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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931115025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893111502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893111502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-15
- Monat1893-11
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Zum Zwecke der Lhrilunq soll der 1. dir Frau Iciintz «an Rnrss, geborenen Bogt, in Weimar, 2. der Frau Ntt«e Wartha», geborenen Vogt, io Wiksbaben, 5. dem Baumeister >r«oiv vagt in Berlin. 4. der Frau Wiltzetmtne Lauije Autanie Elckra Vogt, geborenen Geretzkr,, und deren Tochter Lautsk EvilhklNttNk Margaretha vagt in Berlin, 6. dem lir. weck. vaho vagt in Dresden. 6. dem tkaoi'niana Carl vagt in Berlin gehörige, in der Stadt Biantendain gelegene, nachstehend beschriebene Grundbesitz: Nr. 1357^ — Ack. 16 s^Rth. b 3 ar 26 gw Wohnhaus. — » 8»/ . —. 1 . 88 - Nebengebäude, — - 26'/, - — —. 6 - 38 . Hos, » 2G/> » --- — - 11 - 35 - Garten, — »1? . — — - S « 47 - Garten beidem Lindenhaus«, mit 1 33'« terminlich besteuert, aus 64 400 gewürdert, und ohne bezüglich mit Mauenverk mit 20 630 zu bezüglich gegen Broudichaden versichert, Nr. 1260 1 2'/, Ack. 10 L^Rth. — — N 73 ar 28 gm Geniüsegarten, 1261 l 1262 I» .22 . — 1. 46 - 96- Anlagen über > der Badergass« mit 2 ^4 31'/, terminlich bestruert und aus 9150 gewürdert, Dan«er«tag den LN. Navembrr 18NX» Varmittag« «an 1« Uhr an. aas Antrag der Eigenlhümer im Zimmer 1 de» hiesigen Amt«, gericht-gebaude« meistbteteud versteigert werden. Der Grundbesitz eignet sich vermöge seiner günstigen Lage zu Cnrzwecken, sowie zu einem herrschasllichrn Aufenthalt. Die näheren Nachweisungen über diesen Grundbesitz und die Ber- steigerungSbedingungen liegen an den Wochentagen von 8 bt» 12 Uhr Vormittag« in der Gerichttjchreiberei Unterzeichneten Gerichte« au«. vlaokrahaiu, am 12. October 1893. »rahtzer,«glich Lüchs. Amtsgericht. laez.) Hoh mann. Beglaubigt: -er Garichttschrciber Gro«li. L. Amt»,«richte«. O. »önig t. v. Politische Tagesschau. * Lrichgig, 16. Rovember. Mit dem morgen stattfindenden Zusammentritt «es Neich«- tag« malt sich rin große« Fragezeichen auf dir Schicksal-kafel Deutschlands. Für die Militairvorlage hat sich in dem neu gewählten Parlament eine Mehrheit gesunde», weil eine kleine Partei, die antisemi tisch«, im Hinblick ans ihre zumeist bäuer lichen Wähler die Bernachlässigung der zur Sicherung gegen feindliche HeercSmassrn erforderlichen Maßregeln nicht wagen durfte, und weil eine andere kleine Partei, die Polen, au« Gründen, die mit den Interessen de« Reiche« und Preußen« nicht« zu thun haben, ihre Sache ia der Gunst der Machthaber zu befestigen wünschte. Diese beiden Parteien sind für die Lösung der der beginnenden zweiten Tagung obliegenden Aufgaben unentbehrlich — wenn nicht dag Eentrum für gut findet, jetzt und au« ähnlichen Beweggründen wie die Polen da« zu tbun, wa« die Letzteren schon im Sommer getdan haben. Die parlamentarische Lage ist seit Bestehen de« Reiche« niemal- so verworren gewesen. Die frühere Eoalition der Gegner einer gefunden nationalen Ent wicklung — die Phalanx Wiodlhorst-Richter-Grillenderger — ist gelockert, obne daß die grundsätzliche Stellungnahme ihrer einzelnen Glieder zu den Existenzfragen de« Reiche« sich geändert bätte. Die