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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931118029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893111802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893111802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-18
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» »» Honpttrveditto» ob« de» t» G»M. NKk »d de, »»rite, errichtete» >,«. 2A», »d,etz.lt: »««teljützriich^E MetmaUoer tiglicher Zoftellu», i,« H«« >l bLO. D»rch die Posi bezogen sür D»tschla»d »ud Oesterreich: viertel,ährt iw F «.—. Direkt» tägliche Kreazdavdleiiduvg i»t LuSlaud: monatlich 7 SO. Die Dtorgen-Nntgabe erscheint täglichV,7 Utzr, di» Abend-An-gab« Socheniagt 5 Utzr. L6«ltiou «»> Ln>e>itto«: JohonesOaG« 8. Uelrpetzitton ist Wochentag« »»mttertzröche» ^ff»et vo» srütz 8 bi« «dach« 7 Utzr. Filiale«: vtt» Me»» « Lortt». lVlfre« chatzn). UaiversititSstratze 1, L»»t« Lösche, ßochariueustr. 1«, part. a,d KS,ig»vlatz 7. Abend-Ausgabe. Wger.TUMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. A»zetge«.Preis die S gespaltene Petitzelle 2t> Psg. N«el«»e» antrr de»Nrdoctioveimch <chae» spalte») bO-^, vor de» FankitienuockMchw» (6,,spalte») 40-^. GrStzere Schrift«, lant u»serrm Pi«». verzeichE- Tabellarischer und Ziffer»)«« nach höherem Tarif. Optra-Veilasrn (gesalzt), nur mit der Morgen - Aufgabe , ohne Postbesöchenuig SO.—, mit Pvstbefördenutg -l 7V.—. Anuahmelchlik für Aazeizev: Lbeud-Lu-gab«: Vormittag« IO Utzr Morg«».U«»gatze: Nachmittag« 4 Utzr. Soun- und Festtag« früh ' ,9 Uhr. V«1 den Filiale, und Lnnahmestelle, ,e ein« halb« Stvlnd« früh«. Anzeige» sind stet« a» die Eppeditton za richten. Druck uud Verlag v« L. Polz tu Leipzig. ^i? 590. Sonnabend dm 18. November 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen ! Sonntag, den IS. November, Bormittags nur bis /.S Uhr geöffnet. LxpeMion «ies 1^!pri-?er ^»xedlattv8. Graf Hartenau f. * Zn Graz ist am 17. November Mittag«, wie bereit« gemeldet, Graf Hartenau gestorben. Wir baden schon hn knappen Umrissen au« diesem Anlaß einen Lebensabriß de« edlen Fürsten, der so jäb vom Tode ereilt worden ist, ze- tzracht, lassen beute aber noch eine längere Biographie de« ersten Bulgarcnfnrsten au« dem „Hamb. Eorresp." folgen: Al« Prinz von Battenberg — so schreibt da« ge nannte Blatt — ein »abezu unbekannter deutscher Garde- vfficier, als Fürst Alexander von Bulgarien umstrahlt von dem Glanze der VolkSihümlichkeit und de« Hcldenmuth«, von der Höbe de« Siegerruhmc« jäb gestürzt, als Gras Hartenau Oberst eine« österreichischen Regiment«: eine Wechselreiche Laufbahn, die der Tod nun unterbrochen hat. Alexander, der zweite Sokn de« Prinzen Alexander von Hessen au« besten morganatischer Ekc mit Zulie Gräfin Hauke, war am 5. April >857 geboren; nach dem Besuche der Erziehungsanstalt von Schnepsentbal und de« CadcttenbauseS in Dresden trat er in da« 2. bessischc Leibdragoner-Regiment und machte ä tu raute de« russischen 8. Ulanen-Regiment« den russisch-türkischen Feldzug mit. Da« neu constituirtr Fürsten' tbumBulgaricn wählte ihn am 29. April 1879 zum Fürsten seine nahe Berwandtschast »nt dem Zaren hatte die Augen aus ihn gelenkt; c« wird erzählt, der Prinz bade, unschlüssig, ob er dem Ruse folgen solle, den Fürsten Bismarck um Rath gefragt und dieser habe ihn, erwidert, er möge nur annehme», e« werde da- jedenfalls einmal eine schöne Erinnerung sür ihn bilden. Am 6. Juli betrat der junge Fürst den Boden seiner neuen Heimath, nachdem