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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931013021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
- Tag1893-10-13
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Das Recht auf Arbeit setzt, wenn eS zur praktischen Wirkung kommen soll, hauptsächlich Zweierlei als stetig vorbanven voraus: Gelcgcnbeil und Lust zur Arbeit. Gesetzt, es wäre über Unlust nie zu klagen, so beweist dock die Geschichte und spcciell die gegenwärtige Geschäslslage, daß es lrctz Hanvelsverlrägen u. A. auch beim besten Willen sehr wohl an Gelegenheit zur Arbeit fcblen kann.— DaS Gerede, als ob derlei im socialen ZukunstSstaate nicht mehr Vorkommen könne, verdient keine Widerlegung. WaS ist'- also mit dem Reckt auf Arbeit? — Es bleibt auf den, Papiere sieben. Wo nichts ist, bat nicht nur der Kaiser, sondern auch die Arbeit das Recht verloren. Dem gegenüber verdient jeder ernst gemeinte und praktisch angelegte Versuch Beachtung, dem Arbeiter etwa- Bessere- als das papicrue Recht aus Arbeit zu bieten; und wir können heute ans einen solchen aufmerksam machen. Wie schon seinerzeit kurz berichtet wurde, hat im August diese» Jahre in Ep ei er gleichzeitig mit der Hauptversammlung de- Evangelischen Bundes der Gesammt-AuSschuß der Evangelis cken Arbeitervereine Deutschlands getagt. Wobl hat man diesen Vereinen vorgcworscn, sie seien in socialer Hinsicht unfruchtbar und beschäftigten sich mit allem Anderen, mir nickt mit der wirthschaftlichcn Lage de- Arbeiters. Daß dieser Vorwurf jedoch zum wenigsten in dieser Allgemeinbeit ganz unberechtigt sein muß, geht aus den Spcicrer Berbandlungen deutlich hervor, denn der Hauptgegcnstand derselben war die Versicherung deS Arbeiters gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit. Dabei bat man sich, wie schon aus dem unö vorliegenden kurzen Berichte hervorgcbt, von Utopien und jener wohlfeilen Sorte von Socialpolitik frei gehalten, die frisch drauf loS Forderungen aufstellt, uni hinterher die Kosten lediglich den Arbeitgebern ober dem Staate zuzuschiebcn. Man ist sich vielmehr sichtlich darüber klar gewesen, daß der Arbeiter bei sich selbst an sangen, der Grnnksatz allgemeiner Sparsamkeit maßgebend werben muß. Und daß zunächst Selbsthilfe als Anfang der Besserung in Aussicht genommen ist, sollte auch ein Socialdemokrat nicht bemängeln. Dieselbe allgemein zu organisiren, durch zweckmäßige Einrichtungen zu erleichtern, k»rck Beihilfe des Arbeitgebers und, wenn nökhig, auch de» Staates ;» unterstützen, das ist der Um riß der gevianten Versicherung. Daß ein so weitblickendes praktisches Unlernchmen nicht von deute auf morgen ins Werk gesetzt werken kann, liegt freilich ans der Hand. Die Sacke soll und muß cril in der Presse gehörig diöculirl werden, namentlich rie Geld trage, viere sachliche Aeußerung dazu ist willkommen, am willkommenste» von sachkundiger Feder. Und die Sache ist der Orserwilligkeil und des Vertrauens beider Tbcile wertd, der Arociter wie der Arbeitgeber. Da von, daß sie die» LeircS in genügendem Maße findet, hängt ihre Verwirklichung ab. Soll die Demokratie den redlichen, obne seine Schuld er werbStoS gewordenen Arbeiter mit dem Reckt aus Arbeit und ähnlichen Dingen noch Weiler ungestört