Parteipolitik nur ist nicht überall dieselbe geblieben. Zu dem -k, welche» da« Ecntrum in der schwierigen volitischen Gleichung der Gegenwart darstellt, tritt da- Z) der Antisemiten und da« Z der Freisinnigen Bereinigung Und damit ist dir Zahl der unbekannte» Größen noch nicht erschöpft. In den Parteien, aus welche bei der Be friedigung unabweisbarer Reichsbedürfnisse von jeher gezählt werden durfte und noch beute mit unvermindertem Vertrauen gezählt werden darf» herrscht MciiiungSverschieten- beit über die Gangbarkeit mehrerer von der Regierung be tretener Wege. Ta« ist in den letzte» Wecken oft genug zu Tage getreten. Vorzüglich in der Frage der Steuerreform. Die Tabaksabrikatsteuer bat in jedem Lager der ehemaligen Eatelpartcien Freunde und Gegner, desgleichen die Weinsteucr und selbst da« Steinpelsteuergcsctz mit seiner Heranziehung von weit von der Börse abgelegenen Objecten. Wa« die Tabaksteuer angehk, so hat erst dieser Tage wieder ei» conserf vativer Abgeordneter sich unbedingt gegen sie und drei weitere Mitglieder derselben Partei haben sich neuer dings nur bedingt sür sie erklärt. Eine Weinsteucr, wie sie da« Reick-schatzamt bringt, hat mit der entjchierenen Gegnerschaft einer Anzahl von Nativnalliberalrn zu rechnen, welche Partei auch den übrigen Steuervorlagen in ihrer jetzigen Beschaffend«» nicht ciiimütbig gegenübersteht. Bo» Seiten dieser Partei, der NeickSparlei und doch wohl auch einer großen Anzahl von Eonservatircn darf sich da« Land einer sachlichen Behandlung der Steuersragen versichert halten, aber da- reicht zu sachlichen Beschlüssen nicht hin. Wie die Dinge nun einmal liegen, bedarf e« der Unter stützung au« Parteien, die bei der Entscheidung über Za oder Rein sich von außerhalb de« Gegenstände« liegende» GesichtSpuncten letten lasse». Tie künslige Tagung wird darum eine eminent politische sein, die fremdartigsten Dinge werden in eine durch die Mauern de« Reichs tage« nicht gehemmte Wechselwirkung treten. Stoff rum Streiten und Eompcnsircn ist zur Genüge vor handen. Der russische Handelsvertrag muß zur Erörte rung gelangen, selbst wenn eine Vereinbarung der Unterhändler nicht zu Stande koiniucn sollte, da dem BundeSrath obliegt, di» Zustimmung de« Reichstag« zu den Zollaujichlägen aus die russische Einfuhr einzubolen. Der grundsätznchc Wider stand gegen jede Handel«vertrag«politik wird ferner Gelegen heit haben, bei den Beratbunacn der Handelsverträge mit Rumänien, Spanien unk Serbien zum Worte zu ge langen. Man wird bei dieser Gelegenheit wieder „rechter Hand, linker Hand Alle« vertauscht" finden. Dem hantel-politischen Anstürme der Conservativen werten Wangeiiheimiatcn den Ebarakter eine« Vorstoßes gegen den Grafen Capri vi ver leihen, Socialdemvkrat'k, Volkspartei und freisinnige Volk-Partei wird man ibre Schilder vor den Reichskanzler halten sehen, dessen Position sie im klebrigen durch die Ablehnung aller Steuervorscbläge erschüttern Die nationalliberale Partei wird in diesem Kampfe dafür zu sorgen haben, daß die Sache zu ihrem Recht kommt, daß dir Intereffen einerseits der Land- wirtbschasr uud andererseits der Industrie und de« Handel« genau abgewogen werden. Sie wird dabei sorglichst bemüht kein müssen, daß sie bei der voraussichtlich nötbig werdenden Zurückweisung conservativer Uebertreibungen und Anmaßungen nicht den Schein einer