er zuvor eure Rundreise an die europäischen Höfe gemacht und sich seinem Suzerain, dem Sultan, vorgestcllt batte. Er begann de» Versuch eine« constitutionellen Regimentes aber da« von dem Kriege schwer heimgesuchtc, von Partei wirren zerrissene Land war „nach außen di«crrditirt, nach innen deSorganisirt", wie Fürst Alexander selbst in einer Thronrebe sagte. So suchte der Fürst denn in engstem Anschluß an Rußland geordnete Zustände zu er zwingen. Er übergab die Leitung der Regierung einem früheren russischen General, verhängte 1881 den Belagerung« zustand über da« Fürstenlhum und stellte die von ,hm ein berufene Große Nationalversammlung vor die Wahl seiner Lbdication oder seiner Dictalur. Die Versammlung entschied sich einstimmig für die letztere, die Differenz zwischen Fürst und Volk schien beseitigt. Aber als er nun versuchte, sick dem beherrschenden Einfluß Rußlands zu entziehen, und die Unab häuglgkeit Bulgarien« anstrebte, zog er sich die un versöhnliche Feindschaft der russischen Panslawisten zu Die aroßdulgarische Bewegung, der Ausstand in Ostrumelica. die Bereinigung beider Bulgarien, als deren Fürsten er sich am 20. September 1885 in Tirnowa proclamirte, brachte den Bruch zum vollen Ausdruck: der Zar strich den Fürsten au« den Listen der russischen Armee und berief alle russischen Officicre au« Bulgarien ab. Die« dielt Serbien für den richtigen Zrit- punct, dem ausstrebenden Rivalen in den Rücken zu sallcn. Aber Alexander schlug den König Milan auf« Haupt, und nur Oesterreich« Dazwischentreten hinderte ibn an seinem SiegeA- lauf. Mit verstärktem Haffe wübllc nun Rußland in Bulgarien gegen ihn; mit russischem Geld« erkaufte Officiere und Soldaten überfielen den Fürsten 1886 am 2l. August in Sofia und zwangen ihn mit brutaler Gewalt, abzudanken und da« Land zu verlassen. Noch einmal kehrte er zurück: mit Jubel vom Volk empfangen, war er schwach genug, de« Zaren Vergebung zu erbitten und von seiner Zu- timmunz die Wicdcrübernabme der Krone abhängig zu machen. Beide« versagte ihm der Zar in schroffster Form, und so dankte Fürst Alexander am 7. September 1886 endgiltia ab. Hieraus lebte er zunächst in der Stille in Darmstadt; die ihm gehörigen Güter in Bulgarien kaufte der Staat ihm ab und fast schien der so glänzend ausgrstieaene Stern seine« Namens der Vergessenheit anbcinizufalleu. Aber noch einmal war er der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit: als 1888 Kaiser Friedrich einer angebliche, Neigung seiner Tochter Victoria zu dem ritterlichen Prinzen willfahren wollte, Fürst Bismarck aber Einspruch erhob, weil er in dieser Heirath eine Provocatio» des unver söhnlich gebliebenen Zaren sab. Der Plan scheiterte, Alexander trat aus der preußischen Armee, in der er den Rang eines Generalmajors bekleidete, au« und vermählte sich im Februar l889 zu Nizza mit der Sängerin Fräulein Johanna Loisinger vom Darmstädler Theater, wobei er den Namen Graf Hartenau annahm. Ein Jahr daraus trat er in da« österreichische Heer ein und wurde zum Obersten de in der Stadt Graz liegenden Jnsantcrie-RegimentS König der Belgier ernannt. l89l bewilligte die bulgarische Sobranje ihrem ersten Fürsten eine jährliche Dotation vo« 50 000 Francs. — Seitdem lebte er nur seinen militairische» Pflichten. Vorgestern erst kam die Nachricht von einer schweren Unterleid«erkrankung, die ihn plötzlich befallen, und nn« hat der Tod dem Leben de« erst llSjähriar» Manne« ein End« gemacht. Da« Urtbtil über ibn und Hin Brrbalten