anlocken dürfen, oder soll ihr dies Handwerk gelegt werden? Das ist die Frage. Durch theoretische Kritik ist das Stück Papier, was man Recht auf Arbeit zu nennen beliebt, schon oft chemisch geprüft und als unecht erwiesen worden; aber so lange er nichts Bessere- bat, glaubt der Arbeiter doch daran, auch der bessere. ES muß ibm durch praktische Einrichtungen ermöglicht werden, die Sorge vor den Folgen unverschuldeter Arbeitslosigkeit ohne übermäßige Belastung in guten Tagen zu bannen — und er wird jene wohlfeilen RcchtSbrscheinigungen von selbst als wertdlose Maculatur beiseite Wersen. In diesem Sinne wollen die Evangelischen Arbeitervereine handeln, in diesem Sinne begrüßen wir ihren Appell an die Allgemeinheit. Politische Tagesschau. * Leipzts, 13. Oktober. Der iisterretchtsche Ministerpräsident Graf Taaffe hat es mit seinem Wahlreformprojecte für den Reichs» rath fertig gebracht, wieder cinnial dir Augen von ganz Europa auf sich zu lenken. Wenn er aber geglaubt hat, irgendwo, von einzelnen Gruppen abgesehen, auf die er sich unmöglich stützen kann, etwas Andere- als starres Staunen Uber sein Project hcrvorzurufen, so hat er sich gründlich getäuscht. Nirgend» war man ja im Zweifel darüber, daß die bisherige Wahlordnung für den österreichischen Reichsrath reformbedürftig sei. Es bestand nämlich bi-jetzt eine Verbindung von Ecnsu» - und Classrnwablen. E» gab vier Wählerclaffen (Curien), die Großgrundbesitzer, die Städte, die Handels und Gewerbekammern, die Landgemeinden. Die Elaste der Groß- ^ Civilbevölkeruag. Die Armee des grundbesitzer hatte 85, die Städte hatten N7, di« HandeÜ- ^ui das Niveau eine« bloßen Milizheere kammern 2l, die Landgemeinden 130 Vertreter zu wählen. Nur die Landgemeindencurie wählte indirekt durch Wahl- männer. Diese- höchst verwickelte und veraltete System der Vertretung nach Intrrcfsenverbänden und privilegirten Wahl rechten soll nun im Ganzen beibehalten werden, dabei aber soll de- Wahlrecht in den Städten und Landgemeinden ohne CensuS auf Alle auSgedebnt werden, welche gewisse militai- rische Leistungen, ein wenigsten- geringe- Maß von Bildung. Kcnntniß de- Lesen- und Schreiben-, die Zahlung irgend einer directen Staat-steuer, eine ständige Beschäftigung Nachweisen können. Damit wäre das Wahlrecht nahezu allgemein, di« Wählerzahl ungefähr verdoppelt. Zugleich aber wäre auch da deutschliberale Bürgerthum, da- seinen Hauptsitz in den Städten bat, im höchsten Maße durch die Arbeitermassen be» droht. Eine solche ungeheuerlich« Verbindung radiealer, social- demokratischer Forderungen mit dem sonstigen, ganz unbilligen und reactionairen Wahlsystem ist unerhört und entbehrt jeder gesunden Grundlage, ja jeder Logik. Ein unbeschränkte» allgemeine- Wahlrecht mit einer Interessen- und Privilegien Vertretung zusamnicnkoppeln zu wollen, ist ein Unding und der Versuch zeugt nur wieder von der gänzlich unstaats männischen, jedes klaren Gedankens und jeder festen Consequenz enibebrcnden, auf wechselnde Strömungen de» Augenblicks ge gründeten Politik de- österreichischen StaatSlenkerS, der dcm Dcutschtkum und dem bürgerlichen Liberalismus schon so viclc schwere Schläge versetzt hat. Eine Zerrribung der Mittelklassen zwischen Aristokratie und Proletariat wäre die unvermeidliche