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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931102020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893110202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893110202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-02
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Ertrn-Vetlnge« (gesalzt), nur «it de, Morgen. A u«gabe. ohne Poslbesördernng 60.—, mit Postbesördernug ^tl 70.—. Annahmeschluß für Anzeige»: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen »Ausgabe: Nachmittags «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Pet den Filiale» und Annahmestellen je ein« Halde Stund« früher. Anzeige» sind stet« an die Erpedttto zu richten. Druck und Verlag von L. Polz ta Leivzlg. 58«. Donnerstag den 2. November 189L 87. Jahrgang. AmMche Bekanntmachungen. Lekannlmackung. Unter Bezugnabme aus Ziffer 2 und lk der Bedingungen, b«. treffend die Niederlegung von Werlhvapieren bei der Rcichskauti» bank bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntnisi, das, für di» Aufbewahrung und Verwaltung von LonSpapteren und Judaber- papterrn «it Vrä«ir« vom l. Januar >894 ab eine Mindest» gebühr von 3 ^l für jeden Depotschein zu entrichten ist. Für dir schon vor dem 31. December d. I. niedergelegten Papiere der bezeichnet«» Art tritt die Erhöhung der Mindestgebuhr erst mit dem im Laufe de« Jahre« 1894 beginnende» neuen Depositiout- jahre tu straft. Berlin, den 1. November 1893. «etchstznnk-rteeetsrtn». Koch. Elalleakamp. 1 ,« Politische Tagesschau. * Leipzig, L. November. Nack dem, tva« jetzt über den nächstjährigen Artchstzn««- H«lt««tat verlautet, sollen die Ueberweisuagen an dir Bundesstaaten pro 1894/95 im Ganzen aus rund 855 000 OVO »E veranschlagt sein, wovon aus die Zölle und vir Tabaksteuer 230 800 000, die Branntweinsteuer lOO000000 und dir ReichSstrmpelabgabeu 24 500 000 entfallen; e« würde da» rin Mehr von 6 000 000 gegen 1893/94 ergeben. Da die Mehrausgaben, welche dem Reiche durch die neue Militairorganisation erwachsen, auf 57000000 Mark veranschlagt werden, so würden, wenn der Reichstag nicht für Erschließung neuer drin Reiche zu Gute kommender Einnahmen mit Sorge trüge, nicht weniger als mindesten- fünfzig Millionen Mark durch die Matricular- «mlageu gedeckt werden müssen, wobei eine Steige rung der Matricularumlagen durch sonstige unabweisbare Mehrausgaben, wie z. B. den ReichSzuschuß zur Invaliditäts- Versicherung ,c„ gar nicht in Betracht gezogen sind. Auf den Antbeil Preußen» allein würde ein Betrag von 33 bis 84 Millionen Mark entfallen, zu dessen Deckung, wenn diese nicht auf dem unwirtbschastlicken Wege der Anleihe erfolgen soll, ein Zuschlag zur Einkommensteuer von mehr als drei Monatsraten nolhwendig sein würde. Die verbündeten Regie rungen werden daher am preußischen Abgeordnetenhaus^ wenn dieses in dir ElalSderatbungcn tritt, eine Stütze bei ihrer Bemühung finden, dem Reichstage die absolute Notb- wendigkeit der Erschließung neuer Steuerquellen für das Reich darzulegea. Die Krise in vefterrrtch zieht sich in die Läng«. ES liegt etwa- wie Symbolik in den Schwierigkeiten, welche die Personenfrage der neuen parlamentarischen Coalition bereitet. Diese Coalition ist eine Schöpfung der Verueinuna, das Werk der Abneigung gegen den Grasen Taafse, sein Cabinet und seine unberechenbaren Geniestreiche: ibre Schaffenskraft wird stofflich wie zeitlich in sedr enge Grenzen