in schwierigen Lagen bat vielfach geschwankt: Liebe und Bewunderung ist seiner ritterlichen Natur und seiner gewinnenden Art ebenso reich zu Thcil geworden, wie ibn Haß und Neid wegen seines baltloscn Charakters angcklagt haben. Nock ist Manche« in seinem Verhalten nach Motiven und Zielen nicht völlig geklärt, jedenfalls aber ist sein Ver schulden geringer als die Strafe, die Rußland« nnversöbnte Feindschatt über ibn verhängte, weil er nicht blinde« Werk zeug russischer Pläne im Orient sein wollte. Wie uns au« Graz unterm Heutigen noch telegraphirt wird, erhielt die Witt we des Grasen von Hartenau im Austrage des Kaisers Franz Zoscs eine huldvolle Eon- dolenz-Depesche vom General-Adjutanten Paar. Außer dem condolirten die Erzherzoge Albrccht und Wilhelm, der Großberzog von Hessen, Fürst Ferdinand von Bulgarien und Andere. Die Traucrnachricht bat in ganz Oesterreich den tiefsten Eindruck bcrvorgeruscn. Gras und Gräfin Erbach, Schwager »»v Schwester des Ver blichenen, trafen am.l7.November in Graz ein. Die Gräfin Hartenau, die eben erst vom Wochenbette auf gestanden ist, war fassungslos und konnte erst nach erschütternden Scencn vom Sterbebett entfernt werden. Die Todesnachricht wurde sofort nach Bulgarien berichtet. Wegen der erwarteten Ankunft einer Abordnung Bulgariens findet das Leichenbegängnis; erst am Mon tag statt. Fürst Ferdinand vo» Bulgarien entsendet als Vertreter beim Lcichcnbegängniß des Grafen Hartenau den Flügcladjulanten Oberst P et r o w, sowie die Oberst- kirutciianlS Vinarow und Markow nach Graz Am 19. d. M. findet in ganz Bulgarien Trauergottc»- dienst statt Außerdem werden verschiedene bulgarische Eivil- und Militair-Dcpulalionen nach Graz abreisen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. November. Der Reichstag hat gestern, einem Wunsche des EenlrumS entsprechend, die Bcraidung der Handelsverträge um beinahe eine ganze Woche kinauSgclchobe» und unniitlelbar «ach den einleitenden Geschäften eine Pause eintreten lassen, mit der die „Nat.-Lib -Eorr." gar nicht zufrieden ist. „Der Reichstag", so schreibt sie, „hätte unter diesen Umständen ebenso nt erst eine Woche später sich zu versammeln brauchen. Jetzt läuft wieder Alles auseinander und wer weiß, ob man die Rcich-bolen wieder so vollzählig zusammenbringt. Noch »jemals ist sür Vorlagen von doch nicht allererstem Rang «ine so lange Frist völlig freier Zeit verlangt worden; daS Ecntrum will offenbar die Entscheidung über dir Handelsverträge, die ibm sehr unbequem zu sein scheint, möglichst lange hinauSschieben und schützt dafür die Notbwcndigkeit eines achttägigen Studium« aller Einzelbriten schon sür die erste Lesung vor. Bei der Be- rathung der doch ungleich wichtigeren vorjährigen HandelS- »erträge wurde das Bcdürsniß eines so gründlichen Studiums «icht betont und selbst aus die Wünsche eine- großen TbeilS de« Reichstag« nach eingehender EommissionSbcralbung keine Rücksicht genommen." Wir behalte« un« vor, auf die Gründe, die da« Eentrum zu seiner Verschleppungstaktik bewogen haben, näher einzugcben. Wa« die Handels verträge mit Spanien, Rumänien und Serbien selbst betrifft, so bringen sie dem deulschen Erwerbsleben Mar keine großen Vvrldeile, aber man wird bei gerechter Beurtbeilung zugeben müssen, daß unter den hestebenden Verhältnisse« mehr nicht zu erreichen war und daß diU Vortheile noch immer de« Schaden eine« vertrag«- losen Zustande« mit seiner ganzen Unsicherbeit und seiner fortwährenden Bcdrobnng mit weiteren Bcnach- tbeilignngcn