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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931017027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
- Tag1893-10-17
- Monat1893-10
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BeznaS'PreiS P» >« tzaupterpeditto» oder de» t« Stad», tzezirk uad den Bororte» errichteten Au«- -adeltellen obgeholt: vlertel,LdrUch^l4.üO. »»eimaliger täglicher Zustellung in» Hau» » bchü. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich >l 6.—. Direkte täglich» Krenzbandiendu», in» Au-Iand: monatlich ^l 7.50. DieMorgen-NuSgab« erscheint täglich V«?UH^ di» Abend-AuSgab« Wochentag» b Uhr. Nedartto» vn- Erpe-Uion: z»tz«u«e»gastr 8. DieErpeditio» ist Wochentag« ununterbrochen >«»Ku«t »n» früh 8 bis >b»ud« 7 Uhr. Filiale»: vtt» Mm»»'» Larki». (Mfretz Hatznfb UaiversitatSstrahe l. Lani» Lösche, »atharstmlstr. Ich »art. uad RSnigSvl«» 7. a-SSi. Abend.Ausgabe. tlWM Anzeiger. Lrgan filr Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Dienstag den 17. October 1893. ^ Anzeigeit.PreiK die Kgespaltme Petitzeile 20 PfH Neclamr» nater demRedactionSstrich (4gt« fpaltru) 50^, vor de» ganiiUennachrichlr, (6,«spalte») 40 ^ Größere Schriften laut nuferem Preis» ««rzrichaiß. Tabellarischer und Zisfrrnfatz nach höhere» Tarif. Grtra-Veilagen lgefalzt). nur mit h«» Morgen.Ausgabe, ohne Postdeförderuug ^ 60—, mit Postbesörderuag ^4 70—u Tlnnahmeschluß för Anzeige«: »bead-AuSgabe: Bormittogt lO Uhr. Morgrn»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr tzona» rnd Festtag- früh '/,9 Uhr.-". G«t den Filialen und Annahmestrste» je ein» halb» Stund« früher. —» ktt-riie» sind stet« an dt« GxPetzitt»» zu richten. Dtttck and Verlag von K. Pol» k» Leipzig. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Gesucht wird der am 6. April 1858 in Zaschwitz bei Oschatz geborene Tigarrenreifende Vdmund Bruno kSwal» Bcrtholtz, welcher zur Fürsorge sür seine Kinder anzuhalten ist. Leipzig, d«n 14. Octobrr 1893. Der Rath der Stadt Lripji«, Armrnamt. Abth. II. ch. L. II. 113S-. Hentschel. R. Politische Tagesschau. * Leipzig. 17. October. Wenn mit jedem Tage dir Protestversammlungen gegen die projectirte Wein- und Tabakfabrikatsteuer sich mehren, so ist das begreiflich. Man kann cS keiner Industrie verdenken, wenn sie sich gegen eine Belastung wehrt, die selbst bei der schonendsten Art der Einführung schwere Nachtbeile sür die Interessenten im Gefolge haben muß. Unbegreiflich aber ist eS, daß hie und da die Proteste nicht nur gegen jene beiden Steuerprojecte, sondern auch gegen den Zweck, dem sic dienen sollen, gegen die Nrtchssinaiizresorm sied richten, die als überflüssig bezeichnet wird. Durch diese Reform soll ein festes finanzielles Verhältniß zwischen dem Reiche und den Einzel- slaaten bcrgestelll und die Letzteren nickt nur gegen die An sprüche des Reiches, welche sie aus ihren ordentlichen Ein nahmen nicht zu befriedigen vermögen, sondern auch gegen die mit einer soliden Finanzwirthschaft unverträglichen Schwankungen gesichert werden, welche daö bisherige System nothwendig mit sich bringt. Wir haben neulich gezeigt, wie außerordentlich ungleich das Verhältniß zwischen den lieber Weisungen und den Matricularbeiträgcn in den einzelnen Jahren gewesen ist. Aber das ist es nickt allein. Die Schwankungen würden geringere Schwierigkeiten verursachen, wenn sie im vollen Umfange vorhergesehen werden könnten. Indeß ist bekannt, wie häufig die Matricular- beiträge durch Nachtragsetat« erheblich erhöht werden, zu einer Zeit, wo es für die Einzelstaatcn nickt mehr möglich ist, die