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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931107026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893110702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893110702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-07
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DteErvedition ist Wochentag« ununterbrochen geSssnet von früh S bi« »bend« 7 Uhr. Filiale«: Ltt« Le»«'« Porti«. (Nlfrrtz Hoho). UniversitäUstrah« 1, Lost« Lisch». Aetharinenstr. 11. pari, und KSuiptplatz 7. Abend-Ausgabe. rimMr.MgMM Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. ««zelgemPrei» die Sgespaltme Petitzeile 00 Pfg. Reclamr» unter dem Redo«t1o»«strtch (1 ge spalten) ÜO»t, vor den Familienna-chrichtr» (kgespalten) «Och. Größere Echristen laut »nsrrem Preit- verzelchnib. Tabellarischer und Zsfsernsotz nach höherem Tarif. E?trn-Beila«rn (gefalzt), anr mit der Morgen.Au^gab«, ohne Postbestlrderung ^4 SO.—, mlt Postbesörderung 70.—. 'Xnnalsweschluk für AnMßea: Abend-Aurgab«: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-Au-gab«: Nachmittags «Uhr. Sonn- nnd Festtag« früh ' ,S Uhr. Bet den Filialen und Annabmestellan je «ine halb« Stunde früher. Anxrigea sind stet« an dl« Er>e«itio» za richten. Druck aud Verlag von L. Polz tu Leipzig. ^?5KS. Dienötag den 7. November 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 7. November. Nachdem am Sonntag der Gesetzentwurf, betreffend die oupenoeittge Ordnung «er ReichSfluauzeu. bekannt geworden ist — aber bei Leide nicht durch den „Reichs an zeiger", über dessen Zweck hoffentlich demnächst im Reichstage eine An frage an den Herrn Reichskanzler gestellt werden wird, sondern durch eineu ParlamentSberichlerstatlcr —, werden jetzt auch die Begründung und die Denkschrift bekannt, die den Entwurf begleiten und erläukern. Aber wiederum nicht durch den „ReichSanzeiger" und nicht zusammen, son dern verzettelt in verschiedenen Blättern und, wie e« scheint, nicht einmal im vollen Wortlaute. ES kann nicht auSbleibrn, daß diele seltsame Art der Ver öffentlichung so wichtiger Aktenstücke bei den Mitgliedern dcS Reich-lagS denselben Unmuth erzeugt, den er in der Presse erregt. Uebrigen« enthalte» Begründung und Denkschrift kaum irgend etwas, was die Officiösen nicht schon früher zu melden gewußt haben. Bemerkenöwerlh ist nur, was die Denkschrift über den Fonds zur Ausgleichung von den nach der Rechnung sich ergebenden Fehlbeträgen und über die Bestimmung des ß. 5, nach welcher zur Deckung eine« im ReichhauShaltSelat bei den fortdauernden Ausgaben und den einmaligen Ausgaben de« ordentlichen Etats sich ergebenden Fehlbeträge-, soweit dafür nicht der Au-gleichungSfondS eiuzutrrren bat, Zuschläge auf die dem Reiche zustehenden Verbrauchsabgaben gelegt werden können. Diese Bestimmung konnte leicht so ausgcfaßt werden, als ob jeder Mehrbedarf de« Reiche« in Zukunft durch Zuschläge auf die Ver brauchssteuern (Zucker-, Salz-, Tabak-, Bier-, Brannt wein- eventuell Weinsteuer) gedeckt werden sollte. DaS ist indrß, wie auS der Denkschrift hervorgeht, keineswegs die Absicht. Der Zweck des tz. 5 ist vielmebr lediglich der, für die durch taS Gesetz eintreteade Beschränkung der Be weglichkeit der Matricularbciträge einen anderen beweg lichen Einnabmesaclor für die Balanciruna de« Elal« bezw. für die Ausübung des parlamentarifchea Be willigungsrecht« zu schaffen. Ein solcher beweglicher Factor ist in der Dhat nicht zu entbehren. Denn die Matricularbeiträge würden io Zukunft nur