Vertbeidigerin de- herrschenden Re giment« auf sich lädt: e« wäre die« in den Augen ihrer Freunde im Lande rin böser Schein. Ueberdie« kann der gemäßigte Liberalismus in die Lage kommen, da« gegenwärtige Regiment Z wenn auch äußerlich nicht den Grafen Eaprivi, al« Angreifer vor sich z» sehen. Ultra montane und Reckr-conservative betreiben nach dem sür die Letzteren günstigen Ausfall der Landtag-Wahlen in Preußen ein Schulgesetz nach dem Muster de« Zedliy'schen wieder mit erhöhten Anstrengungen, und wir vermögen den Optimismus Fsttillets«. Leben um Leben. s> Roman in zwei Bänden von M. Gerhardt. Vt»chdr»e (Fortsetzung.) .Ach, Du meinst Axel Löberitz", gab Alma beschämt zu .Mutter sagt, der könne gar nicht an Heiratbrn denken- ES siel mir nur ein — weil Götz mit Bertba den Ball eröffurt. Ich möchte ibn nicht zum Bräutigam, soviel weiß ich." „Du kennst ibn ja gar nicht", gab Hildegard ärgerlich zurück. „Uederall dieser Ton de« Mißtrauen« oder Widerwillen« gegen Götz! Aber wenn alle an ihm irre wurvezz, um so zuversichtlicher wollte sie an ibn glauben. .Wer sagt denn, daß er mit Bertba den Ball eröffnet'?" fragte sie, die Sparbüchse schüttelnd. „DaS ist jedenfalls ganz ohne Bedeutung." Endlich klapperten nur noch ein paar Münzen in der Höh.ong. .Die sollen drin bleiben", sagt« Alma vergnügt. „Da« sind Heckpscnnigc. Alle« klebrige soll Minna "baden. Aber Mutter darf e« nicht wissen. Sir würde böse sein, und mit Recht." Hildegard umfaßte die Schwester und küßte sie. .Du bist guter kleiner Kerl, Alma. — —" Die Sonne stand längst am Himmel, al« die müden Ball- sabrer, brimgekcbrt, ibr Lager aufsuchten. Sobald Heinz sich am Frühstücks»»«« blicken ließ, zog Hildegard ibn beiseite und trug ihm ihr Anliegen vor Er hatte ja versprochen, ihr die Hälfte ibre« Grlde« zurückzugrben, und jetzt wollte sie lieber da« Ganze haben und er sollte später acht M«rk anstatt sech« erhalten. Allein Heinz erwie« sich diesen, Bestechung-Versuch unzu gänglich. Er lachte sie au« und wurde dann böse, denn er war, wie e« der deuiigr Tag mit sich brachte, schrecklich ver katert und übler Laune. .Geld verlangst Du von mir? Heut' nach dem Ball? Höre, Fückslrin. ,ct> bätte Dick für klüger taxirt. klebrigen« hält' ich gedacht, daß D« Dein Geld wieder zurücksertern würdet, ft ßätt' ich nicht« von Dir genommen. Das «enne ich lumpig, weißt Du." .Ich brauche r« ja nickt sür mich, Heinz!" cntsckuldigte sich Hildegard in großer Verlegenheit .Bedenke, die arme Minna, die um meinetwillen Unrecht leidet." .Bedaure, kann aber nicht helfen", versetzte er mit herzlosem Spott. .Ich bin blank. Ick backte, Du würdest mir noch ein paar Mark pumpen können. Sieh 'mal in Deiner Spar büchse nach, FuchS " .O Heinz, Du leichtsinniger Verschwender!" versetzte Hildegard vorwurfsvoll. „WaS in meiner Sparbüchse ist, bekommt Minna natürlich." .So? Nun, da« ist recht schwesterlich gehandelt, recht nobel, da« muß ich sagen." Hildegard schwieg gekränkt und eilte die Treppe hinauf. Sic wollte sogleich nach dem See und Minna bringen, WaS sie batte. Um in ibr Stübchen zu gelangen, mußte sie da« etwa« größere Bertha'« durchschreiten, da« diese sür sich allein und mit Hilfe der Mutter nett und geschmackvoll eingerichtet batte. Bertba war eben ausgestanden und saß vor dem Spiegel, mit dem Ordnen ihrer prächtigen hellbraunen Haare beschäftigt. Alma