Folge. Die bevorrechteten Claflen würden vorläufig, bis da» Vcrhänaniß in der weiteren Folge auch sie ereilen würde, in ihrer Machtstellung geschont, daneben aber den radikalen Strömungen ein höchst bedenkliches Zugeständniß gemacht Es ist, wie wenn man aus ein fadenscheinig gewordenes, alt modisches, feudales Costüm einen Lappen von einer alten Arbeiterhose anflicken wollte. Antisemiten, Demokraten und Socialdemokraten sind denn auch die Einzigen, welche Freude an diesen Vorschlägen haben, die letzteren, deren lebhafte Agitation dem Grafen Taaffe neuerdings sehr zu im Vorbehalt poniren scheint, natürlich ^Bestandtheile dieser päteren Abschaffung der "actum B ^^^^z^ytung Wablresorm", die si- nur al» e ne ' " iestn B°rsck>läg-n betrachten. Keine andere Parte. ^''H„rschaft in einverstanden, auch d.e kler.k-l- ^ ' d-ren Herrich s die klerikale nichtdentschen Stämme -,erirr>u.», —- befürchten uachtheilige Bersch'cbunge Bortheilt, die daß d.e Vorlage e.ne vollendet- burt .st u« ^ ^ zar nicht abzusehen sind. In velnten bat da- kürzlich mitgetheilte. von General Brialmont entworfene Heere«organ,sati0"Spro^e , das mit einem Kostenaufwand- von 49 M.ll.onen Franc» «ne Armee von 245 000 Mann aus die Beine bringen will, wak «nd das jetzige Heer von 130 000 Mann nur e.n um zwe. Millionen geringere- Iahre-budget hat, sehr S-tb-'U-. aber nirgend- sttundliche Aufnahme gefunden. Den Einen g-b Brialmont zu weit, den «»deren nicht we,t genug D e der Stellvertretung hat Gegner m der Armee Die Armee besorgt, allmal.g auf da- Niveau eine« dtoßen Milizheere« herabgedrückt zu werden; da« civile Vevölkeruag-element ist mit dem Stell- auT dem Grunde ganz zufrieden, weu es Vertretungssystem au- dem Grunde ganz Zufrieden^ dem Woblbabcndeu ermöglicht, mittelst pekuniärer Aufwendung sich vom Heere-dirnste zu befreien, dem minder wohlhabenden ungen Manne aber, durch Eintr.lt für einen Andern sich eine recht ansehnliche Geldsumme zu verdienen Auch ist zu berücksichtigen, daß der mil.ta,rische Ge.st .'« der belgischen Bevölkerung nur ungemem schwach entwickelt ist. Ein langer FriedenSzustand hat aus den Bolkscharaktrr erschlaffend, verweichlichend ringewirkl; die Schrecken Kriege« sind den Belgiern au« eigener Anschauung so gut wie unbekannt, daher der Leichtsinn, mit dem die öffentliche Meinung de« Landes über alle da« Heer berührenden Fragen hinwegtanzrU, ohne sich die Mühe eine« gründliche» und gewissenhaften Studium« der Sache zu machen. Heute ist der große Tag, an dem eS den Arauzssr» endlich vergönnt sein wird, ihren russischen Freunden zunächst in Toulon ihre Huldigungen darzubringcn. Die Stunde der Ankunft der russischen Flotte ist noch nicht genau bestimmt; man glaubt, die Flotte werde Mittag« in Sicht kommen. Zahlreiche sranzö,Ische Privatyachl« verließen bereit- am 12. October den Touloner Hasen, um der russischen Flotte entgegrnzufahren. Toulon prangt^ bereit- seit gestern in reichem Flaggcnschmuck. Der Stadtrath ließ zehn tausend Fabnen verthcilen und hilft jetzt noch nach, wo die Drcoration zu dürftig aussiebt. Der Maire Kat dem Publicum mitgetheilt, daß die Anwendung der gelben rnssi schen Kaisrrstandarte an hoher Stelle nicht ge wünscht werde» der Wunsch kam aber zu spät, da Be stellungen und Anschaffungen schon