noch so lange beweglich sein, al« sie um mehr al« vierzig Millionen hinter den gesetzinLßiaoa Ueberwchsnngen an die Einzel- staatra zurückdleidru. Ist da« finanzielle Bedürsuiß dt« Reich« mit einem Betrage der Matricularumlagen zu befriedigen, welcher unterhalb der Grenze jener 40 Millionen bleibt, so vollzieht sich die Balancirung de« Etats ganz in der bis berigen Weise. Wird aber icne Grenze erreicht, ohne daß dauiil die Befriedigung de- ReichSbedürfnissrs bewirkt wäre, so versagt die alte Balancirunzsweise; statt deS bisher stet» zur Verfügung stehenden AuSkunftSiiiittel« einer Erhöhung der Matricularbeilräge muß, wenn man nicht einer schlechterdings irrationellen Anleihewirthschafl verfallen will, ein andere« Mittel zur Hand sein. Der bei der EtalSausstellung sich ergebende Fehlbetrag ist zunächst dahin zu prüfen, ob und inwieweit er durch den rechnungs mäßigen Fehlbetrag eines vorangegangenen Jahre« ent standen ist. BiS zu dieser Höbe ist er auS dem AuSgleichungSfondS zu decken. Soweit der Fehlbetrag aber einen Bedarf de« neuen Etat- enthalt, soll die Möglichkeit geboten werden, durch vorübergehende Zuschläge zu einer oder mehreren der bestehenden Verbrauchssteuern, deren Object, Höhe und,Dauer durch bcsonvercS Gesetz festgcstellt werden soll, die Deckung zu beschaffen. AuS dem Vorstehenden er hellt, daß eS sich hier lediglich um einen AuSgleichssactor gegenüber den gewöhnlichen Schwankungen des Etat« in den einzelnen Jahren, nicht aber auch um da» Deckungsmittel für einen etwa in der Zukunft eintretenden dauernden Mehr bedarf de« Reiche- handeln kann. Für diesen letzteren Zweck lediglich die Verbrauchssteuern in» Auge zu fassen, würde gar kein Grund vorliegen. In Oesterreich will der .kommende Mann" nock immer nicht kommen. Er, d. b. Fürst Alfred Windisch-Graetz (die- ist die richtige, vo» der Familie selbst geübte Schreib weise de- Namen»), unlcrbanocll zwar mit verschiedenen parlamentarischen Persönlichkeiten, wrlche für die von ihm übernommene Mission der Bildung eine» Ministeriums au» den drei zur MajoritätSdilkung verbundenenParlamcnlSgruppe» in Betracht kommen, aber augenscheinlich rücken die Berhanv- lungen gar nicht oder nur sehr langsam vom Flecke. Die Gründe dieser Erscheinung haben wjr schon gestern angeführt; ihre Folge ist Streit m der Presse dieser Gruppen und zunehmende Bekämpfung nicht nur drS Fürsten, sondern der ganzen Idee der Errichtung eine- EoalitiouSministeriumS durch Jung- und Allczechcn, Teutschnationale und Extrem-Klerikale. Gras Taasse soll, wie e« beißt, beabsichtigen, nach Meran und dann auf sein Gut EUischau zu geben, um sich dort einer Eur. die ihm die Aerzte schon seit Iabren angeratben baden, zu unter ziehen. Seine Freunde versichern, wie wir schon dieser Tage meldeten, daß seine Rolle noch nicht auSgespieli sei, daß er vielmehr seine Zeit ruhig abwarlen könne. Angesichts der Schwierigkeiten, die ein CoalitionS-Ministerium naturgemäß auf seinem Wege findet und die im vorliegenden Falle durch die Feindseligkeit au» dm Reihen der eigenen Parteien noch erhöht werden, kann man der Zuversicht de» Grasen Taaffe eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Zwischen Belgien und Frankreich ist ein weiterer Miß- klang eingetreten. Auf Andringen vlä Mischer Kreise hat die belgische Regierung da» französische Ministerium ersucht, keiner französischen Militaircapelle mein, da» Betreten belgischen Boden» zu erlauben, wogegen Belgien seinen Militair- capellrn auch nicht mcbr den Besuch Frankreich» gestatten wird. AlS kürzlich