gebannt sein Aus die Dauer wird sich die deulsche Linke nicht mir den Feubal- conservativen de- Grafen Hohenwart zusammcnspannen taffen Auch das Ministerium Taaffe ist vor 14 Jahren als eine Art CoalitionSministerium ins Leben getreten, aber nur allzubald waren die deutschliberalen Elemente zum Ausscheiden genoibigt, woraus das Ministerium die Etikette eines über den Par teien stehenden CabinetS annahm. Tiefwurzclnde Gegensätze sind zurückzudrängcn, wenn eS sich um ein längeres Zu sammenwirken der drei Parteien bandeln soll, die sich jetzt zum Sturze Taaffe'S verbüudet haben. Zu diesem Zwecke reichten die gesammelten Kräfte der Coalition auS. ein wirk liche- Regierung-Programm zu schaffen und durchrusübrrn, wird sie nicht vermögen; daS Höchste, wa« sie je in schöpferi schem Sinne zu leisten im Stande ist. wird ein Nolb- programm sein, da- den einzigen Zweck bat, den verfahrenen Reichstarrcn aus dem Sumpfe Taaffc'sckcr StaatSweiSheit herauSzuzirhen. Darum soll an die Spitze de- neuen Ber- legenbeil-cabinet» womöglich ein Politiker von mittlerem Range treten, keine Null, denn damit gäbe sich die Coalition selbst eine Blöße, aber auch kein Mann von scharfem Gepräge, denn «S soll und darf in diesem Augenblick kein Präjudiz der weiteren politischen Entwickelung geschaffen werden. Fürst Alfred Windischgrätz wäre so reckt die Persönlichkeit gewesen, die allen An forderungen der Stunde entsprochen batte. Er ist der Sprosse eine- der angesehensten AdelSgcschleckler de- Reiche«, conservativ, aber kein Fanatiker des Rückschritt-, eine zu vornehme Natur, als daß er an dem wüsten Treiben der Anliliberalen vom Schlage der Lueger. Schneider, Geßmann und Genossen Geschmack finden könnte, seiner deuischen Abstammung bewußt genug, um der Slawisirung de- deutschen Sprachgebiet« zu widerstreben, andererseits doch lange genug in die Schule Hvbenwarl'S gegangen, um vor dem Verdachte eine- G-rmanisatorS sicher zu sein — kurz, ganz der Mann, zwischen den in der Coalition zusammcn- aesaßten Gegensätzen zu vermitteln und die Geschäfte „bis aus Weitere«" zu führen. Nun beißt eS, Fürst Windischgrätz zögere au- Gründen privater Natur, da« Erbe Taaffe S zu über nehmen, der Gedanke aber, dem deutschliberalen Freiherrn v. Cblumecky, dem derzeitigen Präsidenten de« Abgeord netenhauses, die CabinetSbildung zu übertragen, stoße aus den Widerstand der Conservativen. Da auch Graf Badeni, der Statthalter von Galizien, wegen seiner Unenibebrlichkeit aus dem Posten in Lemberg für« Erste als künftiger CabmetS- ckcs außer Betracht bleiben soll, ist e« nicht unwadrscheinlich, daß jetzt die Namen einzelner Hrrrenbau-milglierer in den Vordergrund irrten werde», unter Venen wohl Fürst Schön- burg die nächste Anwartschaft auf die Berufung zur CabinelS- bildung hätte. Doch wäre e« ein müßige« Spiel, sich in Vermutbungen hierüber zu ergeben, da ovrau«s>chllich dir Rücklebr de« Kaiser« Franz Joses nach Wien, die jetzt für de», b November in Aussicht genommen ist,- die Entscheidung bringen wird. Die neuen frauz-stsch-russtsckrn verdrützerungSfefte habe», wie sich allmählich drrauSstellt, dock einen etwa- ernsteren Hintergrund, als bieder vielfach angenommen wurde. Man erinnert sich, daß vor einigen Wocken viel von der Ueber- laffung einer französischen Floltenftalion im Mittel- meere an Rußland für sein Mntelmeerzeschwader ge sprochen wurde, daß man Ajaccio al« solcke Station be- zcicknele und daß