daraus sür sie sich ergebende» Verpflichtungen bei der Aufstellung ihres Etats zu berücksichtigen. Und dann unter liegen die Ueberweisunge» in dem Verkältniß zwischen ihrer Veranschlagung im Etat und ihrer wirklichen Gestaltung den auffallendsten Schwankungen. Die Ueberweisunge» haben betragen nach der Rechnung gegen den Etat: 1879/80 -j- 8 022 056, 1880/81 — 2 38 l 428, I88I/82 -j- 1 366580, 1882/83 — 14 890, I88.P84 — 6 022 909, 1884/85 -s- 8059 438, 1885/86 -s- 1838230t, 1886/8? — l39I8339, 1887,88 -j- 27 556 997, 1888/89 -s- 11 446 194, 1889/90 -f- 73539901, 1890/91 -s- 80404522, 1891/92 -f- 52024288, 1892/93 ck- 7 829 091 Man kann nun freilich der Ansicht sein, daß diese Schwankungen den Einzelstaatcn meistens sehr angenehme Ueberrasckungen bereitet hätten; aber daß sic sür die Ordnung der Finanzwirthschaft die größte Gefahr in sich bergen, liegt aus der Hand Derartige, daS Maß der Vorausberechnung so kolossal überschreitende Einnahmen tragen etwas vom Cbarakter des LotteriegcwinneS an sich und reizen zu medr oder weniger leichtfertigen Ausgaben, besonders auch deSbalb, weil sic zu dauernden finanzwirth- schaftlichen Zwecken ja nicht verwendet werden können. Denn cs ist klar, daß in Zeilen volkswirthschaftlichen Niedergangs daS wirklicke Ergebniß der Ueberweisungen hinter dem Voranschläge leicht, und möglicherweise recht erheblich, Zurückbleiben wird. Es ist em berrcktigteS Verlangen der Einzelstaatcn, da- Risico dieser Schwankungen von sich abgcwalzt und derjenigen Stelle zugewiescn zu sehen, an welcher die Gesetzgebung über die Ouellen der Ueberweisungen zu verfüge» hat, nämlich dein Reiche. DaS gleiche Interesse haben alle Steuer zahler; denn nur im Reiche wird sich eine die Einnahme schwankungen ausgleicbcndc Einrichtung treffen lassen, welche die Garantie gewährt, daß nicht thalsächlich Steuern un- nötbig erhoben werde». Es ist darum scbr seltsam, daß gerade Leute, die sich besonder- zum Wächteramt über eine rationelle Führung der Finanzwirthschaft berufen glauben, der jetzt geplanten Reform einen so heftigen Widerstand entgegensetzen. Im österreichischen Abgcordnetenhause soll di» erste Lesung der Wahlrcform-Borlagc am Freitag statt sinden/in die Debatte sollen auch die vorbereiteten Anträge von Mitgliedern mit einbezogen werden. Inzwischen laßt Graf Taaffe durch seine Ossiciösen verbreite», sein Wahl- resornientwurf sei nicht erst in der letzten Zeit entstanden, sondern schon von langer Hand der vorbereitet gewesen. Bereits vor einem Jahre seien die Grundsätze res Entwurfs, seine Einzel heiten seitber ui zahlreichen Ministcrberalhungen festgcstellt worden. Selbstverständlich ist diese Darstellung absichtsvoll und darauf berechne», den Socialdemokraten di-: Möglichkeit zu benehmen, sich eines Erfolges ihrer WablrccktSagitation zu rübmen und den Eindruck zu verwischen, daß der Ministerpräsident diese Bombe in« Parteigetriebc geworfen habe, um sich nach der böhmischen Seite bin Lust zu machen. Viel glaubhafter klingt eine andere Meldung, der zufolge der Wahlreform- enkwurf in Gcbeimberathungcn de« Grasen Taaffe mit dem Finanzminisier vr. Steinbach und dem Grasen Schönborn auSgebcckt, die grundsätzliche Zustimmung der Krone dazu erwirkt und da« Ganze dann erst dem aufs Aeußerstc verblüfften Ministerrath vorgelegl wurde, dem angesichts der kaiserlichen Genehmigung natürlich nichts übrig blieb, als Ja und Amen zu sagen. Weniger leichten Stand, als dem österreichischen Eabiuct, wird Graf Taaffe dem gemeinsamen Ministerium gegenüber haben, da nn Interesse der Gesammtmo»archie der Zermalmung