in großem Maßstabe vor genommen worden waren. Im Arsenal hat man den Festsaa! sür den Ball hergerichtet,den der Marinepräsect Admiral VigueS den Russen und den Osficieren der activen Arniee giebt. Die ganze Drcoration des Festsaales besteht au- Waffen, der Kronleuchter au- Pistolen, der Lampenhalter au« Bajonetten und dergleichen. Der Pariser Stadt rath und der General rath de« Departement« der Seine mit dem Seinepräfecten Poubells an der Spitze sind bereit- am 12. October in Toulon eingetroffen, um die Einladung nach Pari- zu überbringen. Die Ankunft der Pariser Ge meindcräthe veranlaßt« eine große Kundgebung der Volksmenge, welche die Abordnung mit dem Rufe: „Es lebe Frankreich! E« lebc Rußland!- begrüßte. Auch sind in Toulon bereit- am 12. d. Abgeordnete der meisten größeren französischen Städte eingetroffen. Die elsaß-lothringischen Patrioten- vereine au- Paris, Nancy und Belfort sind gleichfalls ver treten, während da- Centralcomitü der elsaß-lothringischen lZereinr an den Admiral Avellan eine Adresse gerichtet hat, worin eS beißt: „Am Nationalst st tage, an dem zwei große Völker gegenseitig Zeuzniß der Verbrüderung adligen, können Sie sicher sein, daß da- Echo dieser Demonstration ür da-Herz derjenigen süß sein wird, welche sich erinnern und aus bessere Tage hoffen." Da- ist deutlich! Bisher ist im Elyfte noch immer nicht festgestrllt, ob Carnot wirklich nack Toulon in den Festlichkeiten reisen wird. Der „Figaro meldet, daß sehr zahlreiche Aufforderungen im ElysSe ein- trcffen, der Präsident möchte in Toulon erscheinen. Die Frage selbst soll erst am nächsten Montag im Ministerrath erörtert werden. Von politischen Persönlichkeiten werden onst nur noch die Abgeordneten und Senatoren der üdsranzösischen Departement- unter Führung Ron» vier- an der Begrüßung der russischen Flotte theil« nehmen. In Toulon findet man die Repräsenlation«- kosten, welche der Maire und die Stadtväter sich ,aben bewilligen lassen, trotz aller Ruffomanie doch sür übertrieben. Der Maire erklärt aber: kein Russe dürfe einen Heller bezahlen, deshalb habe er sich 15 000 Franc- Kleingeld in die Tasche gesteckt, um für alle Gelegenheiten gerüstet zu sein. Auch im Pariser Stadtbause nKnnrn die Decorationsarbeiten für den Empfang der russischen Gäste einen raschen Fortgang. Die sogenannte 6our I.ouis XIV. ist mit einem großen Zelttuche überdeckt worden. Hier wird die Statue von Merri6 anfzestellt: Gloria viel ix". Der ganze Raum wird in einen Wintergarten umgewandelt. Die Gäste de« Stadtratb« treten durch da« Hauptportal ein und überschreite» den Hof Ludwig « XIV., um in den großen Festsaal zu ge langen. Der Kaffee wird in der 8aUv äes Lr6> üt« servirt. Ans dem Platze vor dem Rathbause und in den benachbarten Straßen werden Flaggenmasten von außergewölmlicher Größe errichtet. DaS Frühstück, da- im Bois de Boulogne gegeben werden soll, wird voraussichtlich im Palmärium de- Iardi» d'Acclimatalion staltfindkii. Während aber die chauvinistischen französischen und russischen Blätter fortfahren, sich wegen de in Toulon und Paris geplanten VrrbrüdrrungSfesteS zu be geistern. wird eS sehr bemerkt, daß Fürst MelscherSki im „Grasbdanin-, nnd zwar, wie hinzugesügt wird, in Wiedergabe der in den maßgebenden Kreisen herrschen den