stand am Tisck, rin halb Dutzend Blumen sträuße vor sich und sing an, diese aufrubinden. .Hättest Du sic nur gleich in-Wasser gestellt!" klagte sic. „Die armen Dinger so acktlo- im Hausflur liegen zu lasten! Jetzt werden nur wenig« Blümchen zu retten sein." „Wirs sie alle miteinander fort", sagte Bertba. die bleich und trübe um di« Augen auSsah, viel mehr al« sonst nach einem Ball. .Fortwersen, warum nicht gar! Sieh doch, Hilde, Liese wundervollen Eetillonsträußc! Diesen hat Goy Dir gekrackt, diesen großen, schönen, mit den Rosen, nicht wahr, Bertha?" .Frage Mutter, ich weiß eS nickt." „Hast Du nicht den Cotillon mit Höy getanzt?" fuhr dir Kleine mit eifrigem Interest« zu fragen fort. Bertha nickte apathisch. .Und den ersten Eontre? Mit wem?" „Mi, Götz' .Und den ersten Walzer ebenfalls. Hier steht'« aus Deiner Karte" Hildegard zuckte zusammen. Da« war der Tanz, um den Götz sie gebeten hatte. .Und den Ball hast Du eröffnet!" fuhr Alma fort und setzte vorsichtig eia paar Maiglöckchen ia eine GlaSschale. .Höre Bertba, da» ist eine große Ehr«! Hilde, wir können stolz auf unsere Schwester sein?' „Dar Axel nicht aus dem Ball?" fragt« Hildegard. nicht zu tbeileii. der sich mit der Formel tröstet: wa« obne Nölbigung zurückgenommen worden ist, wird nicht wieder kommen. DaS Dutzend Stimme», das die Eonservalivcn bei einer Tbeilnadmlosizteil obne Gleichen erobert, bringt aller dings keine Gefahr, wobl aber der schwanlendr Ebarakter er neuen Eurseü und die ausschlaggebende Stellung de« EentrumS im Reichstage. Bei der Lcratbung seines Iesuiteuantrag«, der an und sür sich für Len UltramontaniSmuS nicht von Werth ist, wird vielleicht die weitere Oesfeiitlichkcir etwas von dem vernehmen, waö daö Eenlrum fordert, wenn cS leisten soll. Im Zusammenhang mit de» große» Fragen der Tagung steht auch die Behandlung der Initiativanträge, mit Venen die Antisemiten komme» müsse». Sie sind gewählt, weil Hnnkerttauscndc von Deutschen iduen geglaubt kaben, daß die Juden die Ouctle alle« Urbcl« seien. Sir könne» deshalb nickt Unterlasten, mit Anträgen aus die sofortige Beseitigung der KrankbeiiSursacke bervor- zuireten. Ibre Vorschläge werden mit großer Mehrheit ab- gclebnt werden, aber die antisemitische Presse hat wiederholt durckblicken lasse», daß sie mit einigermaßen entgegenkommen den Erklärungen der Regierung zuiriedengestellt sein würden BeackitenSwertkeiweise bat ein sonst al« osficiö« bekannter Publicist der Regierung kürzlich geralben, den Antisemiten diese» Gefallen zu erweise», um die Stencrgesetze obne da- Ecntrum durchbringen zu können. Weitere Zugeslänkniste an die Polen er wähnt dieser Politiker al« selbslveriiäntlick nickt. IckensallS — und die« ist eine überaus schmerzliche Gewißheit — werken die vaterländischen Angelegeiibeiie», die dieser Reichslag regeln soll, nicht ausschließlich in vaterländischen Erwägungen an gegriffen werden Regierungen und Volk tbcilcn sich in die Schult, daß e« so gekommen ist. Hoffen wir wenigsten», daß die Verhandlungen, indem sic klären, einer lünstigcn Besserung die Wege ebnen. In Bel-ten ist die Kammer gestern zusammengetreten, um sofort das wichtige neue Wahlgesetz zu berathr». Der zur Vorberatbung de« Gesetze« eingesetzte Ausschuß hat bereits seine Arbeite» beendet und durch seine klerikale Mehrheit die Tendenz de« Gesetzes ansrecbt