die französische Militaircapelle a»S Givat trotzdem in Ardenne erschien, erbob die belgische Regierung sogleich in Pari- Einspruch. Da- in Brüssel erscheinende, von dem französischen Gesandten BourSc beeinflußte Organ der französischen Eslonie „Tablette- Franyaise«" weih sich vor Wutb gar nicht zu lassen und ist über die .blödsinnigen" Blamländer erbost. .Diese Handlungsweise", so schreibt e«, .welche nicht geeignet ist, herzliche Beziehungen zwischen beiden Ländern berzustellen, wird eines Tage« ihre Gegenparkie finden. Alle» verkettet sich im Leben, und eS ist mit den Ne gierungen, wie mit den Menschen; sie wissen sich bei Gelegen- beit zu erinnern." Damit ist ein beliebte» französische- AgitationSmittel lahmgelegt. Wie die fr«nzösssche Kammer, so wird auch demnächst der Senat seine Sitzungen wieder eröffnen, und voraus sichtlich wird eS ebenfalls der l4. November sein, wo der Vorsitzende den in der Zeit der ParlamentSferien abgeschie denen Senatoren den üblichen Nachruf Hallen wird. Die Sitzungsperiode verspricht freilich keine besonder» fruchl- dringcnde zu werte», wosl die Kammer dem Senate so bald keine neuen Projekte untmdreilen wird, da eine Anzabl wich tiger Gcsetzvorschlägc vm der alten noch unerledigt gelassen worden ist. Es ist taber nickt unwabrscheinlick, daß der Senat nach dem definiiiocn Zusammentritt rer Depulirten- kammer bis zu einer Zeit sich vertagt, die mit dem Beginn der Neujahrsserien des Parlaments zusammensallcn dürste. DaS spanische Ministerium fäbrt dem Anschein nach fort, in der Melitta-Angelegenheit sebr bedachtsam vor- zugebea. Es verlautet zwar, daß erhebliche Truppenver- stärkungen in Aussicht geiiomincn seien, aber von dem Ein treffen solcher Verstärkungen im Presikio erfährt man noch nicht». Auch die Meldung, daß da- Marineiiliiiisttriiim sechs leichte Schiffe auSrüsten taffe, welche kaS Bombaldemeitt der Küste bei Melitta au-süörcn sollen, läßt mebr auf eine Maßregel gegen den aus dem südlichen Spanien nach dem Riff delriedenen Waffenschniuggel. al- aus ein energisches Vorgeben gegen die Kabylen schließen. Inzwischen fährt die denivkralischc und die republikanische Presse i» ibren Hetzereien gegen England fort. .El Globo" und „La Iusticia" ereifern sich am meisten in diesem Sinne, werten aber von der „Epoca" kräftig zurück- gewiesen, welche die Angriffe gegen England als absurd de- zeichnel und daran erinnert, daß die früberen engen Bc- riebungrn Spaniens zu Frankreich zu dem da- ersterwähnte Land verheerende» Kriege von I80Y gesübrt bade». — Ueder Oran gebt den spanischen Blätter» die Kunde z», daß die Erfolge der Kabylen vor Melilla am 27. und 28. vor. MonaiS den Entschluß der Muluja-Kabylen, sich an den Feindseligkeiten gegen Spanien »ichi zu delkei- ligcn, erschüttert bade. Auch der Sultan Mulei Hassan, der mit 12 000 A-kariS. einer viel zu geringen Streiimickt, beranziebe, habe die Erfolge der Kabylen gerne vernommen. Sein Vertreter, Mobamed TareS, balle sich seitdem in seinem Hause eingtschloffen und sei für Jedermann unzugänglich. Der 80. Jahrestag der sch»rdtsch-ilor»e«tschen Union ist in beiden Ländern gefeiert worben. Freilich ließ sich dabei die alte Herzlichkeit vermiss«,, wie sie vor einer Mandel Jahren herrschte, als noch nicht Björnstjerne Björns--» in Pari- seinen Haß gegen Schwebe» emgesaugt unk in seiner russischen Freundschaft den Russen Finn,arten und Tronisö zu Fiottenstationen angeboren Halle. InNorwegen hatKönigO-car de« bedeutsamen Tage« in einer Rebe im königlichen »schlosse gedacht, in Schwede» bat