der deulschen Exportintcreffen answiegen E« wird denn auch allseitig angenommen, daß diese Verträge die Zustimmung de« Reichstag« finken werden, wenn auch von conservativ-agrarischer Seile bereit« hier, namentlich gegen über dem Vertrag mit Rumänien, Widerspruch gegen jede weitere Ausdehnung der ermäßigten Getreide zölle eingelegt werden wird. E« wird um diese Ver träge ein EinleitungSgesecht entbrennen, der eigentliche Kampf wird aber erst bei dem russischen Handels vertrag beginnen, und kirr sind die Aussichten im Reichstag allerdings scbr zweifelhaft- Deutschland bietet i» diese» kleineren Verträgen insbesondere die durch vorläufige Ab kommen bereit« in Krast stehenden ermäßigten Gctreidezölle sür Rumänien und Serbien, die ermäßigten Wein- »nd Südsruchtzöllc sür Spanien. E« erlangt dafür, außer der allgemeinen Sicherheit für Festigkeit und Stetigkeit der Handelsbeziehungen und der Behandlung auf dem Fuße der Meistbegünstigung, einige Vortkcilc sür unsere AuSsubrindnstrien. Sv erreichen wir von Serbien die Be seitigung der Vorzugsstellung, welche Oesterreich llngarn da selbst ans Grund früherer Abmachungen hinsichtlich der Ein- ganzSzölle für eine Reihe wichtiger Industrie-Erzeugnisse genoß, sowie eine Anzahl von Zugeständnissen in Bezug aus de» bestehenden serbischen Zolltarif. Acbnlichc Vor- thcile dielet uns der Vertrag mit Rumänien, der die Bindung de« rumänischen Generaltarifs unter einigen Er Mäßigungen desselben enthält. Der Vertrag mit Spanien rust viele Bedenken hervor. Wichtig für unsere Interessen, namentlich die landwirthschastlichen, war die früher bedeutende, aber in den letzten Jahren sehr zurückgegangeoe Ausfuhr vo» Sprit, welcher in Spanien zur Herstellung stark alkoho- lisirtcr Weine verwendet wurde. Diese gingen vorzugsweise »ach Frankreich. Als im Jahre 1892, so führt eine beigcfügte Denkschrift auS, der spanisch-französische Handelsvertrag sein Ende erreichte, säumte Frank reich nicht, seinen Wcinzoll zu erhoben und gleich- ilig die Alkobolgrcnze sür Wein wesentlich herabrusetzcn. urck, diese Maßregel sab Spanien seine WeiuauSfuhr »ach Frankreich mit einem Schlage etwa aus die Hälfte reducirl und gleichzeitig war der Alkoholisirung de« noch zur AuSsubr dorthin gelangenden WcincS der Booen entzogen. Soweit Spanien darnach überhaupt noch einen Bedarf an Brannt- we», besaß, mußte es darauf Bedacht nehmen, seinen sonst werthlosen Ucberschuß an Wein zur Deckung diese« Bedarf« zu verwertbe». Die Fabrikation von Weiasprit bat daher in Spanien einen sebr großen Aufschwung genommen. An diesen Tbatsachen scheitern alle Bemühungen, dem deutschen Sprit das verloren gegangene Absatzgebiet in Spanien wiederzugcwinncn. Der Vertrag geht von der llcderzciigung au«, daß an diesen Verhältnissen m absehbarer Zeit nichts zu ändern ist. daß man aber darunter nicht auch noch andere deutsche Erwerbszweige leide» lassen dürfe, die immer noch eine Ausfuhr nach Spanien im Werth von fast 4l Millionen Mark besitzen. Spanien bat auch einige Herabsetzungen seine« Minimaltaris« zu gestanden, von teile» die Herstellung de« früheren Zollsätze« sür Saymohl (Kartoffelmehl) einem nicht unerheblichen land« wirtbschasllichrn Interesse Dculickland« cnlgegenkommt. Alle« in Allem wird durch die vorliegenden Verträge der deutschen ErwerbStbätigkeii ei» Absatzgebiet von weit über lO<> Millionen Mark aus längere Zeit und mit der Aussicht aus jcrncre gedeihliche Entwickelung erhalten. In Oesterreich kommt mit jedem Tage der