die- russischcrseil« ebenso in Abrede gestellt wurde, wie die Bildung eine« Mitlelmeergesckwader« über haupt. Wie wenig berechtigt letztere« Dementi war, ersieht man jetzt daraus, daß da« russische Miticlmeergeschwaber tbatsächlich gebildet ist und auch im Mittelmeerr ver bleibt. Mit dem Dementi der Nachricht von der Ueberlassung Ajaccio« oder eines anderen Hafen« al« Flottenstation an Rußland bat e« aber, wie der „Kreuz-Zeitung" au« Pari« berichtet wird, seine eigene Bewandlniß. Einen einzelnen Haien hat die französische Regierung an Rußland allerdings nickt abgetreten. Allein sie ist weiter gegangen, sie bat den Russen alle franzö sischen Häsen im Mitlelu.eere zur Verfügung gestellt, da« russische Geschwader wird daher der Ueber- lassung einer besonderen Station nicht bedürfen und sich für seine Zwecke aller französischen Häsen bedienen können. Die bezüglichen Weisungen sind bereit- ergangen, und »lan wird nun die russischen Schiffe bald da, bald dvrt im Mittelmeer auitaucken sehen. Eines besseren Beweises für die maritime Verbrüderung »nd für da« beabsichtig»? französisch-russische Zusammenwirken zur See bedarf e« nickt. Die sranzösischen Blätter sind denn auch de« Jubel« voll. Eie colpvrtirt, wie uns beule telegrapbisch aus Pari- gemeldcl wird, ta- Gerückt, auch Spanien werde demnächst dem sranco- russischeu Büudniß beitreten und dieser Beitritt werde in nächster Zeit durch den Besuch der vereinigten franco- russischen Flotte in einem spanischen Hasen besiegelt werde». Andere Pariser Blätter constatircn mit Gcnugtduung, daß da« russische Miiielmecrgesckwader ui» 2 Kreuzer vermehrt werde und jercrzcit bereit sei, für Frankreich gegen die an dringliche Politik England« in Marokko zu rraairen. In England, gegen da« sich ein französisch-russische« Zusammen wirken zur See natürlich in erster Linie richtet, ist uia» daher in begreislicker Unruhe. Wie un« der Telegraph au« London berichtet, schieiben die .Time»": „Englinv uiuß in Zukunft seine Politik zur Lee unter der Annahme führen, daß eine gewaltige Conibmalion feindlicher Flotten uuter gewissen Umständen Euglaub in> Mittelmeer gegenübersteben könnte. Dieser Gedanke muß auch bei England« diplomatischen Beziehungen in« Gewicki sallc»." Die .Time«" scheinen mit vieler Aeußcrung den engeren Anschluß Englands an Deulsch- land und Italien zu meinen, dir ja immer gut genug sind, da« selbstsüchtige nculrale Albion zu schützen, wenn c« von seiner JsoUrung eiue Schädigung besorgt. Ein in unserer beuligen Morgenausgabe wiedergrgebencS Telegramm auS der spanischen Hauptstadt läßt erkennen, daß die Kort« von Melissa bi« Moniag von den Riss- Kabylcn eingeschlosscn waren. General Ortega ver drängte sie, derselben Meldung zufolge, am Moulag aus ihren Stellungen; ob die« aber in entscheidender Weise geschah, oder ob eS ibm nur gelang, den Fort« Leben-mittel und Verstärkungen zuzusübren, bleib« abzuwarkkn. Da« Letztere ist wahrscheinlicher. Nack rer „Epoca" war am Freitag die tele phonische Verbindung zwischen den Fort« und der Festung Mettlla »nterbrocke», so daß also anzunebuien ist, daß die Einschließung derselben durch die Kabylcn schon damals erfolgte. „Nacht der Beängstigungen" überschieibt taSeden genannte Blatt in seiner SoiintagSniimnier den ersten der Artikel, welche den Vor gängen vom Freitag und Sonnabend gewidmet sind, und in der Tbat herrschte >n Madrid in rer Nacht zum Sonntag große Unruhe; vor den Ministerien, namentlich