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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931104022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893110402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893110402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-04
- Monat1893-11
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Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tauis. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe . ohne Poitbesörderu»> ^4 M.—, mit Postb«sörderu«g 70.—. Tiunahmeschlak für Anzrizea: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,S Uhr. Bet den Filialen und »nnadmestellen i« ein« halb« Stunde früher. 8»zeige» such stet« au die Expedits»» zu richten. Druck und Verlag von L Polz in Leipzig. 5K4. Sonnabend den 4 November 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 5. November, Vormittags nur bis V-9 Uhr geöffnet. LxpeäMon äe8 L-elprlxer ^«xedlatles. Politische Tagesschau. * Leipzig. 4. November. Ir näher der Wiederzusammcntritl des Reichstag« rückt, um so günstiger scheinen sich die Aussichten für die AeichSsinanzrefer« zu gestalten, die noch vor Kurzem sehr trübe waren. Man befindet sich eben in der Zwangslage, entweder neue Einnahmen im Reiche schassen, oder eine bedeutende Neubelastung der Matricularbeiträge der Einzelstaaten vornehmen zu müssen, lieber diese Zwangs lage kann auch die gewandteste Dialektik und die entschlossenste Opposition nickt htnweghelfcn. Da die Neubelastung der Matricularbeiträge wegen der bleibenden Nalar des Mehr bedarfs, für dessen Deckung sie bestimmt wäre, eine dauernde sein würde, so würden die Einzelstaaten sich ihr gegenüber nicht mit augenblicklichen uud einmalige» AuShtlsSmitleln abfinven können, sondern sic würden eine entsprechende Vermehrung ihrer regelmäßigen Ein nahmen vornebmcn müssen In Preußen z. B. würde man zu einer Erhöhung der Einkommensteuer um mindestens 30 bis 40 Millionen schreiten müssen, uud ähnlich würde eS in den anderen Bundesstaaten gehen. Das will Niemand. Also bleibt kein anderer Ausweg, als die eigenen Einnabmen des Reich- zu verstärken. Dieselbe Rücksicht aus die Finanzlage der Einzclstaalen, welche zur Vermeidung der Erhöhung der Matricularbeiträge zwingt, macht auch die Verhütung derartiger Msprüchc des Reichs an die particularstaatlichen Finanzen für die Zukunft dringend wünschenSwerth. Eine, wenn nicht „aus die Ewigkeit", so doch aus einen längeren Zeit, raum berechnete feste Regelung de« finanziellen Vcr- bällnisseS zwischen dem Reich und den Einzclstaaten ist ein hervorragende« Interesse der letzteren, aber auch de« Reichs. Streitig kann dabei nur sein, ob diese Regelung cinsach dahin zu treffen sei, daß jeder der beiden Thellc seine sämmtlichen Bedürfnisse allein zu bestreiten habe, oder ob, wie die Regierungen planen, den Einzelstaaten eine feste Summe auS den Einnahmen de« Reichs zugewicsen werden solle. Nachdem die Einzelstaaten Jahre hindurch sehr Hohr Ueberschüffe vom Reiche bezogen haben, ist c« begreiflich, daß ihnen eine, wenn auch erheblich mäßigere, aber dauernd gesicherte derartige Dotation sehr erwünscht sein würde. Und für Preußen wird die Finanzverwaltung den Nachweis führen, daß eS eines Zuschusses vom Reiche in Höbe von mindestens 25 Millionen nicht entbehren könne, wenn da« Budget ohne Erhöhung der Einkommensteuer im Gleich, gewicht erhalten werden solle. Aehalich« Darlegungen sind