Unmnth deut licher znm Ausdruck, den die klerikalen über die Zusammen setzung des neuen EabinctS empfinden. Einzelne ultra- montane Blätter bezeichnen die Eoalilion zwischen den soge nannte» Katbolisch-Eonservaliven und den Liberalen geradezu als einen Verrat!) an der conservaliven Sache. DieWcrin«- dorfer „Oesterr. VolkS-Zlg." kündigt dem Grasen Hoben wart ohne weitere Umschweife die Gefolgschaft. ES ist bezeichnend sür die Stimmung in diesen Sbrrisru, wenn i» dem genannten Blatte dem Grasen Hokcnwart gesagt wird, er habe „dir Evnservativcn durch ein Jabrzrbnt au« Furcht vor den Liberalen selbst vor jeder sallweisen Opposition gegen den Grasen Taaffc zurückgchatten. und nun bade er in gekränktem Ebrgeiz den Liberalen zu Liebe sogar den vollen Sturz de« Grasen Taaffe, der eben eine volkS- Ibümlicho Wablactio» inscenirte, zu Gunsten der Liberalen berbeisübren helfen. Hobenwart bade erst gegen alle« Liberale angestürnit und nun sei er mit denselben Liberalen au« Kränkung im Bunde" Besondere« Unbehagen bereitet den Klerikalen die Ernennung eine» liberale» UuterrichkSminister«. und ei» Tbcil der Kalbolisch-Eonservativcn droht mit offener Opposition. lieber de» Besuch de« österreichisch-ungarischen Minister« de« Auswärtigen, Grasen Kalnoky, beim König vo» Italien wird »och i» rer gesammien europäischen Presse gelcitartikclt. Bemerkcnswcrih sind aber nur zwei Au« lasiungcn. Tie eine finden wir in der „N. Fr. Pr.", welche die Bedeutung des Besuche« sür das italienische Cadinet erörtert und zu folgendem Schluffe tommt: „Für Herrn Äiotitti mag der Vejuch »och etwa« Andere« be- Leben um Leben. l2j Roman in zwei Bänden von M- Gerhardt. ?!»chdr>ick »ertöten. (Forffepung.) „Der Schrecken — die GemütbSbewegung haben Sie nieder- geworsen, mein arme« Kind — die Erkaltung kam dazu. Mein Mann hat mir Alles erzählt — daS ganze traurige Ereigniß und Ihren hilfreichen Antheil daran. Ader wenn mich nickt Alle« täuscht, spielt noch ein andere- — innere« Erlebniß mit —" Hildegard verhüllte ihr Antlitz mit Len Händen. Die Prosefforin streichelte sanft ihr Haar. „Ich war auch jung und weiß reckt gut. wie ungestüm in Freud' und Leid junge Herze» schlagen. E« zielst Wunden, die in Stille und Verborgenheit keilen müssen. Luält Sie aber da« Grbeintniß, meine liebe Hildegard, so vergessen Sie nicht, daß Sic eine treue und verschwiegene Frcudin haben, der Sie vertrauen können." Eine längere vertrauliche Zwiesprache endigte damit, daß Antonie Rolofs da« junge Mädchen gerührt und zärtlich auf die Stirn küßte. Al« sie dann, allerlei großmüthige An schlage überdenkend, hinunter in« Wohnzimmer kam, war ibr Mann schon zurück, aber mit Siewert und dem Inspektor bei einer Partie Billard; Frau Jda aber nicht zu haben, da ihre drei Söhne von einer geologischen Entdeckungsreise durch näßt bi« an den Gürtel und mit Proben jeglicher Erdart. die sich in Radlaukcn und den Nackdargebieten vorsand, auf ihren Kleidern, heimgekebrt, zunächst au«gescholten, in trockene« Zeug gesteckt und satt gemacht werden mußten. Erft am Kaffeetisch fanden die beiden Ehepaare sich un gestört znsammen und die Ereignisse in Gravelischken gaben zunächst Anlaß zu einigen allgemeinen Betrachtungen zwischen den Männern, Zeitverbältnine, Laub und Leute betreffend. „Unsere Provinz, da« Keroland der Monarchie, ist von jeder al« Stiefkind brbandelt worden, — au«gedeutet, preis gegeben", ließ Siewert sich vrruel inen. „Anno dreizehn waren die Ostpreußen dir Erste», die sich erhoben, um die