deiiiienigen deS Kriegs, und andere» öffentlichen Gebäuden fanden Massen- lundgedungrn mit Hochrufen aus die Armee und, wen» auch noch vereinzelten, feindseligen Rusen gegen die Regierung statt. Die „Epoca" macht ihr eine» Vorwurf daraus, daß sic daS Dragonerregiment von Santjazo nach Melilla de crdert habe, statt eine« der acht Lancier Regimenter z» wählen, da die Lanze auf unbiSciplinirte Barbaren einen ganz anderen Eindruck macht als der Säbel. In Wirk lichkeit wird e« hierauf weniger ankommcn, als aus eine verständige Führung; eS ist schwer zu begreifen, daß Margallo mit 9000 Mann eine vier Kilometer lange Linie gegen eine mehr als zehnfache Uebermacht halten zu können glauben mochte, zumal da die Veiten Hauptstützpnncte der selben, daS Kamcclsort und da« Fort Rostrogroto, 3 km weit von einander entfernt sind und der Zwischenraum durch den Oro-Fluß noch in zwei Tbeile getrennt wird. Margallo siel, als er am Sonnabend früh aus dem Ziegenbirten-Fort, wo er die Nacht zugebrackt hatte, eine» Ausfall machte, um zu einer mit LcvenSinitteln für die Forts berannakenven Colonne zu stoßen. Sein Leichnam und zwei von den Kabylcn genommene Kanonen mußten in wildem Handgemenge mit dem Bajonett diesen wieder abgrrungen werden. Die Verlegenheit, in welche durch die Melilla-An- gelegen heil auch der Sultan »an Marakka sich versetzt siebt, wird vielleicht von den Franzosen zu einer raschen Besetzung der Tust-O a sen benutzt werden. Der Zug Mulei Hassan s nach de», Süden batte dstnnntlich u. A. de« Zweck, diese Oasen wieder in feste Verbindung mit seinem Reiche zu bringen. Die- war denn auch der Grund, weshalb die Franzose» in ihrer festen, in der Sahara gelegenen Station El Goleah eine Streitmacht von etwa >500 Man» ansannnelten Dieselbe sollte die Vorgänge auf den Tuns» Oasen, nack deren Besitz Frankreich ja schon lange trachtet, beobachten und »ölhigcnsallS dort cingreisen. Nachdem sich jetzt der Sultan genoibigt sab, in Eilmärschen wieder a«n Norden auszubrechen, um die Kabylen deS Riffs zur Raison zu bringen, liegen die Oasen offen vor den Franzosen da, und eS fragt sich sehr, ob sic der Versuchung werden wider stehen könne» Bekanntlich har schon vor einiger Zeit angeb lich i» der Nachbarschaft El Goleab« ein blutiger Zusammen stoß zwischen einer kleinen französischen Truppenabtheiluag und eiiicr Sckaar Tuareg- stattgejundcn, welcher immerhin einen Borwand zu weiterem Bordringcn geben könnte. Es verlautet den» auch, die Colonne von Cl Goleah solle noch in diesem Winter nach den west-südwestlich von dem eben ge nannte» Plincic gelegenen Oasen von Gurara marschirrn, um sich von dort ziemlich in südlicher Richtung nach denen von Ain Salah vorzuschiebc». Dort würde sie noch etwa zehn deulsche Meilen von den weiter westlich gelegenen Tuat-Oasen entfernt sein. „Die afrikanische Blase", nennt da« Londoner „Daily Ckronicle" den Matedelck»4rg, über den das Blatt eine Reihe von Aussätzen bringen wird, aus deren erstem bereit- bervorgebt, daß England vor der Veröffent lichung einer Art von Pana ma-Scand al stedt. Cecil RhodeS, der Cap-Premier, ist nach dem „Daily Cbronicle", wie bereit« kurz gemeldcl, ein gewissenloser Ldentenrer, einer der waghalsigste» Spekulanten de« britischen Reiches, der sich zu einer riesigen Höbe rmporgeschwiadelt bat, u», fick ein Rothschild'scheS Vermögen zn erwerben »ind eine Machtstellung in Südafrika zu erlangen, um die ihn ein Warren Hastings beneiden