Stimmungen gerade jetzt, wie er eS in einem Artikel neueste» Datums tbut, sich nicht nur darüber lustig macht, daß den Touloner Festen da und dort rin kriegerischer Cbarakter beigcmeffen wird, sondern überhaupt die llnnatürlichkeit einer russisch-französische« Verbindung betont. Er bebt hervor, daß es überhaupt in Frankreich keine wahren Sympathien für Rußland gebe und daß es eine Täuschung sei, wen» man an solche glaube. Tie Wiener osficiöscn Blätter drücken bei Besprechung der heute beginnende» Touloner Festlichkeiten die sickere Er wartung aus, daß, abgesehen von einzelnen, seitens der Cbauvi» nisten und agentn xrovoeateursveranstalteten dreibundseindlichen Demonstrationen sich nicht» ereignen werde, was die politische Lage ändern könnte. „Wenn Admiral Avellan" — schreibt di« Fruillstsn. Die quade Foelke. Roman aus der EmSgau. 11s Von F. Klinck-LütetSburg. Nachdruck «rrdotni. (Fortsetzung.) Die junge Frau batte von dieser ersten Wiederbegegnung sich viel versprochen. Bernd s Fernbleiben von ihrem Kranken lager war von ihr nach eigenem Empfinden gedeutet worden, und sie hatte Muße genug gehabt, ihren Betrachtungen darüber sich hinzugebcn. LÜelchc» Seelengualen war er in jenen Tagen, wo der Tod an ihrem Lager gestanden, auS- gesctzt gewesen? Gewiß besaß er einen rohen, gewaltthätigcn Charakter, aber nie würde sie eS für möglich gehalten haben, daß er einer begangenen Sünde nicht allein rcueioS gcgenüber- stehen, sondern auch bereit dffin könne der alten Schuld die neue binzuzusügen. Sic batte geprüft nnd überlegt, sich in da» tiefinnerste Wesen ibreS Gatten zu versenken gesucht und war bereit, einen großen Theil der Schuld von all den Mißverständnisse» zwischen ibm und ibr aus sich zu nehmen. Der Gedanke, daß der von Bernd gegen sie geführte Schlag eine vollständige Trennung bewirken müsse, war wobl in ihr lebendig geworden; der tief verletzte Stolz Halle ihn geweckt, aber doch nur vor übergehend. Vielleicht — wenn das Kind nicht gewesen wäre — würde sie dem Wunsch des Vater», sich von ibrem Gatten ru trennen, näbcr getreten sein, unter den bestehenden Ver hältnissen batte sic die Möglichkeit einer Trennung nicht einmal erwogen. Bernd'S entsetztes Zurückweichc», als er zum ersten Male nach dem furchtbaren Vorfall auf der Diele, seiner Gattin sich wieder gegenübmsab, schien alle Vermiithungen zu be stätigen, ,reiche diese in Bezug aus ibn gehabt. Sein rothe-, ausgtvnnscneS Gesicht wurde fabl, in seinen Augen lag ein scheuer, unsicherer Ausdruck, die große Gestalt fuhr zusammen Wie die eine» erschreckten Kinde- Aber nur einen einzigen flüchtigen Augenblick hindurch konnte Foelke durch sein sichtliche- Erschrecken über seine wahre Gesinnung getäuscht werden. Im nächsten glühte eS unheimlich in seinen Äugen auf und ein höhnische- Lachen machte sie «bleichen, oder trieb vielmehr die letzte Spor von Farbe au« ihrem schmalen, blassen Gesicht. Schon öffnete sich sein Mund einer verletzenden Aeußerung, al» ein einziger Blick au« >hren Augen ihn verstummen machte. Foelke hatte sich von dem Stuhl, auf welchem sie saß. er hoben. Die geisterhafte Bläffe ihres Gesichte- war urplötzlich einer Röthc gewichen, die rasch sich weiter und weiter bis über den Nacken auSdrbnte. Ihre großen, ernsten Augen