Franzosen i»A de» Laad« zn Wersen — von den Opfer», die damal« aebracht wurten, wußten unsere Groß- und Urgroßeltern ein Liedchen zu singen. Zum Dank dafür zahlen unsere Städte noch heute, nach siebzig Jahren, französische Kriegssicucrn Die russische Grenze ist sür uns eine chinesische Mauer. Eisenbahnen haben wir später als jede andere Provinz er halten und sie haben un« geringen Vortheil gebracht." „Dazu dann nock die gewaltigen Umwälzungen aller socialen und ökonomischen Verhältnisse in den letzten Jakren", sagte Roloff. .Fa, für un« fing das mit der Grundsteucrregulirung an", fuhr Siewert fort. „Seitdem hat der Schwindel Bürgerrecht bei un«. Seitdem findest Du keinen unverschuldeten Bauern hof mehr. Die Preise für Grund und Bode» verdoppeln sich, WirtkschastSkosteii und Löhne steigen und steigen, die Erträge bleiben ziemlich die alten. Ader die Eredilverbältnisse sind günstig — so günstig, daß bald da« halbe Land verkracht sein wird." „Die Ansprüche an da« Leben steigern sich naturgemäß — jeder Besitzer will als großer Herr leben. Ich habe das ja schon als Knabe gesehen", fügte Roloff hinzu. „Ja, unsere Großväter tranken Pnnsch wir trinken Rotbspobn. Unsere Großmütter wirkten und nähten selbst unsere Röcke und Hemden — unsere Frauen — reisen ins Bad!" „Na Alter — mit Ausnabmcn, sollt' ich meinen", pro- testirte Frau Jda, und Roloff bestätigte: „Versiebt sick, mit Ausnahmen. Herr Siewert-Radlauke» verkracht nicht." „Na — mein Vater bat mir Radlaukcn in gutem Eultur- zustand binterlaffcn. Da« stellte mich von vornherein günstig. Und dann Jda'S Vermögen —" „Und Otto'« tbätigc und umsichtige Wirtbschast —" „lind Jda'S wobllbätiges Regiment", fügte Roloff hinzu. „Ja. wenn da« nicht wäre", bestätigte Siewert gewichtig. „Sic läßt mich nicht allein fahren, wenn « irgendwo Spiel- vartie oder GeburtStagSschma»« giebt. Sie sitzt bi« drei Udr auf und bringt mick z» Bett, wenn ick zu schwer ge laten habe Fahre ick nach der Stadt, so zählt sie mir da« Geld in den Beutel und webe mir —" ,Hör', Alter — aber jetzt giebL« wa«!" Siewert duckte lackend den Kopf zwischen die breiten Schultern, welche die strafende Hand seiner besser» Hälfte ge- mntdlich bearbeitete. — Inzwischen war Tante Hermine er schienen und erstattete über ihre Kranke Bericht." Hildegard batte weder Speise noch Trank berührt, lag still mit dem Gesicht nach der Wand, schlief aber nicht — wenigsten« hatte die Tante sie ein paarmal leise schluchzen gehört. „Sic bat ein« wabrbaft krankhafte Furcht, von hier fort zu müffeii", versicherte Tante Hcrininc. „Ich habe ibr gesagt, sie dürfe vorläufig hier bleiben. Ich balle ja keine Vollmacht dar», aber ich weiß au« Erfahrung, Otto und Jda Siewert haben Rauni für jeden Verlassenen und Hilfsbedürftigen." „Selbstverständlich — sie soll bleiben, so lange c» ibr gefällt", bekräftigte der Hausherr. „Halt, genug deS Segen«!" rief er dazwischen seiner Frau zu. die nachdenklich mit ansall, wie der braune Oueil au« dem schmalen Rohr der blankgeputztcii Messingmaschine i» seine vergoldete Ricsentasse lies. Sie drekt« den Hab», reichte ibin die Tasse und sah ihn mit ihren runden schwarze» Augen ernsthast an: „Aller, wir behalten die Hildegard nicht hier." „Wegen des Götz?" „Höre, Alter, daß da« unter un« bleibt, was wir un« in Betreff de« Göv zusammcngercimk haben!" „Bin ich denn ein alles Weib, Jdchcn'? Soll ich schwören?" Roloff. der in einem broschirtcn Bande blätterte, stimmte, ohne ausziihlickcn, bei. „Jda bat ganz Recht. Sie