von den meisten anderen, namentlich den kleineren Bundes staaten zu erwarten. Dem Gewichte derselben wird man sic» um so weniger verschließen können, als der national- politische Werth einer finanziellen Versorgung der Einzel staaten durch da« Reich nicht zu verkennen ist. DaS Alle« ist so klar, ja man möchte sagen selbstverständlich, daß c« nicht aufsallen kann, wenn der Gedanke der Reform nicht nur in den ehemaligen Eartelparleien, sondern auch im Schooße des Centruins, welches sich ja der Interessen der Einzelstaaten immer besonders angenommen bak, mehr und mehr Zu stimmung findet. Die Schwierigkeit wird in der Beschaffung der Mittel zur Durchsübrung liegen. Aber auch diese Schwierigkeit wirb nicht unüberwindlich sein, wenn einerscilS die verbündeten Regierungen sich nicht aus Entwürfe versteifen, die in den breitesten Volksschichten dem entschiedensten Widerspruche begegnen, und wenn andererseits im Reichstage die zu positiver Arbeit entschlossenen Parteien dem BundeSrathc mit verständigem Ralhc zur Beschaffung der Mittel auf besserem Wege zur Hand gehen. Die Hauptschwierigkcit der Krise in Oesterreich ist über wunden, Fürst Windischgrätz bat die Bildung eine» Coalilion-ininisteriumS übernommen. Wie wir schon bcrvorgcbobcn haben, vereinigt Fürst Windischgrätz eine Reibe von Eigenschaften, welche ihn vielleicht geeignet er scheinen lassen, an die Spitze eines CoatitionSministeriumS zu treten. Er gekört deni konservativen Feudaladcl BöbmenS an, was il,n nicht bloS der Gruppe Hobenwart empfiehlt, sondern auch den Polen sympatbisch sein wird, die sich von ihm einer Beeinträchtigung ihrer Hoffnungen und Wünsche kaum werden zu versehen brauchen. Aus der anderen Seite werden auch die Deutschen keinen Einspruch gegen ikn erheben, denn er war als Vorsitzender des Ausgleichs Ausschusses einer der wenigen unter seinen Standcsgenossen, welche an dem böbmischen AuögleichSwerk sesibicllen, als die Mehrzahl sich davon lossagte; er legte in der Folge auS diesem Anlaß sein Mandat zum bödmische» Landtage nieder. Diese Haltung dürste ihn den Deutschen empfehlen. Auch an parlamen tarischer Befähigung mangelt e» ihm nicht, er ist wiederholt im Hrrrenbause wie in der Delegation activ und geschickt berrorgetreten. Fürst Windischgrätz ist 42 Jahre alt; er ist der Enkel des Fclbmarschallö und Besiegers der Wiener Revolution von 1848. Gegenwärtig ist er Mitglied des Reichsgerichts und Bicepräsikenl des Herrenhauses. ES ist eiaentbümlich, wie an unserer Weftgrenze in neuerer Zeit Schmugglerwesen und Wilddieberei zu- nebmen. In erstcrer Beziehung kommt namentlich die schweizerische Grenze in Belracht, und ein vor Kurzem vor der Straskammer de« Landgerichts Mülhausen ver handelter Proceß, in dem aus Geldstrafen in einer Gesamml- höbc von einer kalben Million erkannt wurde, bat aus diese Verhältnisse, insbesondere auf den Udrenschmuggel, ein eigenlhllmlicheS Licht geworfen. Die Wilddieberei an der französischen Grenze hört das ganze Iabr nicht auf, wenn schon eS nicht immer zn Zusammenstößen zwischen den deutschen Förstern und den französischen Wild dieben kommt. Erst kürzlich wurde berichtet, daß der berüchtigte Wilddieb Stouquc wieder ein Rencontre mit den, Förster Winkelmann gehabt habe, aber noch über die Grenze ent kommen sei. Jetzt erregt die Gcmlllhcr der neue Zwischensall, in „Liebet Eure Feinde!" Den Segen dieser Worte hatte Foclke in den nun folgenden Augenblicken voll