verdunkelten sich infolge einer übermächtigen Erregung, von welcher sie sich ergriffen fühlte. „Warum lachst Du?" fragte sie mit einer Stimme, deren Kälte ihn über den Seelenzustand der jungen Frau vollständig täuschte. „Giebt Dir mein Aussehen Anlaß zur Heiterkeit?" „Der rothe Streifen, er sieht so eigen au«", entgegnete er. „Und dann — dann — Du hättest mich nicht reizen. Dich nicht einmischen sollen. WaS geht eS Dich an, wenn ich mit den Leuten zu thun habe? Brauchst Dir nicht einzubilden, daß Du Herr im Hause bist. Nein, ich bin'« — hörst Du? Ich leid'« ein sür all« Mal nicht, daß hier der Meinhardi'sche Wille regiert!" Er suchte die Worte förmlich zusammen, um sich in einen Zorn hineinzureden, sür den kein Anlaß vorhanden war. Auf die junge Frau schienen sie nickt den geringsten Eindruck zu machen. Wa» die an ihr verübte brutale Thal nicht vermocht, bewirkte ganz unvermittelt da« höhnische Auslachen, in welchem sie seine vollendete Herzlosigkeit zu erkennen glaubte. .Hier kann von einem Geltendmachcn meine- Willen« nicht wohl dir Rede sein", gab sie kalt zurück „So lange ich aber in diesem Hause meinen Platz al« Bäuerin einnehme, werden die Knechte und Mägde nicht der Gefahr ausgesetzt sein, daß ihr Leben bedroht ist. Danke Gott, daß ick die Verletzte war und nicht Antje. In letzterem Falle würde ich mich keinen Augenblick bescnnen haben, dem Arzte den Zu sammenbang der Sacke klar zu machen. Wa» Deiner dann gewartet batte, darüber täuschest Du Dich wohl nicht." „Du willst mir drohen?" schrie er heiser vor Wutk, indem er einen Schritt vortrat. „Nein — ich will Dich nur warnen. Besinne Dich, Bernd. E« kann mit Dir nicht so fortgehrn, Du wüthest ja förmlich gegen Dein Leben, und r« muß einen schlimmen Lu»gaog mit un« nehmen." „Da- ist Deine und Deine« Vater- Schuld — Ihr Beide habt mich auf dem Gewissen. Warum habt Ihr mich in« Garn gelockt? Feuer und Wasser paffen eher zusammen al« : Wir Bride. Du hättest de» Wilyelm, den milchbärtigrn Jungen freien sollen, wenn er Dir so am Herzen liegt, daß Du nur ihn im Sinne hast." Foelke zuckte zusammen und abermal- trat rin jäher Farbenwechsel in ihrem Gesichte ein. Bernd Bruns trium- pbirte. Keine größere Woblthat hätte ihm zu Tbeil werden können, als an der „Scheinheiligen" eine verwundbare Stelle zu entdecken. Mit verdoppeltem Hohn fuhr er fort: „Es ist nur rin armer Teufel, der dem reichen Uffc AtjeS nicht hoch genug sür seine Tochter dünkte. Du aber? Die Spatzen auf dem Dache Wissen s, daß er Len „Tater" Dir vorgezogen." Die junge Frau batte sich gefaßt, mit einer übernatürlichen Anstrengung. Jedes seiner Worte war ihr wie rin Stich durchs Herz gegangen, aber der grenzenlose Schmerz, den si, ibr erregten, war am ersten sie zu warnen geeignet. Si, konnte sich noch höher ausrichten und ihrem Gesicht einen Ausdruck vollendeter Gleichgiltigkeit geben. „Ich verstehe nickt« von Deinen Andeutungen", versetzt, sie sehr ruhig. „Adams Wilhelm hat weder um mich gefreit noch würde ich ihn genommen haben. Hätte ich ihn gewollt so möchte e« dem Vater wohl unmöglich gewesen sein, mick -urückzuhalten. Im llebrigen steht ja dem Wilhelm nicht, " die Wolberich Heymann heirathen will Meena-Möe*) hat ihm Geld genug hintcrlaffen." Foelke'« ganze Art am heutigen Tage