sich die Presse de- Tage» an genommen und ergeht fick in Betrachtungen. Allzu erfreu licher Art sind diese nickt, aus ihnen llingt ein Herder Ernst hervor. So constatirt.Stockholm« Dagdlad", daß die Befürchtungen der wabren UnionSsreunve gegenwärtig leider größer seien, al- dir Hoffnungen. „Wir habe« jtdoch keine Veranlassung, an der Zukunft zu verzweifeln, E« ist tvahr, daß t>ie,Hnion große Mängel bat. Die Mängel sind jedoch nicht svicher Art, daß denselben nicht abgeholsen werde» könne. Durch gegenseitige Nachgiebigkeit auf der Grundlage der Gleichstelligkeit kann man obnc Zweifel zu einer befriedi gende» Vereinbarung kommen." — Die liberale .Daaen» Nyheter" snireidt: .Falls wir die Union aus andere Weise al- durch Waffengewalt aufrecht erkalten und vcribeidigen wollen, müssen wir von der Voraussetzung ausgehen, daß die Union eine freie Verabredung zwischen zwei freien selbstständigen Staaten ist." — .Astondlavet" erinnert daran, daß die Gleichstellung Norwegen» innerhalb der Union während diese- Jahre» zum ersten Male sil'wetisckerseilS osficiell anerkannt worden ist. Die vereinigten Anstrengungen der schweriichen und der nor > egi- scken UnionSseiiikc haben nickt vermocht, die Bedeutung dieser Anerkennung zu verwischen DaS Wort der Ver söhnung sei auSgesvrochcn, der Weg der Verbannungen angewiesen. Die Zeitung citirt folgende Ac»si«r»mz, mit welcher der jetzt verstorbene GcrichlSschreider und EultuSminister, Professor Earlson, einer der wenigen wirklich bervorragenren Staatsmänner Schwedens wäkrend der letzten Jahrzehnte, am 4. Nooemdcr 18«>l. dem füiiszig- jädrigcn Iubiläumölag der Union, eine Rede adsckloß: „Die Union wird über alle kleine» Hindernisse, welchen dieselbe begegnet, und über alle großen Schwierigkeiten, welchi ihre Entwickelung bindern wollcn, siegen; die Union ist der Fel«, auf welchem die Zukunft Schweden-Norwegen» beruht." In Rntzland, wo man den französischen Freunden nicht bieten kann, waS sie vor allem Anderen ersehnen, ist der Gedanke angeregt worden, ibnen wenigsten» durch ein National ge schenk die Liede und Hochachtung Rußland» vor -lugen zu sübren. Diese» Geschenk, so wird in der „MoSk. Ztg." ausgesübrt, soll eine Riesenglocke für die Notre-Dame-Kircde zu Pari« bilden, deren Her stellungskosten durch Spenden au- ganz Rußland zu decken seien Vom Tbiirmc der Notre-Dame »Kirche wurde da« Geläute dev Glocke allen Völkern den Frieden ver künden, welcher durch die Freundschaft Rußland- und Frank reichs besiegelt sei. E» wird endlich vorgeschlagen, die .FrickenSglocke" direct zu Wasser nach Frankreich zu schaffen, tamii da« Nationalgeschenk nach dem Verlassen de» russischen Boden» iinmiileldar aus den Frankreich» gelange, ohne Deutsch- laud berühre» zu müsse», .das Land", wie sehr schön gesagt wird, .da» die Schiller sche» Traditionen vergessen bat und die Bronze mehr zum Gießen von Kanonen al» von Glocken benutz»". Die „Nowojc Wrcmja" befürwortet den Vorschlag der .Moskauer Zeitung" sehr warm. Immer mebr gewinnt e» den Anschein, al» ob die Re gierung der Bcrcintztru Staaten für den bisherigen Präsidenten von Brasilien Partei ergreifen wolle. Nicht allein, daß für Rechnung der amerikanischen Marine gebaut« Kriegsschiffe an Peixolo verkauft werden, sondern diese Schiffe wurden auch, wie die .N.