empfunden. „Ihr sollt von mir hören, Frau BrunS — ich will » ver suchen, ob es nicht anders gebt", hatte Wolbcrich leidenschastlich auSgeruscn. Ich tauge nichts. Gern hätte ich Euch noch ein Leides getban, wenn " „Es wirk Zeit, Wolberich, Du versäumst den Zug", hatte Foelke gedrängt. Und sie war gegangen. Sic batte auch nicht mehr nach dem Hause zurückgeblickl, in welchem ihr so große Wohltbat geworden. Dann fuhr sie in die schöne sonnige Welt, in den tbausrischen Sommermorgen hinein, frei, nicht mehr mit scheelen Augen betrachtet und, nickt nur mit reichlichen Mitteln ver sehen. sondern auch durch die Zusicherung ihrer Wohllhätcrin, daß sie ihr ferner beistcben werde, vor Zukunftssorgen geschützt, so lange sic auf ebener Bahn bleiben würde. Foelke lebte still und abgeschieden von der Welt weiter. Bisweilen kam Wilhelm Adams. Später, als er gcheiratbet balle, brachte er auch manchmal seine Gattin, eine tüchtige Bäuerin, mit, die ,,'waS zuwege" schaffte. Einmal hatte auch Foclke das Elternhaus wieder betreten, aber dann war sie nicht wieder dortbin gegangen. Die Erinnerungen, von welchen sie in den alten Räumen überwältigt worden war, ballen auf lange Zeit den »lübsani erworbenen Frieden wieder erschüttert. Schwer war ihre Einsamkeit und Verlassenheit ihr auf die Seele gefallen. Sic hatte keinen Wirkungskreis — keine Pflichten. Niemand fragte nach ihr. Wenn sie ihre Armen und Kranken besuchte, kebrre sie nickt immer befriedigt heim, der Erfolg ihrer Be mühungen entsprach so selten den Anstrengungen, die sie ge macht, um zu retten, zu helfen. Ueberall begegnete sie der Lüge, der Verstellung, bänsig genug auch dem Spott. DaS konnte sie freilich nicht in ihrem Entschluß. Beistand zu leisten, wo sie konnte, wankend machen, aber nach »nd nach schwand dock, die Freudigkeit, mit welcher sie sich ansang« der selbstge stellten Ausgabe gewidmet. Fünf lange Jahre waren seit dem Tode des unglückseligen Bernd BrunS dabingeschwunden. Zuriickblickend, erschien Foelke diese Zeit wie eine Ewigkeit. Ein Tag war wie der andere dabin gegangen, kaum ein einziger batte ,hr eine Abwechslung gebracht. Von den Ereignissen de- alltäglichen Lebens wurde sie wenig berührt, unmerklich gewann eine pessimistische An- Ichauung in ibr Raum, welche sie dir Dinge im Leben mit wenig erfreulichen Blicken betrachten ließ. Nirgend« Licht — überall Schatten! Foelke kacdtc daran, den Wohnort zu wechseln, in einer großen Stadt Zerstreuung zu suchen, da der Gedanke, so fort zuleben anfing, ihr unerträglich zu werden. Ihre Sommer- rciscn, dir sie alljährlich unternommen, waren ihr immer eine Wohlthat gewesen und hatten gut aus ihr« Stimmung gewirkt, sie batte auf ihnen auch Anregung gefunden. Aber allein — immer allein. So war e« abermals Sommer geworben und sie rüstete von Neuem zur Reise. In der kleine» Stadt erschien eS ihr nock stiller als gewöhnlich, und wenn sic in ihrem Zimmer am Fenster saß und aus den verödeten Marktplatz hinausblickte, den oft stundenlang kein menschlicher Fuß betrat, dann fühlt« sie wirklich ein scbiisüchliacS Verlangen, wieder einmal hinaus zuziehen — gleichviel wohin. Heute balle sie diesen Wunsch mehr als je. Am vorher gehenden Tage war sie, seitdem sie ihre Wohnung in der Stadt genommen, zum zweiten Male im Valcrhause gewesen. Wilhelm halte Kindtaufe gehalten. Sic wäre der sroben Feier wohl fern geblieben, aber sic wollte de», Jugendfreunde reizen, daß sie innigen