des deutschen Bürgerthums nicht gleichgiltig Zusehen kann. DaS vom Auswärtigen Amte beeintlnßtc Wiener „Fremdenblatt" äußert Tag für Tag die schwersten Bedenken gegen den Taaffe'sckc» Entwurf. DaS Siimmrccht der Arbeiter dürfe nicht die Stimmlosigkeit des Bürgcrthums im Gefolge habe». ES wäre äußerst bcZIagenswertb, wen» gerade jener Theit des Parlaments geschwächt würde, der sich i» nationalen und staatsrechtlichen Fragen dem Staatogedanlen am willigsten unterordne, die deulschösterreichische Gruppe. „Vorerst würde die Reform eine lange Etappe slawischer und staatsrechtlicher Majoritäten passircn. Wir haben nicht Len Muth, Oester reich auch nur für kurze Zeit dieser Eonstellativn anszu- setzen, die um so beklemmender wäre, als das bisherige Gegengewicht, die in der vereinigten Linken concentrirtc dcutschösterreichischc Gruppe, diese Partei des Einheitsstaates, ohnmächtig und aus zahllosen Wunden blutend, am Boden liegen würde." Der Eindruck, den die sranzösischr» Ruffensefte bisher machen, ist ein doppelter: Einerseits tritt die Besorgniß, daß die Verbrüderungsdcmonstrationcn der beiden Nationen zu Exccssen führen und unmittelbare Störungen der europäischen Rübe veranlassen könnten, vorläufig zurück, da dir amtlichen EmpfangSreden maßvoll und würdig gehalten sind und der Entkusiasmus deö Publicums bis jetzt keine Neigung zu gehässigen Kundgebungen gegen Deutschland und Italien zeigt. Andererseits ist unverkennbar, daß daö Vcrbrüderungsschäu- spicl einen Hintergrund bat, über dessen Ernst die theatralische Mache und die nnsreiwillige Komik mancher Rührung-fernen uns nicht täuschen dürfen. Tie Tbatsachc gerade, baß der Zar die Ucbcrschwängliä'kcit de« französischen PaiboS, und be sonders der populairen Demonstrationen sich gesallen läßt und solckcn demokratischenSpectakel, den er schwerlich mit Sympathie genießt, mit in Kauf nimmt, weist darauf hin. daß er Politik aus weite Sickt treibt. Die Tonloner Festlichkeiten sind, wenn nickt an sich ein wichtiges Ercigniß, so doch ein kochst bedeut sames Symptom Wir baden mit der Lage, deren Anzeichen sie sind, reckt ernstlich zu rechnen. Mögen viele Franzosen die Form des Russenempsanges und Polksjubels mißbilligen oder belächeln, so sind sie doch einig im Wunsche, den Bund mit Rußland aus dem Gebiete der Festlichkeiten aus das jenige der diplomatischen und vielleicht auch kriegerischen Tbalen zu übertragen. Die russische Regierung mag ibrer- seilö zu der französischen Republik keine Gefühle der Wahl verwandtschaft empfinden, doch benutzt sie die der Rachsucht gegen Deutschland entsprungenen französischen Neigungen zu bestimmte» Zwecken, deren Erreichung nichts mit der inncrcn Verfassung Frankreichs zu schaffen hat. In Rumänien bat die in der Nacht vom Sonnabend ziinl Sonntag in Sinaia erfolgte Geburt eine Sohnes tcS Prinzen Ferdinand begreiflicherweise große Freude bervor- gerusen, denn sür ka§ Land ist diese Geburt ein Ereignis von größter Tragweite. König Karl hat in seiner 27jähngen Regierung wahrhaft Großes geleistet und damit dem von ihm gegründeten Throne eine» festen Halt gegeben. Die Proclamirung seines Neffen, des Prinzen Ferdinand von Hvhenzollcrn, zum Thronfolger von Rumänien war geeignet, Rumänien ruhiger in die Zukunft bticke» zu lassen, nachdem der Mangel dcrecier Nachkommen den Staatsmännern manche Besorgniß erregt hatte Denn wie segensreich die Negierung Karl « I. auch ist, so galt eS dock, DaS, was er seinem Lande errungen, für alle Zukunft zu sichern, waS aber in Frag« gestellt war, wenn die Dynastie Hohenzollern mit Karl l. wieder erlöschen