muß in andere Lust, reu elterlichen Einslüsscn ganz entrückt werden." „Siebst Du, Frau, je weniger wir Herren Eltern un« mit dem Erzichung-geschäst befassen, um so weniger verderben wir", sagte Otto Siewert. Frau Jda zog die gewölbten Augenbrauen hock. „Ja, ginge cs nach Dir, Alter, so ließe ich unsere Jungen auch so wild auswachsen wie Frau Marlwald ihre Schaar, daß ich « kaum merkte, wenn eine« fehlt." „Wa- erreichst Du mit all Deinen guten Lehren?" neckte Siewert, dessen weiße Zähne schelmisch unter dem dunklen Bart blinkten. „So viel ick sehe, werden die Jungen immer ärgere Strolche." „Beweise erst, daß sie obne Jda « gute Lehren bester ge ratben wären", warf Roloff kritisch dazwischen und legte sein Buck offen neben sich, während seine Gattin Sabne in seinen Kaffee «Hab. „Wie willst Du diese mütterlichen Einflüsse jetzt nachträglich au« dem Erzirhung«gang Deiner Söbne hinweadenken?" „Ach, meine Einflüsse!" rief Jda rotb vor Erregung. „WaS können wir denn viel tbun? Kinder sind dock nickt Stücke Holz, die man so oder ander« zurcchljchniycn kann!! Dann müßten meine drei Jungen doch alle au« einem Guß se», und e« giebt kein« verschiedenartigere Kinder. Meine guten Lehren bessern nickt«, da« weiß ich recht gut, und ver derben hoffentlich auch nicht viel." „Nein, die Juugcn sind so daran gewöhnt, daß sie sich nicht wohl fühlen, b>s sie »ach vollbrachten» Unfug ihre Pankc weg haben", bestätigte Siewert. „Ganz in der Ordnung. Dann trägt Mutter di« Ver antwortung sür den Unfug'', fügte Roloff hinzu. „Schämt Euch, Ihr Männer!" lachte Antonie. „Zwei gegen eine schwache Frau! O ich bin gar nicht schwach", erwiderte die kleine runde Fra» erhitzt und eifrig. „DaS ist'« eben, wa« ibr Männer gar nickt begreift, da« A und da« O der Erziehung: da« Millebcn der Mutter mit ihrem Kinde Ja. ick muß um jeden dummen Streich wissen, um Alle«, wa« sie freut und grämt, ich muß in dem Einen so gut Bescheid wissen wie in dem Andern, bester al« Jeder in sich selbst, und wenn sic einmal, jetzt oder m Zukunft, nicht au«, noch ein finden, so werden sie schon zu mir kommen und ich werde ihnen zurecht Kelsen." Roloff nickte ernste Zustimmung. Siewert stand aus und legte seine breiten Hände zärtlich um Frau Jda - volle Wangen. „Frau, da« Reden halten ist Deiner Schönheit nicht zu träglich Was hast Tu nun davon. u»S Beide in den Saud gesetzt zu baden. Einen rolhen Kops und kalt gewordenen Kaffee." Antonie brachte da« Gespräch wieder aus seinen Ausgangs punkt — Hildegard. „Ick will'« nur gestehen, ick habe die Kleine liebgewonncu, ihre innere Verlassenheit und Gebrochenheit rükrt mich un beschreiblich. Ein junge« Mädchen in diesen gefährlichen Jakren körperlicher und geistiger Entfaltung bedarf einer mütterlichen Freundin, die ihre Seelciireinbci« zu behüten, da« Feuer ihre» Temperaments zu zügeln vermag. Wenn ich einen reckt guten, reckt licbcnSwiirngc» Mann halte, ich wüßte wohl, wa« ick tbäte." Sic hielt inne »nd sab >bren Mann mit schmeichelnder Bitte an. Er antwortete rasch, ebne von seinem Buck auf zublicken. .Da« junge Mädchen z» unS in- Hau« nehmen, Toni ? Nein, da« tbnn wir nickt. Ich Hab « deren« augebotrn, man ist zu stolz, r« anzunebmen." ,.D» käst c« angeboten ?" fragte Antonie sebr überrascht. „Hm — i» der Uebereilung — c« lag so nabe —" ES trat ei» kurze» Schweigen ein. Antonien« Blick bastele an ihrem Gatten, der einen Abschnitt mit besonderer Aufmerksamkeit zu lesen schien.
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