Anlheil an seinem Glück »ahm. Sie batte ihm ein großes Opfer gebracht, größer als sie selbst gedacht. Der Anblick des Kindes insbesondere riß alle Wunden wieder auf. die sie endlich gekeilt geglaubt, und nur mit Mühe war cs ihr gelungen, äußerlich ihre Fassung zu bewabren, um nicht eine Störung in da- fröhliche Treibe» der Gäste zu bringen Allein durste sie den trüben Gedanke», die sie seit gestern bestürmt, sich bingebcn. Tic Vcrgangenbcit mit all ibrein Herzeleid war an ihrem inneren Auge vorübergezogen und einsam und freudlos genug lag die Zukunft vor ihr. Warum konnte sie nicht vergessen und in das Lebe» sich finden lernen? Ihr fehlte ein Wirkungskreis — wo sollte sie ihn jemals finden? ES gab Augenblicke, iu welchen sie alle» Ernste- daran dachte, die Bewirtbsckaskung der väterlichen Besitzung in eigene Hände zu nebmen Rücksichten aus Wilbclin brauchten sie vor einem solchen Vorhaben nicht Abstand nebmen lassen. Sie würde ihn weder schädigen noch befürchten müsien, von ibm mißverstanden ;» werde». Er balle sogar wiederholt im Ernst und Scker; aus eine solche Möglichkeit bingewiesen. Auch beute beschäftigte sie sich wieder lebhaft mit Betrach tungen über diesen Punct, aber sie glaubte nicht, daß sie jemals den bestimmten Entschluß, aus das Land zuruckzukebren, fassen werde. Sie war dort eine Fremde geworden »nd würde eS auch bleiben. Es mußte alles bleiben, wie eS war. Die Kirchenglocken waren verballt und tiefe, sonntägliche Stille herrschte ringsum. Da hörte Foelke noch einen festen Schritt aus der Treppe, der aber gleich daraus wieder abwärt» sich bewegte. Unwillkürlich erhob sic sich. Eia Brief bei ihr war eine Scltenbeit. Von Wilhelm konnte er nicht sein, ob wohl dieser gelegentlich einmal an sic geschrieben halte. Wer sonst schrieb ihr? Ein Bück auf die Adresse de« Couverts genügte ibr, den Schreiber zu erratben. Sie erblaßte — ein Zittern durchflog ihre Gestalt. Der Brief war von dem RechtSanwalt Hrllwald. Die quade Foelke. Roman au« der EmSgau. Ws Loa F. Kliuck-Lütet-burg. rr»a»ni>k «rSoteu. (Schluß.) Foelke hatte die Wobnung de« unseligen Mädchen« aus findig gemacht und dasselbe dort eines Abend« erwartet. Noch schien nicht der lebte Funke, welcher ein Feuer entzünden kann, in ibr verlöscht. Sie hatte bei Foelke'S Anblick die Augen zu Boden gesenkt. Dennoch fragte sie finster. „WaS wollt Ihr?" „Deine Pflegeeltern sind gestorben, Wolberich, Du bist ganz allein." „WaS geht daS Euch an?" „Ich babe Deine Pslegecltcrn gekannt. Sie waren brave, rechtliche Leute, die Dich gern batten und denen Dein Schick sal am Herzen lag. Cs hat mir den Anschein, Wolberich —" und indem die junge Frau so sprach, glitten ihre Augen durch den engen, niedrigen Raum, dessen Rnordentlicker Zustand sie sörmlich erschreckte — „eS bat mir den Anschein, als ob sie in dürftigen Verhältnissen Dich zurückgelassen." „Da könnt Ihr schon recht haben", entgegnete das Mädchen in etwak gemäßigterem Tone, indem eS lauernd zu Foelke ausblickte. „Nicht einmal unter die Erde konnten sie gebracht werden." „Warum suchtest Du Dir nickt einen Dienst, Wolberich? Du kannst arbeiten, wenn Du willst." „Es mochte mich Kein- nehmen, Ihr wißt schon warum." „Die Spinnmädchen haben keinen guten Namen." „O, darum! An mir ist nichlS zu verderben. Ich habe rn leben, und — e« siebt Einem nicht rin Jeder von der Veile an." „Wolberich — und — bast Du nie an Deine Zukunst ge dacht? Ich meine, WaS nachber