sollte. Rumänien kennt den Unsegen ehr geiziger Tbronstreitigkciten und bat gelernt, daß sür sein Heit nichts ersprießlicher und auch nicht« nötkigcr ist, als ruhige Entwickelung seiner ihm reich zngemesscncn Kräfte. Daher rief denn auch die Regelung der Tyronsolgcrsrage im ganzen Lande große Befriedigung hervor, und es ersülltc die Rumänen mit berechtigtem Stolze, als Prinz Ferdinand c 10. Januar d. I. eine Enkelin der mächtige» Herrscherin von England und Indien zum Altar führte und seine blühende Gemabti» in ihr Land brachte. So selbstbewußt auch mit allen Romanen der Rumäne ist, darüber waren sich doch die Rumänen von Einsicht klar, daß eine solche Verbindung niemals möglich gewesen wäre, wenn nicht ein Herrscher wie Karl I. auf dem Throne gesessen hätte. Und nun ist diese unter so glückliche» Anzeichen ge schlossene eheliche Verbindung mit der Geburt eines SokneS gesegnet worden. Hiermit ist der Dynastie Hobenzollcrn, wenn sie dessen bedurfte, ein neuer fester Halt gegeben WaS aber zur inneren Festigung Rumäniens beiträgt, hat auch für das ganze übrige Europa politischen Werth, denn Karl I. hat dafür gesorgt, daß Rumänien eine Stellung in Europa errungen hat, die sein Wohl und Wehe sür Europa von Bedeutung macht. Und in dieser Beziehung ist die Geburt eines Prinzen von Rumänien ein Ercigniß von allgemein politischer Tragweite. Die im englischen Publicum mehrfach laut gewordenen Besorgnisse wegen des Ausgange« der Operationen gegen Lobeuguta werden von anderer Seite als völlig kinsällig zurückgewiesen. Insbesondere macht jetzt durch die Londoner Blätter das Gutachten eines angeblichen ehemaligen deutschen OfficierS, des Lieutenants Haider, die Runde, dessen Name ogar noch in den Listen der deutschen Landwehr geführt werde» oll Herr Halder ist durch einen zehnjährigen Aufenthalt in Südafrika und seine active Tbcilnahmc an mehreren Kriegen der Engländer gegen die ZuluS und andere Eingeborencn- tämme mit Land und Leuten daselbst ziemlich genau vertraut geworden und da klingt denn seine Ansicht, daß der Feldzug gegen Lobengula keine Wiederholung der verbängnißvollen Zulucampagne sein werde, englischen Ohren recht angenehm und tröstlich. Herr Halder urthrilt, daß der Krieg gegen Lobengula mit einem einzigen entscheidenden Haupt- cklage seinen Abschluß finden werde, und er stimmt ganz und gar dem Eapininister Cecil RKodes bei, indem er annimmt, daß binnen sechs Wochen Alles vorüber sein werke. Er stützt sein Urtdeil darauf, daß die Streil- kräste, über welche die Britische Süvafrikagesellschaft ver fügt, unvergleichlich werthvoller seien, als englische Re gimenter des stehenden Heere-, welche kein sonderliches persön- jiche« Interesse an den Ländern bezten, wo sie zum Kampfe zögen. Anders die Streiter der Gesellschaft. Diese seien körperlich und moralisch den Soldaten überlegen. Körperlich, weil sie in Südafrika zu Hause und an alle Anforderungen des dortigen Klimas und der dortigen Lebensart gewöhnt 'eien, moralisch, weil sie ihre Heimatb und ihren Besitz gegen die Verwüstung durch wilde Feinde vertkeidigten. Uebcrdem seien sie durch tüchtige Officiere gesübrt und stark genug, um den Starrsinn Lobengula - zu brechen. Damit stimmt die neueste Londoner Meldung, daß eS nicht in der Abücht der englischen Militair- und Eolonialbrhördcn liegt, gegenwärtig Truppenvcrstärkungen nach Afrika zu entsenden. Man hält dafür, daß die britische SüdafrikageseUschaft Mannes genug sei, um aus eigene Faust mit Lobengula fertig zu werde». Ob das richtig ist, wird sich ja spatesten« in 6 Wochen zeigen. Aus Marokko wird