dürfte. Mit Hilfe einer unwissenden Presse trieb er die Antbeilschrine feiner Gesellschaft in die Höhe, um sie beim Publicum mit un geheurem Gewinn abziisetzen. Urbyr di« südafrikanischen Zeitungen und Telegrapheiilinien gZsirte er unumschränkt, so daß deute noch alle Drahtnachrichten auS Südafrika der bloße sclavische Widerhall seiner Ansichten seien. Falschheit und Blut kennzcichnen den Lauf seiner Gesellschaft von An beginn an. Sie habe kein Gold gefunden, keine Dividenden erzielt, nicht« Anständige« geschaffen, nur die Gründer der Gesellschaft, Cecil RhodeS und seist« Helfershelfer, hatten ihr Vermögen gemacht. Dem armen Lobengula habe man die Concession in betrügerischer Weis« abgerungen, kurzum, daS „Cbronicle" kommt zu folgenden Schlußfolgerungen: ersten« daß die Gesellschaft ein bloßer Schatten sei, der königliche Freibrief müsse ibr entzogen werde»; zweiten- habe sie diesen Freibrief unter salsckem AiiSbängrickild erlangt; drittens habe sie die Bestimmungen de« Freibriefs durch «Spekulation in Antheil- scheinc» verletzt; vierten- habe Lobengula der Gesellschaft nie daS geringste Verwaltung« - und Regierung-reckt gegeben; sünsteuS sei die Gesellschaft tbatsächlich baukbrUckig, daher rühre der Blutfcltzug nach Matabcleland, und sechsten« habt sie die RcichSunlerftützung zu einem Deckmantel für Börsen* ^ruiUetsn. Die quade Foelke. -7s Iiichdr»a »ee»»ie» Roman aus der EmSgau. von F. stlinck-Lütetsburg. (Fortsetzung.) „Glauben Sie, Herr Hellwald, daß Bernd verurlbeilt Wird?" fragte sie endlich. E« war da- erste Mal, daß er seinen Namen auS ihrem Munde hörte. Es berührte ihn seltsam. „DaS wird von Umständen abhänzrn. Dem wissentlich und böswilligen Meineid folgt eine harte und gerechte Strafe", eutgegnete er kalt. „Ein solcher ist Vier verübt worden oder — ttveiseln Sie?" Er richtete seine Augen mit einem Ausdruck auf Foelke, der ihr da« heiße Blut in die Wangen trieb. „Sie wissen, Herr Hrllmald. Bernd hatte einem unseligen Laster sich ergeben", suchte sie diesen zu vertheidigen. „Vielleicht hat er nach bestem Wissen auSgesaat." „Diese« Laster wird ihn nicht schütze«, dir Folgen seine« Verbrechen- zu tragen." „Sie — Bernd'« Dertheidiger — Hje sind von seiner Schuld überzeugt?^ „Vollständig. Er hat mit Wissen und Willen einen Meineid geleistet, um Sie als böswillige Brandstifterin dem Grfängniß zu überliefern." Foelke schloß vorübergehend die Augen. E« war de« Furcht baren zuviel, wa- in diesem Augenblick aus sie rinstürmte Als sie wieder zu Hellwald ausdlickte, lag der Ausdruck eine- hohen Grabe- von Srelenangst in ihrem blassen Gesicht. „Sagten Sir nicht, daß Sie Bernd s Brrtdridigrr seien? Denn Sie ihn aber so verdammen — wo soll er den» Bei stand finde» ?" .Ori mir, soweit ick einen solchen ihm zu gewähre» im Stande bin", eutgegnete Hellwald beinade kalt. Koetkr's sichtbare Angst um einen elenden, verworfenen Menschen reizte und erbitterte ihn. „Bernd Brun« kann nicht gerettet werden? Er ist seine» Geschick verfallen? O, mein Gottl" Sir bedeckte ibr Gesicht »it bede» Händen, nm di« hervorstürzendea Lhrine» zn »erdertzr» Hellwald blickle finster auf die junge Frau. „Sir können ibn retten — Frau BrunS." „Ich? O, mein Gott — wie? Sagen Sie nur wodurch, ich will Alle« tdun, wa« ich sann. Er darf nicht im Gcsängniß enden. Oh! Oh!" „Treten Sie als Zeugin für ibn ein. Bekennen Sie sich schuldig, Foelke Meinbardi, und befreien dadurch einen Ver brecher, damit er sein