werden soll, wenn Du einmal krank wirst oder sonst Unglück bast?" „Was nützt da« Denken? Damit wird nicht« gebessert. Ich muß schon zufassen, wenn ich nickt verhungern will." „Wenn Du nur den Wunsch hättest, etwa« Andere- zu Werden, so wollte ick Dir schon helfen " Ein höhnisches Lächeln umspielte Wolberich'» Mund, doch unterdrückte sie eS schnell. „Womit? Ja — wenn ich Geld bättr!" „WaS wolltest Du mit Geld? Geld ist bald verbraucht, wenn man nicht- Neues hinzu verdient." „Rach Amerika wollte ich. Hier kann - mit mir nicht- »ehr werde-." „Und WaS würdest Du in Amerika beginnen?" „Es würde sich schon WaS finden. Fra» BrunS — Ibr seid ja reich, schon vom Vater her, und nun noch das viele Geld von dem Bernd dazu", suhr sie lauernd fort. „WaS ist für Euch ein Bischen Geld? Ich hab'S sreilich nicht um Euch verdient —" „Laß daS, Wolberich", unterbrach die junge Frau ernst ab während. „Wenn ich wüßte, daß Dir zu Helsen wäre, daß Du ein anderer, besserer Mensch würdest, ich wollte Dir gern beistcben. Bist Du eS zufrieden, so will ich eine Stelle für Dich suchen." In den Augen des Mädchens leuchtete eS auf »nd daS war wirkliche Freude. Ibr ruheloser Geist fand neue Nahrung. Hinaus in die Welt, überS weite Meer, wo nichts mebr an die Vergangenheit sie erinnerte! Vielleicht blühte ibr dort da« Glück, wa« sie hier vergebens gesucht. Schon schmückte die Phantasie ihr das Leben ,n dem neuen Welllkcil mit herrücben Bildern, und vielleicht zum ersten Male hatte sie ein der Dankbarkeit verwandtes Gefühl, als sie jetzt auf Diejenige blickte, welche ihr die Hand zur Rettung bot. „Frau BrunS, ist es Euer Ernst, daß Ihr mir Helsen wollt?" fragte sie unsicher. „Ja. Du wirst aber nicht mehr in die Spinnerei gehen. Ich will mit Deinem Herrn sprechen. Morgen in der Frühe kommst Du zu mir — wir wollen das Äeitere überlegen. Du brauchst neue Kleidung und nock viele- Andere. Kaum vier Wochen spater reiste Wolberich Heymann nach Hamburg ab, da- Billrt für die Ucberfahrt nach Amerika aus einem Lloyddampfer in der Tasche. Ihre vollständige Ausrüstung befand sich in zwei großen, neuen Koffer». S»e war wieder gekleidet wie in früheren guten Tagen, ihr Aus sehen batte sich gehoben. Ihr war », al« könne Das, was sie in diesen Tagen erlebt, nicht Wabrheit sein." Sie batte nicht daran gedacht, sich zu ändern, sich zu bessern. Alle Versprechungen, die sie Foelke gemacht, waren nur über die Lippen gekommen, batten aber nicht den Grund in ihrem Herzen gefunden. Von Neid erfüllt, hatte Wolberich in der Wobnung der jungen Frau verkehrt, da« ihr Gebotene gierig in Empfang genommen, ohne da« rin fGesühl von Dankbarkeit sie bewegt. In der Abschiedsstunde, als Foelke ibr alle» Glück auf den Weg wünschte, nachdem sie da- Mädchen ermahnt, nie mehr von der Bahn de- Rechten abzuweichen, da war'« der schwarzen Wolberich zu erst eigentbümlich zu Muthe geworden. Sie batte den Moment kaum erwarten können, in welchem sie ta« (yesicht ihrer Wodltbäterin zum letzten Male würde gesebeu baden. Schon war sic auf der Treppe gewesen und Foelke bereit- in ihr Zimmer zurückgekehrt. Da — stockte Wolberich'S Fuß. Sie wandte sich. Im nächsten Augenblick hatte sie der jungen Frau noch einmal gegenüber gestanden — und diese mit Thränen iu deu Auge- gefunden. den Waldungen bei Schirmeck, über den wir bereit« ausführlich berichtet baden und der jedenfalls der schwerste von allen ist. die sich in jenem gesäbrlichen Winkel