un» beute telegraphisch über Madrid gemeldet, daß die spanischen Generale Sancher und Castro in Melilla eingetrosfen sind. Die spanische Regie rung sandte 15000 Mann Militair dortbin. Spanien soll vom Sultan von Marokko Genugtbuung und Be zahlung der Kosten verlangen. Aus Gibraltar wird ferner gemeldet: Ein spanisches Geschwader, bestehend auS den, Flaggschiff „Pelano" und vier Kreuzern, unter dem Befehl dcS Admirals Ocana, ist an der Südspitze Spaniens, in Algccira, eingetroffcn. Nach einem gleich zeitigen Madrider Telegramm sind diese Schiffe von Melilla zurückgekommen, wo ein Kreuzer und ein Aviso zurück geblieben sind. Zum Kriege zwischen Spanien und Marokko wird eö allem Anschein »ach trotz aller Rüstungen seitens Spaniens wegen der Melilla-Angelcgeiiheiten indeß nicht kommen, und selbst dir Bekämpfung der Rifs- kabylen wird sich in engen Grenzen halten. England bat bereits der spaiiischen Regierung seine guten Dienste beim Sultan von Marokko angeboren »»d dies nur in der Absicht, Marokko nicht wehe zu lhun, damit die marokkanische Frage nickt anfgervllt, aber damit auch der englische Handel keine Störungen erleide. Im Innern Marokkos, in Fez, sind inzwischen bei den Festlichkeiten zu Ehren des Geburts tages des Propheten ebenfalls Ausschreitungen gegen Europäer vorgekommen, wobei allerdings zu be richten ist, daß fast immer Verletzungen der Landessitten die Veranlassung bilden. Dem „Bür. Revier" wird hierüber auS Tanger vom 13. October berichtet: Am Vorabend deö Festes warfen die Mohammedaner Steine nach dem Koch des Dragomans der Bereinigten Staaten, der in be sonderer Gesandtschaft in Fez weilt. Am Höchsten Morgen ritt ein Feuilleton. Die quade Foelke. Roman aus der Emsgau. 14) Bon F. Kiinck-Lütetkburg. Abdruck «nieten. (Fortsetzung.) Beruhigt kehrte er gegen Abend beim. Sein letzter Wille batte der tollen Wirtbschast de« Scbwiegersobnes eine Grenze gezogen, und Foelke und ihr Kind würden nickt betteln geben müssen.^ Uffe Atjes fühlte sich leichter als seit langer, langer Zeit. Freilich, frohen Herzens konnte er nie mehr werden, und daS Schlimmste war, daß eigene Schuld ihm den Lebens abend so sehr verdunkelt. . Zwei Monate noch genoß er die Berubiaung, wenigstens die Zukunst seiner Tochter in materieller Hinsicht sicher gestellt zu babcn. Tann schlummerte er eines Nackt« sanft hinüber. Wilhelm Adams fand ihn todl in seinem Bette mit gefalteten Händen, als sei er nach Verrichtung seines Abendgebetes ein geschlafen. Foclke's Schmerz war ein grenzenloser. Der Anblick des tobten VaterS wirkte erschütternd auf sie. Seit Monaten war sie nickt mehr mit dem Verstorbenen zusammengetroffen. Wie nach Uebereinkunft waren Vater und Tochter einander ausgewichen, Erstercr aus Scheu, die zu bekämpfen er vergeben« bemüht gewesen war, Letztere in wachsendem Groll gegen den Mann, dessen Cbarakter Eigenschaften sic auf einen Lebensweg gebracht, der sicher einem Abgrund zusübrtr. Als sic nun aber in da« stille Gesicht blickte, da« einen unendlich friedvollen Ansdruck zeigte, den selbst ein herber Zug um den festgeschloss'enen Mund nicht zu beeinträchtigen vermochte, da schmolz die Eis rinde, mit welcher sie ihr Herz umgürtet. Die überall zur Schau getraaene Rübe machte einem Ausbruch leidcnschasrlichen SckmerzeS Platz, der erschütternd auf die Zeugen desselben wirkte. Wilhclm's Augen füllten sich mit Thronen, und er schämte sich ihrer nicht; die anwesenden Mägde aber brachen in laute- Schluchzen aus Nur Bernd Bruns stand kalt und gleichgiltig, ja er unter drückte kaum ein spöttisches Lächeln, da- jeinen Mund