Gewerbe, gute Menschen in- Verderben, in Schmach und Schande zu stürzen, sorlsetzcn kann. Ist da« recht?" „Herr Hellwald —. o, mein Gott, warum macken Sie mir einen Vorwurf daran«, daß ich nicht mehr weiß, wa- ich tdun soll, um da«, wa« ich eine« Tage« gelobt habe, zu kalten, und dock Niemandem zu schaden? Ick kann nicht glauben, daß eS einen Menschen giebt, der au« bösem Willen bandeln konnlr, wie Bernd gebandelt hat. Irgendwo ist ein Punc«, der zu seiner Entschuldigung bervorgehoben werden kann Denn Sie seine Vertheidigung übcrnomnien haben, dann giebl eS für Sie auch Mittel und Wege, ihn vor einem enisetzlicken Ende zu bewahren. Sie werden nicht von mir erwarten, daß ich ein falsches Zrugniß abgeben soll." „So verweigern Sie Jkr Zrugniß. Sie können e» al« Ehesrau de« Angeklagten. Machen Sie von dieser Mckde de« GesenrS Gebrauch." „Die Ehescheidung ist bereit- cingeleitet", sagte sie mit tonloser Stimme. „Ziehen Sie die Klage zurück, noch ist e- Zeit. Die ganze Sache kann alSdann einen für Sie, wir mir scheint, wünschen«- werihen AuSgaug nehmen." Sie war so ganz von der Angst und Sorge um den AuS- aang erfüllt, den e« mit Bernd BrunS nehmen würde, daß sie kein Lbr für den Kittern Hohn hatte, der in Hellwald « Worten lag. Sie schauderte indessen zurück. „Nie —nie!" kam r« über ibre Lippen. „Sie können da« nicht verlangen." Und indem sie diese Worte sprach, schien plötzlich die grenzenlose Schwäche von ibr zu weichen. Sie richtete sich aus. ibr Gesicht war grifterblrich. Dann stand sie Hellwald hochaufgerichtet gegenüber. „Wenn mein Gefühl mich nicht ir,«leitet, dann haben Sie auch al« Anwalt nicht da« Recht, eine» Zeugen zu irgend einer Aussage zu überreden Welchen AuSqana Bernd' Proeeß nimmt, steht in Gotte« Hand. Ich will auch Alles thun, was seine Lage erleichtern kan», aber nichts, das mich m,t meinem Grwiffrn in Zwietracht driugrn wird. Wenn ich aesrag» »eich«, so will ich offen und ehrlich di« Wahrheit bekeauen. aber auch jede Entschuldigung geltend machen, die seine Strafe mildern kann. Sagen Sie ibm da-, Herr Hellwald." Er mißverstand ihre letzten Worte nicht — sie wollte allein sein. Wie würde e« ibm ,eiua>« möglich werden, sie ihn mit anderen Augen betrachten zu lebren? Zweifellos nicht durch eine Empfindlichkeit, welche in diesem Augenblick Gewalt über ihn zu gewinnen droble und ihn gekränkt ihrer Aufforderung Nachkomme» lassen wollte. „Ihre Worte befremden mich nicht, aber über den Zweck meine« Kommen- scheinen Sie sich im Jrrtbum zu befinden. Ich möchte Ihnen noch einmal sagen: Sie sind ungerecht. Um an Ihnen gut zu macken, so viel ich kann, darum will ich die Vertheidigung Bernd » übernehmen." Seine Worte und der ernste Ton seiner Stimme hatten zwar einen von ihr selbst kaum erwarteten Eindruck auf sie gemacht, ober so sehr war sie von Mißtrauen gegen diesen Mann erfüllt, daß sie auch jetzt wieder einem Ideengana sich zuneizle, der nicht besonder« schmrickelbasl für seine Eigen- lchasten sich entwickelt baden würde. Er la« in ihrer Seele: „Während Sie mich schonungslos verdammen", fuhr er fort, und er konnte nicht ganz dir Bitterkeit seiner Gefühle unterdrücken, die sich in dem Ton seiner Stimme bemerkbar machte, „sind Sie doch von einem Vorurtheil gegen mich be sangen, da- an Stärke den Gefühlen, mit welchen ich Ihnen eine« Tage« gegenüberstand, nicht- nackgirbt. Ich habe meine Schuld offen und rbrlich bekannt, ohne mich nach irgend einer Seite