gehalten, da- allgemeine Stimmrecht durch Ausschließung zahlreicher Schichten .wegen Unwürdigkeit" nach Möglichkeit einzuschränken. Die liberalen Anträge wurde» abgewicscn und eS wird abzu- wartcn sein, welche Endentscheidungen die Kammer selbst treffe» wird. Bor dem Eintritt iu diese Bcrathung sieben noch drei Interpellationen bevor, die nicht nur erbitterte Rede- kämpfc Hervorrufen, sondern auch die Einbringung eine» nach deutschem Muster ausgearbcitcten Gesetzes bewirken dürften. Die belgischen Minister haben bi« heute da« fast unbeschränkte Recht. Beamte zu versetze» und abzusctze». Die drei Interpellationen betreffen willkürliche Absetzungen von Beamten, insbesondere durch de» Eisonbabniniiiister. Infolge dieser Vorgänge wird von dem Brüsseler Tcpulirten Bergö ein Gesetz eingcbracht, da« im Interestc der Beamten die Errichtung eines DiSciplinargerlchtSboseö. wie solcher in deutschen Staaten besteht, anordncl. Dieser Antrag findet Sympathie. Auch in Frankreich ist die »tue Deputirtenkammcr gestern z» ihrer ersten Session zusammengetreten. Die vom Ministerium Tupuy vereinbarte Erklärung wird aber erst zur Verlesung gelangen, wenn die Eo»sti»iirl>ng der Kammer durch Bestätigung der Halste der Deputieren erfolgt sei» wirk. Dies kan» aber kaum vor dem 2». oder 26. d. M. der Fall sein. Bis dabin kann sich Herr Dupuy mit seinen College» nech klar darüber werden, in welcher Weise sic den Ruszen besuch erwäknen wollen, über den Senat und Kammer schon gestern bei der Eröffnung in Jubel au-gebrocken sind. Bei seiner Eröffnungsrede glaubte der Alterspräsident der Kammer, Blanc, sogar von einer durch die bekannte Depesche de« Zaren besiegelten Allianz sprechen und damit die indirrcte Aufforderung an die Regierung richten zu sollen, diese Auffassung demnächst zu bestäligen. Wahrscheinlich wird die Regierung aber auf diese Aufforderung nicht rragirrn, sondern dir Dinge an sich berankommrn taffen. Gefährlich wird ihr diese Frage voraussichtlich nicht werden. Auf die direcie Frage, ob c>» Vertrag mit dem Zarenreiche besiehe, kau» Dupuy nach Belieben eine ausweichende Antwort geben oder jede parlamentarische Erörterung dieser Angelegenheit als inopportun ablebnen. In beiden Fällen kann »nd wird e- an einer Uebersülle patriotischer Redensarten nicht fehlen, di» im Verein mit gesunden politische» Erwägungen dem Eabinet eine impo- »irende Mehrheit sür ei» Vertrauensvotum sichern müssen. Selbst der verbissenste Radikale wird sich nicht verhehlen, daß cm Sturz Dupuy's gerade wegen dieser Frage unmög lich ist, obne lofort das unter seinem Ministerium besiegelte sranco-russischc Einvernehmen aus eine ungemein schwere Probe zu stellen. Zwischen den Franzosen und dem Könige Behaazin vcn Dahomey siud schon seit einem Jahre Friedensver- baudlungen im Gange; sic kamen aber bisher zu keinem Schlüsse, da begreiflicher Weise der schwarze König der Hauptforderung der Franzosen au«weicht, sich selbst zu stellen König Bcbanzin schickte stets nur Unterhändler, da er sich »ach aller Gewohnheit damit einen Rückhalt zu sichern hofft. Er glaudtc, wenn ikm der adgeschlostene Vertrag nickt paßte, »ach einiger Zeit, wie er und seine Vorgänger es früher schon ost gemacht hatten, erklären zu könne», seine Vertreter hätten seine Wei sungen .nickt recht verstanden". Dann mag er auch wohl gefürchtet