um- ielte. Er hielt es nicht für nötbig, einen Schmerz oder ein edanerr: zu heucheln, da« er nicht fühlt». Lanze genug halte er die Sticheleien und gelegentlichen spöttischen Bemerkungen mit angehört, die ihm sagten, daß man ihm eine klägliche Rolle, welche er spielte, von Herzen gönnte. Nun war'« vorbei Er wollte zeigen, wer Herr sei. Wilhelm Adams sollte nur schleunigst nach einer andern Pachtung sich umsehen. Nachdem der erste Ausbruch des Schmerzes vorüber war, hatte Foelke sich auch wieder ausgerichtet. Sie sah überhaupt nicht mehr so hilfsbedürftig und leidend auS, wie zu Anfang des Sommers. Die BehandliMgSweise, welche sie im Lause desselben durch Bernd erfahren, batte einen Trotz bei ihr zu Tage gefördert, der seit der Kinderzeit bei ihr sich nicht mebr gezeigt. Trotz gegen das Schicksal, welche« ihr die ein ige Stütze zu einer Zeit geraubt, wo sie einer solchen be- onderS bedürftig sich gefüblt, war es auch, der sie, nachdem der erste leidenschaftliche Ausbruch von Schmer; überwunden war, gleickgiltig und tbeilnabmslos erscheinen ließ Die Tröstelbiergäste*) waren schier verwundert über Foelke S rubige Art, wir sie zwischen den Gästen umherging, sie zum Essen und Trinken nöthigte und überall selbst nacksab, ob noch Branntwein oder Warmbier in den schweren silbernen Bechern war, während ihre Augen nicht ein einziges Mal nack dein Sarg in der Mitte der Küche bwüberdlictten. Sie war ein wunderliche- Mädchen gewesen, und ob es mit Bernd BrunS so arg geworden Ware, wenn er eine Andere sich zur Krau erwählt, war eine Frage. Man brauchte Foelke nur anzusehen, dann Bernd. Sie sah in dem schwarzen Kleide mit der Spitzenkrause um den weißen Hals gerade wie eine „Städtische" au« und trug den Kopf so bock wie nur eine von den Töchtern deS LandratheS in H. Um den Mund, der sich immer wieder fest schloß, wenn sie ihn zum Sprechen geöffnet batte, machte sich ein finsterer Zug bemerkbar, und ihre großen, klaren Äugen blitzten fast zornig unter den zu sammeugezogenen Brauen hervor. Bernd Brun« dagegen? Ein größerer Gegensatz als ^ie beiden Ekeleule ließ sich kaum denken. WaS er jemals von äußerem Schliff in der Stabt sich angerignet. war ihn, längst wieder abhanden gekommen, oder hatte vielmehr nur in Aeußerlichkeilen bestanden. Er war in den letzten Tagen kaum nüchtern geworden und saß jetzt mit hochrotbem Kopf und stieren Augen hinter seinem Becher, den er immer aus« Neue füllte Die gedämpft geführte Unterbattung wurde ab und zu unangenehm berübrend durch seine laute Stimme unterbrochen In solchen Momenten aber flammte e« zornig *) Oüs» b»i der BegrSboitzseirr. in Foelke's Augen aus, denn sie schämte sich ibres Gatten, und richtete sich böher auf, wie um z» zeigen, daß Niemand be rechtigt sei, sie mit ihm auf eine Stufe zu stellen. Keiner in dem großen Kreise von Verwandten, Freunden und Bekannten wußte das seltsame Wesen der jungen Frau richtig zu deuten. Es hatte abgestoßen und verletzt. Auf dem Heimwege, nachdem man die irdische Hülle des alten Meinhardi der Erde übergeben, siel manches verurtheileudc Wort über die junge Frau — von Bernd Brunö sprach Niemand. IX. Müde und abgespannt kehrte Foelke in ihre Bebausung zurück, aber sie zeigte nichts von einer Schwäche, sondern trug den Kopf höher als seil langer Zeit. Sie täuschte sich nicht über das, was ihr bevorstanb. Kampf, ein erbitterter Kampf, in welchem sie um des Kinde« willen nickt unterliegen durste. Niemand hatte mit ibr von den Maßnahmen de« verstorbenen Vater«, welcher die Zukunft seiner Tochter sicher gestellt, ge sprochen, sie abntc auch nickt, welcher