entschuldigen zu wollen. Um Ihnen eine Sie auf regende Befürchtung zu nehmen, bekannte ich mich al- den Verfasser jene« erbärmlichen Zeitungsartikel-, der ich dock nur indirect war. J i> wollte auch nicht um eine« Haares breite Ihnen besser gegenüber stehen, al« ich bin. Von dem Augenblick an, in welchem ich Ihnen jene- Geständniß ab- lrgtr, habe ich nach Kräften zu sühnen versucht, ich verfolgte nur noch dea einen Gedanken, da- begangene Unrecht auSzu- gleichen. E« war zu spät. Wenn au« meiner Unwissenden nicht schlimmere Folgen für Sie entstanden, s» danken Sie sich das selbst — nicht »>r Ich habe aber dnrum von jenem Zritpuact an Ihre Jaterrssea vertreten, wann nnd w» ich tonnte, so wenig Gelegenheit mir dazu nnch geboten wurde. Die Tdeilnabme für Sir allein bewog mich, der Aufforderung Bernd'« nachzukommen. Indem ich feine Vertbeidigung über nehme. bindere ich neue Angriffe gegen Sie Sie Hoden nicht da« Rech«, diese Vertretung von eine« andern Staudpunct aus »n betrachten " Röche nnd Btäfi« hatte» in ihre« Gesicht gewechselt, ihr« Augen waren mit einem Ausdruck auf ihn gerichtet, der ihn seltsam berührte. Große fragende Kinderaugen hätten nicht verwunderter blicken können. „Ich möchte noch weitere Gründe für mein Vorgehen an geben, nur fürchte ick, Ihr Vornrtbeil wird Die bindern, diese anzuerkennen, Frau — WM», fuhr er plötzlich fort, und die bi- z» diesem Moment^M Schau getragene Ruhe war vollständig von ihm gewichD^ „ist e« Ihnen denn un möglich, wenn nicht zu verzeihen, doch eine Entschuldigung in Jugend, Uncrfabrenbeit — sügen Sie auck noch den Leicht sinn hinzu — zu finden? Können Sie nickt glauben, daß der redlichste Wille — ja, der beiße Wunsch, Sie vor fernerem Leiv zu schützen, mich allein bestimmte, mich mit einem Manne in Verbindung zu seuen, den ich härter vcrurtbeile, als ich jemals einen gemeingefährlichen Verbrecher verurtbcilen würde?" Kein Wort kam Uber ibre Lippen. Da« soeben Gehörte batte sie vollständig überwältigt. Noch einmal blickte sie zu ibm auf. War eS der Assessor Hellwald, der so zu i.-r sprach? Im Geist sab sie ihn vor sich, wie er ibr zum ersten Male gegenüber gestanden — in dem finsteren AintSgerichlSaebäude. Konnte e« derselbe sein? Heiße Rötbe stieg in ibre Wangen und ergoß sich bi- über da« kleine Ohr und den Nacken. „Frau — Foelle, können Sie mir nicht glauben? Halte« Sie mich einer offenen Lüge fähig, oder — können Sir nicht vergeben ?" „Ich habe Ihnen nicht« zu vergeben Sie bandelten nach Ihrer llebrrzeugung, und ich glaube, Sie werden in Zukunft mehr Vorsicht beobachten", entaegnete sie, kaum hörbar. Ihre Worte befriedigten ibn nicht im Entferntesten» er Kälte nur eia versöhnende» Wort au« ihrem Mund« hören mögen. „Aber Sie werden nicht glauben, daß irgend ein anderes Motiv mich mit Bernd BrunS in Verbindung setzen ließ, als da« Verlangen, Ihnen zu nützen?" „Lassen Sie mich darauf keine Antwort geben, Herr Hell wald. E« ist Alles so seltsam — ich kann es nicht jetzt", flüsterte sie mit gesenktem Blick. Sir batte nur da- eiue Lertaagea, mit dem, was ihre Seel« bestürmte, allein zu sein. „Ich will geben. Frau Foelke", sagte er, als ob er ihre Gedantrn rrraiben könne. Bezüglich Bernd« muß ich noch weitere Rücksprache mit Ihnen nehmen oder —", er stockte unwillkürlich — „würde eine abermalige Begegnung mit «ir Ihnen unangenehm sein?" „Nein, Herr Hellwald." «*ht<Msda WchNninM,
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