haben, die Franzose» würden c« so machen, wie afrikanische Herrscher, nämlich den mit freundlichen Zu- sicheruugen herangelocktci, Gegner einfach umbringen. Tue Schuld daran, daß es zu keinem FritdenSsckluffc kam, schob er auf die französischen Truppensüdrer. So entschloß er sich kenn auch bekanntlich in seiner neuerlichen Bedrängniß, eine Grsandtschasr »ach Pari- zu senden. Tieselb« ist dort cingclroffen, scheint aber ihre Reise vergeben« gemacht zu haben. ES ist schon jetzt entschieden» daß si« weder vom Präsidenten, noch von den Ministern empfangen werden wird. In ofsieiösen Arußeruugen werden die Abgesandten Bedanzin'S solgendermaßen begrüßt: .Eine a » geblicke Gesandtschaft de« König« vonDahomey ist hier eingcirossen; sie besteht au« alten Pseijenträgern, die sür Fürsten auSgcgcbcu werden. Sie werden ve» einem .schwarzen" Engländer au« Lagos, Mr. Jackson, geführt. DaS mitgesührre Scepter des König«. welche- in Afrika wobl ans« Höchste bewundert wird, macht auf die Pariser Minister keinen Eindruck »nd wird nicht al« giltige Legitimation angesehen." Tic Gesandtschaft selbst und ihre Reise beweisen von Reuem, daß König Bedanzin über reiche Mittel verfügt. Die Leute treten vornedm auf und machen große Ausgaben, für welche reichliche Deckung vorhanden ist. Wie beute un« telegraphisch au« Pari» gemeldet wird, be stätigt übrigen« die .Agcnce HavaS" in einer Nachricht au« Kottonu, daß Bcbanzin dem General DoddS 400 Ge wehre und 4 Kanonen anslieferte. Seine Unter werfung soll nach dieser Nachricht bevorstehrn Die spanische Regierung soll, wie schon telegraphisch ge meldet worden, gewillt sein,anläßlich deö jüngsten Anarchisten- frevclö in Barcelona die Initiative zur Herbeiführung internationaler Maßregeln ge^en die Anarchisten zu ergreife» Inzwischen beginnt man hier und dort schon auf eigene Hand, sich gegen die Ucbcrtragung de« anarchistischen Giftstoffe« aus Spanien zu wehren. So wird von Bertba verneinte kurz, verschlang die Hände im Nacken, schloß die Augen und preßte mit dem Ausdruck nervösen Leidens die Lippen zusammen. Alma blickte sie antheilvoll und neu gierig an. So schön, so gefeiert, und dock freudlos und un befriedigt. Sic schlich näher und kniete vor Bertba nieder. „Bertha, Liebe, sag' mir doch: ist da- nicht sehr auffallend, daß Götz so viel mit Dir getanzt, Dich so sehr ausgezeichnet hat? Er muß Dich doch — über die Maßen verehren!" „Ach Kind! Quäle mich nicht! Ich möchte taub sein^ um den Namen Götz nicht mebr zu hören!" rief Bertha reizbar und brach in Tbränen aus. Hildegard war schon früher liinanSaegangen, hatte ibre Jacke angezogen, ibr Geld zu sich gesteckt und fand, al« sic zurückkam. Alma nicht mehr vor, die auf Bertha'« Begehr ihre Blumen betrübt hinuntcrgetrageu halte. Bertba lag aus dem Sopba, da« Taschentuch vor die Augen gedrückt. Un schlüssig trat Hildegard nabe zu ihr. „Hast Tu Kepsweb, Bertha?" „Ja, cS wird schon bester werden, laß mich nur allein." Ihre Stinime bebte von verschluckten Tbränen. Hilde gard'« Herz schwoll von Mitgefühl. Sie neigte sich über die Weinende. „Sei nicht traurig, Bertha. E- wird noch Alles gut werden. WeSbalb war Axel nicht zum Ball gekommen?" „Weil Mutter ihm die Thür gewiesen hat", war die bittere Antwort. „Die Tbür gewiesen!" wiederholte Hildegard erstaunt. Nickt möglich! Bertha, arme Bertba!" Hildegard