zugelragc» haben. Man darf gespannt sein, wie man in Frankreich diesen neuesten Fall ausnebmcn wird; anläßlich der Russen feste schrieb ein Pariser Blatt, jetzt könne man schneidiger austrctc» als zur Zeit der „Sch»äbele"-Asfaire. HossenIIich ballen sich die französischen Blätter diesmal an die Wahrheit, dann haben sic keinen Grund, sich zu echaussirc». Leider sebli es de» Pariser Journalen ersabrungSniaßig in diesem Punck aber a» der Unparteilichkeit, wie ja auch bekannt ist. daß da« Wilkkiebwesen an unserer Grenze nur deshalb blüht, weil die sranzosischcn Grenzbeamten eine so jämmerliche Schlappheit mit Inkulgcnz an den Tag legen Der Beruf unserer deutschen Beamte» ist unter tieien llmständen ein außerorkemlich schwieriger und gefahrvoller, und die« um so medr, als auch ein viel beschränkteres Waffengebrauchsrecht als i» Preußen zu ihrem Schutz gegeben ist. Der LandcSauSschnß in Skraßburg will aber von der längst als dringend empsun- denc» Erweiterung ihrer Befugnisse nickt- wissen; man ist nämlich im Elsaß de» Förstern »egen ihrer „Schneidigkeit" nicht eben grün. DaS tritt auch gegenwärtig wieder zu Tage, wo beftige Klage» gegen die Förster erhoben werden wegen der vielen Bestrafungen, welche sie in diesem trockenen Sommer wegen Forstfrevel beantragt haben. Die Presse im Elsaß befürwortet einstimmig den Erlaß einer allgemeine» Amnestie argen die deswegen bestrafte» Personen mik Rücksicht aus de» Nothstand, in dem sich die ländliche Bevölkerung bezüglich der Viehverpstegung befunden bade. Man kann dieses Ver langen für berechtigt erklären, ohne zugleich den berusStreucn Förstern einen Vorwurf aus ihrem Verhalten zu macheu. In Belgien bat, wie schon dieser Tage kurz gemeldel Worden, das vlämiscbe Volksparlament, der VollSeaad, zum ersten Male getagt uud einen sehr bcdeulsaiuen Verlauf genommen AuS alle» vlämischen Theilcn des Landes waren !20 Dclcairte erschienen. Der Antwerpcner Professor *°e Beucker ervstnclc die Session mit zündenden Worten. As war Zeit ', so sprach er, „daß alle Blamländer sich eng zusammenschlicßcn, um dem Fran-guilloinSmuS, diesem ewigen Feinde der vlämischen Rasse, lind de», von Süden der nekendc» Winde zu widerstehen. Vergessen wir unsere Spaltungen! Durch die unauflösbare Vereinigung aller ehrlichen Wzamländcr wird unsere Sache siegen. Ein Volk muß in seiner Sprache verwaltet werden". Nach der Bildung der Abtkeilungcn »nd de« Ausschusses wurde De Mae re-Li», >i ander einstimmig zum Präsidenten beS Bolksraads gewählt. Herr De Maere begrüßte die Ein führung des allgemeinen Stimmrechts als einen Vorihcil für die vlämischc Sache und suhr — sehr bedeutsam I — also fort: „Sie wissen, daß ich mit Leib und Seele der heiligen Sach« der Befreiung und WicLeranskichinnq unlcrer Rasse ergeben bin. Ich halte es mit der Civilijation de« Nordens, mit de» reinen und starken Sitten, milder geistigen und morailschen Ueberlcgen. heit der germanischen Nationen. Der Einfluß des Süden« war stet« und ist mehr denn je süe unsere Rasse verderblich. Ich kann nicht vergessen, daß Die. welche stets aus ihren Lippen die Worte „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" sühren, aus barbarische Weise uusere arme» Brüder über ihre Grenze hinaus vertrieben haben. Alle Blamländer müssen Wilder sein: Liberale, Ulerikale dürfen nur Vornamen sein; Blamländer ist unser Familienname. Bleiben wir einig, wie die Kinder einer und derselben Familie! Man weiß