-?). Time»" sagt, au«- schließlich mit amerikanischen Seeleuten bemannl und nur Männer vc» Erfahrung werden für die wichtigen Posten gewählt. Es beißt sogar, daß der amerikanische Kreuzer .New--)ork" die gekauften Schiffe bi» drei Meilen unweit der drasiliaiiischen Küste? cScorliren werte. E» ist die« ei» Eingreifen, das der strengen Neutralität keineswegs entspricht. Allerdings bat sMon während de« chilenischen Kriege« der amerikanische Gesandte eine sebr sonder bare Rolle zu Gunslen de« Präsidenten Balmaceda gespielt, dafür aber verlangte die siegreiche Revolution dessen Ad- ru ung. In Washington wird debanplet, man sei besorgt» daß Admiral Mell» dir Wiederhyrfteütmg der Mouarchi« ve» absichtige. Diese Ausstreuung hat Mell» selbst widerlegt. Die Vereinigten Staaten haben einen viel triftigeren Grund rui» Uchelwollcii gegen den Insurgentenadmiral. Dieser bat den Hasen Desterro in Santa Ealharina, den Sitz der provisorischen Regierung, zum Freihafen erklärt und dadurch den zwischen den Vereinigten Staaten und Brasilien abgeschlossenen Handelsvertrag durch brochen. Hier liegt des Pudel- Kern, und darum wurden auch i» Washington Bebaupliiiigen laut, Frankreich und Eng land begünstigte» Admiral Mell». Diese Behauptungen sind nun zwar durch die Botschafter beider Mächte bestritten worden, nenn aber, was nickt unmöglich ist, der im gestrigen Adeiitdlalle geiiiclterc, durch die brasilianische Behörde in Rio de Janeiro verursachie Tod englischer Osficierc und Matrosen die Beziehungen zwischen England und dem Präsi denten Peirvto dccinlrächtigkii sollte, so dürfte die Regierung der Vereinigten Siaalen hieraus die Berechtigung ableitrn, noch offener sür Peixolo einzulrclcn. Deutsches Reich. Berlin, 6. November. Einer der ersten BerathungS« gegenstände de» Reick-tagS wirb, wie wir erfahren, die gesctz- os.se> ssis 82,«o 10.11 "I 21,10 i4SL0 > 4Ü0,— i 301.25 2S7.— 102,25 213,— IV4,— 50^5 IS».— 108,75 02,00 127,45 »0.80 10,12 82,00 1,3«-!. 100,— 114.10 »S.SU V8,i» p»t«rdli> »1>4 SS ,rS71„ 8880 >720.- SS0.80 80.5S :«8I.— «. r. 1L»»p5« Feeeilletsn. Leben nm Leben. P Roman in zwei Bänden von M. Gerhardt. Rachkruil rrrtetni. (Fortsetzung.) ,Hch bin doch erst seit einem Iabr Ihr Nachbar und batte, so viel ick weiß, nur einmal, auf Ihrem prachtvollen Weihnacht-fest die Ehre, mit Ihnen zu tanzen. Warum sieht man Sie nie in Gesellschaft? Sie sind doch schon confirmirt?" „Ich bin achtzehn Iabr alt!" ries sie lachend. „Und Sie tanzen viel zu gut, um nickt gern zu tanzen." .Leidenschaftlich gern. Ader ^uS Gesellschasten macke ick mir nicht«. ES trifft sich auch immer so, daß ich nickt mil- fabre. Einmal ist kein Play sür mich im Wagen, ein andermal verspäte ick mich beim Scklitlschublanfen." Göy batte sich aus eine Ecke de- KindertffchcS gesetzt und wünschte zu wissen, wober seine alte Bekanntschaft mit Fräulein Hildegard eigentlich stamme. Sie lächelte schalkhaft. .Haben Sit ganz vergessen, daß Sie mir einmal da» Leben retteten?" „Odol ries er, da« wäre! Da- klingt ja ganz romantisch. Da bat Ibre Phantasie wobl ein bischen mitgearbcilrt, mein gnädige- Fräulein. Bei welcher Gelegenheit sollte denn da- gewesen sein? Die Gefahr war wobl nicht weit der?" „O dock, ernstlich genug. Denken Sie nur an die Kullig- kebner Brückt. Wir kamen vom Religionsunterricht au» der Stadt, Alma und ich. Zwei Iabre ist « schon brr." „Wie, da» waren S»e?" ries Göy und richtete sich au» seiner lässigen Haltung auf, etwa» betroffen sogar. Nein, vergessen hatte er jene Begegnung gewiß nicht — und jetzt verfloß auch da« flüchtige Erinnerungsbild de« schmächtigen, bleich und kühn der Gefabr in« Auge blickenden Kinde« von damal« mit dem gegenwärtigen de« jungfräulichen MädchenS vor ihm io rin«. ES war wirklich eine böse Situation ge wesen: zwei junge Dinger von Mädchen in einem offnen Wäg- leia auf schmaler, geländerloser Rotbbrücke über dem im Früp- jabr stet« bochgebenden Flüßchen — und rücksichtslos in ge streckter Earriäre hart an ibnen vorbrisausend zwei rotbbefrackte Reiter. Die Wagenpferde waren natürlich scheu geworden, hatte», seitwärt« springend, den Wagen fast von der Brücke binab gedrängt. Die eine Kleine halte geschrien, die andere, die Leine fest in den Fäusten, ibre Gäule mit aller Kraft zurückgebalten, trotzdem batte schon eines der Räder über dem Adgiunb gehangen, als der vorderste Reiter, zurückdlickcnt, taS trobende Unbeil gewahrt, sich aus dem Sattel geworfen und gerade noch rechtzeitig gekommen war, die Pferde am Halfter über die Brück- und aus festes Land binüder zu reißen — er selbst erschreckt, so knapp ging e- am tödtlichcn Sturz vorbei. „Also Sie waren da«!" wiederholte er, mit erneutem Interesse in da« junge Gefickt blickend. „Alle Achtung! Sic dielten sich wundervoll, Fräulein Hildegard. Und Sic haben mich nickt vergessen?" Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Ihre Augen ruhten aiif ibm, als sähen sie ibn in weiter Ferne. Wie er danialS nn schrecken-vollsten Moment erschienen, als rascher Sieger die Gefabr beseitigt, dann vor den gcängstigten Kindern am Wagen gestanden, ibnen treuherzig die Hände schüttelnd und Mulb zusprecheud. so hatte er seitdem i» all ihren wuntcr- vollen wache» Träumen gelebt. Die schlanke mittelgroße Gestalt, ganz Nerv »nd stählerne Energie, der blonde Kopf mit den aristokratischen adlerartigen Zügen und feurige» hellblauen Augen war sür sie da« Idealbild de« ritterlichen Helten geworden. „Woher wußten Sie aber, daß ick eS war?" fragte er. „Vorstellung erfolgte nickt, soviel ick weiß." „Nein. Aber Vater erkundigte sich —" „Soso. Er war wobl böse aus un« — hat übrigen» nie die Sache erwähnt." „Ack. Vater braust ini ersten Augenblick leicht auf", gab Hildegard errötbend zu. „Nachher bat er eS vergessen. Es war uns ja nicktS geschehen, und das vanklen wir Ihnen " „Hm — Tollbeit war'S ja, die- knappe Vordeijagen an Ibnen über die wacklige Brücke", gab Waldemar zu, seinen rölblicken Schnurrbart emporstreichend. „Ick war damals noch beim Regiment. Aus Urlaub bei meinem Großvater i» Dannenberg Es galt eine Wette, dir ich Ihretwegen verlor, Fräulein Hildegard." Die Tbür wurde in diesem Augenblick geräuschlos geöffnet, rin aiistaUend hübsche« Märchen in bescheidenem, aber sebr nett sitzende», Anzug erschien und wich beim Anblick be fremden Herrn betroffen zurück. „Fräulein Hütchen, kann ich dir Breiten haben?" fragte sie durch die Thürspalte. „Hannchen braucht sie." „Ja wohl, nimm sie Dir, Minna Aber — ack Gott — sic sind ja noch nickt gcnäbt! Was wird Bertha sage»?" „Sic erfährt'» nicht, Fräulein Hütchen. Wir machen da» schnell fertig." Da» Mädchen huschte durch das Zimmer, nab», die farbigen Stoffwolkcn von dem Pläitdret, legte sie zusammen »nd richtete, indem sie ihrer jungen Herrin den Rücken wandte, den Blick ibrer schönen langdewimpcrten Matonnen- auaen mil eigeiitbünilick flehendem, beschwörendem Ausdruck aus Göy. Er schien die» gar nicht zu sehen und in keiner Weise davon berührt zu werden. „Giebt da« ei» Kleid für Fräulein Bertha?" fragte er, in dem Minna sich geräuschlos entfernte. „Dazu Rosen im Haar?" „Wasserrosen." „FamcS. Wo ist den Fräulein Bertba beute?" „Oben wahrscheinlich, bei der Schneiderei, wo ick auch sein sollte", gab Hildegard rcumülhig zur Antwort. „Haben Sie Bertba nickt gesehen?" „Ick batte nickt die Ehre. Und