umfaßte die Silvester, diese lehnte die Stirn an der Jüngeren Schulter und weinte still und beiß. Tic hohe Romantik einer unglücklichen, verfolgten Liebe durchflutbete Hildegard « Phantasie und brachte die Schwester aus einmal ihrem Herzen so nahe, wie noch nie. Wa« noch zehn Minuten vorher verwirrend und beunruhigend auf sie eingestürmt war, hatte sie vergessen. „Verliere de» Muth nickt, Bertha!" redete sie ihr in be geistertem Tone zu. „Du weißt doch, daß Du Ein« bist »lit kein Geliebten, daß Menschenlraft Euch nickt zu trennen ver mag. Um der Lieb« willen leiden, muß seliger Schmerz sein. Habe nur Geduld, da- Glück kommt über Nackt!" „Ach ja, in Deinen Romanen", murmelte Bertha mit derbem Spott. „Tu redest wir rin Buch, weil Du keinen Begriff da von hast, wie es in der Welt zugebt." Hildegard wollte erwidern, aber Bertba unterbrach sie, indem si« sich aufrichtere und ihre Augen trocknet«: „Geh, Hilde- >jßM. Uli, gard, ich bitte Dich! Laß mich nur, mir ist schon besser, mir ist sckon ganz gut." Den Gang nach dem Servier machte Hildegard vergeblick. Minna war fort, nach Dannenberg gegangen, sagte ihr der alte HauSmann. Si- mußte bald zurück sc>», aber Hildegard konnte das nicht abwartc» und wollte lieber gegen 'Abend wicdcrkommen. * Im Tannciibergcr Herrschaft-Hause halte Minna Niemand gefunden, der sür ibre flehentliche Bitte, sic der gnädigen Frau zu melden, Ohren hatte. Der Diener, die Mägde, die sie alle gut kannten, hatten den Kopf wcggedrcl't und sie sieben lasten, al- wäre sie eine fremde Bettlerin Endlich, nach langem Harren in der Gesindestube, in den Corritorcn, war e« ihr dock gelungen, in da« Schlafzimmer der Frau von Götz ein rndringc». Emilie, die Juiigser, die an der Dbiire gehorcht, hatte sie drinnen jammern uiio weinen, die Gnädige zürne» und schelten gekört. Dann batte Minna sich gefaßt »nd etwas gesagt, wa- die Horcherin nickt verstanden, eS mußte wobl etwa« sehr Kübne« gewesen sein, den» die Gnädige war ganz verstummt, krack da»» aber iu ei» schneidende« Hobnlacken aus. Da batte sick die Stimnie der Bettlerin gellend erhoben und die Gerechtigkeit tcS .HiinmclS hcralgcriifcii aus die gott losen Vornehmen, die ei» arme« unglückliches Mädchen zu Grunde richten. Plötzlich war die Tbür aiifgcrissen Worten, sckmeebleich, zornsunkelnee» Auges war die Gnädige berau«- gesabrcn. so daß die Emilie fast zu Tode erschrocken, und batte »ach dem Diener gerufen: „Daß die wahnsinnige Ercatur sofort au« dem Hanse ge bracht wird!" Jetzt schleppte sich Minna wankenden SckrittcS und ver störten Sinnes de» Weg zurück, den sie gekommen. Der N-rdwest säbrt stöhnend durch die kable» Bäume, jagt ibr Schauer von Schneeflocken und scharfen EiSsplittcrn in- Gesicht, treib» ibre Kleider zurück »nd reißt ihr fast da« Tuch vom Kops, iu da« sie sich schaudernd hüllt, indem sie vorwärts gebeugt gegen die Gewalt de« Winde« anlämpst Wirk sie tbun, wie sie gedroht? Warum nicht? Wa« in aller Welt könnte sie bindern? In der Kirche — am Altar zwischen Braut und Bräutigam treten, seine — ihre Schande ausschreien IN alle Welt —! Da« war rorgekomiiien. sie batte davon gebürt — gelrsen. DaS wird niedenabrcn wie Itngewilter, zerschmetternd in sündige« Glück — verderbend ibre Verderber! Rach« — Vergeltung — aber wa« hilft di« ihr? Wird
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