nicht, waS vom GefichtSpuncte der Natioiialüiten aus kommen kan». Was wir sagen d rsen, ist, baß, waS auch komme» mag, wir bis zum Tode Biamlandcr bleibe» werden." Stürmischer Bestall folgte dieser Rede. Der BolkSraad nahm Namens de« vlämischen Volkes folgende Forderungen an: Einführung der Vertretung der Minderheiten. Tie Mitglieder de« EassalionShofcs müssen vlämisch verstehen. Auck' bei den Brüsseler und Brabantcr Gcrichtsbösen, bei den Polizei- undMililairgcrichtcn muß, falls derAngcschuldigte nur vlämisch versiebt ober die Anwendung dieser Sprache wünscht, das ganze Vcrsahren in vlännscher Sprache geführt werde»; dasselbe gilt von den Eivilprocesscn. Alle von den Vlamländern Gewählten müssen in den Kammern, iu den Provinzal- uud Gemeinderätben nur vlämisch spreche». Erweiterung der vläiiiischcn Vorlesungen an der Genier Universität, bis diese Universität eine rein vlämischc geworden ist. Anstellung von nur der vlämischen Sprache mächtigen Lehrern uud das Vlämischc als alleinige Unterrichts sprache in allen Schulen der vlämischen Gebiete. StaatS- zuschüsse nur an solche Schulen, welche die gesetzlichen Be stimmungen über das Blämische erfüllen Der Präsident schloß die Session mit den Worten: „Bleiben wir einig im Handel»! Wir wollen weder Vorrechte, »och Vergünstigungen, sonder» nur unser Recht! DaS ist unsere Stärke!" I» bohem Maße gehoben und begeistert trennten sich die Delcgirten. Es ist zweifellos, daß nicht nur ihre Beschlüsse, sondern auch der patriotische nationale, an tifra »z osi sch e Geist, welcher sic durchdringl, von großen Folgen sein werten. Wie auö Frankreich berichtet wird, will man dort die Meldung, daß de» russischen Schissen die französischen Häsen im Miltelmeere zur Verfügung gestellt werden, nur in dem Sinne gelten lassen, daß cs sich um kein außer gewöhnliches Zugeständniß handle, sondern »nr um ein Recht, da« auch den Schiffen anderer Staate» eingeräumt sei. klebrigen« beißt cö neuesten-, daß das russische Geschwader sich doch aus eine bestimmte Station stützen werde, wobei es sich jedoch nnr um eine Koblcnstatian handle, und zwar wird al- solche der Hasen von Villafranca bezeichnet, mit de« Beifügen, daß dies keine Neuerung bedeute, indem di« Be nutzung diese- Hafens al» Kohlcnstation den Russen schon vor langen Iabre» eingeräumt worden sei. Der Besuch de« russischen Geschwaders in Ajaccio ist übrigen« einer Re- cogno-cirung, ob sich der Hase» zu einer Floltenstalion eigne, scdr äbnücb. »nd die Aeußerungc», die Admiral Avellan dort bezüglich de« WieterkommenS gethan, deuten darauf bin, daß diese Annahme zutreffend sei. Die den Engländern durch die neue französtsch-russische Verbrüderung und da« Verbleiben der russischen Flotte in» Miltclmeere bereitete Sorge bat den Leiter de« Mariue- aints, Lord Spencer, veranlaßt, vorgestern in beruhigen dem Sinn sich zu äußern, lieber diese Acußerung, über die schon im Morgenblatte kurz berichtet worden ist, liegt heute die folgende ausführlichere Meldung an- London vor: „Be, dem in Sheffield abgehaltenen Jadresesse» der dortigen Mrfierschiniedezunst beauiworleie der Muriueminisicr Lord Spencer e»ien Trinkipruch aus da« Wohl des Ministeriums mit einer Rede, in deren Perlause er die nnSwäriiae Politik der Regie, xung berührte. Mein College Lord Rosebery, jagte er, ist ent. schlossen, so lange er im Amte ist, die besten Uebrrlieserungen dex
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