Sie, Fräulein Hildegard, was werten Sie tragen? Rosa nickt." „Weshalb nickt?" „Auch nicht grün oder blaßblau. ES paßt nicht zu ihrer GesichiSiardc." „WaS muß ich denn tragen?" „Hochroth, goldgelb — weiß. Aus dem ersten Ball natür lich ganz weiß, eine rotbe Nelke oder Eamclie im Haar. Nickt wabr, es ist Ihr erster Ball?" Hildegard lackte. „Wer sagt Ibnen, daß ick hingehe?" „Selbstverständlich geben Sie." „WaS soll ich dort? Ich habe nicht Lust, im Winkel zu sitzen." „Wenn ich aber darum bitte?" Sie wurde blutroth und stammelte etwa- Unzusammen- hängende-. „Ter erste Walzer ist mein, ja? Ich werde die Ebre haben. Sie aus den Play zu bringen. Und dann lassen Cie mich nur Weiler sorgen. Ich stehe Ibnen dafür, daß Sie ein balle- Dutzend Körbe auSlbeilea. Aber jetzt ist eS bobe Zeit, daß ick mich empfehle, sügle Göy nach der Uhr sehend, hinzu. Diese Tbür, nickt wahr? Gern schlüpfte ich unbemerkt binauS." Hildegard öffnete die Tbür, da« anstoßende Eßzimmer war leer, ebenso da« Gartenzimmcr, au« welchem man in den Hausflur trat. „Seben wir un« wieder, noch vor dem Ball vielleicht?" fragte Göy halblaut, indem er die Hand de« Mädchen« nahm und ibr nabe in die Augen blickte. „Die jungen Damen laufe« ja öfter« Schlittschuh, ick habe Sie schon auf dem See ge sellen. DaS Ei? ist noch prächtig. Wir treffen un» da, Vormittags, nicht wabr?" Wie ein elektrischer Schlag durchfuhr c« da« Mädchen, als sie seine Lippen in raschem Kuß aus ibrer Hand brennen sübltc. Sie preßte beite Hände auf ibr beftig schlagende« Herz und starrte wie verzaubert auf die Thür, durch welche er verschwunden war. Als Waldemar im Hausflur seinen Pelz vom Haken nehme» wollte, kam ihm Jemand zuvor — die hübsch« Minna, die hier liinter den Wandrocken und Mänteln aus ibn gepaßt z» haben schien. Er zog die Stirn krauS, duldete aber ibre Hilfe beim Anlegen de» Pelze» und fragte brrab- lassent: „Wie gebt e» Dir, Minna?" „Ack gnädiger Herr, darf ick nicht wieder nach Dannen berg kommen?" antwortete sie halblaut, stehend. „O. wenn Sie dock bei der gnädige» Frau ein gute- Wort für mich ciiilegc» wollten!" „Gebt nickt a», die gnädige Fra» liebt da- nicht," er- widerte er kurz »nd eüseriig und drückte die kleidsame Biber- müye in die Stirn. Minna griff nach seiner Hand, küßte sie und benetzle sic »lil ibre» Tbränen. „Gnädiger Herr, ick bin ein unglückliches Geschöpf — ver lassen Sie mich nicht, gnädiger Herr!" Er zog seine Hand unwirsch zurück. „WaS gebt mich da« an? Laß mich i» Rub'," stieß er mit Kälber Stimme heraus, öffnete die Tbür und trat ins Freie. Draußen im verschneite» Garten, ganz unten am fuß- fteicn Staketenzaiin, siebt Hildegard in ihrem rotbwürsligrn Kleidchen, init glühenden Wangen, die braunen Haare im scharfen Märzwind flatternd, unk schaut hinaus in dir cin- sörmige Ebene mit den schuccdedccklcu Feldern, den dunkeln Wegstreisen und kahlen, struppigen Wc>reiibällnien dazwischen, dis die elegante Nußschale von Schlitten mil den feurigen Goldbraune» davor drüben aus der Landstraße rorüberfliegt. Wirt cr sie bemerken? Ja, er bebt sieb, winkt, grüßt — Ueder Hildegard - Hauvt in den kable« Zweigen der hoben italienischen Pappel zwitschert ein Goldammerpärchen. Die Lust bat schon etwa» Feuchte», Lebeiiatbmente-, als sei sie über Länder und Meere bingestrichen, wo e» nickt mehr Winter ist Sic verzehrt de» Schnee und schmeichelt den starren Frost au» der Erde, »nd die im Dunkeln verborgenen Pflanjenkeime trinken da« Naß und dehnen und regen stch.
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