Art sie waren, sonder» hatte nur die Uederzeuguiig, daß derselbe sie nicht webrlo« der.Gewalt eine« brutalen Gatten prcisgcgcben. Tie war entschlossen, ihr Erbe, das Erbe ihres Kindes, vor den An rissen Bernd'« zu vertbcidigen, und jeder Schein von Unsicher eit würde sür ihre Absichten verderbenbringend sich erweisen. Drei Tage nach dem Begräbniß kam es zwischen beiden Gatten zu der ersten Auseinandersetzung. Bernd erklärte, daß er Wilhelm kündigen und Ostern den von demselben gepachtete» Platz beziehen wolle. Foellc sprach dagegen, nicht heftig, sondern rubig, aber fest, und gerade die« versetzte ibn i» eine unbeschreibliche Wulb Er machte ihr Vorwürfe, die ibr die Scbamrötbe in die Wanzen trieben und da« Herz immer lauter und stürmischer pochen ließen, aber sie zeigte keine Spur von Nachgiebigkeit. „Der Platz bleibt sür das Kind und wir wirthscbaften hier weiter." Mit diesen Worten batte sie endlich die Klicke verlassen und war in den Milckkeller gegangen, ihre geivolmtcn Ob liegenheitkn zu erfüllen. Er stand schäumend vor Wutb, dann machte er eine Bewegung, ihr zu folgen, als ein spöttische« Gekicher ihn sestbielt Wolberich war von der andern Seite cingetrelen und Zeugin de- ehelichen Zwiste« geworden „Bauer, seid Ihr von Sinnen? Gebt Euch nur zur Ruhe, di» Frau hat « Heft in den Händen Ihr könnt nicht« machen." ,Ma« soll da« heißen? Wa« we,ßt Du davon?" „Nicht mehr und nicht weniger als Jeder im Dorfe. Daß Ihr nur gar so kurzsichtig seid und Euch den Acrger merken laßt. Der Adams hat den Platz auf zwanzig Jahre, wa« wollt Ihr daran machen?" „Der Tod bricht den Eontraet. Foelke ist Erbin und ihr Vermögen mein — wir haben Gütergemeinschaft." „Ja. sie mit Euch, ob Ihr mit der Frau? Das steht auf einem andern Blatt. Es wird Mancherlei geredet und — na, ich will nichts gesagt haben." Wolberich wandte sich, als ob sie die Küche verlassen wolle. Der Bauer befahl ihr zu bleiben. „Was wird geredet? Ich will's wissen. Ich habe nicht Lust, länger den Dummen zu macken." „Es bat mich gewundert, daß Ihr Euch dazu so lange ber- gcgebcn", entgegncle sie schnippisch. „Es ist ja eine Schande werth." „WaS?" brauste er auf. „Nun, daß Ilffe Atjes dem Wilhelm Adams sozusagen den Play vermacht bat. Ibr werdet nickt« dagegen macken tönncn, wiederhole ich Euch, es gebt nach dem Testament. Nu» kriegt die Frau am Endo dock noch ikren Willen." Bernd Brunö verstand nickt ganz den Inhalt dieser Worte, aber eine unheimliche Abnung drängle ihm sich aus. Er faßte Wolberich hart am Arme. . Willst Du reden, Here?" knirschte er zwischen den fest auseinander gepreßten Zähne». „Womit kriegt sic ihren Willen?" „Euch niuß der Branntwein ganz Euer bischen Verstand gcnoniinen baden, Bauer", entgegnete sie, zischend vor Wutb, indem sic sich von den, schmerzenden Griff zu befreien suchte. „Umsonst bat der alte Meinhard« den Akams nickt binein gesetzt Wie lange wird's denn dauern, daß Euer Körper noch dem Sause» Widerstand leistet? Dann haben die — freie Bahn." Bernd Bruns taumelte zurück, als sei ihm von vorn ein heftiger Stoß gegeben worden Die Farbe seines Gesichte- verdunkelte sich noch, und unbeimlick dicke Adern traten vor seine Stirn. „Tater — wenn Du wahr redetest?!" rang eS sich von seinen Lippen. „Wartet - ab!" ries sie noch, indem sie davonsprang. Bernd Brun- aber stand wie auS Stein gehauen, den stieren Blick auf die Scknörkeleien deS feinen weißen Sande- gerichtet, mit welchem die rotben Fliesen kunstvoll bestreut waren. Der plötzlich« Lcdreck hatte ihn nüchtern gemacht»
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