gestattete BernI nicht, ,br naher zu kommen. Nachdem er noch einige vrr letzende Bemerkungen gemacht, die ihren Zweck vollständig r, verfehlen schienen, verließ er die Küche, um sich den Tag bin durch nicht wieder sehen zu lassen. In endloser Gleichförmigkeit flössen jetzt die Tage dahir Die Arbeiten, welche v,e Iahre-zeit mit sich brachte, ließe zwar Langeweile nicht auskommen, aber die junge Frau sübtt mehr und mehr eine Oedr und Leere in und um si». die ib A Aben bisweilen unerträglich machten. Bernd bekümmert E um sie, dagegen hatte sie au-reichrn Gelegenheit, seine «u-daurr und Gehässigkeit zu beobachte, pi d^rchkeuzen^' Anordnungen für da, Hau,wese ^ 's"» Verdruß, welcher ihrer jetzt wartete, bestan m einer Kündigung der Magd, durch deren Eifer und K sie eine wrrffame Unterstützung in der «ufrrchterhaltnaq ein, geordneten Ha°«stande« erfahren. Vergeben« versuckte d lunge Frau Antje zum Bleiben zu borgen I»^ *) Dante - eigenen finsteren, mürrischen Weise beharrte sie auf die An-« ührung ihre« BorbabenS und verweigerte gleichzeitig jede Auskunft über den Grund ihre- plötzlichen Entschlüsse«. So mußte Foelke sie scheiden sehen, ohne daß Ersatz gr ünden war. AIS die Magd da» Haus verließ und di« Bäuerin ibr noch bis zum Psörtcken da« Geleit gab, brach jene daö Schweigen, welches sie bis zu diesem Augenblick be obachtet hatte. „Nchint'S nicht für ungut, Frau, daß ich gehe. Bei dem Bauer kann aber eine ehrliche Magd nickt bleiben. Sebt Euch vor. Ihr solltet'- kurz machen und tku». was ich thue. AuSbalten werdet Ihr da- nickt — der ist Euch über." ^ „Was willst Du damit sagen?" fragte Foelke mit unsicherer Stimme. ,Es ist nicht meine Art, Unfrieden zwischen Eheleuten zu ;u bringen, aber — Ihr dauert mich, Frau. Bei un» zu Lande ist » nicht Mode und — Gott sei Dank! — auch nicht nothwendig, daß eine Magd ihre Kammerthür verschließt, aber mit dem versoffenen Bauern im Hause —" „Antje!" rief die junge Frau drohend a»S. Sie war asch fahl geworden. Dennoch konnte sie ihre Hand auSstrecken und eine Bewegung mache», welche von der Magd nicht mißver standen wurde. „Ich gebe schon, Frau. WaS fragt Ibr mich, wenn Ihr die Wahrheit nicht hören könnt? Mackt'S wie ick, sage ich Euch noch einmal, laßt ibn laufen. Wenn Ibr bleibt, ist's Euer Unglück. Denkt an den Tcklaz, der Euch an TvdeSendcn brachte, zum zweiten Male " Die Bäuerin hörte nicht» mehr. Mit abgewendetem Ge sicht war sie in- Haus geflüchtet, deren Tbür jetzt krachend einscklug Wie entsetzt blickte sic sich um. War sie selbst es gewesen? Jetzt stand sic, atkemloS, mit vorgebeugtem Oberkörper lauschend, al- ob sie fürchte, daß Antik ibr folgen oder ihr furchtbare Worte nackrusen werde. Draußen blieb Alle- still, auch im Hause, sie glaubte da- stürmische Klopfen ihre- Hrrzen« zu Kören. Erst allmälig faßte sie sich. Sie betrat dir Kucke gerade als die Uhr elf schlug. Es war Zeit, da» Mittagessen sür die auf dem Felde arbeitenden Leute in die Aker zu füllen, die schon aus dem Tische nebeneinander in Bereitschaft standen. Aber sie fühlte sich schwach und bilsloS wie rin Kind, Antjes AbschiedSwortc gellten ihr noch in den Ohren und erfüllte» sie mit Grauen und Furcht. Der letzte Schlag war ungleich
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