der dunklen Gerüchte, die über die Beha»dl»»gsweisc, welche Bernd BrunS seiner jungen Fra» batte aiigedeibe» lasse», i»> Umlauf gewesen waren. Es ließ sich aber koch bald nickt mehr beschönige», daß Foelke Brun» ei» Eriminal-Verbrecheu begangen. Sobald die junge Frau sich elwaS erbolt Kalte, wurde da» Meinhardi'sche Hau- der Sckauplatz aufregender Ereignisse. Gericht-Personen kamen, die Leidende zu vernehme» unk zu bewegen, ein Geständniß abzulegen, daß sle da« Hau» ihres Gallen augcsteckt, um von den. Verhaßten frei zu komme». Die bedauernswerthe Frau leugnete, koch konnte sic eS nickt über sick gewinnen, al« Anklägerin gegen den Vater il-rcS KindeS anszulielc». Sic war »ick! offen und vcrwickcltc sick in Widersprüche. Nur >u einem Punkt blieb sic ibrcr Aus sage getreu: Sic hatte ein brennende» Torsstlick bochgehalten und vielleicht anch ihrem Gallen entgegengeschlendcrt, denn nur ans diese Art halte eS in daS Werg unk die Heede fallen können, wclckc an ihm sich entzündet. Ihre Hand zeigte große, »»geheilte Brandwunde». Ihre» Aussagen gegenüber standen die de» Bernd Brun» und seiner Magd, der schwarzen Wolberich. Bernd erklärte, daß er mit seiner Frau im Un frieden gelebt. Daß eS ibre Abstckt gewesen, von ibi» sich frei zu macken, dafür erbriinzc das Testament des alten Meinhardi hinreickeutc Beweise Lie sei anch soglcick in da» Haus te- ManueS geflüchtet, mit dem sie eine Liebschaft unterhalten habe. Wolberich bestätigte die Aussagen ihre« Herrn, sie batte noch Diele» hiuzuzufügen, wovon Bernd Brun« keine Ahnung
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